Wann wird die private Krankenversicherung endlich abgeschafft?

Die Private Krankenversicherung hat auf den ersten Blick gleich mehrere Nachteile: Sie ist teuer, sie leidet unter Mitgliederschwund und sie nimmt ihre Kunden quasi gefangen. Trotzdem darf das System bleiben. Warum?

Im möglichen Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD findet ein Thema nur am Rande statt: die Bürgerversicherung , die die SPD eigentlich zum entscheidenden Thema in den Verhandlungen machen wollte. Doch statt einer tiefgreifenden Reform der Krankenversicherung in Deutschland soll nun eine Kommission bis zum Jahr 2019 prüfen, ob es medizinisch, wirtschaftlich und rechtlich vertretbar ist, die Arzt-Honorare für private und gesetzliche Gesundheits-Leistungen anzugleichen. Danach will die Bundesregierung den Vorschlag der Kommission erstmal prüfen. Eine Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode ist damit unwahrscheinlich. Schließlich ist 2021 schon die nächste Bundestagswahl.

Der Passus im Koalitionsvertrag ist ein Sieg für die Ärzteschaft, die Versicherungswirtschaft und nicht zuletzt die Politiker selbst - die selbst stark von der guten Versorgung in den privaten Krankenversicherungen profitieren. Das ist auch der Hauptgrund, warum die Befürworter der PKV sich immer wieder durchsetzen:

1. Beamte sind privat versichert

Mit der Aussicht auf Privatversorgung beim lassen sich Hochqualifizierte viel leichter in den Staatsdienst locken. Und weil der Staat die Hälfte der Kosten als Beihilfe zuschießt, müssen sie nur die Hälfte des Krankheitsrisikos privat absichern. Das ist ein Grund dafür, warum sich Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer kürzlich öffentlich über seinen niedrigen Krankenkassenbeitrag wunderte. Zusammen mit der sicheren Pension ist die PKV wohl der größte Vorteil von Beamten gegenüber einem Job in der freien Wirtschaft. Die Löhne sind da nämlich deutlich höher.

2. Arbeitsplätze in Gefahr

Nicht nur in der Versicherungswirtschaft hängen viele Arbeitsplätze an der privaten Krankenversorgung. Allein in Bayern wären nach Berechnungen der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft rund 13.000 Arbeitsplätze in München, Nürnberg und Coburg gefährdet. Auch Ärzte und ihre Angestellte, Krankenhauspersonal, Pflegekräfte und die Angestellten in der Arzneimittelindustrie sind auf Privatpatienten angewiesen.

3. Die private Krankenversicherung bringt Geld ins Gesundheitssystem

Die Sätze, die Ärzte mit privat Krankenversicherten abrechnen können, sind deutlich höher als für Kassenpatienten. Viele Praxen und Krankenhäuser brauchen Privatpatienten, um über die Runden zu kommen. Gerade im ländlichen Raum wäre die Gesundheitsversorgung gefährdet, weil sich eine Arztpraxis allein mit Kassenpatienten nicht rentiert.

 

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4. Gesundheitsversorgung für alle ist gesichert

Selbst wer sich im Alter die PKV-Beiträge nicht mehr leisten kann, hat die Chance in einen Basis- oder Nottarif zu wechseln. Die Basis-Gesundheitsversorgung ist also auch dann gesichert. Aber auch Kassenpatienten profitieren in Deutschland von einem der besten Gesundheitssystemen weltweit, weil viele moderne - und sinnvolle - Behandlungsmethoden, die zunächst nur Privatpatienten zur Verfügung stehen, mit zeitlicher Verzögerung auch Aufnahme in den Leistungskatalog der Kassen finden.

Insgesamt profitieren die meisten Mitglieder der PKV also von ihrem Privat-Status. Auch die, die sich inzwischen ihre Beiträge kaum noch leisten können, haben über ihre Beitragszahlungen lange Jahre Rücklagen gespart. Der Ärger liegt auf der Seite der Kassenpatienten, die das Gefühl haben, zu wenig bedacht zu werden. Ob das tatsächlich so ist, wird die neue Kommission klären - bis zum Jahr 2019 eben.

Video: So kalkuliert die Private Krankenversicherung Ihre Beiträge

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Leser-Kommentare (29)

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Sonntag, 25.02.2018 | 10:05 | Detlef Kaminsky

Das stimmt nur zum Teil!

Die PKV ist bei Rentenbezug wesentlich teurer als die GKV, da sich diese der Rentenzahlung anpasst. Das System der PKV ist völlig intransparent. Die Rückstellungen werden von jedem einzelnen bezahl, sie werden jedoch gemeinschaftlich verwaltet. Kein Recht auf die eigene Einzahlung. Das Erhöhungsprozedere ist völlig intransparent. Erhöhungen werden lediglich von einem Treuhänder genehmigt. Der Treuhänder arbeitet im Regelfall nur für eine Versicherung, ist damit finanziell völlig abhängig. Zwei Urteile von verschiedenen Oberlandesgerichten haben das zwischenzeitlich bestätigt. Einfach mal googeln. Der Vorstand entscheidet in einem völlig intransparenten Prozess über die Verwendung der Rückstellungen Fragen Sie mal ihren Versicherer nach den Kriterien. Sie werden staunen!

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Weitere Kommentare (10)

Montag, 19.02.2018 | 14:50 | René Weisheit

Günstig in der PKV?

Also, ich bin privat voll versichert und zahle jetzt jeden Monat knapp 800,00€ an die private Krankenkasse, Kinder und Ehefrau kosten extra. Zur Rente sind es noch sehr gut über 10 Jahre. Die Kosten in der PKV steigen jährlich um ca. 5% in 10 Jahren liegt mein Beitragssatz dann bei 1.200,00€ (ohne Zinseszins). Zusätzlich zahle ich noch einen Selbstbehalt von 330,00€ jährlich oben drauf. Ich bin kein Beamter, bekomme also keine Beihilfe vom Staat. Nehme ich den Unterschiedsbetrag zwischen meinem Beitrag und den der GKV, kann ich über Zusatzversicherungen die GKV-Leistungen locker auf PKV-Niveau bringen und spare wohl auch noch Geld. Mit der PKV erkaufe ich mir Leistungen, die auch mit Zusatzversicherungen bekommen kann. PS: Auch ich bin für die Bürgerversicherung, sie ist einfach fairer!

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Sonntag, 18.02.2018 | 09:37 | Bruno Dorfmüller

Pflichtversicherung in der GKV f. Beamte

was spricht eigentlich dagegen. Aus meiner Sicht nichts. Aber anscheinend wollen die da oben es so und sie wollen, dass die Masse der "Normalos" nicht Privat versichert sind. "Teile und herrsche". Was unterscheidet uns von einer Bananenrepublik?

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Samstag, 17.02.2018 | 11:14 | Reinhard Fischer  | 1 Antwort

Einfach wechseln

Zur PKV Wechseln und sich über steigende Beiträge freuen. Dieses Jahr sind es lächerliche 22% mehr. Die KV wechseln ist möglich kostet aber noch mehr da man mit dem aktuellen Alter versichert wird. Je älter man wird desto teurer wird es. Mit einer Bürgerversicherung wird es nicht günstiger , für keinen. Einfach mal mit dem zufrieden sein was man hat kann der deutsche Michel nicht. Meckern ist erste Bürgerpflicht.

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  • Samstag, 24.02.2018 | 20:42 | Petra Müller

    Ja klar,

    Weil die Deutschen so viel jammern, füttern Sie die halbe EU durch und gleich noch 1 Mio der Ärmsten vom Rest der Welt. Würde dieses Volk nur mal Jammern und aufbegehren, dann wäre uns vieles Erspart geblieben.

Freitag, 16.02.2018 | 09:35 | Friedel Nau  | 1 Antwort

Ich kenne einige

die in jungen Jahren bischen mehr verdient haben als der Durchschnitt und sind zur Privaten, weil sie Geld gespart haben und nur Vorteile, ging es um Kuren oder Medikamente nur das beste bekamen.Im Krankenhaus Einzelzimmer Chefarzt usw. Und jetzt als Rentner gehen bei einigen bis zu 700€ monatlich weg, Ich kenne so einen gut, Jetzt wäre er gerne wieder gesetzlich, Muß sogar Eigenanteil leisten sonst wäre es noch höher,Nö mein Junge bleib mal schön wo du bist, Früher hast du auf uns runter geschaut.

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  • Samstag, 17.02.2018 | 15:12 | Utz Krah

    Äpfel mit Birnen vergleichen. Keiner muß

    in der PKV EUR 700,- im Monat bezahlen. Einfach innerhalb der Gesellschaft in aktuelle Tarife wechseln. Wer hat noch einen Handytarif mit 0,85 Cent für die angefangene Minute? Keiner! Aber nen 30 Jahre alten KV Tarif wo kaum einer noch drin ist. Ich kenne einen 76 Jährigen der ist mit Top-Leistungen für EUR 307,- im Monat (aktuellerTarif). Es kümmert sich kaum jamand um seine Versicherungen. Dumm

Freitag, 16.02.2018 | 06:56 | Daniel Popp

Money rules

Alle Menschen sind gleich. Außer man ist reich. Es sollte mal ein Land werden in dem jeder die selben Chancen, die selbe Versorgung und die selben Freiheiten hat. Das fand sein Ende mit PKV, HARZ4 und nun?bald geht es an die Religion. Du darfst frei wählen, leben musst du aber christlich. Die Herrschenden ziehen die schrauben immer enger und keiner begehrten auf aus angst es wird sonst schlimmer. Da nimmt man lieber hin dass der eine besser versorgt wird als der andere. Die BürgerVersicherung ist nur die Karotte an der Angel, die aber nie kommen wird.

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Freitag, 16.02.2018 | 06:35 | Reinhard Fischer

Gegen Bürgerversicherung

Es würde sich nichts ändern, die Versicherungen würden weiterhin eine Absicherung für hohe Kosten anbieten. Mit der Bürgerversicherung erhält doch nicht jeder automatisch Einzelzimmer und Chefarzt Behandlung im Krankenhaus. Das kostet extra, wie bisher! Wer es sich leisten kann wird sich privat absichern . Wer nicht liegt im Vierbettzimmer mit Assistenz Arzt Betreuung. Wo ist da die Verbesserung. Im Gegenteil, es wird nichts besser wenn es für alle gleich ist, es wird immer schlechter! Jedem der meint PKV ist sooooo toll, Nein.... erst mal ALLE Rechnungen und Rezepte selbst bezahlen, dann dem Geld hinterherlaufen und hoffen das PKV und Beihilfe alles übernehmen was regelmäßig nicht der Fall ist. Es bleibt immer ein Eigenanteil. Gerade aktuell kaufe ich alle 100 Tage Tabletten für 70€.

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Freitag, 16.02.2018 | 06:01 | Alfred Bundy

Was denn jetzt los?

Hallo Focus, Beamtenbashing mal anders? Seit wann verdienen denn Beamte deutlich weniger, als vergleichbare Angestellte in der freien Wirtschaft? Sind eure vorangegangen Artikel allesamt falsch? Naja egal, jetzt halt der GROSSE Vorteil der privaten KV, wovon jeder "normale" Bürger nur träumen dürfte. Und bei der gesetzlichen KV zahlt der Angestellte ja alles, Unsinn, auch er zahlt nur die Hälfte, den anderen teil zahlt der Arbeitgeber. Und der Staat zahlt dem Beamten die Hälfte der Kosten, auch Unsinn, es sind Leistungen angelehnt an die GKV, d.h. es sind ca. 40% der Berechnungen, nicht der Kosten, für die privat Versicherten.

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Freitag, 16.02.2018 | 05:31 | Achim Reh

Alptraum

Ihre Aussage,das die PKV unbeliebt ist, kann ich nicht verstehen.Schliesslich sind die Mitglieder freiwillig dort, während die GKV hier dich wohl eher die Zwangsversicherung ist. Ich persönlich athme erst Mal auf das die Abschaffung der PKV vom Tisch ist, denn das hätte mich bestimmt 300 euro im Monat gekostet.

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Freitag, 16.02.2018 | 05:29 | Hermann Rendelmann

50% Zuschuss?

Bei mir bezahlt die Beihilfe 70%. Den Rest trage ich. Das ist immer noch doppelt so viel, wie die GKV meiner Frau kostet. Und dass die Beamten in bestimmten Bereichen besser gestellt sind, ist jedem bekannt, und der Weg steht jedem offen.

Kann die PKV abgeschafft werden?

Neu ist, dass die Private Krankenversicherung (PKV) dabei nicht abgeschafft, sondern zusammen mit der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) umfangreich reformiert werden soll. Mit einem „Spurwechsel” zwischen dem privaten und dem gesetzlichen Zweig der Krankenversicherung soll das möglich gemacht werden.

Ist die PKV im Alter noch bezahlbar?

Sollte keine unplanmäßige finanzielle Schieflage im Alter passieren, bleibt bei vernünftiger Handhabe jede private Krankenversicherung im Alter bezahlbar. Wenn Sie in Rente gehen, entfallen zudem die Beiträge für das Krankentagegeld.

Was passiert mit privatversicherten Wenn die Bürgerversicherung kommt?

Welche Beiträge sind für Privatversicherte in der Bürgerversicherung geplant? Fest steht, dass der Beitrag in einer Bürgerversicherung für alle – also auch für Privatversicherte – einkommensabhängig sein soll. Dabei werden aber nicht nur Ihr Gehalt, sondern auch Spar- und gegebenenfalls Mieteinkünfte berücksichtigt.

Wann kommt endlich die Bürgerversicherung?

Olaf Scholz verspricht die Kranken-Bürgerversicherung, wenn er der nächste Bundeskanzler nach der Bundestagswahl am 26.09.2021 wird. So hat er es in einem Interview mit dem Sozialverband Deutschland im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung angekündigt. Eine zentrale Forderung auch der Grünen und der Linken.

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