Die Wut der US-Veteranen
20 Jahre dauerte der Einsatz der US-Amerikaner in Afghanistan, fast 2.500 Soldaten starben im Einsatz. Viele Veteranen sind wütend und entsetzt über den chaotischen Abzug.
Nach 20 Jahren zogen US-Soldaten beim Abzug ihre Flagge ein. Einst kämpften sie in
Afghanistan im "Krieg gegen den Terror" - jetzt blicken sie mit Entsetzen auf die dramatischen Entwicklungen am Hindukusch. Viele US-Veteranen sind schockiert über
die Rückkehr der radikalislamischen
Taliban
an die Macht und die chaotischen Szenen in Kabul. Sie sorgen sich um die afghanischen Helfer und die Frauen, denen eine düstere Zukunft droht. Und sie fragen sich, ob ihr Einsatz - und der Tod vieler Soldaten - umsonst war. "Ich war für einen Abzug, ich war der Meinung, dass es nach 20 Jahren und Milliarden von ausgegebenen Dollar an der Zeit war", sagt Marc Silvestri, der vor einem Jahrzehnt in
Afghanistan im Einsatz war. Er habe sich aber nicht vorstellen können, dass die Taliban so schnell die Macht wieder an sich reißen würden.
Quelle: apUS-Veteranen sind schockiert
Ich hätte nie gedacht, dass die afghanische Armee, in die wir so viel Training und Geld gesteckt haben, einfach ihre Waffen niederlegen und das Land übergeben würde.
Das sagt der 43-Jährige, der in Revere im Bundesstaat Massachusetts andere Veteranen betreut. "Das hat mich schockiert."
Das Scheitern des Westens in Afghanistan.
Beitragslänge:7 minDatum:17.08.2021"Viele Menschen werden fragen: warum?"
Der Veteran Chad Fross war nach eigenen Worten immer davon ausgegangen, dass der US-Truppenabzug ein "Chaos" sein werde. Die USA hätten Afghanistan auch 20 Jahre nach Beginn des Militäreinsatzes, in dessen Verlauf rund 2.450 US-Soldaten getötet wurden, nicht richtig verstanden.
Viele Menschen werden fragen: warum? Es war sinnlos, dort zu sein, zu sehen, wie Freunde ihr Leben oder Körperteile oder ihren Verstand verlieren.
US-Veteran Chad Fross
"Aber ich frage mich zugleich, wie sinnlos es gewesen wäre, am bisherigen Kurs festzuhalten, wenn das Ergebnis in 20 Jahren dasselbe gewesen wäre wie jetzt."
Kritik an zu später Rettung von Ortskräften
Inmitten des laufenden Abzugs der westlichen Truppen hatten die Taliban in atemberaubendem Tempo das Land überrannt. Am Sonntag marschierten die Islamisten ohne Widerstand in der Hauptstadt Kabul ein. Westliche Staaten versuchen jetzt in einer dramatischen Evakuierungsaktion, ihre Staatsbürger und afghanische Ortskräfte außer Landes zu bringen.
Die Afghanen, die während des Krieges etwa als Übersetzer für die westlichen Streitkräfte arbeiteten, fürchten die Rache der Taliban, auch wenn diese eine allgemeine Amnestie versprochen haben. Und Biden muss sich fragen lassen, warum er die afghanischen Helfer nicht schon viel früher in Sicherheit brachte. "Sie haben uns geholfen, und wir lassen sie jetzt im Stich", kritisiert Veteran Fross. "Das ist nicht richtig."
Nach fast 20 Jahren NATO- und Bundeswehr-Einsatz wurde Afghanistan von den Taliban fast im Handumdrehen erobert. Ein Überblick über den Einsatz am Hindukusch.
Beitragslänge:1 minDatum:15.08.2021Veteranen wütend wegen chaotischem Abzug
Wir müssen unsere Versprechen gegenüber jenen einhalten, die so viel für uns geopfert haben.
Tom Porter, Vereinigung der Irak- und Afghanistan-Veteranen
Das erklärt auch Tom Porter von der Vereinigung der Irak- und Afghanistan-Veteranen. "Ich bekomme so viel Wut mit." Grund für die Verärgerung sei wohlgemerkt nicht der Truppenabzug als solcher, sondern die "planlose und chaotische" Umsetzung.
Silvestri berichtet, dass sich ein Vietnam-Veteran bei ihm gemeldet habe und Vergleiche zwischen Kabul und dem Fall von Saigon 1975 gezogen habe. "Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas noch einmal sehen würde", habe der Veteran ihm gesagt. "Ich erlebe den Fall von Saigon wieder.
Prägende Erinnerung: Das
ehemalige Saigon im Jahr 1975. Damals war der Krieg gegen Nordvietnam verloren - Bilder einer chaotischen Rettung des Botschaftspersonals gingen um die Welt.
Quelle: dpa
Waren die Opfer umsonst?
Für viele Veteranen ist die Rückkehr der Taliban an die Macht auch deswegen so bitter, weil Errungenschaften der vergangenen 20 Jahre zunichte gemacht werden dürften. Insbesondere Frauen droht eine Unterdrückung wie während der ersten Taliban-Herrschaft von 1996 bis 2001.
Viele US-Veteranen, aber auch die Angehörigen getöteter Soldaten würden sich jetzt fragen, ob die Opfer umsonst gewesen seien, sagt Silvestri. Den Eltern versichert er, dass ihre Söhne und Töchter nicht für eine "verlorene Sache" gestorben seien. "Letztendlich haben sie für uns gekämpft", sagt Silvestri. "Einige haben es nicht nach Hause geschafft, aber uns ermöglicht, nach Hause zurückzukehren."
Kommentar
Rückkehr der Taliban - Afghanistan: Deals mit den Gotteskriegern?
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von Peter Kunz
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