Trump am heiligen abend allein im weißen haus

Liebe Leserinnen und Leser,

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Amerika ist und bleibt das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das galt und gilt leider auch in negativer Hinsicht. Ein solches Maß an menschlicher Niedertracht und politischer Prinzipienlosigkeit, wie es Donald Trump derzeit an den Tag legt, hat es wohl seit Gründung der USA im Jahr 1776 nicht gegeben.

Willkommen zu „What’s up, America?“

Der frühere US-Präsident will 2024 offenbar erneut zur Präsidentschaftswahl antreten. Und er bittet schon jetzt einen einflussreichen und trickreichen Mann um Hilfe, der ihn bereits im Jahr 2016 massiv gefördert hat: Wladimir Putin. Dass Putin gerade in Europa den schlimmsten Angriffskrieg seit 1945 führt, ist Trump völlig egal. Ihm geht es um einen möglichen innenpolitischen Vorteil.

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In einem Interview mit „Real America’s Voice“ bat Trump den russischen Präsidenten, Informationen zur Verfügung zu stellen, die Putin über Geschäfte von Hunter Biden in Osteuropa habe. Trump hofft auf belastende Enthüllungen über den Sohn des gegenwärtigen US-Präsidenten. Diese sollen indirekt auch den Vater treffen – und Trump helfen, das Weiße Haus zurückzuerobern.

Kriegsverbrechen? Es geht um Steuerdelikte!

Tatsächlich war Hunter Biden vor zehn Jahren geschäftlich oft in Osteuropa unterwegs. Und tatsächlich bleiben Teile seiner Geschäfte undurchsichtig, gegen ihn läuft ein Steuerverfahren in den USA. Dass ein Teil von Hunters Geschäften auch in der Ukraine stattfand, wirft aus Sicht vieler besonders radikaler und einfältiger Trump-Fans einen Schleier von Verschwörungstheorien über alle Nachrichten, die in diesen Tagen von dort kommen: Ukraine? Was haben wir da eigentlich für Interessen? Ist das nicht das Land, in dem Hunter Geschäfte machen wollte?

Trump am heiligen abend allein im weißen haus

Ein Archivbild aus dem Jahr 2010: Joe Biden (l.), damals Vizepräsident der USA, und sein Sohn Hunter sehen sich gemeinsam ein Basketballspiel an.

© Quelle: Nick Wass/AP/dpa

Während der Rest der Welt beklommen auf die immer neuen Kriegsverbrechen Putins blickt, konzentriert sich Trump voll auf mögliche Steuerdelikte von Hunter Biden vor zehn Jahren. So fragt er jetzt nach dem genauen Grund einer Zahlung von 3,5 Millionen Dollar, die Hunter von der russischen Oligarchin Yelena Baturina erhalten haben soll: „Ich denke, Putin kennt die Antwort auf diese Frage, und er sollte sie auch bekannt geben.“

Trump verlangt auch nähere Information über Hunter Bidens Geschäftsbeziehungen zu dem ukrainischen Oligarchen Nikolai Zlochevsky, Eigentümer des ukrainischen Gasimperiums Burisma. Von der Ukraine allerdings, seufzt Trump, werde man dazu keine Antworten bekommen.

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Putin soll für Wahrheit und Klarheit sorgen

Trumps Sicht auf Russland und die Ukraine ist unterschiedlich: Der Herrscher in Moskau könnte für Wahrheit und Klarheit sorgen – während die Regierung in Kiew leider alles verschleiert.

Die Ungeheuerlichkeit von Trumps Interview ging in den westlichen Medien ein bisschen unter in den Nachrichten der vergangenen Tage. Der Vorgang hat aber die Aufmerksamkeit aller freien Länder der Erde verdient. Denn in der Verbrüderung des amerikanischen Wahlkämpfers Trump mit dem russischen Kriegsherrn Putin liegt die größte Bedrohung für Frieden und Demokratie in Europa seit 1945.

Noch respektiert Putin die Nato-Grenzen. Das liegt daran, dass Joe Biden „Old-School-Politik“ nach Kennedy-Art macht. Biden hat die Sicherheitsgarantien für Europa nicht nur verbal bekräftigt, sondern auch die physische Präsenz der USA dramatisch erhöht. Wenige Meter hinter der Grenze Polens ist neuerdings die 82nd Airborne Division stationiert, eine überdurchschnittlich gut trainierte Truppe mit legendärem Ruf, der zurückreicht bis zur Landung in der Normandie. Schwere amerikanische Bomber patroullieren in niedriger Höhe entlang der Ostflanke der Nato, von Estland bis Rumänien rotieren die Radarschirme.

Ein Worst-Case-Szenario für die freie Welt

Was würde geschehen, wenn Trump ins Weiße Haus zurückkehrt und an seinen dort zuletzt eingeschlagenen Kurs wieder anknüpft? Man erinnert sich an bereits von ihm angeordnete Truppenreduzierungen in Europa und an eine Politik des ausgestreckten Mittelfingers, speziell gegenüber den Deutschen. Für Putin verliefe dann alles nach Plan.

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Trump am heiligen abend allein im weißen haus

Old-School-Politik nach Kennedy-Art: US-Präsident Biden bei seiner Rede in Warschau am 26. März 2022.

© Quelle: IMAGO/Eastnews

Mit Trump im Weißen Haus könnte Putin sich nach und nach alles greifen, was er will: erst das Baltikum, dann Polen, dann Deutschland. Trump, das weiß Putin, pfeift auf den Rest der Welt, es geht ihm nur darum, in den USA alle Macht in seiner Hand zu bündeln, der Mann hat ansonsten keine Ideale und keine Agenda. Trump bewundert Putin. Sogar den militärischen Aufmarsch an den Grenzen der Ukraine beschrieb Trump ausdrücklich als Beweis der „Genialität“ des russischen Staatschefs.

Nach Putin und Xi Jinping wäre Trump der dritte Staatschef einer atomar bewaffneten Großmacht, der in einen kulthaften Neofaschismus abgleitet. Und in diesem Dreierkreis wäre er der mit Abstand einfältigste.

Bislang ist dies alles nur ein Worst-Case-Szenario, es kann zum Glück alles noch ganz anders kommen. Eins aber steht fest: Im weltweiten Machtkampf, den Putin in der Ukraine angefangen hat, ist das nächste wichtige Schlachtfeld kein militärisches. Es ist die amerikanische Innenpolitik.

FACTS AND FIGURES: Trump schlägt Biden und Harris

In Europa flogen Joe Biden in den vergangenen Wochen viele Herzen zu. Die Besuche bei der Nato und bei der EU in Brüssel, aber auch bei ukrainischen Flüchtlingen und US-Soldaten in Polen kamen gut an. Der 78-jährige US-Präsident wird auf dem Alten Kontinent zunehmend als väterlicher und noch dazu umsichtiger Verteidiger der Freiheit gesehen.

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In seinem eigenen Land jedoch tut sich Biden schwer. Seine Popularitätskurve hängt weiterhin durch. Und in einigen jüngsten Umfragen zieht Trump neuerdings an ihm vorbei. Lähmend für Biden und seine Demokraten wirkt sich vor allem die Preissteigerung in den USA aus. Eine Mehrheit sieht dies im Verhältnis zur Lage in der Ukraine als das wichtigere Thema.

Zwar ist es noch viel zu früh für Prognosen über die Präsidentschaftswahl 2024. Die Kandidaten stehen noch gar nicht fest. Die Institute aber starten schon mal erste Probeläufe, mit fiktiven Konstellationen. Zuletzt ließ eine Harvard-Harris-Umfrage aufhorchen, wonach Trump Biden mit 47 zu 41 Prozent schlagen würde. Würde Trump gegen die jetzige Vizepräsidentin Kamala Harris antreten, läge Trump sogar noch deutlicher vorn, mit 49 zu 38 Prozent.

Trump am heiligen abend allein im weißen haus

Gegen Trump hätte sie nach einer jüngsten Umfrage keine Chance: Kamala Harris, Vizepräsidentin der USA, hier beim Besuch einer Grundschule in Washington, D. C., am 5. April.

© Quelle: IMAGO/ZUMA Wire

Unklarer wird das Bild, falls Trump verzichtet. Das fiktive Rennen des republikanischen Gouverneurs von Florida, Ron DeSantis, gegen Harris könnte nach jetzigem Stand die demokratische Vizepräsidentin gewinnen, mit 40 zu 38 Prozent.

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Harvard-Harris-Umfragen werden monatlich durchgeführt, in Zusammenarbeit des Centers for American Political Studies (CAPS) an der Harvard University (Cambridge, Massachusetts) und der Demoskopiefirma The Harris Poll (Chicago, Illinois).

POPPING UP: Pistolen mit PIN

Mit Blick auf die Handfeuerwaffen in den USA schlagen Europäer immer wieder die Hände über dem Kopf zusammen. Mehr als 5000 Kinder und Jugendliche in den USA werden pro Jahr durch Schusswaffen verletzt oder getötet – doch das Recht, Schusswaffen zu tragen, ist vielen Amerikanern nach wie vor heilig.

Das Thema ist komplizierter, als viele denken. Denn mit dem Zweiten Verfassungszusatz wurde das Recht auf Waffenbesitz („the right of the people to keep and bear arms“) zum Grundrecht erhoben. Man kann dieses Grundrecht auf diese und jene Art beschränken, es aber nicht komplett auf null drehen.

Was also tun? Der Fernsehsender NBC berichtete jetzt über einen neuen Ansatz: die Pistole mit PIN.

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Auch ein Fingerabdruck genügt zum Entsperren: 9-Millimeter-Pistole von Lode Star Works.

© Quelle: Lode Star Works

Die Firma Lode Star Works mit Sitz in der Nähe von Philadelphia führte auf einem Schießstand in Pennsylvania eine Demonstration seines aktuellen 9-Millimeter-Handfeuerwaffen-Prototyps durch. Die neue Technologie kann auf drei Arten den Benutzer verifizieren: per PIN, per Fingerabdruck oder über eine Smartphone-App, die über Bluetooth mit der Waffe gekoppelt werden kann. Der Besitzer wählt, welche der drei Methoden die primäre ist. Kosten: rund 900 Dollar statt 600 für das übliche Modell.

„Das ist eine sehr zuverlässige, vertrauenswürdige Technologie“, sagt der CEO von Lode Star, Gareth Glaser.

Zumindest den Unfällen mit Kindern könnte die PIN-Pistole vorbeugen. Erst am Sonntag hat sich ein Vierjähriger in Florida versehentlich erschossen, zuvor hatte er einem drei Jahre alten Mädchen eine Schussverletzung an der Schulter zugefügt.

DEEP DIVE: Neue Leute mit neuen Raketen

Am Dienstag, 5. April 2022, kam es heraus: Auch die USA testen jetzt Hyperschallraketen. Zuvor hatte Russland verkündet, man habe eine Hyperschallrakete vom Typ Kinshal sogar erstmals schon im Gefecht eingesetzt, im Westen der Ukraine. Nach Angaben Moskaus kann der Westen die Kinshal nicht aufhalten.

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Die USA testeten ihre Hyperschallrakete bereits Mitte März. Sie wurde aus einem B-52-Bomber über der Westküste der USA ausgeklinkt. Technische Details wurden nicht ausgebreitet, die Rede ist aber von einer Fluggeschwindigkeit von „Mach 5 und darüber“. Hier stellt sich dann die Frage, ob die russische Flugabwehr ein solches Geschoss aufhalten könnte.

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Nick Giovannucci und Kealey Maddalena testen bei Raytheon das neue Hyperschallraketensystem HAWC (Hypersonic Air-Breathing Weapon Concept).

© Quelle: Raytheon

Die neuen amerikanischen Tests künden von einem Megatrend in den USA: Die Hightech-Szene und das Pentagon rücken wieder enger zusammen.

Im Jahr 2020 beklagte der amerikanische Verteidigungsexperte Christian Brose in dem Buch „The Kill Chain“, allzu viele technisch begabte junge Amerikaner wendeten sich allein der Computer-, Konsum- und Unterhaltungsindustrie im Silicon Valley zu – und machten einen Bogen um den militärischen Sektor. Hier scheint sich inzwischen das Bild wieder zu wandeln.

Die Abteilung „Missiles and Defense“ des Rüstungskonzerns Raytheon stellt derzeit im Internet stolz zwei ihrer Raketeningenieure vor, die aussehen, als seien sie noch Studenten im Praktikum. Nick Giovannucci und Kealey Maddalena testen das sogenannte Hypersonic Air-Breathing Weapon Concept (HAWC), eines der heißesten Projekte der US-Luftwaffe und ein System von globaler Bedeutung.

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Maddalena, erfährt der Leser, kam über die private Hobbyfliegerei zu Raytheon; sie steuert als Pilotin altmodische Doppeldecker über Arizona. Giovannucci hatte bei Ratheon zuvor schon eine neuartige Waffe mitentwickelt: Stormbreaker, eine geflügelte Bombe mit autonomem Steuerungssystem.

WAY OF LIFE: Der Weg zum wahren Spaß

Erst Corona, dann ein Krieg, wenn auch im fernen Europa: Diese Abfolge drückt auch bei vielen Amerikanern auf die Stimmung.

Catherine Price, Wissenschaftsjournalistin und Buchautorin, hat diese unschöne emotionale Lage der Nation erspürt – und setzt nun einen Kontrapunkt: Es sei höchste Zeit, schreibt sie in der „New York Times“, dass die Amerikaner wieder mehr Spaß in ihren Alltag einbauen.

In ihrem Buch „The Power of Fun: How to Feel Alive Again“ beschreibt sie Wege zu dem Ziel, „dass man sich wieder lebendiger fühlt“.

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Ein wichtiges Element ist der „Flow“: Spaßexpertin Catherine Price.

© Quelle: CatherinePrice.com

„Viele Menschen unterschätzen total, wie wichtig Spaß für ihre Belastbarkeit, ihr Glück und ihre geistige und körperliche Gesundheit ist“, betont Price. Wahrer Spaß aber entstehe nicht von selbst, schon gar nicht durchs bloße Anschalten den Fernsehgeräts: „Die hypnotisierte Benommenheit, in die wir verfallen, wenn wir Netflix Binge-Watching betreiben, zählt nicht.“

Der wahre Spaß erfordert laut Price das gleichzeitige Zusammentreffen von drei psychologischen Zuständen.

  • Verspieltheit: Der Spaß beginnt mit der Abkehr vom Pflichtprogramm, mit einem rein spielerischen Umgang mit den Dingen. „Verspieltheit bedeutet nicht, Spiele zu spielen“, sagt Price. „Es ist eine Qualität der Unbeschwertheit, die es Ihnen ermöglicht, Dinge im Alltag nur zum Vergnügen zu tun.“
  • Verbindung mit anderen: Der Spaß wächst durch das Gefühl, „ein besonderes, gemeinsames Erlebnis mit einer anderen Person zu haben“.
  • „Flow“: Der Spaß erreicht seinen Höhepunkt durch einen „Zustand des vollen Engagements und der Konzentration“. Kennzeichnend dafür sei der Verlust des Zeitgefühls.

„Wenn Menschen diese drei Zustände gleichzeitig erleben – mit anderen Worten, wenn sie wirklich Spaß haben – sind die Effekte, von denen sie berichten, fast magisch“, betont Price.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Spaß bis zum nächsten USA-Newsletter. Er erscheint kurz nach Ostern am 19. April 2022.

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Stay cool – and stay sharp!

Ihr Matthias Koch