Warum macht mein Kind mit 5 Jahren noch in die Hose?

Was Experten raten, wenn ein Kind mit fünf Jahren noch nicht sauber ist

Immer wieder ist morgens das Bett nass, der Fünfjährige schämt sich in Grund und Boden, die Eltern wissen keinen Rat mehr. Wenn Kinder noch ins Bett...

Immer wieder ist morgens das Bett nass, der Fünfjährige schämt sich in Grund und Boden, die Eltern wissen keinen Rat mehr. Wenn Kinder noch ins Bett machen, obwohl sie längst trocken sein müssten, sollten Eltern ihre Scham überwinden und einen Spezialisten aufsuchen. Am Altonaer Kinderkrankenhaus wurde jetzt ein interdisziplinäres Zentrum für Ausscheidungsstörungen des Kindes- und Jugendalters gegründet. Es setzt sich zusammen aus den drei Disziplinen Kinderurologie, Kindernierenheilkunde (Kindernephrologie) und Kinderpsychosomatik. Dort können Eltern ihre Kinder anmelden und mit einer Überweisung vom Kinderarzt einen Termin bei einem Spezialisten bekommen.

"Zu empfehlen ist eine solche Untersuchung, wenn Kinder im Alter von fünf Jahren noch nicht trocken sind oder plötzlich wieder einnässen, obwohl sie bereits trocken waren", sagt Dr. Thomas Henne, Kindernephrologe im Altonaer Kinderkrankenhaus. "Mit fünf Jahren sind noch 20 Prozent der Kinder nachts nass, mit zehn Jahren sind es zwei bis drei Prozent", so Henne. Im Durchschnitt sind Kinder tagsüber mit zwei bis dreieinhalb Jahren sauber.

Das Einnässen kann körperliche oder seelische Ursachen haben. "Für das Einnässen in der Nacht gibt es zwei Ursachen: Es kann sein, dass bei dem Kind die Blase noch zu klein ist, sodass sie mitten in der Nacht dann so voll ist, dass sie ,überläuft'. Außerdem produziert der kindliche Organismus nachts noch nicht genug von dem ,antidiuretischen' Hormon, das in der Nacht die Urinproduktion drosselt. Das hat zur Folge, dass die Blase ebenfalls sehr schnell voll ist und sich entleert. Alle Kinder, die nachts einnässen, haben eines gemeinsam: Sie schlafen sehr tief und fest", sagt Prof. Margit Fisch, Direktorin der Klinik für Urologie am UKE und Spezialistin für Kinderurologie.

Wenn tagsüber immer wieder die Hose nass ist, gibt es andere Gründe: Bei einer Blasenreifungsstörung zieht sich die Blase immer wieder unkontrolliert zusammen. Die Kinder leiden unter häufigem Harndrang und müssen oft zur Toilette. Dann gibt es noch die Mädchen, die ungern aufs Klo gehen und damit so lange warten, bis es zu spät ist. "Das Kind verspielt sich, hält den Urin so lange zurück, wie es nur geht, und trainiert sich damit ein Fehlverhalten an", so Prof. Fisch.

Auslöser dafür, dass ein Kind plötzlich wieder einnässt, obwohl es vorher schon trocken war, können auch psychische Probleme sein. "Das kann nach der Geburt eines Geschwisterkindes auftreten oder nach anderen Ereignissen, die große Veränderungen im Leben des Kindes mit sich bringen, wie die Einschulung", sagt Prof. Michael Schulte-Markwort, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik am UKE. Es könne sich auch eine Toilettenangst entwickeln: "In einer bestimmten Phase der Entwicklung haben Kinder viele Fantasien, zum Beispiel dass aus der Toilette Schlangen oder Fische herauskommen könnten. Das kann sich bis zur Phobie steigern", sagt der Kinderpsychiater.

Um herauszufinden, welche Ursache das Einnässen hat, führen die Spezialisten Untersuchungen durch. "Zunächst lassen wir uns die Vorgeschichte erzählen. Dann werden Eltern und Kinder angehalten, über mehrere Tage ein Blasenprotokoll zu führen, in dem eingetragen wird, welche Mengen das Kind trinkt, wie oft und in welchen Mengen es die Blase entleert und welche Besonderheiten es rund um den Gang zur Toilette gegeben hat", erläutert Henne. Dann wird der Urin untersucht, um Harnwegsinfekte auszuschließen, und per Ultraschall Nieren und Blase angeschaut. Bei Kindern, die sich den Gang zur Toilette verkneifen, kann man den Harnstrahl messen und die Aktivität des Beckenbodens prüfen. "Wenn wir dabei feststellen, dass die Harnstrahlkurve immer wieder unterbrochen und die Beckenbodenaktivität erhöht ist, wissen wir, das Kind ,kneift'. Es hat sich antrainiert, den Schließmuskel der Blase immer anzuspannen, auch wenn es ihn eigentlich entspannen müsste", sagt Prof. Fisch. Die Therapie besteht darin, den Kindern dieses Fehlverhalten abzutrainieren, mithilfe eines sogenannten Biofeedbacks, mit dem sie lernen, den Beckenboden wieder zu entspannen.

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Wenn das Kind nachts ins Bett macht, kann eine Klingelmatratze helfen. "Dabei ertönt immer dann ein lautes Signal, wenn die Matratze mit Flüssigkeit in Kontakt kommt, und das Kind wacht auf. Damit soll erreicht werden, dass es nach etwa vier Wochen auch ohne Signal davon aufwacht, dass es den Urindruck in der Blase spürt", erklärt Schulte Markwort. "Alternativ kann man das Kind auch nachts wecken, damit es zur Toilette geht. Zunächst sollten Eltern ungefähr den Zeitpunkt herausfinden, zu dem es ins Bett macht, und es dann immer kurz vorher wecken. Dabei ist wichtig, dass das Kind wach ist und dass man das über mindestens vier bis sechs Wochen durchhält", sagt Fisch.

Wird nachts zu viel Urin produziert, kann man dem Sprössling bei starkem Leidensdruck, zum Beispiel für eine Klassenreise, auch das antidiuretische Hormon als Tablette verabreichen. Auch wenn sich die Blase immer wieder unkontrolliert zusammenzieht, können Medikamente Abhilfe schaffen. "Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist, dass das Kind und seine Eltern motiviert sind, etwas zu ändern. Bei guter Motivation ist die Erfolgsquote hoch", sagt Schulte-Markwort. In den meisten Fällen reicht eine ambulante Therapie aus. Wenn nicht, gibt es auch die Möglichkeit, die Kinder in der Tagesklinik zu behandeln oder stationär aufzunehmen.

Nicht immer ist eine Behandlung nötig. Die meisten dieser Störungen beruhten auf Reifungsstörungen des Zusammenspiels zwischen Gehirn und Blase, sagt Dr. Henne. Und wenn die Diagnostik keine behandlungsbedürftige organische oder psychosomatische Ursache ergebe, könne beruhigt abgewartet werden, wenn kein Leidensdruck für das Kind bestehe.

Do., 12.03.2009, 00.00 Uhr

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