Erziehe dein kind wie einen hund trailer

Köln. Der Privatsender RTL strahlt am Sonntag eine neue Familiendoku aus. Sie trägt den Titel „Train your baby like a dog“ (zu deutsch: Erziehe dein Kind wie einen Hund) – und sorgt nicht zuletzt wegen dieser provokanten Aufforderung vorab für breite Kritik.

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In der Sendung soll laut Sender eine Hundetrainerin zwei Familien besuchen, die mit ihren Sprösslingen nicht klarkommen. Mit Hilfe von Tricks aus der Hundeerziehung soll das Problem schließlich behoben werden. „In den USA und Großbritannien wird diese Methode bereits mit positiven Ergebnissen angewandt“, kündigt der Sender an.

Bei Erzieherinnen und Erziehern kommt die Idee allerdings gar nicht gut an. Auf Change.org gibt es bereits eine Petition, die RTL auffordert, von der Ausstrahlung der Sendung abzusehen. Dabei berufen sich die Mitarbeiter des Eltern-Kind-Kurses „Family Steps“ auf die Originalvorlage der Sendung, die bereits in Großbritannien lief.

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„Sendung widerspricht dem Menschenbild“

„Auch wenn in der Originalsendung einige positive Ansätze zu finden sind, so geht es im Grunde um klassische Konditionierung, unter anderem mit einem ‚Clicker‘. Dieser Ansatz ist in vielerlei Hinsicht problematisch“, heißt es in der Petition. „Zweifelsohne muss überforderten und gestressten Eltern geholfen werden. Dies kann und muss durch die richtigen Ansprechpartner geschehen – zum Beispiel die frühen Hilfen – nicht durch Tiertrainer und nicht durch RTL.“

Ganz ähnlich sehen das der renommierte Hamburger Kinderpsychiater Michael Schulte-Markwort und der Strafrechtler Gerhard Strate. Sie warnen den RTL-Geschäftsführer Jörg Graf eindringlich, die Sendung auszustrahlen. „Der Titel dieser Sendung, die wie ein Imperativ daherkommt, widerspricht dem Menschenbild unserer Verfassung“, schreiben Schulte-Markwort und Strate in einem Brief vom 27. Dezember an Graf, aus dem die „Welt“ zitiert.

Das Kind sei ein Wesen mit eigener Menschenwürde und eigenem Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit. „Über ihre diesem Menschenbild widersprechende ‚provozierende These‘ kann es deshalb keine Diskussion geben“, so die Autoren. Eine Sendung mit einem solchen Titel „verstoße gegen die Menschenwürde und sei ein unzulässiges Angebot“ im Sinne des Staatsvertrags zum Jugendmedienschutz. Sollte RTL darauf bestehen, die Sendung auszustrahlen, die die „Übertragung von Methoden des Hundetrainings auf die Erziehung von Kindern propagiert“, wollen die Autoren die Landesmedienanstalt Niedersachsens einschalten.

Scharfe Kritik kommt auch von einer ehemaligen RTL-Dokusoap-Protagonistin: Katia Saalfrank, besser bekannt als die „Super-Nanny“, bezeichnet die Sendung auf Facebook als „schwarze Pädagogik“ – und zieht einen Vergleich zu ihrer TV-Zeit. Als sie 2004 als „Super-Nanny“ begonnen habe, habe sie das Konzept noch nicht „durchschaut“, schreibt sie. „Maßnahmen, wie die ‚stille Treppe‘ (...) oder auch (...) der sogenannte ‚stille Stuhl‘, die ‚Auszeit‘, gehörten fest zur Formatierung dazu.“

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Saalfrank könne kaum glauben, „dass genau zehn Jahre nach dem Ende meiner auch inhaltlichen erfolgreichen Zusammenarbeit mit RTL im Jahr 2021 nun eben dieser Sender – gerade nach diesen gemeinsamen Erfahrungen und vielen inhaltlichen Auseinandersetzungen nun eine solche Sendung auf den Schirm ins Programm holt! Schon 2004 war die Pädagogik veraltet – 2021 erst recht!“

Kinder mit Belohnungen und Strafen trainieren zu wollen sei laut Saalfrank „absolut überflüssig“. „Strafen sind absolut überflüssig, davon bin ich überzeugt, und auch die Wissenschaft belegt das in zahlreichen Studien und den Forschungsergebnissen. Ich erlebe tagtäglich, wie es anders gehen kann, wie es ist, wenn wir Kinder besser verstehen und ihr Verhalten als Signal auf innerliegende seelische Vorgänge interpretieren und konstruktiv darauf antworten.“ Die Pädagogin fordert ihre Follower dazu auf, die Sendung nicht einzuschalten.

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Sender wehrt sich gegen Vorwürfe

RTL selbst kann die Kritik nicht nachvollziehen. Gegenüber der „Welt“ beteuert der Sendung, alles gehe mit rechten Dingen zu. „Die Vorbereitung und die Begleitung der gesamten Produktion erfolgte durch eine medienpädagogische Fachkraft“, teilt ein Sprecher mit.

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Sie habe im Vorfeld der Dreharbeiten beide Familien besucht und jeweils ein Gutachten erstellt, in dem sie die bevorstehenden Dreharbeiten aus medienpädagogischer Sicht als unbedenklich eingestuft habe. „Die fertig geschnittene Folge wurde zuerst der medienpädagogischen Fachkraft und danach dem Bezirksjugendamt Köln vorgelegt“, so der Sprecher.