Was bestätigt der Musiker beim spielen des Klaviers mit dem Fuß?

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1 



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ORGEL HD KUYM 

IN DER MUSIK DES 16. JAHRHUNDERTS 



EIN BEITRAG ZUR GESCHICHTE 
DER INSTRUMENTALMUSIK 



VON 



OTTO KINKELDEY 

() DE. PHIL. 

LEHBEB AM EÖNl^ICHEN AKADEMISCHEN INSTITUT 
FÜB EIBCHENMUSIE BEI DEB UNIYEBSITÄT BEESLAU 



MIT NOTENBEILAQEN 




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LEIPZIG 

DEUCK UND VERLAG VON BKEITKOPF & HÄßTEL 

1910 



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Copyright 1910 by Breitkopf & Haitel, Leipzig. 



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ARTHUR NEWTON DAVIS 



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HELEN PROCTOR DAVIS 



THESE PAGES 
ARE GRATEFÜLLY INSCRIBED 



Vorwort. 

Die vorlegende Schrift, ursprünglicli als Doktor- Arbeit bei der philo- 
sophischen Fakultät der Universität Berlin eingereicht und jetzt mit 
einigen Erweiterungen einem etwaigen Interessentenkreise überlassen, ent- 
stand aus einem Versuch, diejenige Entwickelung des Orgel- und Klavier- 
spiels, die in Joh. Sebastian Bach einen so glänzenden Höhepunkt erreicht, bis 
auf ihre Anfänge zurück zu verfolgen. Je weiter ich mit der Untersuchung 
vorrückte, je schwieriger wurde es, mir einen klaren Begriff von dem eigent- 
lichen Wesen dieser Orgelkunst zu machen. Die Berühmtheit eines Hofhaimer 
oder eines Merulo war ohne weiteres nicht so leicht zu erklären. Es 
galt nun einmal den Versuch zu machen, das vielgerühmte Orgelspiel 
des 16. Jahrhunderts von den verschiedensten Seiten zu beleuchten. 

Es stellte sich heraus, wie ja wohl zu erwarten war, daß diese Kunst 
aufs engste mit der Entwickelung der Instrumentalkunst überhaupt ver- 
knüpft war, und daß eine Beschränkung der Darstellung auf die Tasten- 
instrumente allein weder ratsam noch möglich war. Ich glaube, daß die 
Wichtigkeit der Instrumentalmusik des 16. Jahrhunderts und auch der 
früheren Zeit immer noch nicht stark genug betont wird. Wurde doch 
in einer so oft aufgelegten und so oft erwähnten Sammlung, wie Georg 
Porsters »Teutsche Liedlein«, wegen des „anftimcnÄ un umblocnbcnS" bei 
der Anordnung des Druckes auf die Listrumentisten Bücksicht genommen, 
wie aus Forsters wunderschönen Vorreden hervorgeht. Daß ich mit 
dieser Arbeit keine erschöpfende Behandlung der Frage bringe, bin ich 
DÜr wohl bewußt. Vielleicht wird aber hier oder da ein neuer Gesichts- 
punkt angedeutet, der sich als entwickelungsfähig erweisen könnte. 

So manches ist mir nach der Drucklegimg aufgefallen, das der Ver- 
besserung fähig wäre. Der Hinweis z. B. (S. 166) auf die oito cantori 
bei einer Papstwahl -Messe in Florenz 1591 dürfte sich wohl auf die 
liturgischen Sänger am Altar und nicht auf die Chorsänger beziehen. 
Somit fäUt die Bedeutung des Vergleiches mit der Zahl der Sänger in 
den Kirchenchören des 16. Jahrhunderts weg. Ebenso wäre bei der 
Besprechung der Veröffentlichungen Verovios (S. 126] auf den Neudruck 
der Canxoneite a quattro voci, Rom 1591 (Chansonnes Italiennes de la 
™ du XVI® si^cle . . . publikes par Alfred Wotquenne-Platteel. Leipzig, 
Breitkopf & Härtel, s. a.) aufmerksam zu machen. 



— VI — 

Allen denjenigen, die mich bei meiner Arbeit unterstützt haben, 
spreche ich hiermit meinen herzlichen Dank aus, vor allem Herrn G-e- 
heimen Eegierungsrat Prof. Dr. Hermann Kretzschmar, dem ich mannig- 
fache Anregung und Unterstützung verdanke, und Herrn Prof. Dr. Jo- 
hannes Wolf, der in selbstlosester Weise seine Zeit in Bologna für mich 
opferte und mir auch sonst mit Bat und Tat beistand. Der Bibliotheks- 
vorsteher, die sich persönlich für mich bemühten, sei hier auch gedacht, 
besonders Herrn Prof. Dr. Albert Kopf ermann, Direktor der Musik- 
abteilung der Königlichen Bibliothek in Berlin und Herrn Max Schneider 
vom Musikhistorischen Institut der Universität Berlin; dann auch der 
Herren Dr. Jos. Mantuani und Dr. Ferdinand Scherber von der Hof- 
bibliothek in Wien und Prof. Dr. Max Hippe von der Stadtbibliothek in 
Breslau. Bei der Anfertigung einiger Abschriften war mir Frl. Alicja 
Simon sehr behilflich. 

Schließlich habe ich, der ich mich hier in einer Sprache ausdrücke, 
die nicht meine Muttersprache ist^ den Leser um gütige Nachsicht mit 
den stilistischen UnvoUkommenheiten meiner Arbeit zu bitten. Auch 
hier haben mir bei einzelnen Abschnitten die Herren Karl Lütge^ 
Dr. Robert Staiger und Ludwig Wachtel wertvolle Hilfe geleistet. 

Breslau, im April 1910. 

Otto Kinkeldey. 



Inhalt. 

Einleitung. S. 1. 

Literatur, 3. Quellen, 4. Überblick über die praktischen Denkmäler, 4 
und über theoretische Erläuterungen. 6. 

1. KapiteL Die spanischen Quellen. S. 9. 

JuanBermudo (1549 und 1545) Inhalt seiner >Declaracton de insimmentos 
musiccUes*, 9. Speziell über Orgel- und Klavierspiel, Anfangsübungen, 
12. Verzierungen, 13. Fingersatz, 14. Die Klaviatur und die Tonarten mit 
ihren Transpositionen, 15. Absetzen (Übertragen) auf das Monochord (Clavi- 
chord). Partiturspiel und Tabulatur, 20. Batschläge über das tägliche Üben, 
Ausbildung beider Hände, Verzierungsverbot, 22. Orgeln und Chorbegleitung, 
23. Übungsstücke und weitere Orgelkompositionen. 25. 

SanctaMaria (1565) Inhalt seiner >Ärte de taher Fcmtasia*, 25. Über 
den Takt und das Taktschlagen, 29. Die Erfordernisse zum vollkom- 
menen und schönen Spiel, 30. Handhaltung, 30. Anschlag, 32. Das 
klare und deutliche Spiel, 33. Tonleitern und Passagen, 33. Fingersatz, 34. 
Das geschmackvolle Spiel, Manieren, 40. Redobles und Quiebros (Trillerver- 
zierungen), 41. Absetzen (Übertragen) auf das Monochord (Klavier), 45. Sancta 
Marias Beispiele, 46. Anweisungen für Anfänger, 47. Vorschläge zum 
Erlernen der Kunst des Fantasierens. Thematische Behandlung, 47. 
Kadenzen , 47. Konsonanzen und Dissonanzen , 47. Beständiges Üben , 48. 
Olosas (Diminutionen), 48. Transpositionslehre, 50. Harmonie- und Kontra- 
punktlehre, 50. Genauere Erörterung der Fantasia, 53. Nochmals nötige An- 
weiaungen für Anfanger. Üben im allgemeinen, Transponieren, Übungen im 
Fantasieren, 53. Das Stimmen des Klaviers. 54. 

2. Kapitel. Verbreitung der Tasteninstrumente. Umfang und Beschaffen- 
heit der Klaviatur. S. 56, 

Übergang von den spanischen Theoretikern zur allgemeinen Praxis des 
16. Jahrhunderts. 56. 

Allgemeine Verbreitung der Orgel vor dem 16. Jahrhundert, 57. 

Verbreitung der besaiteten Tasteninstrumente, 57. Das JSra- 
quir im 14. Jahrhundert, 58. Das Monochord (Clavichord) im 15. Jahrhundert 
in Deutschland, Italien, Spanien und England. 59. 

Umfang der Klaviatur. Virdungs Clavichord mit Pedalen (1511) und 
Schlicks Orgel (1511), 60. Umfang der spanischen und italienischen Klaviatur 
am Ende des 15. Jahrhunderts. Ramis de Pareia, 61. Luccheser Orgeln in 
der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, 62. Die Angaben Arons und Lanfran- 
cos über Umfang der Klaviatur in Italien zu Anfang des 16. Jahrhunderts, 63» 
Schweizer Orgeln nach Kotter und Buchner, 63. Bermudos und Sancta Maria» 



— VIII — 

fipanische Klaviaturen, 64. Die Umfange, die in den praktischen Denkmälern 
verlangt werden. In Deutschland, von Schlick (1511) bis B. Schmid, der jüngere 
(1607), 64. In Frankreich. Attaingnant (1530), 65. In Italien. Gavazzoni (1542) 
bis Gabriel! (1596), 65. Einiges über die weitere Entwickelung des ümfanges 65. 
Oerone (1613) M. Praetorius (1618), 65. Zusammenfassung. Spanien geht 
voran. Deutschland im Rückstand, 66. Dagegen wird das Pedalspiel in 
Deutschland schon von den frühesten Zeiten an kultiviert; weniger in den 
anderen Ländern, 67. Über das Pedal in Italien und Spanien, 68. Besaitung 
der Klaviere, 69. Stellung der Musiker des 16. Jahrhunderts im allgemeinen 
zum Klavierspiel. 69. 

3. Kapitel. Die Stimmang der Orgel and des Klaviers. S. 70. 

Bamis de Pareia über die Stimmung der älteren Monochorde, 71. Die 
Temperatur-Schwierigkeit, 72. Schlicks Stimmmethode, 73. Aron, 75. Lan- 
franco, 76. Sancta Maria, 78. Ammerbach, 79. Costanzo Antegnati, 79. Cerone. 79. 

4. Kapitel. Unterricht. Allgemeine Erwägungen. S. 80. 

Orgel- und klavierpädagogische Werke in früheren Zeiten selten. Dagegen 
viele Singschulen. Kein so strenger Stilunterschied zwischen Instrumental- 
und Vokalmusik, 80. Relative Bedeutung der Laute und der Tasteninstrumente 
in der Musikübung des 16. Jahrhunderts, 81. Vom Organisten und Klavier- 
spieler wurde eine viel gründlichere musikalische Bildung verlangt. Daher 
eine außerordentlich länge Lehrzeit, 82. Die Wichtigkeit der Wahl des Lehrers, 
83. Der spanische Elementarunterricht, 84. Der Übungsstoff, 85. 
Cabezons Klavierschule, 87. Einrichtung der ersten Vokalstücke für Laute und 
für Klavier, 88. Tänze, 90. Der deutsche Klavierunterricht. Nürn- 
berger Liebhaber -Klavierspiel in zeitgenössischen Briefen und Rechnungs- 
büchern. 90. 

Die Seltenheit von niedergeschriebenen Klavierbearbeitungen in Italien, 97. 
Erklärung dieser Seltenheit durch das Spielen direkt aus dem Ghorbuch, 98. 
Der Squarcialupi Codex (15. Jahrhundert) von diesem Standpunkt als Orgelbuch 
betrachtet, 99. Die deutschen Organisten erlangten viel später als ihre italie- 
nischen Kollegen die Fähigkeit aus Stimmen oder aus der Partitur zu spielen, 
104. Geschichtlicher Überblick über die ersten gedruckten französischen und 
italienischen Orgeltabulaturen, 104. Nachteile und Vorzüge der Tabulaturen. 106. 

5. Kapitel. Untemchi Einzelne Disziplinen. S. 107. 

Bermudo und Sancta Maria über die ersten Übungen. 107. 

Das Taktschlagen oder -treten bei dem Üben. Der Taktstrich im 
16. Jahrhundert, 109. Taktstrich, nicht Akzentstrich. 110. 

Der Fingersatz, 112. Die eigentümliche Handhaltung der Alten beim 
Tonleiterspiel, 112. Der Gebrauch des Daumens, 113. Die Triller und Doppel - 
schlage bei den Spaniern und in den italienischen und deutschen Denkmälern. 114. 

Oloaas oder Diminutionen, 118. Gegner der Diminutionspraxis, 119. 
Bermudo und Sancta Maria über Verzierungen, 120. Die gedruckten Ver- 
zierungen Ammerbachs und Gabrielis, 120. Dirutas Anweisungen zum Ver- 
zieren, 121. Die Verzierungskunst eine Improvisationskunst, 122. Merulos aus- 
geschriebene Verzierungen, 122. Das geschmackvolle Spiel der Spanier und 
die Manieren bei deren Nachfolgern, 123. Das vollgriffige Spiel. 125. 



I 



— IX — 

Die TranipositioBy 127. Aron, Bennudo, Ssnet» Mariib, Bxnita und 
Ceron« fiber du TranBponiercii, 127. TrantpcHdtioitfta im. dea gedmckten prak- 
tbcben Werken. 131. 

Die Fantasie. Freie tmd strengtre Formen^ 130. Dai FaartaaieTeii die 
hddMte Siafe der Exmstfertigkeit. £ine grtndliciie Theonekesntnie die Yor- 
anstetzfuig, 132. Sancta Marias Methode^ diet« Kunstfertigkeit su lekren, 133. 
Die Einnchtong der Gabezon^sdien ElaTierachule, 133. Die ein&ek« Sdiösheit 
der spanisehen Fantasien [Tiealoa) sovie der epaniseken Musik tlbexiiaitpt, 134. 
SajMsta Maria als Komponist, 135. Die strenge Form in der italieniseheii Orgel- 
musik, 136. Die freie Form in den deutschen, franzfisiscken und italieaisehen 
Denkmälern, 137. Entwickelung der Yariations- und RecercarenformeB bei den 
ItaÜMierB, 139. Buqs* eigene Orgelbearbeitung seiner Recercaren, 141. Die 
weitere Entwickelung der strengen Form in Deutsehlaiid und don Nieder- 
landen. Paix, Haßler, SweeÜnck, 142. Theoretiker »über Recercaren. Viceatino, 
Pietvo Fontio, Cerooie, Y. Glalilei. 143. 

&. KaiMtel. KlaTiei^ und Orgel in der Haus- Bnd Theatermttsik. S. 147. 

Die Tasteninstrumente in allen Kapellen und Instrumentensammlungen 
des 16. Jahrhunderts vertreten. Nachrichten aus Inyentarien, 147. Die Anteil- 
nahme der Fürsten und Höflinge und Kunstmäcene am fiQavierspiel, 149. Baldassare 
Gastiglione über die Hausmusik des Hofmannes, 152. Der Sologesang, das 
Solospiel, und das Rezitieren zur Instrumentalbegleitung im 
16. Jahrhundert, 153. Luzzasco Luzzaschi's Solomadrigale mit Klayierbegleitung, 
156. Die Hausmusik und die Kapellen am Hofe von Ferrara, 158. Bisher un- 
berücksichtigte Quellen zur Erforschung dieser Musikübung, 162. Die Festauf- 
führungen an den Höfen, 163. Nachrichten aus Briefen, Tagebüchern und 
Festbeschreibungen besonders von Intermedienmusiken, 163. Nachrichten aus 
Pesaro, Brescia, Ferrara und Rom aus dem 15. und aus den ersten Jahren des 
16. Jahrhundests. Instrumentalmusik in der Kammer und im Theater. Solo- 
gesang mit Orchesterbegleitung, Messen mit Orchester. Bei 
allen diesen wirkten. die Tasteninstrumente mit, 165. Die Florentiner Inter- 
medienmusiken von 1539, 1565, 1579 und 1589, 167. Festmusiken in Pisa 
1588, 175. Englische Maifestspiele 1515, 176. Englische Theatermusiken, 1538 
bis 1589, 176. Intermedienmusiken in Frankreich 1548, 177. Das Ballet de la 
Reine, 178. Münchener Festmusiken 1568, 178. Die Florentiner Reformopem 
Übernahmen die Orchestereinrichtung und vieles andere von den Intermedien- 
musiken, 181. G. B. Doni über die Intermedienmusiken des 17. Jahrhunderts. 182. 

Mitwirkung der Orgel oder des Klaviers als Solo- und als Orchesterinstru- 
ment bei den deutschen Tafel- und Tanzmusiken des 16. Jahrhunderts. 
Tabulaturen von Ammerbach, Paiz, Schmid, Loeffelholz usw., 183. Abbildungen 
Ton deutschen Instrumentalmusiken mit Klavier, 184. Stellung der Organisten 
gegenüber denanderenlnstrumentalisten,185. Ihr Yerhältnis zu den Patriziern. 186. 

7. £apitel. Partitur and Basse Continao. S. 187* 

Klavierauszüge (italienische Orgeltabulatur), die dem Organisten oder Klavier- 
spieler als Yorlage dienen könnten, sind in Italien im 16. Jahrhundert selten, 
Partituren noch seltener. Wodurch ist das Fehlen der Partituren zu erklären ? 
Schrieben die Komponisten direkt in einzelnen Stimmen? Ber- 
mudos bejahende Antwort auf diese Frage, 187. Yereinzelte Beispiele von 
frühen Partiturversuchen, besonders in Deutschland, 189. Die Breslauer Tabu- 



laturen als Orgelpartituren, deutsche Vorläufer der Generalbäßpräxis , 191. 
In Italien und Spanien wurde der Gebrauch einer Partitur meistens nur 
weniger gebildeten Organisten gestattet. Bermudo, Yicentino, 192. Ableitung 

' des Wortes »Partiturc. Spartieren = mit Taktstrichen versehen, 193. Die 

ersten gedruckten Partituren, 194. Die ersten bekannten gedruckten 

'Generalbaßstimmen (1594), 196. Die parallele Entwickelung des 

Partituren- und des Generalbaßdruckes. Beschreibung mehrerer 

'Orgelstimmen von 1694 bis zu Viadana (1602). Einfache und doppelte Bässe. 
Bässe mit der beigedruckten höchsten Stimme, Bezifferung, Takteinteilung, ein- 
gestreute Partiturabschnitte usw., 197; Zusammenfassender Bericht über diese 

/ Vor- Viadana'scheÄ Quellen. 203. 

Zur Theorie des Generalbaßspiels. Agazzari, 205. Die Bedeutung 
des Generalbasses für die Orchesterinstrumente (nicht nur für die Akkord- 
instrumente) in den ersten Opern, 206. Die praktischen Winke in den Vor- 
worten der Orgelstimmen, 208. Der.Basso continuo im 17. Jährhundert eine 
neue Errungenschaft. Bezifferung, Verzieren im Continuospiel , Freiheit des 
Satzes usw., 208.' Gegner des Continuospielö. Partitur vetms BassO Continuo, 
210. Diruta und ,Banchieri gegen das schlechte Generalbaßspiel.' 211. 

Die ersten gedruckten Generalbaßstimmen und Partituren 
in Deutschland. 212. 

Alihailg 1. Agostino Agazzaris Traktat. »DeZ suonare sopra ü hasso* Seite 216 
Anhang 2. Excerpte aus den Vorworten zu Orgelstimmen (1603—25) > 222 

Masikbeispiele. 

Bermudo . . . » 227 

Sancta Maria » 236 

Buus Ricerear 

Partitur und Orgelbearbeitung » 245 

Chanson *Le content est riehe* 

Klavierbearbeitung mit Alt und Baß des Vokalsatzes' » 260 

* Susan/neun jour€. Originalsatz von Las sus. Bearbeitung von A. Gabriela 

Bruchstück der Bearbeitung von Ammerbach . » 264 

*Sa/ncta Maria vel Ghristics resurgens*. Breslauer Orgeltabulatur .... » 275 
Feiice Anerio. — Zwei Vokalsätze nebst Klavierbearbeitung aus 

, Verovios »Diletto S^irituale« (1586) . . » 280 

Vincentio Galilei 3 Lautenricercaren * 283 

L\;izzasco Luzzaschi Solomadrigale mit Klavierbegleitung » 286 

Claudio Merulo Canzone für Orgel » 296 

Annibale Padoano Toccata für Orgel . . . » 301 

AntonioArchilei Solomadrigal mit Lautenbegleitung * 306 

Luca Marenzio Instrumental Sinfonia » 312 






r 



Einleitimg. 

Unsere modernen Anschauungen über die Musik früherer Zeiten haben 
in den letzten Dezennien mannigfache Änderungen und tiefgehende Um- 
gestaltungen erfahren. Zum Teil laufen diese Fortschritte auf unmittel- 
bare Aktiva hinaus. Der sich in allen Kulturländern immer weiterver- 
breitende Bach-* und Händelkultus bedeutet nicht nur eine nebexisächliche 
wenn auch noch so interessante Wiederbelebung des Alten, sondern er 
bringt eine direkte und positive Bereicherung unseres modernen alltäg- 
lichen Musiklebens. Zum Teil wirken die Begungen auf dem Gebiete 
der Musikhistorie nur indirekt, indem sie das Verständnis für die Musik 
und das Musikleben vergangener Zeiten aufhellen und uns dadurch einen 
sichereren Leitfaden zum Verständnis unserer heutigen Musik liefern. 

Daß so manche Zeiten und manche Fragen in der Musikgeschichte 
noch einer Aufklärung bedürfen, wird keiner leugnen. Trotz der großen 
Fortschritte, die etwa die Geschichte der Oper, der Instrumentalmusik 
und der weltlichen Vokalmusik in neueren Zeiten gemacht hat, bleibt 
noch viel zu tun übrig. Der Versuch, die Geschichte der Instrumental- 
musik über den Anfang des 16. Jahrhunderts hinaus aufzudecken, ist 
neueren Datums. Zwar gab es schon seit den Anfängen der musikali- 
schen Historie Abbildungen und Aufzählungen von Musikinstrumenten; 
aber über den Anteil, welchen die Instrumentisten an der gewöhnlichen 
Musikübung hatten, hörten wir weniger. Wurden doch das 16. und die 
unmittelbar vorangehenden Jahrhunderte kurzweg zur »a cappella Periode« 
gestempelt, eine Benennung, die bis vor etwa einem Jahrzehnt für den 
gewöhnlichen Leser gleichbedeutend war mit »die Zeit, in der es keine 
Instrumentalmusik gab«. In den letzten Jahren ist es immer klarer 
geworden, daß die Sache sich nicht ganz so verhielt, und immer dringen- 
der formuliert sich die Frage nach dem eigentlichen Wesen dieser frühe- 
ren Instrumentalmusik und ihrem Verhältnis zur bekannten Vokalmusik. 

Den Weg zur Lösung dieser Frage, soweit sie das 16. Jahrhundert 
angeht, möchte der Verfasser mit dieser Schrift wenigstens anbahnen. 
Und zwar soll die Untersuchung sich hauptsächlich auf die Tasteninstru- 
mente beschränken. Obwohl sie nicht die alleinigen Vertreter der In- 
sixumentalkunst waren, waren sie doch die bedeutendsten. Dennoch 

Kinkeldey, Orgel und Klavier. 1 



— 2 — 

wollen wir uns nicht zu eng an diese halten, sondern versuchen, gelegent- 
lich einen Blick auch auf die anderen Instrumente zu werfen, und vor 
allem die mannigfaltigen Beziehungen und Verknüpfungen, die zwischen 
der Instrumentalkunst einerseits und der Vokalmusik andererseits exi- 
stierten und die Wechselwirkungen, die sie aufeinander ausübten, zu be- 
rühren. Die Ergebnisse werden nicht ohne Bedeutung für die weitere 
Geschichte der Orchester- und Kammermusik und für die Vorgeschichte 
der Oper sein. 

Warum das Orgel- . und Klavierspiel gerade des 16. Jahrhunderts 
wichtig ist, wird sich im folgenden zeigen. Sucht man in den allge- 
meinen Musikgeschichten und in den Spezial werken über Orgel- und 
Klavierspiel nach Aufklärung auf diesem Gebiet, so findet man, daß, 
obwohl gerade über diese Zeit und über die hoch früheren Jahrhunderte 
so manches geschrieben worden ist, im allgemeinen doch noch ein tiefes 
Dunkel auf der Sache ruht. 

Daß das Spiel auf den Tasteninstrumenten schon in dieser frühen 
Zeit eine nicht unwesentliche EoUe spielte, beweist schon der große Kuhm, 
den verschiedene Virtuosen erlangten. Man denke nur an solche Namen 
in Deutschland wie Conrad Paumann, an Hofhaimer und den ganzen 
Kreis von nicht unbedeutenden Organisten, der sich um ihn gruppiert, 
in Italien an Francesco Landino, >degli OrganU genannt, an An- 
tonio Squarcialupi, der am glänzenden Hof des Lorenzo Magnifico 
so großes Ansehen genoß. Man denke an die lange Jäeihe von Orga- 
nisten an San Marco in Venedig, die ununterbrochen seit dem 14. Jahr- 
hundert verzeichnet ist, an die Organisten der Peterskirche zu Rom im 
15. und 16. Jahrhundert, deren Namen uns erhalten sind. Man denke 
an die Notizen über Orgelwettstreite und Orgeleinweihungen, über große 
Orgelbauten, die sich hier und da in den Schriftstellern finden, an die 
manchmal überschwänglichen Lobsprüche der Dichter auf Virtuosen. 
.Man erinnere sich an die erhaltenen Kechnungen und Haushaltungs- 
bücher der verschiedenen Höfe, in denen Regal-, Virginal- und Cembalo- 
spieler oft vorkommen. Man betrachte die Abbildungen aus älterer Zeit, 
die häufig die verschiedenen Orgel- und Klavierformen wiedergeben. In 
den Archiven finden sich mehrere Mitteilungen über die Anstellung von 
Lehrern des Orgel- und Instrumentenspiels. Eine Bologneser Handschrift, 
.die den Traktat des Theodoricus de Campo enthält und sicherlich vor 
dem 16. Jahrhundert geschrieben worden ist, schließt mit einem Kapitel 
>Ars et modus pulsandi Organa secundum modum novissimum injunctum 
per magistros Musicos modernost^). Faßt man alle diese Tatsachen ins 

1) Katalog des Liceo Musicale zu Bologna I, 259. Eine Abschrift des kurzen 
Kapitels, welches später wieder angeführt werden soll, sowie nähere Mitteilungen 
über die Handschrift verdanke ich Herrn Prof. Dr. Joh. Wolf. 



— 3 — 

Augej so luuß mau zu dem Schluß kommen, daß Orgel lind^^airieT 
im damaligen Musikleben doch eine größere Rolle spielte^,. al§ es die 
spärlich erhaltenen Denkmäler vermuten lassen, Wir, werden sehen^ daß 
diese nicht einmal eine Andeutung von der wichtigen Stellung dör Tasfceiir 
Instrumente in den Orchestern des J6. Jahrhunderts enthalten. ; 

Dieses Mißverhältnis zwischen dem literarischen Euhm der Instrumeii^ 
tÄlkunst und dem geringen Befund von Kompositionen währt bis gegen 
Ende des 16. Jahrhunderts. Die Mei&ter des 17. Jahrhunderts stehen 
uns näher und haben uns Werke genug hinterlassen , die uns ein in 
vielen Beziehungen klareres Verständnis ihrer Zeit und eine gerechtere 
Abschätzung ihrer Kunst ermögliche^. Die Unklarheit, die noch über 
das 16. Jahrhundert herrscht, kann ich zwar nicht ganz aufhellen, aber ich 
glaube, daß in einigen Punkten etwas mehr Xiicht geschaffen werden kann. 
An Vorarbeiten liegen wenige vor, die siqh speziell mit diesem Thema 
beschäftigen. Als die wertvollsten wären zu nennen >Zut Geschichte 
des Orgelspiels im 14 — 18. Jahrhundert^? von A. G. Ritter (Leipzig 
1884), eine Arbeit von Carl Krebs, »Girolamo Dirutas Transil- 
va no. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgel- und Klavierspiels im 
16. Jahrhundert« (Vierteljahrsschrift für Musikwissenschaft VIII (1892) 
S. 307 ff.) >Geschichte der Klaviermusik« von Max Seiffert 
(Leipzig 1899). Die > Geschichte der Instrumentalmusik im 16. Jahr- 
hundert« von W. J. V. Wasielewski (Berlin 1878) trägt einiges zum 
Thema bei, läßt es aber häufig an QufeUennachweisenr fehlen. 

Außerdem ist das Thema von Ambros im 3.iBande seiner Musik*- 
ge schichte (Die deutschen Instrumentisten, und die venetianische Musik- 
schule) und auch von v. Winterfeld in >Johann Gabrieli und sein 
.Zeitalter« (Berlin 1834) berührt worden. Monographien über einzelne 
Komponisten oder über einzelne SammlungCTi von Orgelwerken haben 
wir in der Arbeit Arnolds und Bellermanns über Conrad Pau- 
manns Fundamentum Organisandi (Chrysanders Jahrbücher für 
Musikalische Wissenschaft H Leipzig 1867 S. 177 ff.), in dem nicht er- 
schöpfenden Aufsatz Robert Eitners über das Bu3^heimer Orgel- 
buch (Beilage zu den Monatsheften für Musikgeschichte 1887), in der 
trefflichen Abhandlung von Carl Paesler über das >Fundamentbuch 
von Hans von Constanz« (Vierteljahrsschrift V (1889) S. Iff.) und 
in der Dissertation Hans Loewenfelds über >Leonhard Kleber und 
sein Tabulaturbuch« (Charlottenburg 1897). 

Mit der liturgischen Aufgabe der Orgel in früheren Zeiten hat sich 
schon Gerbert beschäftigt in >De cantu et musica sacra*^), Ausfuhr^ 



1) Tom. II San Blasii 1774. Lib. III, Cap. III. De organis, aliiec^ue instrumentis 
musicis paallatim in ecclesiam inductis. Lib. lY, Cap. I. Disciplina cantua ac 
musicae ecciesiasticae posteriore hac aetate. . r 

1* 



— 4 — 

lieber wird dieser Gregenstand behandelt in Georg Kietscbels >Die 
Aufgabe der Orgel im Gottesdienste« (Leipzig 1893), eine Scbrift, 
die aucb über das 16. Jahrhundert eine Fülle wichtiger Neuheiten aus 
den Kirchenordnungen bringt. 

Einzelheiten von Belang kann man auch den Geschichten einzelner 
Städte, wie z. B. in Italien Oaffis ^Storicu deUa Musica Sacra neUa 
giä cappella dneale di San Marco in Venexia dal 1318 al 17 97*^ (Vene- 
zia 1854 — 1855), Nericis >Storia deüa Musica in Lucca< (Lucca 1879), 
Valdrighis >Mii$urgiana Nr. 12€ (Modena 1884), oder Werken wie Jac- 
quots ^La Mitsique en Lorraine^ (Paris 1882) und Vander Straetens 
T>La Musique attx Pays-Bas* (Bruxelles 1867 — 1868) entnehmen. 

Die Quellen auf denen die folgende Arbeit beruht, sind in zwei 
Gruppen einzuteilen; 1% die überlieferten Kompositionen selbst. In dieser 
Beziehung bringt die Arbeit mit einigen Ausnahmen nichts Neues. 2. die 
Notizen und Besprechungen, die sich in den Theoretikern und anderen 
Schriftstellern des 16. Jahrhunderts finden, vor allem in einigen didak- 
tischen Werken, die zum ersten Male vieles feststellen, das bisher nur 
auf Konjektur beruhte, andererseits aber auch manche Aufklärung über 
die Techtiik sowie über den Lehrgang im Klavier- und Orgelspiel bringen. 
Eine große Anzahl nicht unwesentlicher Aufschlüsse entnehmen wir 
Quellen, die eigentlich nicht speziell musikalischer oder musikgeschicht- 
licher Natur sind, wie z. B. zeitgenössischen Briefen, Tagebüchern, 
Kechnungsbüchem und Beschreibungen von Festlichkeiten. In diesen 
Quellen werden wir manchmal über Gegenstände unterrichtet, über die 
die Musiker und Musikschriftsteller sehr ischweigsam sind. 

Das älteste bekannte Beispiel von einer Komposition für Orgel oder 
Klavier stammt aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts und zwar 
aus England. Das handschriftlich erhaltene Werk ist nicht ausdrücklich 
als Orgeltabulatur bezeichnet, ist aber von den anderen notierten Kom- 
positionen der Zeit so verschieden und den späteren Orgeltabulaturen 
so ähnlich, daß man es wohl ohne Gefahr als Orgelwerk ansehen darf. 
Faksimiles aus der Handschrift, welche im British Museum aufbewahrt 
wird, befinden sich in Wooldridges ^Early English narmony€ (London 
1897) Tafeln 42 — 45. Eine genaue Beschreibung nebst Übertragungen 
gibt Wolf in seiner »Geschichte der Mensuralnotation« (Leipzig 
1904), I 356 ff., n und in Nr. 78. Dem nächsten Denkmal begegnen wir 
auf deutschem Boden. Es ist Conrad Paumanns Lehrbuch für den 
orgelmäßigen Kontrapunkt aus der Zeit um 1452, das Funda7n€ntufn 
Organisandij dem auch mehrere Stücke für Orgel von anderen Kompo- 
nistep oder Bearbeitern angehängt sind. Eine vollständige Übertragung 
mit einigen Faksimiles bringt die genannte Arbeit von Arnold und Bei- 



— 5 — 

lermann. Aus ungefälir derselben Zeit stammt das Buxheimer 
Orgelbuch. 

Aus dem 16. Jahrhundert sind uns Denkmäler in größerer Anzahl 
erhalten. Da haben wir besonders in Deutschland eine Beihe von Samm- 
lungen yon Orgelwerken. Auffallenderweise ist das zuerst zu nennende 
Werk ein Druck, nämlich Arnold Schlicks *Talmlaturen eüicher Lob- 
gesang und Uedlein uff die Orgeln un lauten* (Mainz 1512). Das Werk 
liegt im Neudruck von Kobert Eitner vor, als Beilage zu den Monats- 
heften (1869). Dann folgt eine Beihe Handschriften, wie das Tabulatur^ 
buch von Kleber, welches in den Jahren 1520 — 1524 entstand; die 
Tabulaturen des Schweizers Hans Kotter um 1532; femer aus der 
Zeit um 1540 Hans Buchners von Constanz Fundamentum welches 
sich außer mit der Lehre des Orgelkontrapunktes auch als erstes mit 
Fragen des Fingersatzes beschäftigt. Aus der zweiten Hälfte des 16. Jahr- 
hunderts gibt es neben handschriftlichen Tabulaturen wie denjenigen der 
reichen Breslauer Sammlung^), denen des Herzogs Christian von 
Sachsen^), Nörmigers^) und Loeffelholtz''), eine Beihe gedruckter 
Sammlungen von Ammerbach (1571), Bernhard Schmid dem älteren 
{1577) und Jacob Paix (1583), 

In Frankreich hatte man schon in den Jahren 1530 — 1531 eine ganze 
Serie kleiner Orgelbücher, »Taindatures des Orgues, Espinettes, Manicor- 
dions et tdx semblables instrumentx* in Paris bei Attaingnant gedruckt. 

Die ersten aus Italien bekannten Stücke, speziell für Orgel oder Klavier 
gedruckt, finden sich in einer Sammlung aus dem Jahre 1540, >Musica 
nova (iccommodata per cantar et sonar sopra organi\ et aitri strumenti 
composta per diversi eccellentissimi musid. In Veneiia al segno del 
Poxxo€, Auf diese wie auf die ihr folgenden Orgelsammlungen aus 
Italien werden wir später zurückkommen (S. 105fE.). Von dem berühm- 
ten Willaert (etwa 1490 — 1562) scheint es keine Werke speziell für die 
Orgel gedruckt zu geben. Sein Zeitgenosse JaquesBuus, von 1541-^ 
1551 Organist an San Marco ^ ist lange Zeit in der Musikgeschichte 
auf dem Gebiete der Instrumentalmusik nur mit zwei Büchern Becercaren, 
in Stimmen erschienen, vertreten gewesen. Es existiert aber im British 
Museum ein Exemplar eines Druckes aus dem Jahr 1549, der vier Be- 
cercaren in italienischer Orgeltabulatur enthält. Das Werk hat in 
den Musikgeschichten bisher keine eingehende Behandlung gefunden. 
Es soll an geeigneter Stelle (S. 141) näher darauf eingegangen werden. 

Von Merulo wurden schon 1567 Becercaren in itaUenischer Orgel- 
tabulatur gedruckt, und 1568 Messen in gleicher Gestalt. Erst gegen 

1) Auf der Breslauer Stadtbibliothek. Siehe Katalog von Bohn. 

2) Auf der Eönigl. Bibliothek Dresden. Katalog von Kade und Eitner. 
3] Königl. Bibliothek Berlin. Ms8. mus. Z 89 und Z 34. 



— 6 — 

Ende des 16. Jahrhunderts kamen die Orgelwerke der Gabrieli in den 
Druck, Es muß auffallen, daß uns die italienischen Forscher und Biblio- 
graphen über händschriftliche Vorläufer oder Parallelerscheinungen zu 
diesen Druckwerken so gut wie gar nichts mitteilen. 

Die einzige mir bekannte Äußerung über eine handschriftliche italie- 
nische Orgeltabulatur aus dem frühen 16. Jahrhundert ist eine kurze 
Erwähnung Gasparis (Kat. Bol. IV, 191, unter Buus) von einer Messe^ 
für Orgel intabuliert von Girolamo d'ürbino. Auch deutsche For- 
scher auf italienischen Bibliotheken erwähnen den Gegenstand nicht. 
Eine richtige Parallelerscheinung zu den deutschen handschriftlichen 
Orgeltabulaturen gibt es augenscheinlich in Italien nicht. Es wird wohl 
auf diesem Gebiet in Italien viel nachzuholen sein. Doch werden wir 
später sehen, daß in gewissem Maße die italienischen Organisten ohne 
besondere Intabulierung fertig wurden, wo sie ihre deutschen Kollegen 
nötig fanden. 

Die hier in kurzen Zügen angedeuteten praktischen Quellen geben 
aber, wie wir im weiteren Verlaufe der Arbeit sehen werden, nur einen 
schwachen, oder wenigstens einen unvollkommenen Begriff von der Tätig- 
keit auf dem Gebiete des Orgel- und Klavierspiels in der Zeit, die wir 
za behandeln haben. Zur Vervollständigung und zur Aufklärung müssen 
wir auch andere Quellen heranziehen als die praktischen Denkmäler. In 
erster Linie sind es rein musiktheoretische Schriften oder Einleitungen 
zu praktischen Werken, die uns da Hilfe leisten können. 

Zum Teil ist diese Seite des Themas schon beleuchtet worden in der 
Arbeit von Päsler über das Fundamentum von Hans Buchner. Der 
Name Fundamentum bezieht sich eigentlich nicht auf die ganze Buch- 
ner-Handschrift mit ihren vielen Stücken in Orgeltabulatur, sondern mehr 
auf die theoretische Einleitung oder das Vorwort, in dem die Grund- 
sätze des Orgelspiels und des Orgelkontrapunktes (zu einem Cantus 
Firmus) niedergelegt werden. Geschichtlich bedeutend ist dieses Vorwort 
dadurch, daß es uns die ersten Nachrichten bringt über einige tech- 
nische Fragen, wie die des Fingersatzes und der Handhaltung. Mit den 
Erklärungen Buchners hat man sich in der Musikgeschichte begnügen 
müssen bis zur Zeit des Leipziger Thomas-Organisten NikolausElias 
genannt Ammer bach, der in seinem Tabulaturbuch von 1571 wenig- 
stens soweit.es den Fingersatz und die Verzierungen angeht, etwas über 
Buchner hinausgeht. Diese beiden. Buchner und Ammerbach, haben 
aber ihre Erklärungen nur als Nebensache betrachtet, als Einleitung 
zu ihrem praktischen Teil. 

Als erstes uns erhaltenes Werk, das sich die Erklärung der Kunst 
des Orgel- und Klavierspiels zur eigentlichen Aufgabe machte, galt bisher 
Girolamo Dirutas *Il Transilvano, Dialogo sopra il vero modo dz 



- 7 — 

sonar Orgard, & instnimenti da penna*^ erschienen in Venedig 1697. 
Das Werk, 32 Blätter stark, erörtert erst die Elementarfragen von No- 
tation und Tastenbenennung, unterrichtet dann genauer über | Körper- 
haltung, Handhaltung und Handbewegung, Anschlag, Fingersatz und Yer- 
zierungen. Es werden auch als Übungsstücke 17 Kompositionen von 
Diruta, von beiden Gabrieli, Merulo, Luzzasco Luzzaschi und anderen 
namhaften Organisten der Zeit beigefügt. Der eigentümliche Wert des 
Werkes beruht darin, daß es angeblich die Anschauungen und Lehrsätze 
Merulos wiedergibt. Ein zweiter Teil erschien in Venedig im Jahre 
1609. Das wesentlich Neue in diesem Teil bezieht sich auf das Über- 
tragen einer Komposition aus den Stimmen in die Orgeltabulatur (zwei 
Systeme, oben 5, unten 8 Linien) und die Ausschmückung dieser Über- 
tragung mit Diminutionen, d. i. melodischen Verzierungen. Für das letztere 
ist eine ganze Kontrapunktlehre beigegeben. Darauf folgt eine breit 
ausgeführte Transpositionslehre. Auch diesem Teile werden mehrere 
Stücke von bekannten Organisten eingefügt. 

Diese Werke des Diruta werden schon mehrfach von Ritter in seiner 
Geschichte des Orgelspiels erwähnt. Krebs hat sie in der genannten 
Arbeit ausführlicher und in sehr dankenswerter Weise behandelt. Aber 
sehr viel von dem, was Krebs dem Diruta rühmend als Neuerer und als 
Pionier zuschreibt, möchte ich für Vorgänger Dirutas, die bisher fast 
unbekannt geblieben sindj in Anspruch nehmen. 

Es läßt sich nämlich in Spanien im 16. Jahrhundert eine blühende 
Listrumentalmusik nachweisen, die in der allgemeinen Musikgeschichte 
noch lange nicht recht geschätzt wird. Um die Mitte des Jahrhunderts 
erfahren wir von einem regen Leben auf dem Gebiete der Klavier- und 
Orgelmusik. Der bedeutendste Vertreter dieses Gebiets ist der aller- 
dings bekannte und geschätzte Antonio Cabezoni), der 1566 gestorben 
ist. Werke von ihm erschienen schon 1557 im Druck in dem *Libro 
de cifra nueva para tecla, harpa, y vihicela* von Luis Venegas de 
Henestrosa in Alcala herausgegeben 2). Die Hauptquelle aber für seine 
Werke ist die Ausgabe in Zifferntabulatur, welche sein Sohn Hemando 
im Jahre 1578 besorgte. Das Werk ist vollständig im Neudruck in den 
spanischen Denkmälern von Pedrell herausgegeben worden. 

1) Nicht Felix Antonio, wie er in den meisten Lexicis und Geschichten genannt 
wird. Biographisches über ihn von Felipe Pedrell in den Einleitungen zu der 
Neuausgabe der Werke Cabezons. Hispaniae Schola ' musica sacra. Voll. III, IV, 
VII und VIII Barcelona. (Leipzig Breitkopf & Härtel) 1895—98. 

2) Das Werk selbst war mir nicht zugänglich. Es enthält nach Pedrell Werke 
von Vila, Luis Alberto, Julius de Modena, Francisco Fernandez Palero, Soto 
[Pedro?] und einer Frau, einer Nonne, Gracia Baptista. Elf darin enthaltene Stücke 
von Cabezon im Neudruck in Hispaniae Schola mus. sacra VIII Teil II, S. 32—51. 
Einiges über Venegas' Tabulatur mit Beispielen bei Morphy »Les Luihistes espa- 
gnols du XVI siecle*. Leipzig 1902, S. XXI, XXIII, LI und 228. 



— 8 — 

Grerade um Cabezons Zeit scheinen sich die spanischen Musikschrift- 
steller dafür interessiert zu haben, ihren Landsleuten einen tieferen Ein- 
blick in das Wesen der Kunst des Tastenspiels zu verschaffen. Zwei 
Werke sind es yomehmlich, die sehr eingehend das Orgel- und Klavier- 
spiel behandeln. Das erste ist die 

^Dedaraeion de instrumentos miisicaies€ von Juan Bermudo, 
Ossuna, 1555; 

das zweite, die 

>Ärte de tarier Fantasia assi para Teda como para Vikuela, y 
todo instrumentOf en que se pudiere taner a tres, y a qtiatro voxes, 
y a mos. Por d qttal en breve tiempo, y con poco trabajo, facü- 
mente se podria tarier Fantasia^ von Thomas de Sancta Maria, 
Valladolid 1565. 

Letzteres Werk muß schon 1556 zur Veröffentlichung fertig gewesen 
sein, denn in diesem Jahr wurde Sancta Maria ein Privileg erteilt, wel- 
ches 1563 erneuert wurde. Es fällt also in seiner Entstehung beinahe 
mit Bermudos Werk zusammen. Beide Werke gehören demnach in die 
letzten Jahre der Willaert-Buus Zeit. Willaert starb 1562 in Venedig. 
Buus ist bis 1564 in Wien nachweisbar. Bei den nahen Beziehungen, 
welche damals zwischen Italien und Spanien bestanden, die in der vor- 
hergehenden Zeit Karls V. besonders stark angeknüpft worden sind, und 
in Betracht der gemeinsamen niederländischen Quellen, aus denen sie 
schöpften, darf man wohl wenigstens bis zu einer gewissen Grenze an- 
nehmen, daß die Vorschriften, welche diese Schriftsteller für das spani- 
sche Orgelspiel aufstellten, auch für die italienische Praxis eine Bedeu- 
tung haben. 

Die modernen spanischen Musikhistoriker wie Pedrell und Morphy 
haben mehrfach auf die Bedeutung der Werke Bermudos und Sancta 
Marias für die Musikgeschichte hingewiesen. Spanien hat uns aber bis 
jetzt noch keine eingehende Studie oder Würdigimg dieser Quellen ge- 
schenkt. Im Auslande haben sie sich mit einer bibliographischen Notiz 
oder einer vorübergehenden Erwähnung begnügen müssen. 



I. Kapitel. 

Die spanischen ftnellen. 

Da diese spanischen Werke so lange unbeachtet geblieben sind und 
doch so wichtige Beiträge zu unserem Thema liefern, möchte ich etwas 
näher auf sie eingehen, als es vielleicht sonst nötig wäre. Es soU daher 
eine ausführliche Inhaltsangabe folgen, die ich dann als Ausgangspunkt 
der weiteren Untersuchungen nehmen möchte. 

Juan Bermudos erhaltene Werke erschienen zwischen 1549 und 1555. 
Bermudo bezeichnet sich auf den Titelblättern als aus der Stadt Ecija in 
der Erzdiözese von Sevilla gebürtig. Zur Zeit, als seine Bücher im Druck 
erschienen, ist er Pranziskanermönch im Orden der »Frayles menores de 
ohservanda^ in der Provinz Andalusien. Sein erstes mir bekanntes Werk 
stanmit aus dem Jahre 1549. Es heißt ^TJhro primo de la dedaradon 
de instrumentos micsiccUes^ und ist Johann III., König von Portugal, 
gewidmet 1). Es enthält verhältnismäßig wenig, das sich speziell auf die 
Instrumente bezieht. In demselben Jahr (1549) erhielt Bermudo ein Pri- 
vileg für ein neues Werk, welches 1550 erschien mit dem Titel >El Arte 
Tripharia^^). Das kleine Werk enthält eine summarische Darstellung 
von Bermudos Lehre vom Oantus planus, der Mensuralmusik [canix> 
de organö) und dem Klavierspiel. Er beruft sich darin häufig auf 
seine vier Bücher über die musikalischen Instrumente. Man muß also 
annehmen, daß das oben erwähnte Werk von 1549 nur ein Teil seiner 
schon gedruckten Schriften ist. Das Buch ist einer '^muy reverendu 
Senora Dona Tsabd Pacheco^j Äbtissin des Klosters Sancta Clara de 



1) Exemplar Eönigl. Bibliothek Berlin. 

2) Dieses Werk kenne ich nur nach einem Faksimile des in Madrid aufbewahrten 
Unikums. Yon diesem Faksimile wurden nur 15 Exemplare hergestellt. Das von 
mir benutzte Exemplar besitzt das British Museum. Obwohl andere Exemplare 
manchmal in den Jahresberichten des spanischen Büchermarktes angezeigt werden, 
scheint das Interesse daran in Spanien nicht über die Sammlerliebhaberei hinaus- 
gegangen zu sein. Im Auslande ist es, soweit es seine historische Verwertung 
angeht, unbekannt geblieben. Trifarius (= dreifach) bezieht sich wohl auf die 
drei Hauptgegenstände der sehr knapp gehaltenen Schrift. 



r 



— 10 — 

Montillo gewidmet. Ein einleitender Brief des Autors an diese gibt 
Aufklärung über den Zweck, welchen der Autor mit diesem Werk im 
Auge hatte. Die Äbtissin hat eine Freundin, eine junge adlige Dame^ 
die auch Nonne werden sollte. Diese sollte in kurzer Zeit singen lernen 
^'para el servieio dd officio divino^ und auch spielen >para su sancta 
exerdeio*^). 

Waren diese Bücher des Bermudo nur Fragmente oder summarische 
Überblicke, so haben wir in einer Ausgabe der Dedaradon de instru- 
mentos micsicales^ 0ssunal555 eine ausführliche Darstellung seiner ganzen 
Musiklehre. In diesem Werk faßt er alles zusammen, was er bisher 
geschrieben hat, und erweitert es sehr. Es ist in fünf Bücher geteilt 
und umfaßt 300 Seiten. Bescheidenheit ist bei Bermudo eine wenig 
geschätzte Tugend. Er macht große Versprechen, die nicht alle gehalten 
werden. Sein Stil ist manchmal beißend satirisch, manchmal wirklich, 
witzig. Er schreibt mehr für den Anfänger als für den ausgebildeten 
Musiker, und gerade dadurch wird das Werk geschichtlich sehr wertvoll ; 
denn er behandelt so manchen Punkt, den die gediegenen Theoretiker 
als selbstverständlich voraussetzten. Vor allem aber geht er aufs Pi'ak- 
tische. Mit den weitschweifigen Spekulationen und pseudo-philosophischen 
Betrachtungen vieler seiner Zeitgenossen gibt er sich bloß im ersten 
und zweiten Buch ab. Sonst ist er meist rein sachlich. In allen seinen 
Schriften hat Bermudo immer das Spielen neben dem Singen und Kom- 
ponieren im Auge. Die Vorschriften, die er für die Musik aufstellt, 
gelten meistenteils ausdrücklich für das Spielen sowie für das Singen; 
und wo das nicht der Fall ist, wird der Unterschied fast immer erklärt 2). 

Mit der Musikanschauung seiner Zeit, auch des Auslandes, war er 
nicht unbekannt. Seine Gewährsmänner in Sachen der Theorie, um bloß 
die ihm zeitlich nahestehenden zu nennen, sind Gaf urius, Glarean und 
Ornithoparchus. Die Examinatoren, die seine Werke den Behörden 
und dem Pubhkum sehr schmeichelhaft empfehlen, sind erstens Bernar- 
dino de Figueroa, königlicher Kapellmeister zu Granada, und zweiten» 
kein geringerer als Christoval de Moral es, der noch dem fünften Buche, 
der Kompositionslehre, ein besonderes Begleitschreiben mitgegeben hat^ 



1) Von der Klaviersammlung des Venegas (1557) wissen wir, daß sie neben 
den Kompositionen solcher Größen wie Cabezon auch unter anderen das Werk 
einer Nonne enthielt. Die Klöster waren bekanntlich auch in Italien die Pflege- 
stätten für die musikalischen Übungen der Frauen. 

2) Bermudo verhält sich hier etwas anders zu seinem Stoff als die italienischen 
Schriftsteller des 16. JahrhundertB, die für die Geschichte der Instrumentalmusik 
in Betracht kommen. Die Werke von Ganassi, Ortiz, usw. haben mehr den 
Charakter von allgemeinen musikalischen Verzierungslehren, die nebenbei An- 
wendung auf spezielle Instrumente finden. 



— -11 — 

das schon 1550 datiert ist, in dem er sich äußert, daß er noch nie ein 
Werk gesehen habe, das dieses schwierige Thema so klar behandelt. 

Die Inhaltsangabe der verschiedenen Bücher, wie sie Bermudo selber 
mitteilt, wird nns zeigen, wie er seine Aufgabe aufgefaßt hat. 

>In dem ersten Buch werden mit großer Kunst und Gründlichkeit die Lob- 
preisungen der Musik behandelt; es enthält 20 Kapitel und ist auch zur 
Ergötzlichkeit nützliph«. 

>In dem zweiten Buch stelle ich die Einleitungen und ersten Prinzipien 
der Musik dar für Anfänger im Singen und im Spielen; es enthält 36 Kapitel«. 

»In dem dritten Buch behandle ich große und tiefe Geheimnisse, sowohl 
im Cantus planus wie im Mensuralgesang [conto de organo); und ich behandle die 
Theorie in solcher Weise, daß ich die Praxis dabei nicht vergesse; dieses Buch 
enthält 50 Kapitel«. 

»Das vierte Buch enthält die wahre Erkenntnis der Orgel und jeder Art 
Yihuela, ebenso der Harfe, und die Weise für sie eine Tabulatur zu schreiben 
und auf diesen Instrumenten zu spielen, zusammen mit wichtigen Bemerkungen, 
altbekannten und neuen. Es enthält 93 Kapitel«. 

»Du wirst finden im fünften Buch die gründlichste und ausführlichste Kunst, 
cantus planus zu komponieren, Kontrapunkt zu machen und Mensuralmusik zu 
komponieren. Die Schönheiten, welche die Sänger erfunden haben, werden prak- 
tisch behandelt und die Gründe dafür angegeben, und die Kunstgriffe werden 
durch Beispiele erklärt, so daß jeder, der sie zu gebrauchen wünscht, sie mit 
großer Sicherheit nachahmen kann. Es enthält 33 Kapitel«. 

»Das sechste Buch trägt einige die Musik betreffende Irrtümer zusammen 
von denjenigen, die in dieser Wissenschaft in unserer Muttersprache geschrieben 
haben, widerlegt sie genügend und lehrt die Wahrheit. Und ich teile es ein in 
vier Traktate, an deren Schluß ich noch zwei weitere beifüge. In dem einen 
spreche ich von den Geschlechtem (generös) der Musik, und in dem anderen gebe 
ich die Weise auf meinen Instrumenten zu spielen an. Und es sind Neuigkeiten 
in allen sechs Traktaten speziell über die Stimmung der Instrumente«. 

Dieses sechste Buch ist leider trotz der verheißungsvollen InhaJts- 
angahe nicht zustande gekommen, wenigstens in dieser Ausgabe nicht. 
Es scheint auch sonst nicht aufgefunden zu sein. An der Stelle, wo 
das sechste Buch folgen sollte, läßt Bermudo eine Entschuldigung drucken. 
Von den vielen Gründen, warum das sechste Buch nicht folgt, will er 
nur die zwei wichtigsten angeben. Erstens möchte er denjenigen, die er 
angreifen wollte, oder angegriffen hat, Gelegenheit geben, ihre Werke 
zu korrigieren, so daß sie nicht sagen könnten, sie seien nicht gewarnt 
worden. Sie mögen dieses als brüderliche Mahnung annehmen. Zwei- 
tens sei das Papier jetzt viel teurer geworden, als es in vergangenen 
Zeiten war. Jetzt koste das einfache Papier dreimal soviel als früher 
der gedruckte Bogen. 

Obwohl in dem ganzen Werke interessante Mitteilungen über die 
Musikanschauungen der Zeit, und so manche praktischen Winke für Mu- 
siker gegeben werden, wie z. B. Bemerkungen über die gewissenlosen 



— 12 — 

Lehrer auf der Vihuela und der Orgel, über die schlechten Organisten, 
über die wahre Auffassung von der Musik, ein langes Kapitel mit der 
Überschrift > Anweisungen den Chor zu dirigieren,« ein anderes 
> Anweisungen für Sänger« usw., möchte ich diese jetzt unberück- 
sichtigt lassen und mich darauf beschränken, nähere Angaben über den 
Inhalt des für uns in Betracht kommenden Teiles des vierten Buches 
von dem Orgelspiel zu machen. 

Schon in dem Vorwort zu dem >Libro primo< von 1549 macht 
Bermudo darauf aufmerksam, daß viele Sachen, die er gern erörtern 
möchte, eigentlich nur durch die mündliche Unterweisung eines guten 
Lehrers gelernt werden können, wie z. B. die genaue Handhaltung oder 
die Verzierungen, die sich fast täglich ändern. Andere Sachen aber 
erläutert er sehr ausführlich. 

Das vierte Buch der Ausgabe 1555 fängt an mit einem Kapitel 
> Einige Anweisungen für Spieler«. Bermudo sagt, er habe nie 
einen ausgezeichneten Spieler gesehen, der nicht mindestens zwanzig Jahre 
in fortgesetztem Studium verbracht hätte. Es gäbe aber viele »barba- 
rische« Spieler, die ihr ganzes Leben mit dem Studium der Orgel zuge- 
bracht hätten. Seine Bücher dagegen verhelfen in kurzer Zeit und mit 
mäßiger Arbeit dazu, ein annehmbarer Spieler zu werden. Die haupt- 
sächlichen Erfordernisse für einen guten Spieler sind die Kenntnisse von 
der Handhaltung, ferner mit welchen Fingern man aufwärts spielen muß, 
und mit welchen abwärts, um mit Leichtigkeit die schwierigen Passagen 
auszuführen, mit welchen Fingern man die Verzierungen machen muß und 
auf welchen Tasten: >Nimm als speziellen Rat« sagt Bermudo, > daß Du 
dieses nicht von einem »barbarischen« Spieler lernst, sonst spürst Du 
Dein ganzes Leben lang Mängel. Es ist mehr wert, zweimal so viel Geld 
an einen guten Spieler zu zahlen, der Dir das zur rechten Zeit beibringt, 
als das einfache an einen der nicht weiß, wie man die Hände auf die 
Orgel setzt.« Es wird verlangt, daß man Mensuralmusik verstehe, vor 
allem aber, daß man im Takthalten fest sei. Kontrapunkt ist nicht 
durchaus nötig, aber es ist gut und nützlich, wenn man ihn versteht, 
weil man leichter auf das Monochord absetzen^) und Fehler des Noten- 
schreibers verbessern kann. Für das Spielen an sich ist er nicht so 
nützlich. 



1) Ich übersetze ^poner en el monacordio* mit »auf das Monochord (das Klavi- 
chord) absetzen«. Das Wort »absetzen« war bei den deutschen Organisten ter- 
minus teeknictis und bedeutete, aus den Yokalstimmen in die Buchstaben-Tabulatur 
umschreiben. Wir werden sehen, daß bei den Spaniern »poner en el monacordto< 
aber auch für das direkte Übertragen oder Spielen auf dem Instrument ohne 
Yermittelung einer geschriebenen Tabulatur sowohl wie für das Tabulaturschreiben 
gebraucht wird. 



— 13 — 

>Wenn Du »gute Hände« hast < und dieses Buch verstehst, kannst 
Du anfangen Kompositionen auf das Monochord abzusetzen. Die Musik, 
die Du zuerst absetzen mußt, möge aus einigen ViUancicos des zuver- 
lässigen Musikers Juan Yazquez bestehen. Diesen, obwohl sie leicht 
sind, vreil sie der Gattung der ViUancicos angehören, mangelt es nicht 
an musikalischem Wert, so daß sie als Grundlage dienen können. So- 
dann setze Musik von Josquin, von Adriano [Willaert], von Jachet Man- 
tuano, von Meister Figueroa, von Morales, von Gombert und anderen 
ähnlichen ab. Stücke von Instrumentalisten für das Monochord kom- 
poniert, mögest Du nicht spielen (es sei denn, daß jene ausgezeichnete 
Männer sind}, weil sie große Fehler enthalten. Ausgezeichnete Spieler 
nenne ich Don Juan, Präbendar an der Kirche zu Malaga, den Präben- 
dar Yillada von der Kirche zu Sevilla, den Herrn Yila in Barcelona, 
Soto und Antonio de Cabezon, Spieler seiner Majestät.«^) 

Nachdem der Schüler in dieser "Weise eingeführt ist, soll er zwei 
Standen jeden Monat nehmen. In der ersten soll ihm der Meister die 
Aufgabe erklären; in der zweiten soll der Schüler das, was am ersten 
Tag abgesetzt worden ist, dem Meister vorspielen, der ihm nun sagen 
wird, ob er die Finger richtig setzt, ob er ordentlich Takt hält imd ob 
er wirklich alle Stimmen spielt. Nach sechs Monaten derartiger Übung 
wird er auf dem Wege sein, in kurzer Zeit ein guter Spieler zu werden. 
Dem Orgelspieler gibt er denselben Bat wie dem Vihuelaspieler. Er soll 
nicht »Fantasia« spielen, wie der Ausdruck heißt, das ist, frei über ein 
Thema oder Motiv spielen, bevor er viele Kompositionen kennt. Nach- 
dem der Schüler eine Stunde genommen und die Aufgabe wohl studiert 
hat, soll er sie für seinen eigenen Nutzen genau notieren (scuiar en punto)^ 
nicht anders als ihm der Meister gesagt hat. Wenn er sich in dieser 
Greschicklichkeit übte, wird es ihm leicht gemacht, große Schönheiten auf 
dem Monochord hervorzubringen, und wenn er in dieser Weise das Mono- 
chord und die musikalische Komposition verstanden hat, wird er sich 
zum Kontrapunkt und zu allen Schönheiten der Komposition hingezogen 
fühlen, und wird nicht bloß ein guter Spieler, sondern ein vollendeter 
Musiker sein wollen. 

Es folgt nun ein Kapitel über die RedobleSj das heißt eine Art Ver- 
zierung, die unserem Pralltriller oder gewöhnlichem Triller gleichkommt. 
Notenbeispiele bringt Bermudo für diese Verzierungen nicht. Er bemerkt, 
daß sie sich sehr schwer durch die Schrift erklären lassen und will es 
den Meistern überlassen. Er gibt aber trotzdem eine ganz klare Daiv 
Stellung von seinen Ansichten über diese Triller. Sie können nach oben 



1) Vila und Soto sind in der" Venegas-Tabulatur 15Ö7 vertreten. Über Vila 
(+ 1582) vgl. Saldoni »Efemerides de Musieoa Espanole8< Madrid 1860, S. 101. 



I 



— 14 — 

oder nach unten ausgeführt werden, entweder mit einem Ganzton oder 
mit einem Halbton. Man muß genau auf den Modus (Tonart) achten, 
in dem man spielt, um zu wissen, ob man G-anzton oder Halbton an- 
bringen soll. Beide Hände und jeder Finger, der dazu fähig ist, sollen 
geübt werden. Er schlägt vor, daß man sich speziell darüber vom Meister 
belehren lassen und jeden Tag eine Stunde Unterricht in den Redobles 
nehmen soll. Schön ist es, wenn man beim Anschlagen einer Oktave 
die eine Note nach oben, die andere nach unten verziert, so daß es ent- 
weder ^eine Sexte oder eine Dezime gibt. Beim Anschlag einer Quinte 
kann man zur Terz verzieren, und bei der Terz zur Quinte. Immer 
ist die Verzierung mit Hilfe des nächstliegenden Fingers auszuführen. 
Es wäre sogar einer der berühmtesten Spieler in Spanien, der mit 
zwei Fingern, einer nach jeder Seite der Hauptnote trillert, so daß es 
immer Terzen gäbe. Das sei ein feiner harmonischer Effekt, besonders 
wenn eine Stimme allein einsetzt. 

Um seinen Fingersatz für die Konsonanzen, die Doppelgriffe, leichter 
verständlich zu machen, bedient sich Bermudo der Bezeichnung der 
Finger mit den Zahlen 1 bis 5 vom Daumen angefangen. Die Oktave 
wird in beiden Händen mit dem 1. und 5. Finger geschlagen. Aber 
nicht immer. Denn wenn drei oder vier Töne auf einen Schlag kommen, 
-nimmt man zwei oder drei mit der Hnken Hand und den anderen mit 
der rechten. So oft man die rechte Hand in dieser Weise für die Ober- 
stimme freilq^sen kann, soll man es tun, damit diese Hand Triller aus- 
führen käim, denn die Triller in der Oberstimme verschönem die Musik 
sehr. Die Sexte wird manchmal mit dem 1. und 4., manchmal mit dem 
2. und 5. Finger genommen. Terzen greift man mit dem 1. und 3. oder 
mit dem 2. und 4. Es gibt aber so viele besondere Fälle, daß er sie 
nicht erörtern kann. Im allgemeinen beobachte man folgende Regeln : 
1. Was den Fingersatz der Konsonanzen betrifft, merke man sich, welche 
Noten auf die in Frage stehende Konsonanz folgen und greife dann 
die Konsonanz mit solchen Fingern, daß man frei ist mit Leichtigkeit 
auf die folgenden Töne überzugehen. 2. Man übe alle Finger, damit 
sie geläufig werden, denn es kann eine Stelle vorkommen, wo man sie 
alle braucht. Die 3. Regel bezieht sich auf längere Passagen oder Ton- 
leitern. Für die linke Hand wird, aufsteigend, folgender Fingersatz an- 
gegeben 4321 4321 usw., absteigend 12 3 4 1234 usw. 
Für die rechte Hand wird dieser Fingersatz umgekehrt. Bermudo be- 
hauptet, daß dieses die sicherste und kürzest gefaßte Regel sei, die er 
schriftlich geben könne. Obwohl nicht alle Spieler in dieser Weise spielen, 
hat er es doch bei berühmten Spielern, die der Nachahmung würdig sind, 
gesehen. Hierzu gibt er ein Notenbeispiel oder Übungsstück, bei dem aber 
die Fingersätze nicht bezeichnet sind. (Siehe Notenbeilage I, S. 228.) Diese 



— 15 — 

Begeln von den langen Gängen gelten nur, wenn die ausführende Hand 
frei ist. Andernfalls muB man die Gänge mit den Fingern, die frei sind, 
spielen. In der kurzen Oktave ^) werden die Oktaven wie Sexten gespielt. 
Die untere Taste einer solchen Oktave soll aber mit den letzten zwei 
Fingern zusammen^ einer über dem anderen, angeschlagen, werden. ' 

Nun gibt Bermudo ein ausführliches Schema von der Klaviatur des 
Monochords«^ .wie .es zu seiner Zeit gebräuchlich war. Er bezeichnet die 
Tasten mit ihren Buchstaben, bezeichnet die großen und kleinen Halb- 
töne, gibt an, welche Tasten jede einfache Kirchen tonart benutzt, und 
bezeichnet genau die Tasten, von denen eine transponierte Tonart ihren 
Anfang nehmen kann. Für die schwarzen Tasten, die hier in Betfacht 
kommen j gibt er den genauen Verlauf der Tonleitern an 2). 



1] Die kurze Oktave ist bekanntlich jene eigenartige Einrichtung mancher 
frühen Tastaturen, die daraus entstand, daß die Tastaturen noch älterer Zeiten in 
der Tiefe bloß bis f unter Gamma tU, unser großes F, reichten und in denen u-nsere 
schwarzen Tasten Fis und Gis nicht vorhailden waren. Diese Tastaturen wtirden 
erweitert, meistens indem man eine weiße Taste unter dem F ansetzte und die 
unserem Fis und Gis entsprechenden schwarzen Tasten einfügte. Die neue weiße 
Taste aber galt dem C. Die erste schwarze Taste (unser Fis) war D un^ die 
zweite" (unser Gib) war E. Eine ausführliche Behandlung der kurzen Oktav^ und 
ihres Fingersatzes werden wir bei Sancta Maria finden (S. 36—9 Ygl. auch $. 66). 

2) Zur Erklärung der folgenden Tafel. ' . ; 

Die Buchstaben in der untersten Reihe sind die Tonbuchstaben. Die iTöne 
G, D, E und F, die unter der tieferen Grenze des alten Guidonischen Systems 
liegen, bezeichnet Bermudo mit einfachen großen Buchstaben. Für die in der 
Höhe über das alte System hinausgehenden Töne f", g" und a," setzt er einjfieiche 
kleine Buchstaben. Die Zahlen 1, 4, 6 und 8 in der nächsten Beihe geben die 
Tonarten (Modi) an, die von den bezeichneten Tasten aus spielbar sind. Die da- 
rüber stehenden Zahlen 1 bis 8 sind die natürlichen Modi mit ihren Solmisations- 
reihen. Für. die authentische^ Modi gehören die Zahlen selbstverständlich zu de^ 
Tasten auf. denen die Anfangssilben stehen. Die Silben in der Reihe direkt unter 
den schwarzen Tasten {ma == major, me ssi menor) zeigen die großen und kleinen 
Halbtöne an. Die Zahlen über den Tasten geben die numerische Reihenfolge der 
Tasten an, ..Di.esß Zahlen gebraucht Bermudo in seiner Tabulatur. Die oberen 
Solmisationsreihen mit ihren Zahlen sind die Tonfo]gen der transponierten Modi 
die auf schwarzen Tasten anfangen. 



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— 17 — 

Eine ähnliche Tafel, nur nicht so reichlich mit erklärenden Bezeich- 
nungen versehen, kommt schon in der ^Arte Tripharia^ von 1550 vor. 

In den folgenden Kapiteln erklärt Bermudo seine Tafel genauer, 
verliert sich aber dabei in eine polemische Spekulation über großen und 
kleinen Halbton. Er verweist auf die Vihuela als das in dieser Bezie- 
hung vollkommenste Instrument, auf dem ^Töne und b-Töne gleich sind. 
Bei diesem Instrument bedeutet *sendtono<. soviel wie *medio tono^ oder 
*tmo imperfecto*. Er erwähnt auch vorübergehend eine Art Monocjiord 
mit hinzugefügten roten oder anders gefärbten Tasten, mit Hilfe deren 
man auch im enharmonischen Genus spielen kann. Man sieht, die Be- 
wegung, die in Italien ihren eifrigsten Vertreter in Nicola Vicentino fand, 
war schon in Spanien bekannt. Über die Versuche unkundiger Sänger, 
die alten Klanggeschlechter wieder ins Leben zu rufen, äußert Bermudo 
sich sehr abfällig. Er hält überhaupt nicht viel von der Bestrebung, eine 
reine Stimmung auf den Instrumenten zu erzielen. Er weist darauf hin, 
daß im gewöhnlichen Monochord viele Intervalle stehen, die nicht wirklich 
musikalisch-theoretisch proportioniert sind, aber doch von dem Ohr, das 
daran gewöhnt ist, geduldet werden. »Betrachte Dir die Bünde einer 
Vihuela und Du wirst sehen, daß die Distanzen nicht genau Halbtöne 
geben. Das geübte Ohr aber duldet sie und akzeptiert sie als Halbtöne. « 

Das 14. Kapitel wendet sich heftig gegen diejenigen praktischen 
Spieler, die ohne Veranlassung j^- und |7-Töne anbringen; wie z. B. wenn 
sie die Quarte des ersten Modus auf d oder auf a spielen und die Töne 
fk oder eis anwenden anstatt f oder c. 

Kapitel 24 hat die Überschrift ^Alebanxa de tanedores^ (Lob auf die 
Spieler). Alles was Bermudo in den vorangehenden Kapiteln gegen die 
Spieler gesagt hat, bezieht sich nicht auf die berühmten Künstler, son- 
dern auf die Barbaren, die, ehe sie den einfachen Weg der weißen Tasten 
kennen, sich auf die domigen Pfade der neuen Musik (musica nueva) 
begeben. Das sind solche, die ohne Meister gelernt haben, ohne Kunst, 
aber nicht ohne Mühe; die es für etwas schönes halten, wenn sie im 
ersten Modus spielen, keine schwarze Taste vorbeizulassen, ohne sich mit 
ihr herumzuschlagen (sin renir con eUa), Er habe einige Spieler gehört, 
die solch einen Spektakel auf den Tasten hervorbrächten, daß es mehr wie 
ein Katzenstreit schiene, als wie musikalische Konsonanzen. Die Musik be- 
stehe nicht darin, daß man meistenteils ohne Kunst auf den Tasten herum- 
läuft, sondern darin, daß man jedem Modus zukommen läßt, was ihm 
gehört, und in der Beobachtung anderer tiefer Kunstregeln (profundidades). 

In den Kapiteln 26 bis 37 wird das hauptsächlich für den damaligen 
Organisten wichtige Gebiet der akzidentalen (der transponierten) Modi 
besprochen. Das Monochord wird daraufhin genau untersucht, und die- 
jenigen Tasten werden festgestellt, welche außer den vier regelmäßigen 

Kinkeldey, Orgel nnd Elayier. 2 



i 



- 18 — 

Finales D, E, P und G- als Anfangstöne ifgend eines Modus benutzt 
werden können. Zwei Modi, der vierte und der sechste, können auch 
auf schwarzen Tasten anfangen, der vierte auf eis und /fe, der sechste 
auf b und es. In der Oktave der weißen Taste C können der erste, 
der sechste und der achte Modus gespielt werden. In der Oktave von 
D der vierte, sechste und achte; auf E der erste und achte; auf F 
nur der achte; auf O der erste und sechste; auf A der erste, vierte 
und achte; auf h{^ der erste und vierte. 

Der erste Modus auf C wird mit zwei schwarzen Tasten, es und b 
gespielt. Die weißen Tasten, von denen sie abgeleitet sind (e und Ä), 
müssen vermieden werden. Aber wie in den natürlichen Tonarten 
schwarze Tasten für Akzidentien gebraucht werden, so können auch in 
den transponierten Tonarten weiße Tasten gebraucht werden, bei Kaden- 
zen und um die Melodie zu vervollkommnen. Die verbotenen weißen 
Tasten müssen nicht nur bei dem gewöhnlichen Spiel vermieden werden, 
sondern sie dürfen auch nicht bei den Redobles angewendet werden, 
(Kap. 27.) 

Bei dem ersten Modus auf E braucht man zwei KJreuztöne. In dieser 
Transposition fehlen die nötigen Eieuztöne, um Kadenzen auf der Quinte 
{hj ais, h) und Oktave [e, dis, e) zu machen. Die betreffenden schwarzen 
Tasten sind b und es, Kadenzen können auf der Dezime und der Quinte 
ohne Erhöhung des Leittons gemacht werden. Bei der Kadenz auf der 
Oktave muß über den Mangel hinweggetäuscht werden {dissimular la en 
octava). Der erste Modus auf G ist sehr gebräuchlich sowohl bei den 
Sängern als bei den Spielern. Der erste Modus auf ij bedarf dreier 
Kreuze. Der erhöhte Leitton fehlt der Quinte und der Oktave. Auf F 
ist der erste Modus unmöglich, weil das nötige fa des dritten Tones 
(as) fehlt, denn die schwarze Taste neben dem g ist ein gis. »Das Mittel, 
zu dem man heutzutage greift«, sagt Bermudo, »wenn der Chor auf F 
schließt, ist, daß man heruntergeht zum E. Da dieses nur einen Halbton 
tiefer ist, macht es den Sängern keine Schwierigkeit, und der geschickte 
Spieler kann in solcher Weise heruntergehen (modulieren), daß derjenige, 
der es bemerken würde, ein sehr geschickter Mann wäre mit gutem 
Gehör. (Kap. 28). 

Bermudo weist auch auf die Bedeutung der Vorzeichen als Hülfs- 
mittel zum transponieren hin. Durch Vorzeichnung zweier J} (natürlich 
mit entsprechender Schlüsseländerung) kann man ein Stück eine Sekunde 
höher lesen, durch ein 1? eine Quarte höher; durch ein j^ eine Quinte 
höher. Kein Modus soll eine Terz, weder große noch kleine, höher 
transponiert werden. (Kap. 33.) Kap. 35 gibt etliche Andeutungen, wie 
die Übelstände, die bei einigen Transpositionen durch das Fehlen der 
richtigen Kreuztöne für den erhöhten Leitton bei Kadenzen entstehen, 



— 19 



zu umgehen sind. Dabei ist zu bemerken, daß, wie wir eben gesehen 
haben, die Kadenz auf der Quinte der Tonart neben der Kadenz auf 
der Tonika oder Oktave die wichtigste ist. Diese Quintkadenz kann 
aber auch ohne Erhöhung des Leittons gebraucht werden. Bermudo 
zeigt in diesem Zusammenhang noch den Einfluß der älteren Theorie, 
bei der das Kadenzieren mit erhöhtem Leitton auch in anderen Stimmen 
außer derjenigen, die auf der Finalis schloß, zum Prinzip erhoben wurde. 
Besondere Beachtung wurde da dem Tenor geschenkt. Einige Beispiele 
mögen zeigen, wie sich dieses bei Bermudo äußert und wie er um die 
Schwierigkeit der falschen Leittöne herumkommt. Dem ersten Modua 
auf A fehlt das dis zur Quintklausel. Wenn nun der Tenor in der 
Quinte mit dem Baß schheßen soll, so möge das vorletzte Intervall dieser 
beiden Stimmen nicht eine Terz, sondern eine Oktave sein. 



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Wenn der erwähnten Schlußquinte doch eine Terz vorangeht, so 
möge die Terz auf den guten Taktteil kommen und der Alt oder Diskant 
die Oktave zum Tenor bringen, wie in folgendem Beispiel 



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Es werden auch längere Beispiele mit zwei und drei Kreuzen als Muster 
von regelrecht transponierten Tonarten gegeben. (Siehe Musikbeilage I 
S. 5-9.) 

Elapitel 37 und 38 geben Anweisungen, ein (schon notiertes) Stück 
zu transponieren. Die Organisten brauchen das notwendiger als andere 
Spieler. Ein guter Musiker kann zwar ohne weiteres vom Blatt trans- 
ponieren, ohne das Notenbild zu ändern. Anfänger aber müssen sich 
durch Intervällzählung von den vorgelegten Noten und Hinzusetzen von 
Vorzeichen helfen. 

2* 



— 20 — 

Interessant ist es, wenn Bermudo von den Spielern spricht, die da 
wünschen, daß das Stück voUstimmig klinge {ande en micchos puntos). 
Diesen will er mit Oktvavverdopplungen abhelfen und gibt einige Rat- 
schläge. >Der Spieler, der wünscht, daß das Werk, welches er spielt, 
in vielen Noten gehe, erhöht oder erniedrigt einige Stimmen um eine 
Oktave. Wenn eine Oberstimme herunterkommt in die Nähe des Alts, 
kann sie eine Oktave höher gesetzt werden. Wenn die drei [übrigen] 
Stimmen nicht in einer Lage bleiben, die mit der linken Hand gegriffen 
werden kann, kann der Alt auch um eine Oktave erhöht werden.« Das- 
selbe kann auch umgekehrt mit dem Baß und dem Tenor gemacht werden, 
indem man sie eine Oktave tiefer setzt. »Wer sich dieser Geschicklich- 
keit erfreuen will, erhöht oder erniedrigt eine oder mehrere Stimmen in 
solcher Weise, daß die Hände nicht verhindert werden Redobles zu machen^ 
und daß er mehrere Takte hindurch in veränderter Lage spielen kann. 
Ich möchte bemerken, daß es nicht gut scheint, bloß ein oder zwei Takte 
zu verändern, sondern es müssen mehrere auf einmal sein. Wer diese 
Manier zu verändern in die Praxis zu versetzen versteht und mit Vor- 
sicht operiert, wird denjenigen große Befriedigung bringen, die begierig 
sind auf allen Tasten zu spielen.« Für solche Veränderungen schlägt 
Bermudo besonders die Werke eines Baltasar Tellez vor, die in wenigen 
Noten zusammengezogen (d. h. nicht vollstimmig) und gut gesetzt sind. 

Von dem 41. Kapitel an erklärt Bermudo, wie man auf das Mono- 
chord absetzen muß. >Es kann keiner ein Spieler genannt werden,« 
sagt er, »der nicht versteht, Musik, seine eigene oder fremde, abzusetzen.« 
Er erwähnt dann drei Weisen, nach denen man absetzen kann. »Die 
erste besteht darin, daß man das Notenbuch vor sich hat. Wer ein 
Spieler zu sein wünscht, kann, wenn er ein guter Sänger ist, der Kom- 
position versteht, and wenn er dieses Buch studiert und das Monochord 
kennt, Stücke absetzen, indem er einfach das Notenbuch vor sich 
hat. Diese Manier abzusetzen ist sehr mühevoll, weil es soviel Auf- 
merksamkeit erfordert, alle Stimmen zu übersehen; aber sie ist sehr 
nützlich. Man schlägt viel Kapital aus ihr. Wenn einer nichts von 
Komposition versteht, und nicht geübt ist im Absetzen, sondern erst 
anfängt oder sich nicht soviel bemühen will, muß er zuerst den Men- 
suralgesang mit Taktstrichen versehen, [Bermudo gibt ein kurzes Beispiel] 
und so, nach seinen Takten abgeteilt und auf dem Monochord vorgesetzt, 
so daß es die Saiten nicht berührt, kann er das Stück absetzen.« Diese 
zwei Arten sind üblich und gut für die, die schon etwas gelernt haben. 
Die dritte Art verlangt die Herstellung einer Zeichentabulatur. Viele 
Tabulaturen habe man für das Monochord gebraucht, einige besser als 
andere. Bermudo schlägt folgende vor. »Du mußt die Nummern der 
Tasten aufschreiben, der Reihe nach, wie sie aufeinanderfolgen, wie ich 



_ 21 — 

es in dem Beispiel vom Monochord gemacht habe [siehe S. 16], auf jede 
Taste ihre Nummer.« Bermudo numeriert weiße und schwärze Tasten 
der Beihe nach von der Tiefe nach der Höhe. Er weist aber darauf hin, 
daß manche Tabulaturschreiber nur die weißen Tasten bezeichnen und 
die schwarzen durch jf oder 1? andeuten. 

>Ehe Du anfängst in Tabulatur zu setzen, teile die Musik in Takte 
ein, damit Du leichter und mit Sicherheit erkennst, welche Noten zu- 
sammen gespielt werden. Wenn das getan ist, suche in den Werken 
die vollkommenen Konsonanzen, um zu wissen, welches schwarze Tasten 
sind, gemäß der Begel, die ich Dir später im 48. Kapitel geben werde.« 
Die Ziffern werden dann in der Tabulatur auf Linien niedergeschrieben, 
je eine Linie für jede Stimme. Die Tabulatur wird mit Taktstrichen in 
Brevis- oder Semibrevistakte geteilt. »Wenn Du so vorgehen willst, daß 
Du alle Stimmen zusammen intabulierst, nachdem Du die Takte mit 
Strichen versehen hast,, kannst Du ^s wohl tun. Vergiß keinen Takt in 
irgendeiner Stimme, sonst mußt Du von neuem anfangen zu intabuüeren. « 

Diese Art zu intabulieren tut einen dreifachen Dienst. Erstens dient 
sie dazu, daß, wenn ein guter Spieler eine Motette »de improviso* [sie] 
spielen will (wie es die guten Lautenspieler machen), nachdem er sie erst 
intabuliert hat, er sie ohne Fehler spielen kann. Zweitens dazu, daß 
Trenn einer viele Noten auf wenig Papier haben will, er dies durch die 
Tabulatur erreichen kann. Die in Noten geschriebene Musik beansprucht 
viermal soviel Raum als die intabulierte. Am meisten nützt die'Tabu^ 
latur drittens den Anfängern. Wenn ein Meister, der spielen lehrt, Schüler 
hat, die nicht singen können, kann er sie durch die Tabulatur belehren. 

Im 42. Kapitel bemerkt Bermudo, daß, wenn ein Spieler eine Stimme 
über die Tabulatur in Noten setzen will, es dazu dienen würde, alle 
vier Stimmen zu spielen und die eine dabei zu singen. Er erklärt weiter, 
wie man Notenwerte, die über einen Takt hinausgehen, zu teilen hat und 
in jeden Takt den entsprechenden Wert zu setzen und die Teile zu 
binden. Solche Noten werden nur einmal angeschlagen, und der Pinger 
bleibt auf der Taste liegen, solang die Note dauert. Mensurzeichen kann 
man, wie in der Lautentabulatur über die Tabulatur setzen. Bermudo 
bält sie nicht für nötig. Er hat auch andere Tabulaturen gesehen, 
die aber nur dasselbe in anderem Gewände sind. Er gebraucht Zahlen, 
die auch in der Vihuelatabulatur verwendet werden. Andere setzen 
Buchstaben von A bis O mit ^ und t^^ oder wie er vorschlägt, für un- 
musikalische Spieler, das Alphabet von a bis z*). Da bei einer Buch- 
stabentabulatur Konfusion entstehen könnte durch die Ähnlichkeit des 



1) Es scheint, daß es damals in Spanien viele Menschen gab, die die arabischen 
Zahlen, wie wir sie kennen, nicht verstanden; denn er erklärt für solche Unkun- 
dige die Bedeutung dieser Zahlen. 



V 



— 22 — 

Versetzungszeichens b niit der Note fc, schlägt er vor, als Versetzungs- 
zeichen statt, des i? die Hälfte des Kreuzes ^, also x, zu schreiben. 

Kapitel 43 ist überschrieben »Einige Ratschläge für Spieler«. 
Er sagt dem Spieler z. B. »Setze also die Werke hervorragender Männer 
ab. Höre nicht auf, gute Musik abzusetzen, bis Du leicht auf allen 
Tasten spielen kannst, auf den schwarzen sowohl wie auf den weißen, 
und in allen Modis, die auf dem Monochord möglich sind. Obwohl Du 
Dich in allen Modis üben sollst, mache Dich mit einem besonders vertraut 
der Dir für viele Sachen dient. Für alles dieses sollst Du gewisse 
Tagesstunden bestimmen, in welchen Du neue Werke spielst; andere, in 
denen Du die schon abgesetzten studierst, daß Du sie nicht vergißt; 
andere, die Hände zu üben.« Wer Nutzen davon haben will, der suchQ 
sich einige schwer auszuführende Stellen aus, mit welchen er die Hände 
übt. Er muß sie mit der rechten Hand spielen in allen möglichen Lagen. 
Dasselbe muß er mit der linken Hand machen. Vor allem aber soll 
der Spieler einen Eat befolgen, und der ist, daß er beim Spielen keine 
melodischen Verzierungen (ghsas) macht, sondern in der Weise, wie die 
Musik notiert ist, muß sie gespielt werden. Wenn die Musik des 
alten Stils (ley vieja) wegen ihrer Schwerfälligkeit diese Verzierungen 
braucht, hat die Musik unserer Zeit sie nicht nötig. »Ich weiß nicht,« 
sagt Bermudo, »wie ein Spieler (wenn er Werke hervorragender Künstler 
beim Spielen verziert) der Beschuldigung, daß er schlecht erzogen, un- 
wissend und frech sei, entgehen kann. Da kommt ein Ohristoval de 
Morales, der das Licht Spaniens in der Musik ist, und ein Bemardino 
de Pigueroa, der einzig in seinem Können dasteht; und im Studium ver- 
bringen sie viel Zeit, wenn sie eine Motette komponieren ; und einer, der 
nicht einmal den Oantus planus versteht, glaubt, weil er nur einstmals 
Orgel zu spielen verstand, ein solches Stück verbessern zu müssen. Denn 
wenn man eine Verzierung zu einem Werke macht, was ist das anderes, 
als daß man es angeblich verbessern will? Sie setzen überflüssige Noten, 
die der Komponist nicht gesetzt hat. Was ist das schließlich anders, 
als dem Komponisten Musik zu leihen? Die wahren Sänger wissen, daß 
es als Beleidigung unter gebildeten Männern gilt, eine Stimme zu einem 
Werke eines anderen hinzuzukomponieren. Und wenn die Blasinstru- 
mentisten (ministrües) oder Sänger es doch für nötig halten, bitten sie 
den, der das Werk komponiert hat, um Erlaubnis und bedienen sich 
dabei anderer Komplimente. Und dieses heißt dann nicht verbessern, 
sondern ergänzen oder den Bitten von Freunden nachkommen. Der 
Spieler, der Verzierungen macht, emendiert oder besser gesagt, verwischt 
alle Stimmen. Ich halte es für bekannt, daß einige sie machen, weil 
ihnen die Harmonie und Gebundenheit (trabaxon) unserer heutigen Musik 
nicht gefällt. Sie gestehen darin ihre große Dummheit, indem sie gute 



— 23 — 

Musik ruinieren, sie der guten Melodie und der schönen Imitationen 
berauben. Wenige Spieler haben die linke Hand so beweglich, daß sie 
jede Verzierung, die sie der Oberstimme geben, auch im Baß spielen 
können. Dann, wenn sie zur Verzierung des Tenors kommen, mit den 
starren Fingern und mit dem Daumen, siehe wie sie die Verzierungen 
nachmachen, die sie mit den freien Fingern ausgeführt haben. Was soll 
ich sagen von den Kühnheiten ohne Grund, die sie sich herausnehmen, 
wenn sie verzieren? Sie machen Quinten- und Oktavenfolgen, sie machen 
fa contra mi an verbotenen Stellen, sie spielen Dissonanzen, die nicht 
am Platz sind, sie machen unnötige, ungewöhnliche Konsonanzen [pere- 
grinas). Die Vortrefflichkeit des Spielers also besteht darin, daß er klar 
spielt, so daß die Sänger, die es hören, Vergnügen daran finden. Die 
Musik dieser Zeit ist so diminuiert und kompliziert, daß sie Unterlage 
und Verzierung zugleich ist.< 

Bermudo fährt fort und erlaubt dem Spieler, der die Hände mehr 
beschäftigen will, und dem die Musik zu schwerfällig ist, zum eigenen 
Trost und zur Befriedigung einfach schneller zu spielen, etwa im aHu 
fr/eve-Takt. Wenn er gut genug komponieren kann, möge er seine 
eigenen Stücke komponieren. Die darf er dann soviel verzieren, wie er > 
will. Der Redöble, den Bermudo erst so ausführlich erklärt hat, ist zwar 
auch hier erlaubt, aber so versteckt [dissimidado\ daß er kaum bemerkt 
wird. Der Redoble ist wie die Oargantica bei dem Sänger, die, ausge- 
nommen sie sei gut, dem einen so schlecht scheint wie dem anderen. 
Ein dritter Ratschlag dieses Kapitels bezieht sich auf das fa contra mij 
welches in allen Modi vorkommt. Es soll durch eine Veränderung der 
tieferen Stimme verbessert werden. 

Das 44. Kapitel behandelt das schwierige Thema von der Lage, in 
welcher der Organist spielen muß, wenn der Chor respondiert. Er er- 
wähnt die Ungleichheit unter den Orgeln, sowie auch in den Chören; 
denn manche Vorsänger (sochantres) nehmen den Ton höher als andere. 
Er schreibt viele Transpositionen vor, wodurch der Organist den Chor 
immer in einer bequemen Lage einführen kann. 

Die gewöhnlichen Orgeln in Kirchen, wo man keine Sängerkapelle 
hat (hauptsächlich bei den Mönchen), sind zweierlei. Erstens, solche von 
sieben Palmos (Spannen von etwa 21 cm Breite) oder vierzehn Palmos, 
welche dieselbe Stimmung haben. Orgeln von 13^2 Palmos y obwohl sie 
ein klein wenig höher stehen als erstere, werden noch zu dieser Stim- 
mung gerechnet, wenn sie nur sonst dieselbe Mensur haben. Selbst noch 
Orgeln von 6Y2 und 13 Palmos werden zu dieser Stimmung gerechnet. 
Obwohl sie noch etwas höher stehen, kann der Chor den Unterschied 
leicht ertragen. Auf diesen Orgeln kann der erste Modus in seiner natür- 
lichen Lage bleiben. Wenn ein Stück in diesem Modus den Umfang 



- 24 - 

der ganzen Oktave in Anspruch nimmt, kann man bei Orgeln von 6Y2 
oder 13 Palmos den ersten Modus auf c nehmen, d. h. einen Ton tiefer 
transponieren. Der zweite Modus kann bei diesen Orgeln nach e hinauf 
transponiert werden. Er soll nicht nach c, auch nicht nach f transpo- 
niert werden. Der dritte Modus kann auf d gespielt werden. Der vierte 
und sechste bleiben in ihrer natürlichen Lage. Der fünfte und siebente 
können auf c gespielt werden, also eine Quarte, bzw. eine Quinte 
tiefer transponiert. Das hier Gesagte bezieht sich auf Kyries, Sanctus, 
Agnus und Hymnen. Für die Psalmen werden folgende Vorschläge 
gemacht: Wo der Psalmton zur Mediatio aufsteigt, wie im 2,, 3., 5., 
7. und 8., spiele man ihn auf /". Wo er zur Mediatio absteigt, wie im 
1., 4. und 6., spiele man ihn auf g. Dieselbe Eegel gilt auch für das 
einfache Magnificat. 

Die zweite Art der Orgeln steht eine Quarte höher. Diese haben 
9^/2 Palmos. [Genauer wäre 9Y3 im Quartverhältnis zu 14.] Den Orgeln 
von 13 Palmos entsprechen solche von 9. Für diese, sowohl wie für die, 
deren Pfeifen bloß halb so lang sind, gelten die oben angeführten Regeln, 
bloß daß alles um eine Quarte tiefer transponiert wird. 

Noch eine dritte Gruppe erwähnt Bermudo, die mit keiner der voran- 
gehenden übereinstimmt. Es gäbe deren bloß wenige. Sie seien von 
so schlechter Intonation, daß kein Modus vollkommen auf ihnen gespielt 
werden könne. Keiner bleibt auf seiner natürlichen Pinalis. Bestimmte 
Regeln kann Bermudo nicht geben. Es möge jeder Spieler die bequemste 
Transposition selber ausfinden. Und wenn der Chor eine Tonhöhe an- 
stimmt, bei der auf der Orgel der Modus nicht gewahrt wird, möge der 
Organist entweder doch in dieser Tonhöhe spielen, obgleich die Tonart 
nicht rein ist, oder er verlange, daß man Orgeln von besserer Stimmung 
baue. Einige Organisten pflegen kleine Täf eichen oder Tabellen (tabliUas), 
mehr oder minder fehlerhaft, vor sich auf die Orgel zu stellen, die für 
alles was sie zu spielen haben, die passenden Transpositionen anzeigen. 
(Kap. 45.) 

Kapitel 48 erklärt das Spielen auf schwarzen Tasten, worunter Ber- 
mudo das Hinzufügen von Akzidentien versteht. Im 52. Kapitel bespricht 
er einen besonders hervortretenden Mangel der gewöhnlichen Stimmung, 
der es verhindert, den ersten Modus auf f zu spielen, denn die schwarze 
Taste zwischen g und a ist ein mi (gis) und nicht fa (as) wie es der 
Modus verlangt. In der Orgel der Königlichen Kapelle zu Granada 
sei ein Flötenregister [mistura de lo flautado)y welches an der betreffen- 
den Stelle zwei Pfeifen hat, die eine für gis, die andere für as. Wenn 
nun der Organist den ersten Modus auf f spielen muß, (wie es Meister 
Figueroa öfters verlangt), stößt er alle Eegisterzüge ab mit Ausnahme 
des Zuges für dieses Flötenregister. Durch eine besondere Vorrichtung 



\ 



— 25 — 

werden dann die »^^-Pfeifen der betreffenden Stellen ausgeschaltet und 
die /a-Pfeifen eingestellt. (Quitara los hierros de la tecla negra que esia 
entre g solreut y a lamire y todos sus octaväs: y en las mesmas teclas 
poma d otro hienv el quäl abrira d fa). Es genügt, diese doppelten 
Pfeifen in nur einem Register zu bauen, sonst wird das Werk überladen. 

Am Schluß des vierten Buches gibt Bermudo, den Bitten seiner 
Freunde entgegenkommend, eine Anzahl Beispiele, die wie er bemerkt, 
nicht zum Singen, sondern ausdrücklich zum Spielen komponiert 
sind und zwar ohne Änderung, genau so wie sie notiert stehen. Die 
Akzidentien habe er alle vorsichtig vorgeschrieben. Es sind dies vier 
frei erfundene vierstimmige Stücke mit fugiertem Anfang, wie die italie- 
nischen Recercaren, aber mit sonst schwacher thematischer Arbeit, und 
fünf Hymnenbearbeitungen mit dem Cantus firmus in der Oberstimme. 
Eine davon über » VexiUa regis prodeunt< ist fünfstimmig. (Siehe Musik- 
beilage S. 233). Sie sind in Stimmen gedruckt, nicht in Partitur, und zwar 
80, daß jedes Stück in üblicher Ohorbuch- Weise zwei gegenüberstehende 
Seiten einnimmt, daß also aus dem offenen Buch gespielt werden konnte. 

Hiermit möchte ich die Inhaltsangabe des vierten Buches des Ber- 
mudoschen Werkes schließen, ohne auf die Besprechung der Vihuela, 
Harfe und einiger anderen Instrumente einzugehen. Bermudos Stellung 
in der Musikgeschichte und sein Verhältnis zu den übrigen spanischen 
und den italienischen und deutschen Theoretikern werden wir in folgenden 
Kapiteln zu behandeln versuchen. 



Von dem Leben des Zeitgenossen Bermudos, Thomas de Sancta 
Maria scheint fast ebensowenig bekannt zu sein als von Bermudo. 
Nach Pedrell^) ist er 1570 gestorben. Das genannte Werk »JLrfe de tarier 
fantasia< ist auch das einzige von ihm bekannte. Es erschien, wie schon 
erwähnt, 1565 zu Valladolid. Aus dem Werke selbst geht hervor, daß 
Sancta Maria aus Madrid gebürtig war, daß er Geistlicher war, ein Mit- 
glied des Prediger Ordens und daß er seinem Orden als Organist diente. 
Wie Bermudos Werk von Figueroa und Morales geprüft und begutachtet 
wurde, so Sancta Marias von dem königlichen Orgel- und Klavierspieler 
Antonio de Cabezon und seinem Bruder Juan de Cabezon, der wie An- 
tonio ein hervorragender Spieler war, und der auch in der großen Samm- 
lung der Werke Cabezons (1578) vertreten ist. Sechzehn Jahre, sagt 
Sancta Maria, habe er verbracht in der Arbeit an diesem Werk. Sach- 



1) Hispaniae Schola' musica sacra Bd. VI, S. XII. In diesem Band stehen 
auch sechs später zu erwähnende Falso-Bordone- Sätze Sancta Marias, aber in 
Vokalgestalt. Bei Sancta Maria stehen sie für das Instrument gesetzt, d. h. alle 
wieder anzuschlagenden Akkorde sind ausgeschrieben, nicht wie in der Vokalnota- 
tion, wo eine Rezitationsnote für mehrere Silben gilt. 



26 — 



kundige Männer habe er zur Beratung herangezogen, vor allem Antonio 
de Cabezon. 

Das Werk scheint keine eingehende Behandlung und Würdigung 
gefunden zu haben. Ein Beispiel daraus bringt Ritter (Geschichte des 
Orgelspiels 11, 91), aber in anderer Tonart als das Original (Arte de 
tarier I 677^). Außerdem hat es Pedrell in der spanischen Denk- 
mäler-Ausgabe Bd. VI, in welchem er eine Zusammenstellung von Bei- 
spielen und Erläuterungen zur Entwickelung des Falso Bordone bringt, 
herangezogen. Auch in der Einleitung zu Cabezons Werken von Pedrell 
wird es mit einigen Paragraphen bedacht. Ein Satz von Sancta Maria 
ist auch in die neue > Chorordnung« von Liliencron-van Eyken (Berlin 
s. a. I S. 186) gekommen. 

i\ Sancta Marias Werk, über 400 Seiten stark, hat den Zweck, die 
Kunst des Fantasiespielens auf Tasteninstrumenten zu lehren. Es ist in 
zwei Teile geteilt. Der erste behandelt alles, was man wissen muß, ehe 
man anfangen kann zu fantasieren, der zweite behandelt sehr ausführlich 
diese Kunst selbst.' Folgende Inhaltstabelle wird zeigen, wie das Werk 
angelegt ist: 

Teil I. 

Von den Notenzeichen im cantus planus und im Mensuralgesang 
{Canto de Organo) Kap. 1 

Von den Proprietäten (Hexachorden) des cantus planus und des can- 
tus mensuralis 

Von dem Widerspruch zwischen dem System desll^quadrato u.des/moUe. 

Von den Mutationen 

Zwei Anweisungen, in kurzer Zeit den cantus mensuralis zu singen. 

Anweisungen, den Takt gut zu halten. Von den Notenfiguren im 
cantus mensuralis 

Von der Kenntnis und dem Verständnis der Tastatur des Monochords. 

Von der Teilung der Töne 

Von den Mängeln der Tastatur 

Von den weißen und schwarzen Tasten, auf denen man die Kadenz 
mit erhöhtem Leitton nicht machen kann 

Von den Quarten, Quinten und Oktaven, in denen man weder das fa 
contra mi noch das mi contra fa machen kann 

Von den drei kurzen Oktaven 

Von den acht Bedingungen, die man erfüllen muß, um Werke voll- 
kommen und schön zu spielen 

Von der guten Handhaltung 

Von dem guten Anschlag 

Vom klaren und deutlichen Spiel 

Wie man die Hände halten muß, um Tonleitern auf-und abwärts zu spielen. 



2 
3 
4 
5 

6 
7 

8 
9 

10 

11 
12 

13 
14 
15 
16 
17 



1) Ritter hat das Werk selbst wohl nicht gesehen. Seine wenigen Angaben 
im Text (Gesch. I, S. 72) sind nicht ganz korrekt. Das mitgeteilte Stück ist Sancta 
Marias Beispiel zum ersten Modus. 



- 27 — 

Vom richtigen Fingersatz Kap. IB 

Von den Trillern » 19 

Von dem geschmackvollen Spiel Kap. 19 (sie.) 

Kurze und leichte Anweisung, Werke auf das Monochord und auf die 

Vihuela abzusetzen Kap. 20 

Kurze und leichte Anweisung für Anfänger, in kurzer Zeit irgend ein 

Stück zu bewältigen > 21 

Welche Methode man innehalten muß, um Nutzen aus den Stücken 

zu ziehen. > 22 

Von den Verzierungen > 23 

Von den acht Tonarten im cantus planus und im cantus mensuralis. > 24 
Von den Schlußformeln [sectdorum] aller Töne im cantus planus. 

Von den Kadenzen der Tonarten. Von den acht natürlichen Tonarten. 

Von den transponierten Tonarten > 26 

Von den Kadenzen im cantus mensuralis > 26 

Allgemeine Regeln von der häufig yorkommenden Kadenzformel mit 

punktierter Minima. 

Teil n. 

Von den drei Dissonanzen, die in der praktischen Musik allein 

möglich sind Kap. 1 

Von den fünf Arten, die Dissonanzen zu gebrauchen > 2 

Von den vier Konsonanzen, die in der praktischen Musik allein 

gebraucht werden » 3 

Von der Verwendung der vier Konsonanzen und der drei Dissonanzen. > 4 

Weiteres über dieselben. » 5 

Von den Intervallen und ihren drei Oktavversetzungen .... > 6 
Von den verschiedenen Lagen der dazwischenliegenden Begleitinter- 
valle bei ein und derselben Konsonanz > 7 

Von den begleitenden Intervallen zu den durch Oktavversetzung ver- 
größerten Intervallen {consonancias compuestas) > 8 

Desgleichen zu den um zwei Oktaven vergrößerten Intervallen {con- 
sonancias decomptiestcts) > 9 

Desgleichen zu den um drei Oktaven vergrößerten Intervallen (con- 

sonan^ias tricomptiestas) > 10 

Zehn Arten, einen aufwärts- oder abwärts schreiten den diatonischen 
Gang mit Akkorden in enger oder in mittlerer Lage zu begleiten. ... > 11 
Fünf Arten, dasselbe mit Akkorden in der weitesten Lage zu tun . »12 
Von vier Fehlern, die man beim stufenweisen Auf- und Abschreiten 

in den Begleitakkorden machen kann > 13 

Anweisung, die treffendsten Akkorde zu wählen. 
Regel, eine Tonleiter durch eine Oktave in Halbnoten {minimas) mit 
verschiedenen Konsonanzen zu begleiten 

Von der Weise, ganze Noten [semibreves) zu spielen »14 

Von der mehrfachen Wiederholung eines Tones in ganzen oder 

halben Noten > 15 

Von den falsi bordoni * 16 

Von der Art, in ganzen Noten auf- und abwärts zu schreiten .... »17 
Von der Art, sich mit ganzen Noten in fortschreitenden Terzschritten 

auf- und abwärts zu bewegen » 18 

Desgleichen mit Quartschritten » 19 



L . 



— 28 — 

Desgleichen mit Quintsobritten . . . . • Kap. 20 

Desgleichen mit Oktaven » 21 

Die Art, ganze Noten zu teilen (Synkopationen) »22 

Die Art, halbe Noten zu spielen »23 

Die Art, sich mit halben Noten in fortschreitenden Terzschritten zu 

bewegen » Ö4 

Das gleiche mit Quarten »25 

Das gleiche mit Quinten » 26 

Das gleiche mit Oktavsprüngen » 27 

Von der punktierten Halbnote »28 

Die Art, Viertelnoten {semiminimas) auf- und abwärts zu begleiten . > 29 

Die Art, Achtelnoten {eoreheas) zu spielen »30 

Vom mehrstimmigen Spiel »31 

Vom zweistimmigen Spiel » * 32 

Wie man Imitationen (fugas) spielt '33 

Vom dreistimmigen Spiel • 34 

Wie man ein Thema im vierstimmigen Satz durchführt » 3ö 

Wie man freie Imitationen spielt Kap. 35 (sie.) 

Über die Zusammenfügung der beiden Oberstimmen mit den beiden 

ünterstimmen und umgekehrt Kap. 37 

Wie man ein Stimmenpaar mit dem anderen ohne Kadenz zusammenfügt. > 38 
Wie man das eine Stimmenpaar mit dem anderen vor der Kadenz 

zusammenfügt » 39 

Wie die Oberstimmen einen halben Takt vor der Kadenz der Unter- 
stimmen einsetzen können > 40 

Wie die Unterstimmen in gleicher Weise vor der Kadenz der Ober- 
stimmen einsetzen können » 41 

Wie die Stimmen während einer Kadenz einsetzen können »42 

Wie die Oberstimmen zu Anfang der Kadenz der Unterstimmen ein- 
setzen können » 43 

Wie die Unterstimmen in der Mitte der Kadenz der Oberstimmen 

einsetzen können » 44 

Wie die Oberstimmen mitten in der Kadenz der Unterstimmen ein- 
setzen können » 45 

Wie die Oberstimmen am Schluß der Kadenz der Unterstimmen einsets^en > 46 
Wie die Unterstimmen am Schluß der Kadenz der Oberstimmen einsetzen > 47 
Wie man ein Stimmenpaar mit dem anderen nach der Kadenz zu- 
sammenfügt » 48 

Wie die Stimmen in ausgedehnten Kadenzen einsetzen Kap. 50 (sie.) 

Wie man beim Spielen einer Fantasia vorgeht Kap. 51 

Allgemeine Anweisungen für An^nger .* » 52 

Wie man das Monochord und die Vihuela stimmt > 53 

Wenn wir auf einige Kapitel etwas näher eingehen, werden wir sehen, 
daß Sancta Maria noch viel mehr das Praktische ins Auge faßt als 
Bermudo. Was bei Bermudo oft in recht marktschreierischer Weise 
herausgestrichen wird, wird hier bei Sancta Maria in ganz logischer 
Ordnung und fast ohne Selbstverherrlichung in klarer und ausführlicher 
Darstellung mitgeteilt. Und zwar tritt der pädagogische Sinn des Kloster- 
organisten stark in den Vordergrund. 



^n:^ 



— 29 - 

Ich übergehe hier Sancta Marias Beschreibung der Tastatur, ihre 
Oktaveneinteilung usw., die nichts wesentlich Neues bringt, und gehe so- 
fort über zu seinen Äußerungen über den Takt, die gleich auf das 
fünfte Kapitel folgen. Der Takt ist das Maß der Zeit, dessen man sich 
im Gesang (in der Musik) mit Bewußtsein bedient, damit die Stimmen 
gleichzeitig und konsonant fortschreiten ; oder, der Takt ist die Quantität 
der Zeit, die von einem Niederschlag bis zum folgenden vergeht. Man 
muß aber bemerken, daß in jedem Takt nicht mehr als einmal nieder- 
geschlagen wird. Mit diesem Niederschlag fängt der Takt an. Der 
Takt wird in zwei Teile geteilt, einen Niederschlag und einen Aufschlag. 
Sie müßen beide gleich sein. Jeder gilt einen halben Takt. 

Es gibt zwei verschiedene Arten des Taktmaßes in der praktischen 
Musik. Nach der einen wird der Takt in zwei gleiche Teile, in der 
andern in drei ebenfalls gleiche Teile geteilt. Letztere ist der Propor- 
tionstakt, mit anderm Namen Temario genannt. Von den drei Teilen, 
die er hat, kommen die (ersten) zwei auf den Niederschlag, der dritte 
auf den Aufschlag; daß ist, man singt zwei Semibreves auf den Nieder- 
schlag und eine auf den Aufschlag, oder zwei Minimae auf den Nieder- 
schlag und eine auf den Aufschlag. Vier Erfordernisse gibt es zum 
guten Innehalten des Taktes. Das erste ist, daß man mit der Hand 
einen Schlag hemiederschlägt und einen herauf, indem man nicht mehr 
Zeit für den Schlag nach oben als nach unten verbraucht. Und ob- 
wohl man beim Aufwärtsschlagen auf nichts aufschlägt wie beim Nieder- 
schlag, muß man doch diesen Schlag so ausführen, als ob man auf etwas 
aufschlüge, gerade wie man öfters den Takt überhaupt nur in der Luft 
schlagen sieht, ohne daß mit der Hand aufgeschlagen wird, weder unten 
noch oben, und die Hand sich trotzdem bewegt, als ob sie unten und 
oben anschlüge. Diese beiden Schläge hat jeder Takt. 

Die zweite Bedingung ist, daß wenn die Hand nach unten schlägt, 
sie unten ruht während der ganzen Dauer des HalbtakteSy ohne gehoben 
zu werden bis zu dem Zeitpunkt, wo der Aufschlag beginnt. Und in 
derselben Weise, wenn sie nach oben schlägt, ruht sie oben, ohne sich 
zu senken während der ganzen Dauer des Halbtaktes, bis zum Nieder- 
schlag. Deswegen ist es nötig, die Hand zu heben und zu senken mit 
ein und demselben Gleichmaß, das ist, ohne größere Bewegungsgeschwin- 
digkeit im Heben als im Senken. 

Die dritte Forderung ist, daß der Niederschlag und der Aufschlag 
jedesmal mit den Noten, die ihnen zukommen, zusammenfallen. Dazu 
ist es nötig, das jeder Nieder- und Aufschlag etwas heftig, mit Energie^ 
geschlagen wird; und außerdem daß beide gleich geschlagen werden, 
das heißt, der Niederschlag darf nicht stärker gemacht werden als der 
Aufschlag, oder umgekehrt. 



— 30 — 

Die vierte Bedingung ist, daß alle Takte nach dem Maß des ersten 
Taktes gemessen und ausgeglichen werden. »Wir geben dem jungen 
Musiker den Rat, speziell darauf zu achten, daß er immer mit dem Halb- 
takt heraufschlägt, unter diesen Umständen kann es nicht ausbleiben, 
daß er im Takt spielt mit aller erforderlichen Strenge, weil wir aus der 
Erfahrung sehen, daß diejenigen, die nicht im Takt spielen, immer auf 
dem Halbtakt ihre Fehler machen «i. Es trägt viel zur Sache bei für 
den, der gut beim Singen und Spielen Takt und Halbtakt schlagen will, 
wenn er sich viel im stummen Taktieren (en seco) mit der Hand oder 
mit dem Fuß unter den erwähnten Bedingungen und Umständen übt. 
Durch diese Übung wird er nachher leichter taktieren, wenn er singt 
oder spielt. Und besonders für junge Spieler ist es sehr wichtig und 
notwendig, daß sie mit dem Fuß Takt und Halbtakt treten; denn beim 
Spielen können sie nicht mit der Hand schlagen. 

Gehen wir nun zum 13. Kapitel über. Es trägt die Überschrift »Von 
den Erfordernissen zum vollkommenen und schönen Spiel«. 
Gerade hierin zeigt sich Sancta Maria als ein für seine Zeit ausgezeich- 
neter und hervorragender Klavierpädagoge. »Damit jede Musik« sagt er, 
»diejenige Grazie und den wesentlichen Charakter, die ihr zukommen, zeigt, 
ist es nötig, daß sie mit aller erforderlichen Schönheit, welche sie zum 
höchsten Grad der Vollkommenheit erhebt und ihr ein neues Wesen 
und neue Annehmlichkeit verschafft, gespielt wird. Und wenn dieses 
fehlt, wird alles was gespielt wird, so gut es auch sein mag, weder Glanz 
noch Grazie haben; wie ja klar bewiesen wird durch den Unterschied, 
wenn ein und dasselbe Stück von einem vollkommenen und vorsichtigen 
Spieler oder von einem unvollkommenen und kunstlosen Spieler gespielt 
wird. Denn von dem vollkommenen Spieler ausgeführt, scheint es köst- 
lich und herrlich, und von dem unvollkommenen scheint es minderwertig 
und plump, als ob es zwei ganz verschiedene Werke wären«. 

Die Erfordernisse, durch deren Beachtung die Musik auf diese Weise 
verschönert wird, lassen sich auf acht reduzieren. Das erste ist, im Takt 
^u spielen; das zweite, die Hände gut zu halten; das dritte, die Tasten 
gut anzuschlagen; das vierte, klar und deutlich zu spielen; das fünfte, 
Läufe nach oben und nach unten gut zu spielen; das sechste, mit passen- 
den Fingern anzuschlagen; das siebente, geschmackvoll (con buen ayre) 
zu spielen; das achte, gute Doppelschläge (Bedobles) und Triller (Quie- 
bros) zu machen. 

Den Takt hat Sancta Maria als Grundbedingung alles Musizierens 
schon erläutert. Das 14. Kapitel behandelt nun die zweite Bedingung, 
die ordentliche Handhaltung. Das erste Erfordernis für eine gute Hand- 
haltung ist, daß man die Bezeichnung der Finger kennt. Sancta Maria 
bezeichnet die Finger, wie Bermudo, mit den Zahlen von 1 bis 5 vom 






— 31 — 

Daumen bis zum kleinen Finger. Ein zweites Erfordernis für die gute 
Handhaltung begreift drei verschiedene Punkte in sich. Erstens, werden 
die Hände klauenartig gekrümmt gehalten, wie die Pfoten einer 
Katze, in der Weise, daß nirgends ein Buckel entsteht an Hand oder 
Finger. Von den Wurzeln der Finger an muß die Hand steil ab- 
wärts gehen, so daß die Finger, in einem Bogen gehalten, höher liegen 
als die Hand. Dadurch werden die Finger mehr angespannt, um einen 
kräftigen Schlag auszuführen; denn, gerade wie ein Bogen desto kräftiger 
zurückspringt, je mehr er angespannt ist, so schlagen auch die Finger 
um so kräftiger an, je mehr sie angespannt werden, und dann klingen 
die Töne lauter, stärker und lebendiger. Diese Vollendung ist so groß- 
artig und von so hohem Wert für die Musik, daß, abgesehen von der 
Schönheit und Grazie, welche diese Positur den Händen verleiht, sie auch 
allem, was gespielt wird, großen Wert und Glanz erteilt und deutlich 
verschieden macht von dem, was mit anderer Handhaltung gespielt 
wird. Zweitens, ist die Hand sehr zusammengezogen zu halten. Das 
macht man, indem man die vier Finger vom 2. zum 5. jeder Hand, an- 
einander zieht, speziell, daß man den 2. eng an den 3. anlegt, welches 
man besser in der rechten Hand machen kann als in der linken. Dieses 
trägt viel dazu bei, um anmutig und lieblich zu spielen. Ferner muß 
der Daumen sehr schlafE sein und viel tiefer stehen als die andern vier 
Finger, muß aber nach innen gebogen sein. In dieser Weise wird der 
mittlere Finger der erklärten Zusammenstellung unter die Handfläche 
kommen, und der kleine Finger wird mehr zusammengezogen als die 
andern, so daß er beinahe die Handfläche berührt. Es ist unmöglich, 
die Hände gut zu halten, ohne die erwähnten Finger beider Hände so 
zusammenzuziehen, namentlich den Daumen und den kleinen Finger; denn 
auf diesen beruht die Zusammenziehung der Hand. Und daher kommt 
es, daß wenn man die Finger ausgespreizt hält, besonders den Daumen 
und den kleinen Finger, man nicht gut spielen kann, weil die Hände 
starr werden und kraftlos und unfähig sind, als ob sie zu nichts nütze 
wären. Drittens muß man die Hände so halten, daß die drei Finger 
vom 2. bis zum 4. immer über den Tasten stehen, sowohl wenn es nötig 
ist, die Tasten anzuschlagen, als auch wenn das nicht nötig ist. Außer 
dem muß der zweite Finger, besonders der der rechten Hand, etwas 
gehoben werden und höher stehen als die andern drei vom 3. zum 5. 

Für die gute Positur der Hände und auch um gut zu spielen ist es 
Bötig, daß die Arme von den Ellenbogen nach innen gehalten werden, 
an den Körper angelegt, aber ohne Druck, obwohl man genötigt wird, 
bei langen und schnellen Läufen von Achtel- (corcheas) und Sechzehntel- 
noten (semicorcheas) mit der linken Hand abwärts, mit der rechten auf- 
wärts, den Ellenbogen von dem Körper zu entfernen. 






— 32 — 

Kapitel 15 handelt vom Anschlag. Sechs Bestimmungen werden- 
erörtert. Erstens sollen die Ta&ten mit der Mitte der Fingerspitze ge- 
schlagen werden, so daß die Nägel nicht aufliegen und kaum die Tasten 
berühren. Das bewirkt man dadurch, daß man das Handgelenk senkt 
und die Finger ausstreckt, den Mittelfinger am meisten; denn wenn man 
so anschlägt, klingen die Töne voll, süß und lieblich. Die Ursache ist 
folgende: Weil das Fleisch ein weicher Gegenstand ist, schlägt es weich 
und lieblich an. Dadurch wird auch deutlich gespielt. Denn wenn die 
Finger so auf den Tasten sitzen, können sie nicht rutschen oder nach 
irgend einer Richtung ausweichen. Im Gegenteil aber, wenn man mit 
den Nägeln aufschlägt, begeht man große Fehler. Erstens, klingt das 
Holz (der Tasten) viel und die Töne wenig und zugleich matt und leb- 
los. Zweitens, spielt man dadurch unrein und geräuschvoll und deswegen 
unangenehm für das Ohr. Denn weil die Finger keinen festen Sitz 
auf den Tasten haben, rutschen sie aus und machen dadurch großen 
Lärm mit den Tasten und auch, weil die Nägel knochenartig sind und 
die Knochen und Tasten harte Gegenstände sind, klingen sie, wenn man 
sie aneinander schlägt, nicht süß und lieblich, sondern unangenehm und 
abscheulich. Zweitens, schlägt man die Tasten kräftig und mit Schwung 
an, was man mit anderem Namen fest anschlagen heißt, so erhalten die 
Töne Fülle und Leben. Drittens, muß man in beiden Händen gleich- 
stark anschlagen und zu gleicher Zeit, so daß, obwohl man mehrere Töne 
auf einmal anschlägt, wie wenn ein Zusammenklang von drei oder vier 
oder noch mehr Tönen vorkommt, sie doch alle wie ein Ton erscheinen^ 
Zugleich ist darauf zu achten, daß, wenn auch die Tasten sanft ange- 
schlagen werden, sie trotzdem mit einem gewissen Schwung [impetu) an- 
geschlagen werden müssen. 

Viertens, muß man die Tasten nicht aus großer Höhe anschlagen. 
Darum ist es nötig, daß man die Finger nahe über den Tasten halt, und 
den Finger, nachdem er geschlagen hat, um sehr wenig hebt. Außerdem 
muß der schlagende Finger gerade herunterfallen und eben so gerade 
gehoben werden, so daß er zurückkehrt in dieselbe Stellung und Lage, 
die er vorher hatte. Alles dieses verursacht große Lieblichkeit und An- 
mut in der Musik. Es klingen die Töne ordentlich und die Tasten 
wenig oder beinahe gamicht. Das Gegenteil wirkt abscheulich für das 
Ohr. Diesen Fehler begeht man, wenn man den Finger zu hoch hebt 
nach dem Anschlag. Femer, wenn man die Finger sehr hoch hebt, 
zieht man die Zeit, die verbraucht wird im Heben und Senken der Finger, 
von der Zeitdauer des Klanges ab. In gleicher Weise ist es nötig, daß 
man die Handfläche nicht hebt, sondern bloß den Finger, der schlagen 
muß, während die Handfläche ruhig bleibt. Die Tasten, sowohl die 
weißen als die schwarzen, müssen am Ende oder am Eand geschlagen 



— 33 — 

werden. Fünftens muß man die Tasten so weit herunterdrücken, als es 
gut geht, so daß, falls das Instrument ein Monochord ist, die Tangen- 
ten recht an die Saiten gehoben werden, aber in der Weise, daß die 
Noten (Klänge) nicht aus ihrem Ton geraten, indem der Ton in die 
Höhe treibt, was dadurch verursacht wird, daß der Finger übermäßig 
aufdrückt. Und falls es ein anderes Instrument ist, müssen die Tasten 
heruntergedrückt werden, bis sie den darunterliegenden Tuchstreifen be- 
rühren, selbstverständlich nur, wenn sie so weit heruntergedrückt werden 
können. Sechstens dürfen die Finger nach dem Anschlag weder zu 
stark auf die Tasten drücken, weil, außer dem Hochtreiben des Tones, 
die Hände starr werden, als ob sie festgebunden wären , noch dürfen sie 
schlaffer werden, so daß die Töne ermatten; sondern sie müssen auf den 
Tasten bleiben ohne übermäßigen Druck und ohne Erschlaffung und 
ohne Hebung bis zu dem Zeitpunkte, wo sie andere Tasten anschlagen 
müssen, so daß die Stimmen immer denselben Klangcharakter behalten. 

Kapitel 16 handelt vom klaren und deutlichen Spiel. Was das klare 
und deutliche Spiel betrifft, sagt unser Autor, so ist zu bemerken, daß 
zweierlei verlangt wird. Das erste und hauptsächliche ist, daß beim 
Anschlagen der Finger auf die Tasten, jedesmal der Finger, der zuerst 
anschlägt, sich hebt, ehe der gleich darauffolgende Finger anschlägt, 
sowohl bei dem Aufwärts- als bei dem Abwärtsspielen, und so fort der 
Reihe nach. Denn spielt man anders, würde ein Finger über den 
andern stolpern, [atapar = auf die Ferse treten), und die Töne würden 
das Gleiche tun. Dadurch wird das Gespielte unrein und geräuschvoll, 
und es leidet die Klarheit und Deutlichkeit der Töne. Die zweite 
Forderung ist: daß man den Finger ein wenig in die Höhe hebt, nach- 
dem er angeschlagen hat, ihn aber in keiner Weise wegzieht von der 
Taste, ihn weder zusammenzieht, noch zusammenknickt, welches einen 
großen Lärm unter den Tasten verursacht. Ausnahmen kommen bei 
den Prallem (Redobles) und Tiillem (Quiebros) vor, die an ihrer Stelle 
behandelt werden sollen. 

Kapitel 17. Von den Läufen (Tonleitern) auf- und abwärts. Vier 
Forderungen werden aufgestellt. Erstens, daß die Hände ordentlich zu- 
sammengezogen werden, wie vorhin erklärt wurde. Zweitens, daß die 
Hand ein wenig gedreht wird nach der Richtung, in der man den Gang 
spielt, hauptsächlich bei Achtel- und Sechzehntelnoten. Drittens, wenn 
man eine Tonleiter aufwärts mit der rechten Hand spielt, welches man 
gewöhnlich mit dem 3. und 4. Finger macht, hebt man den dritten nach 
jedem Anschlag mehr als den vierten, und der vierte wird nicht höher 
gehoben, als daß er sich eben von der Taste entfernt, so daß es scheint, 
als ob er über die Tasten hinschleift. Ferner muß der vierte Finger 
am äußeren Ende der Taste anschlagen, während der dritte mehr nach 

Kinkeldey, Orgel nnd Klavier. 3 



l 



— 34 — 

innen anschlägt. Der zweite Finger muß ein wenig zusammengezogen 
und etwas höher gehalten werden als der dritte und muß in dieser 
Stellung an den dritten angelehnt werden. Dadurch erhält die Hand 
viel Kraft. Ohne dies alles ist es unmöglich, die Töne in vollkommener 
Weise zu spielen, und darum ist es nötig, daß man ordentlich Acht hat 
auf die Stellung des genannten zweiten Fingers als einen sehr wichtigen 
Umstand. Wenn man mit der linken Hand aufwärts spielt, muß der 
vierte Finger jedesmal nach dem Anschlag viel höher gehohen werden 
als der dritte. Wenn man aufwärts spielt mit dem ersten und zweiten 
Finger, muß der zweite Finger viel höher gehoben werden als der erste, 
der wiederum auf den Tasten zu schleifen scheint. 

Wenn man abwärts spielt mit der rechten Hand, gewöhnlich mit dem 
2. und 3. Finger, muß der dritte höher gehoben werden als der zweite. 
Der zweite scheint diesmal auf den Tasten zu schleifen und schlägt am 
äußeren Ende der Taste auf, während der dritte mehr nach innen auf- 
schlägt. Mit der linken Hand spielt man gewöhnlich mit dem 3. und 
4. Finger abwärts. Die Stellung ist genau wie bei der aufwärtsgehenden 
Rechten. 

Die vierte Forderung beim Tonleiterspiel ist, daß der 2., 3. und 4. 
Finger sich immer über den Tasten bewegen und nicht irgendwie von 
den Tasten herabgezogen werden. 

Kapitel 18 handelt vom Anschlagen mit passenden Fingern, also vom 
Fingersatz. Die rechte Hand hat einen Hauptfinger, den dritten; 
die linke, zwei, den zweiten und dritten. Hauptfinger werden sie ge* 
nannt, weil man mit ihnen die Triller anfängt und schließt. Mit dem 
Daumen wird nie eine schwarze Taste angeschlagen, außer bei Oktaven 
oder wenn sich eine Unvermeidlichkeit einstellt, bei der man nichts 
anderes tun kann. 

Wenn man Viertel- oder Achtelnoten spielt, wird niemals zweimal 
hintereinander mit demselben Finger angeschlagen, außer in Fällen, wo 
sich nichts anderes tun läßt. Diese Regel muß strenger befolgt werden 
bei den Achteln als bei den Vierteln. Wenn man ganze Noten 
(semibreves) spielt, wird jede mit dem Mittelfinger geschlagen, außer 
wenn es eine andere Stimme verhindert. In der linken Hand kann eine 
ganze Note mit dem zweiten Finger geschlagen werden, die nächste mit 
dem dritten und in dieser Weise weiter, sie können auch alle mit dem 
zweiten gespielt werden, oder alle mit dem dritten, je nach G-utdünken. 
Alles dieses selbstverständlich nur, wenn eine andere Stimme es nicht 
verhindert. Mit den genannten Fingern beider Hände werden auch 
halbe Noten gespielt. Doch ist es erlaubt, bei Halben in der rechten 
Hand abwärts auch mit dem dritten und zweiten abwechselnd zu spielen, 
wenn mehrere Halbe aufeinander folgen. Wenn auf derselben Linie 



— 35 — 

oder in demselben Zwischenraum oder, was dasselbe ist, auf derselben 
Taste, zwei, drei, vier oder mehr Viertel oder Achtel zu spielen sind, 
sollen sie alle mit zwei Fingern gespielt werden, welche so oft aufein- 
ander folgen, als nötig ist, in der rechten Hand mit dem 2. und 3.^ in 
der linken mit dem 1. und 2. oder mit dem 2. und 3. Um dieses mit 
Vollkommenheit auszuführen, ist es nötig, daß der Unterarm über der 
Klaviatur steht. Auch wenn nach einer punktierten Halben zwei Noten 
auf derselben Linie oder in demselben Zwischenraum stehen, können sie 
mit denselben Fingern gespielt werden, wie eben erklärt ist. 

Lange Tonleiterpassagen von Vierteln oder Achteln, aufsteigend oder 
absteigend, können mit einer regelmäßigen Aufeinanderfolge der Finger 
gespielt werden; zwar kommt selten eine Folge von allen fünf Fingern 
in Betracht, sondern es werden meistens nur die Finger vom 1. bis zum 
4. in wiederholter Reihenfolge gebraucht. Aufsteigend werden auch Fol- 
gen von Vierteln in der linken Hand mit dem 2. und 1. Finger gespielt, 
indem man mit dem 2. anfängt, manchmal aber zum Anfang den 3. 
heranzieht, manchmal sogar den 4. und 3. Absteigend spielt man mit 
dem 3. und 4. Der 3. fängt an. Manchmal nimmt man zum Anfang 
noch den 2. oder den 1. und 2. hinzu. 

Schnelle Gänge, also Achtel- und Sechzehntelpassagen, werden in der 
linken Hand, aufwärts und abwärts, mit den Fingern 1 bis 4 gespielt. 
Die Reihenfolge wird so oft wiederholt, als nötig ist. Aufsteigend fängt 
man mit dem 4. an, absteigend mit dem 1.^). 

4 3214321^123412341 



gj-j' J'^'f. r ^' r. ^|f' r r. p ^ ^ 



Für die rechte Hand werden etwas abweichende Kegeln gegeben. 
Aufwärts sollen Viertel oder Achtel mit dem 3. und 4. Finger gespielt 
werden. Der 3. fängt an, manchmal aber auch der 2. oder der 1. und 2. 
Diese Regel ist ohne Ausnahme. 




usw. 



^ 3 4 3 4 3 4 3 
oder 2 3 4 3 4 USW. 

Bei absteigenden Folgen in der rechten Hand muß man manchmal 
mit dem 1. Finger anfangen und die nächste Note mit dem 3. spielen 
[wahrscheinlich wegen schwarzer Tasten]. 

Nach diesen Voraussetzungen gibt dann Sancta Maria für absteigende 
Tonleitern von Vierteln und Achteln drei verschiedene Fingersätze. 

1} Die Beispiele bei Sancta Matia sind ohne Bezeichnung des Fingersatzes. 
DieHinzufügung in meinen Beispielen habe ich nach den textlichen Erläuterungen 
die Sancta Marias jedem Beispiel besonders beigibt unternommen^ 

3* 



— 36 — 

Erstens mit dem 2. und 3. Pinger, indem der 3. anfängt, manchmal aber 
der 4. Dieser Fingersatz dient zumeist für Viertel. Zweitens, mit der 
Folge 3, 2, 1, 3, 2, 1 usw., manchmal die erste Note mit dem 4. Manch- 
mal folgt bei diesem Fingersatz gleich der 2. auf den 1. Er gilt zumeist 
für Achteltonleitem. 






— ^ P P ^~^ M 



Drittens, mit der Folge 4, 3, 2, 1, 4, 3, 2, 1 usw. Manchmal folgt auf 
den 1. der 2. oder der 3. Dieser Fingersatz dient für Achtel, besonder» 
in Gruppen von 5, 9 oder 13. Zuweilen werden bei den zwei letztan- 
geführten Fingersätzen die tieferen Noten mit dem 2. und 3. Finger 
gespielt. 



m 



4 32 14^32143 214 

UfO' ^' t: r. r f. J ^ 



oder 2 3 2 

21432143 2 14 




Oft werden aber die Finger in ganz andern Aufeinanderfolgen gebraucht^ 
je nach der sich ergebenden Notwendigkeit. 

Folgen von Terz-, Quart- oder Quintschritten werden so gespielt,, 
daß man immer einen, zwei oder drei Finger zwischen den anschlagenden 
Fingern frei läßt, je nach der Größe des Intervalls. Es kommt jedoch 
vor, daß man Terzen und sogar Quarten mit nebeneinanderliegenden 
Fingern spielen muß^). 



i 



2 4 2 4 
13 13 



5 



5 



J j P i l 



^m 



;t=*st 



^ 



^ 



3 



^ 



-^—k\ 



HÄJ- 



i 



*s 



% 



^ 



HÄ- 



Für die Tonleiter der ersten der drei kurzen Oktaven (die Cdur- 
Tonleiter) gilt der Fingersatz 



3 



I ji^, j' j- J' J'^ l >^ „j'nj'i^' j' J' J' ^tT 



auf unserer modernen Tastenreihe ^). 



1) Für folgende Beispiele g^bt Sancta Maria keine Erläuterung des Fingersatzes. 

2) Über die >kurze Oktave«, siehe Anmerkung 1, S. 15. 



- 37 



Folgendes Beispiel, 



4 
4 



3 2 5 4 3 2 1 „„^ 
3 2 3 2 12 1 "8^- 



^ 



^^ 



J J. J^ J^ J^ J^ J^ J^ J^ J' J^ J' M J 



welches auf unserer Tastenreihe so aussehen würde 



4 
4 



3 2 
3 2 



5 



4 3 2 
2 1 2 



USW. 




h J^ j^ J^ J^ J^ j^ J^ J^ J^ J^ M II 



kann mit den darüberstehenden Fingersätzen gespielt werden. Der zweite 
(der Höherstehende) ist besser, weil man mehr gebunden spielen kann. 
Die zweite kurze Oktave (die Oktave auf B) wird aufwärts so gespielt; 



^ 



^ 



*=i 



2 1 



W- 



Oas würde auf unseren Tasten folgender Beihe entsprechen: 

- 4 3 4 3 2 12 1 



^ ^ ^' ^"^^ 



H«- 



Die dritte kurze Oktave (auf E) wird so gespielt: 



3 4 3 2 13 2 

4 5 4 3 2 12 



>^ S-jlTii M 



auf unserer 
Klaviatur 



3 
4 



4 3 

5 4 



2 13 2 

3 2 12 



1 
1 



^ 



¥=W 



- ^ ^ ^ I 



jDie kurzen Oktaven kommen nach Sancta Maria meistens in Achteln vor. 
Wenn diese drei kurzen Oktaven in Viertelnoten absteigend gespielt 
werden, wird die erste Note mit dem 1. Pinger gespielt oder mit dem 
2., manchmal, doch selten, mit dem 3. Die folgenden Noten werden mit 
dem 3. und 4. gespielt, aber die letzte Note der ersten Oktave (C) wird 
mit dem 5. oder die letzten drei werden mit dem 2., 3. und 4. gespielt. 
Zum Beispiel 

entsprechend 



^ 



t 



■^ 



4. 2 3 4 



^=^ 



» 



13 4 3 
2 3 4 3 



Bei solchen Gängen können Quiebros (über die später ausführlich ge- 
handelt wird), auf jeder Note, die mit dem 3. Finger gespielt wird, an- 
gebracht werden. 



— 38 - 

Für Achteltonleitem in diesen kurzen Oktaven werden folgende 
Fingersätze gegeben: 



besser i 



> i j: 



2 3 4 3 2 3 4 
2 3 4 
12 3 4 3 4 5 



^^ 



» 



entsprechend 



1 



2 3 4 3 2 3 4 

2 3 4 

12 3 4 3 4 5 






>^^ 



besser i 



^ 



2 3 
1 2 



4 3 4 3 
3 4 3 2 



4 
3 



1 
1 



2 3 
1 2 



4 3 4 3 
3 4 3 2 



4 

3 



•>' J j": j 



^^ 



M 



^ 



irw 



2 32 3434 3 

1 12 3 4 3 4 3 



'■" r ^J i^: 



M»1 



2 
1 



i 



3 2 
1 2 



0- P Jl 



3 4 3 4 3 
3 4 3 4 3 



^^ 



01- 



Für gewöhnliche Oktaven, 



links. ^ 

4 



1 
2 
3 



2 

1 
2 



1 
2 
1 



2 
1 
2 



1 
2 
1 



2 
1 
2 



^ 



s 



ö 



1 
2 
1 



3 
2 
1 



^ 



4 
3 
2 



3 
4 
3 



4 
3 
4 



3 

4 
3 



4 
3 

4 



3 
4 
3 



4 

3 

4 



f p W 



Bei den über den Noten stehenden Fingersätzen kann man Quiebros 
aufsteigend bei dem 2., absteigend bei 'dem 3. Finger machen. Der 
unter den Noten stehende Fingersatz paßt besser für Achtel- als für 
Vierteltonleitem, besonders im Aufsteigen. Für Achteltonleitem werden 
auch folgende abweichende Fingersätze gegeben: 



43 2 13 2 



2 3 4343 4 , 

5 besser 
12 3434 3 




rechts. | 
1 



$ 



^ 



3 4 3 4 USW. 

4 3 4 3 4 3 4 
2 3 4 3 4. 3 4 



j j J J ^ r "^ 





* 



4 

44 



i 



3 2323232 

4 3232323 



f j^ i- i i M 



M»1 



l 



3 2 13 2 1 3 

3 

4 3 2 13 2 1 



^^ 



-«- 



- 39 - 



Andere Beispiele sind folgende: 

links. 4321 4321 4321 



•y jj;: jTp ri^ 



12 3 4 



12 3 4 



12 3 4 



'^^ ULf , / ^^""^ 



w 



m 



3 4 3 2 
2 3 2 1 




4 3 2 1 2 

4 3 2 1 2 

— «- 



tt* 



^ 



rechts. 



432 3213 2324 3 2 32 




4323 4323 USW. 
4321 4321 USW. 




Für Doppelgriffe gibt Sancta Maria folgende Fingersätze: 
Terzen: 

rechts und links 
mit dem 1. und 2. — mehr in der linken Hand gebräuchlich 
mit dem 1. und 3. — Mit diesem Fingersatz kann man in der linken 
Hand auf der tieferen Note einen Triller nach unten ausführen, in 
der rechten auf der höheren Note nach oben. Er wird im allge- 
gemeinen von der rechten Hand bevorzugt. 
Mehrere Terzen nacheinander werden 1212 '^^' gegriffen. 
Quinten und Sexten: 
rechts und links 
mit dem 2. und 5. — Mit diesem Fingersatz kann man in der linken 
Hand auf der höheren Note einen Triller ausführen, in der rechten, 
auf der tieferen; 
mit dem X. und 4. — Bei diesem Fingersatz erhalten beide Töne die 

gleiche Klangstärke, 
mit dem 1. und 3. — Hiermit kann man in der linken H!and einen Triller 
auf der tieferen Note ausführen, in der rechten auf der höheren. 
Oktaven werden mit dem 1. und 5. gegriffen, mit Ausnahme der drei 
kurzen Oktaven, die mit dem 1. und 4. oder dem 2. und 5. links gegriffen 
werden. Bei den kurzen Oktaven kann noch die darüberliegende Terz 
mitgespielt werden. Der Fingersatz ist folgender: 



1 
2 



entsprechend 2 



^^grt-fe-f^ 



ig 



1 
2 



h^ 






— 40 — 



Bei Doppelgriffen muß man immer die folgenden Noten ins Auge 
fassen und den Fingersatz so wählen, daß sie bequem zu greifen sind. 

Kapitel 19 handelt vom geschmackvollen Spiel [tafier con buen ayre). 
Sancta Maria erklärt verschiedene Spielweisen oder Manieren, in denen 
man einen einfachen Notengang ausführen kann, um ihn interessanter 
zu gestalten. Für Folgen von Viertelnoten wird nur eine Manier ange- 
geben, füp Achtelnoten, drei. Bei den Vierteln hält man sich ein wenig 
auf der ersten Note auf, beeilt dagegen die zweite etwas. In ähnlicher 
Weise wird die dritte Note verlängert und die vierte gekürzt, usw., 
als ob das erste Viertel punktiert wäre und das zweite eine Achtelnote. 
Es ist aber darauf zu achten, daß die Note, die man verkürzt, nicht 
viel, sondern nur wenig von ihrem Wert verliert. 



I 



^-rir^r^^ ^—^hi-^ ^. 



^ ßj H^ 



^ 



3: 



1» j^ 



n 



Ausführung. 



r^ir^f=? 



(#) 




• /i | H- ^ i 



-9- 



^«- 



ö 



-9 



-jBL 



-Bl 



£ 



W 



Die Punktierung ist natürlich nicht wörtlich zu nehmen. Sancta Maria 
muß notgedrungen übertreiben. 

Für die Achtel gibt es drei Manieren. Bei den ersten zwei wird 
ein Achtel als punktiert betrachtet, das andere als ein Sechzehntel. In 
der ersten Manier kommt die längere Note zuerst, in der zweiten, die 
kürzere. Die erste Manier dient für Werke, die durchgehends kontra- 
punktisch gehalten sind und für lange und kurze Verzierungspassagen, 
die man in geschriebenen Werken [dbrcis) sowohl wie in der freien Fan- 
^asia anbringt. Die zweite ist eine viel galantere Spielart als die erste. 

Die dritte Manier beim Vortrag der Achtel besteht darin, daß man 
die ersten drei beschleunigt und sich dann auf dem vierten aufMlt. 
Und zwar muß das vierte so lange angehalten werden, daß das folgende 
Achtel an seine richtige Stelle auf den Halbtakt kommt, so daß die 
drei Achtel wie Sechzehntel erscheinen und das vierte wie ein Achtel 
mit Punkt (sie!). Das ist die galanteste Manier. Sie dient für lange 
und kurze Verzierungen. Der Aufenthalt auf der verlängerten Note 



— 41 — 



soll aber nicht zu lang sein, sondern nur lang genug um merkbar zu 
werden. Die Beschleunigung der ersten drei Achtel darf also nur mäßig 
sein. Folgende Beispiele werden gegeben: 





■ji. I jTn .-^m. ^ 




t=t 



i 



:* ^ ö 



^ 



-W- 



£ 



1=*^ 



[Tempo mbato] 



1 

III. J 



j^ j^ \~fr^_ J77^ \ ^ ^ ^ 



-^- 



M 



1 




^ 



« 



-»»- 



^ 



±=Js* 



Ein zweiter Teil des 19. Kapitels behandelt die T^Redobles* und *Quie- 
bros€. Diese sind trillerartige Verzierungen, die sich darin von einander 
unterscheiden, daß der Bedobk am Anfang auch den unteren Nebenton 
liinzunimmt und dann mit dem oberen weiter trillert; während der Quie- 
bro nur einen von den Nebentönen benutzt, wie in folgenden Beispielen : 



Bedohle. 



ww^~i^ 



HA- 



1 



Quiebro, 




H«- 



Man unterscheidet auch einen wiederholten und einfachen Quiebro\ 



i 



Wiederholt. 




-Wh 



1 



Einfach. 



S 



3?: 



Redobles macht man nur auf ganzen Noten; Quiebros macht man auf 
Halben und Yierteln, sehr selten auch auf Achteln. Es ist ratsam, die 
Redobles nicht zu lang zu machen, sonst machen sie die Musik häßlich. 
Die wiederholten Quiebros macht man auf halben Noten, die einfachen 



— 42 — 



auf Vierteln. Noch eine besondere Art des Quiebros macht man auf 
halbe Noten, nämlich A^ ^ 



t=^ 



Wiederholte Quiebros spielt man auf allen halben Noten, die mit 
denjenigen Fingern angeschlagen werden, die sie ausführen können. Den 
einfachen Quiebro macht man auf einer Note und unterläßt ihn auf der 
nächsten usw. 

Auf Viertelnoten werden nur einfache Quiebros gemacht wegen der 
kurzen Zeitdauer, die diesen Noten zukommt. Das ist auch der Grund^ 
weshalb man auf Achtel und Sechzehntel, keine Quiebros anbringt. 

Es gibt bloß eine Art des Redobles, nämlich die, in der man einen 
Ganzton nach einer Seite und einen Halbton nach der anderen zu Hilfe 



nimmt: 



h iW 



■*«- 



oder 



I 



n 



Verboten ist 



^ 



H««- 



Von den Quiebros gibt es sechs 



verschiedene Arten, die entweder mit Ganzton oder mit Halbton gemacht 
werden oder, im Falle des Quiebro der halben Noten, mit Halb- und 
Ganzton. In letztem Falle muß der Halbton immer unten liegen. Das 
Umgekehrte klingt schlecht. Bei den Redobles ist das nicht der Fall. 

Von den sechs verschiedenen Quiebros werden zwei auf der Halbnote 
gemacht; einer mit den zwei Nebentönen, wie schon erklärt, der andere 
durch mehrfache Wiederholung nur eines Nebentones. Die andern vier 
Arten des Quiebro sind die einfachen nach oben oder nach unten mit 
Halbton oder mit Ganzton. 

Zur Ausführung des Redobles und des dem Redoble ähidichen Halb- 
noten- ^iefero gebraucht man in der rechten Hand den 2., 3. und 4. Finger, 
in der linken den 1., 2. und 3. oder den 2., 3. und 4. 



Einige Beispiele folgen: 

Redoble, 

rechts 3234 



|) JJJ^ 



Halbnoten- Quiebro, 

4 3 2 4 



n 



links 2 3 2 1 
3 4 3 2 

Quiebros. 

rechts 3 4 3 4 3 4 
^232323 



^ 



^^Tf 



1 2 

2 3 4 



3 4 3 4 3 4 
2 3 2 3 2 3 



2 




links 



2 12 12 1 

3 2 3 2 3 2 



2 

3 



2 12 12 1 

3 2 3 2 3 2 



2 
3 



— 43 — 

Als besonders schön gilt jetzt die Manier, sagt Sancta Maria, in der 
man zuerst den oberen Hilfston eines Redoble oder Quiebro allein an- 
schlägt so daß der Zusammenklang erst mit dem darauf folgenden 
Hauptton angeschlagen wird. Diese Art Redoble^ sowie auch der H^b- 
noteur Quiebro sind sehr neu und galant und erteilen der Musik Grazie 
und melodische Schönheit. Er empfiehlt ihren Gebrauch sehr und gibt 
ihnen den Vorzug vor den älteren und weniger graziösen Arten. 

^ 3 2 a 3 2 

Aufsteigend werden Quiebros so gespielt, 



3 4 3 3 4 



ielt, ^=^ 



■^- 



2 3 2 



absteigend jL J^ & J2 ^ Es gibt eine eigentümliche Art 



3 2 3 3 2 3 

2 12 2 12 

des Quiebros mit zwei Noten, bei der der Hauptton angeschlagen aber 
der Finger nicht gehoben wird. Er bleibt fest auf der Taste liegen, 
während der andere Pinger sehr schnell darauf den Nebenton anschlägt ^). 
Dieser Pinger wird auswärts abgezogen wie wenn man kratzt {deflixandole). 
Dieser Quiebro bei aufsteigender Folge (nämlich mit dem unteren Neben- 
ton) klingt nicht so gut wie bei absteigender Folge (mit dem oberen 
Nebenton) und soll daher nicht so oft gebraucht werden. 

Um die dreitönigen Verzierungen auszuführen, müssen drei Punkte 
beachtet werden. Erstens müssen die vier Finger vom 2. bis zum 5. 
möglichst eng aneinander gezogen werden. Besonders muß der Finger, 
der die untere Hilfsnote anschlägt, direkt den Hauptfinger berühren. 
Er muß ein wenig mehr gekrümmt werden als die andern und etwas 
höher als der Hauptfinger gehalten werden und ein wenig auf letzterem 
aufliegen (cargar). Zum Beispiel, wenn in der rechten Hand ein Redoble 
gemacht wird mit dem 2., 3. und 4. Pinger, wird der zweite etwas zu- 
sammengezogen und höher gehalten als der 3. und in dieser Stellung an 
den 3. angelegt, besonders zum Schluß des Redobles. Dadurch wird der 
Anschlag der andern zwei Pinger, die die wiederholten Töne ausführen, 
kräftiger und lebhafter. Zweitens sollen die Finger, die die Nebentöne 
ausführen, am Ende der Verzierung etwas auswärts von der Taste ge- 
zogen werden, besonders der, der den oberen Nebenton anschlägt. Er 
muß auch ein wenig herunter hängen, dann aber gehoben werden und 
in seine normale Stellung über die Taste zurückkehren. Drittens muß 
der Finger, der den oberen Nebenton ausführt, mehr an dem Ende 
der Taste stehen als der Hauptfinger. Femer muß er allmählich während 



oder 
1) Die Ausführung ist so zu denken 



|) p EP-i 



i 



— 44 — 



des Trillers nach auswärts gezogen werden, bis er am Schluß des Trillers 
ganz Yon der Taste weggezogen wird, während der Hauptfinger, der 
anfangs weiter nach hinten anschlug, jetzt am Ende der Taste zu stehen 
kommt. Das ist nötig, um den Triller zu einem kurz abgeschnittenen 
Schluß zu bringen. Viertens soll die Hand bei Redobles und Quiebros 
ein wenig nach oben gedreht werden, ausgenommen bei dem Viertelnoten- 
Quiebro in absteigender Folge. 

Was von den dreitönigen Verzierungen gesagt wurde, gilt auch für 
die einfacheren zweitönigen Quiebros^ bloß daß hier nur ein Finger nach 
auswärts gezogen wird. Die Viertelnoten- öwi^fcros werden manchmal auf 
dem guten Viertel, manchmal auf dem schlechten gemacht. Die zweite 
Manier hält Sancta Maria für graziöser. Folgende Fingersätze werden 
vorgeschlagen. Die verzierte Note wird durch einen darüber- oder 
darunterstehenden Punkt gekennzeichnet: 



rechts. 

323 4 323 4 ^^^W. 



2 323 4 323 4 



USW. 




343 2 343 2 ^^^W. 



^^ 



434323432 



USW. 



t 



1^1 






\^{ 



links. 

2 32 1 23 2 1 ^8W. 



3 232 1 232 1 



USW. 



FTT; f r r " Mj j ,J j f r ^m 



3- 



323 4 323 4 ^8^- 



2 323 4 323 ^^^' 



^ 



^— ^ 



^^ 



rechts. 

2 323 4 323 ^^W. 



ir f r j J 



-»!- 



j) ^ j Ji^^ j ^ 



4 343 2 343 2 



USW. 



^^ 



""^'- (Sic!) 

3 2 3 2 1 1 3 2 . 1 ^*'^- 



^ 




2 323 4 323 4 ^^W. 

■^^ ^ r f r r J J J 



-«h 



\^\ 



H«" 



-«- 



- 45 - 

Manchmal werden auf zwei aufeinander folgenden Viei-telnoten Quie- 
hros angebracht und zwar wenn sie in absteigender Beihe auf eine höher- 



stehende ganze Note folgen: 



ffi^J ^ j 



^ 



Bei einer Reihe 



von Viertelnoten, die aufsteigt und wieder ab, wird auf der höchsten 
Note der Quiebro für absteigende Folgen gespielt. So auch, wenn die 
Beihe abwärts geht und dann wieder herauf, wird auf der tiefsten Note 
der Quiebro für aufsteigende Folgen gespielt. 

In absteigenden Beihen werden auf allen Viertelnoten, die einer 



punktierten Halben folgen, Quiebros angebracht. 



•^^ 



2^ 



Wo beide Hände Gänge von Halbnoten spielen, werden manchmal die 
Verzierungen in beiden Händen abwechselnd angebracht, besonders bei 
Imitationen [en ca^a), Verzierungen werden immer mit denjenigen Neben- 
tönen gemacht (seien es weiße oder schwarze Tasten), die der Tonart 
angehören, in der man spielt. 

Kapitel 20 gibt kurze und leichte Anweisungen, Mensuralmusik auf 
das Monochord abzusetzen. Das Absetzen von Musikstücken auf das 
Monochord ist der Quell alles Nutzens und Profits für den Spieler. Es 
ist zu bemerken, daß in jedem Stück, welcher Art es auch sei, alle 
Stimmen verbunden und eine mit den andern verkettet, fortschreiten; 
das heißt, keine Stimme bewegt sich auch nur eine einzige Note weiter, 
ohne Bezug zu nehmen auf alle die andern. Alle Stimmen bewegen sich 
zusammen, gemessen und gezählt nach Takten oder nach Halbtakten, so 
daß am Schluß keine einzige einen Takt oder Halbtakt mehr hat als 
eine andere. Daher folgt es, daß man beim Absetzen so verfahren muß, 
daß man zählt und abmißt, jede Stimme mit den andern, nach Takten 
oder Halbtakten. 

Diese zwei Sachen, das Zählen und das Messen, müssen mit aller 
Strenge beachtet werden. Sie hängen von einander ab. Das Maß ist 
eigentlich dasselbe wie der Takt, der ja auch überhaupt alle praktische 
Musik regiert. Man kann in der Weise verfahren, daß man alle Stimmen 
Takt für Takt oder Halbtakt für Halbtakt ins Auge faßt und zwar so, 
daß keine einzige Stimme sich in den nächsten Takt oder Halbtakt 
weiterbewegt, bis die andern ihr alle gleichgekommen sind. Dann erst 
werden die darauffolgenden Noten alle zusammen angeschlagen, [luegq 
hart de herir todas juntamente en los puntos o figuras, que immediamenie 
se siguie7*en). Für den Anfänger ist die Halbtakt-Methode ratsam. Sie 
ist leichter, weil bei ihr das Abzählen nicht so schwierig ist. Dabei ist 
zu bemerken, daß Noten, die in ihrem Werte über einen solchen Takt- 
abschnitt hinausgehen, nicht von neuem angeschlagen werden. 



— 46 — 

Es folgt ein Beispiel. Sancta Maria macht es in seinen Beispielen 
dem Schüler etwas leichter als Bermudo. Er schreibt die Stimmen nicht 
in der Chorbuchordnung, wie Bermudo in seinen größeren Beispielen, 
sondern eine über die andere, den Diskant oben, den Baß unten, aber 
ohne Taktstriche und ohne Rücksicht auf die zusammengehörenden Noten 
der verschiedenen Stimmen. Wo die Stimmen eines Beispiels nicht über 
die Länge einer Zeile hinaus gehen, gibt es eine Stellung die unserer 
vierstimmigen Partitur am ähnlichsten ist, obwohl durch das Fehlen von 
Taktstrichen die zusammen zu spielenden Noten nicht übereinander ge- 
bracht werden. Gehen die Stimmen aber über die Länge einer Zeile 
hinaus, so muß der Spieler die Fähigkeit, vier verschiedene Systeme in 
vier verschiedenen Richtungen auf einmal zu lesen, besitzen. 



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— 47 — 

Auffalleiid ist es, wie im drittletzten Takt durch die Beachtung von 
der Regel der Quintkadenz Sancta Maria eine ganz moderne Harmonie- 
folge zustande bringt. 

Sancta Maria gibt auch (fol. 56) eine Abbildung der Klaviatur des 
Monochords mit den Schlüssel- und Silbenbezeichnungen, die im wesent- 
lichen mit Bermudos Abbildung übereinstimmt. In kurzem Zügen wird 
auch der Vihuela-Bjragen und die Vihuela-Tabulatur erläutert. Auf das 
Vihuelaspiel geht Sancta Maria nicht so genau ein wie auf das Klavierspiel. 

Kapitel 21 enthält kurze Anweisungen für Anfänger, irgend ein Werk 
rasch zu beherrschen. Drei Forderungen werden gestellt. Erstens muß 
man im Takt spielen ohne Ungleichheit. Dazu muß man den Takt mit 
dem Fuß treten. Man muß besonders aufmerksam sein auf den Halb- 
takt denn hier entstehen die Fehler derjenigen die nicht im Takt spielen. 
Hierzu gehört die genaue Kenntnis der Notenwerte. Zweitens muß man 
jede Stimme für sich singen und ihren melodischen Gang (Solfa) gründ- 
lich verstehen. Drittens muß man alle Konsonanzen und Dissonanzen, 
die in dem Werk, sei es zwei-, drei- oder vierstimmig, vorkommen, genau 
erkennen. 

Kapitel 22 beschreibt den Weg der eingeschlagen werden muß, um 
Nutzen aus diesen Stücken zu ziehen. Fünf Sachen muß man sich 
merken. Erstens muß man vom Grunde aus das Thema (invencion) 
und den Aufbau [artefidö) eines jeden Abschnittes [passus) kennen; so 
auch die Beantwortung [responsion) der Stimmen, das ist, ob sie sich in 
dem Stück wiederholen in der Quarte, Quinte oder Oktave oder sonst 
wie, oder ob das Stück zwei-, drei- oder vierstimmig ist, ob es fugiert 
(imitatorisch gehalten) ist oder nicht. In dem allem besteht die Kunst 
des Fantasierens, welche man vor allem zu verstehen suchen soll; denn 
in allen Sachen ist es bloß die Kunst, die den Meister macht. 

Zweitens muß man sich den Einsatz einer jeden Stimme merken, ob 
sie vor der Kadenz einsetzt, mitten in der Kadenz oder nach der Ka- 
denz oder überhaupt ohne Kadenz und mit welchem Thema [invencion 
oder proposito) sie einsetzt; denn der Einsatz der einzelnen Stimmen ist 
eine delikate Frage, die größte Schönheit und Kunst, die es in der 
Musik gibt. 

Drittens merke man sich alle Arten von Kadenzen, die in dem Stück 
vorkommen. Man studiere sie gründlich und halte sie im Gedächtnis, 
um nach ihnen andere, ähnliche in der Fantasia zu machen. 

Viertens merke man sich alle Konsonanzen und Dissonanzen, die in 
den Stücken vorkommen, sowohl die zweistimmigen als die drei- und 
vierstinmiigen und vernehme auch zugleich den melodischen Gang (Solfa) 
einer jeden Stimme und achte auf die Konsonanzen, die sich daraus 
ergeben. Auch beachte man, welche Melodie graziös ist und halte sie 



— 48 — 

gut im Gedächtnis, um über sie in verschiedener Art zu fantasieren; 
denn das ist von Nutzen, um reichlichen Stoff für das Fantasieren zu 
haben^ 

Fünftens wenn ein Abschnitt wiederholt wird, achte man auf die 
Verschiedenheiten, die bei der Wiederholung vorkommen, auch ob er 
zwei-, drei- oder vierstimmig wiederholt wird. 

Damit Anfänger im Fantasieren Fortschritte machen, ist es nötig, 
daß sie sich in den Stücken, die sie kennen, fortwährend üben; denn 
dadurch werden sie an die Kunst gewöhnt und spielen dann leichter 
andere Stücke. Auch ist es sehr nützlich, das Stück anders zu spielen, 
indem man es auf jeder Stufe spielt, auf der es möglich ist, aber immer 
mit unverändertem Tongang. Damit alles, was erklärt wurde, zum Fort- 
schritt im Fantasieren beiträgt, ist es nötig, es jeden Tag sehr oft zu 
üben mit großer Beharrlichkeit, nicht in Verzweiflung, sondern mit der 
Gewißheit, daß der Fleiß und der fortwährende Gebrauch alles besiegen 
und einen Meister schaffen werden. 

Kapitel 23 behandelt die größeren Verzierungen oder Diminutionen 
iglosas). Diese werden nur auf ganzen Noten, halben Noten, oder Vierteln 
gebracht — auf letzteren sehr selten. Zwei Punkte muß man sich merken, 
um gut zu verzieren. Erstens muß in allen Stimmen gleichmäßig ver- 
ziert werden, daß ist, jede Stimme muß so viel Verzierungen erhalten 
als die andern. Zweitens, wenn eine Stimme wiederholt wird, muß auch 
die Verzierung wiederholt werden, wenn nichts im Wege steht, was ja 
oft vorkommt. Um dem Spieler eine Anleitung zu geben, wird eine 
ganze Reihe von Beispielen gegeben für alle diatonischen Intervalle vom 
Einklang bis zur Oktave, aufsteigend und absteigend, für ganze Noten 
und für halbe: 



Ganze Noten. 



Einklang. 



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— 50 — 

Kapitel 24 behandelt die Tonarten, speziell die Kadenzen [ClatisuJas), 
sowohl die Kadenzen mit Ganzton [remissa) als die mit Halbton (sostenida) ^). 

Kapitel 25 bringt die Transpositionslehre. Auf zwei Punkten beruht 
die Richtigkeit einer Transposition, auf der genauen "Wiedergabe der Inter- 
vallenfolge und auf den Kadenzen. Die Unvollkommenheiten des Mono- 
chords in Bezug auf die Transposition reduzieren sich einerseits auf die 
Unmöglichkeit, diese Bestimmungen einzuhalten wegen der Einrichtung 
der >semit(mos cantables< und *incantdbles< ^ anderseits auf dem Fehlen 
in der tieferen Lage (kurze Oktave) von Kreuz- und 6-Tönen, die den in 
den höheren Oktaven vorhandenen schwarzen Tasten entsprechen und 
auf dem Fehlen von Tönen am andern Ende der Klaviatur. Einige Bei- 
spiele werden für die Transposition gegeben. Das Beispiel für den ersten 
Modus (siehe Beilage S. 236) wird nach O transponiert. Ein anderes 
Beispiel veranschaulicht den ersten Modus auf C Der zweite Modus 
kann, nach Sancta Maria, gut nach O und A transponiert werden, der 
dritte und vierte nach D und J., der fünfte nach -B, C, D und G, der 
sechste nach C, D, O, A und B. Bei der Transposition nach A wird 
auf die Schwierigkeit der Quintkadenz e dis e aufmerksam gemacht. 
Für den sechsten Modus wird ein kurzes Beispiel in vier verschiedenen 
Transpositionen gegeben, nach D (mit zwei | als Vorzeichnung), nach O 
(1 #), nach A (3 #) und B (2 b). 

Der zweite Teil von Sancta Marias Werk beschäftigt sich nun ge- 
nauer mit der Harmonielehre und dem Kontrapunkt, um den Spieler, der 
mit den Elementen der Spieltechnik vertraut ist, auf den Weg zum freien 
Fantasieren zu bringen. Dinge, die sich auf die Technik des Spielens 
beziehen, kommen hier nicht so viel vor. Doch erörtert unser Autor dann 
und wann Fragen, die nicht rein theoretischer Natur sind. Zum Beispiel 
im 31. Kapitel des zweiten Teiles, »von dem mehrstimmigen Spiel«, 
{taner en conctm^to) lesen wir: 

>Wer kunstvoll mehrstimmig spielen will, das ist, wo alle Stimmen mit- 
einander geregelt concertieren, muß sich vorstellen, daß die vier Stimmen 
vier vernünftige Männer sind, deren jeder besonders redet, wenn er zu reden 
hat, und schweigt wenn er schweigen soll, und antwortet wenn er antworten 
soll, und immer sein Verhältniß zu den anderen wahrt, nach den Begeln 
der Vernunft«. 

In ähnlicher Weise müssen sich die vier Stimmen einander gegen- 
über verhalten nach den Gesetzen der musikalischen Kunst. Wer nun 
gut spielen will, muß sich sehr in Acht nehmen, daß keine Stimme voran 
schreitet, sei es auch nur eine einzige Note, ohne das Verhältnis zu 
wahren, welches jede andere Stimme erfordert. Dieses vorausgesetzt, ist 
zu bemerken, daß das gewöhnliche mehrstimmige Spiel mit vier Stimmen 

1) über die Bedeutung dieser Ausdrücke siehe Anmerkung 1, S. 117. 



— 51 — 



operiert. Es schließt aber drei verschiedene Spielarten mit ein, nämlich 
das zweistimmige, das dreistimmige und das vierstimmige Spiel. Damit 
die Musik Kraft und genügend kontrapunktische Bewegung der Stimmen 
erhalten möge, wird geraten, nicht Tongänge in ganzen Noten zu machen, 
sondern möglichst viel in halben, viertel und achtel Noten, es sei denn, 
die ganzen Noten wären unbedingt notwendig. Damit die Musik voll- 
kommen sei, ist es auch nötig, daß jede Stimme für sich einen graziösen 
und melodiösen Gang {de biiena entonacion) nehme. 

Im 32. Kapitel wird vom zweistimmigen Spiel behauptet, dass die 
Intervalle, die in Betracht kämen, die Terz, Quinte, Sexte, Oktave und 
Dezime seien, selten die Duodezime und Terzdezime, weil diese zu weit 
auseinander liegen. Und obwohl man häufig Quinten und Oktaven gebraucht, 
sind ddth die vorherrschenden Intervalle die Terz und die Sexte. Doch soll 
man nicht zu viele einer Art hintereinander spielen, sondern man vermische 
sie ordentlich, wie zum Beispiel zwei Terzen, dann zwei Sexten usw. 

Im 33. Kapitel wird behauptet, daß dieses zweistimmige Spiel eines 
der wesentlichsten Dinge in der Musik sei, aber auch eines der schwie- 
rigsten. Es ist die Grundlage für das ganze mehrstimmige Spiel. Für 
das zweistimmige Spiel ist die kanonische oder imitierende Schreibweise 
die vollkommenste, die künstlichste und die schönste, Jos quin wird als 
Muster genannt. Zwei verschiedene Arten dieser Form werden genau 
auseinander gehalten. Bei der einen setzt die imitierende Stimme erst 
ein, nachdem das Thema in seiner ganzen Gestalt von der ersten Stinmie 
vorgetragen worden ist [tanendo los passos sicdtos). Dann dient die 
führende Stimme als Begleitung zur imitierenden Stimme, indem sie irgend 
einen Gang nimm, der gut zu dem Thema paßt. Bei der anderen Art' 
setzt die imitierende Stimme ein, ehe die führende das Thema zu Ende 
gebracht hat (tanendo los passos travados). Es werden Quarten-, Quinten-, 
und Oktaven-Nachahmungen unterschieden. Eine große Anzahl Beispiele 
wird gegeben, wovon einige folgen: 



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— 53 — 

In den folgenden Kapiteln werden das drei- und vierstimmige Spiel 
genauer behandelt. Dann wird erklärt, wie man die zwei Oberstimmen 
und die zwei Unterstimmen paarweise gegeneinander setzte wie diese 
Stimmenpaare sich zu einander in der Kadenz verhalten, wie sie vor oder 
nach der Kadenz einsetzen. Für alle die verschiedenen Fälle werden 
reichUche längere oder kürzere Beispiele gegeben (siehe Musikbeilage 
S. 243—4). 

Auf Kapitel 51, über das, was man beim Spielen einer Fantasie zu 
tun hat, soll hier näher eingegangen werden. Man muß sich zweierlei 
merken: Erstens, wenn das Stück in den zwei tieferen Stimmen an- 
fängt und die zwei höheren ihre Antwort darauf gebracht haben, dann 
muß ein neues Motiv (passö) in den tieferen Stimmen einsetzen, oder das 
erste muß wiederholt werden. Wenn die Oberstimmen zuerst einsetzen, 
wird dieselbe Eegel entsprechend befolgt. Zweitens, müssen jedesmal, 
wenn die Stimmen nach den Pausen einsetzen, sowohl wenn sie auf das 
von den andern Stimmen gegebenen Thema antworten, als wenn sie ein 
neues anheben oder das erste wiederholen, dieselbe Ordnung der Stim- 
meneinsätze und dieselben Regeln der Beantwortung beachtet werden, 
wie zu Anfang des Stückes. 

Vor dem Schluß des Buches steht ein Kapitel »Nötige Anwei- 
sungen für Anfänger«. Es bringt nichts wesentlich Neues, sondern 
wiederholt in summarischer Form die im Laufe des "Werkes erteilten 
Hatschläge. Erstens soll der Anfänger unter Beobachtung der schon 
vorher aufgestellten Bedingungen die Hände mit passenden Fingersätzen 
in Gängen aufwärts und abwärts über den ganzen Umfang der Tastatur 
üben. Darin besteht zum größten Teil die Vollkommenheit im Spielen 
von »komponierten Werken«. Zweitens übe sich der Anfänger im 
Spielen von Redobles und Quiebros mit beiden Händen. Drittens sehe 
der Schüler darauf, daß er gut Takt schlagen kann mit der Hand oder 
mit dem Fuß, mit besonderer Beachtung des Halbtaktes. Viertens 
(und hier übernimmt Sancta Maria fast wörtlich eine Stelle aus Bermudo : 
vgl. S. 13.) nachdem der Schüler seine Aufgabe vom Meister bekom- 
men und sie gut studiert hat, soll er sie genau notieren [sacar en 
punto), wie sie ihm der Meister erklärt hat, mit den Verzierungen (glosas) 
und allem übrigen. Ferner soll er jede einzelne von den vier Stimmen 
besonders singen. Fünftens verschaffe er sich ein genaues Verständnis 
der Klaviatur des Monochords, hauptsächlich damit er weiß, wo die Ganz- 
und Halbtöne liegen und welches die »cantable« und nicht »cantable« 
Halbtöne sind. Dazu muß er den Gebrauch der schwarzen Tasten kennen; 
denn hierin liegt die größte Schwierigkeit beim Monochord. Sechstens 
.mache er sich vertraut mit den acht Punkten, die das vollkommene Spiel 
angehen, besonders was die Handhabung und den Anschlag betrifft. 



— 54 — 

Siebentens muß er die acht Tonarten gut spielen können, sowohl in 
ihren natürlichen Lagen als in allen möglichen Transpositionen und sich 
völlig klar sein, warum einige Lagen unmögUch spielbar sind, welche Un- 
möglichkeit meist auf dem Fehlen von Ganz- oder Halbtönen beruht. 
Achtens übe sich der Schüler zuerst im Absetzen von leichteren "Werken 
guter Komponisten, später von schwierigeren. Neuntens übe er sich 
im Transponieren dieser Werke in allen mögUchen Lagen, und merke sich 
die Stellen, die eine graziöse Melodie haben, um sie später in Fantasien 
zu verwenden. 

Nachdem er Geläufigkeit in allen diesen Dingen erreicht hat, fange 
er aU; sich im Fantasieren über ein graziöses Thema zu üben und zwar 
mit verschiedenartigen Nachahmungen. Er nehme irgend eine Stimme 
aus einem »komponierten Werke«, sei es Diskant, Alt, Tenor oder Bass, 
und spiele sie als Diskant mit begleitenden Akkorden (consonancictö) 
eigener Erfindung. Dann nehme er dieselbe Stimme als Alt, als Tenor 
und als Bass. Wer vollkommen spielen will, muß sich Schritt für Schritt 
üben im schönen melodischen Kontrapunktieren über einen Cantus Planus 
und über jederlei mensurierten Gesang. 

Den Schluß des Werkes bildet ein Kapitel über das Stimmen des 
Monochords und der Vihuela. Beim Stimmen ist es zunächst nötig, daß 
man weiß, wann ein Ton gut eingestimmt ist. Ein Ton ist dann gut 
eingestimmt, wenn die zwei Saiten die auf den Ton kommen (Sancta 
Maria spricht immer von einem doppelt bezogenem Monochord) so gleich 
gestimmt sind, daß sie wie ein einziger Ton klingen. Das ist auch genau 
so bei der Orgel der Fall, wo sehr oft 16 Pfeifen auf einen Ton kommen. 
Wenn man anfängt einen Ton im Monochord zu stimmen, soll man immer 
beim Stimmen die Saite herunter lassen; denn wenn man sie hinaufzieht, 
passiert es oft, daß man nicht die rechte Taste zu dem Ton, den man 
stimmen will, anschlägt, und dann reißt die Saite. 

Mit Hilfe dreier Intervalle stimmt man ein Monochord, nämlich mit 
Terzen, mit Quinten und mit Oktaven. Am seltensten gebraucht man 
die Terz, und wo man sie anwendet, muß sie immer groß sein. 

Um einen Ton im Monochord perfekt zu stimmen, sind zwei Dinge 
erforderlich. Erstens muß man wissen, welche von den beiden Saiten 
tiefer steht und welche höher. Das erfährt man dadtu*ch, daß man die 
betreffende Taste niederdrückt, so daß die Tangente beide Saiten berührt. 
Dann muß man jede Saite für sich mit dem Fingernagel oder mit der 
Spitze eines Federkiels zupfen. Danach werden die Saiten herabgelassen 
oder heraufgezogen, jenachdem es erforderUch ist. Der zweite Punkt 
ist, daß es sich viel besser stimmt, wenn man die Saiten heraufzieht, als 
wenn man sie herabläßt, indem man die tiefere Saite nach und nach 
heraufzieht, bis beide Saiten wie ein Ton erklingen. 



— 55 — 



Bei dem Stimmen des Monochords fängt man immer auf dem kleinen 
e {eefaut grave) an. Nachdem dieses c eingestimmt ist, stimmt man 
dessen obere Quinte g (gesolreut agudo). Dazu ist es nötig, daß man die 
Intonation von sol auf diesem g im Gedächtnis habe. Anfänger, die 
nicht sofort dieses sol treffen können, mögen einfach ut re mi fa sol 
intonieren und so das sol leichter im Kopfe halten. Damit man das sol 
besser behält, muß das tiefere c oft wieder angeschlagen werden. Alles 
dieses, besonders das häufige Anschlagen des schon gestimmten Tones, 
bezieht sich sowohl auf das Stimmen von Terzen wie von Quinten und 
Oktaven. Zu bemerken ist, daß diese Quinte c — g nicht rein gestimmt 
werden muß, sondern das g muss ein wenig zu tief sein, aber so sehr 
wenig, daß es kaum merkbar ist, was man nicht besser ausdrücken kann 
als mit den "Worten »Es ist, es ist nicht«. {Es, no es,) 

Nachdem diese Quinte gestimmt ist, stimmt man das höhere & in 
der Oktave mit dem tieferen. Danach stimmt man das f eine Quinte 
unter diesem c' und zwar wieder nicht rein. Das f muß ein klein wenig 
hoch sein. Dann stimmt man das hohe e' [dami agudo) in der Oktave mit 
dem tiefen e {dami grave), Sancta Maria erklärt allerdings nicht, wie das 
tiefe e eingestimmt wird. Wahrscheinlich faßt er es als Terz von c auf. 
Danach wird die Oktave d — d! eingestimmt, dann die Oktave eis — ds'. 
Für diese Töne fehlt wiederum eine Erklärung. Alle übrigen Töne werden 
in Oktaven eingestimmt, was nach Sancta Maria, keine Schwierigkeit bietet. 

Um die Methode etwas anschaulicher zu machen, gibt Sancta Maria 
folgende nicht sehr konsequente Tabelle, in der der schon gestimmte Ton 
mit einer ganzen Note {Semibrevis) , der zu stimmende mit einer Brevis 
notiert ist. 



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Zu bemerken ist noch, daß an manchen Stellen drei, an anderen 
Stellen vier Tasten auf dieselben zwei Saiten kommen. Und so, wenn 
auf einer Taste eingestimmt ist, sind die andern auch gestimmt. Eine 
Ausnahme bieten die Töne vom d abwärts. Hier hat jede Taste ihre 
eigenen zwei Saiten. Hieraus erklären sich wohl die scheinbaren Miß- 
stände, die uns vorher aufgefallen sind. Daher auch die sprunghafte 
Einrichtung der Tabelle. 



— 56 — 



2. Kapitel. 

Aus der vorangehenden Inhaltsangabe der Werke Bermudos und Sancta 
Marias geht schon hervor, daß Orgel- und Klavierspiel im 16. Jahr- 
hundert nicht als ganz nebensächlich betrachtet wurden. Sie deuten auf 
eine nicht unentwickelte Technik und Pädagogik des Klavierspiels, die 
viel tiefer im Musikleben der Zeit wurzelten und viel mehr verbreitet 
waren, als man es aus den Denkmälern schließen könnte. Auch werden 
in diesen wichtigen Quellen einige Seiten dieser Musikübung besprochen, 
die in den gedruckten oder handschriftlichen Kompositionen gamicht zum 
Ausdruck konmien. 

Ich glaube, daß es sich zeigen läßt, daß diese beiden Schriftsteller 
in ihren Werken nicht etwas ihnen Eigentümliches lehren, sondern daß 
sie ihre Erfahrung ganz aus der allgemeinen Praxis ihrer Zeit schöpften, 
und daß ihre Mitteilungen nicht für Spanien allein, sondern in vielen 
Punkten für ein weiter ausgedehntes Gebiet und besonders für Italien, 
Gültigkeit haben. Gerade diese Dinge möchte ich nun in diesem Teil 
der Arbeit berücksichtigen. Ich möchte an der Hand dieser Quellen, 
die Ergebnisse zusammenfassen imd zwar mit Zuhilfenahme von andern, 
mehr zerstreuten und manchmal in sich selbst nicht klar verständlichen 
Nachrichten. Dabei werden uns auch einige nichtmusikalische Quellen 
über manches belehren, das bisher wenig beachtet worden ist. Die prak- 
tischen Denkmäler möchte ich hier nicht für sich selbständig behandeln, 
sondern sie nur dann und wann zur Bestätigung der Resultate, die sich 
aus den andern Quellen ergeben, heranziehen. Die Untersuchung soll 
sich hauptsächlich über das 16. Jahrhundert erstrecken. Dabei werden 
auch Quellen berücksichtigt, die außerhalb des 16. Jahrhunderts liegen, 
aber nur insofern, als sie durch Aufschluß über die Vorgeschichte, 
oder falls sie später als das 16. Jahrhundert sind, durch die Erklärung 
der Weiterentwicklung irgend eines Gedankens mit dem Thema zusam- 
menhängen. 

Es sollen also hier folgende Punkte zur Erörterung kommen: 

1. Das Vorhandensein und die Verbreitung der Tasteninstrumente. 
Ihre Gestaltung, soweit sie den Umfang und die Beschaffenheit der 
Klaviatur betrifft. 

2. Die Stimmmethoden. 

3. Das Unterrichtwesen und der Lehrgang, worunter an Einzelheiten 
der Takt, der Pingersatz, die Manieren und Verzierungen, das über- 
tragen vokaler Sätze auf das Instrument und die systematische Ordnung 




— 57 — 

des Lehrmaterials, das Spielen aus den Stimmen und die Transposition 
erörtert werden sollen. 

4. Die Fantasia oder das Eecercar und seine Kompositionsmethode. 

5. Klavier- und Orgel als Begleit- und als Orchesterinstrumente in 
der Haus- und Theatermusik. 

6. Die Partituren und die Anfänge des Basso Continuo. 

Die allgemeine Verbreitung der Orgel in größerer oder kleinerer Form 
schon lange vor dem 16. Jahrhundert ist durch die bisher erschienenen 
Arbeiten zur Genüge bezeugt, wenn auch eine umfassende und erschöpr 
fende Geschichte der Orgel noch aussteht. Für die genauere Kenntnis 
der Orgel und des Orgelbaues im frühen Mittelalter bringt die treffliche 
und wertvolle Arbeit von E. Buhle, »Die Musikinstrumente in den 
Miniaturen des frühen Mittelalters« (Leipzig 1903) reichliche Urquellen, 
über das Orgelspiel des früheren Mittelalters bringen Schubigers 
»Spicilegien« ^) einige Nachrichten. Die in der Einleitung (S. 2) er- 
wähnten Nachrichten von den Organisten im 15. Jahrhundert beweisen, 
daß man in dieser Zeit eine gewerbsmäßige Klasse der Organisten kannte, 
was auch eine gewisse Entwicklung der pädagogischen Tätigkeit voraus 
setzt. Das wird auch aufs deutlichste bewiesen durch das Vorhandensein 
einer Schrift, wie das eingangs angeführte Kapitel in der Bologneser 
Teodorico de Campo Handschrift, Aus den Mitteilungen Nericis 
aus den Archiven von Lucca^) geht hervor, daß schon vom 14. Jahr- 
hundert an die Anstellung als Organist (Matteo da Siena 1357, Paolo 
Turettini 1472, Lodovico da Milano 1512) manchmal mit den Pflichten 
eines Lehrmeisters im Orgelspiel für jeden Lernbegierigen, verbunden 
war. Wie in Lucca wird es auch in anderen Städten gewesen sein. 

Die Verbreitung der Saiteninstrumente mit Klaviatur können wir nicht 
80 früh nachweisen, als die der Orgel. Ambros sucht zu beweisen 3) 
daß zur Zeit der Johannes de Muris (ca. 1320 — 1330) solche Instrumente 
noch nicht existierten. Er vermutet, daß ihr Aufkommen in den Jahren 



1) Anselm Schubiger, »Orgelbau und Orgelspiel im Mittelalter < in Musika- 
lische Spicilegien. Leipzig 1876. 

Vgl. ferner über diese Punkte Ambros, Geschichte IL Zehnter Abschnitt. 
»Die musikalischen Instrumente im 12. — 14. Jahrhundert«. 3. Aufl. 1891, S. 218 ff. 

J. Hopkins, »TÄe Organ — its history cmd construction*. Geschichtlicher Teil 
Yon E. F. B i m b a u 1 1. London 1854. 

0. Wangemann, »Geschichte der Orgel«. 3. Aufl. Leipzig 1887. 

H. Biemann, Orgelbau im frühen Mittelalter »Präludien und Studen«. Bd. III. 
Leipzig (1890). 

Eine ausführlichere Bi^iographie bei Buhle, a. a. 0., S. 52. 

2) Luigi Nerici, »Storia della Musica in Lucea*. Lucca 1879, S. 42, 43, 46, 
79, 80, 123, 152. 3) a. a. 0., S. 224. 



von 1350 bis 1400 zu suchen ist. Spätere Forschungen ') können diese 
Vermutungen nicht durch unzweifelhafte Daten widerlegen. Doch wird 
mau mit Krebs annehmen mÜBsen, daß die Entwicklung nicht so sehr 
schnell vor sich gegangen ist und daß in Anbetracht der späteren Daten 
man die Entstehung in eine frühere Zeit setzen muß, als es Ambro s 
tut, wenn man auch nicht gleich so weit vordatieren will als Krebs, 
nämlich zum Anfang des 13. Jahrhunderts *). 

Durch die Forschungen Vander Straetens') sind wir mit einem 
Instrument bekannt geworden, daß schon im Jahre 1387 genannt wird 
und dessen Wesen immer noch nicht völlig aufgeklärt ist. Es ist das 
Exaqtär, welches in einem Briefe des Königs Johann I von Aragon, der 
ein besonderer Musikliebhaber war, erwähnt wird. Die ganze Geschichte 
des Instrumentes scheint auf das westliche Abendland, besonders Spanien 
und Provence, beschränkt zu sein. Daß es ein Saiteninstrument mit 
Tasten war und daß es zu König Johanns Zeiten nicht ein altbekanntes 
Instrument war, könnte man aus des Königs Briefen schließen, der es 
noch für nötig hält, den Mamen * Exaquir theaanders zu erklären, als ein 
-Instrument tsemblant d orguens que sona ab cordes'. Er bemüht sich 
sehr, einen berühmten Spieler von Exaquir und kleinen Orgeln {petits 
orguens) an seinen Hof zu ziehen. Er habe gehört von diesem Manne, 
Johan del orguens genannt, daß er der beste Orgelspieler sei, den man 
finden könne. Als der König ihn erfolglos am Hofe von Borgofia sucht, 
wohin er eich zuerst wendet, gehen seine Bemühungen so weit, daß er 
Boten nach den Niederlanden schickt, um den Virtuosen da aufzusuchen. 
Aus den Niederlanden bezog auch König Johann die neuesten und besten 
Instrumente. Es scheint, als ob schon in dieser frühen Zeit die nieder- 
ländischen Instrumentisten und Instrumentenmacher den großen Kuhm 
ihrer singenden und komponierenden Landaleute teilten, der ja so ver- 
breitet war, daß man bis vor einigen Jahren die Niederländer kurzweg 
als die Erfinder der modernen musikalischen Kunst hingestellt hat. 



Ij C. F. Weitzmann, »Geechicbte des Claviers<. Sopplement zur Geachicbte 
des ClanerapielB und der Clavierliteratur. Berlin, 2. Aufl. [1879]. C. Krebs, 
>I)ie besaiteten Elavierinstrumente bis zum Anfang des 17. Jabrbunderts<. Viertel' 
jahraschrift für Mosikw. VIII, 1892, S. 91. Auch separat. A. J. Hipkina, >Dee- 
«^'«raV»i n«rf hisin^, Qf (/lg pianoforte: London, 1896. 

Hraeteu, tLa Musique aux Pays-Bast, Bd. 7, Bnixellea 1885, 
Kreba, a. a. O. nnd auch in einer kleinen Notiz Aber ein In- 
riener Ausstellung. VierteljahrBachrift IX, 1893, S. 245. 
aten F. Pedrell, tOrganografia musical anligua espanolat Bar- 
901, S. Uff. Pedrell teilt eine ganze Reibe von Anazfigen ans 
nigs Johann mit aus den Jabren 1387—1389, die sieb anf dieses 
I genannten Spieler bezieben. 



— 59 — 

Krebs und Fredell führen verschiedene Dichter an, bei denen der Name 
Exaquir oder eine ähnliche Form erwähnt wird. Auf eine Äußerung 
Guillaume de Machaults (Esckaqueü d^ AngUterre) gestützt, wird die 
Heimat des Instruments sogar nach England verlegt (Exebs S. 93). Der 
Name läßt sich noch im 16. Jahrundert im Provenzalischen nachweisen. 
Im Jahre 1574 erschien noch in Paris das "Werk eines Provenzalen, 
Antonius de Arena, de . . . villa de Soleriis, T^ad suos compczgnones^ 
qui sunt de persona friantes, bassas Dansas <& Branlos practicantes . . . « ^) 
Dieser nennt unter den Instrumenten, auf denen zum Tanz aufgespielt 
wurde, eine ganze Familie von Tastinstrumenten, wie claverium, Organum^ 
espineta sola, espineta organisatay manicordium, escacherium, ferner 
ehvplachaplum (!), fonfonia (!), calamda (!). ^ 

Die Erfindung der Tastenmechanik für ein Saiteninstrument wird von 
einigen älteren Schriftstellern wie Virdung und Praetorius vermutungs- 
weise sogar bis auf Guido von Arezzo zurückgeführt. "Wie dem auch 
sein mag, es ist sehr leicht denkbar, daß sich das spätere Tasteninstru- 
ment aus dem im Mittelalter so viel gebrauchten Messungsinstrument, 
dem Monochord, entwickelte, indem man, um die umständliche Yer-. 
Schiebung des Steges für jeden neuen Ton zu vermeiden, eine Vorrichtung 
nach Analogie der Orgel anwendete, in der durch den Druck auf eine 
Taste die Saitenlänge an einem bestimmten Ort abgegrenzt wurde. Man 
kannte auch Monochorde, die, zwecks Vergleichung mit vier Saiten be- 
spannt waren. Und diese Herkunft erklärt wohl auch den in Italien, 
Spanien und Frankreich am häufigsten gebrauchten Namen für das ein- 
fachste Klavierinstrument, das Clavichord, in dem die Saiten durch Tan- 
genten am anderen Ende des Tastenhebels angeschlagen wurden, die zu- 
gleich die Saitenlänge begrenzten und den Ton erzeugten. Es wird fast 
durchweg in diesen Ländern Monochord {Monacordio, Manicordion) 
genannt 2). In Deutschland scheint diese Benennung nicht gebräuchlich 
gewesen zu sein. 

1) Die ersten Ausgaben des Werkes, welches in maccaronischen Versen ver- 
faßt ist und auch neben der Tanzlehre einige Kriegsgeschichten enthält, werden 
in die Zeit um 1619 verlegt. Vgl. Graesse, »Tresor de Uwes rares et precieitx*. 
Dresden 1859 I, 184—5. Es wurde häufig bis in das 17. Jahrhundert aufgelegt. 

2) Zarlino, >IstitiUionU Venedig 1658, Erster Teil, Kap. 27, S. 114 spricht 
von dem theoretischen Messungsinstrument Monochord, fügt aber hinzu 
^aneora ehe con tal nome si chiama etiandio queüo Istrumento che st sona con le 
chorde radoppiate, conosciuto ormai da ogrCuno^ per esser moUo in uso€. Andere Be- 
zeichnungen für die besaiteten Klavierinstrumente waren Clavichord, Arpichord, 
Clavicembalo (Gravecembalo), Spinett, Virginal, Clavicitherium, Claviorgano, Espi- 
nette organis^e, Simphonia, Instrument. Ich werde nicht versuchen, die Gattungen 
liier auseinanderzuhalten, sondern verweise nur auf das genannte Werkchen von 
Hipkins, wo mit einigem Erfolg die verschiedenen Arten einzeln besprochen 
nnd auf ihr erstes authentisches Auftreten zurückgeführt werden. 



— 60 — 

Die Forschung hat außer den oben angeführten Tatsachen aus der 
zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts nichts Bestimmtes ans Licht gebracht. 
Dagegen lassen sich mehrere Stellen anführen, die beweisen, daß Klavier- 
instrumente im Laufe des 15. Jahrhunderts sich überall verbreitet hatten 
und ganz bekannt waren. So z. B. führt Ambros^) eine Stelle aus 
»Der Minne Regeln« des Eberhard Cersne von Minden aus dem Jahre 
1404 an, wo Schachtbrett (vielleicht das Exaquir?) Monocordium, 
Clavicordium und Clavicimbalum genannt werden. Valdrighis 
archivalische Forschungen aus Ferrara bringen Erwähnungen des Clavir- 
cimbalo aus den Jahren 1461 und 14732), des Mojiochord 14813). In 
Spanien soll der Name Monocordio im Jahre 1480 vorkommen ^). Nach- 
richten aus Spanien von claviorgano, clavedmbano und cluvicordio aus 
der letzten Hälfte des 15. Jahrhunderts bringt Barbieri in der Vorrede 
zu dem >Cancionero Musical de los siglos 15 y 16 < (Madrid 1890). In 
England kommt der Name Clavichord 1483 vor; davisymbaües 1492 s) 

Diesen Quellen möchte ich eine bisher unberücksichtigte, die über die 
Monochorde in Italien und Spanien Auskunft gibt, hinzufügen. Der in 
Bologna schreibende Theoretiker Ramis de Pareia berichtet in seiner 
^kMusica practica^ (Bologna 1482) «) von diesen Instrumenten. Er nennt 
Polychordum, Clavichordum , Clavicimbalum und Monochordum. Seine 
Äußerungen sollen später wieder angeführt werden. 

Die erste bisher benutzte Quelle, die uns nähere direkte Auskunft 
über die Beschaffenheit der Klavierinstrumente gibt, ist die oft zitierte 



1) Gesch. III, 3. Aufl. S. 545* Ich möchte hier auf einen Irrtum aufmerksam 
machen, welcher, obwohl er schon von Vander Straeten (Mus. aux P.-B. VII, 42) 
und wiederum von Krebs nach Vander Straetens Angaben, (Vierteljahrschrift VlII 
1892, S. 288) korrigiert ist, immer noch in den neueren Geschichten des^ Klaviers 
auftaucht. Weck erlin hat nämlich [Musicianaj Paris 1877, S. 88) eine Nachricht 
gebracht von einem >Clavecin de grande dimensions*^ welches in den Rechnungs- 
büchem des Hopital Saint Jean zu Brügge in den Jahren 1404 — Ö vorkommt. 
Vander Straeten weist nach, daß dieses auf ein Irrtum beruht. Das Wort ist nicht 
>Glaveein€j sondern »cawrsin* [kauwersyne]. Nach Du Gange, Glossarium ist 
cawersi/ntAS = Wucherer. Trotzdem wird Weckerlin manchmal noch zitiert. Vgl. 
Hipkins, S. 77 und L. A. Villanis »UÄrte del clavicembalo*, Turin 1901, S. 36. 

2) L.-F. Valdrighi, »Nomocheliurgrafia*, Modena 1884, S. 243, 248. 

3) Derselbe, Musurgiana, Modena 1884. Supplement S. 1. 

4) Hipkins, a. a. 0., S. 68. Nach einem Inventorium bei Vander Straeten. 

ö) Siehe die betreffenden Worte in Murrays >New English Dietionary^, Ox- 
ford 1889. Für die mittelalterlichen Instrumente in Frankreich fußt man noch 
immer auf A. Bottee de Toulmons »Dissertation sur les Instruments de musique 
employes au moyen-age< Paris 1844. 

6) Neuausgabe von Joh. Wolf in den Beiheften der Internationalen Mus. Ges. 
Serie I, Nr. 2, Leipzig 1901, S. 16. 



— 61 — 

>Musica getutscht und ausgezogen« von Sebastian Virdung (Basel 
1511)*). Virdung nennt mehrere Arten der besaiteten Instrumente und 
berichtet, daß sie gewöhnlich einen Umfang von drei Oktaven hätten. 
Manchmal fügt man noch einen Halbton und einen Ganzton oben hinzu, 
so daß das Instrument 38 Tasten hatte. Virdungs erste schwarze Taste 
ist Gis. Manche neuen Clavichorde hätten sogar vier Oktaven und noch 
mehr. Sie wurden größer gemacht, damit man Pedale anhängen konnte. 
Diese ist die einzige mir bekannte Erwähnung von Pedalen an diesen 
früheren Klavieren^). 

Der Umfang, den Virdung für die Clavichorde angibt, scheint auch im 
allgemeinen derjenige der Orgeln seiner Zeit gewesen zu sein. Schlick, in 
seinem >Spiegel der Orgelmacher und Organisten« (Mainz s. a. [1511])*) 
gibt den Orgeln einen Umfang von drei Oktaven und eine Terz, von dem 
großen F bis a^). Schlicks Orgeln hatten auch eine Duodezime in den 
Pedalen von F bis c'. Virdungs Klaviatur fing an mit zwei weißen Tasten 
F und Q. Dann kam die erste schwarze Taste Gis, Schlick möchte 
die schwarzen Tasten vollständig haben und lehnt sich auf gegen die 
Ansicht, daß man das Fis und Ois nicht brauche*). 

Was Virdung und Schlick von den deutschen Klaviaturen berichten, 
stimmt, wie wir sehen werden, mit den Angaben der zeitgenössischen 
italienischen Theoretiker für die italienischen Instrumente überein. Da- 
gegen scheinen die Mitteilungen des Ramis de Pareia aus dem Jahre 1482 
darauf hinzudeuten, daß in Spanien die IQaviaturen sich viel früher zu 
einem größeren Umfang entwickelten als in Italien. Eamis schreibt 
nämlich, daß beinahe alle italienischen Polychorde ihren Anfang auf dem 
F unter F ut hatten. Dagegen gingen die modernen Monochorde und 
auch die Orgeln, in Spanien, bis zum tiefen C, eine Quinte unter Tut 
Er erwähnt zwar, daß man auch in Bologna einige Polychorde fände die 
bis zum Z?, eine Quarte unter F ut, reichten, aber bis C gäbe es sie nur 



1) Neuausgabe in Faksimile Band XI der Publikationen der Gesellschaft für 
Musikforschung, Berlin 1882. Fol. E. IV, E. IV^7, F. 

2) Hipkins, a. a. 0. nennt ein Wörterbuch, Reynvaan, J. Verschuere, »Muxy" 
kaal, Kun8twoordenboek<yAmBteTda,Tall96 in dem von Clavichorden mit Pedalen die 
Rede ist. Vgl. auch Adlung, »Musiea mechanica organoedU 1768, Bd. II, S. 158 — 59. 

3) Neudruck von Eitner in den Monatsheften für Musikgeschichte I. 

4) In der Neuausgabe S. 84, 88, 90. »In dem Pedall gut frey bass contra zu 
machen ist meins bedunckens nott, auch genug ein duodecima /a, unter dem ga- 
maut, und c solfaut zwelf claves naturales sampt den semitonien darzwischen . . . 
wiewol etliche meynen daß die nidersten zwen semitonien, post fa, und post ga- 
maut nit nott seyen, soll man sie doch umb derselbigen willen nit usslassen, sie 
wollen ein gute steg um zweier staffeln willen verhönc. 

Diese Töne, Fis und Gis, kommen aber in den Orgelstücken in Schlicks 
»Tabulaturen etlichißr lobgesang< Mainz 1512 (Neudruck von Eitner) nicht vor. 



— 62 — 

in Spanien^). BÄinis' Monochorde hatten keine chromatischen Töne unter 
dem Proslambanomenos A^ hatten also wahrscheinlich wie die späteren 
Instrumente die kurze Oktave, in der es schwarze Tasten unter B gab, 
die aber für diatonische Töne dienten. 

Eamis' Behauptungen von dem üblichen Anfangston F in Italien, 
finden auch in andern zeitgenössischen Quellen Bestätigung. ]E!(ericis 
Mitteilungen aus den Luccheser Archiven liefern einige sehr interessante 
Daten über den Orgelbau in Lucca in der zweiten Hälfte des 15. Jahr- 
hunderts. Im Jahre 1442 wurde mitMatteo del fu Paolo daPratoein 
Vertrag geschlossen für den Bau einer neuen Orgel für die Kirche zu 
St. Martin, die Hauptkirche Luccas. Der Bau scheint sehr langsam 
vor sich gegeangen zu sein. Matteo soll 1465 gestorben sein, aber erst 
1473 fand die offizielle Orgelrevision statt, und der Revisor fäUt ein 
sehr schlechtes Urteil über das Werk. Die Orgel sollte nach dem Ver- 
trag 32 Tasten haben, die schwarzen nicht mitgerechnet [debeat esse de 
tasüs 32 absqtie semitonis), Matteo hätte blos 28 geliefert. Der Revisor 
bedient sich hier einer Zählungsmethode, die auch bei Virdung erwähnt 
wird. Es wurden nur die weißen Tasten mit dem Namen tasii oder 
elaves belegt. Die schwarzen hießen ^semitonia*. Demnach sollte die 
Luccheser Orgel eine Gesamtzahl von ungefähr 53 oder 54 Tasten haben, 
also beträchtlich größer als Schlicks Orgel und, wie wir sehen werden, 
größer als die übliche Form in Italien und Spanien. Femer behauptet 
der Revisor, daß die tieferen Töne * dissonantes, discordes, male intonate^ 
non equales nee correspondentes* wären, und daß sie nicht gut ansprächen. 
Die höheren Töne wären ^nimis crudae, tremolantes et siridentes, et 9ion 
dtdces bonae et sonorae^ . Das Werk wäre von Anfang an schlecht temperiert 
und schlecht gestimmt gewesen 2). 

Im Jahre 1480 erhält der Orgelbauer Maestro Domenico di Maestro 
Lorenzo einen Kontrakt für eine neue Orgel für dieselbe Kirc)ie. Diese 
sollte 29 Tasti und 18 Semitiuyni^ zusammen 47 Tasten, haben, und von 
fa bis fa^ daß ist von F bis p reichen. Da nur 18 schwarze Tasten 



1) Neuausgabe S. 36. *Haee chorda erü, quam dicunt modemi retropolis (d. i. 
außerhalb des Daumens oder auf der Rückseite des Daumens in der guidonischen 
Hand) . , . in qtia paene omnia modemorum instrumenta, qwie polychorda^ in Italia 
reperimus incepta etiam Organa et aJia instrumenta compleia, quae per semitonia sunt 
divisa. In Hispania vero nostra antiqua monochorda et etiam orga/na in c gravi repe^ 
rimus incepisse. Sed modemorum, polychorda et etiam Organa octo voces sub e gravi 
in ordine ponunt naturali. Non tamen habent voces conjunctas t} quadrati sive b moUis 
sub proslambanomenonf sed tantum est diapente recta sub F ut, ita ut F lU sit octava 
g sol-re-uty retropolis octava sive diapason f fa-ut et alia diapason e la-mij aliaque d- 
soUre et alia c-fa-ui. Octava sub d sol-re idest diapason jam hie Bononiae reperimus 
polychardum, sed sub c fa-ut non nisi Hispania. 

2) Luigi Nerici, »Storia deUa Musica in Luccat^ S. 125ff., 141 — 143. 



— 63 -^ 

lirorgesclirieben waren und nicht 20, wie es eine vollständige Tastatur ver- 
langt, fehlten wahrscheinlich das tiefe Fis und das Ois, Das Werk sollte 
fünf Eegister haben. Die ^^tinori«^ (Töne in der Tenorlage) sollten sechs 
Pfeifen auf jeder Taste haben, die T^sovranU (in der Sopranlage) 11, und 
die andern Lagen dementsprechend. Für die Contrabassi sollte ein Pedal 
gebaut werden, nach der in Italien gebräuchlichen Weise. Für 
dis und as sollten gespaltene Tasten vorhanden sein. Diese Orgel wurde 
1484 abgenommen^). 

Derselbe Maestro Domenico erhielt 1481 einen Auftrag für die Kirche 
zu Santi Giovanni e Keparata in Lucca eine Orgel zu bauen. Diese sollte 
vier Register und 38 Tasti haben mit einem Umfang von fa bis 2a, also 
von F bis a^; denn hier wurden weiße und schwarze Tasten zusammen- 
gezählt. Damit der Umfang bis a^ reicht, müßten drei schwarze Tasten 
fehlen, möglicherweise unten Fis und Gis, oben gi8\ Im Jahre 1495 
soll Domencio für S. Pietro Maggiore eine Orgel bauen mit wiederum 
38 Tasten und dem Umfang F bis a\ Sie sollte fünf Register haben — 
tenore, oetava^ quintadeeima, vigesimaseconda und flauti^). Die zwei 
letzterwähnten Orgeln waren also kleiner als die der Kathedralkirche. 
Sie stimmen auch mehr mit den Instrumenten Schlicks und Virdungs 
überein. 

Die Angaben der Theoretiker des 16. Jahrhunderts schließen sich den 
angeführten Daten an. Die italienischen Theoretiker Pietro Aron*) und 
Giovanni Lanfranco*) kommen auch auf den Umfang des Monochordes 
zu sprechen. Bei ihnen ist die tiefste Taste F und die erste schwarze 
Taste B. Lanfrancos Angaben gelten für alle Tasteninstrumente ein- 
schließlich der Orgel. Aron berichtet dasselbe von der Orgel in seinem 
*Compendiolo*. Über die obere Grenze der Tastatur sind die Angaben 
nicht so genau. Aron im Toscanello behauptet zwar, daß die Klaviatur 
der Orgel 29 weiße Tasten und 18 schwarze Tasten hatte, also im ganzen 
47 Tasten. Das stimmt genau mit der großen Orgel der Martinskirche 
in Lucca überein. Lanfranco bemerkt, daß die Instrumente nicht be- 
schränkt wären wie die guidonische Hand, sondern daß man die Töne 
öfters wiederholen könne in höheren Oktaven. Die italienischen Klaviaturen 
unterscheiden sich von den deutschen, wenigstens in der Theorie, darin, 
daß ihre erste schwarze Taste B war, während die deutschen nach Vir- 
dung wenigstens noch das Ois hatten und nach Schlick das Fis und 
Ois haben sollten. 

Von den Umfang der Orgeln in der Schweiz werden wir auch in den 



1) Nerici, S. 130, 143. 

2) Ebenda S, 131, 132. 

3) Toscanello Venedig (Erste Ausgabe 1523) 1539, Fol. H Iv. 

4) ScmtiUe di Musica, Brescia 1533, S. 123. 



— 64 — 

theoretischen Einleitungen der Orgelbticher Kotters und Buchners 
unterrichtet. Kotter gibt das Schema der Klaviatur mit dem Umfang F 
bis b^. Buchner zählt an einer Stelle die BrCihe der Tasten mit ihren 
Benennungen auf. Es sind 37 Tasten von F bis a*. Die erste schwarze 
Taste ist B und am oberen Ende der Klaviatur fehlen /fe^ und gis^. 
Aber gleich darauf gibt Buchner auch eine Abbildung der Klaviatur. 
Diese hat 38 Tasten. Das /fo^ ist vorhanden, aber gis^ fehlt ^). 

In den Niederlanden finden wir im Jahre 1568 ein Werk über die 
Instrumente und ihre Tabulaturen. Es scheint das erste derartige Buch 
zu sein, welches in niederländischer Sprache im Druck erschien. Sein 
Inhalt ist aber im wesentlichen, wie es scheint, nur eine Übersetzung von 
Yirdung. Es hält demnach an der Tastenzahl 38 fest'). 

Die spanischen Klaviaturen, wie wir sie aus den Werken Bermudo» 
. und Sancta Marias kennen lernen, entsprechen ganz den Angaben 
\ ^ Ramis de Pareias. Sie fangen auf C an mit kurzer Oktave. Ihr Um- 
fang erstreckt sich bis zum a'. Sie hatten also 42 Tasten. Schon in 
dem frühesten bekannten Werk von Bermudo t^EI Arte iripharia^ aus 
dem Jahre 1550 wird diese Klaviatur eingehend erklärt, das Verhältnis 
der schwarzen Tasten zu den weißen auseinandergesetzt und die Anor- 
malität der kurzen Oktave in Betracht gezogen. Venegas richtet seine 
Zahlentabulatur von 1557 für einen Umfang von C bis a^ ein 3). Oa- 
bezon (1578) tut das gleiche. 

Mit diesen Angaben der Theoretiker stimmen die erhaltenen prak- 
tischen Denkmäler ziemlich genau überein. Die Stücke in Schlicks Tabu- 
latur von 1512 verlangen einen Umfang von F bis g^, Fis und Ois 
kommen nicht vor. Keines der Stücke in Kotters, Buchners oder Klebers 
Tabulaturen steigt tiefer als das große F hinab. In der Höhe verlangt 
B3eber a^ (fol 38i; fol Wdv), Die andern halten sich innerhalb der- 
selben Grenze*). 

1) Vgl. Paesler, »Das Fundamentbuch des Hans von Constanze Vierteljahrs- 
schrift für Musikwissenschaft V (1889), S. 24. 

2) >Det is ee seer Schob Boecxke om te leere make alderhande Tabtdature unten 
Disccmte, Daer duer men liehtelijk mach leere speien opt Glavicordü Luyte en Fluyte, 
Oheprint Thanttoerpen op de Lombaerde veste m den Witten Easewint, hy Jan Van 
Ohelen, ghesworen hoeekprinter der G. M. anno 1568*. Einzig bekanntes Exemplar 
in der kgl. Bibl. im Haag. Excerpte in Van der Straeten Musiqtee aux P.-B. II, 
S. 111 ff. 

3) Vgl. Morphy , Les luthistes espagnola du XVI Siech, Leipzig 1902, S. XXXIII. 

4) Siehe auch Paesler, a. a. 0., S. 23. »Die deutschen Orgeln des XV. Jahr- 
hunderts scheinen tatsächlich einen viel kleineren Umfang gehabt zu haben. 
Wenigstens bewegen sich die Stücke im Buxheimer Orgelbuch und im Anhang 
zu Paumanns Fundamentum Organisandi alle (mit einer auffallenden Ausnahme) 
in dem Umfange H bis f2c. Vgl. Eitner, Das Buxheimer Orgelbuch, Beilage zu 
den MfM. Jahrgang 19—20, (1887- 88), S. 6. 



r 



— 65 — 

Im Laufe des Jahrhunderts vergrößert sich der umfang. Ammer- 
bach (1571) geht zwar nicht über a' hinaus, schreibt aber in der Tiefe 
C und D vor. Schmidt d. Alt. (Neue künstliche Tabulatur, Straßburg 
1577) schreibt C, D, E usw. bis a^. Paix (Ein schön nutz- und ge- 
breuchlich Orgel Tabulatur, Laugingen 1583) hält sich innerhalb der- 
selben Grenzen, schreibt aber die Töne Dis {Es) und Ois, die bei den 
früheren nicht vorkommen. Er rechnet also auf eine volle und nicht 
auf eine kurze Oktave am unteren Ende der Klaviatur. Schmid, d. 
Jung. (Tabulaturbuch, Straßburg, 1607) erweitert den umfang nach oben 
bis c^ (in Nr. 4 u. Nr. 35, zwei Stücke von A. Gabrieli). Ph. E. Bach 
behauptet noch in seinem Versuch (1753 I S. 9), daß der allgemeine 
Umfang des E^lavieres G bis e^ sei. Er richtet aber absichtlich seine 
Probestücke für einen Umfang von vier Oktaven ein, damit sie auch auf 
kleineren Listrumenten gespielt werden können. 

Zum Vergleich mit den deutschen Kompositionen mögen hier auch 
einige Angaben über die praktischen Werke der Franzosen und Italiener 
fplgen. Die Preludes in der Klaviersammlung Attaingnants aus dem 
Jahre 1530 verlangen einen umfang von F bis a\ Die Stücke, welche 
aus Oavazzonis Orgelsammlung von 1542 1) in Neudruck vorliegen, ver- 
langen denselben Umfang. Merulos Eicercari, Lib. I (Ven. 1567) 
verlangen F bis g^. An einer Stelle aber in diesem Werk schreibt Merulo 
Ois vor. Sperindio Bertoldo, ^Toccate, Bieercari <& Canxone Francese 
Intavolate per mrmr dl Organa^ (Ven. 1591) schreibt von F bis a\ Da- 
gegen hat Merulo in den Canxoni d^ Intavolatura dOrgcmo ä 4 fatte 
dHa francese^ Lib. I (Ven. 1592) E bis cK Andrea Gabrieli in den 
Eicercari, Lib. n (Ven. 1595) schreibt von C bis a^. Einmal kommt auch 
hier Ois vor. Das dritte Buch der A. Gabrielischen Ricercaren (1596) 
verlangt C bis cK 

Wir sehen also, allmählich hat sich der Umfang vergrößert, so daß 
gegen Ende des 16. Jahrhunderts die Komponisten sicher auf einen Um- 
fang von vier Oktaven, von Cbis c^, rechneten. Hatten die Klaviaturen 
tinten die kurze Oktave, so erstreckte sich dieser Umfang über 44 Tasten. 
Hatten sie aber eine volle Oktave unten, wie man für das Gis, Fis und 
Es annehmen muß, so beträgt die Gesamtzahl 49 Tasten. 

Der spanisch schreibende Italiener, Cerone, berichtet in seinem 
»Jkfctopeo« 2)y daß die Orgeln, Clavicimbali und Regale seiner Zeit (1613), 

1) Intcm>laiura, doe Becercari, Ccmxonif Himniy MagnificcU composte per Eiero^ 
nimo de Ma/rccmtomo da Bologna detto d'ürbtno. Libro PHmo. Venetia 1542. 

Daraus dreizehn Stücke in Torchis »Arie Musicale in ItcUia^ Yol. III. 

2) Pedro Cerone de Bergamo »El Melopeo y Maestro* Napoles 1613, S. 1041. 
*Adoierta/n d Compositor y el Maestro de capüla, que no hay instrumento que tenga 
m M imas voxes de los ClavicimbcUos ^ Organos, y Begales, quando son hechos con 
efUera trastadura d juego dt Monachordio . . . tuviendo por ordinario cmqteenta trastes.* 

Xinkeldey, Orgel und Klavier. 5 



^ 



— 66 — 

wenn sie den vollen Umfang des Monochords erreichten, 50 Tasten hatten. 
Seine Abbildung der Klaviatur ist aber diejenige Bermudos und Sancta 
Marias, hat also nur 42 Tasten. Er erwähnt noch das Vorhandensein 
der kleineren Instrumente ohne kurze Oktave, wie bei Aron und Lan- 
franco. Er berichtet aber auch von. einer Erweiterung nach det Tiefe 
hin, die darin bestand, daß die Klaviatur am unteren Ende noch zwei 
weiße Tasten mehr hatte, so daß das Instrument 10 eontras, d. h. 10 
Töne unter dem c, hatte, und das Fui omI die vierte weiße Taste kam^). 
Die hinzugefügten Töne wären demnach contra H (oder B?) und contra 
A^). Praetorius in seinem Syntagma (1618) berichtet, daß der Um- 
fang des Clavichords C bis a', c^ oder (P, manchmal sogar p war^). 

Fassen wir alles das zusammen, so ergibt sich folgendes Bild. Die 
spanischen Klaviaturen entwickelten sich früher als die andern zu einem 
größeren Umfang, wenigstens nach der Tiefe hin. Sie reichten schon im 
15. Jahrhundert bis zum C. Die Klaviaturen Italiens, Frankreichs, 
Deutschlands und der Niederlande scheinen noch lange nachher im all- 
gemeinen F als untere Grenze gehabt zu haben. Aber bald nach Anfang 
des 17. Jahrhunderts hatte sich C als tiefster Ton überall eingebürgert, 
so daß die Theoretiker diesen als den normalen Grenzton anführen. Es 
ist wiederum ein Werk in spanischer Sprache (Cerone), daß von einer 
neuen Erweiterung nach der Tiefe die ersten Nachrichten bringt. Gegen 
die Instrumente im Süden waren die deutschen, soweit es den Umfang 
betrifft, im Rückstand. Wahrend sie wohl bis zur Mitte des 16. Jahr- 
hunderts gewöhnlich nicht mehr als 36 bis 38 Tasten, d. i. ungefähr drei 
Oktaven bis drei Oktaven + Terz oder Quarte hatten, hatten die spaniBchen 
Instrumente einen Normalumfang von 42 Tasten. Von den italienischen 



1) a. a. 0. Älgunoa instrumentos ay, que tienen dos teelas blancas de ma8\ y otros 
gue les faUan la primera tecla blanca y las dos primeras teclas negras. Los que tienen 
las dos teclas blancas de masj son de diex, contras ; en los quaXes F ut tiene su assiento 
en la quarta tecla blanca: los que les faUan la primera tecla blanca, y los dos pritne- 
ro» teclas negras, son de cinco contras; y en estos T ut tiene su assiento en la segunda 
teda blanca: mos los que niles faUa ni sobra (que son los communes que agora se ttsan) 
son de ocko contras: y en estos tales, T ut tiene su assiento en la tercera tecla blanca. 

2) Vergleiche hierzu Krebs^ Konjekturen (nach Mersenne) über eine ähnliche 
Erweiterung nach der Tiefe durch die Spaltung der ersten schwarze Taste. »Diru- 
tas Transilvano« Yierteljahrsschrift YIII (1892), S. 361. Über die 6escha£Penheit 
einiger Klaviaturen an alten Instrumenten der Kgl. Instrumentensammlung zu 
Berlin siehe Krebs. »Die besaiteten Tasteninstrumente«. Yierteljahrsschrift YIII 
S. 100—101. 

3) M. Praetorius, * Syntagma musieum. Tom U, de Organographia* Wolfen- 
bftttel 1618. Neuausgabe von Eitner, S. 72. »Daß aber jetzo alle Symphonien 

und Glavichordia unten von c anfangen, und oben meistenteils ins a ^ oder ~d 

(welches dann zum besten) auch wol in y sich endigen, wird wenigen unwissend 
und unbekannt sein«. 



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Orgeln wissen wir, daß die kleineren schon im 15. Jahrhundert 38 Tasten 
hatten y die größeren 47 oder sogar noch mehr haben konnten. Aron 
stellt für das frühere 16. Jahrhundert einen Umfang von vier Oktaven 
als Norm^uf. Diesen Ulmfang erreichten die deutschen Instrumente erst 
gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Im 17. Jahrhundert sind diese Tat- 
sachen in die deutsche Theorie übergegangen. Damals kannte man aber 
schon im Süden Instrumente mit 50 Tasten und noch mehr. 

Dagegen scheint man aber in Deutschland vom Anfang des 16. Jahr- 
hunderts an der Kunst des Pedalspiels mehr Achtung zu schenken als 
in den andern Ländern. Die Erfindung des Pedals wird ja in den Musikr 
geschichten immer einem Venetianer Organisten, einem gewissen Bern- 
hard, dem Deutschen, zugeschrieben, der um 1470 mittels Seilschlingen 
auch das Spielen mit den Füßen möglich gemacht haben soll. Die Quelle 
für diese Behauptung ist der 1506 gestorbene venetianische Historiker 
Marcus Antonius Coccius Sabellicus^)» Wir haben aber gesehen (S. 63), 
daß im Jahre 1480 für eine Luccheser Orgel ein Pedal verlangt wurde, 
und zwar, wie Nerici betont, ^secondo lo modo consueto al modo dytalia* ^). 
Wenn die Kirchenvorsteher schon um diese JZeit ein Pedal >nach itali- 
enischem Gebrauch« vorschreiben können, wird man wohl annehmen 
müssen, daß es eine nicht gar so neue Erfindung war und das Erfindungs- 
jahr um mehrere Dezennien früher setzen. 

Indessen scheint es aber, daß das Pedalspiel doch in Deutschland 
eher zur selbständigen Ausbildung gelangte, als anderswo. Schlick 
(Spiegel. Neuausg. S. 85) spricht davonj, 

»wie dan usswendig deutscher lanndt bissher manualiter zu spiln der brauch 
gewest ist. und doch sich nun pedaliter auch fleissen«. 

Bei Kleber und Buchner werden viele Stücke ausdrücklich > pedaliter« 
bezeichnet. Michael Praetorius schreibt noch 1618 (Syntag 11, Neuausg. 
S. 115) 

»Wiewohl das Pedal in Italia, Engelland und andern Ortem mehr, da 
doch die Orgelkunst itziger Zeit sehr florirt und excellirt, wenig und gar 
selten gebraucht wird«. 

In der Tat findet man auch in den praktischen Denkmälern des 
16. Jahrhunderts in Italien keine Andeutung, daß das Pedal notwendiger- 
weise herangezogen werden müßtet). 



1) Opera oninia Tom II Ennead. X lib. 8, Basel 1660, Spalte 999. Vgl. auch 
Caffi, Storia I, 62 und Ambros Geschichte III (1868), S. 433. 

2) Nerici, Storia, S. 130-131 und 143. 

3) Ein Fall wo man Vorschriften für das Pedal vermuten könnte bietet der 
Anfang des ersten Stückes in Annibale Padovanos *Toccaie et Riceroart (TOrgano^, 

6* 



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Der einzige, mir bekannte italienische Schriftsteller vor dem Ende 
des 16. Jahrhunderts, der von dem Orgelpedal spricht, ist Yincenza 
Galilei in seinem ^Frommo^ (Venedig 1584, S. 106). Fronimo, der den 
Dialog fährt, erzählt von einem Gespräch^ welches er mit seinem Barbier^ 
der auch Lautenspieler war, gehabt hat. Auf Fronimos Frage, warum 
man auf der Laute so viele Saiten unter dem Baß habe, antwortete der 
Barbier^ »Damit man auf der Laute^ wie auf der Orgel, ein Pedal habe«. 
Aus dem weiteren Gespräch geht hervor, daß Galilei nicht viel von dem 
Orgelpedal hielt; und er sucht auch die ^Nutzlosigkeit der vielen Baß- 
saiten auf der Laute zu beweisen ^). Spätet wird das Pedal erwähnt von 
dem Brescianer Orgelbauer, Organist und Komponist üostanzo Anteg- 
nati in seiner Arte Organica (Brescia 1608). Er spricht unter anderem von 
einer Orgel, bei der ein Register geteilt war. Die höheren Töne erklangen 
im Manual, während vom d' abwärts die Pfeifen zum Pedal gehörten >.) 
Dieses war ja auch der Fall in der alten Luccheser Orgel, wo die »con^o- 
bctssi^ für das Pedal bestimmt waren. In den praktischen Denkmälern 
wird das Pedal direkt vorgeschrieben von Frescobaldi in seinem ersten 
Buch Toccaten (1614) in einem Capriccio Pastorale, und im zweiten 
(1627) in der Toccata sesta per VOrgano *sopra i pedali e senxa*. 

Auch die Spanier sind sehr schweigsam über das Pedal. Bermudo 
und Sancta Maria erwähnen es nicht. Aus dem Anfang des 17. Jahr- 
hunderts ist uns eine Nachricht erhalten, die an Virdungs Clavichord 



Venedig 1604. Hier sind unter das System fQr die linke Hand große Buchstaben 
gedruckt die die harmonischen Grundtöne anzeigen. Die Baßstimme selbst ist 
diminuiert. Die Buchstaben könnten auf gehaltene Pedaltöne deuten. Sie fehlen 
jkher in anderen Stücken der Sammlung und sind mir auch sonst nirgends vor- 
gekommen. Musikbeilage S. 301. 

1) Fronimo : . . . ä; €ui dleuni pare imposMüe di potervi (per eosl dire) sonore 
la CHromeUcLj senxa la gitmta di quelle tante corde sotto il basso, db di queUa loro bix- 
xara riforma di tasti, io per me non desidero cUtro, se non che tma fiata tma di quesH 
apirüi fantastiehej mi dimostri la necessitä che gVha indoUi ad investigiare Ud cosa 
tanto dal vero discosta ma credo che non mi darebbono aUra risposta^ di queüa che 
mi dette gia tma voUa il mio Barbiere^ che sitona anch* egli di LitUo, con quelle ta/nte 
corde eoüo il bassOy a guisa di queUi volenti huamini. Eumaiio : Dite per fede vostra 
queüo rispose, Fr,\ Mi diese essersi ritrovate, per havere neW LitUo come neW organo, 
il pedale, Mi,: Ha, ha, ha. Fr,: Miseri loro, che se sapessero queüo che nd organo 
sia reputato il pedale da gVhuomini di qualche valore, si muterebbono di parere si- 
eurameute, db sarebbono appunto da quelli come il pedale da questi, abhorriro [sie] 
{& disprexxaiOj senxa fare tutto il giomo tanto schiamexaco quanto li fanno. Vedete di 
gratia quäl sda Vacquisto hro, ei non ne cavano aUro fvjor deW ordinario, che il 
potere quando a loro pia^ce, tocchare Vottava del tenore awoto, db cosi queUa dd bordone, 
db rinehtse fra queste: le quali ottave ancora, Bio sa quanto db come le si odono. 

2) Fol. A 7 »Principale spexxato, cioe diviso in due parti, quäl si stwna cominciando 
nei soprani, venendo in giü verso i bassi sino al De sol re secondo, che li, cominieano 
ä suonarsi li bassi con ü pedale e non con la tastadura come fanno li sudetti soprani<. 



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mit Pedalen erinnert. |In einem Inventarium des Königs Philipp ü, ans 
dem Jahre 1602 lesen wir von einem großen Clavichord nnd Claviorgano, 
welches mit Händen und FüBen gespielt wurde*). 

Über die weitere Beschaffenheit der Tastinstrumente lernen wir aus 
den Schriftstellern des 16. Jahrhunderts herzlich wenig. Schlick scheint 
der einzige zu sein, der sich mit dem Bau und der Einrichtung der Orgel 
irgendwie eingehend beschäftigt 2). Über das Clavichord lernen wir von 
Virdung (Mus. get. Fol. F.), daß das Instrument, wie er es kennt, drei 
Saiten zu einem Chor hatte und manchmal einige Saiten, die nicht an- 
geschlagen worden, sondern blos sympathisch mitschwingen sollten. Die 
Saiten waren aus Messing und aus Stahl. Meistens gehörten zu einem 
Chor drei Tasten. Sancta Maria (S. 54), Zarlino (S. 59, Anm. 2), 
Gerone^) nennen es als nur doppelt bezogen. Sancta Marias Monochord 
hatte meistenteils drei Tasten auf jeden Chor. An einigen Stellen aber 
kamen vier Tasten auf einen Chor und vom d abwärts hatte jede Taste 
ihren eigenen Chor von zwei Saiten (S. 65). In demselben Kapitel, 
wo Sancta Maria dieses erklärt, (es ist das Kapitel über das Stimmen, 
welches später ausführlicher besprochen werden soll), erwähnt er auch, 
daß die Orgel manchmal 16 Pfeifen zu einer Taste hatte. "Wir sahen, 
(S. 63) im 15. Jahrhundert wurden in einem Fall sechs Pfeifen für die 
Mittellage verlangt, 11 für die hohen Töne. 

Aus den angeführten Stellen ergibt sich, daß während des ganzen 
16. Jahrhunderts die besaiteten Tastinstrumente überall bekannt waren 
und viel gebraucht wurden, besonders das Monochord oder Clavichord. 
Virdung (Mus. get. Fol. E^.) und Hemando Cabezon*) nennen es 
speziell als Vorstufe zur Orgel. Aber nicht nur für Organisten kamen 
die Klaviere in Betracht. Wir werden sehen welche Eolle sie in dem 
Leben des gebildeten Hofmannes spielten, und welchen großen Anteil 
sie als Haus- oder Orchesterinstrumente an der allgemeinen Musikübung 



1) Ans den Archiven des PcUacio real zu Madrid. Wiedergegeben in Y an der 
Straetens Musique aux P.-B. VIII Bruxelles 1888, S. 312fF. und 319. »U>* davi- 
cordio y daviorgcmo grcmde^ todo jtmto con mtichas differendas de rnuaica^ y se iahe 
con mcmos y pies, que preserUo a Su Mag^ el Sr. don Ju^ de Auatria Nr. 56, Taaado 
m den dueados. 

2) Frühere Traktate über die Mensur der Orgelpfeiffen siehe Buhle, »Die 
Musikinstrumente«, S. 59, 63, 65, 66. 

3) Melopeo, Lib. XXI, Oap. 12, S. 1048. Das Kapitel ist zum großen Teil wört- 
lich von Sancta Maria abgeschrieben. 

4) In der Vorrede zu seiner Ausgabe seines Vaters Klavierstücke (1578) fol. 
6v. Er erwähnt hier das clavicordio neben dem monacordio. Hipkins [*Dea' 
cription db History*) behauptet, daß der Name Monochord sich in Spanien auf 
das einfache Clavichord zu beschränken scheint, während der Name Clavichord in 
Spanien für das Arpichord, die einfachste Form des Kielflügels, gebraucht wurde. 



— 70 — 

Iiatten. Abgesehen von ihrem eigenen Daseinszweck kommen sie noch 
in andern Eigenschaften in Betracht. Von den Sängern z. B. wurde ver- 
langt, daß sie damit Bescheid wußten oder wenigstens mit Begleitung 
der Instrumente geübt hätten. Nicola Vicentino behauptet (1555), daß 
das häufige Üben mit den Instrumenten dem Sänger sehr nützlich sei 
und daß wenige Sänger sich gut an andere anpassen könnten, die nicht 
erst mehr auf Tasteninstrumenten als auf Windinstrumenten ^) geübt hätten. 
Auch Zarlino sagt, daß zu den Kenntnissen, die jeder haben müsse, 
der zu einer gewissen Vollkommenheit in der Musik gelangen will, unter 
anderem gehöre, daß er, wenn auch nicht perfekt, so doch wenigstens 
mittelmäßig,, das Monochord oder Arpichord spielen kann und zwar 
darum, weil es weniger schwankend sei und vollkommener in den Ak- 
korden als irgend ein andres Instrument. Damit kann der Sänger auch 
die Intervalle prüfen. Das setzt voraus, daß er ein solches Instrument 
stimmen kann und ein gutes Gehör hat 2). Cerone verlangt eine ein- 
gehende Kenntnis der Klaviatur des Monochords für einen guten Kapell- 
meister^). 

3. Kapitel 

Die Stimmimg. 

Der eben erwähnte Ausspruch Zarlinos, daß ein guter Musiker auch 
imstande sein sollte, ein Monochord oder ein Arpichord zu stimmen, be- 
zeugt schon, daß diese Fähigkeit zu seiner Zeit nicht vernachlässigt wurde. 
Es gibt auch einige verhältnismäßig praktische Methoden, die uns die 
Schriftsteller des 16. Jahrhunderts überliefern. Über frühere Jahrhunderte 
wissen wir in dieser Beziehung bis jetzt sehr wenig, obwohl es doch, für 
die Orgeln wenigstens, irgend ein System des praktischen Stimmens ge- 



1) N. Vicentino, »Uantica musica ridotta alla modema praitiea^j Venedig 1565, 
Lib. I, Cap. 19, fol. 19. *, . . dl Ccmiante sarä molto tUüe ü ccmtare spesse volte con 
i stormerUi, et (secondo la mta mente) pocht Cantanti accorderanno bene insieme con 
gli cUtri, se prima non prcUicheranno i stormenti da tasti piü che quellt da fiaio, 
perche sono dubbiosi per cagione del fiato che e molto mobile.* 

2) Istitviioni harmoniche^ Venedig 1558, S. 425. (In einer anderen Ausgabe aus 
demselben Jabre S. 344). Debbe anco, se non perfecta/mentej almeno mediocremertte 
saper sonare di Monochordo, o Arpichordo; S questo perche e il piu stabile <& il piu 
perfetto ne gli accordi di ogrC aXtro istrumento; aecioche possa da quello, haver cogni- 
tione de gli Intervalli sonori consonanti S dissonanti; S possa ridurre alle volte in 
atto (S) far prova di quelle cose, che ogni giomo vä ritrovando di nuovo; per sapere 
investigare con la prova in mano le passioni de i Numeri sonori. Ma questa presup- 
pone, che sappia accordare perfettamente cotale istrumento; <& che habbia perfetto VUdito. 

3) Melopeo, S. 927. Es impossible que imo sea perfeto y consumado Maestro de 
capüla^ sin tenerprimero complcda noticia y derta intelligenda del juego del Monachordia. 




— 71 — 

geben haben muß. Die älteren Schriften wie sie Rimbault, Schu- 
biger und Buhle mitteilen, belehren uns fast garnicht darüber. 

Mit der Stimmung des Clavichords hatte es eine etwas andre Be- 
wandtnis als mit der Orgel und den übrigen Tastenintrumenten. Wie 
Virdung (Fol. E2) schon betont, war die Stimmung dieses Instruments 
wenigstens in der ältesten Form, in der die Saiten alle dieselbe Länge 
hatten und auf denselben Ton gestimmt waren, Sache des Instrumenten-» 
machers. Er mußte die Tastenhebel so einrichten, daß die Tangenten 
die Saiten an den theoretisch richtigen Stellen anschlugen, was ja nach 
Messungen mit dem theoretischen Monochord ganz leicht war. Wurde, 
das Instrument verstimmt, so brauchte man einfach alle Saiten wieder, 
in Einklang zu bringen und die Stimmung war wieder hergestellt. Diese; 
Form mit gleichlangen Saiten hat auch das Instrument in Virdungs Ab- 
bildung und Beschreibung*). Wir wissen aber aus den erhaltenen Exem- 
plaren des Instrumentes, daß im späteren 16. Jahrhundert diese ältere 
Form nicht mehr gebräuchlich war. Man hatte verschiedene Saitenlängen, 
wie in unserm heutigen Klavier, die kürzeren für die höheren Töne. 

Schon zu Bamis de Pareias Zeiten (1482), kannte man diese ver- 
änderte Form. Eamis unterscheidet zwar Instrumente mit Saiten ver- 
schiedener Länge und Dicke {dthara et ltp*a, polychordum, clavichordum, 
psalteriufn et alia plura instrumenta) von dem Monochord mit Saiten 
gleicher Länge und Dicke, die auch gleich gespannt waren 2). Er be- 
hauptet aber unmittelbar darauf, daß die Monochorde seiner Zeit nicht 
dergestalt waren, sondern daß sie Saiten sehr verschiedener Dicke und 
Spannung hatten. War da einmal die durch häufigen Gebrauch immer 
im Gedächtnis gegenwärtige Stimmung in Vergessenheit geraten, so 
konnte man das Instrument wieder stimmen, indem man auf das theoretische 
Monochord zurückgriff und die Töne danach einstimmte. Eamis kennt 
aber auch eine ganz besondere Art dieses Instrumentes, bei der diesem 
Ubelstande dadurch abgeholfen wurde, daß das Instrument in der höheren 
Lage eine Oktave hatte, deren sechs Saiten von derselben Dicke waren 
und die in der alten Weise eingerichtet waren. Daher waren sie leicht 
zu stimmen, und die andern Töne des Instruments wurden danach ein- 
fach in Oktaven eingestimmt 3). 

1) Ebenso sieht das Instrument aus in einer Abbildung bei 0. Bie. »Das 
Klavier und seine Meister«, angeblich nach einer Weimarer Handschrift aus 
dem Jahr 1450. 

2) Musica practica^ Cap. VI. Diversorum matrtmientorum brevis notitia^ Neuaus- 
gabe S. 15. »Eienim chordae monochordi, quae ejicsdem sunt grossüiei, longitudinis 
fi extensionts, si in eadem distantia fueri/nt percusse, eundem necessario sonum emit^ 
urUj quemadmodum monoekorda reperimtcs antiqua. 

3) a. a. O., S. 16. Sunt tarnen aliqua ex novis monachordo unam habentia dia* 
pason ad partem acutiorem isto modo divisam; quoniam sex saltem chordae ülo modo 



i 



— 72 — 

Im 16. Jahrhundert aber fängt man an dem wichtigen Funkt der 
Stimmung mehr Beachtung zu schenken^). Und zwar stößt man gleich 
auf die Schwierigkeit der Temperierung. Es ist anzunehmen, daß sehr 
bald nach der Einführung der Tasteninstrumente in die allgemeine Musik- 
praxis die Notwendigkeit einer Temperierung zwecks ausgedehnterem Ge- 
brauches sich bemerkbar machte, wenn man sie nicht schon früher auf 
die andern Instrumente angewandt hatte. Ich kenne keine Schrift vor 
dem 16. Jahrhundert, die diesen Punkt ausführlich, soweit es die prak- 
tische Anwendung auf die Tasteninstrumente betrifft, behandelt, obwohl 
GafuriusJJin den Kontrapunkt-Regeln seiner T^Practica Mtisica* (1496) 
schon darauf hindeutet, daß sich die Organisten einer temperierten Quinte 
bedienten. Die meisten Stimmregeln des 16. Jahrhunderts deuten auch 
nur auf die Bestrebung hin, eine gewisse brauchbare Temperatur (von 
den englischen Akustikem mean tone temperament^) — mitteltönige 
Temperatur — genannt), herzustellen. Bekanntlich wurde die gleich- 
schwebende Temperatur erst am Ende des 17. Jahrhunderts durch die 
Schriften Werckmeisters und Neithards allgemein verbreitet. Für 
die Lauteninstrumente war sie den Alten aber längst bekannt; denn die 
Laute und die ihr verwandten Instrumente werden in dieser Beziehung 
immer streng von den Klavierinstrumenten unterschieden 3). 

Wie schon bemerkt, geben die Stimmregeln des 16. Jahrhunderts^ die 
für den praktischen Musiker bestimmt waren und die ja auch meisten- 
teils von akustisch-theoretisch weniger gebildeten Schriftstellern herrühren, 
keine genauen Angaben irgend eine theoretisch begründete Temperatur 

sunt temperatae et ejusdem sunt grossüi&i, et timc acumen aut gravitat&m parva vel 
magna ekordarum intercapedo ionorum atü aliarum apecierum seeundum eommen- 
surationemproportionis efficit. Sed qtuie ita stmt facta, facülime temperantur, qwmiam 
tmieuique sono ejusdem diapa>son sua octata faetüime coneordoitur. 

1) Eine eingehende Behandlung dieser Frage, die auch mehrere historische 
Angaben bringt, findet man in Shoh^ Tanakas »Studien im Gebiete der reinen 
Stimmung« Vierteljahrsschrift für Musikwissenschaft VI (1890), S. 1—90. Zur Ge- 
schichte des Stimmens hat auch schon Weitzmann »Geschichte des Clayiers< 
2. Aufl. Berlin s. a. [1879] »Die Saitenstimmung der Claviere«, S. 238 ff. etwas 
beigetragen. 

2) Wahrscheinlich nach dem terminus technicus der italienischen Theoretiker 
»mexxo iuono partieipato*, 

3) Vgl. Salin as, »Libri Septem de Musica* Salamanticae 1592 (Erste Ausgabe 
war 1677), S. 167. *Imperfectio verd pluribus modis potest constrmgere, sed duobus 
iantum in m^usicis instrumentis mveniiur: altero, in Organis, aique id gemts instru- 
mentis, per distribtäionem OomnuUis, db tonorum aequalitatem, altero, qui reperüur in 
Igris, aique in eo genere cgtherarum, quae vtdgo Violae dietmtur, quarum ekordae 
digitis, atU pectine pidsa/nttdr; in quibus non solum tonos esse aeqtuxies neeesse est, sed 
etiam aemitonia*. Vgl. femer Galilei, »Fronimo^, 2. Aufl. Venedig 1584, S. 103 
>ma venghiamo a qualch* essempio particolare, per mostrare a gpielli che vogliono nel 
LizUo i Semitoni disugtudi, Verrore lorot. Galilei, »Discorso intomo alle opere di 




— 73 — 

zu erlangen. Die wissenschaftliche Ausarbeitung eines solchen Systems 
blieb den scharfsinnigen spekulativen Theoretikern wie Pogliano, Zar- 
lino und Salinas überlassen^). 

Der erste, der nähere Angaben über die Stimmungsmethode macht, 
ist Arnold Schlick im 8. Kapitel seines »Spiegels«. Es ist wohl an- 
zunehmen, daß Schlick seine Begeln rein empirisch gefunden hat. Doch 
zeigt Tanaka^}, daß seine Resultate ziemlich genau mit den ausge- 
rechneten Systemen für die mittteltönige Temperatur der späteren Theo- 
retiker übereinstimmen. Schlick weist erst darauf hin, daß, wenn eine 
Quinte c—g rein gestimmt wird und der dazwischenliegende Ton e als 
gute kleine Terz zu g gestimmt wird, dieser Ton e nicht eine gute große 
Terz zum c gibt. Auch andere Beispiele werden angeführt, die die Not- 
wendigkeit einer Temperatur beweisen. Diese zu bewirken, fängt nun 
SchHck auf dem f im Manual an und stimmt dazu die Quinte f—c'\ 

»die mach darzu nitt hoch genug, oder gantz gerade in. sonder etwas in 
die niedere schweben, so vyl das gehör leyden mag, doch das sollichs so 
man gemelt quint bruch nit leichtlich gemerckt werd. sonder so die claves 
oder chor gedachter quinten gerürt und ein weill still gehalten werden das 
mann hören mag wie es etwas unstet laut mit schlucken, sich sperr und 
l)as8 oder meer in einander beger«. 

Nach diesem c' ist in derselben Weise das g' zu stimmen. Danach wird 
das d^ gestimmt. Damit die Pfeifen nicht zu klein werden, wird d* 
eine reine Oktave unter d^ gestimmt. Dann folgt die Quinte darüber, a', 
wie vorher temperiert; und dann noch die Quinte a — e^. Darauf die 
Oktave herunter nach e', rein. Dann wieder eine temperierte Quinte 
e'—h'. Folgende Tabelle wird die Intervalle in musikalischer Notation 
veranschaulichen. Der schon gestimmte Ton wird mit einer leeren Note <^ 
bezeichnet, der neue Ton mit einer vollen #. Die durch Verminderung 
temperierten Intervalle sind mit einem Minuszeichen (—jangedeutet 3). 



I 



■^- 



i 



-^- 



32: 



^. 



-ö>- 



"Ö^ 



Biemach werden die Terzverhältnisse näher betrachtet. 



M.e98er Qioseffo Zarlino^ 1589, zitiert von Tanaka a. a. 0., S. 76. Gio. Maria Artusi 
*VArtusi overo deüe imperfettioni deüa modema musica* foU. 11, 26 — 27. 

1) Zur akustischen Erklärung der Systeme Foglianos, Zarlinos und Salinas^ 
und ihre Übertragung in die moderne akustische Terminologie, verweise ich auf 
A. J. Ellis, *The History ofMustecU Pitöh*^ Journal of the Society of Arts, London 
1880—81. Auch auszugsweise als Anhang zur dritten Auflage seiner Übersetzung 
von Helmholtzs, »Lehre von den Tonempfindungen« besonders App. XX, 3, S. 546. 

2) a. a. 0., S. 62 — 64. Eine genaue akustische Auseinandersetzung des Schlick- 
fichen Systems. 

3) Schlick hat keine solche Tabelle. Ich habe sie aber zum Vergleich mit 
einigen späteren Schriftstellern, die wirklich solche Tabellen geben, eingeftigt. 



— 74 — 

»Wiewol die tertzen perfectum nitt gut, sonder aU zu hoch werden, 
ist doch not und acht zu hahen die drey tertzen c faut, elami [c — e] f faut, 
alamire [f — a] g sokeut, und b dur [g — h] besser zu machen so vil sie yr 
quinten halb unter sich leyden weUen dann die andern. TJrsach sie werden 
gar ofiPb und meer gebrucht denn die andern«. 

Dann werden die schwarzen Tasten folgendermaßen eingestimmt. Zu- 
erst wird das b als Unterquint zu dem f gestimmt, aber etwas hoch, daß 
es wieder eine temperierte Quinte, wie vorher, gibt. Dann eine ähnliche 
Quinte herunter, von b nach es. Dann eine reine Oktave es — es'. Da- 
nach eine Quinte herunter es' — as (gis)] diesmal aber nicht durch Ver- 
minderung temperiert, sondern vergrößert, um ein besseres Verhältnis 
zwischen e — gis und gis — h zu bewirken. Dieses gis gibt keinen guten 
Leitton zu dem a für die a-Ellausel. Schlick schenkt diesem Tone be- 
sondere Beachtung. Er will die Häßlichkeit der a-Klausel durch eine 
Verzierung verdeckt wissen. Bei dem Tone es entstanden auf den alten 
Instrumenten dieselbe Schwierigkeit wegen der e-Klausel. . Aber wegen 
seinem Verhältnis zu dem wichtigen Ton b mußte die Bücksicht auf diese 
Schwierigkeit in den Hintergrund treten. Wir sahen schon (S. 63) in 
der einen Luccheser Orgel wurde die Schwierigkeit umgangen, indem man 
die es- und ^-Tasten spaltete. Wo das nicht der Fall war, mußte man 
einfach die gefährlichen Töne vermeiden oder sie mit Verzierungen über- 
decken. Wie gesagt, an dem es wurde nie gerüttelt. Bermudo (S. 18 
und 19) schlägt das darüber hinwegtäuschen für die e-Klausel vor. Über 
das as oder gis hat man sich aber öfters gestritten. Es scheint, daß man 
früher mehr zum as neigte. Wir sehen eben, daß Schlick den Ton nicht 
als gutes gis betrachtet. Viel entschiedener stellt Eamis de Pareia den 
Ton als as hin. Er tadelt diejenigen, die das gis als gute Quinte zum 
eis haben wollen, weil diese Quinte nutzlos ist. Sie wurde selten, eigent- 

lieh garnicht, gebraucht. Eine Stimmenführung ^^ ^ durch die die 

Kontrapunktregel, daß der Übergang zur Oktave immer durch die große 

Sexte gemacht werden muß, exemplifiziert werden soll, will er in j ^ 

umwandeln *). Später scheinen sich die Anschauungen hierüber geändert 

zu haben. Man hat sich geeinigt für gis. So behandeln es Bermudo 
und Sancta Maria und alle Theoretiker, die hier angeführt werden 
sollen. Bei diesen ist mehrfach die Eede von der Schwierigkeit, eine kleine 
Terz f—a^ zu spielen. Die Kadenz a — gis — a macht keine Schwierigkeit. 



1) Mus. pract. Neuausgabe, S. 101. ySed notandum est et valde notcmdum de üla 
Chorda inter h [a] et g coUocata, Quidam enim practicorum mimis bene praevidentes 
ita iUam dispontmt, ut cum h [a] sit bontmi semitonivm^ cum g vero mcUum. Et sie 






— 75 — 

Kehren wir zu Schlick zurück. Nach dem cls wird vom h aus die 
Oberquinte fis' »schwach in die nidere schwebend« gestimmt. Darauf 
die Quinte fis' — eis'. Die Tabelle wäre also folgendermaßen zu vervoll- 
ständigen. Die Vergrößerung bei es' — as ist durch ein + angedeutet. 



a: 



22: 



b » i|?g> 



^=> 



^" 



^(p 



m 



^P 



Nach Schlick haben wir eine kurze Stimmungsmethode von Pietro 
Aron. Sie befindet sich in seinem ToscaneUo (Yen. 1523) Lib. 11 Cap. 41 *). 
Aron bemerkt, daß er sie dem Werke für den Spieler beigefügt habe, 
weil es viele Spieler gäbe, die wenig oder gar keinen Verstand für das 
Stimmen hätten und noch weniger Erfahrung ^j. Arons Methode unter- 
scheidet sich von Schlicks hauptsächlich darin, daß er das e nicht als 
Quinte von a, sondern als Terz von c stimmt. Diese Terz kehrt öfters 
wieder bei andern italienischen und spanischen Schriftstellern. Auch die 
Töne ds und fis werden bei Aron als Terzen zwischen den Quinten a—e, 
beziehungsweise d — a gestimmt. Bei der Stimmung des Tones a, welcher 
als Quinte von d gestimmjt wird, bemerkt Aron, daß das a, wie bei andern 
Quinten, eine temperierte Quinte von d, aber zugleich eine ähnliche Unter- 
quinte zu e sein soll. Folgende Tabelle wird Arons Methode veran- 
schaulichen. Er gruppiert die Töne in drei ^ordinu. 

Primo ordine. 



i 



ISL 



W 



1b) 



1c) 



-o^ 



Secondo ordine. 



Terzo ordine. 



i 



is: 



iffi: 



J' 



isi 



^ 



-(»- 



-&- 



jfi- 



221 



^ 



(a) T^con qtcdla intonatione che a 4e piacera^. 

(b) ^ sonor a o^ gitcsta^ cioe unita al suo possibüe<^, 

(c) »un poco scarsa<f. 



diaperUe cum prima h quadro [eis] illam faciunt resonare^ quae diapente inutilis est, 
quoniam raro fit et, ut verius loqitar, numquam fi^ri debet. Verum si quis dicat: ad 
hoe ponitur, ut, cum tenor descendit ad a per b [k], discantus habeat seoUam maiorem 
in iUa tendens ad diapason h [a]. respondemus, quod nunc in tenor e debet fi^ri variatia, 
hoc est descendere per primam \^ mollis conjunctam [b] quae sexta maior est ad g. Et 
sie fiet tra/nsitus non solum ita bonusy verum melior dulcior atque suavior:* 

1) Ich entnehme meine Angaben der 4. (?) Auflage, Venedig 1539. 

2) >. . . brevemente espedisca quanto sia necessario al sonatori d'intomo la parti- 
otpationCf S u/nione de li voci, perche molti si trovano che con niuna o pochissima 
ragione, db minor pratica a tale essercitio siano atti<. 



— 76 - 

Der zweifelhafte Ton gis oder ds wird von Aron nicht erwähnt, ge- 
hört aber wohl zur dritten Gruppe. 

Neben Aron gibt uns auch Griovanni Maria Lanfranco eine Stim- 
mungsmethode in seinen >8cmiiUe di Mtisica* i). Hier schreibt er erst 
13 Regeln für das Stimmen der Tasteninstrumente. Der Inhalt der 
Kegeln ist folgender: 

1. Fundament oder Anfangston ist Ff. [Lanfrancos tiefster Ton]. 

2. Es wird in Oktaven, Quinten, Quarten und Terzen gestimmt. 

3. Die Oktave soll rein sein, so daß beide Töne wie einer erklingen. 

4. Die Quinte wird temperiert, entweder durch Erniedrigung des höheren 
oder Erhöhimg des tieferen Tones. 

5. Die Quarte wird umgekehrt temperiert durch Erhöhung des höheren 
oder Erniedrigung des tieferen Tones. 

6. Bei der großen Terz wird der höhere Ton erhöht oder der tiefere 
erniedrigt, so viel es das Gehör erlaubt. Die kleine Terz wird im ent- 
gegengesetztem Sinne temperiert. Die großen Terzen kommen in der 
natürlichen Tonreihe auf ut — mi und fa — la vor, die kleinen auf re — fa 
und mi — soL Beide kommen aber auch auf andern Silben {accidenial' 
mente) vor. 

7. In zwei Eeihen wird gestimmt, eine Reihe des iiquadro, die andre 
des b moUe. Jede von beiden bewegt sich über weiße und schwarze Tasten, 
obwohl die weißen von Natur aus der Reihe des ^{qiuidrö angehören. 

8. Die i{quadro Reihe schreitet nie über die schwarzen Tasten b oder 
es, weil die erste das eigentliche bmoüe ist und die zweite ihre direkte 
Nachfolgerin, die mit der ersten konsoniert. 

9. Die schwarzen Tasten fis, gis, ds dienen der )Siquadro Reihe, obwohl 
die meisten von ihnen auch gemeinsam mit der bmoüe Reihe sind, wenn 
nicht beim Stimmen, so doch wenigstens beim Spielen. 

10. Die b moüe Reihe schreitet nie über die weiße Taste h, noch über 
die schwarze gis. Sie gebraucht aber fortwährend beim Spielen die 
schwarze Taste fis (ges) und eis (des). 

[Die 11« Regel ist ausgeblieben, oder die Numerierung ist falsch.] 

12. Wenn man ^e ^qiuidro Reihe stimmt, muß die Quinte oben (weil 
man beinahe immer den oberen Ton zu dem tieferen einstimmt) etwas 
abgestumpft (spuntata) werden. Bei der b motte Reihe wird die Quinte 
unten abgestumpft, weil diese Reihe umgekehrt gestimmt wird. 

13. Die erste Taste der Monochorde, Arpichorde und Orgeln ist 
meistenteils das tiefe F. 



1) Brescia 1533. Parte Quarta, S. 132. Del modo di accordar gli istrumenti: db 
prima di alctme Begole. 



— 77 — 

Auf die Kegeln folgen nun genauere Anweisungen. Sie erstrecken 
sich auf die Töne F bis ä* und werden von Lanfranco durch Buchstaben- 
Schemata veranschaulicht. Diese Schemata werden immer von neuem 
nach jeden vier oder fünf Tönen eingeschoben, mit den eben erklärten 
Erweiterungen, so daß am Ende des Kapitels sämtliche Töne auf dem 
Schema verzeichnet sind. Lanfranco fängt wie Schlick bei J^ an, nicht 
bei C wie Aron, und stimmt immer gleich zu jedem Ton seine Oktave. 
Die dazwischenliegende Quinte, welche in den meisten Fällen auf die 
Oktave folgt, wird nicht nur als Quinte zum tieferem Ton der Oktaven, 
Bondem auch als Quarte zum höheren Ton betrachtet. Nachdem mehrere 
Töne gestimmt worden sind, werden die folgenden auch mit ihren Terzen 
geprüft, wie aus folgender Tabelle hervorgeht: 



£ 



-^- 



■■^- 



iffi: 



-Ä»- 



+ - 



IE: 



4-i^ 



E-^- 



I 



-Ä- 



-OL 



- + 



-^- 



3 



-JSl 



^ 



» fl* ' 



»g ItJr, 






isrz:. — ^ 



ISL 







(a) La qaal Ottava manca deUa stui Quinta, Per la quäl cosa Vordine 
di ^ quadro e fomito: <& per la maggior parte de i tasti accordati: cosi bian- 
ehi: come neri: col b molle accommodati vanno. 



W- t^g— : 




(b) In den anderen Fällen wird das gleichzeitige anschlagen der drei 
Töne des Dreiklangs nicht direkt vorgeschrieben obwohl man es nach diesem 
Fall vielleicht annehmen könnte. Hier wird es, wie es scheint, direkt ge- 
fordert. *hora tastandole ean d lasolre: <Sb col detto f-faut: & quando oon g 
solreut primo: ö& d lasolre^. 

Alle übrigen Töne auf dem Instrument werden in Oktaven einge- 
stimmt. 

Es ergibt sich hieraus, daB Lanfranco im Gegensatz zu den meisten 
seiner Zeitgenossen eine Temperatur zu erreichen suchte, die der gleich- 
schwebenden viel näher steht als die andern. Die Vergrößerung der 
großen Terz, die Verkleinerung der kleinen, die Gleichbedeutung der 



— 78 — 

Töne eis und des^ fis und ges sind wesentliche Abweichungen Ton seinen 
Zeitgenossen. 

Von unsem Spaniern berührt Bermudo die Frage des Stimmens 
überhaupt nicht. Saiicta Maria dagegen gibt eine Anweisung (S. 54 — 55) 
zum Stimmen des Monochords, die, wie so manche andre seiner Erörte- 
rungen, zeigt, wie er dem Unerfahrenen die Sache klar machen will. 
Theoretische Begründungen läßt er ganz und gar weg, gibt aber dafür 
Winke, wie man sich über die praktischen Schwierigkeiten, wie z. B., 
das Einstimmen der Saiten eines Chores, hinwegzuhelfen hat. Als Liter* 
valle, die beim Stimmen gebraucht werden, nennt Sancta Maria Terzen^ 
Quinten und Oktaven. Er betont die Tatsache, daß die Terzen seltener 
vorkommen, und daß es immer große Terzen sein müssen. Quinten werden 
etwas kleiner gemacht, nach dem schon erwähnten Spruch *Es, no es«. 
Aber in dem Maße, wie die Erörterungen der technischen Schwierigkeiten 
willkommen sind, läßt die Tabelle Sancta Marias an Klarheit zu wünschen 
übrig (vgl S. 55). 

Die Systeme von Zarlino (Istitutümiy Parte 11, Cap. 41 — 45) und 
Franciscus Salinas (De Musica libri 5epfew^ Lib III, Cap. 15— 32)i) mit 
ihren mathematischen Teilungen des Kommas in drei oder 7 Teile, konnten 
dem damaligen Praktiker wenig nützen. Und die Praktiker fahren ruhig 
fort, ihre rein empirischen Regeln immer wieder anzugeben. So haben 
wir aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Deutschland die 
Kegeln des Elias Nicolaus Ammerbach in seiner »Orgel oder Instru- 
ment Tabulatur« (Leipzig 1571)2). yon der Temperatur sagt Ammerbach 
nichts. Ich lasse hier in Tabellenform seine Begeln folgen: , 





^^ 









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C\* m 


^^ 












^^ ^ 




•1. • 


^^ 


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_ ^ _ 



















Eine gute Oktav. 



iiii. _-M-^i-h"^ i I I I 



(Dann alle diatoni- 
schen Oktaven) 



nt mi re fa ut ini ut mi re fa (DannOktaven) 



Sehr interessant, weil sie von einem wirkKch erfahrenen und berühmten 
praktischen Orgelbauer, der zugleich Organist und Komponist war, her- 
rührt, ist die Methode des Costanzo Antegnati.. Antegnati stammte 
aus einer Brescianer Familie, die sich durch mehr als ein Jahrhundert 



1] Siehe Ellis und Tanaka a. a. 0. 

2) Vgl. auch C. F. Becker, »Hausmusik in Deutschlandc Leipzig 1840, S. 20ff. 
und G. F. Weitzmann, »Geschichte des Glavierspiels«, S. 243. 



— 79 — 

mit dem Orgel- und Klavierbau beschäftigte^). Er gibt ein Verzeichnis 
von nicht weniger als 151 Orgeln , die in der Zeit, während er an der 
Spitze des Hauses stand, erbaut oder vergrößert worden sind. Seine 
Methode erklärt er ausführlich in seinem Werk ^LÄrte Organica€ (Fol. A6) 
unter dem Titel ^Regola deW accordar gli Organi, che serve anco per ac-- 
cordar i CavacembcUi [sie] Arpicordi, Manacordi & simili di tasiaduy^^. 
Er erwähnt wieder die Oktave, Quinte und groBe Terz als die Intervalle 
die man beim Stimmen gebraucht, fügt aber die Quarte als Früfungs- 
intervall hinzu, {perprova si puö anco tastare le Qiiarte). Oktaven werden 
so gestimmt, daß die zwei Töne wie einer erscheinen. Quinten werden 
etwas kleiner (scarse) gemacht, aber so daß es kaum merkbar ist. Große 
Terzen werden so rein wie möglich gestimmt. Seine Intervallenreihe ist 
folgende: 



I 



■^- 



-^- 



-^- 



-ts>- 



22: 



iffi: 



^ 



w 



-^- 



~&- 



-Ä»- 



(a) 



-ö>- 



^ 



TR 



(b) 



^=^ 



PiST 



l 



n 



^ 



Die übrigen Töne in Oktaven. 



(a) Dieser Ton ist schon als Terz von f gestimmt worden und soll nun 
von Rechts wegen als Quinte von d stimmen. 

(b) Ist schon als Terz von g gestimmt worden. 

Diese Methode ist wieder ganz verschieden von den andern, die ange- 
führt worden sind. Bei ihr tritt der Dreiklangsbegriff besonders hervor. 
Ähnliches sahen wir schon bei Lanfranco, aber hier werden die Drei- 
klangstöne systematisch durchgeführt. 

Noch einen Schriftsteller möchte ich zum Schluß anführen. Cerone 
schreibt in seinem Mdopeo^) sehr viel über die ^Partidpacion*, Sein 
bedeutendster Gewährsmann in theoretischen Sachen ist Zarlino, von 
dem er die Teilung des Kommas in sieben Teile und die Zarlinosche 
Temperatur getreu nachschreibt, mit gewissenhafter Quellenangabe. Für 
die Praktiker will er aber auch Anweisungen geben. Da verfährt er 
erstens so, daß er einfach lange Sätze aus San cta Marias Kapitel über 

1} Vergleiche Antegnatis eigene Angaben in seinem Werke T^VArie orgcmica 
di Gosianxo Antegnati, Orgcmista del Duomo dt Breseia. DicUogo tra Padre <S) Ftglioj 
ä cui per via d^Äwertimenti insegna ü vero modo di sanar, db registrar VOrgcmo; con 
l'indice de gli Organi fdbricati in casa loro. Opera XVI täile e neeessaria a gli Or- 
ganis(i€. In Breseia, Presse Francesco Tebaldino 1608. Ferner Lanfranco, 
ßeifUiUe, S. 143. 

2] Melopeo Lib. XXI, Gap. 8, S. 1044. 



80 — 



das Stimmen fast wortgetreu abschreibt, aber ohne Quellenangabe. Er 
erwälint dabei Lanfranco und seinen Vorschlag, auf F anzufangen, hält 
sich aber doch an Sancta Marias Methode und fängt mit C an. Darauf 
gibt er eine Tabelle, die offenbar dem Sancta Maria entnommen ist. 
Bloß der Ton e, über den Sancta Maria keine Rechenschaft gibt, wird 
von Cerone als große Terz von c hinzugefügt und zwar so temperiert, 
daß die Terz etwas größer wird. 



•♦• 


— 


+ 


^■•• 


^t- 


— 


— ^ 


•^ — 


c\* 


A 




^ 










I?' gj 


— jp^ 








^ 


a 








— O. 













^^ 



^ 



;:s2: 



-Ä^ 



^^ 



-^- 



-^- 



22: 



^ 



-Ä>- 



ISl 



-^- 



32: 



Diese Tabelle allein genügt dem Cerone nicht. Wie wir schon bei 
Sancta Maria sahen, paßt sie bloß auf das Monochord oder Clavichord 
mit seiner eigenartigen Einrichtung der Tastenhebel und Saiten. Cerone 
gibt eine weitere Methode, die, wie er behauptet, von den Orgelbauern 
gebraucht würde. Er veranschaulicht sie mit einer Buchstabentabelle, 
ähnlich derjenigen Lanfrancos, fügt aber noch eine Tabelle in musikalischer 
Notation hinzu. Diese Methode stellt sich auf nähere Prüfung als nichts 
anderes, als eine genaue Wiedergabe der Lanfrancoschen Methode heraus. 



4. Kapitel. 

Unterriclit. AUgemeine Erwägungen. 



Wir gehen über zu der Besprechung des Elavier- und Orgelunter- 
richts, wie wir ihn aus den Quellen dieser Zeit kennen lernen. Es ist 
gleich im Voraus zu bemerken, daß die früheren Zeiten über diesen 
Gegenstand verhältnismäßig sehr schweigsam sind. Wenn man an die 
vielen überlieferten Namen von Organisten denkt, da muß es auffallen, 
daß doch über ihre Kunst sehr wenig geschrieben ist. Noch mehr muß 
es auffallen, wenn man demgegenüber die beträchtliche Zahl der soge- 
nannten Singschulen ins Auge faßt. Aber gerade hierin ist die Er- 
klärung dieses Problems zu suchen. Die Singschulen sind nicht Lehr- 
bücher der Gesangstechnik, sondern Werke, die den Schüler in das 
Gebiet der Musik einführen. Sie geben sich hauptsächlich mit 



— 81 — 

Fragen der Solmisation und Notation ab. Diese Studien gehören für die 
damalige Zeit zwar vornehmlich dem Gesänge an. Musik und Gesang 
aber werden meistenteils im gleichbedeutendem Sinne gebraucht^). Die- 
selben Studien mußte der Musiker, der sich dem Instrumentalspiel widmen 
wollte, auch durchmachen, wenigstens in Italien und Spanien. Wir werden 
sehen, daß in Deutschland das Instrumentalspiel etwas mechanischer be- 
handelt wurde. Im allgemeinen aber mußte derjenige, der wirklich ernst- 
haftere musikalische Studien machen wollte, sich erst mit diesen Elementen 
abgeben. Waren diese Grundlagen erlernt, so konnte der Musiker sich 
irgend einem Spezialfach zuwenden. Die Musik, die er ausführte, blieb 
aber meistenteils immer dieselbe. Es hieß immer Gesang, ob es mit 
menschlichen Stimmen, auf dem Klavier oder der Orgel, auf der Laute, 
der Viole, der Harfe oder der Flöte vorgetragen wurde. Wir werden 
im Laufe dieses Kapitels sehen, daß das Vorhandensein eines 
Textes durchaus nicht die Ausführung mit menschlichen 
Stimmen voraussetzt. Es lassen sich auch in der Musik des 16. 
und der früheren Jahrhunderte genug Spuren von dem Einfluß der In- 
strumentalmusik aufdecken, um gegen die frühere Anschauung über die 
sogenannte a cappeUa Periode einige Bedenken zu erregen. 

Es wurde eben beim Komponieren kein so strenger Stilunterschied 
zwischen Vokal- und Instrumentalmusik gemacht, wie es heuzutage 
der Fall ist 2). Das komponierte Werk wurde wohl eben so oft durch 
Verzierungen und derartigen Änderungen dem Sänger für seine spezielle 
Ausführungsweise mundgerecht gemacht, als dem Organisten, dem Lauten- 
oder dem Blasinstrumentenspieler für die seinige. Dieser Tatsache, daß 
die ganze Musikübung auf einer gemeinsamen Basis in der Kompositions- 
methode stand 3), ist es auch wohl zuzuschreiben, daß spezielle Lehrbücher 



1\ ^Musica est a/rs docens voces formare^ Adam v. Fulda, Gerbert, Scriptores 
m, 332. Man denke auch an solche Ausdrücke wie Ritus canendi und Ars canendi. 
Eine Zusammenstellung der hierauf bezüglichen Ausdrücke gibt Sänne mann, 
>Die Musik als Unterrichtsgegenstand in den Evangelischen Lateinschulen des 
16. Jahrhunderts«, Berlin 1904, S. 61. Da werden canere^ exereere musteam, exercere 
ekoralem cantum, exercere mtcsieam figuralem alle im selben Sinne gebraucht. In 
diesen Schulen hat man, wie es scheint, nur diesen elementaren Musikunterricht 
erteilt, wie noch heutzutage. Als Ausnahmefall ist ein Werk von Martin Agri- 
00 la hervorzuheben. »Quaestiones vulgatiores in Mtmcam^ pro Magdeburgensis 
Sekolae pueris digestae . . . Item de recto Testudinis collo ex arte probato . . . etc.« 1543. 
Hier haben wir einen Fall wo der Unterricht im Lautenspiel neben dem Gesangs- 
unterricht in einem Schulbuch vorkommt. Vgl. Sannemann, S. 31. 

2) Vgl. auch Quantzens »Anweisung die Flöte traversiere zu spielen« (1752), 
die auch für den Sänger gilt und etliche ältere Werke über Violine, Trompete 
usw., die zugleich Yortragslehren des Gesanges sind — bis Leop. Mozart. 

3) Wie sich diese Tatsache zuweilen in den theoretischen Schriften äußert, 
kann man z. B. in einem der Musikforschung bisher scheinbar entgangenen Traktat 

Kinkel de 7, Orgel and Klavier. O 



— 82 - 

für einzelne Instrumente, von der Laute abgesehen, vor dem 17. Jahr- 
hundert so äußerst selten vorkommen. Die Lautenbücher mit ihi'en ein- 
leitenden technischen Erläuterungen und Übungen kommen sehr häufig 
vor. Die Laute war aber in dieser Zeit das Dilettanten- und Gesell- 
schaftsinstrument in demselben Sinne, wie heute das Klavier; daher auch 
die vielen Anweisungen zum Selbsterlemen der Lautenkunst. Gegenüber 
der Laute wurden die Tasteninstrumente im großen ganzen doch immer 
als die Instrumente der ernsteren, höher gebildeten Liebhaber oder der 
Berufsmusiker angesehen, besonders die Orgel und die ihr verwandten 
kleineren Formen, Positiv [Orgänetto] und Regal. Wenn es auch vom 
gebildeten Menschen, (sieheS. 152) verlangt wurde, daß er sich auf dem 
Tasteninstrument zurecht finden konnte, wie Castligione es vom Hof- 
mann fordert, so wurde das gründliche Erlernen der Kunst des Orgel- 
oder Klavierspiels für sehr schwierig gehalten*). 

Wir werden sehen, daß die Schwierigkeit nicht so sehr auf der rein 
technischen Seite zu suchen ist, als in den damit verbundenen theoretischen 
und allgemein musikalischen Befähigungen, die von dem tüchtigen Or- 
ganisten und Klavierspieler verlangt wurden. Der oft zitierte Brief des 
Kardinals Pietro Bembo an seine Tochter Elena, aus der ersten Half te 



über den Tanz aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts sehen. Das Werk 
Hegt als Band 131 der ^Scdta di Ouriositä letterarie* Bologna (Romagnoli) 1873 
nach einer Handschrift auf der Magliabecchiana im Neudruck vor. Es enthält den 
^TraücUo deW Arte del Ballon von einem Guglielmo Ebreo Pesarese. Guglielmo 
war Schüler von Domenico da Pesaro, von dem sich auch auf der Biblioteca 
Comunale von Siena ein Traktat über den Tanz erhalten hat, angeblich aus dem 
Jahr 1460. (Vorwort zum Neudruck von Guglielmo, S. XVI). Von der Tanzmusik 
sagt Guglielmo »principcdmente consiste netto strumento citarixante o altro stumo< 
(S. 13). Ferner »il stwno vero e canto e principcdmente fondato e fermato in quattro 
voeie principale, le quali sono coneordante e conforme atto quattro nostre elemerUcUi 
compo8iMone< (S. 30). Es muß auffallen, daß Guglielmo vier Stimmen als Normal- 
zahl aufstellt, während wir aus seiner Zeit meistens dreistimmige Stücke kennen. 
Guglielmo hält sich nicht an die Kirchentonarten, sondern scheint eine ganz aus- 
gesprochene dur- und moll-Anschauung zu haben. >Nel sonare sono dtie chiavi . . . 
B molle^ B quadro. Wenn einer zum Tanz aufspielen will, muß er wissen, ob er 
per Bmolle oder B quadro spielen soll (S. 27). »^ nota; che B quadro e molto piü 
aieroso [in] la sua misura^ ehe quella di bocie motte, ma e alquanto piu cruda e men 
doleie^ S. 28. Bei der Komposition eines Tanzes muß man sich erst entschließen, 
ob er >per booie motte* oder »per bocie quadro* sein soll -»ritrovando prima cotta sua 
fantasia il tinore, o vero il sumiOj il qmde sia aieroso , e che perfetta misura abbia, 
et abbia buono tuono . . .« (S. 28). 

1) England scheint in dieser Beziehung eine Ausnahme zu sein; denn die hohe 
Blüte der Englischen Virginalmusik im 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jahr- 
hunderts, die Verbreitung der kleineren Tasteninstrumente als Hausinstrumente 
und die Ansicht, daß das Virginalspiel ein schöner Zeitvertreib für Damen wäre, 
lassen sich mit den Ansichten über die Schwierigkeit nicht gut vereinigen. 



— 83 — 

des 16. Jahrhunderts, setzt den Zeitraum, der zum gründlichen Erlernen 
des Klavierspiels nötig ist, auf 10 bis 12 Jahre an^). Unser Bermudo 
erhöht die Zeit auf 20 Jahre (S. 12). Wenn man sieh nur an die be-* 
kannten Denkmäler hält, indem man z. B. die Werke der englischen 
Virginalisten ins Auge faßt, obwohl diese selbst dem Virtuosen nicht 
immer die leichtesten Aufgaben stellten, so ließe sich nie und nimmer- 
mehr eine Erklärung für diese Aussprüche finden. In den Schriften 
Bermudos und Sancta Marias wird aber die Sache in ein ganz anderes 
Licht gestellt. Was für den Dilettanten auf der Laute genügte, war 
lange nicht genug für den tüchtigen Orgel- oder Klavierspieler. 

Besonders in Deutschland gibt es Lautenbücher, die dem Schüler 
versprechen, ihn einfach durch Anweisungen des Buches selbst zu 
einem guten Lautenspieler zu machen 2). Er braucht wenig oder gar 
nichts von der Musik zu verstehen. Demnach wird dann auch der Unter- 
richt rein mechanisch behandelt. Die Zeichen der Tabulatur werden er- 
klärt, die Griffe auf der Laute werden erläutert, dann und wann werden 
einige Andeutungen zum Fingersatz gegeben und damit ist die ganze 
Kunst erledigt. Höchstens wird noch manchmal für den, der schon etwas 
von der Musik oder wenigstens von der Notation versteht, eine An- 
weisung zum Übertragen aus der gewöhnlichen Notation in die Lauten- 
tabulatur gegeben. Wie gesagt, tritt dieses dilettantenhafte Verfahren 
besonders in den deutschen Lautenbüchem hervor. Obwohl man Spuren 
davon auch in den romanischen Ländern findet, sind doch im großen 
ganzen die Lautenbücher der Italiener, der Franzosen und der Spanier 
für eine etwas höhere Stufe der musikalischen Bildung bestimmt. Sie 
stellen zuweilen die schwierigsten Aufgaben, die nur ein glänzender Vir- 
tuose lösen konnte 3). Der Charakter des Liebhaber-Musizierens tritt aber 
meistens deutlich hervor. 

Sehen wir die Anweisungen Bermudos und Sanctä Marias für das 
Orgel- und Klavierspiel genauer an, so tritt uns der Unterschied klar 
entgegen. Obwohl Bermudo seine Lehrbücher sehr hoch anpreist und 
ihren Wert für den Lernenden hervorhebt, betont er doch die Notwendig- 
keit eines guten Lehrmeisters und überläßt diesem die schwierigen Punkte 
zur mündlichen Erläuterung (S. 12, 13). Auch Sancta Maria setzt das 
regelmäßige Unterrichtnehmen bei einem Meister in seinen Anweisungen 
für Anfänger (S. 53) voraus. Über die eigentliche Lehrtätigkeit der 



1) Gedruckt bei Caffi, *Storia deUa musiea sacra neUa giä öappella Dticale dt 
San Marco* ^ Venezia 18Ö4— 66 I, S. 96. Deutsch bei Seiffert, »Geschichte der 
Klaviermusik«, S. 26. 

2) Gerle 1632, Neusidler 1636, Jobin 1672, Waisselius 1692 usw. 

3) Vgl. die Auswahl in Oscar Chile sottis »Lautenspieler des 16. Jahrhun-. 
derts«, Leipzig 1891; besonders die späteren Nummern. 

6* 



— 84 — 

großen Meister des Klavier- und Orgelspiels im 16. Jahrhundert sind 
wir wenig unterrichtet. Nur von Claudio Merulo und seiner Methode 
ist uns etwas durch Dirutas »Transüvano* erhalten. In Hernando 
Oabezons Ausgabe der Werke seines Vaters (1578) wird es uns ermög- 
licht, allerdings nur nach einigen Richtungen hin, durch das kurze Vor- 
wort und durch die Anlage des Druckes selbst in Cabezons Lehrweise 
einen Einblick zu gewinnen. 

Für eine Kekonstruktion der Unterrichtsmethode im allgemeinen aber 
haben wir in den Schriften Bermudos und Sancta Marias eine vortreff- 
liche G-rundlage. Auf die Abhängigkeit der Instrumentalmusik von der 
Vokalmusik ist schon hingewiesen worden. Es war absolut notwendig, 
daß der Schüler sich zuerst mit der Elementarmusiklehre beschäftigt 
hatte, ehe er an das Studium des Instrumentes ging. Wie der deutsche 
Klavierschüler manchmal eine Ausnahme bildet, werden wir später sehen 
(S. 90 — 94). Meistens aber wird es stark betont, daß der Klavier- oder 
Orgelspieler eigentlich einen gründlichen musiktheoretischen Übungsgang 
durchgemacht haben müßte und selbst des Komponierens fähig sein sollte. 
Sancta Maria hält auch an diesem Grundsatz fest. Der Hauptzweck 
seines Werkes ist ja, die Kunst des freien Spiels zu lehren, und dazu 
ist eine gewisse Kompositionsgabe Voraussetzung. Bermudo dagegen hat 
aber auch für die weniger gebildeten Dilettanten noch etwas übrig und 
schlägt für sie, ohne daß er selbst viel davon hält, seine mechanische 
Zifferntabulatur vor (S. 20, 21). Hierin schließt er sich dem allgemeinen 
Zeitgeschmack an, der ja für die Lautenspieler die zahllosen Bearbeitungen 
von bekannten Vokalsachen in Lautentabulatur hervorgerufen hat. 

Es ist schon bemerkt worden, daß man gerade in Deutschland die 
größten Zugeständnisse an den musikalisch wenig gebildeten Lautenisten 
machte. Mit der Orgel- und Klavierkunst scheint es sich ähnlich zu ver- 
halten. Während man von unsem spanischen Zeugen vernimmt, daß man 
in den südlichen Ländern schon einen gewissen Wert auf das schöne und 
geschmackvolle Spiel legte, findet man bei den deutschen Schriftstellern, 
trotz der Lobpreisungen und der Ausdrücke von Bewunderung für das 
wunderbare Spiel solcher Männer wie Conrad Paumann und Paul Hof- 
haimer nicht viel mehr als die mechanischsten Regeln für das Absetzen 
und die trockensten Vorschläge für die Verwendung von Verzierungen. 
Ambros hat nicht so ganz Unrecht, wenn er mit Bezug auf die deutsche 
Organistenschule in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein etwas 
abfälliges Urteil über die »ziellos irrlichtelierenden Passagen« der deutschen 
Koloristen ausspricht i). 



1) Geschichte III (1868), S.438. Vgl. dagegen was Seiffert, Geschichte der Kla- 
viermusik S. 18 ff. über die geschichtliche Eonsequenzen der Koloristentätigkeit sagt. 



— So- 
wie dem auch sein mag, wer es, wenigstens in Italien und Spanien, 
zu einem irgendwie fortgeschrittenem Stadium auf den Tasteninstrumenten 
bringen wollte, mußte erst die Elementarschule des Gresanges oder der 
Musik durchmachen. Zu diesen Vorstudien gehören auch die besonderen 
Begeln für das Takthalten und Taktschlagen, welche Sancta Maria so 
eingehend behandelt (S. 29, 30). War der Schüler so weit vorgeschritten, 
daß ihm die Notenzeichen, Noten werte und Takt Verhältnisse keine 
Schwierigkeiten boten, so wurde ihm die Einrichtung der Tastatur erklärt. 
Es wurde ihm der Unterschied zwischen den weißen und schwarzen Tasten 
klargemacht, mit besonderer Beachtung der Halbton- Werte, ^ie schon 
in dem Kapitel über die Stimmungsregeln erörtert wurde, waren die 
schwarzen Tasten die auf ü, f und g folgten, Kreuz töne, also ds, fis und 
gis\ die zwei übrigen waren bTöne, also c« und 6. Diese Kenntnis war 
für die Kadenzen und für die Transpositionen sehr wichtig. Solchen 
Erläuterungen ist bei unsern Spaniern ein genaues Schema der Klaviatur 
beigegeben. Genaue Beschreibungen der Klaviatur mit besonderer Bezug- 
nahme auf die Halbtöne kommen schon bei Lanfranco (Scintäle 123) 
und bei Aron [ToscaneüOj Kap. 40 und Compendiolo, Fol. E IV) vor. 
Eine einfache Abbildung der Klaviatur mit Benennung der Tasten be- 
findet sich bei Vir düng (Mus. get. Fol. G). Eine etwas ausführlicher 
bezeichnete hat Hans Buchner in seinem Fundamentum (Vierteljahrsschr. 
V 24). Bermudo gibt schon in seiner Arte Tripharia (1549 Fol. XXTTI) 
eine ganz ausführliche Abbildung mit Bezeichnung der großen und kleinen 
Halb töne, der Anfangs töne und des Verlaufes der 8 Modi. Erweitert 
durch die Hinzufügung der Zahlenreihe, die er in der Tabulatur gebraucht, 
und der Tonleiteni auf den schwarzen Tasten, befindet sich dieses Schema 
in seinem größeren Werke (1555 Fol. LXII, vgl. S. 16). Ein ähnliches, 
aber nicht so vollkommenes Schema hat Sancta Maria (I, Fol. 56). 

Die Werke der großen, oder auch der weniger bedeutenden Kompo- 
nisten, die dem Schüler durch seine Elementarstudien zugänglich gemacht 
wurden, dienten nun dem jungen Klavierspieler, sowie auch dem Sänger 
als Übungsstoff. Es ist wahrscheinlich, daß die ersten Fingerübungen 
und Etüden dem jeweiligen Lehrmeister überlassen wurden. Sancta Maria 
gibt in seinen Anweisungen für Anfänger (S. 53, 54) als ersten Eatschlag, 
das Üben von Tonleitern über den ganzen Umfang der Klaviatur. Auch 
die Redobles und Quiebros sollen geübt werden. Auch übe sich der 
Schüler im Takthalten. Für alle diese Sachen hat Sancta Maria keine 
weiteren Etüden, wenn man nicht annehmen will, daß die kurzen Bei- 
spiele zu seinen Erläuterungen auch als Ubungsmaterial dienen sollten. 
Wie erwähnt, hat wohl der Lehrer seinem Schüler solche Etüden auf- 
schreiben oder vorspielen müssen. Veranlassung zu einer solchen An- 
nahme gibt Cabezons Klavierwerk, oder wie ich es eigentlich nennen 



— 86 — 

möchte, Klayierschule; denn den Anfang des Werkes bilden einige 
zweistimmige Stücke um Anfängern das Takthalten zu lehren (dtws para 
prindpiantes para mostrar a llevar d compas). Darauf folgen einige 
»duos« auf bekannte Hymnenmelodien. Bei diesen Hymnen liegt die 
Melodie manchmal in der Oberstimme , manchmal in der Unterstimme. 
Bei den darauffolgenden dreistimmigen Stücken liegt die Melodie auch 
zuweilen in der Mittelstimme. Auch Bermudo gibt einige Beispiele, die 
inän als Etüden betrachten kann, z. B. die Beispiele zu seinen Erläute- 
rungen von den Tonarten; femer eine Tonleiteretüde und eine Eeihe 
Hymnenbearbeitungen. (Siehe Notenbeilage S. 228 f.) Es sei hier er- 
wähnt, daß diese Hymnenbearbeitungen dem Anscheine nach ganz be- 
sonders in Spanien beliebt waren. Die am häufigsten vorkommenden sind 
*Ave maris stdla^i und * Fange Lingua*. 

Abgesehen von diesen wenigen Lehrbeispielen mußte jedoch der Schüler 
die Kunst des Orgel- und Klavierspiels direkt aus den Werken solcher 
Meister lernen, die wir gewöhhhch zu den Vokalkomppnisten rechnen. 
Über die Anknüpfung an die Vokalmusik macht Bermudo spezielle Vor- 
schläge. Er rät dem Schüler, den Anfang mit einigen ViUandcos von 
Juan Vazquez zu machen. Sie wären prinzipiell leicht, aber doch nicht 
musikalisch wertlos. Mit dem Namen ViUandcos bezeichnete man damals 
in Spanien eine Gattung, die ungefähr den italienischen Frottole gleich- 
kommt i); eine einfach gehaltene, mehr volkstümliche Musik zu einem 
ebenfalls einfachen, meistenteils weltlichen Text. Es ist mir nicht ge- 
lungen, irgendwelche ViUandcos des genannten Vazquez in ihrer Original- 
form aufzufinden. Daß er aber doch als populärer Komponist galt, geht 
daraus hervor, daß Miguel Fuenllana in seiner Sammlung von Stücken 
für die Vihuela2) » Orphenica Lyra^n (Sevilla 1554) einen ganzen Abschnitt 
den dreistimmigen ViUandcos von Juan Vazquez widmet. In Morphys 
Neudruck 3) sind sechs dieser Stücke wiedergegeben. Aus diesen Lauten- 



1) Barbieri, »Canctonero mtcsical de los siglos XV y XVI*, Madrid 1890, 
Preliininarea, S. 8, erwähnt, daß einige Stücke, die sich in seinem Cancionero be- 
finden, auch in Italien von Petrucci gedruckt worden sind ^siendo muy de notar 
que en la edidon Italiana se les da ü nombre de Froüole cuando aqui se les üama 
JEstramboteSj stendo por la forma de su poesia y de su mvisica iguales ä nuestros 
villancieos y canciones*. Über Strophenbau und Musik der italienischen Frottole 
siehe Schwarz, Vierteljahrsschrift II (1886), S. 427 ff. 

2) Die Vihuela war die spanische Parallele der italienischen oder französischen 
Laute. Die Resonanzdecke hatte die heutige Guitarrenform. Die Zargen waren 
flach, aber ziemlich hoch, der Boden ein wenig gewölbt. Die Zahl und Stimmung 
der Saiten waren wie auf der Laute. 

3) G. Morphy, »Les Luthistes espagnols du XVI Sikcle*^ Leipzig 1902, S. 206 ff. 
Ähnliche Stücke auf französischem Boden in der Attaingnant Sammlung 1529. Siehe 
Anmerkung 1, S. 110. 



— 87 ~ 

Sätzen ist schon ersichtlich, daß Bermudos Vorschlag auf triftigen Gründen 
beruht. Die Stücke sind wirklich nicht ohne musikalischen Beiz. Ihre 
Faktur ist sehr einfach, zumeist homophon, aber doch hier und da 
mit f ugierten Anfängen. Einzelne Melodieabschnitte oder Phrasen werden 
sehr oft hintereinander mit kleinen Varianten und Zwischenspielen wieder- 
holt. Da die Melodien, wie es bei dieser spanischen Musik sehr häufig 
der Fall ist, an sich anmutig, reiz- und ausdrucksvoll waren, wodurch 
bei dem Übertragen auf das Instrument die häufigen Wiederholungen 
nicht monoton wurden, mußten diese Kompositionen dem jungen Klavier- 
Schüler einen anziehenden und leichten Ubungstoff darbieten. Nachdem 
er diese leichteren Stücke bewältigt hat, sollte er sich an schwerere wagen. 
Hierbei werden die Namen der bekannten Komponisten jener Zeit ge^ 
nannt. Einen ähnlichen Weg vom leichten zum schweren schlägt Sancta 
Maria vor, aber ohne Hinweis auf spezielle Komponisten. 

Dadurch wurde nun dem Schüler der reichlichste Stoff gegeben, eine 
Fülle von Material, von dem leichtesten homophonen Stückchen bis zu 
den schwierigsten Produkten der Glanzzeit der Polyphonie. Die Wahl 
mußte wahrscheinlich dem Meister überlassen werden. Wie es sich aber 
mit der Anordnung nach der Schwierigkeit der Stücke verhält, davon 
können wir uns ein eigermaßen klares Bild aus der schon angeführten 
Ausgabe von Antonio Cabezons Klavierwerke (1578) machen. Aus 
dem Privileg von 1575 erfahren wir, daß Antonio de Cabezon ein Werk 
geschrieben hat » Compendio de Musica el quäl servia para tecla [Tasten- 
instrument] vihicela y arpa<. Dieses hat Hernando Cabezon, sein Sohn, 
redigiert und in eine Zahlentabulatur übertragen. Das Original scheint 
nicht mehr erhalten zu sein. In der Vorrede teilt der Sohn mit, daß sein 
Vater viele Reisen nach Italien und den Niederlanden im Gefolge Phi- 
lipps n. von Spanien gemacht hätte und daß er deshalb sein Werk nicht 
hätte 80 ausführen können, wie er es gern gewünscht. Man möge diese 
Ausgabe betrachten als »die Krumen, die von seinem Tisch gefallen 
sind; denn es enthält nichts andres als die Aufgaben, die er 
seinen Schülern gab.« Die Einteilung ist denn auch daraufhin ge- 
macht, daß das Werk als Lehrbuch dienen kann. Die Anfangsstücke^ 
die als Studien für das Takthalten bestimmt waren, sind schon erwähnt 
worden. Darauf folgen die einfachen Stücke, drei- und vierstimmig, 
über ein Kyrie, einen sonstigen Cantus- Planus- Abschnitt oder über eine 
Hymnenmelodie. Es folgen eine Anzahl vierstimmiger Tientos (Eecer- 
caren). Dann kommen Übertragungen von größeren Stücken der Meister 
der Polyphonie. Kolorierte Stücke werden erst in den späteren Teilen 
gegeben, und zwar sind die Koloraturen meistenteils von Hernando Cabezon 
zugesetzt. Die späteren Übertragungen sind nach der Stimmenzahl ge- 
ordnet. Mehrere Variationswerke kommen vor, darunter einige über Tänze. 



— 88 — 

Dieser Einrichtung liegt dasselbe Prinzip zu Grunde, wie den deutschen 
Lautenbüchem. Aus der italienischen Lautenliteratur läßt sich keine 
passende Parallele dieser Zeit anführen; denn zum allergrößten Teile 
sind die italienischen Lautenbücher selbst aus den frühesten Jahren 
des 16. Jahrhunderts nicht so sehr Lehrbücher, als Sammlungen von 
Salonstücken. Vincenzo Gralileis T^Fronimo* (lb68)^) ist zwar eine An- 
weisung zur Kunst des Litavolierens und des Lautenspiels; sie steht 
aber hoch über allen anderen diesen Gegenstand behandelnden Schriften 
und beschäftigt sich nicht so sehr mit rein mechanischen Übertragungs- 
regeln, sondern geht tiefer auf das Wesen des Lautenspiels und auf die 
künstlerische und sachverständige Wiedergabe eines Vokalsatzes oder eines 
reinen Instrumentalstückes (vierstimmige Recercaren) auf der Laute ein. 
Sie richtet sich auch an einen musikalisch gut vorgebildeten Schüler. 

Die deutschen Lautenbücher aber folgen derselben Anordnung wie 
Oabezons Lehrbuch. Nach den einleitenden Erklärungen der Tabulatur, 
der Stimmung usw., folgen leichte zweistimmige Sätze, meistenteils nur 
der Diskant und Baß von einem mehrstimmigen Stück 2). Dann möglicher- 
weise zweistimmige freie Stücke (Preambeln, Recercaren usw.). Darauf 
folgen dreistimmige Liedbearbeitungen. Euer wird bei Bearbeitungen von 
vierstimmigen Sätzen der Alt weggelassen. Bei dieser Gruppe kommen 
auch dreistimmige Preambeln vor. Dann kommen Bearbeitungen von 
vier-, fünf- und sogar sechsstimmigen polyphonen Werken und entsprechend 
schwere reine Listrumentalstücke. In den ersten Nummern werden Kolo- 
raturen vermieden und erst mit der zunehmenden Schwierigkeit der Stücke 
immer mehr eingestreut. 

Eine ähnliche unkünstlerische Methode, durch Weglassung einiger Stim- 
men einen erleichterten Lautenauszug eines Vokalstückes herzustellen, 
scheint in der italienischen und spanischen Lautenliteratur nicht vorzu- 
kommen. Bei den höheren Anforderungen, die man in diesen Ländern an 
die Orgel- und Klavierspieler stellte, ist wohl anzunehmen, daß derartige 
Dinge auf den Tasteninstrumenten nicht üblich waren. Ja, wir werden noch 
darauf zu sprechen kommen, daß Bermudo und Sancta Maria gerade auf 
die Wiedergabe jeder Stimme eines mehrstimmigen Werkes Wert legen. 
Bermudo geht sogar so weit, die Stimmenvermehrung durch Oktavenver- 
dopplungen zu erlauben. Aber auch die deutschen Organisten scheinen 



1) Fronimo. Dialogo di Vineentio Qalilei nobile fiorentmo, sopra Parte del bene 
iniavolare, et retiamente sofiare la Musica negli strumenti ariificiali di corde como di 
fiaiCj S in particolare nel Liuto. Nuovamente ristampato. Vinegia 1584. Erste 
Ausgabe lö68 — 69. 

2) Näheres über diese Methode, mehrstimmige Vokalstücke für Laute zu be- 
arbeiten, findet man bei Ernst Eadecke, »Das deutsche weltliche Lied in der 
Lautenmusik des 16. Jahrhunderts«. Vierteljahrs schrift VII (1891), S. 294 ff. 



— 89 — 

es in diesem Punkt etwas genauer genommen zu haben als ihre lauten- 
spielende Genossen. So weit mir Vergleichsmaterial zur Verfügung stand, 
waren mit einer Ausnahme die Sätze bei Kleber und Kotter immer 
vollständige Übertragungen, die dreistimmigen Sätze Übertragungen von 
dreistimmigen Vokalwerken, die vier- und fünfstimmigen von ebensolchen 
Vokalstücken. Die Ausnahme bildet ein Fall in Kotters Tabulatur. 
Xotters Sätze sind beinahe alle dreistimmig. Nur am Schlüsse der Samm- 
lung, quasi als Anhang, wird eine in Mensuralnoten notierte Altstimme 
zu einem in dem Werke selbst enthaltenen >Andernack uf dem rin lag« 
von Paul Hofhaimer gegeben. Die Komposition von Hofhaimer steht in 
dem Werk selbst nur dreistimmig. Die am Schluß hinzugefügte vierte 
Stimme hat den Vermerk »von eim andern darzu zuschlagen«. Die 
späteren gedruckten deutschen Orgeltabulaturen enthalten immer voll- 
ständige Sätze, sogar bis zu 12 Stimmen. Das wird von Ammerbach 
betont 

»darum / das die Harmonia eines jeden Gesangs gantz volkommen und un- 
gestümmelt au£f der Orgel und andern jetztermelten Instrumenten [Positiven, 
Regalen, Virginaln, Clavicordiis, Clavicimbalis, Harficordiis] geschlagen wird / 
welchs auff Lauten / oder andern Instrumenten / da viel Stimmen zugleich 
Au£fgeschlagen werden / fuglicherweise allzeit, sonderlich wenn dieselben mit 
Coloraturn oder Leufftlin geziert werden sollen / nicht geschehen kann«^). 

Wie schon bemerkt, scheint diese Erleichterungsmethode bei unsern 
Spaniern nicht üblich gewesen zu sein, sondern bei ihnen fängt der 
Schüler möglichst bald mit regelrechten dreistimmigen oder vierstimmigen 
Stücken an, nachdem ihm der Meister einige zweistimmige Spezialstudien 
niedergeschrieben hatte, wie bei Cabezon^). 

Was bis heute aus Italien über den Anfangsunterricht auf dem Klavier 
bekannt geworden ist, stimmt mit diesen Aussagen der Spanier überein. 
Pietro della Valle (1586—1652) berichtet in seinem Traktat »Z>eto 
Musica delT Etä nostra*^), daß das erste Stück, welches er auf dem 
Cembalo spielen lernte, die Vülanella »La prima volta cK io^ war. Da- 
mals war er kaum acht bis zehn Jahre alt, und sein Lehrer war Stefano 
Tavolaccio, Organist der ^Madonna dd Popolo< zu Rom. Sein Klavier- 
unterricht hatte im achten Lebensjahr begonnen. Auch LodovicoZac- 



1) Aus der Dedikation der »Orgel oder Instrument Tabulatur« Leipzig 1571«. 

2) Bermudo gibt z. B. in seiner Arte Tripharia (Fol. XXXVIlIt^.) mit einer 
Entschuldigung fär seinen geringen musikalischen Wert ein zweistimmiges Beispiel 
zum Übertragen in die Tabulatur. 

3) In Donis, »TrcUtati di Musica<, Herausgegeben von Gori, Florenz 1763 II, 
S. 268. Deutsche Übersetzung von della Yall es Traktat von Chrysander in Allg. 
mus. Zeitung, Leipzig 1868, Nr. 49—62. Vgl. auch Krebs, Dirutas Transilvano, 
Vierteljahrsschrift VIII (1892), S. 366. 



— 90 — 

coni (1555 — 1627) berichtet in seiner Selbstbiographie, daß er zuerst 
Figural- und Madrigalgesang und dann das Klavier (Ärpichord) spielen 
lernte. Später (in Ancona bis 1577) studierte er Laute, Viol di gamba 
und Kontrapunkt. Besonders hatte er es darauf abgesehen, Tanzstücke 
(baUi) spielen zu lernen^). 

Solche Tanzstücke werden von unsem beiden Spaniern nicht erwähnt. 
In den spanischen Lautensammlungen kommen zwar Tänze vor, aber nicht 
in der großen Anzahl, wie wir sie bei den Italienern finden. Bei Cabezon 
kommen einige Tänze vor (Pavana itcdiana, OaUarda milanese), aber nicht 
als selbständige Stücke, sondern als Themata für Klaviervariationen. In 
Italien kannte man schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts eine Samm- 
lung von Tänzen für Tasteninstrumente 2). Die früheren handschriftlichen 
deutschen Orgeltabulaturen enthalten meistens nur Übertragungen von 
kirchlichen oder weltlichen Vokalwerken und einige freie Preambula. Ganz 
vereinzelt kommen auch Stücke vor, die direkt als Tänze bezeichnet sind, 
wie z. B. bei Kotter »Tancz, der schwarcz knab« (Fol. 63), »Der hopp 
tancz« (Fol. 64t;.). Des öfteren finden wir einen Spanioler. Auch werden 
unter den weltlichen Liedern mehrere Tanzlieder sein. Die späteren ge- 
druckten deutschen Tabulaturen, sovrie auch spätere Handschriften ent^ 
halten neben den Motetten sehr viele Tänze. Was es mit diesen ge- 
mischten Sammlungen für eine Bewandtnis hatte, werden wir später sehen, 
(S. 183). 

Wie sich gegenüber dem Unterricht in Italien und Spanien der 
deutsche Klavierunterricht verhält, davon ist es möglich^ uns wenigstens 
teilweise ein Bild zu machen. Es sind uns nämlich aus einigen Nürn- 
berger Pratrizierfamilien Briefe und Bechnungsbücher erhalten, die manche 
interessante Aufklärungen auf diesem Gebiete bringen. So z. B. die 
Briefe eines jungen Patriziersohns Christof Kress (geb. 1541) an seinen 
Vater 3). Es wird von diesem Knaben berichtet, daß er nach absolviertem 
Elementarunterricht im Rechnen und Schreiben im neunten Lebens- 
jahre auf die Lateinschule kam und nebenbei auch bei dem Nürnberger 
Organisten Paulus Lautensack Musik studierte*). Worauf sich dieser 
Musikunterricht beschränkte, werden wir aus den Briefen selbst sehen. 
Im Jahre 1555 oder 1556 wird Christof, 14 oder 15 Jahre alt, nach Leipzig 



1) Chrys ander, >Lodovico Zacconi«, Vierteljahrsschrift X, (1894), S. 534. 

2) Intaholatura nova di varie sorte di BcUli da sonare per Ärpickordij Clavicem- 
bcUi, Spineüi tSb Monachordi, RaccoUa di diversi eeceUentissimi Äuiori. Novwmente 
date in luce S per Antonio Oardane con ogni diligentia stampata. Libro Prima. In 
Venetia 1551. 26 S. 40 obl. Vgl. Katalog Bologna IV, S. 27. 

3) Mitgeteilt von Georg Fjhr. von Kress in den »Mitteilungen des Vereins für 
Geschichte der Stadt Nürnbergc XI. Heft, (Nürnberg 1896), S. 97 ff. 

4] Ebenda, Einleitung S. 98, 99. 



>- 91 - 

zum Studieren geschickt. Er wohnte in dem Hause des Professors 
Joachim Camerarius, der seine Studien leiten sollte. Dieser gelehrte 
Herr scheint nicht die Musikliebe der Nürnberger Patrizierfamilie geteilt 
zu haben; denn er ist dem Christof bei der Anschaffung eines Instru- 
mentes (Clavichord oder Virginal) oder in der Wahl eines Lehrers nicht 
sehr behilflich, obwohl Vater Kress ihn speziell darum gebeten hat. Ich 
lasse hier die betreffenden Worte aus den Briefen folgen i). 
Vater Kress schreibt 1555 oder 1556 an den Professor: 

»Und kann E. E. nit pergen, nachdem ich ihm [Christof] gelegener Zeit 
zu unserm Organisten Paulusen Lautensack geen und uf dem instrument 
lernen lassen , damit er, do ime die zeit und gelegenheit zugelassen wurde, 
nit in leichtfertigkeit oder müssiggeen verzeren möchte, were an E. E. mein 
pit, ime ein virginal oder dergleichen instrument zu haben zu vergünstigen, 
uf das er sich wie gemelt (doch ohne Verhinderung seines studio) üben künte 
und desselben ufgewendten Unkosten nit gar ohne frucht abgieng« (S. 100). 

Camerarius antwortet am 24. Februar 1556: 

»Des Instruments und musika halber meidung, ist mir gantz gef ellig, 
und sollte E. E. sune in seiner bei mir wonung auch darzu angehalten 
werden, dann ich solch Hebung für guth, nütze, und ehrlich halte« (S. 102). 

Trotz dieser Versicherung bemüht sich aber Camerarius nicht sehr, 
den Christof in seinen musikalischen Studien zu fördern. Der Junge 
schreibt öfters an den Vater über die Verzögeioing in der Wiederaufnahme 
des Unterrichts. 

28. Apr. 1556. )>Des instruments halben las ich dich wissen, dass sihe 
hie tewr sindt, doch hoff ich in kurzen stunden eins zu bekommen, dan man 
hat ir jetzund auf dem marckt £il fail. Auch so hab ich mich erkundigt 
das ein Organist nicht minder dan im monat ein taller oder vielleicht mer 
nimbt. Derhalben wan du wider schreibst, wolst michs wissen lassen ob 
ich weiter zu einem gen sol oder nicht« (S. 111). 

6. Mai 1556. ». . . ich fueg dir zuwissen, das ich ein ziemlich guts 
instrument bekommen hab, aber nicht mehr dan umb acht taller, das hat 
mir der Pfintzing bezahlt, damit das ich nur eins bekomme, und das ichs 
nicht vergess, dan meines herrn halben het ich lancksam eines bekommen, 
dan ich vermerck wol, das er mir nit gern so vil gelts auf einmal geh, und 
ich hab das instrument allhie bei eim Organisten gehabt, der hat mirs recht 
bezogen, der sagt, es sei seins gelts wohl werth und sei nicht zu deur und 
ist ungeverlich ein wenig grosser weder das daheim« (S. 112). 

22. Mai 1556. »So hab ich meinem herrn von wegen der lemung auf 
dem instrument gefragt, wie das du mich gern noch 1 jar wolst darauf 
lernen lassen, so ser es mich an meiner lernung nicht verhindert« (S. 112). 



1) Die Seitenangaben beziehen sieb auf die zitierte Veröffentlichung. 



— 92 — 

Mehrmals spricht sich noch Christof seinem Vater gegenüber über 
die Verzögerung des Unterrichts aus und bittet ihn, den Herrn Professor 
nochmals daran zu erinnern. Mittlerweile will er sich selber weiter helfen 
und setzt sich zu diesem Zwecke durch den Vater mit seinem alten Lehrer 
in Nürnberg in Verbindung. 

9. Aug. 1556. »Grues mir auch den Paulus Lautensack und bit in von 

meinetwegen das er ein, zwei stücklein auf das instrument schick, die ich 

ein weil lern, bis ich hie anfang, und das er mirs deutlich aussetzt, damit 

ich alsdebesser lernen kann. Sonderlich aber wolt ich gern das Le contant 

haben« (S. 115). 

^_^ •• •• 

Hier haben wir eine bestimmte Äußerung über den Ubungsstoff des 

jungen Nürnbergers; denn das >Le contant^ wird kaum etwas anders 
sein als die französische Chanson >Le C07itent est riehen. Eine Klavier- 
bearbeitung dieses Liedes erschien schon 1530 in der Klaviersammlung 
von Attaingnant (siehe Musikbeispiele S. 260) und daß es speziell von 
dem deutschen Studenten von seinem früheren Lehrer erbeten wird, ist 
ein Beweis für die Beliebtheit und die Verbreitung des Liedes^). 

Christof erhält das Stück, muß sich aber noch weiter alleine helfen; 
denn Professor Camerarius kümmert sich nicht um die Sache. 

14. Sept. 1556. >Das liedt vom Paulus Lautensack hab ich empfangen 
und kan mich also wol daraus verrichten, und ist mein bit an dich, du 
wolest in weiter ansprechen, das er mir etwas guts schickh und also wie 
das vorig aussetz« (S. 116). 

Endlich wendet sich der Vater an die Frau Camarius mit der Bitte, 
die Wahl eines Lehrers zu übernehmen. Inzwischen aber läßt sich Christof 
noch weitere Stücke von Lautensack schicken. 

13. Oct. 1556. > Lieber Vater, ich fueg dir zu wissen, das ich auf dein 
schreiben und bevelh bei meiner frawen jetzund wir [werde] anheben auff 
dem instrument zu lernen. Was er [der Organist] aber das Monat von mir 
nemen wil, das kan ich dir nicht zuwissen tun. Aber ich neben meines 
herrn son auf bevelh meines herrn woln aufs nechst mit im handeln, was 
er nemen wöU, und dir dasselbig auff das erst zuschreiben« (S. 117). 

20. Oct. 1556. »Weiter fueg ich dir zuwissen, das ich hab angefangen 
zulernen bei eim Organisten, der hat sich erpoten, was im ein anderer geh, 
das sol mir auch widerfarn« (S. 119). 

14. Dec. 1556. ». . . fueg dir aber zuwissen das ich allhie bei einem 
Organisten lern, an dem ich noch kein mangel hab, sondern mich fieissig und 



1) Gedruckt wurde der Vokalsatz in dem »Primo Libro de le Canxoni Franxeae 
nuovamente stampate, et per Andrea Antigo intagliate^ db con diligentia corrette. Apud 
Oetavianum Scotum [Venedig] 1536«, von dem mir nur der Alt und der Baß auf 
der Münchener Bibliothek bekannt sind. 



i 

j 



— 93 — 

treulich des tags eine halbe stunde unterweist. "Was aber den lohn bedrifft, 
weis ich nicht, was man im geben soll, hat gleichwol meines heiren sun 
gesagt, wol mich eim andern gleichhalten und von mir was billich und recht 
sei, nemen (S. 119). 

Am 3. Juli 1557 schreibt Christof auf Veranlassung seines Leipziger 
Lehrers an den Vater und bittet, durch Lautensack, Saiten besorgen zu 
lassen, 

»mir eine gattung und dem Organisten eine, jeder Seiten und gattung 2 roln 
wie sie dan zum instrument gehörn« (S. 121). 

Erst nachdem Christof beinahe ein ganzes Jahr von dem Leipziger 
Organisten unterrichtet worden ist, wird die Frage des Honorars definitiv 
erledigt. 

18. Sept. 1557. »Nachdem ich bei dem hiesigen Organisten ein jar zu- 
lernen angefangen und dasselbig bis an 6 wochen verlaufen ist, so fueg ich 
dir zu wissen das er das monat 1 taler haben wil. Wiewol es vil gelts-ist, 
aber jedoch mus ich bekennen, das er mich fleissig und treulich dafür ge- 
lernet und unterwiesen hat, versieh mich auch gentzlich, es sol nicht übel 
angelegt sein. Dieweil ich also weiter keines lermeisters auf dem instrument 
(doch den Paulus Lautensack ausgenommen) bedarf und mich also nun selbs 
darein schicken kan und wil, so ist mein gantz freuntlich bit an dich, die- 
weil jetzund sunst bei meiner frawen auf dem markt vil ausgebens ist, so 
mocht es meiner frawen also vil gelts auf einmal beschwerlich sein, bit der- 
halben, du wollest so wol thun und das gelt einem kaufman, nemblich dem 
Strauben, deinem hausherrn, welcher auf den markt auch herein zeucht, oder 
sunst einem, mit dem du bekannt bist, zustehen, das ich dasselbig allhie 
empfange. Ich bin auch von einem Studenten oder 2, die Organisten sindt, 
die mich haben hören schlagen, und gesagt, das mir nichts fei weder das 
ich nicht singen kun, vermant worden dass ich dasselbig lernen wöll, welches 
mir zu grossem nutz geraichen werdt, hab derhalben mit einem wolgelerten 
Studenten, der auch wol singen kan, welchen mein herr Camerarius heur an 
eines knechts stat angenomen, geret, welcher mir solchs zulernen gesagt und 
verhoff auch dasselbig mit Gottes hilf, an meiner studien verhindernuss, in 
6 oder 8 wochen zulernen (dan es nichts sonderlichs schwer ist) und wil 
alsdan so ich singen kann, den Paulus Lautensack zuhilff nemen, ime da- 
rurab schreiben und selber lernen aussetzen und schlagen, was mir gefeit« 
(8. 123). 

Näheres über das Leipziger Studium Kress' lernen wir aus den Briefen 
nicht. Als aber Christof später nach Bologna geht, berichtet er auch 
über Einzelnes, das nicht ohne Interesse für uns ist, indem es über die 
Verhältnisse Aufschluß gibt, unter denen die deutschen Studenten, die 
nicht speziell Musik studierten, in Italien ihre Liebhaberei verfolgten. 
Auf der Reise schickt er noch (8. Sept. 1559) einen Gruß an Lautensack 
und schreibt dann in einem seiner ersten Briefe aus Bologna. 



- 94 ~ 

30. Okt. 1559. »Diser Zeit hab ich zukauffen kein instrument kunnen 
bekummen, ist mir aber ein zimli^^h guts geliben worden darum ich alle 
monat 2 oder 3 patzen geben soll, wil dasselbig ein zeit lang brauchen, dan 
solt ich mirs kaufen, so sind sie theur und kunts einmal um solchd geldt 
nicht wieder anwenden« (S. 145). 

Später bestellt sich Christof für dieses geliehene Instrument Saiten 
aus Nürnberg, macht aber dann die Bestellung rückgängig, weil er so 
viel er braucht, von dem Instrumentenleiher bekommen kann und weil 
solche Sendungen in Venedig oft verloren gehen (S. 151). Vater Kress 
hält den nunmehr neunzehnjährigen Sohn immer noch zum fleißigen Üben 
auf dem Instrument an. Seine andern Studien aber scheinen ihn mehr 
in Anspruch zu nehmen, und wir hören nicht mehr so viel von der Musik. 
Nur noch einmal in dem letzten Brief aus Bologna wird die Musik er- 
wähnt und zwar als Beschäftigung während einer unangenehmen heißen 
Zeit. 

24. Aug. 1560. >SunBt sthat mein fach in zimlichen wesen, hat mich 
die hitz ein zeit lang wass verhindert, dass ich schier gar nichts ausrichten 
kunnen, soll jetzund hinfortan widenim hereingebracht werden. Hab die 
jZeit die musica sampt andern exercitiis getriben« [S. 171). 

Diese Briefe des jungen Nürnbergers geben nach manchen Richtungen 
hin ein sehr interessantes Bild. Die wichtigsten Züge, die wir ihm ent- 
nehmen, belehren uns z. B. über die Unterrichtsjahre. Der Unterricht 
fing ipi neunten Lebensjahr an und dauerte durch die Leipziger Studien- 
jahre bis 1559, also ungefähr zehn Jahre. Christof, schreibt, als ob er 
bis dahin genug gelernt haben wollte, um sich ohne Meister weiter helfen 
2U können. Die italienischen Briefe erwähnen auch keinen Lehrmeister 
in Bologna. Über das Lehrmaterial und die Übungen erhalten wir keine 
Nachricht außer der Erwähnung der französischen Chanson >Le Content <. 
Es wird wohl zum größten Teil aus solchen abgesetzten Liedern bestanden 
haben. In dem täglichen Unterricht (bei Kress täglich eine .halbe Stunde) 
kommt die deutsche Anschauung der des Spaniers Bermudo entgegen. 
Merkwürdig und bezeichnend für die ganze deutsche Klavierübung jener 
Zeit ist die Tatsache, daß Christof Kress für sein Klavierspiel keinerlei 
allgemeine musikalische Vorbildung hatte. Er scheint das Klavierspiel 
ganz mechanisch gelernt zu .haben. Während der Leipziger Jahre muß 
ihm noch sein Lehrer alle Stücke deutlich in die Tabulatur übertragen. 
Erst gegen Ende des Leipziger Aufenthaltes läßt er sich von Komilitonen 
überreden, das Singen, d. i. die Notenkenntnis und die allgemeinen Grund- 
lagen der Musik, zu lernen, damit er in Zukunft Stücke für sich selbst 
übertragen könne. Wir werden sehen, daß noch bis in das 17. Jahr- 
hundert diese allgemeine musikalische Bildung den deutschen Organisten 
fehlte und daß die Mängel ihnen gerade in der Ausübung der Kunst 



r 



— 95 — 

•des Generalbaßspieles Schwierigkeiten machten. So erklären sich die 
in den deutschen Lehrbüchern, wie Virdung und Agricola, immer wieder- 
kehrenden mechanischen Regeln für die Absetzung eines Stückes in die 
Orgel- oder Lautentabulatur. Das auf der Kenntnis der Kompositions- 
lehre beruhende freie Fantasiaspielen, wie wir es bei unsern Spaniern 
kennen lernten, die es für jeden gebildeten Spieler als Notwendigkeit 
betrachteten, war in Deutschland nicht unbekannt, schien aber für etwas 
Esoterisches zu gelten. Vir düng (Mus. get. t^ol. D IV«^.) äußert sich 
einmal darüber: 

»So du aber vor hin ein wenig application der finger hattest / so ge- 
traw ich dich wol daruff zu lernen / durch die tabulatur was vor hin gesetzt 
ist / zu disem mal / Aber das contrapunckt zu lernen / un ad placitum hin 
z\x spielen uff kor gesang oder sunst das wil ich in dem andern buch für geben«. 

Das »ander buch« ist aber bekanntlich nie erschienen oder wenigstens 
bis jetzt nicht gefunden worden. Es sollte eine ausführliche Mu«iklehre 
/ enthalten, von dem das im Druck erschienene Werk nur ein Auszug war. 
Diesem Mangel an allgemeiner musikalischer Bildung ist auch wohl die 
manchmal recht geschmacklose Herrichtung der Übertragung eines Werkes 
hei den deutschen Koloristen zuzuschreiben. 

Beide Lehrer des Christof waren Organisten. Von dem Nürnberger 
Lautensack wenigstens wissen wir, daß er auch das Amt eines Kirchen- 
organisten an St. Sebald bekleidete ^). Der Leipziger, dessen Namen wir 
nicht erfahren, war aber wohl auch Kirchenorganist. Das Instrument, 
auf dem Christof spielen lernte, war ein besaitetes Tasteninstrument. 
Von der Orgel ist niemals die Rede. Christofs Vater schreibt einmal 
von einem Virginal. Wir werden aber in dem Falle eines etwas jüngeren 
Mitbürgers des Christof sehen, daß das übliche Instrument das Clavi- 
chord war, und es wird wohl auch ein Clavichord gewesen sein, auf dem 
Christof meistenteils spielte. Ob die zwei Studenten, deren Urteil über 
sein Spiel ■ Christof dem Vater mitteilt und die er Organisten nennt, 
wirkliche Orgelspieler waren, oder, wie er selber, gebildete Dilettanten 
auf dem Klavier, steht nicht fest. Jedenfalls beweist es uns, daß man 
einen strengen Unterschied zwischen Orgel- und Klavierspieler nicht 
machte. Bezeichui-ad für den jungen Patrizier, dem es an Geld nicht 
fehlte, ist die Mühe, die er sich gibt, ein gutes Instrument in Leipzig 
anzuschaffen, und es seinem Leipziger Lehrer zur Begutachtung und 
Besaitung ins Haus zu tragen obwohl er zu Hause schon eins hatte. 

Es darf nicht vergessen werden, daß Kress' Ausbildung nicht die 
eines Pachmusikers, sondern nur die eines Dilettanten war, eine Tatsache, 



1) Vgl. Adolf Sandbergers Einleitung zu Band V der Denkmäler der Tonkunst 
in Deutschland. Zweite Folge. (Bayern). 



— 96 — 

die in dem Vergleich mit den früher erwähnten Italienern della Valle 
und Zacconi, die Mängel der deutschen Bildung ein wenig entschuldigt, 
ohwohl wir bei Sancta Maria und Bermudo gesehen haben, daß sie ihre 
Forderungen von einer gründlichen Vorbildung ganz allgemein aufstellten 
und daß Bermudo geradezu mit Verachtung von den bloßen Tabulatur- 
Spielern spricht. Es ist schade, daß wir über die musikalische Tätigkeit 
während Christofs italienischem Aufenthalt so wenig erfahren. Es wäre 
durchaus wichtig gewesen zu wissen, welche neue Standpunkte er da 
hat einnehmen müssen und welche Einflüsse auf ihn einwirkten. 

Manches, was wir über die musikalische Erziehung der Nürnberger 
Patriziersöhne in Kress' Briefen lesen, findet seine Bestätigung in den 
Bechnungsbüchem eines zweiten Nürnberger Bürgers, Paul Behaim^). 
Einer seiner Söhne, gleichfalls Paulus genannt, wurde am 8. Okt. 1557 
geboren 2). Am 31. März 1562 wird er zum ersten Mal zu einem Schul- 
meister geführt (S. 123). Aus dem Jahre 1567, als der kleine Behaim 
zehn Jahr alt war, haben wir folgende Notiz in des Vaters Bechnungs- 
bücher: 

»a di 9 november hab ich mein Paulus zum organist lassen gen, sol in 
auf dem KlafEcordia lernen schlagen und soll ich im alle 4 wochen 1 fl. zu 
lernen bezalen, dem Paulus Lautensack, hab ich im auf die hant zalt — 
— 1 fl.< (8. 129). 

Das Haus Behaim scheint um diese Zeit (1568) kein Clavichord be- 
sessen zu haben, obwohl früher (1554) der ältere Behaim diese Eintragung 
in seine Bücher gemacht hatte: 

> a di 6 jenner zalt eim maier von eim Klafficordia zu malen, ist gar 
klein mit meinem wappen, thut 2 thaler, — 2fl2^ 12 A mer zalt für 
das klafficordi im anfang thut 21/2 thaler 2fl7^6A«(S. 75). 

Wir lesen aber 1568 

» Verert dem Lautensack, er sein Clafficordia dem Paulus gelihen 

4 AT 24 A< (8. 129). 

und weiter in demselben Jahr 

>A dl den 12 jenner zalt dem Bonifazius Nottle für ein Clafficordia 
darauf mein Paulus lernen soll cost 2 fl« (S. 132). 

Der Paulus Lautensack, der hier als Lehrer des jungen Behaims ge- 
nannt wird, soll der Sohn desjenigen sein, der Christof Kress im Klavier- 



1) Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Heft VII, 
Nürnberg 1892. »Aus Paulus Behaims Rechnungsbüchern«. Mitgeteilt von J. Ea- 
mann. Diese Briefe hat schon Ad. Sandberger in seinem Vorwort zu dem V. Band 
der Denkmäler der Tonkunst in Deutschland benutzt. Zweite Folge (Bayern). 
Die Seitenangaben beziehen sich auf Eamanns Veröffentlichung. 

2) Vgl. Biedermann, Geschlechtsregister, Tab. VII und VIII. 



— 97 — 

spiel unterrichtete*). Er scheint vor dem Jahr 1571 gestorben oder von 
Nürnberg weggegangen zu sein; denn der kleine Behaim hat in diesem 
Jahre einen anderen Lehrer. 

»A di den 11 november [1671] zalt ich Jörg vom Hof wegen das er 
dem Paulus auf dem isterament lert, 1 fl« (S. 132). 

und weiter 

>A di primo jenner verert ich dem Jörg vom Hof zum neien jar, von 
wegen das er fleis mit dem Paulusen haben soll 4: & 6 A.« (S. 132). 

Bald darauf am 21. April 1572 (S. 133) geht auch der junge Behaim, 
14Y2 Jahre alt, nach Leipzig. Dort setzt er seine Musikübungen weiter 
fort; denn am 26. Juli erhält der Vater von ihm einen Brief, in dem er 
ihm mitteilt, daß er 10 fl. geborgt und 3 davon für ein >isterement« 
gegeben habe (S. 134). Der weitere Studiengang wird wohl wie der des 
Christof Bjess verlaufen sein. Wie Kress nach Bologna, so ging Behaim 
später (1575) nach Paduä, wo er bis 1578 blieb 2). 

Ob es bei Paulus Behaim mit der musikalischen Bildung im allgemeinen 
so schlecht bestellt war wie bei Christof Kress, wissen wir nicht. Auf 
das Gegenteil könnte man vielleicht schließen, wenn man im Jahre 1567, 
also in demselben Jahre als Paulus seinen Klavierunterricht begann, liest: 

»1 gesangpüchlein für mein Paulus 6 ^ 9 Jv.« (S. 129). 

Jedenfalls liefern die Briefe dieser beiden jungen Nürnberger ein nicht 
schlechtes Zeugnis für die Hochachtung, in der das Elavierspiel bei den 
wohlhabenden Nürnberger Familien stand. Auf des älteren Behaims 
Verhältnis zu dem Organisten Lautensack und auf die Musikliebe der 
Nürnberger und Augsburger Patrizier werden wir später wieder zurück- 
kommen. (Vgl. S. 152, 186 dieser Arbeit.) 

Nach diesem Vergleich zwischen dem Klavierunterricht in Deutschland 
und in Italien und Spanien möchte ich gerade für die beiden letzteren Länder 
die Frage auf werfen, in welcher Form der Stoff dem Schüler und dem 
Spieler überhaupt vorgelegt wurde. Durch das Zurückgreifen auf die 
Vokalmusik oder genauer ausgedrückt, auf polyphone Stücke, die zu 



1) Vgl. »Mitteilungen des Ver. f. Gesch. d. St. Nürnbergc VII. S. 59, Anmerkung 
2 and Sandberger, Denkmäler der Tonkunst in Bayern V, S. XVI, XVII. 

2) »Briefe eines Leipziger Studenten [Paul Behaim] aus den Jahren 1572 — 74« 
(Herausgegeben von Dr. W. Loose. Beilage zum Jahresbericht der Bealschule zu 
Heißen 1880, Programm Nr. 480) enthalten nichts über die musikalische Betätigung 
Behaims in Leipzig. »Paul Behaims Briefe aus Leipzig und Padua« veröffentlicht 
von W. Loose, (Qratulationsprogramm der Realschule und des Progymnasiums in 
Meißen 1879) waren mir nicht zugänglich. 

Kinkel dey, Orgel nnd Klavier. 7 



- 98 — 

einem Text komponiert waren, wurde ja dem Instrumentalisten ein enormes 
Material zur Yerfügung gestellt. Aber dem, der mit der Vokalmusik des 
16. Jahrhunderts und der früheren Zeiten vertraut ist, werden gleich 
einige Schwierigkeiten auffallen. Die gedruckte Vokalmusik ist uns ja 
meistenteils nur in einzelnen Stimmbüchem erhalten. Wo sie nicht in 
solchen einzelnen Heften, von denen jeder Sänger oder jede Stimme ihr 
eigenes Heft vor sich hatte, vorliegt, da wurde sie in der älteren Ohor- 
buchform veröffentlicht. Das heißt, die Stimmen wurden alle nur 
in ein Buch gedruckt, nicht etwa in mehreren zusammengehörigen 
parallellaufenden Liniensystemen, eins unter dem anderen wie in den 
modernen Partituren, sondern jede einzelne Stimme für sich allein da- 
stehend und in dieser Weise eine nach der andern über die Seite oder 
über die beiden Seiten des aufgeschlagenen Buches verteilt. In dieser 
Form konnte das Buch auf einem Pulte vor die Sänger hingestellt werden, 
so daß es alle sehen und jeder seine Stimme davon absingen konnte. 
Zu diesem Zwecke wurden auch diese Bübher häufig in sehr großem 
Folioformat gedruckt. Dieselbe Anordnung der Stimmen war auch in 
den handschriftlichen Notenbüchem vor dem 16. Jahrhundert und noch 
während des 16. Jahrhunderts gebräucUich. 

Was sollte nun der Organist oder der B^lavierspieler mit solchen 
Werken anfangen? Die erstaunliche Antwort auf die Frage lautet; »Er 
sollte sie spielen«. So unmöglich das uns heute auch erscheinen mag, 
Bermudo bezeugt klar und ohne Zweifel, daß es nicht nur möglich 
war, sondern daß es von jedem guten Spieler verlangt wurde. Bermudo 
erwähnt drei Arten, von Noten zu spielen (S. 20). Für Dilettanten oder 
musikunkundige Spieler schlägt er die mechanische Ziffern- oder Buch- 
stabentabulatur vor, die wir speziell in Deutschland kennen. Für den 
etwas weiter gebildeten Musiker bevorzugt er eine mit Taktstrichen ver- 
sehene Partitur gleich unseren modernen. Das beste aber ist das di- 
rekte Abspielen von dem gewöhnlichen Notenbuch (libro de 
canto de organo). Aus der Schwierigkeit dieser Methode macht Bermudo 
kein Hehl. Es erfordert die größte Aufmerksamkeit, alle Stimmen genau 
zu verfolgen. Auch die Stücke, die Bermudo gibt, von ihm speziell zum 
Spielen komponiert, sind in dieser Chorbuchanordnung gedruckt. Sancta 
Maria macht es dem Spieler etwas leichter, indem er die Beispiele 
meistenteils auf parallellaufenden Systemen, eine Stimme direkt unter 
der anderen, aber ohne Taktstrich und ohne Eücksicht auf die zusammen- 
gehörenden Noten aufzeichnet. Dabei sei auch erwähnt, daß Sancta 
Maria in dem Kapitel über das Absetzen von Mensuralmusik auf das 
Monochord {Cap. XX. *De avisos breves y faeiles para poner obras de 
canto de organo en d Monachordo<, Vgl. S. 45 f.) kein Wort über irgend 
eine Art Tabulatur verliert. Im Gegenteil, seine Anweisung, die Noten 



— 99 — 

genau Takt für Takt ins Auge zu fassen, und daß nie in irgend einer 
Stimme eine Note aus dem nächsten Takt genommen werde, bis alle 
andern Stimmen zu dem betreffenden TaktschluB gekommen sind, würde 
viel eher auf ein direktes Abspielen der Stimmen passen als auf ein 
Intayolieren, zumal für den Anfänger das Zusammenfassen nach Halb- 
takten als leichter erklärt wird als die Ganztaktmethode. Daß aber im 
allgemeinen auf die Fähigkeit^ solche einzeln gedruckte Stimmen zu lesen 
und im Zusammenhang aufzufassen, in dieser Zeit gerechnet wurde, läßt 
sich schon daraus yermuten, daß in den theoretischen Lehrbüchern 
fast nie eine partiturähnliche Anordnung der Beispiele vorkommt, sondern 
alle Stimmen einzeln für sich gedruckt werden. 

Auf diesem Punkt werden wir noch in dem Abschnitt über das 
Partiturwesen und dem Uri^rung des Basso-continuo zurückkommen. 
Das hier Gesagte soll eine Erklärung bieten für die hohen Anforderungen, 
die an den Organisten und lOavierspieler gestellt wurden und für die 
lange Zeit, die für das Studium angesetzt wird. Denn es bedarf ohne 
Zweifel einer langen Übung, um diese Art des Partiturlesens zu 
beherrschen. Und auch daraus erklären sich zum Teil die Forderungen, 
daß ein Organist ein guter Theoretiker sein und etwas von der Kompo- 
sitionslehre verstehen müsse. Denn es würde keine 10 oder 20 Jahre 
Jahre kosten, um sich nur eine Fingertechnik anzueignen, die alles das 
leisten könnte, was selbst in den schwierigsten Stücken, die aus dieser 
Zeit auf uns gekommen sind, verlangt wird. Hierin möchte ich auch den 
Grund dafür suchen, daß trotz der großen Anzahl von Künstlernamen, 
die uns bekannt sind und trotz der vielen Nachrichten von ihrer Tätig- 
keit auf dem Gebiete der Orgelkunst, die Zahl der praktischen Denk- 
mäler, besonders vor der Mitte des 16. Jahrhunderts, so auffallend 
klein ist. 

Denmach muß man den Begriff >Orgelwerke« für die Zeit vor dem 
16. Jahrhundert und noch zum Teil für das 16. Jahrhundert etwas anders 
fassen, als man es jetzt tut. Wenn man von Orgelwerken aus dieser 
Zeit spricht, so denkt man zunächst an die wenigen bekannten Stücke 
in Tabulatur, die beinahe alle an den Fingern aufzuzählen sind. Die 
ältesten bisher aufgefundenen Stücke dieser Art sind diejenigen, die in 
dem in der Einleitung (S. 4) schon erwähnten englischen Denkmal aus 
dem 14. Jahrhundert vorkommen. Das Werk ist nicht als Orgeltabulatur, 
bezeichnet, entspricht aber ganz dem Charakter der Orgelstücke der Früh- 
zeit, wie wir sie zum Teil schon erörtert haben. Es enthält in Wirklich- 
keit mehrere Stücke zu Texten komponiert, zum Teil in Buchstaben- 
tabulatur mit ausgeschriebenen Verzierungen notiert. Aber diese wenigen 
Stücke sind wohl nicht die einzigen Orgelwerke, die aus dieser Zeit vor- 
handen sind. Denn nach dem oben Gesagten kann man jedes Stück, 

7* 



— 100 — 

welches in passender Form notiert ist, als Orgelwerk ansehen. Selbst- 
verständlich brauchte es der Organist nicht so einfach und schlicht, wie 
es da steht, zu spielen; denn wir werden sehen, die Yerzierungskunst 
gehörte auch zum Orgelspiel. Das Orgelspiel war auch nicht auf da& 
Spielen von fertig niedergeschriebenen Stücken beschränkt, denn au» 
unsem Spaniern geht hervor, daß das Höchste in der Orgelkunst doch 
das freie Fantasieren war. 

Um aber ein Beispiel von der Anwendung dieses erweiterten Begriffes 
»Orgelspiel« zu geben, möchte ich folgendes anführen. Aus der Florentiner 
Biblioteca Medicea Laurenxiana ist uns eine Prachthandschrift aus dem 
14. Jahrhundert bekannt, der sogenannte Squarcialupi Codex, worin 
die Werke älterer italienischer, besonders Florentiner Komponisten ent- 
halten sind. Die meisten Stücke sind zweistimmig, manche drei-, einige 
einstimmig. Das Werk gehörte dem hochberühmten Florentiner Orga- 
nisten Antonio Squarcialupi (f ca. 1470). Einige Blätter sind in Faksi- 
mile von Gandolfi herausgegeben worden^). Schon bei diesen wenigen 
Faksimilien, die in der Florentiner Denkschrift von 1902 mitgeteilt werden, 
sieht man in den Miniaturen die häufigen Abbildungen eines Portatifs. Der 
große B>uhm Squarcialupis als Orgelspieler legt den Gedanken nahe, daß 
er trotz der schwierigen alten Anordnimg der Stimmen, dieses Werk doch 
als Orgelsammlung benutzt hat, zumal es bei einem Blick in die Original- 
notation und ihre Übertragungen in dem zweiten und dritten Teil des 
Wolf sehen Werkes über Mensuralnotation ^) sofort auffallen muß, daß 
die Stücke ein viel mehr instrumentales als vokales Gepräge zeigen. Die 
einzelnen Textsilben scheinen zuweilen für außerordentlich lange Melismen 
zu gelten, die des öfteren durch Pausen unterbrochen sind. Die häufigen 
Hoquetus-Stellen werden auf dem Tasteninstrument ganz selbstverständlich, 
während sie für den Yokalstil immer fremd wirken müssen. Biemann 
hat schon erkannt, daß diese Stücke nicht reine Vokalstücke sind 3). Er 
nimmt an, daß sie durch Yokalstimmen mit instrumentaler Begleitung* 
ausgeführt wurden, und sucht nun das instrumentale Element heraus- 
zuschälen. Noch einfacher scheint mir die Erklärung, daß es reine 
Orgelwerke sind. Mit dieser Annahme werden Hoquetus - Stellen 
(wie z. B. Wolf m, 102, Zeüe 3, 147, Zeile 3, 103, ZeUe 4—5) musi- 
kalisch leicht denkbar und ausführbar, jedenfalls leichter auszuführen als 



1) Dreizehn Seiten in Faksimile mit Einleitung von Gandolfi in »lüustraxionz 
di ahimi cimeli concementi Varte musiecUe in Firenxe^, Florenz 1902, Tav. VII bis 
XIX. Näheres über die Handschrift und ihren Inhalt bei Wolf, »Geschichte der 
Mensuralnotation«, Leipzig 1904 I, S. 228 ff. 

2) Originalgestalt Teil II, S. 61—100. Übertragungen Teil III, S. 92—134. 

3) Sammelbände der IMG VII (1906), S. 529fF. Handbuch der Musikgeschichte I, 
Teil 2, S. 306 ff., II, Teil 1, S. 18 ff. 



- 101 — . .; . 

mit einzelniBn Instrumenten. Damit fällt auch die Notwendigkeit einer 
Oktavtransposition der Mittelstimme weg, zu der Biemaniti'iij:' Reiner Aus- 
gäbe für den modernen praktischen Gebrauch greift i). / . 

Dazu kommt noch die Tatsache, daß die meisten dieser Stücke- .mit 
vielen in kleinen Notenwerten geschriebenen Verzierungen besonders h. 
der Oberstimme versehen sind, die sehr oft den ümspielungen eines Tones 
bei den deutschen Koloristen des 16. Jahrhunderts zum Verwechseln 
ähnlich sind. Auffallen muß auch die Eigentümlichkeit, daß in dem 
Squarcialupi- Codex* sowie in einigen verwandten Handschriften 2) die 
Stimmen durchgehend auf Systemen von sechs Linien stehen, während 
man sonst in dieser Zeit sich fast immer des üblichen Fünfliniensystems 
bediente. Systeme von mehr als fünf Linien sind für die spätere itali- 
enische Orgeltabulatur (16. Jahrhundert) bezeichnend, besonders das System 
von sechs Linien für die rechte Hand. Vergleicht man nun die Stücke 
des Squarcialupi-Oodex und der verwandten Handschriften mit dem eben- 
falls bei Wolf (Beispiele Nr. 78) mitgeteilten Probestück aus dem schon 
erwähnten englischen Denkmal, bei dem man die Ansicht, es sei eine 
Orgeltabulatur, fast nie beanstandet hat, so fällt einem sofort die Ähnlich- 
keit in der eigentümlichen Gestalt auf. Wir finden dieselben orgelmäßigen 
Umspielungen der melodischen Haupttöne besonders in der Oberstimme, 
dieselben auffaUenden Hoquetus-SteUen (Wolf HI, S. 195, ^ile 3, S. 198 
Zeile 2). Das plötzliche Einschalten eines Extratones, damit der Akkord 
dreistimmig wird, ist durchaus orgelmäßig. Im übrigen lassen sich auch 
anderswo Beispiele für solche ausnahmsweise hinzugefügte Töne auf- 
weisen. Wolf führt unter Nr. 36 ein Stück von Dufay aus einem 
Nürnberger Fragment an. Hier treten auf einmal an verschiedenen Stellen 
Stimmenspaltungen ein. Besonders bei einigen Stellen, wo sich durch 
die Spaltung volle vierstimmige Akkorde ergeben in dem dreistimmigen 
Satz und wo diese Akkorde (noch mit Fermaten versehen sind, denkt 
man leicht an lange Orgelakkorde, die durch die plötzlich eingeschobenen 
Töne voller klingend werden. In einer Handschrift (London, Brit. Mus. 
Add. Mss. 29987), die ähnliche Notenformen und Gestalt der Stücke 
aufweist, wie der Squarcialupi-Oodex und die von Wolf auch in dieselbe 
Klasse wie dieser gestellt wird, kommt die Form ^J" vor (Wolf 11 107) 3). 

1) Vgl. z. B. aus Riemanns »Hausmusik aus alter Zeitc, Leipzig [1906], Heft I, 
Nr. 2. Francesco Ländinos, *Per la mie dolee piaga< mit dem Original in Wolfs 
Geschichte II, S. 92 oder III, S. 126. 

2) Vgl. Wolf, Mensuralnotation I, S. 244, 250, 268. 

3) Biemann, Sammelbände der IMG YII (1906), S. 632, Anmerkung 1 macht 
schon auf andere solche merkwürdige Stellen aufmerksam. Er hält sie auch für 

Überreste einer Organalmanier. Stellen, wie die Schlußnoten c 



3 , wie sie 



oft in Stainers *Early Bodleicm Musie< vorkommen, erinnern an Bermudos 
Triller nach beiden Seiten der Hauptnote. (Vgl. S. 14). 






. • :• • 



la 



102 — 



Wenn man '»b^ die Geschichte Ton dem Orgelwettstreit zwischen 
Francesco 'La n*d in und seinem venetianischen Bivalen Francesco da 
Pe8.arö dei&t, wenn man die Sammlung von Grabschriften für den Or- 

♦ * • * 

^^suusten'Squarcialupi liest^), wenn man erfährt, daß in dem Nachlaß 
; des'Lorenzo Maginfico sich vier verschiedene Hauso'rgeln befanden 2), 
wird einem der Gedanke nahe gebracht, daß einerseits diese ganze 
eigenartige Kunstentwicklung und die Entwicklung* ihrer Notation mit der 
Orgelkunst in direkter Verbindung stehen, und daß anderseits die Samm- 
lungen, in denen uns diese spezielle Musik überliefert ist, auch in 
der späteren Zeit solchen Virtuosen wie Squarcialupi für die Ausübung 
ihrer Kunst bei den prunkvollen Hoffestlichkeiten oder bei den schlichteren 
häuslichen Unterhaltungen als Grundlage dienten, wenn nicht gar als 
einfaches und spezielles Notenbuch für Orgelstücke. "Wenn es sich nach- 
weisen ließe, daß die Mehrzahl der im Squarcialupi-Codex vertretenen 
Komponisten Organisten waren, wie es von einigen bekannt ist, so wäre 
es noch wahrscheinlicher, daß wir es hier mit Orgelstücken zu tun haben ; 
und die Verbreitung der mit dem Squarcialupi-Codex verwandten Hand- 
schriften , in denen auch zum großen Teil dieselben Komponisten ver- 
treten sind, würde auf die Verbreitung des norditalienischen 
Orgelspiels hindeuten. 

Zwei besondere Schwierigkeiten stehen dieser Annahme, daß wir es 
bei den auf mehreren Systemen aufgezeichneten Kompositionen mit Orgel- 
stücken zu tun haben, im Wege, die aber doch beseitigt oder wenigstens 
zum Teil erklärt werden können. Die erste besteht darin, daß die 
Stücke in Stimmen geschrieben sind. Wie wir gesehen haben, sollte 
dieses für den tüchtigen Organisten kein Hindernis sein. Aber gerade 
bei dem Squarcinalupi-Codex, wo die Mehrzahl der Stücke zweistimmig 
ist und wo überhaupt nie mehr als drei Stimmen zusammenzulesen sind^ 
wäre es dem Organisten nicht allzuschwer geworden, wenn er nur mit 
den komplizierten Kegeln der Mensurierung vertraut war. Allerdings 
ist bei Stücken, die nicht ganz auf einer Seite oder auf zwei gegenüber 
stehenden Seiten geschrieben sind, an ein vom-Blatt-spielen nicht zu 
denken. 

Die zweite Schwierigkeit würde darin bestehen, daß den Stücken 
immer ein Text untergelegt ist. Aber gerade das Mißverhältnis zwischen 



1) Vollständig mitgeteilt bei Wolf I, S. 229ff. Fast ohne Ausnahme betonen 
die verschiedenen Grabschriffcen, die zur Auswahl geboten wurden, sehr stark das 
bezaubernde Orgelspiel Squarcialupis. Von irgend einer anderen Tätigkeit als 
Musiker wird kein Wort verloren. 

2) Siebe Nerici, *Storia deüa mtisiea in Lucca*. Nach diesem gehörten die 
Instrumente dem Lorenzo und nicht dem >Landino Squarcialupi« wie Eornmüller 
(Haberls Eirchenmus. Jahrbuch 1893, S. 3, Anmerkung 16] mitteilt. 



— 163 — 

diesem Text und der Musik hatte schon Eiemann zu seinen Versuchen 
geführt, das instrumentale Element von dem Best zu sondern und den 
Text mit diesem Eest in Verbindung zu bringen. Der Text ist auch dem 
englischen Denkmal untergelegt. Die Stücke des Squarcialupi- Codex 
könnten ebensogut wie dieses Transkriptionen von Vokalstücken für Orgel 
sein. Wie man den Text bei einem Orgelstück verwenden konnte, davon 
gibt uns ein Venetianischer Organist, der einige Jahrzehnte nach Squar- 
cialupi lebte, ein interessantes Beispiel. Nicolo Sagudino, Venetianischer 
Gresandtschaftssekretär in England, schreibt in einem Briefe am 17. Mai 1517 
von einem gewissen Dionisio Memo, früher Organist an San Marco 
in Venedig. Dieser war nach England gekommen. Sein Spiel auf der 
Orgel oder dem Klavier hatte dem König Heinrich VIII. so gefallen, 
daß er ihn zu seinem Kaplan machte, um ihn bei sich behalten zu können. 
In dem angeführten Brief schreibt Sagudino: 

»Meister Dionisius hat einen sehr schönen vierstimmigen Gesang com- 
ponirt und hat ihn betitelt »Ifewor esto verbi tui servo tuo perpetuo in quo 
mihi spem dedisti^. Diesen sollte er dem König vorspielen, indem er ihm 
den Text in die Hand gab, durch den man es gut verstehen könnte. Sein 
Wunsch wird ihm nicht fehlschlagen^)«. 

Die Anekdote erinnert sehr an die ähnliche Geschichte die Glarean von 
Josquin am Hofe Ludwigs XTT. von Frankreich erzählt^). Kompositionen 
für die Orgel, die einen bestimmten Text behandeln, sind ja auch in 
späteren Zeiten bekannt. Man denke an die Orgel-Magnificats und noch 
viel mehr an die Choral Variationen der Protestanten. 

Die Annahme, daß die Stücke des Squarcialupi- Codex Orgelstücke 
sind, schließt die Ausführung mit Instrumenten oder mit Instrumenten 
und Stimmen nicht aus. Sie hilft uns aber zu einer Lösung der rätsel- 
haften Frage von dem oft gerühmten italienischen Orgelspiel des 14. und 



1) Dito missier Dionisio ä composto uno canio bdissimo a quatrOy e lo ha intitu- 
kUo: Memor esto etc. . . Dovealo sonar a questo Maestä e darli le parole; per le qttal 
se pd ben intender il desiderio suo non li mancherä*. Der Originaltext des 
ganzen Briefes ist in dem handschriftlichen Diarium des venetiani sehen Staats- 
mannes Marino Sanuto erhalten, welches sich über die Jahre 1496—1533 erstreckt. 
Das ganze Diarium erschien 1879—92 im Neudruck. Es enthalt hier und da auch 
musikalische Notizen, die bisher in der Musikgeschichte kaum benutzt worden 
sind. Einige Briefe des Gesandschaftssekretärs Sagudino sowie auch sehr viele 
des Gesandten Giustiniani hat Marino wörtlich oder im Auszuge in sein Dia- 
rium aufgenommen. Diese berücksichtigt auch Rawdon Brown in seiner eng- 
lischen Ausgabe der Dienstbriefe Giustinianis »Four Years at the Court of Henry 
VIII*, 2 Bände, London 18ö4. Vgl. auch Nagel, »Annalen der englischen Hof- 
musik«. Beilage zu den Monatsheften für Musikgeschichte, Band 26, Leipzig 1894, 
S. 3 und 4. Über Memos Tätigkeit am englischen Hofe siehe S. löO dieser Arbeit. 

2) Siehe Ambros, Geschichte III, 3. Aufl., S. 204. 



— 104 — 

15. Jahrhunderts und bietet uns eine Erklärung für die Stileigentümlich- 
keiten der sogenannten Florentiner Madrigalisterischule. Selbst den Ge- 
brauch der Namen Ballata, Madriale und Oaccia, der für diese 
Schule bezeichnend ist, könnte man mit den Kamen Ballo oder Ballette, 
Oanzona und Fuga, wie sie in der italienischen Orgel- und E^laviermusik 
des 16. und 17. Jahrhunderts angewendet werden, vergleichen. 

Wir haben also, um zu unserem jungen Orgelschüler zurückzukehren, 
gesehen, daß es dem, der es zu etwas Ordentlichem bringen wollte, durchaus 
nicht leicht gemacht wurde. Aber wie Bermudo selbst erwähnt, dem Dilet- 
tanten oder dem weniger Strebsamen erlaubte man, sich über die Schwierig- 
keit des Stimmenablesens durch eine Partitur oder eine Tabulatur hinweg 
zuhelfen. Es zeugt wieder von der niedrigen musikalischen Stufe, auf 
der das deutsche Orgelspiel im 15. und 16. Jahrhundert stand, daß man 
in Deutschland viel früher zu den Buchstabentabulaturen für den allge- 
meinen Gebrauch gegriffen hat, als in anderen Ländern. Daß die deutschen 
Organisten ihren ausländischen Kollegen in den nötigen theoretischen 
Kenntnissen nicht gleich kamen und daß dieser Mißstand noch bis in 
das 17. Jahrhundert dauerte, bezeugt uns ihr eigener Landsmann, 
Christoph Demantius, der in der lateinischen Vorrede zu seiner >Nova 
Bassi et Cantus Oeneralis sive Continui Conjunctio (Freiberg 1619) seine 
Einrichtung und Erklärung der doppelten Continuo-Stimme als Erleich- 
terung für den Organisten preist, der schwerlich aus dem einfachen Baß 
die Meinung des Komponisten erraten könnte >maxime apud Organicines 
Oermaniae, quirarö artemcompcmendicaUenU. AuchPraetorius(Syntogfni 
Teil 3, Kap. VI, S. 126) stellt seinen Landsleuten kein besonders gutes 
Zeugnis aus. 

Diese mechanischen Buchstaben-Tabulaturen bildeten bisher das fast 
ausschließliche Material für die Geschichte des Orgelspiels bis zur Mitte 
des 16. Jahrhunderts. Ebenso mechanisch waren ja auch die Ziffem- 
Tabulaturen von Venegas (1557) und Cabezon (1578) in Spanien. 
Dagegen sind die italienischen und die französischen Tabulaturen viel 
höher zu stellen. Sie nähern sich unserer heutigen Methode, für Tasten- 
instrumente zu notieren. Man schrieb nämlich im 16. Jahrhundert in 
den italienischen und französischen Tabulaturen auf zwei Liniensystemen 
das obere, meistens fünf- oder sechslinig für die Rechte, das untere fünf- 
bis achtlinig für die Linke. Dabei bewahrte man ziemlich streng die Tei- 
lung, so daß man sich klar vorstellen kann, wie die italienischen Orga- 
nisten die Noten eines polyphonen Satzes auf die beiden Hände verteilten. 

Das früheste bekannte Beispiel einer solchen Tabulatur ist nicht 
italienisch, sondern französisch. Es ist die in Paris 1530 bei Attaing- 
nant erschienene kleine Sammlung ^Tabtdature pour le ieu cPorgues, es- 



- 105 — 

pinettes et manicordions* in sieben kleinen Büchern, meistenteils verzierte 
Vokalstücke nnd einige Tänze und Präudes enthaltend^). Eine spätere 
Sammlung aus Frankreich hat sich nur dem Namen nach erhalten. Es 
ist das * Premier Livre de tablature d'Espinette] Chansons, Madrigales et 
QaUiardes€ von Simon Gorlier, Lyon 15602.) Das ist alles, was sich 
jetzt in Frankreich nachweisen läßt. 

Anders verhalt es sich mit Italien. So früh wie Attaingnants Samm- 
lung ist allerdings kein derartiges Denkmal in Italien vorhanden. Erst 
1540 finden wir die >MiLsica nova accommodata per cantar et sonar sopra 
organi, et aitri strumenti, composta per diversi eccellentissimi mtisici^. In 
Venetia, al segno del Poxzo. Sie enthält (nach Katalog Bologna IV, 27) 
Werke von Giulio (Segni) da Modenaj, Hieronimo da Bologna (Hierch 
nimo d'Urbmo) und Hieronimo Parabosco^). 

Darauf folgt 

>Intavolature ciod Recercari Canxoni Hinni Magnificati composti 
per Hieronimo di Marcantonio da Bologna, detto d'Urbino. 
lAbro Primo^, s. 1. s. a. [1542]*). 

Dann von demselben Komponisten 

^Intabidatura doe Misse Hinni Magnificat Libro 8econdo< Ve- 
nezia 1543. 

Ferner 

*Di Hieronimo d'Urbino. II primo libro de Tabidatura d' Or- 
gana dove si contiene tre Messe novamente da Antonio Oardano 
ristampato S da molte errori em^ndato, 

Missa apostubrum 
Missa dominicaUs 
Missa de Beata Virgine 

Venetia s. a. 



1) Nähere Beschreibung bei Seiffert, Geschichte der Elaviermusik, S. 51 — 52. 
Ein Stück daraus in der Musikbeilage S. 260. 

2) Vgl. Eitner, Quellenlexikon IV, 308. 

3] Giulio Segni war 1530—33 Organist an San Marco (Caffi I, 104), Hiero- 
nimo da Bologna ist wohl derselbe wie Cavazzoni, dem wir in folgenden Orgel- 
tabulaturen wieder begegnen. Vgl. Katalog Bologna IV, 24. Parabosco war 
1551—57 Organist an San Marco (Caffi I, 55, 110).| 

4) In italienischer Orgeltabulatur oben 6, Junten 7 Linien. Über das Datum 
Bovie näheres Über das Werk und Über das Verhältnis Hier onimos (Ca vazzoni) 
da Bologna zuMarcautonio da Bologna siehe Katalog Bologna IV, 24 ff. Proben 
aus Carazzonis und den folgenden Tabulaturen in Torchis, ^Ärte mtmcale in 
Miat, Band III. 



— 106 — 

Aus diesen Titeln geht hervor, daß schon vor dem Erscheinen der 
Willaertschen und Buusschen Eecercarenwerke die Italiener mit dieser 
Art Orgelkompositionen, sowie auch mit Hymnenbearbeitungen und mit 
Orgelübertragungen von Meßsätzen, wie sie in der Attaingnant-Sammlung 
vorkommen, bekannt waren. Auch die Neudrucke, die Gardano veran- 
staltete, beweisen, daß Cavazzonis Tätigkeit nicht unbeachtet blieb. 

Auf diese Tabulaturen folgt die später ausführlich zu behandelnde 
Buus Tabulatur (S. 141) und darauf die schon (S. 90, Anm. 2) ange- 
führte Sammlung von Tänzen für Klavier aus dem Jahre 1551 1). Daß 
man aber schon lange vor den hier erwähnten Denkmälern in Italien 
die Orgeltabulatur kannte, geht daraus hervor, daß dem ersten italienischen 
Notendrucker, Ottaviano Petrucci, schon 1498 ein Privileg erteilt wurde^ 
unter anderem auch für ^Intaboladure d'Organo*^). Orgeltabulaturen 
aus Petruccis Offizin sind aber nicht bekannt, wenn er überhaupt welche 
gedruckt hat. 

Aus den Niederlanden ist weniger erhalten. Die erste hier ge- 
druckte Orgeltabulatur ist die schon (S. 64) erwähnte niederländische Über- 
setzung von Virdung, die auch Stücke in Buchstabentabulatur enthält. 

Aus diesem Überblick ist ersichtlich, daß man besonders gegen die 
Mitte des 16. Jahrhunderts bestrebt war, es dem Orgelschüler, wenn 
nicht auch dem ausgebildeten Organisten etwas leichter zu machen. Da& 
ist auch sehr erklärlich. Die frühere Zeit hatte es, wie wir bei dem 
Squarcialupi-Oodex und den verwandten Handschriften gesehen haben, 
meistens mit der, Zwei- oder Dreistimmigkeit zu tun; höchstens kommt 
ein vierstimmiger Satz vor. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts ist man 
schon zu fünf und sechs Stimmen gekommen, wie z. B. bei Josquin. 
Dann kommt die Willaert-Zeit, in der die Stimmenzahl durch Ein- 
führung der Doppelchöre vermehrt wurde, und bald rechnete man oft 
mit Chören wie früher mit einzelnen Stimmen. Da schon bei sechs 
Stimmen der Satz sich meistenteils auf vier- oder fünfstimmige Akkorde 
reduzieren läßt 3), wurde dem Organisten viel Mühe gespart durch das 
IntabuUeren. Wie erwähnt, ist die italienische Orgeltabulatur ein No- 
tationesystem, welches unserer heutigen Klavier- und Orgelnotation sehr 
ähnlich ist. Es hatte gegenüber den Buchstabentabulaturen denselben 
Nachteil wie die Lautentabulaturen, aber nicht in gleichem Maße. Es 
wird nämlich, durch diese Art zu intabulieren, besonders bei mehr als 
drei- oder vierstimmigen Stücken, die Stimmführung verwischt und somit 



1) Weitere italienische Orgeltabulaturen siehe Katalog Bologna IV. 

2) Vgl. A. Schmid, »Ottaviano dei Petrucci, der Erfinder des Musiknoten- 
druckes mit beweglichen Typen«, Wien 184Ö, S. 10. 

3) Vgl. die Gab rieli sehe Bearbeitung von Lassos * Susanne un j<mr€ in der 
Musikbeilage S. 264. 



— 107 - 

dem Spieler die Möglichkeit genommen, die Wirkung der Polyphonie 
hervorzuheben. Die deutschen Buchstabentabulaturen wahrten wenigstens 
die Selbständigkeit der Stimmen, und das mag nicht ganz ohne Zusammen- 
hang sein mit der Tatsache, daß sich die deutsche Orgelkunst viel mehr 
als die der romanischen Länder bis auf den heutigen Tag immer weiter 
auf dem Wege der strengen Polyphonie ausgebildet hat. 

Wir haben nun dem Schüler in der Vokalmusik einen großen Stoff 
zur Auswahl gegeben. Daran sollte er sich, nach Bermudos Ansicht, 
vorläufig halten. Bermudo betont nämlich sehr ausdrücklich (S. 13), 
daß der Schüler sich nicht mit rein instrumentalen Stücken abgeben soll. 
Er machte zwar eine Ausnahme in dem Fall von Cabezon und einigen 
andern, die er als gute Klavier- oder Orgelkomponisten bezeichnet, aber 
die Ansicht, daß der junge Klavierspieler die Lehre vom guten Satz aus 
den 'Werken der Meister des polyphonen Stils lernen soll, wird stets be- 
tont. Das reine Listrumentalspiel und das freie Fantasieren soll er unter- 
lassen, bis er den polyhonen Stil der Yokalkomponisten mit den Modi- 
fikationen, die er auf dem Listrument durch Verzierungen usw. erfährt, 
völlig beherrscht. Auch Sancta Maria erklärt (S. 45) »das Absetzen 
von Musikstücken auf das Monochord ist der Quell alles 
Nutzens und Vorteils für den Spieler«. Noch ein anderer Zeuge, 
Fuenllana, bestätigt diesen Punkt, indem er für die angehenden Lauten- 
spieler hervorhebt, daß, wer die wahre Musik kennen lernen wiU, sich 
fortwährend mit komponierten Werken (im Gegensatz zum Fantasieren) be- 
schäftigen soU^). 



5. KapiteL 

Unterricht. Einzelne Disziplinen — Takt — Fingersatz 
Verzierung — Transposition — Die Fantasie (Eecercar). 



Daß das Studium und der praktische Unterricht bei den Alten nicht 
viel anders vor sich gingen, als heutzutage bei uns, dafür bringen uns 
Bermudo und Sancta Maria die interessantesten Zeugnisse. Es ist mir 
überhaupt kein anderer Schriftsteller bekannt, der sich über das tägliche 
üben und die Stunden bei dem Meister ausspricht, wie es Bermudo 
(S. 13, 14) und Sancta Maria (S. 48, 53) tun. Die Grenauigkeit mit der 
sie die Einteilung der täglichen Übungszeit in Übungen für die Ge- 
läufigkeit und den Fingersatz, Übung neuer Werke, ßepetion der schon 



1) >Aunque en esto mi opinion es, que qualquiero que qutsiere apprender la musica 
de Veras, siempre se exereüe en estudiar, y poner obras compuestas, pues dellas se 
saca d verdadero frucio^, Orphenica Lyra. Vorwort fol. + V. 



— 108 — 

studierten , um sie nicht aus dem Gedächtnis zu verlieren, Übungen in 
der Transposition usw. erklären, ist ein schöner Beweis für ihre praktische 
Erfahrung als Klayierpädagogen. Dazu kommt noch bei Sancta Maria 
das Bestreben, den jungen Schüler von vornherein für das Fantasieren 
zu präparieren. Er soll sich immer erst die einzelnen Stimmen eines 
neuen Stückes vorsingen, er soll sich die melodiösen Stellen merken und 
im Gedächtnis halten, um sie später zu verwerten. Die ersten Versuche 
im freien Spiel sollen Kontrapunkt-Übungen über einen cantus plarms oder 
«ine Hymne sein. Dabei soll der cantus planus in die verschiedenen 
Stimmen nacheinander verlegt werden. Übungen, wie die eben genannten, 
findet man in Oabezons Klavierwerk niedergeschrieben; aber meisten- 
teils sind das doch Dinge, die von keinem andern Schriftsteller in dieser 
Zeit so ausführlich behandelt werden. Die gleiche Ausbildung beider 
Hände wird der Theorie nach schon dadurch bedingt, daß man die 
"Werke der Meister der Polyphonie auf das Klavier übertrug. Aber die 
Vorschrift, daß der Schüler sich gleich von Anfang an im Transponieren 
üben soll (S. 48), mutet uns heute etwas fremd an. Auch Bermudos 
Vorschlag, daß der Spieler sich in allen Tonarten zurecht finden, aber 
doch eine Tonart aussuchen soll, die er besonders kultiviert und die ihm 
als Lieblings tonart dienen soll, scheint ein eigentümlicher Bat für den 
angehenden Spieler, obwohl wir kein Bedenken tragen, bei den großen 
Meistern späterer Zeiten die Neigung für bestimmte Tonarten hervor- 
zuheben. 

Ich möchte auf einige Punkte, die beim Unterricht berücksichtigt 
werden, näher eingehen; doch vorerst möchte ich einer Gepflogenheit ge- 
denken, die zur Zeit unserer Spanier schon dem Anscheine nach ausge- 
storben war. Aus dem Mittelalter wissen wir, daß die Orgelspieler 
manchmal die Buchstaben auf die Tasten oder auf die hölzernen Plättchen, 
mittelst deren die Ventile geöffnet wurden, malten, um sie beim Spielen 
leichter zu erkennen. Schubiger teilt einen anonymen Bemer Codex 
des 10. Jahrhunderts mit, der diese Praxis erwähnt. >. . . m laminis 
vero ligneis scribantur alphabeti Utterae dupliciter ita A B C B E F O 
AB C B E F G H{?)y ut dttus modulator possit sdre, quxim linguam 
debeat tangere< i). Unsere Spanier erwähnen davon nichts, aber daß die 
Gewohnheit noch nicht ganz aus dem Menschengedächtnis entschwunden 
war, beweist der Italiener Nicola Vicentino. Vicentino wollte gern 
die Elavierspieler für sein zweimanualiges enharmonisches Klavier, das 
JrckicembalOj interessieren. Damit diese aber nicht durch die Schwierig- 
keit abgeschreckt werden sollten, so viele ungewöhnliche Tasten, wie sie 
das Vicentinosche Instrument enthielt, zu übersehen, teilt er ihnen mit, daß 



1) »Musikalische Spicilegien«, Berlin 1876, S. 83. 



— 109 — 

»jeder, erfahrene Spieler sein Instrument sehr schnell beherrschen lernen 
könnte; und um das zu erleichtem könnten sie es machen, wie einst die 
ersten, die anfingen das Orgelspiel zu lernen^ taten, welche die Buchstaben 
der (guidonischen) Hand auf die Tasten schrieben. Das wäre auch für die 
unerfahrenen nützlich«^). 

unsere Spanier heben beide hervor, daß das Takt halten eines der 
ersten Übungen sein muß, die den Schüler beschäftigen soll. Über die 
Weise, in der dieses Takthalten beim Instrumentalspiel durch Be- 
wegungen erlernt werden soll, teilt uns Bermudo nichts mit 2). Aber 
Sancta Maria geht ausführlich darauf ein. Er erläutert ganz genau 
(S. 29, 30), wie der Anfänger das Taktschlagen lernen muß. Bei dem 
Instrumentalspiel werden die Hände anderswie in Anspruch genommen 
und da mußte der Spieler den Takt mit dem Fuß treten. Ein ähnliches 
Treten mit dem Fuß wird von Fuenllana für den Lautenspieler vor- 
geschrieben'). Auch beim Singen wurde zuweilen der Takt mit dem 
Fuß getreten*). Erst bei der Beschäftigung mit der Instrumentalmusik 
des 16. Jahrhunderts und zwar bei Instrumenten, worauf ein polyphones 
Spiel möglich war, wird man gewahr, wie genau es die Alten mit dem 
Takt nahmen. Es herrscht, weil in den Stimmbüchem des 16. Jahrhunderts 
nie Taktstriche vorkommen, die Ansicht, daß die Alten sich wenig 
um die Takteinteilung kümmerten. Aber so lange der Sänger nur seiner 
eigenen Stimme zu folgen hatte, brauchte er keine Taktstriche. Die Takt- 
einteilung sollte ihm ohne dieses äußerliche Mittel klar sein. Theoretiker 
wie Vicentino und Zarlino rechnen mit einer solchen Kenntnis, wenn sie 
in ihren Lehren über die Einsätze eines fugierten Themas auf gutem 
oder schlechten Taktteil oder bei der Auflösung einer Dissonanz, von 
>battere€^ >depo$itione€^ ^positionet und *levati(me< reden. 

1) VAnttca Musica. Rom 165Ö lAb. V, cap. 9, fol. 106, >. . . ogni pratiico aonon 
tore presto pigliera la praUica del nostro stromento, <S) per facüita si potra far come 
gia fecero li primi che incominciomo a imparare a sonare Vorgano, ehe notavano le 
lettere deüa memo sopra i tasti, et per li non prattici saranno läilt, 

2) In dem Lib. I, cap. 19, fol. 17«;, seiner Declaracton lööö »De algtmos aviso» 
para los que rigen el choro< erwähnt Bermudo das Taktschlagen mit einem Stock. 
Dasselbe schon in der Ausgabe 1549, fol. 137. 

3) Orphenica Lyra fol. + VIII ». . . el oompas es tma manera di movimierUo que 
con ü pie y mana se haxe-. dentro del quäl siendo apriena a espaoto se ineluas un 
eompas que en distancia de golpe a golpe consiste*, 

4) Pierre Da van tes dit Antesignanus. >NouveUe et facile meihode pour ehanter* 
8. 1. 1660. *Par mesure, on entend im certain touchement ou tact qui se fait par un 
esgttcU ahhaissement et eflevation de la main ou du pied^ et qu^on remue amsi esgucUe- 
ment et avee proportion en cha/ntcmt, ä fm de s^arriter sur les aucunes voix autcmt 
de temps qu'on demeure ä haisser la dit main ou pied, pour fraper ou toueher ä quel- 
que chosej et ä lever, qui est une mesure entiere et sur les la moitie de ee temps lä qui 
est comprise par un seid haisser ou on seul lever<, Eitner, Monatshefte für Musik« 
geschichte I, S. 168. 



i 



— 110 — 

Die Instrumentalisten oder wenigstens die Lauten-, Klavier- und 
Orgelspieler heben, sobald sie sich irgend ein Stück für ihre Instrumente 
einrichteten, diese Takteinteilung durch Taktstriche oder durch große 
Zwischenräume deutlich hervor. Bermudo (S. 20, 21) erlaubt es dem 
weniger geübten Klavierspieler sich eine Partitur oder eine Tabulatur mit 
Taktstrichen einzurichten. Die italienischen oder französischen Orgel- 
tabulaturen sind fast ohne Ausnahme mit regelmäßigen Taktstrichen ver- 
sehen. Bei den Lautentabulaturen gibt es mehr Ausnahmen. Eine sehr 
interessante bietet eine kleine Sammlung, die 1529 bei Attaingnant in 
Paris erschieneu ist^). Sie enthält eine Anzahl Chansons^ deren jeder in 
zwei Fassungen gegeben ist, einmal ist die Melodie in Mensuralnoten mit 
Text über den Lautensatz gestellt, wie in den spanischen Lautenliedem, 
wobei die Laute die übrigen Stimmen hat, das andere Mal für Laute 
allein. Die Sätze für Laute allein haben keine regelmäßigen Taktstriche. 
Wo aber die Melodie darüber gedruckt ist, sind Melodie und Lauten- 
part mit regelmäßigen Taktstrichen versehen. Die deutschen Buchstaben- 
tabulaturen des 16. Jahrhunderts sind sehr sorgfältig durch Zwischenräume 
in Takte eingeteilt2). Die Beispiele bei Vir düng (1511) und Agricola (1529) 
sind alle mit Taktstrichen versehen. Dem Sänger, der aus dieser einzelnen 
Stimme sang, war diese regelmäßige Takteinteilung ebenso bewußt, wie 
dem Spieler. Bloß bei seiner einzelnen Stimme brauchte er das äußerliche 
Zeichen nicht vor Augen zu haben. Er konnte somit den Wortakzent 
des Textes ungestört daneben befolgen. Die Gefahr, die uns bei mo- 
dernen Aufführungen der alten Vokalkompositionen bedroht, liegt nicht 
darin, daß wir die Takte regelmäßig teilen, sondern darin, daß vrir den 
Taktstrich als Akzentstrich auffassen^). Das taten die Alten nicht. 
Im Gegenteil, bei Sancta Maria (S. 29) wird direkt betont, daß die beiden 



1) Tres breve et famüiere iniroduetion pour entendre S apprendre pa/r soy mesmes 
a jaur toutes chansons reduictes en la tabtdature du Lutx avec la maniere d'aceorder 
le dict Lutx, Ensemhh XXXIX ckansons dont la plus pari di edles sont en deux 
sortes cest assavoir a deux parties <& la musique. Et a troys sans la mustque. Paris 
1529. Exemplar auf der Egl. Bibl. Berlin. Die darin enthaltenen Chansons sind 
französische Farallelerscheinungen zu den Lautenbearbeitungen der spanischen 
VÜkmcieos wie diejenigen von Juan Vazquez (S. 86). 

2) Wohin die Nichtbeachtung dieses Prinzips in modernen Übextragungen 
führt, sieht man in einem Beispiel aus Klebers Tabulatur, welches Eitner in 
seiner Arbeit über das Buxheimer Orgelbuch (Beilage zu M. f. M. Jahrg. 19 — 20, 
S. 96, Takt 14if.) bringt. Kleber teilt bei einem Taktwechsel vom geraden zum 
ungeraden Takt die neuen Takte sehr deutlich als dreiteilig. Eitner übersieht 
dieses und überträgt alles noch im geraden Takt, wodurch der rhythmische Bau 
der Stelle vollständig verwischt wird. 

3) Auf eine etwas ähnliche gefährliche Auffassung des Taktstriches bei Phra- 
sierungsbezeichnungen in der modernen Musik hat Riemann hingewiesen. Prae- 
ludien und Studien I. Frankfurt a/M. s. a. [1896] S. 71. 



— 111 — 

Schläge, die auf jeden Takt kommen, durchaus gleich sein müssen und 
nicht einer stärker oder heftiger als der andere. 

Nach dem Erlernen des Taktes mußte sich der Schüler mit Fragen 
der Handhaltung und des Fingersatzes beschäftigen. Was die Hand- 
haltung und den Anschlag betrifft, so läßt sich aus dieser Zeit, glaube 
ich, keine Parallele finden, die der schönen Beschreibung Sancta 
Marias (S. 30 — 33) zur Seite zu stellen wäre. So klar, so einleuchtend 
ist sie, daß es überhaupt keiner Abbildung bedarf, um eine bessere 
Vorstellung davon zu geben. Ich möchte diese Worte Sancta Marias 
direkt neben diejenigen Phil. Em. Bachs stellen, der in seinem >Ver-. 
such über die wahre Art das Eüavier zu spielen« ganz ähnlich die Frage 
>yon den gebogenen Fingern und schlaffen Nerven« und der > Elastizität« 
behandelt^). Der einzige, der aus dem 16. Jahrhundert auf diesem Ge* 
biete in Betracht kommt, ist Diruta^). Aber was hat nicht Sancta 
Maria dem Diruta vorausgenommen! Und wie viel tiefer er in das Wesen 
der Fingerstellung und der Haltung der Handfläche und ihren Einfluß 
auf das klare Spiel eindringt! Es ist wahr, Diruta scheint der erste 
zu sein, der den Unterschied zwischen der Klavier- und der Orgeltechnik 
genauer präzisiert* Aber wie wir schon gesehen haben, den Tanzspielem, 
auf die es hier bei Diruta ankommt, wurde in Spanien, selbst im Lauten- 
spiel, weniger Beachtung geschenkt, als in anderen Ländern. Aber von 
dem sonstigen Scharfsinn und der praktischen Beobachtung, die dem 
Diruta nachgerühmt werden, ist ein großer Teil für Sancta Maria in 
Anspruch zu nehmen. Wenn außerdem die Studien Sancta Marias auf 
dem Gebiete der Theorie des Klavierspiels sich, wie er sagt, über einen 
Zeitraum von 16 Jahren erstrecken, so gilt das als ein schönes Zeugnis 
für die Tätigkeit der spanischen Organisten und Elavieristen, besonders 
für Cabezon. Was Sancta Maria über den Einfluß der Handhaltung 
auf das klare Spiel, ebenso wie bei anderen Gelegenheiten über das lieb- 
liche, das anmutige, das melodiöse und geschmackvolle Spiel sagt, spiegelt 
sich auch in seinen eigenen Kompositionen wieder, obwohl sie nur für 
den speziellen Fall als Beispiele komponiert sind, wie auch in den Kompo- 
sitionen Cabezons. Der Ausdruck >accarex«are«, von Diruta auf den 
Anschlag angewendet, kommt bei Sancta Maria nicht vor 3). Er erklärt 



1) Versuch 1763. Erstes Hauptstück, Par. 12, S. 18. 

2) Vgl. Krebs' Arbeit über Dirutas Transüvano. Vierteljahrsschrift für Musik- 
wissenschaffc VIII (1892), p. 322 ff. und 362 ff. 

3) Krebs' »Diruta« S. 325. Zu den Beispielen von dem Gebrauch dieses und 
ähnlicher Ausdrücke möchte ich noch als Zwischenglied zwischen den alten und 
den neuen Fh. Em. Bach anführen. >Man gewöhnt sich bey beständigem Spielen 
auf dem Glavicorde an, die Tasten gar zu sehr zu schmeicheln«. Versuch, Erstes 
Hauptstück, S. 11. 



— 112 — 

aber genau, wie man sich den weichen Anschlag durch die Stellung der 
Fingerspitzen aneignet. Dabei vergiBt er nicht, die Gleichmäßigkeit und 
vor allem die Bestimmtheit des Anschlages als wichtigste Bedingungen 
für das gute Spiel zu betonen. 

Gehen wir zu dem Fingersatz über. XJber diesen Gegenstand sind 
wir in den früher bekannten Quellen besser unterrichtet als über Fragen 
der Handhaltung und des Anschlags. Schon vor Bermudo und Sancta 
Maria haben wir in dem Buchnerschen Fundamentum nicht unwichtige 
Mitteilungen über die Art des Fingersatzes. Dann kommen nach Ber- 
mudo und Sancta Maria noch Cabezon für die- spanische, Ammer- 
bach für die deutsche und Diruta für die italienische Praxis in Be- 
tracht. Bei dieser Betrachtung müssen wir wiederum den praktischen 
Sinn und die äußerste Sorgfalt in der Darstellung Sancta Marias lobend 
anerkennen. Keiner seiner älteren oder jüngeren Zeitgenossen kommt 
ihm in dieser Beziehung auch irgendwie gleich, weder in der Fülle der 
Beispiele, noch in den mannigfaltigen Anpassungen des Fingersatzes auf 
die vielen verschiedenen Fälle die dem Spieler vorkommen. Ich möchte 
hier nicht sämtliche Fingersätze der schon bekannten Quellen anführen, 
sondern verweise auf die Mitteilungen in den oben erwähnten Arbeiten ^)» 
Nur einige Punkte möchte ich berühren und die hervorragenden Leistungen 
Sancta Marias hervorheben. Ein Blick auf die Fülle sorgfältig erläuterter 
Beispiele (S. 35—39) wird dieses schon klar machen. Es werden sogar 
die verschiedenen Fingersätze für die kurze Oktave angegeben, sowohl 
für die Tonleitern, als auch für Doppelgriffe. Auch scheint Sancta Maria 
der erste aus dieser Zeit zu sein, der den Gebrauch des Daumens auf 
schwarzen Tasten erwähnt (S. 34)2); aber bei diesem weiten Ausblick 
vergißt er doch nicht zu erwähnen, daß alle diese Fingersätze nicht die 
einzigmöglichen sind, sondern daß bei dem mehrstimmigen Spiel Fälle 
eintreten können, die einen anderen Fingersatz bedingen. Ganz genau 
unterscheidet er die Fingersätze bei langsamen, mäßigen und raschen 
Tonleitern. Er ist der erste, der uns bei den raschen Tonleitern mit dem 
bekannten eigentümlichen Fingersatz 3, 4, 3, 4 usw. oder 2, 3, 2, 3 usw. 
ein klares Bild von der Handhaltung gibt (S. 33). Die Hand wurde da 



1) Buchners Fingersatz, vgl. Paesler, Vierteljahrsschrift V (1889), S. 20— 22 
Seiffert, S. 11, Ammerbachs Fingersatz, vgl. Seiffert, S. 13. Eine vergleichende 
Tabelle der wichtigsten Fingersätze Buchners, Ammerbachs, Gabezons und Dirutas 
bei Krebs >Diruta«, S. 364. Vgl. auch Pedrell, Hisp. Schola mus. sacra III, 
S. XXXII ff. 

2) In einem der Beispiele Ammerbachs wird in ganz merkwürdiger Weise der 
Daumen für eine schwarze Taste bezeichnet. Über diese Inkonsequenz (denn sie 
passt wirklich nicht mit den anderen Beispielen zusammen) verliert Ammerbach 
kein Wort. Vgl. auch Krebs, »Diruta«, S. 330. 



— 113 — 

wirklich nach der Eichtung der Tonleiter gedreht und ein Finger spielte 
nahe am äußeren Rand der Tastatur, während der andere mehr nach 
innen anschlug. Bei dem wiederholten raschen Anschlagen desselben 
Tones mit abwechselnden Fingern wird geradezu verlangt, daß der 
Unterarm über der Klaviatur stehe (S. 35). Auch ist Sancta Maria 
der einzige, der genaue Angaben für den Fingersatz bei Trillern macht 
(S. 42 — 44). Bei dieser Gelegenheit versäumt er es nicht, die genaue 
Finger- und Handhaltung und -bewegung zu beschreiben (S. 43, 44). 
Größere Klarheit hierüber könnte man von dem modernsten Klavierpäda- 
gogen kaum verlangen. 

Bermudos Behandlung des Fingersatzes ist lange nicht so klar 
und so ausführlich, als Sancta Marias. Bermudo erwähnt, die Kombi- 
nationen seien so verschieden, daß man sie nicht unter genaue Regeln 
bringen könne. Er hebt auch hervor, daß der Fingersatz durch die 
Mehrstimmigkeit beschränkt wird. Die Regel, die schon Buchner gibt, 
daß bei den Doppelgriffen der Spieler immer die darauf folgenden Noten 
in Betracht ziehen soll, kehrt sowohl bei Bermudo (S. 14) wie bei 
Sancta Maria (S. 40) wieder. Den Fingersatz für Redobles gibt Bermudo 
nicht an. Er rät aber dem Schüler, sie in beiden Händen mit allen 
Fingern zu üben, die sie ausführen können. Überhaupt ist es Bermudo 
um die gleichmäßige Ausbildung in der Geläufigkeit beider Hände 
und aller Finger sehr zu tun (S. 14): Hieran knüpft sich eine Beob- 
achtung, die für den Stand der damaligen Entwicklung der spanischen 
Orgel- und Klaviertechnik charakteristisch scheint. Es fehlen uns eigent- 
lich gleichzeitige Nachrichten aus Italien^), aber nicht aus Deutschland. 
Es scheint nämlich, daß das Untersetzen des Daumens in Tonleitern 
bei den Spaniern viel häufiger vorkommt als bei den Deutschen. Der 
Fingersatz 1, 2, 3, 4, 1, 2, 3, 4 usw. ist der einzige, den Bermudo genau 
angibt. Bei Sancta Maria wird er in beinahe allen Fällen neben dem be- 
kannteren, oben erwähnten eigentümlichen Fingersatz vorgeschrieben. 
Sancta Maria erwähnt aber, daß der Fingersatz ohne Daumen häufiger 
in der rechten Hand vorkäme als in der linken. H. Oabezon, der in 
seiner Vorrede einige Fingersätze gibt, schließt sich einer Richtung an, 
die den Daumen bloß bei aufsteigenden Tonleitern in der linken Hand 
gebraucht ebenso wie Ammerbach. Buchner scheint überhaupt deh Unter- 
satz des Daumens nicht benutzt zu haben. Diruta verwirft den Gebrauch 



1) Hier möchte ich der nicht erhaltenen Werke eines Yittoria organista 
Erwähnung tun. Man kennt von ihm die Titel >Deüa faeilitä di TastU >De rieer" 
eari< ^De Oruppi, dimirmtioni^ <fb tremoli della m<mo<, welche Ant. Fr. Don i in »La 
libraria< Vinegia 1557, S. 275 verzeichnet. Diese waren aber nicht gedruckte Werke, 
sondern Manuskripte, von denen Doni Kenntnis hatte. 

Einiteldey, Org^el und Klairier. / 8 



I 



r 



- 114 — 

des Daumens bei Tonleitern wegen der Gefahr, die die schwarzen Tasten 
mit sich bringen i). 

Sehr interessante Beiträge liefern auch unsere Spanier zur Geschichte 
der Orgelverzierungen. Ja, sie sind die ersten unter allen mir bekannten 
Schriftstellern, die eine sachgemäße Erklärung der Orgel- oder Klavier- 
Verzierungen geben. Hierbei beschränken sie sich aber fast gänzlich auf 
die trillerartigen Verzierungen; denn wir werden sehen, daß wir zwei 
Yerzierungsarten unterscheiden müssen. Erstens die trillerartigen, wie sie 
die Spanier erklären, die aus einem raschen Abwechseln des Haupttones 
mit einem oder mit beiden Nebentönen bestehen, und zweitens die weiter 
ausgedehnten kontrapunktischen Koloraturen, Diminutionen oder OlosaSj 
wie sie die Spanier nennen. Beide Arten sind uns schon aus den Orgel- 
denkmälem des 15. Jahrhunderts bekannt. Die kontrapunktischen Kolo- 
raturen können wir bei Paumann und im Buxheimer Orgelbuch aus- 
geschrieben sehen. Die andern werden meistenteils nur durch Zeichen an- 
gedeutet. Diese Zeichen hat man auch in allen Neuausgaben als Triller- 
zeichen übertragen, obwohl, wie wir sehen werden, sie doch nicht auf 
die einfachste Form von Mordent oder Pralltriller beschränkt werden 
dürfen. Erklärungen über ihre Ausführung kommen aber selten vor. 
Die früheste bisher bekannte scheint eine Stelle in dem Traktat des 
Hieronymus de Moravia (13. Jahrhundert) zu sein, die später ange- 
führt werden soll. Bei Kotter und Buchner finden wir den Namen 
für diese Verzierung; bei Kotter ^murdante*, bei Buchner >mordentes€. 
Buchners Erklärung >semper duas esse simul tangendas, ea viddicet quae 
per lineam curvatam [das Zeichen] Signatur medio digito^ proxima vero 
inferior que indice digito, qui tarnen tremebundus mox est subducendus* ^) 
ist ja sehr klar. Daß diese Art noch bei den späteren Orgelspielern in 
Gebrauch war, werden wir bei der Besprechung von Sancta Marias Ver- 
zierungen sehen. (S. 116.) 

Es wird sich bei den deutschen Organisten der ersten Hälfte des 
16. Jahrhunderts bei diesem Zeichen auch wirklich nur um diesen ein- 
fachen Mordent oder Triller ohne Nachschlag gehandelt haben. Denn bei 
Kleber, Kotter und Buchner finden sich Verzierungen wie unser Doppel- 
schlag sehr häufig ausgeschrieben. Das Zeichen galt also wahrscheinlich 
nur für mordentes. Zu bemerken ist noch, daß die Doppelschlagver- 



1) Vgl. Krebs, >Diruta«, 8. 330. Über die abweichende Bezeichnung der 
deutschen Organisten für den Daumen vgl. Krebs, S. 365. Bermudo und Sancta 
Maria schreiben wie alle anderen bekannten Spanier und Italiener, die Zahlen 1 
bis 5, vom Daumen ausgehend. Bermudos Benennungen der Finger sind vom 
Daumen an, pidgar, index, medio, cordial oder amdar und aurieular. Declaracion 15ö5 
Lib. IV, fol. 61. Vgl. auch.Bamis de Pareias Benennungen. Neuausgabe, S. 46. 

2) Vgl. Paesler, Vierteljahrsschrift V (1889), S. 33 mit den Anmerkungen. 






— 115 — 

zierang auch in allen Stimmen aasgeschrieben ist, sowohl in den unteren, 
mit Buchstaben notierten Stimmen wie in der oberen in Mensural- 
noten geschriebenen. Das Zeichen aber kommt nur in der Oberstimme 
vor und zwar bei Kleber sehr häufig, manchmal sogar bei Stellen, wo 
die rechte Hand Doppelgriffe hat. Das Prinzip, welches Bermudo aus- 
spricht, nämlich, daß man die rechte Hand so viel als möglich für die 
Oberstimme frei halten soll, um in dieser Stimme die meisten und die 
schönsten Verzierungen zu bringen, wird auch schon von allen seinen 
Vorgängern auf praktischem Gebiete befolgt. Die deutschen Tabulaturen, 
die französische Sammlung von Attaingnant (1530), Buus' eigene Orgel- 
bearbeitung seiner Bicercari lassen das deutlich zum Vorschein kommen. 
Daß man auch Bermudos Vorschlag, alle Finger beider Hände in der 
Geläufigkeit zu üben, schon früher kannte und befolgte, beweisen die 
öfters vorkonunenden bewegteren Verzierungsfiguren, die für die Unter- 
stimmen ausgeschrieben werden, wie schon oben von den deutschen 
Tabulaturen erwähnt wurde, und die in allen den eben angeführten Denk- 
mälern auch vorkommen. Das gleichzeitige Trillern nach beiden Seiten 
der Hauptnote, wie es Bermudo (S. 14) anführt, scheint nirgends anders 
erwähnt zu werden. Auch ist Bermudo der einzige, der bei gleichzeitigem 
Trillern in beiden Händen auf die durch die Hilfstöne entstehenden Kon- 
sonanzen hinweist. 

Bermudos einzige Bezeichnung für seine Triller ist Bedobles, d. h. die 
verdoppelten oder wiederholten Töne. Schon in seiner Ausgabe von 1549 
spricht er sich über diese aus und behauptet, daß er sie durch seinen 
Text nicht genügend erläutern kann. Sie änderten sich von Tag zu Tag^). 
Zu diesen Verzierungen nimmt Sancta Maria eine viel bestimmtere Stellung. 
Er unterscheidet zwei Arten — den Bedoble und den Quiebro (den Zit- 
ternden oder Bebenden) — und sucht seine Ansichten darüber gründlich klar 
zu machen (S. 41 f.). Aus seinen Erörterungen geht hervor, daß er die 
Bezeichnung Bedoble, welche Bermudo als einzige Bezeichnung für alle 
Triller kennt, auf diejenigen Triller beschränkt, die den oberen und den 
unteren Nebenton anschlagen. Eine Ausnahme tritt ein, wenn man einen 
Quiebro auf einer halben Note macht. Hier wird zuerst der obere Neben- 
ton angeschlagen, und die Verzi^ung wird so ausgeführt, wie unser heu- 
tiger Doppelschlag in seiner einfachsten Form. Auch sieht man aus 
Sancta Maria, daß die Verzierungen bei längeren Notenwerten (ganze 
und halbe) sich durchaus nicht immer auf das einmalige Abwechseln 
zwischen Hauptton und Nebenton beschränken, sondern daß bei diesen 
Noten der Triller weiter ausgedehnt werden kann. Auf den Actteln 
und Sechzehnteln machte man nach Sancta Maria überhaupt keine 



2) Declaraeion 1649. Prologo fol. 11. 



8* 



— 116 — 

solchen Verzierungen. Ganz genau erklärt er bei diesen Verzierungen, 
welche Stellung der Halbton haben kann oder muß. Er wiederholt die 
Regel, die schon Bermudo (S. 14) ausgesprochen hat, nämlich, daß der 
Spieler genau auf die Tonart (Modus) achten muß, in der gerade gespielt 
wird, um zu wissen, mit welchen Nebentönen, seien es schwarze oder 
weiße Tasten, er Verzierungen auszuführen hat. Diese Regel gilt noch 
bis in die Bachsche Zeit, wird aber leider heutzutage bei dem Bachspielen 
allzu häufig außer Acht gelassen. 

Wie Sancta Maria bei der Erörterung der Handhaltung und des Finger- 
satzes bei Tonleitern in seinen Erklärungen und Vorschriften äußerst 
genau war, so ist er es auch hier bei den Fingersätzen der Verzierungen 
(S. 42) und der Fingerstellung, Handhaltung und Handbewegung in der 
Ausführung derselben (S. 43 — 4). Sancta Maria erwähnt eine eigentüm- 
liche Art des Trillers, dessen hohes Alter durch den oben erwähnten 
Hieronymus de Moravia verbürgt ist. Es ist die Art, bei der der 
Finger auf dem Hauptton liegen bleibt, während der Nebenton mehrmals 
in rascher Aufeinanderfolge angeschlagen wird. Hieronymus de Moravia, 
der um 1250 lebte, beschreibt diese Art als eine Manier auf der Orgel ^j. 
Er empfiehlt das Trillern mit dem oberen Hilfston. Eine ähnliche Spiel- 
art lernten wir in Buchners Erklärung des Mordentes kennen, bloß daß 
Buchner den unteren und nicht den oberen Hilfston dazu gebraucht 
(S. 114). Es ist ja leicht ersichtlich, daß diese Verzierung auf der Orgel 
eine viel deutlichere Wirkung hat als auf dem Klavier. Eine weitere 
Eigentümlichkeit bei Sancta Maria ist, daß er das Anschlagen des oberen 
Hilfstones vor dem Anschlag des vollen Akkords besonders empfiehlt, so 
daß der Hauptton mit den dazu gehörenden Konsonanzen zusammenfällt. 

Neben dem von Bermudo und Sancta Maria Mitgeteilten finden wir 
noch bei Cabezon einige Worte über die Quiebros^), (Das Wort Eedobles 
gebraucht er nicht.). Sie werden bei ihm in der rechten Hand mit dem 
3. und 4. oder mit dem 2. und 3. Finger ausgeführt; in der linken mit 
dem 3. und 2. oder mit dem 2. und 1. Er erwähnt nur die Quitos mit 
höherem Hilfston und will sie so schnell als möglich, nicht lang, sondern mög- 
lichst kurz mit besonderer Betonung des Haupttones ^) ausgeführt wissen. 



1) Coussemaker, Scriptores I, S. 91. *Qtcando enim aliquem cantn/m teginms 
in organis, st aliquam iwtam ejiisdem cantus florixare volumus^ puta O in gravibics, 
tune ipsa aperta immobiliterque detenia, non sui inferiorem immediatate, puta F grave 
sed potius superiorem a, scilicet acutum, vihramus: ex quo pulcherrima armonia deeo- 
raque eonsurgit, quam quidem florem armonicum apellamus*. Vgl. auch Biemann, 
Geschichte der Musiktheorie, S. 169. 

2) Im Proemium zur Ausgabe von 1578. 

3) Ebenda >. . . y quiebren de la parte de ariba lo mas apriesa que pudieren, y 
no ha de ser largo sino lo mas corto que pudiere, kaxiendo siempre fuer^a en la tecla 
que la figura de la eifra demonstrare, donde a el le pareciere haxer quiebro. 



— 117 — 

Daß das Prinzip, nach dem bei aufsteigender Folge immer der untere 
Nebenton und bei absteigender Folge der obere zum Trillern gebraucht 
wurde, auch in Deutschland bekannt war, erfahren wir aus Ammerbachs 
Tabulatur (1571, Fol. III), wo sich Ammerbach über die Mordanten 
folgendermaßen äußert: 

»Mordanten sind / wenn ein Clavis mit dem nechsten neben ihm gerürt 
wird / dienen viel zur zierd und liebligkeit des Gesanges / wenn sie recht 
gebraucht werden. TJnd sind zweierlei art / als im auff und absteigen. 

Srstlich im auffsteigen / bIb e f wird das e mit dem ^ duplirt / und /"mit 

dem e. Im absteigen als f e wird J mit g und e mit f duplirt oder dop- 
pelgeschlagen. 

Ascendendo descendendo 





Weitere Nachrichten über diese kurzen Verzierungen sind mir nicht 
bekannt bis zu Diruta. Hier finden wir sie unter den Namen Oroppo 
und TremolOy Ausdrücke, die die damalige Gesangslehre auch kennt. Der 
Oroppo ist der Triller mit beiden Nebentönen. Er unterscheidet sich 
aber von Sancta Marias Bedobk dadurch, daß der untere Hilfston immer 
am Schluß des Trillers gebracht wird, während er bei Sancta Maria 
immer zu Anfang stand. Diruta nimmt den Groppo besonders für Ka- 
denzen in Anspruch. Der Tremolo entspricht dem Quiebro, bloß daß bei 
Diruta immer nur der höhere Nebenton in Betracht kommt. Er spricht 
sich geradezu gegen den Gebrauch des unteren Hilfstones bei dieser Art 
Verzierung aus^). Über die andern kleinen Verzierungsformen, die bei 

1) Das nähere über Dirutas Auffassung der Trillerverzierungen, ihren Finger- 
satz und ihre Anwendung, möge man bei Krebs, a. a. 0., S. 338—344 und 368—374 
nachsehen. Übrigens bedeutet der Ausdruck >far tma aostenkUione* nicht, wie 
Krebs (S. 369] meint, einen Vorhalt machen, sondern den Leitton erhöhen. Die 
gebräuchlichen Ausdrücke in den lateinischen Traktaten des Mittelalters sind 
*mtendere< für das Steigen oder Erhöhen und »remitiere* für das Erniedrigen. 
Bermudo gibt (Arte Tripharia 15ö0, fol. 34 y.) eine genaue Auseinandersetzung 
der Termini, die in Spanien gebräuchlich waren. *, , , im mesmo punio es el mtenso 
y el susterUado: y otro el remisso y caydo. Todas las vexes que subiendo de semitono 
haxeys tono: se dixe punto intenso: y quando abaxando de tono haxeys semitono se 
dixe sustentado. De forma que una mesma tecla negra es en la que se pone el punto 
intenso y el sustentado. Quando subiendo de tono haxereys semitono: se dixe remisso ^ 
y abaaxmdo de semitono haxeys tono: se Uama punto caydo, o dimisso. El punto 
intenso y sustentado se pone (tahendo naiuralmenie) en las teclas negras que forman 
mi: y el remisso y dexado en las que forman fa*. Vgl. auch Declaracion 165Ö, Lib. 
IV, Cap. XI, fol. LXI. Diruta selbst spricht von der unnatürlichen sostentatione, die 
nötig wird bei Transpositionen, die eine Kadenz auf JE oder auf H verursachen. 
Solche Erhöhungen des Leittons sollen nur angedeutet und mit einer Diminutiou 
verdeckt werden. Transilvano, Seconda Parte, Lib. IV, S. 16. 



— 118 — 

Diruta erwähnt werden, die Accenti und Glamationij die auch in der 
Gesangsmusik angewendet wurden, finden wir bei den Spaniern nichts. 
Daß sie aber bei den Italienern in Gebrauch waren, ist aus den prak- 
tischen Denkmälern ersichtlich, wo wir zuweilen solche Formen, wie sie 
Diruta beschreibt, ausgeschrieben finden. Noch eine Eigentümlichkeit 
der italienischen Denkmäler wäre hier zu erwähnen. Sie tritt im 16. Jahr- 
hundert speziell in einigen Merulo- Werken zum Vorschein. Hier werden 
alle Verzierungen vollständig ausgeschrieben ^J. Da scheint es auch Tat- 
sache zu sein, daß Merulo, wie Diruta hervorhebt, bei dem Tremolo 
immer nur den oberen Hilfston gebraucht. 

Neben den kleineren Verzierungen, die auf eine bestimmte Note ge- 
macht wurden, war es auch gebräuchlich, den ganzen Tonsatz in kleinere 
Notenwerte aufzulösen. Diese Figurationen waren die Olosas, die Dp- 
minutionij die Koloraturen im weiteren Sinn. In der italienischen 
und deutschen Orgel- und Klaviermusik des 16. Jahrhunderts sind sie 
Merkmale des virtuosen Vortrags. Schon bei P au mann und in dem 
Buxheimer Orgelbuch finden wir sie als Characteristica des Orgelstils. 
In dem alten englischen Denkmal werden sie auch angewendet Die Zu- 
sammenstellung eines Stückes aus diesem Denkmal mit dem Original- 
tonsatz aus dem Roman de Fauvd (Wolf, Mensuralnotation m, 19) 
bringt das interessanteste Vergleichsmaterial. So bunt wie in den spätren 
Tabulaturen sind die Diminutionen hier nicht, aber dasselbe Prinzip, den 
Gang der Stimme durch Umspielungen zu beleben, tritt auch hier hervor. 
Charakteristisch ist, daß gerade der Oberstimme besondere Beachtung 
geschenkt wird. Das wird bei Bermudo zur theoretischen Begel erhoben. 
(S. 14.) Und gerade dieses Merkmal, welches sich in den Stücken des 
Squarcialupi-Oodex besonders stark zeigt, war das, was den Versuch 
veranlaßte, in den Werken der Florentiner des 14. Jahrhunderts, wie 
sie im genannten Codex vorliegen, Quellen für das Örgelspiel des 14. 
und 15. Jahrhunderts zu suchen. 

Mit dem Aufschwung der Lautenmusik im 16. Jahrhundert wurden 
solche Verzierungen absolut notwendig; denn dem kurzen Klang der ge- 
rissenen Saiten mußte nachgeholfen werden. Daß auch in der Vokal- 
musik dieser Zeit die Verzierungen eine wichtige Holle spielten, ist in 
den letzten Jahren immer stärker betont worden 2). Daß diese Kunst 
aber manchmal zu einer Verzierungswut auswuchs, kann man schon aus 
den warnenden Stimmen erkennen, die sich hier und da im Laufe des 
16. Jahrhunderts erhoben. Vor allem suchte man die Ausartung dadurch 



1) Canzoni alla Franc. Ven. 1692. Toccate Lib. I, Rom 1598, Lib. II, Rom 1604. 

2) Eine ausführliche Behandlung der Verzierungsfrage bringt Max Kuhn, 
»Die Verzierungskunst in der Gesangsmusik des 16. — 17. Jahrhunderts, Leipzig 
1902, Beihefte der IMG. 



— 119 — 

zu beschränken, daß man auf die Notwendigkeit hinwies, die Verzierungen 
nur in einer Stimme auf einmal anzubringen. Der gute Sänger muß 
wissen, wann er zu diminuieren hat und wann nicht. Vicentino will 
das Diminuieren bei Sätzen mit weniger als vier Stimmen nicht so gut 
finden als bei vier und mehr Stimmen. Durch das Diminuieren gehen 
harmonisch wichtige Töne verloren, die durch die anderen Stimmen (bei 
vielstimmigen Sätzen) vielleicht gebracht werden. Auch soll der Sänger 
auf den Text achten, zu dem er diminuiert. Bei Stücken mit ernstem 
Text soll das Diminuieren unterlassen werden^). 

Die Verzierungssucht hat aber immer mehr überhand genommen. 
Haberl hat schon darauf hingewiesen 2), daß die kirchenmusikalische 
Reform vom Jahre 1564, die bekanntlich bestrebt war, dem Text eine 
größere Klarheit und Verständlichkeit zu verschaffen, sich wohl eigent- 
lich nicht so sehr gegen die Komponisten richtete, wie gegen die 
unvernünftigen Sänger, die durch ihr übermäßiges Diminuieren alles 
unverständlich machten. Wenn man sich die Beispiele von Pales- 
trinaschen Stücken ansieht, die in den Lehrbüchern der Diminutionskunst 
mit Diminutionen ausgestattet werden, so leuchtet diese Vermutung sehr 
leicht ein. Solche Eiinwände fallen aber bei der Instrumentalmusik fast 
ganz weg, und da ist es doch ein Beweis für die Stärke der Gegen- 
bewegung, daß Bermudo sich so heftig gegen das Verzieren ausläßt 
(S. 22 — 23). Sein Standpunkt, daß das Verzieren eigentlich eine 
Frechheit sei, ist nicht ganz ohne Grund. Es gehört tatsächlich ein 
sehr verständiger Musiker dazu, um diese Kunst wirklich künstlerisch 
auszuüben. Wenn wir auch wissen, daß die meisten Sänger, die in 
der Kegel ansehnliche Komponisten waren, sowie die Spieler damals eine 
gründlichere, vielseitigere Bildung hatten als heutzutage, so werden wir doch 
annehmen müssen, daß die so weit verbreitete Verzierungsmode eigentlich 
ein Übel war, welches die damaligen Komponisten dulden mußten, weil 
es einmal so tief Wurzel gefaßt hatte. Natürlich änderten sich mit der 
Zeit auch die Anschauungen der Komponisten, sowie die der ausführenden 
Künstler. Die späteren Komponisten, besonders in der zweiten Hälfte 
des 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, legten manche Sätze 
gerade dazu an, daß sie verziert werden konnten. Und der Sänger, der 
die Reprise einer Arie oder der Violinist, der den langsamen Satz einer 
Sonata verzierte, stand auf ganz anderem künstlerischen Boden als der 
Chorsänger der Palestrinazeit, der in einem Madrigal oder gar in der 



1) Vicentino, *UafUica muaica*^ Rom lööö, S. 88. Vgl. auch Fr. Chry- 
sander, >Lodo7ico Zacconi«, Vierteljahrs chrift VII (1891), S. 346. 

2) Earchenmusikalisches Jahrbuch 1892 »Die Eardinalskommission von 1664 
and Falestrinas Müsa Papae MareeUi*, S. 96. 



— 120 — 

Messe seine Kehlfertigkeit zeigen wollte. In der Solomusik des 16. Jahr- 
hunderts hatte ja schon die Verzierungskunst ihre Berechtigung. Aber 
gerade gegen die übermäßige Eitelkeit besonders der Kirchensänger rieh- 
tete sich das Bestreben, die weitere Verbreitung des Übels zu verhüten. 

Bermudo gibt auch eine Erklärung für die große Verbreitung, indem 
er auf den Unterschied hinweist, der zwischen der alten Musik und der 
zu seiner Zeit modernen bestand. Die alte war schwerfällig {pesdda). 
Dagegen wäre die moderne so kompliziert, daß sie Unterlage [texto) und 
Verzierung [glosa) zugleich sei. Selbst den Redobk, den er als schön be- 
zeichnet hatte, will er kaum merkbar haben. Auch wegen der Schwierig- 
keit bei Imitationen Verzierungen mit den weniger geläufigen Fingern, 
wie z. B. mit dem Daumen auszuführen, will er sie ganz verwerfen. 

Sancta Maria verhält sich nicht so ablehnend gegen die Diminutionen. 
Er betont die Notwendigkeit, die Verzierungen gleichmäßig auf 
alle Stimmen zu verteilen und auch dieselben Verzierungen bei Wieder- 
holungen (Imitationen?) so weit wie möglich anzuwenden. Auch bei Oa- 
bezon sind die Ohsas zugelassen. Die Olosas in dem Werke von 1578 stam- 
men aber meistenteils von dem Herausgeber, dem Sohne, Hemando Cabezon 
und nicht von dem berühmten Antonio. Die falschen Quinten und Ok- 
taven, die durch die bewegten Verzierungen entstehen, gegen die sich 
Bermudo wendet, werden von Hernando Cabezon ausdrücklich zugelassen. 
Das sei eine Freiheit, die man auch dem guten Sänger gestatte ^). Auch 
gelten bei Cabezon an verzierten Stellen nicht die Fingersätze, die er 
für einfache Stücke im allgemeinen vorgeschrieben hat. 

Die deutschen Koloristen scheinen sich meistenteilt auf ihre kolorierten 
Stücke zu verlassen, um dem Schüler eine Anschauung von dem Wesen 
und der Anwendung der Verzierungen zu geben. Ammerbach gibt keine 
theoretische Anweisung darüber. Er bringt nur als letzten Teil seines 
Tabulaturbuches (1571) eine Anzahl vier- oder fünf stimmiger kolorierter 
Stücke. Ein Vergleich, z. B. des fünfstimmigen Liedes ^Susanne unjour< 
von Lassus in der Bearbeitung von Ammerbach mit der Gabrielischen 
Bearbeitung desselben Liedes (Musikbeilage S. 264) ist äußerst lehrreich. 
Schon durch die Zusammenziehung der Stimmen auf zwei Systeme bei 
Gabrieli und das daraus resultierende Wegfallen der doppelten Töne be- 
kommt die italienische Bearbeitung ein anderes Gepräge. Es ist wirklich 
zu einem Orgel- oder Klavierstück umgeschaffen. Ammerbach gibt eine 
getreue Übertragung jeder Stimme in Buchstabentabulatur und setzt 



IJ Earas vexea ioparan en cosas glosadas dos quintas, o dos octavaSy pareseiome 
deacaUas, por ser menos meonveniente^ que no que se pierda el buen son que iiene la 
glosa por no ddUas^ pues tiene el que tahe la mesma licencia, quando glosa, que el 
cantor quando hien canta. 



— 121 — 

Koloraturen liitizu, wie sie ihm gut scheinen. Die freiere und graziösere 
Verwendung dieser Verzierungen bei Gabrieli trug gewiß nicht wenig 
dazu beij das Werk bei ihm zu einem viel schwungvolleren und interes- 
santeren Oi^elstück zu machen als bei Ammerbach. Paix scheint 
der einzige zu sein, der überhaupt für die Anwendung der Koloraturen 
irgend welchen Rat gibt, indem er darauf hinweist, daß, wenn auch ein 
Doppelgriff in der rechten oder linken Hand vorkommt, es doch noch 
möglich ist, eine Koloratur auszuführen i). 

Dirutas Anweisungen sind verhältnismäßig kurz gefaßt. Bei ihm 
heißt das Auflösen eines Tones in mehrere gleichwerte Töne, die den 
Hauptton umspielen, > Minuta <, Er verläßt sich hauptsächlich auf seine 
reichlich angeführten praktischen Beispiele; gibt aber trotzdem einige sehr 
wichtige Andeutungen, wie man in Italien das Wesen der Verzierungen 
erkannt hatte. Man soll zu Anfang die Konsonanz möglichst kräftig an- 
schlagen, um die Stimmführung hervorzuheben und darauf die beliebige 
Diminution machen. Der erste und der letzte Ton einer solchen Ver- 
zierung sollen auf die Hauptnote oder auf ihre Ober- oder Unteroktave 
fallen. Bei Befolgung dieser Regel wird man nie üble Oktaven oder 
Quinten machen und dadurch die Komposition und ihre Harmonie (Me- 
lodie) verderben. Er habe schon Stücke gehört, die durch zu viele 
Diminutionen ihre harmonische Schönheit verloren haben 2). Darauf folgt 
eine Warnung gegen das Verzieren von Fugen. Wenn Verzierungen 
doch angebracht werden, sollen sie wenigstens konsequent durchgeführt 
werden. Das klingt ähnlich wie Sancta Marias Forderung der konse- 
quenten Verwendung der Verzierungen. Diruta gibt auch zwei Beispiele, 
eine Canzone *La Spiritata< von Gio. Gabrieli, die, weil sie schon in 
kleinen Notenwerten komponiert ist, durch* Verzierungen verdorben werden 
würde und eine Canzone *L^ Alber gona* von Antonio Mortaro, die im 
Original nicht so bewegt ist und Verzierungen verträgt. In der letzteren 



1) Jac. Paix, »Nutz und Gebräuchliches Orgel Tabulaturbuch«, Laugingen 1683. 
Vorrede an den Käuffer. Das Zitat auch bei Seiffert, »Geschichte der Klavier- 
musik«, S. 14. 

2) Transilvano. Seconda Parte. Ven. 1609, S. 14. ». . . la minuta puo entrare 
nelT altre parii: avertendo di battere il principto delle consonanxe piu che sia possibüe 
per far sentir tutte le parti: fate po% che sorte dt diminuiione vi piaee. B diminuire 
osservate, e secondo &havete visto nelli sopra detti essempi^ che la prima note e Vultima 
della minuta vada soprä ä queUa note che e diminuita; S che la minuta si poira 
anco ierminare all' ottava di sopra, over di sotto, pur che vadi ä irovar la seguente 
nota, Osservando questa Regola non mai nascerä inconveniente alcun di due Ottave o 
di due Quinte; S non si verrä a guastare la compositione, ne tarn poco la sua armo- 
nia. Alle quäle alle volle ho visto, db sentito intavolate dkune caniilene, che per causa 
di ta^nti dimintäioni perdono la loro armonia, S va^ghexxa*. Eine ausführliche Über- 
setzung bei Krebs, a. a. 0., S. 379. 



— 122 — 

bezeichnet Diruta jede einzelne Verzierung mit Anfangsbuchstaben, um 
«ie dem Schüler klarer zu machen^). 

Die Verzierungskunst war ihrem Wesen nach eine Improvisations- 
kunst. Das hat schon unter anderen Krebs hervorgehoben ^j. Er weist 
auch darauf hin, daß die deutschen Koloristen hier auf einem künst- 
lerisch niedrigeren Niveau stehen als die Italiener. Die Stücke von 
Oavazzoni waren nicht mit so vielen Verzierungen versehen und, obwohl 
sie um ein halbes Jahrhundert früher erschienen als Dirutas Schriften, 
ist doch anzunehmen, daß sie in der Ausführung fast eben so lebhaft 
verziert wurden als spätere Werke. Auch ist anzunehmen, daß die 
wenigen Verzierungen die Buus seinen Instrumentalrecercari in der Orgel- 
bearbeitung hinzugefügt, mehr als Andeutungen gelten sollen, die es 
dem Spieler im übrigen frei ließen, weitere Verzierungen anzubringen. 
Sancta Maria gibt überhaupt keine Stücke, die mit Verzierungen versehen 
sind. Cabezon will seine verzierten Stücke bloß als Beispiele angesehen 
wissen. Diruta betont den Lehrzweck seiner Beispiele. Dieser Ge- 
sichtspunkt tritt bei den Deutschen in den Hintergrund. Sie hatten die 
Bedeutung der Verzierungskunst anders aufgefaßt. 

Wie steht es aber mit den gedruckten Sammlungen von A. Gabrielis 
und M^rulos Canxoni aUa francese, bei denen die Verzierungen voll- 
ständig ausgeschrieben sind? Man könnte für Gabrieli annehmen, daß, 
da die Stücke fast alle nach seinem Tode im Druck erschienen, die 
Verzierungen von anderer Hand hinzugefügt wurden, etwa durch seinen 
Neffen Giovanni oder eine andere Person, die im Auftrage des Ver- 
legers handelte, ebenso wie Hemando Cabezon einige Kompositionen 
seines Vaters Antonio mit Olosas ausschmückte. 

Anders aber wird es sich mit den Toccaten Merulos verhalten, die 
nicht nachträglich herausgegeben wurden, in denen aber jede kleinste 
Verzierung ausgeschrieben ist. Man könnte annehmen, daß die Ver- 
zierungen mit der Grundlage zusammen konzipiert wurden und dadurch 
^in wesentlicher Bestandteil der Komposition wurden. Sie sind die 
Komposition im eigensten Sinne und sind nicht nachträglich angehängt 
worden und als nebensächlich zu betrachten. Ebenso wie man die 
Chopinschen Verzierungen nicht als bloße Ornamente auffassen kann, 
die von dem Werk entfernt werden können ohne es zu zerstören. Sie 
fiind vielmehr wichtige und notwendige Träger des Gedankens, der zum 
Ausdruck gelangen soll. Aber ob man sich bei Merulo an die noten- 
und taktgetreue Wiedergabe der ausgeschriebenen Verzierungen halten 



1) Die Canzone von Moriaro in Originalgestalt und mit verzierter Intavolierung 
bei Krebs, a. a. 0., S. 379. 

2) a. a. 0., S. 372—73. 



— 123 — 

muß, ist fraglich. Es ist nämlich von wenigstens einem der Nachfolger 
Merulos, von Frescobaldi, bekannt, daß man seine ausgeschriebenen 
Verzierungen nicht immer taktgetreu ausführen kann oder soll. Ed. 
Dannreuther hat zuerst auf diese Eigentümlichkeit aufmerksam ge- 
macht i). Man muß da an eine Ausführung denken, wie diejenige der 
in unserer modernen Klaviermusik klein gedruckten Floskeln und Passagen. 
Es wird also wohl bei diesen italienischen Werken mit vollständig aus- 
geschriebenen Verzierungen die Freiheit in der Ausführung doch nicht ganz 
unterdrückt. Die freie Ausführung von Verzierungen kann man ja heute 
noch in der Zigeunermusik antreffen (Musikbeilage S. 296 — 300). 

Mit dieser Anschauung von der freien rhythmischen Ausführung 
hängen auch Sancta Marias Äußerungen über das geschmackvolle Spiel 
zusammen (S. 40). Es ist schon betont worden, daß gerade die Spanier 
sehr großen Wert auf das geschmackvolle Spiel legten. Sancta Maria 
bespricht da einige Manieren, die bei Folgen von Viertel- und Achtel- 
noten, wie sie speziell in den Verzierungen vorkommen, gebraucht werden. 
Besonders bei den Achtelpassagen wurden diese Manieren angebracht, um 
das Spiel schöner, galanter und interessanter zu machen. Es ist wohl 
anzunehmen, daß diese Manieren auch in Italien schon während des 
ganzen 16. Jahrhunderts gebräuchlich waren. Aber da uns in Italien 
ein so gründliches Lehrbuch, wie die spanischen, aus dieser Zeit noch 
fehlt, haben wir keine Belege dafür. Diruta erwähnt sie nicht, aber wenig- 
stens für eine dieser Manieren haben wir reichliche Beispiele aus der 
Zeit nach Diruta. Sancta Maria erklärt drei Manieren (vgl. S. 41). 1. die 
Verlängerung der ersten Note und Kürzung der zweiten, 2. die Kürzung 
der ersten und Verlängerung der zweiten, 3. die Gruppierung zu je vier 
und vier, bei der die ersten drei beschleunigt werden und die vierte ver- 
längert. Für Sancta Maria ist die dritte Manier die galanteste von allen. 
Ich möchte aber hier die zweite weiter verfolgen. 

Keine geringere Autorität als Frescobaldi tritt für diese Manier 
ein. Er setzt seinem ersten Buch Toccaten und Partiten (Rom 1616) 
neun, das Spiel dieser Werke betreffende Regeln, voran. In der siebenten 
empfiehlt er die Sechzehntel-Passagen genau so zu spielen wie es Sancta 
Maria mit seiner zweiten Manier vorschlägt *). Diese Regel muß sehr 
wichtig gewesen sein; denn ein Nachfolger Frescobaldis, D. Scipione 
Giovanni, gibt in seiner Cembalo- und Orgeltabulatur (1650) auch 



1) Musical Omamentation, London und New York. (Novello) [1895] I, S. 51. 
Einen ähnlichen Fall wie bei Frescobaldi finden wir noch bei Couperin, Pteces 
de Claveem Livre 3 [1722] 14 Ordre, Le Bossignol, wo ein Triller genau notiert steht, 
der Anfang in 16teln, dann 32tel und dann 64tel. Darüber steht aber > Augmentes, 
par gradations imperceptibles^. 



— 124 — 

einen Satz Spielregeln. Darunter ist die fünfte eine wortgetreue Wieder- 
holung von Frescobaldis Regel 2). Die Manier hat auch Frescobaldi in 
seinen Toccaten manchmal direkt ausgeschrieben^). Bei Frescobaldis 
Schüler Froberger*) finden wir sie wieder; auch bei dem etwas späteren 
Wiener Meister Poglietti^). In Frankreich schenkt noch Couperin 
dieser Manier besondere Aufmerksamkeit, indem er ein besonderes Zeichen 

für sie setzt, nämlich »m ff^)- ^^ Manier war auch schon im 16. Jahr- 
hundert, wenn nicht früher, in der Gesangsmusik und bei den Blas- und 
Streichinstrumenten in Gebrauch. Bovicelli führt sie in seinen ^^Regole 
pdsseggiati* (1594)7) an. Später finden wir sie wieder bei Joh. Gott- 
fried Walther in seinem handschriftlich erhaltenen theoretischen Traktat 
unter dem Namen *Punctics serpens^. Er schreibt die Manier genau 
aus und verlangt, daß die auf diese Art gesetzten Noten »geschleift« 
werden sollen i). 



1) *Trovandosi alctmi passi dt crome, e dt semicrome tnsieme a tutte due le mam 
portar si che non troppo veloce; c& quella che fara le semicrome dovra farle cdquanto 
puntate, cioe non la prima ma la seconda sia col punto; e cösi tutti Vuna wo, e 
Valtra si, 

2) IntavolcUura di Cembalo et Organo, Toccate, Capricci, Hinni sopra il cantO' 
fermo, Corrente, Balletti, Ciaccone e Passacagli diversi. Perugia 1650. Vgl. Katalog 
Bologna IV 49. 

3) Z. B. in Lib. II. Vgl. Über diese Manier E. Dannreuther, >Musical Oma- 
mentation€ I ö2— 54. 

4) Joh. Jakob Frobergers Orgel- und Klavierwerke. Denkmäler der Tonkunst 
in Österreich IV, 1, S. 28, 29. 

5) Östr. Denkmäler XIII, 2, S. 1. 

6) Pieces de Clavecin i*"« Livre (1713) Seconde Ordre, Allemande >La Laborietise^ 
mit der Bemerkung >Sans lenteur; et les doubles croehea tm tant soit poinctes*. Vgl. 
auch *Ärt de Umcher^ 1717, S. 394. Die Bemerkung braucht sich nicht ohne weiteres 
gerade auf die zweite Manier zu beziehen. Es könnte sich um die Punktierung- 
der ersten oder der zweiten Note handeln. Derselbe Gedanke wird ausgesprochen 
in ^UArt de toucher^, S. 39, wo Couperin einen Unterschied zwischen den Franzosen 
und den Italienern konstatiert. Die Italiener notierten alles mit genauen Werten, 
wie es gespielt werden soll. Nicht so die Franzosen >Par exemple, notis pointons 
plusiers croches de suites par degres conjoints; et cependent noits les marquons Egales ^, 
Bestimmter ist es in den Fällen, wo das obenerwähnte Zeichen gesetzt wird. Dieses 
Zeichen wird so erklärt [Pieces de Clavecin P» Irt«7re Paris 1713, S. 7ö) »Coules, dont 
les points marquent que la seconde notte de chaque tems doit Ure plus appuyee^, VgL 
Dannreuther I, 101. Dannreuthers Übersetzung von »appuyee* als »geschnellt« 
scheint mir nicht zulässig. Ich glaube vielmehr, daß es sich hier um das Ver- 
weilen auf der zweiten Note handelt. 

7) Vgl. Hugo Goldschmidt, »Verzierungen usw.« Monatshefte für Musik, 
geschichte 23 (1891), S. 118. 



— 125 — 

Die erste von Sancta Marias Manieren, nämlich mit der längeren 
Note zuerst, wird von Georg Muffat für das Violinspiel bei Passagen 
gleichlanger Noten empfohlen und zwar als speziell dem französischen 
Geschmack, dem Gebrauch der Lullisten, entsprechend 2). Bei allen 
diesen späteren kann man immer noch an Sancta Marias warnende Worte 
(S. 41) denken. Die Manier darf nicht übertrieben werden. Die Ver- 
längerung öder Beschleunigung soll nur groß genug sein, um bemerkt 
zu werden. Die Übertreibung verursacht nur Häßlichkeit. Spitta 
(Bach I, 413) tut der Sache noch Erwähnung. > Gewisse rhythmische 
Manieren CT* wurden als Vivaldis Erfindung angesehen«. Man nannte 

sie die Lombardische Manier 3). Wir sehen aber, wie weit die Geschichte 
dieser Spielweise zurückgeht. Sie liefert wieder einen Beweis, daß die 
Alten ihre Instrumentalstücke doch nicht so trocken auffaßten, wie sie 
manchmal auf dem gedruckten Blatt aussehen. Das hängt wieder mit 
dem großen Spielraum zusammen, den sie dem ausführenden Künstler 
bei den Verzierungen erlaubten. Der gute Spieler mußte auch 
schaffender Künstler sein und durch seine künstlerische Auffassung und 
seinen subjektiven Vortrag dem Werk den Charakter des aus eigener 
Empfindung hervorquellenden, frei improvisierten Stoffes geben. Das ist 
ein Zug, der bei uns mit unseren peinlich genauen Vortragsvorschriften 
immer mehr in den Hintergrund tritt. Diese Tatsache ist schon öfters 
für das Verständnis der Meister des 17. und 18. Jahrhunderts betont 
worden. Aber von diesem Standpunkt betrachtet, gewinnen auch die 
Instrumentalwerke des 16. Jahrhunderts eine ganz andere Bedeutung. 
Der Buhm eines Merulo, eines Gabrieli, eines Oabezon, beruhte wohl 
nicht zum wenigsten auf dem freien lebendigen Geist, den sie ihren 
manchmal so leblos erscheinenden Stücken beim Vortrag einzuhauchen 
wußten. Wenn man die erhaltenen Kompositionen dieser Meister 
immer so wörtlich auffaßt, wie sie da stehen, tut man ihnen gewiß 
Unrecht. 

Noch einen Punkt möchte ich erwähnen, der eine gewisse Freiheit 
in der Übertragung auf das Instrument betrifft. Es ist die eigentümliche 
Anweisung Bermudos (S. 20) für diejenigen, die einen voller klingenden 
Satz auf dem Instrument spielen wollen. Da war die Oktawerdopplung 
einiger Stimmen ein leichtes Mittel. Das kommt eigentlich auf das ak- 



1) Vgl. Hermann Gehrmann, >Joh. Grottfr. Walther als Theoretiker«, Vier- 
teljahrsschrift VII (1891), S. 02I. 

2) Florilegium secundum 1698 deutsche Vorrede. »Von dem Tact« Par III. 
Denkmäler der Tonkunst in Österreich II, 2, S. 24. Beispiele S. 53 — 64. 

3) Wasielewski, »Die Violine im 17. Jahrhundert«, Bonn 1874 erwähnt (S. 26) 
daß die Lombardische Manier bei Biagio Marini in den ^Ärie^ Madrigali usw.« 
1620 vorkommt. 



— 126 — 

kordische Spiel heraus. Man sieht, wie Bermudo schon einen für das 
Elavierspiel charakteristischen Punkt erkannt hat und ihn logisch an- 
wendet. Er hat es vielleicht den Lautenspielem abgelauscht; denn schon 
in den frühesten Lautendenkmälem begegnen uns solche Stellen, beson- 
ders bei Kadenzen, wo der Lautenspieler durch Hinzusetzen einiger 
Töne, die zu der Harmonie paßten, den Akkord voller machte. Wo 
es anging und der Fingersatz der linken Hand auf dem Griffbrett es 
erlaubte, wurden da manchmal sämtliche sechs Saiten der Laute in An- 
spruch genommen, indem man einfach mit dem Daumen oder mit einem 
anderen Finger der rechten Hand über die Saiten hinwegstrich. Solche 
Akkorde nannten die deutschen Lautenisten >Durchstreiche«. Bermudo 
will diesen Kunstgriff aber konsequenter angewendet haben, als es die 
Lautenisten taten. Der Spieler soll nicht nur einige Akkorde planlos 
einstreuen, sondern die Manier mehrere Takte nacheinander durchführen. 
Daß man ebenso in Italien diese Manier wenigstens in demselben Maße 
wie auf der Laute auch auf dem Klavier anbrachte, beweisen einige 
sehr interessante Sammlungen aus der Offizin Simon Verovios, des 
ersten Musikverlegers, der den Kupferstich zur Herstellung musikalischer 
Drucke in Italien verwendete. Von 1586 bis 1595 veröffentlicht Verovio 
eine ganze Reihe von Werken, die einen wichtigen Beitrag zur Geschichte 
des Instrumentalspiels in Italien liefern, (vgl. Eitner, Quellenlexikon); 
denn sie vereinigen in sich den originalen Vokalsatz, eine XJbertragung 
für Cembalo und eine zweite Übertragung für Laute und zwar im 
Däetto spirittcale. Canxonette a tre et a quattro voci composte da dt- 
versi ecc"^*- Musici, Rom 1586, in folgender Anordnung: Auf der linken 
Seite des aufgeschlagenen Buches stehen die Vokalstimmen jede für 
sich, eine unter der Anderen wie im Ohorbuch. Auf der rechten Seite 
stehen die Instrumentalsätze, erst für Klavier, dann für Laute und zwar 
für das Klavier in transponierter Lage. Die Werke waren also für 
Dilettanten bestimmt und nicht für den vollendeten Spieler, der aus den 
Stimmen hätte spielen können. Bei den Elaviersätzen werden die Vokal- 
stimmen einfach in die itaUenische Orgeltabulatur übertragen^ mit einigen 
einfachen Verzierungen versehen, und hier und da einige Akkorde voll- 
stimmiger ausgestattet 1). Daß in späterer Zeit bei der Vokalmusik ein 
dem Bermudoschen Kunstgriff ähnliches Verfahren vorkommt, wissen wir 
durch M. Praetorius {Synt Mus. Tom III (1619) S. 158)2). Er schlägt 
vor, daß, wenn sich im Chor ein Knabe mit sehr hoher Stimme befindet, 
man ihn den Alt eine Oktave höher singen lasse. Ebenso kann der 
Tenor von einem Knaben eine Oktave höher gesungen werden. 

1) Siehe Musikbeilage S. 280—82. Das als Beispiel mitgeteilte Stück ist aus 
einem dreistimmigen Yokalsatz in ein vierstimmiges Klavierstück umgewandelt, 

2) Vgl. auch Eitner, Monatshefte für Musikgeschichte X (1878), S. 41. 



— 127 -.- 



Die Transposition. 

Die Verzierungsfrage war ein Punkt, über den man streiten konnte. 
Sie wurde, nach den Theoretikern zu urteilen , im Anfangsunterricht 
nicht so sehr berücksichtigt. Alle Schriftsteller aber sind darin einig, 
daß das Transponieren eine äußerst wichtige und nicht zu umgehende 
Kunst sei, die man von vornherein lernen und unausgesetzt üben müsse. 
Das ist eine Ansicht, die man heutzutage nicht so eifrig vertritt. Die 
meisten Klavierspieler beschäftigen sich überhaupt nicht damit und auch 
die Organisten leisten hierin nicht soviel, als man in früheren Zeiten 
verlangte. Auch hier besteht ein großer Unterschied zwischen dem 
früheren Lautenspiel und dem Orgel- und Klavierspiel. Das liegt ja 
auch auf der Hand. Wir haben es mit einer Zeit zu tun, in der 
man noch keine internationale Stimmung hatte, in der bekanntUch die 
Orgeln bezüglich der Stimmung untereinander sehr verschieden waren, wo- 
zu auch die Verschiedenheit der Formen sowohl der Windinstrumente 
wie Orgel, Positiv und Regal, als auch der verschiedenartigen besaiteten 
Tasteninstrumente wie Clavichord, Olavicembalo, Virginal, Spinett, auch 
Claviorgano, nicht wenig beitrug. Da mußte man schon sehr mit der 
Notwendigkeit der Transposition rechnen. Und die Theoretiker lassen 
es an Hinweisen auf diese Notwendigkeit nicht fehlen. 

Hier sind es wiederum die Italiener, die die Sachlage am ehesten, 
wie es scheint, erkannt haben und ihr gerecht zu werden versuchen. 
Während bei Schlick und Virdung die Transposition für Tasten- 
instrumente als solche nicht behandelt wird, finden wir schon bei Aron 
in allen seinen Werken mehr oder minder gründliche Erörterungen dieser 
Frage. Es wird bei ihm, sowie bei den anderen italienischen Schrift- 
stellern besonders für den Organisten gesorgt, denn für diesen, der dem 
Chor die Tonart angeben mußte, der den Chor begleiten oder mit dem 
Chor wechseln (antiphonieren) mußte, war ja die Kenntnis der Trans- 
position eine sehr wichtige Sache. In allen diesen theoretischen Er- 
örterungen, den spanischen sowohl wie den italienischen, handelt es sich 
hauptsächlich um die MögUchkeit gewisser Transpositionen imd die 
Unmöglichkeit anderer. Der Tatsache, daß die Instrumente nicht gleich- 
schwebend temperiert waren, mußte Rechnung getragen werden. Dafür 
mußte der Spieler seine Kenntnisse von den schwarzen Tasten heraur 
ziehen, die er ja, wie wir gesehen haben, schon zu Anfang des Studium» 
gründlich lernen mußte. Von der Lage der großen und kleinen Halb- 
töne, der ^semitonos cantables^ oder »incantables^ hing die Möglichkeit 
oder Unmöglichkeit der Transposition ab. 

Aron bringt in seinem Lucidario ein Kapitel ^Dd modo di procedere 



— 128 — 



con h sülabe acddentali netto stromento detto Organo^^), Er baut da 
regelmäßige Hexachorde auf den Tönen A, JET, d, e, f, a, h, i und e auf 
und setzt die nötigen Kreuze oder t^ vor, wobei der Ton dis^ der nach 
der strengen Theorie nicht vorhanden ist, vorkommt. Den Ton ais 
scheint Aron vorsichtig zu vermeiden. Er erläßt eine Mahnung an den 
Kapellmeister, es nicht von dem Organisten zu verlangen, daß er den 
6. oder 8. Ton (Modus) auf dem es spielen soll. Das ist unmöglich 
wegen des Fehlens eines kleinen Halbtones g-as, Folgende Notierung 
möge dieses klar machen. 



6. Ton natürlich. 



8. Ton natürlich. 



i 



-iSh 



-i^ 



I 



SL 



is: 



-«>- 



'JSL 



^1^1% 1 1 1 V2 

6. Ton transponiert. 



% 



^^^-— -^ 



7^ 



9^ 



WSL 



% 



7^ «^ ^ 

^1 1/2 1 1 1 

8. Ton transponiert. 



V2 1 



^ 



|^=te2 



9<^ 



bdg \^^ 



^^- 



1 V2 1 1 1 V? 



1 V2 1 



72 1 



Die mit * bezeichneten Töne sind auf der Klaviatur nach Arons Stim- 
mung Kreuztöne. 

Aron erwähnt aber, daß es Musiker gäbe, die behaupteten, daß das 
ganz gleichgültig sei, denn der Unterschied sei nicht wahrnehmbar. 

Aron schlägt vor, dem Übel abzuhelfen durch die Einschaltung einer 
weißen Taste in die schwarze, zwischen g solreut gravi und a acuta. Es 
ist dies der viel umstrittene Ton gis oder o«, der, wie wir gesehen haben, 
schon dem Ramis de Pareia und dem Schlick (S. 74) Schwierig- 
keiten machte. Bei Bermudo wird diese Schwierigkeit auch erwähnt. 

Auch Zarlino äußert sich über die Transpositionen 2). Sie wären 
nicht nur nützlich, sondern sehr notwendig für den Organisten, der den 
Chor begleitet, und überhaupt für jeden Spieler, der eine Stimme begleitet. 
Wenn man für ein Instrument in einer transponierten Tonart komponiert, 
müsse man genau auf die nicht vorhandenen Töne, besonders auf dem 
Clavicembalo Rücksicht nehmen. Unser Bermudo (S. 17fE.) behandelt 
diesen Punkt sehr ausführlich. Schon sein Klaviaturschema gibt reichen 
Aufschluß über die Transpositionen. Aber auch im Text geht er viel 
gründlicher und klarer als irgend ein anderer Schriftsteller seiner Zeit 
auf die Frage ein. Dabei bleibt er nicht bei der theoretischen Erörterung 
stehen, sondern gibt ganz praktische Winke, wie man sich beim Spielen 

1) Fol. 36» Lib. 4, Cap. VI. Ich zitiere die Ausgabe Venedig 1545. Die erste 
Ausgabe erschien aber schon 1525. 

2) Istüutioni harmoniche. Ven. 1568, 4 Parte, Cap. 17, S. 390. Della trasporta- 
tione dein Modi, 



— 129 — 

über die Schwimgkeiten hinweghelfeB kann; zum Beispiel das YermeideB 
einer Kadenz, durch die ein falscher Halbton hervorgehoben wird, wie in 
dem Falle, wo man den ersten Modus auf H spielt, wo die Kadenz auf 
der Finalis mit erhöhten Leitton unmöglich ist. Hier hat er es auch nicht 
an ausgeführten Notenbeispielen fehlen lasaen. Auch der Eat, bei einer 
unglücklichen Wahl der Tonhöhe seitens der Sänger der Schwierigkeit 
durch eine geschickte Modulation nach einem tieferen Tone abzuhelfen, zeugt 
von der Erfahrung imd dem äußerst praktischen Sinn unseres Autors. 

Bermudo ist einer der ersten, der auf den Zusammenhang zwischen 
der Zahl der ^ oder Ejreuze in der Yorzeichnung und dem Intervall der 
Transposition hinweist. Dabei geht er aber nicht so weit wie seine Zeit- 
genossen in Italien, indem er Transpositionen nach einer großen oder 
kleinen Terz höher ausschließt (S. 18). Nicht nur für den geübten Musiker, 
der vom Blatt transponieren soll, sondern auch für den Anfänger gibt er 
ganz praktische Eatschläge. Mit den Kegeln vom Abzählen der Intervalle 
einerseits oder von der Änderung in den Vorzeichen (Schlüssel und ^ 
oder t^) andererseits hat er eigentlich die einzigen praktischen Methoden, 
die für die damalige Zeit möglich waren, erschöpft. Denn die Methode, 
die auf das Auffassen der tonalen oder harmonischen Verhältnisse der 
Töne oder Akkorde zur Tonika und das Übertragen dieser Verhältnisse 
auf die neue Tonika beruht, eine Methode, die heutzutage manchmal an- 
gewendet wird, mußte ja den Alten ferner liegen als uns mit unserem 
ausgeprägten tonalen harmonischen System. Auch in seinen allgemeinen 
Batschlägen für Spieler (S. 22) verordnet Bermudo das ständige Üben 
der gelernten Stücke in allen Transpositionen. Die besonders schwierigen 
Stellen, die man aus den Werken herausnimmt, um sie als Etüden zu 
benutzen, sollen in aUen Transpositionen geübt werden. Auch in den 
Kapiteln, welche er dem Organisten und dem Kespondieren zum Chor 
widmet, zeigt sich Bermudo als erfahrener, praktischer Organist (S. 23). 
Die Klarheit, mit der er die Verschiedenheit der Orgeln, ihre Tonhöhe 
und die dadurch verursachten Transpositionen, die es den Sängern er- 
möglichte, immer in bequemer Lage zu singen erörtert, würden seine 
Äußerungen wertvoll machen für die Erforschung der Stimmungen, die 
man zu seiner Zeit in Spanien beim Singen gebrauchte. Die Beschreibung 
des Kegisters in der Orgel der königlichen Kapelle zu Granada, bei der 
das as oder das gis durch besondere Züge, je nach Bedarf eingeschaltet 
wurde, beweist, daß sich auch die spanischen Orgelbauer mit der Frage 
dieses für die Transposition so wichtigen Tones beschäftigt und eine ver- 
hältnismäßig praktische Lösung des Problems gefunden hatten, ohne das 
sonst übliche Spalten der schwarzen Tasten anzuwenden. 

Obwohl Bermudo in allen diesen Erörterungen sich streng an die 
theoretische Lehre hält, ist doch auf die Stelle hinzuweisen (S. 17), an 

Kinkeldey, Orgel und Elayier. 9 



— 130 - 

der er von der Tatsache spricht, daß das Ohr daran gewöhnt wird, theo- 
retisch nicht reine Töne zu hören, ohne daran Anstoß zu nehmen. Hier- 
mit nähert er sich der Meinung derjenigen, die Aron anführt, welche 
behaupten, daß die Verwendung der Kreuztöne für b-Töne gleichgültig 
wäre. Wir haben bei der Besprechung der Stimmregeln gesehen, daß 
Lanfranco auch zu dieser Klasse gehört, die beim Spielen die Ungleich- 
heit in der Temperatur ignoriert (S. 76, Regeln 9 und 10). Auch Sancta 
Maria schreibt über die transponierten Töne ein Kapitel (Teil I, Kap. 25), 
geht ziemlich genau auf die Sache ein, bringt aber nichts Neues von 
Bedeutung. Jedoch die Wichtigkeit des Transponierens und des Ubens 
darin betont er ebenso wie Bermudo. Wie Bermudo rät er dem Schüler, 
seine Stücke in allen Lagen zu üben und besonders darauf zu achten, 
daß durch die Transposition die melodische Struktur des Stückes nicht 
geändert werde (S. 50). Auch setzt er es unter die Bedingungen des 
vollendeten Spiels, daß der Spieler genau mit den Transpositionen Be- 
scheid wisse und sich über deren Möglichkeit oder Unmöglichkeit auf dem 
Instrument und über die Gründe dafür völlig klar sei (S. 54). Hier 
wiederholt er auch ausdrücklich die Instruktion von dem üben im Trans- 
ponieren der gelernten Stücke. 

Bei Diruta spielt die Transposition auch eine wichtige Rolle. Er 
widmet ihr ein ganzes Buch seines Transüvano^) und weist wieder hin 
auf die Bedeutung dieser Frage für den Organisten. Er behauptet, daß 
die Mehrzahl der Orgeln höher gestimmt sei als der Chorton, und daß 
der Organist einen Ton oder eine Terz tiefer transponieren müsse. Um 
das Wesen der Transpositionen klar zu machen, gibt er eine ganze Reihe 
zweistimmiger Stücke, die dann in alle Lagen, die für den Organisten 
in Betracht kommen, transponiert notiert werden. Diese soll der Schüler 
erst in der natürlichen Lage spielen und dann in den Transpositionen. 
Danach soll er in gleicher Weise drei- und vierstimmige Stücke üben. 
Endlich soll er ein Ricercar auswendig in natürlicher Lage spielen und 
darauf in verschiedenen Transpositionen. Der Not gehorchend werden 
auch bei Diruta die meisten Beispiele einen Ton oder eine Terz tiefer 
transponiert, öfters auch eine Quarte oder eine Quinte. Seltener kommen 
Beispiele von Transpositionen um einen Ton oder eine Quarte höher 
Vor. Diese letztere hat Bermudo für den ersten Modus als sehr ge- 
bräuchlich, sowohl bei den Sängern als bei den Spielern, bezeichnet (S. 18). 
Diruta wendet sie für den ersten Ton nicht an. Er bedient sich bei 
diesen Transpositionen der üblichen Vorzeichnungen bis zu drei Kreuzen 



1) Tra/nsüvano, Seconda Parte Libro III »Nelle quäle si dimostra la vera forma- 
tione^ Cognitionen e trasportatione ^i iutti i Tuoni^ si del canto figurato, come anco del 
ecmto fermo: cosa appartenente ad ogni Organista per lasciare in tuono al choro< 
Vgl. Krebs, a. a. 0., S. 352-353. 



— 131 -- 

oder zwei {?. Drei j^ kommen weder bei ihm, noch bei Bermudo vor. Dar- 
in unterscheiden sich beide von Aron, der sogar vier Kreuze hatte. Diruta 
behauptet auch, daß die Transposition den Charakter der Tonart ändern 
könne *). Auch im vierten Buch, bei der Besprechung des Wechselspiels 
zu dem Magnificat kommt er wieder auf die Transpositionen zurück. 
Er gibt da eine Anzahl solcher Magnificat-Z wischenspiele 2), wie vorher 
mit verschiedenen Transpositionen. Hier schlägt er vor, daß man diese 
Stücke erst in natürlicher Lage auswendig spielen lerne und sie dann in 
der Transposition übe. Auch wird in diesem Buche die Frage von der 
IFnmöglichkeit der Kadenzen mit erhöhtem Leitton auf E und auf H so- 
wie auf anderen Tasten und die Abhilfe dieses Übels durch gespaltene 
schwarze Tasten (tasti scavezxi) berührt?). Auch Gero ne behandelt noch 
die *tonos trasportados*^). Zum Teil fußt er hier wieder auf Sancta 
Maria (wiederum ohne Quellenangabe). Er geht aber über Sancta Maria 
hinaus, indem er sämtliche 12 Modi behandelt und nicht nur die acht 
alten. Mehrfach betont er die Tatsache, daß die Transposition eigentlich 
den Organisten viel mehr angeht, als den Komponisten oder den Sänger. 
"Wir sehen also, die damalige Ungleichheit in den Tonhöhen der In- 
strumente, die Freiheit, mit der der Vorsänger oder der Kapellmeister 
die Tonhöhe für den Chor wählen durfte, und die Mängel der ungleich- 
schwebenden Temperatur verursachten dem begleitenden Spieler unge- 
heure Schwierigkeiten. Diese Schwierigkeiten haben auch die Theoretiker 
und Pädagogen berücksichtigt. Darin liegt ein weiterer Grund für die 
lange Zeitdauer des Studiums. In den praktischen Orgel- und Klavier- 
denkmälem werden Transpositionen selten angezeigt oder vorgeschrieben. 
Eine Ausnahme ist die manchmal vorkommende Transposition in die 



1) Auf die Frage seines Schülers, warum die Komponisten den zweiten Ton, 
welchen Diruta als traurig und klagend bezeichnet hatte, zu Canzonen, Madrigalen 
und anderen heiteren Stücken benutzen, antwortete Diruta: »La causa procede che 
lo trasportano alla Quarta alto^ fawno le modiUationi vive & aUegre. Ma quando 
POrganista lo sonerä nelli suoi tasti naturali con le modulationi meste, db dogliose, si 
serUirä il suo naturale effetto.< TransilvanoII, Lib. III, S. 11. 

2) Das Magnificat wurde bekanntlich mehr als irgend ein anderer Teil der 
Liturgie in den Psalmtönen im Wechselgesaifg zwischen Chor und Orgel ausge- 
führt; woher es auch kommt, daß wir mehrere solche Magnificat-Sätze haben, bei 
denen nur jeder zweite Vers des Textes komponiert ist. Über die sonstige Be- 
arbeitung des Magnificats in der Instrumentalmusik vgl. Hugo Botstiber in der 
Einleitung zu Pachelbels Magnificat-Fugen. Denkmäler der Tonkunst in Österreich 
VIII, 2, Wien 1901, S. XIII. Über die Rolle, welche die Orgel überhaupt mit 
Zwischenspielen übernimmt. Tgl. E. v. Werra, Denkmäler- der Tonkunst in Bayern 
IV, 2, S. XVIII, XIX. 

3) Transilvano II, Lib. IV, S. 16. 

4) Melöpeo, Neapel 1613, Lib. XIV, cap. 20, S. 907 ff. Ferner Lib. XVI, cap. 22, 
Lib. XII, S. 680. Auch S. 922, 925. 

9* 



— 132 ~ 

Oberquarte oder Unterquinte durch die Yorzeichnung eines |?. Diese war ja 
von. alters her durch die gidehzeitige Existenz des Dur- und des Moll* 
systeoQas, die sozusagen ineinander geschoben wurden und in ihrer Yer- 
einigong das vollkommene System bildeten, in Gebrauch gekommen. Andere 
Vorzeichnungen kommen außerhalb der Lehrbücher selten ror. Auch 
sind gleichzeitige Fassungen von Original und Transposition selten. Ein 
Beispiel davon liefert die Ausgabe von Andrea und Giov. Gabrielis- 
Intanationen, Venedig 1593, wo neben den Originalsätzen auch immer 
eine Tran^position um eine Quarte oder Quinte höher oder tiefer ge* 
geben ist. Aber hier handelt es sich wieder um Stücke, die dazu dienten, 
dem Chor den Ton zu geben. Die Toccaten in demselben Werke werden 
nicht transponiert. Für die Sänger waren ja Andeutungen über die Trans- 
position nicht nötig. Dem absoluten TonbewuBtsein, für das man heute 
manchmal so eifrig eintritt, wurde, wie wir schon aus den Zuständen bei 
den Instrumenten schließen können, wenig Eechnung getragen. Für die 
Alten, besonders für die Kapellmeister, war das System der Chiavette 
die einzige Andeutung einer Transposition oder das Mittel, eine nicht 
Yorgesseichnete Transposition zu unternehmen. Dieses System wird wohl 
auch dem Organisten und dem Klavierspieler öfters Dienste geleistet 
haben, obwohl, außer der aus Bermudo angeführten Stelle, mir in den 
Schriftstellem keine Erwähnung der Transposition durch Schlüsselver- 
Schiebung bekannt ist. 

Die Fantasia. 

Es ist betont worden, daß die Freiheit im Spiel ein Charakteristikum 
der Zeit, die wir behandeln, ist. Nirgends ist dieser Freiheit größerer 
Spielraum gegeben, als in dem Fantasieren. Wir sahen, Sancta Maria 
legt sein ganzes Werk darauf an, diesen Höhepunkt der Kunst erreich- 
bar zu machen. Es war die* letzte Stufe in der Ausbildung des Spielers. 
Der Unterricht fing, nachdem der Schüler die ersten Begriffe von der 
Klaviatur, der Handhaltung und c^e Elemente des Fingersatzes sich zu 
eigen gemacht hatte, mit der Übertragung einfacher Vokalstücke auf das 
Klavier an. Mit diesem Stoff wurde die ganze Lehre von den Verzie- 
rungen, dem geschmackvollen Spiel und der Transposition verbunden. 
Bermudo (S. 13) und Sancta Maria (S. 54) betonen ausdrücklich, daß 
der Schüler sich nicht im Fantasieren versuchen soll, bis er die Technik 
des Instruments völlig beherrscht und viele übertragene Stücke gelernt 
hat. Dieses freie Fantasieren konnte sich nun nach zwei Sichtungen hin 
entwickeln. Einerseits haben wir das absolut freie, ungebundene Spiel, 
welches nur mit Akkordfolgen oder Passagenwerk arbeitete; und ande- 
rerseits das beschränktere aber künstlerisch einheitlichere Spiel, welches sich 



— 133 — 

mit der Durchführung eines oder mehrerer Themen beschäftigte. Das 
letztere ist das einzige, welches Sancta Maria berücksichtigt. Aus dem 
ersteren entwickelte sich das Preludium und die Toccata; aus dem zweiten 
die Fantasia, wie man sie im 16. Jahrhundert im engeren Sinne verstand, 
das Becercar (bei den Spaniem auch Tiento genannt) und die spätere 
Orgelfuge. 

Wie schon erwähnt, wurde die Kenntnis der Musiktheorie, die für 
dieses freie Spiel erforderlich ist, von allen Schriftstellern berücksichtigt. 
Den theoretischen Werken über das Orgelspiel ist immer eine Kontra- 
punktlehre beigegeben, sowohl bei Diruta als auch bei den Spaniern. In 
Deutschland haben wir in Paumanns Fundamentum Organisandi eine 
praktische Lehre des Orgelkontrapunktes. Buchners Orgeltabulatur ist 
ein Beispiel eines solchen praktischen Lehrbuches für eine höhere Lehr- 
stufe. Für die ersten Anfänge des Studiums des freien Spieles gibt 
Sancta Maria wieder eine sehr praktische Anleitung. Er verbindet es 
mit den Studien des vorgeschritteneren Übertragens. Schon im ersten Teil 
seines Werkes weist er fortwährend auf den Nutzen, der für das Fan- 
tasieren aus den früheren Übungen gezogen werden kann, hin. Der Sinn 
für schönen Kontrapunkt wird dadurch erzogen, daß der Schüler jede 
Stimme des Werkes, welches er zu lernen anfängt, für sich singt. Er soll 
femer die thematische Struktur des Stückes genau studieren (S. 47-^8) 
und sich alle Kadenzformeln einprägen, um sie später in der Fantasia 
2u verwenden. Er soll sich durch Aneignung der schönen, graziösen 
Kontrapunkte, die ihm vorkommen, einen Stoff sammeln, den er in der 
Fantasia gebrauchen kann (S. 86). Die ersten Versuche im freien Spiel 
knüpfen sich auch an die schon gelernten Stücke an. Der junge Spieler 
nimmt irgend eine Stimme aus einem Yokalwerk und spielt sie als Dis- 
cant mit selbsterfundenen Begleitharmonien. Dann setzt er dieselbe Stimme 
in den Alt, dann in den Te&or und schließlich in den Baß. 

Er sollte sich auch in dem Kontrapunktieren über einen oantus 
planus Üben (S. 54). Diese Heranziehung des Chorals (sowie auch der 
Hymnen) war eine auch in anderen Ländern gebräuchliche Methode. 
Buchners Orgelbuch gibt sich ganz und gar mit dem Kontrapunkt über 
euntus firmi aus dem Choral ab. Er war ja überhaAipt für den Orga- 
nisten sehr wichtig, besonders bei den Magnificat-Z wischenspielen. Neben 
dem Choral erfreuten sich auch die Hjmnenbearbeitungen großer Ver- 
breitung. Unter Bermudos speziell zum Spielen komponierten Beispielen 
befinden sich mehrere solche Hjmnenbearbeitungen. Cabezon schließt 
sich der Anordnung Sancta Marias an, indem er in seinen einleitenden 
zwei-, drei- und vierstimmigen Übungsstücken Hymnen anbringt und 
die Melodie in verschiedene Stimmen legt. Er bearbeitet auch hier 
cantus planus-Themen wie Kyries und bringt besonders viele Beispiele 



— 134 — 

Über die PsaJmtöne. Ahnliche Hjmnenbearbeitungen findet man auch 
in Italien von den frühesten gedruckten Sammlungen bis zu Diruta. In 
Spanien scheinen sie aber besonders beliebt gewesen zu sein. Noch das 
portugiesische Denkmal, ^Fhres de Mtisica] para o insirumento de teda 
8f harpa<^ (Lissabon 1620) von Manoel Bodrigues Ooelho^) bringt eine 
große Anzahl solcher Hymnenbearbeitungen, in denen die Melodie als 
cantus firmus durch die verschiedenen Stimmen wandert. Auch bringt 
Ooelho eine Reihe imitierender Fantasien, deren jede die Melodie einer 
Verszeile als Thema hat. Die Melodie ^^Ave maris steUa* ist hier, wie 
auch oft bei den andern Komponisten, die am meisten bearbeitete. 

Durch Übungen über solche Themen gelangte der Spieler endlich 
zum Höchsten in der damaligen Orgelkunst, zum extemporierten Durch- 
führen eines bestimmten Themas. Es scheint eine Eigentümlichkeit der 
ganzen spanischen Schule zu sein, daß sie wenig oder gar keine Rück- 
sicht auf die in der Form völlig freie Fantasie nimmt. Auf dieses Gre- 
biet, das dem Virtuosen die größte Gelegenheit bietet, seine glänzende, 
rauschende Technik zu entfalten, und auf dem gerade die Vertreter des 
prunkvollen venetianischen Stiles ihr Bestes geleistet haben, scheinen 
sich die Spanier nicht gewagt zu haben. Sie hielten sich ziemlich streng 
an die geistreichere, kunstvollere gebundene Form des Tientos, die Fan- 
tasia im engeren Sinn, wie sie bei Sancta Maria imn^er zu verstehen ist. 
Und das nicht zu ihrem Schaden; denn was ihnen da an äußerem Grlanz, 
an der technischen Bravura abging, das ersetzten sie durch eine glattere 
Faktur, ein feineres Formgefühl, und noch viel mehr durch eine sanfte, 
liebliche Innigkeit des Ausdruckes in der Melodie und auch manchmal 
in harmonischer Hinsicht, wie sie geradezu überraschen. Die erhaltenen 
Tientos von Cabezon können sich in dieser Beziehung ruhig mit den 
Recercaren und Fantasien der zeitgenössischen italienischen Komponisten 
messen. Buus undWillaert müssen da zurückstehen, und selbst Merulo 
und die Grabrielis reichen nicht oft an die einfachen, aber ich möchte 
fast sagen, tiefen Schönheiten der besten Oabezonschen Werke heran. 

Das ist überhaupt ein Merkmal der spanischen Musik dieser Zeit, 
Vittoria ist dem Palestrina oft zum Verwechseln ähnlich. Morales 
findet wenige seinesgleichen unter den vorpalestrinischen italienischen 
Komponisten. Was diese beiden berühmten Spanier ihren Landsleuten 
von Rom zurückbrachten, war nicht etwa ein höherer Sinn für das musi- 
kalisch Schöne, sondern eine gelehrtere, gewandtere kontrapunktische 
Technik. Und diese Tatsache war den Spaniern selber nicht unbekannt. 
Bermudo rechnet schon in seinem Werke von 1549 (Fol. X. v.) den Morales 



1) Exemplar Kgl. Bibl. Berlin. Näheres über das Werk siehe Seiffert, a. a. O., 
S. 146. 



— 135 — 

mit dem Niederländer Gombart zu den ^estraiigeros^. Er betont aber, 
daß es dies bei Morales tut, weil dieser in seiner Musik neben der Grazie 
und Sonorität der Spanier auch die Gelehrtheit und die künstlerische 
Gewandtheit der Ausländer aufweist. Es ist überhaupt noch nicht er- 
forscht worden, welchen Einfluß die vielen Spanier, die im 16. Jahr- 
hundert in der päpstlichen Kapelle wirkten, ausübten ^). In dem weltlichen 
Liede tritt der charakteristische Zug der spanischen Musik noch deutlicher 
hervor. Die ganze italienische Musik des 16. Jahrhunderts hat keine so 
schönen, graziösen, ausdrucksvollen und doch so volkstümlich einfachen 
Lieder zur Laute aufzuweisen, wie wir sie in den Romanzen und ViUan- 
eicos der Spanier finden 2). Man könnte vielleicht die französischen Chan- 
sons zur Laute (Attaingnänt 1530) damit vergleichen. Es ist aber ein 
unterschied zwischen den französischen und spanischen Liedern. Die 
ersteren haben etwas Lebhafteres, Heitereres, Zierlicheres an sich, während 
letztere mehr zum Ruhigen, oft Traurigen und Schwermütigen geneigt sind. 
Hieraus erklärt sich wohl auch die öfters zitierte Charakterisierung des 
Gafurius, in der er die Singarten der verschiedenen Nationen bespricht 
und von den Spaniern sagt, daß sie klagen oder weinen, und daß die 
Franzosen singen 3). 

In diesem Zusammenhang möchte ich auch Sancta Maria als Kom- 
ponist einer kurzen Besprechung unterziehen. Von größeren Kompositionen 
Sancta Marias ist uns nichts bekannt. Die vielen Beispiele, die sein 
Werk enthält, sind nur Beispiele. Der größte Teil soll nur das exemp- 
lifizieren, was er seinen Schülern über das systematische Studium und die 
Übung im Fantasieren mitteilt. Sie bringen daher nichts, was an die 
Fingerfertigkeit irgendwelche Ansprüche macht. Das liegt ja wohl zum 
Teil an dem Zweck der Kompositionen. Aber selbst Oabezon geht in 
seinen Tientos nicht sehr weit von diesem einfachen, oft Note gegen Note 
gesetzten Stil ab. Daß Sancta Maria aber den oben erwähnten Sinn für 
schöne und geschmackvolle Melodie besaß, geht auf dem ersten Blick 
hervor. Sein Satz ist durchaus nicht künstlich. Mit den theoretisch-tech- 
nischen Leistungen der Italiener können die seinigen sich nicht messen; und 
doch kommen manchmal überraschende Wirkungen vor. Die Grazie und 
Sonorität, die Bermudo für die Spanier in Anspruch nimmt, treten öfters 
bei Sancta Maria hervor. Dem prahlerischen Bermudo kann man diese 



1) Über ihre Namen und Stellung vgl. Hab er 1, Kirchenmusikalisches Jahrbuch 
1885, S. 85, 1892, S. 88fiF. Palestrinas 2. Buch Messen, die Marcellus Messe enthaltend 
(1567), sowie auch das dritte Buch (1570) waren dem König Philipp IL von Spanien 
gewidmet. 

2) Vgl. die bei Morphy *Les Itdhistes espagnols* mitgeteilten Proben. 

3) Franchinus Gafurius. * Theorica Musice*. Mediolani 1492, Lib. V, cap. 8 
fol. K. V. »Cantant GcUliei. Hyspani ploratus promunt.* 



— 136 — 

Vorzüge nicht nachrühmen. Nach seinen hölzernen Kompositionen zu 
urteilen, war er überhaupt kein tüchtiger Musiker, obgleich er füt 
die praktischen Schwierigkeiten seiner Kunst einen scharfen Blick hatte. 
G-anz anders steht es mit Sancta Maria. Wenn er auch nicht wie 
die tiefgelehrten Ausländer schreiben konnte, so hat er wenigstens seine 
eigene Lehre befolgt. Er hat wirklich seine Themen so gewählt, daß 
sie immer wie Abschnitte eines schönen Gesanges erscheinen. Und 
trotz der Einfachheit der Stücke sind sie fast immer in allen Stimmen 
gesanglich und interessant. Eine Eigentümlichkeit in Sancta Marias Setz- 
art ist die paarweise Behandlung der Stimmen, welche er zum Prin- 
zip macht. Dadurch wurde ja natürlich das Komponieren, speziell das 
Improvisieren viel leichter gemacht, aber dadurch verlor es auch an 
künstlerischer Bedeutung. Es wird bei den anderen Spaniern und auch 
sonstwo nicht so markiert wie bei Sancta Maria. 

Einen Grund für die leichter faßliche Thematik der Spanier möchte 
ich in den vielen Hymnenbearbeitungen finden, die uns gerade in Spanien 
so oft begegnen. Diese Gesänge hatten ein volkstümlicheres Gepräge 
als die Melodien des Chorals, und durch die Beschäftigung mit solchen 
Melodien lernten die Spanier, da sie nicht durch leuchtende kontra- 
punktische Talente in die Versuchung, sich auf dem kontrapunktisch- 
virtuosen Gebiete weiter zu entwickeln, geführt wurden, ihren Kompositionen 
einen einfacheren, volkstümlicheren Zuschnitt zu geben. Man vergleiche 
die Hymnenbearbeitungen Bermudos, besonders die des Fange Imgfua^ 
mit seinen übrigen Beispielen, und man wird hören, daß sie, dank ihrer 
einfachen Melodie, doch anders ausfallen, als seine sonstigen Kompo- 
sitionsversuche. (Musikbeispiele S. 235.) 

Das Fantasia-Spielen über ein gegebenes Thema war nicht eine 
spezifisch spanische Kunst. Wir wissen, daß es auch in Italien von 
jedem guten Organisten verlangt wurde. Darüber haben wir von der 
Markuskirche zu Venedig eine Nachricht. Es ist nämlich aus dem 
16. Jahrhundert ein Regolamento für die Organistenprobe an der genann- 
ten Kirche erhalten. Zuerst mußte sich der Bewerber um die Stelle 
folgender Probe unterwerfen. 

»Es wird das Chorbucb aufgeschlagen und von ungefähr ein Anfang 
eines Kyries oder einer Motette gefunden. Dieser wird abgeschrieben und 
dem konkurrierenden Organisten übergeben, der über dieses Thema, auf der 
zu besetzenden Orgel selbst, eine regelrechte Fantasia spielen muß, ohne 
die Stimmen zu verwirren, als ob vier Sänger sängen^).« 



1) Erwähnt wird das Regolamenio bei Caffi. Storia I, S. 28. Caffi gibt kein 
genaues Datum. Später aber (S. 107 bei Caffi) ist in den Akten der Prokuratoren 
von San Marco 1541 die Rede von >/a solita prova dt moüi suonaiori** Ambros 
(Geschichte IIT, 3. Aufl., S. 516} zitiert die Stelle, hat aber die Bedeutung des 



— 137 - 

Das erinnert sehr an Sancta Marias Worte über die Fantasia. Das 
Improvisieren einer Fuge bildete bis in die späteste Zeit einen Teil der 
Organistenprobe ^) . 

Was uns nun in den praktischen Denkmälern erkalten ist, ist außer 
den Bearbeitungen von Vokalstücken eigentlich nur ein Reflex von einer 
viel größeren, nicht schriftlich fixierten Tätigkeit der Organisten und 
Klavierspieler. Die zwei Eichtungen, nach welchen sich das freie Spiel 
entwickeln konnte, wurden schon unterschieden. Es wäre wohl ohne 
weiteres anzunehmen, daß die ersten Versuche nach der Seite des. in 
Form völlig freien Spieles gemacht worden sind. Paümanns Fimda- 
mentum Organisandi enthält schon derartige freie Stücke, Prdeambtda 
genannt 2). Es sind dies Stücke, die nach der Tonart genannt werden, 
in der sie schließen. Solche Stücke brauchte der Organist im Gottes- 
dienst, um dem Chor den Ton zu geben; und gerade in diesem Teil 
seiner Tätigkeit mußte sich der Organist wohl hauptsächlich auf seine 
Fantasie verlassen. Ahnliche Stücke finden wir auch in den deutschen 
Tabulaturen der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Kott^r und 
Kleber bringen auch solche freie Fantasien; Kotter unter den Namen 
Harmonia, Prohemium, Prekudium, Preambulum und Anabole\ Kleber 
mit den Bezeichnungen Preambulum und Fantasy, Die Stücke bei 
Paumann sind zweistimmig, ein frei erfundener cantus firmusin der 
Unterstimme und dazu ein freier bewegter Kontrapunkt in der Ober- 
stimme. Eine Ausnahme bildet das erste Preambulum (super F.}, 
welches mit dreistimmigen Akkordfolgen anfängt, aber nach elf Takten 
sich wie die anderen weiterbewegt. Musikalisch sind sie nicht sehr 
ergötzlich. Besser steht es in dieser Beziehung bei Kotter und Kleber. 
Von diesen beiden ist Kotter entschieden der Geschicktere. Seine meisten- 
teils dreistimmigen Stücke zeigen schon hier und da eine ganz glatte 
Faktur mit recht freundlichen Anklängen, die an Sancta Maria erinnern, 
wie z. B. in der Anabole in Fa. Bei Kleber und Kotter zeigt sich schon 
das Bestreben, dem Satz durch das Wiederholen eines Motivs in einer 
höheren oder tieferen Oktave mehr Einheit und Faßlichkeit zu geben. 

Auch die gedruckte französische Klaviersammlung von Attaingnant, 
1530, bringt solche freie Fantasien unter dem Namen Prebides. Sie unter- 
scheiden sich von denen Kotters und Klebers darin, daß sie nicht nur die 



Wortes Fantasia nicht klar erkannt und meint, es handle sich hier um das Partitur- 
spiel aus dem Ghorbuch, welches auch, wie wir bei Bermudo gesehen haben, von 
einem guten Organisten verlangt werden konnte. 

1) Wie solche Aufgaben in der Mitte des 18. Jahrhunderts in Deutschland 
aussahen, vgl. Max Schneiders Vorwort zu Band 28 der Denkmäler deutscher 
Tonkunst (Telemann) S. XLIV. 

2) Vgl. die Neuausgabe in Chrysanders Jahrbüchern, S. 223 — 224. 



— 138 — 

trillerartigen Verzierungen und kleine Diminutionen anbringen, sondern auch 
lange Passagen, Tonleiter-Gänge, die sich manchmal mit eingestreuten 
kurzen Wendungen über zwei Oktaven erstrecken und häufig mit Terzen- 
und Sextenparallelen begleitet werden. Dadurch erhalten diese Preludes 
einen mehr instrumentalen Charakter, mehr das Aussehen einer instru- 
mentalen Improvisation, gegenüber den sich enger an den Vokalstil 
haltenden deutschen Stücken. Hierin unterscheiden sie sich auch von 
den Stücken Sancta Marias. Diesen instrumentalen Charakter tragen 
auch die Bearbeitungen von Vokalwerken in der französischen Sammlung. 
Unter diesen Stücken befindet sich auch ein *Prelude sur chacon ton^j 
welches mit einer Folge von breiten, vollgriffigen Akkorden anfängt. 

Aus dieser frühen Zeit liegen uns keine italienischen Denkmäler vor. 
Über die Formen der freien Fantasie dieser Zeit in Italien geben uns 
aber die vielen Lautendrucke einige Aufschlüsse, die weiter unten an- 
geführt werden sollen. Eine Verwandschaft jedoch mit den deutschen 
Preambeln hatten die späteren Intonationen der Gabrieli. Auch sie 
waren nur kurze Stückchen, die dem Chor die Tonart angeben sollten, 
und sind ohne motivische Arbeit völlig frei gedacht. 

Es ist leicht denkbar, daß die Komponisten bald empfanden, daß 
dieses völlig freie Fantasieren, obwohl es ihnen als Spielern größere Ge- 
legenheit bot, ihre technische Virtuosität zu zeigen, doch keine einheit- 
lichen oder zusammenhängenden Kunstwerke schaffen konnte. Man empfand 
wohl, daß gerade bei einer solchen textlosen Komposition die kanonische 
oder imitierende Schreibweise die logischste sei. Das Prinzip der Nach- 
ahmung, welches sich schon von so großem Wert in der Vokalkomposition 
erwiesen hatte, wird auch die Grundlage für eine lange Entwickelung 
nach einer Kichtung hin für die Instrumentalmusik. Durch diese 
Schreibweise wurde der freien Komposition, die sonst leicht in ein plan- 
loses Herumirren ausarten konnte, ein fester Grund, ein eigener Zweck 
des Daseins gegeben; denn als Ausdruck eines Affektes kommt die 
damalige Orgel- und Klaviermusik, soweit wir nicht etwa die Tanzmusik 
so auffassen, wenig in Betracht. Diese Anschauung über den Inhalt 
der Orgel- und Klaviermusik war den Alten nicht unbekannt. Vincenzo 
Galilei, der so viel für die Achtung des Affektes in der Musik getan 
hat, und der einer der eifrigsten Kämpfer für den stüo redtativo war, 
drückt sich darüber sehr bestimmt und kräftig aus. Er beruft sich auf 
Merulo, Zarlino und Guami und behauptet, daß diese in ihren Orgel- 
stücken, nicht etwa wegen ihrer eigenen Unfähigkeit oder wegen Mängel 
ihres Wissens, sondern infolge der Natur des Instrumentes harmonische 
Affekte der Härte, der Weichheit, der Rauheit, der Sanftheit und folg- 
lich das Weinen, Klagen, Seufzen, die Ruhe und die Raserei nie haben 
ausdrücken können und es nie mit solch außerordentlicher, wunderbarer 



— 139 — 

Grazie können werden, wie es die guten Lautenspieler tun*). Von dem 
virtuosen Glanzstück abgesehen, mußte man nun Formen finden, die 
sich für die reine Instrumentalkomposition eigneten. Zwei Formen 
waren es, die jetzt besondere Pflege fanden; erstens die Variationsform, 
das Variieren etwa einer Hymnenmelodie, oder eines sonstigen weltlichen 
geistlichen Liedes, - oder eines Tanzes 2), oder die variierte Begleitung 
eines Themas wie in der Oiaccona und PassacagUa; zweitens die Form, 
die sich mit der imitierenden Behandlung eines oder mehrerer Themen 
beschäftigt, wie bei Sancta Maria. Dem Experimentieren mit dieser 
letzten Form verdanken wir die vielen 'Fantctsien, Recercarij Tientos^ 
Canxone francese und Capriccio die den Weg für die mächtige Orgelfuge 
späterer Zeiten bahnten. 

Was Sancta Maria unter seiner Fantasia verstand, ist uns ganz klar. 
Aber wie es sich in Italien mit dem Rtcercar und der Fantasia verhält 
und wie sie sich entwickelten, ist eine etwas schwierigere Frage, die 
eine längere und genauere Forschung verlangt als hier möglich wäre. 
Tiber die Versuche, diese zwei Formen genauer zu definieren und sie 
auseinanderzuhalten, verweise ich auf Seiffert (Geschichte der Klavier- 
musik, S. 32 — 34). Die Italiener selbst scheinen sich nicht mit Bewußt- 
sein an den Unterschied zwischen der Fantasie, die nur mit einem Thema 
arbeitet, und dem Ricercar, in welchem mehrere Themen nacheinander 
behandelt wurden, gehalten zu haben ^). Was das Ricercar betrifft, 
möchte ich bemerken, daß es, soviel wir jetzt wissen, durchaus nicht zu- 
erst bei den Organisten vorkommt, sondern bei den Lautenisten. Schon 
die ersten bekannten italienischen Lautendrucke von Petrucci bringen 



1) Fronimo, Ven. 1584, S. 51. ». . . cU presenie aleune altre dir vene voglio io eon 
sopportcUione di Claudio da Goreggio^ del masstro nostro di capella^ <S) del caro nostra 
Qiosepho Ouamij i quali iutti non per diffetto deTArte db saper loro ma della naiura 
dello strumentOj non hanno possuto^ non possano, ne potranno mai, esprimere gli affetti 
delle Armonie come la durexxa^ moUexxa, asprexxa, S doleexxa, (& consequentemente i 
gridii i lamenti, .gli stridi, i pianti^ <& uUimamente la quiete e'l furore^ con tanta 
gratia «& maraviglia^ come gli Eccellenti Sonatori nel Liuto fanno^. 

2) Siehe Cabezons »Diferencias sobre las vaeas*. (Vgl. Eitters Geschichte des 
Orgelspiels, S. 72;. »Diferencias sobre la pavana itaHanaj la galliarda milanesa^ et 
canto llano del Caballero^ etc. Gabrielis »Pa^s e mexxo antico in einque modi variatU 
aus dem Terxo Libro di Ricercari. Ven. 1596. (Neugedruckt bei Torchi »Arte 
Musicale III, S. 71) scheint mehr eine sehr freie Fantasie über einen Tanzrhythmus 
zu sein als eine Variation eines Themas. 

3) Noch im Jahre 1752 kommt das Wort in der Form »Recercate« vor bei 
Avison (An Essa/y on Musical Expression^, London 1752, S. 132), der si« mit »ex- 
tempore flouriskings^ definiert. Vgl. auch die Vorschriften Pietro Pontios für das 
Recercar weiter unten, S. 144. Auch Sancta Maria macht keinen Unterschied 
zwischen Stücken mit einem oder mit mehreren Themen. 



— 140 — 

Recercari. Bei Spinaccino^) finden sich eine große Anzahl. Sie 
weisen aber keine Merkmale der späteren Orgelricercaren auf, sondern 
sind völlig freie, in langen Fassagen sich ergehende Stücke. Die Hin* 
zttfügung bei einigen yon Liedertiteln wie ^Ricercar de tous biens* oder 
»Ricercar a Jtdi amourst lassen vermuten, daß diese fast ganz einstim- 
migen Tonleiter-Passagen als Vor- oder Nachspiele zu diesen Liedern 
dienen sollten. Bei den Stücken von Dalza^j ist dieses direkt vorge- 
schrieben. Bei jeder Vokalbearbeitung Dalzas wird darauf hingewiesen, 
welche von den in dem Werk enthaltenen Bicercaren als Vorspiel be- 
nutzt werden können. Diese Bicerearen haben schon ein bestimmteres 
G^präge^ eine entwickeltere Satztechnik als Spinaccinos. Sie stehen häufig 
mit einem sogenannten ^Tastar de corde* in Verbindung. Dieses Tastar 
de corde weist die in den Orgelstücken häufig vorkommenden Akkord- 
folgen mit gelegentlichen Fassagen auf, während das B.ecercar selbst 
mehr kontrapunktisch gehalten ist^). Nach der Zeit der Petruccidrucke 
sind erst wieder die Jahre 1536 und 1546 in Italien besonders reich an 
neuen Lautendrucken. Sie enthalten viele Eecercari, meistenteils nicht 
imitierend. Ein Künstler, Francesco da Milano, der von A. F. Doni 
in seiner »Libraria« (Venedig 1580, fol. 41) in einem Satz mit Claudio 
Merulo genannt wird, hat auf diesem Gebiet mit Fugato- Anfängen 
Bedeutendes geleistet. Bei ihm heißen die Stücke sehr häufig Fantasia. 
Was er hier auf seinem Instrument vollbracht hat, läßt sich ganz gut 
mit den ersten gedruckten Beispielen für die Orgel vergleichen*). Seiffert 
{Geschichte der Klaviermusik, S. 26 und 34) datiert die Anfänge dieser 
Bicercarenkunst von dem Erscheinen der Recercari und Fantasien von 
Buus (1547, 1549) und Willaert (1559) »). Seitdem ist aber der dritte 
Band von Torchis Arte Musicale in Italia erschienen, und da lernen wir 
Ricercari von Gerolamo Oavazzoni (1542) kennen. Angesichts dieser 
früheren Beispiele und der angeführten Tatsachen aus der Lautenmusik 
werden wir wohl die Anfänge dieser Kunst früher suchen müssen. Die 
Annahme, daß die imitierende Schreibweise auf niederländische Einflüsse 
zurückzuführen sei, scheint sich aber zu bestätigen; denn wir finden sie 
nicht in den italienischen Ricercaren der ersten Dezennien des 16. Jahr- 



1) Intahulatura di Lauto. Per Octavianum PetnUium, Ven. 1507. Die Bear- 
beitungen sind von Francesco Spinaccino. 

2) Joan Ambrosio Dalza. Intabolatura de lauto, Ltbro quarto^ Venedig 
(Petrucci) 1608. 

3) Beispiel bei Tappert, »Sang und Klang aus alter Zeitc, Berlin s. a. 
[1906], S. 4. 

4) Vgl. Chilesotti, »Francesco da Milano«, Sammelbände der IMG lY (1903), 
S. 382 ff. 

ö) Willaert ist schon mit Ricercaren vertreten in dem Werke von Giuliano 
Tiburtino da Tievoli ^Mtisica diver sa a 3 voeU 1549. Siehe Kat. Bologna IV, S. 229. 



— 141 — 

honderts. Die Verbreitung niederländischer Kunst in Spanien, besonders 
am Hofe Karls Y., wird wohl auch diese Schreibart, die bei Sancta 
Maria so geni^ behandelt wird, in Spanien eingeführt haben. Es muß 
aber hier wieder betont werden, dafi die gedruckten Denkmäler nicht 
der Anfang sind, sondern daB das freie Spiel in dieser Form hier zuerst 
fixiert wird und sich schon in einem verhältnismäßig vorgeschrittenen 
Eniwickelungsstadium befindet. Es werden hier an den Dilettanten und 
den Liebhaber der Orgelkunst Konzessionen gemacht, wie sie schon 
früher für den Lautenisten gemacht wurden. 

Eine Eigentümlichkeit der Willaert*Buus Becercarendmcke ist hier 
zu berücksichtigen. Buus' Becercaren sind ausdrücklich als >da cantare 
et sonore d^organo d^ citri stromenM* bezeichnet. Sie erschienen alle 
in einzelnen Stimmen. Hier war ein Partiturspiel wie aus dem Chor- 
buch nicht möglich. Es mußte sich der Organist eine Partitur oder 
einen Orgelauszug machen. Wie das geschah, hat uns Buus selbst ge- 
zeigt. Er hat nämlich einem ihm befreundeten jungen Edelmann und 
anderen Freunden zuliebe vier seiner Becercaren in italienischer Orgel- 
tabulatur in den Druck gegeben. Weil sie von der bisherigen Forschung 
noch nicht berücksichtigt worden sind, möchte ich hier etwas näher darauf 
eingehen. Der vollständige Titel lautet: 

»Intabolatura d^Organo di Ricereari di M. Oiacqties Buus, Orga- 
nista deir illustrissima Signoria di Venetia in San Marco. Nova-- 
mente stampata con carateri di Stagno. Libro primo. In Venetia 
appresso di Antonio Oardane 1549«. Dediziert ist das Werk >(d 
molto nobile et vertuoso giovane M. Paolo di Hanna *. 

Das British Museum bewahrt das einzige mir bekannte Exemplar. Es 
enthält, wie schon erwähnt, vier Becercaren, die in italienischer Orgel- 
tabulatur auf zwei Liniensystemen gedruckt sind^ fünf Linien für die 
rechte und sechs für die linke Hand. Einklangsverdoppelungen werden 
da nicht berücksichtigt und auch Stimmkreuzungen nicht; so daß es 
nicht sehr leicht wäre, das Original aus dem Orgelauszug zu rekonstruieren 
(Siehe Musikbeilage S. 245). Aber eine von Baymund Schle cht im Frag- 
ment mitgeteilte Partitur eines Becercars aus der Stimmen- Ausgabe von 
Buus Becercaren Lib. H, 1549 liefert höchst interessantes Vergleichs- 
material ^). Daraus geht hervor, daB Buus alle Stimmen regelrecht in 
den Orgelauszug übertragen hat. Er hat sie aber mit mehreren nicht 
zu weitläufigen Verzierungen versehen, unter denen Dirutas Groppo neben 
der Minuta die Hauptrolle spielt. Es fällt sofort auf, daß Buus bei der 
Verzierung des Anfangsthemas das Prinzip der konsequenten Beibehaltung 



1) Geschichte der Kirchenmusik, Regeusburg 1871, S. 360. 



— 142 — 

der ersten Verzierung nicht beachtet hat. Der Anfang des in Frage 
stehenden Kecercars im Tenor in der linken Hand ist weniger diminuiert 
als der nächste Einsatz im Diskant in der rechten. Der Alt-Einsatz ist 
weniger diminuiert als Tenor oder Diskant, und der Bass bringt endlich 
das Thema in seiner einfachen Gestalt. Dies geschieht nur bei dem ersten 
Becercar, möglicherweise als Beispiel für den Spieler. Die Themen 
der andern drei Recercaren werden unverziert eingeleitet. Diese Eecer- 
oaren sind unvergleichlich komplizierter als die Tientos von Oabezon 
oder die Beispiele von Sancta Maria, verlieren aber dadurch die Klar- 
heit und Verständlichkeit die jene auszeichnet. Und doch war die Ver- 
anlassung zur Veröffentlichung in dieser Form, wie Buus in der Dedi- 
kation selbst mitteilt, das Vergnügen, das sein junger Freund daran hatte, 
als er, Buus, sie auf der Orgel vortrug. Es scheint, daß die Tabulatur 
auf besondere Veranlassung des jungen Paolo di Hanna hergestellt 
wurde ^). 

Die Weiterentwicklung der Recercarenform läßt sich in den gedruckten 
Denkmälern sehr leicht verfolgen. Es soll hier nicht näher darauf ein- 
gegangen werden, als es die Andeutung, welchen Weg diese Entwicklung 
nahm, erfordert. Mit der wachsenden technischen Fertigkeit, sowohl in 
kompositorischer Hinsicht als in der praktischen Ausführung, und mit der. 
zunehmenden Zahl der Liebhaber und Dilettanten, die sich neben den 
Berufsmusikern dem Orgel- und Klavierspiel zuwandten, wurde auch die 
Notwendigkeit einer schriftlichen Fixierung und, zwecks Verbreitung, der 
Drucklegung dieser früher extemporierten Fantasien größer. In Italien 
können wir die Entwicklung durch die gedruckten Werke A. Gabrielis, 
Merulos, G. Gabrielis, Annibale Padovanos, Luzzasco Luz- 
zaschis^) und ihrer Zeitgenossen über Fre sc obaldi verfolgen. In 
kurzen Umrissen hat das Seiffert in den ersten Kapiteln seiner > Ge- 
schichte der Klaviermusik« getan und damit den Weg gezeigt, wie dieses 
ausführlicher zu behandeln wäre. Deutschland fängt erst nach der Be- 
fruchtung durch die Italiener an, sich auf diesem Gebiete zu betätigen. Paix 
versucht sich schon 1583 an zwei Canxoni francese eigener Erfindung, 
in denen die Fugierung, sogar mit Umkehrung, angewandt wird. Sonst 



1) Ich gebe hier den Anfang der Dedikation: »Essendo io dalli preght de molti 
amici stato ä dovere dare in luce i Ricercari in Tavolatura ad instantia vostra da me 
faiti: e potendo essi con Vuscir fuori cosi giovare a molti altri, si come ä voi fatto 
hanno, e ä me parso convenevoh, ehe egli sotto 7 nome vostro se ne vadano, e in cotal 
guisa piu egli da vo% ehe voi da loro omati eompariscono:^ etc. Mit diesen *preghi 
di molti amici€ entschuldigten die Komponisten dieser Zeit sehr häufig ihre Ver- 
öffentlichungen. 

2) Luzzaschi hatte auch ein Buch Recercaren veröffentlicht, welches häufig 
von den zeitgenössischen Schriftstellern erwähnt wird. Davon hat sich aber nichts 
erhalten außer einigen Beispielen, welche Dir uta in seinem TransUvano II hringt. 



— 143 — 

aber begnügen sich die deutschen Herausgeber von Tabulaturen für Werke 
dieser Gattung mit dem Abdruck italienischer Kompositionen. Erst nach- 
dem die deutschen Organisten bei Gabrieli und Frescobaldi in die Schule 
gegangen sind, fangen sie an, in der Recercaren- und Fsintasienkompo- 
sition Großes zu leisten. Hans Leo Haßler war einer der ersten, der 
für Süddejutscbland vollbrachte, was Sweelinck für seine Landsleute und 
seine norddeutschen Schüler tat. Seine Orgelwerke (neben den wahr- 
scheinlich von Hans angeregten Recercaren seines Bruders Jacob) sowie 
die fugierten Fantasien Sweelincks sind die bedeutendsten ersten Früchte 
dieser italienischen Lehre. Sandberger betont schon ^), daß die deutschen 
Schüler der Venetianer nicht so sehr auf vokalem, sondern gerade auf 
instrumentalem Gebiet die wichtigsten Anregungen empfingen, und ich 
möchte dieses speziell auf die Fugenkomposition beziehen. Man hatte 
aber bald in Deutschland die italienischen Lehrmeister weit überholt und 
schritt rasch auf der Bahn vorwärts, die in den monumentalen Schöp-. 
fuxLgen Bachs ihren Höhepunkt erreicht. 

Ehe ich dieses Kapitel schließe, möchte ich auf die Aufmerksamkeit 
hinweisen, welche die italienischen Theoretiker aus der Zeit, die wir 
behandeln, dieser Gattung der Instrumentalkomposition schenken. Als 
erster sei Vicentino angeführt. Sieht man von seinen ungeheuren 
Anstrengungen, seine Stellung zur chromatisch-enharmonischen Musik und 
sein Archicembalo zu rechtfertigen, ab, so findet man bei diesem Vincentino 
eine Fülle von Beweisen für seine scharfsinnigen praktischen Fähig- 
keiten. Er hat schon sehr klar den Unterschied zwischen dem inneren 
Wesen der Instrumentalmusik und der Vokalmusik erfaßt. Er meintj 
der letzteren würde so manche Unregelmäßigkeit in der Harmonie und 
Melodie erlaubt, welche der ersteren fremd sein sollte. Der Spieler 
soll so lieb und harmoniös spielen, wie er nur kann; denn ihm fehlt der 
Wortaffekt, der eine schlechte Fortschreitung rechtfertigen könnte. Auch 
soll er Abwechslung in seine Stimmen einführen durch die Mischung von 
großen und kleinen Sprüngen 2). Für das Komponieren von Fugatos hat 



1) Denkm*äler der Tonkunst in Bayern V, S. XLIII. 

2) UAntica Musica 1555, Lib. II, Cap. 18, fol. 135. >. . . cß? tutte (Sexteninter- 
valle) si possano fare, cosi quelle che sono hen poste^ come Faltre mal composte S se- 
condo ü suggietto delle parole, ü eompositore si servirä, c& il Sonatore non ptid far 
questo] che qua/ndo siiona e di necessita far musica piu dolce^ cß? piu armxmiosa, che 
sä, perche nel stromentOy non ci sono suggietto di parole, che muom al Sonatore ä 
comporre grado alcuno cattivo, S mal posto, per cagione alcima, d) il stw indrixxio 
sarä, di eami/nar per gradi dolci, eccettcando che prima non vogli dar alqteanto di 
durexxa alV orecchi, nel principio del sonare, <& poi enirare nella via de gradi soavi 
<& dolci, perche la varieta in questo modo fatto, e molto btuma, <& ü Sonatore sarä 
avvertito, di far varieta, S di entrar de gradi longhi in corti, <Sb di corti in longhi, 
ma non per cagione di uno grado, mal poste : « 



— 144 — 

yiceBtino folgende Batschläge gegeben: Es klingt gut, wenn man die 
Einsätze so anbringt, daß einer auf den itngeraden Taktteil kommt, der 
nächste auf den geraden. Um dem Komponisten das Nachdenken über 
ein neues Thesäa nach jeder Durchführung zu ersparen, schlägt er eine 
Regel vor, die, wie er sagt, besonders dem Klavier- oder Orgelspieler zu- 
gute kommt, weil er dadurch immer sofort neuen Stoff bei der Hand 
hat. Das Verfahren besteht in nichts anderem, als daß der Spieler die 
Begleitung zu seiner Fuga, also den ersten Kontrapunkt, als neues Thema 
nimmt und dieses regelrecht durchführt. Diese Begel gilt nicht für die 
Komposition zu einem Worttext, denn das Wort gibt sich selbst die 
Regel i). 

Eine der klarsten Erörterungen der Recercarenkomposition findet sich bei 
Pietro Pontio aus Parma^). Nach diesem soll bei einemRecercar das Thema 
lang sein und die Stimmen weit auseinander, damit die Hörer das Thema 
besser verstehen können. Es soll in der einen oder der anderen Stimme 
immer Bewegung stattfinden, selbst wenn es bloß zwei Stimmen sind. 
Die Stimmen dürfen nicht alle zusammen auf einem Semibrevis-Wert zum 
Stillstand kommen, wie es in den Lektionen der Charwoche geschieht. 
Es dürfen nicht zwei Stimmen zusammen anfangen, es sei denn, sie bringen 
verschiedene Themen. Folgendes Beispiel illustriert diese Regeln. 




1] Ebenda. Lib. IV, cap. 36, fol. 91 v. »Molte volte fa huono ttdire, quando neüa 
compositione, st serUe un passaggio duplicate nel battere S nel levare deUa misuray d& 
dccio che il composttore non si riirovi mtrtcato nel pensierOy a ritrovar ü modo, S la 
via di accommodarsiy circa al riirovare ntwvi passaggi: la regola sarä questa, che 
ritomera moüo commodoy al sonatore di stromentOy o d'Organo, perche sempre havrä 
sopra che fare, et ogni volta che havrä a^ccompagnato la sua fuga, pigliera quel passc^- 
gio che havrä accompagnato la fuga, ö altro principio, <£? rindrixxarä per principio, 
et per guida, S lo porrä in quäl parte gli verrä piu commodo et cos% darä il medc' 
simo passaggio alV altre parte ad ima per una, una doppö Valtra, che sempre verrä 
a fugare, & havrä sempre materia sopra che comporre senxa star ä imaginärst <& 
pensare, con quäl via, <& modo potessi ritrovar e nuovi pa^ssagi^, 

2) Baggionamento di Musiea dal Beverendo M, Don Pietro Pontio, Parmegia/no, 
ove si traita de' passaggi delle consorumtie db dissonantie, buoni, S non buoniy <& del 
modo di far Motetti, Messe, Salmi, d; altre compositioni. Parma (Viotto) 1588, S. 91. 



— 145 — 



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Es ist erlaubt, dasselbe Thema zwei-, drei-, viermal oder noch öfter 
in verschiedenen Weisen zu wiederholen, wie man es in den Kecercareii 
von Buus, Annibale Fadovano, Merulo und Luzzaschi sieht. 
Das Thema darf auch aus dem cantus planus in Semibreven, Breven, 
Longen und Maximen genommen werden. Man kann von Anfang bis 
zu Ende an einem Thema festhalten, oder man darf ein neues erfinden, 
so oft man es will. In seinem Dialogo spricht derselbe Autor von den 
Fugen-Einsätzen im allgemeinen und gibt die Begel, daB der zweite Ein- 
satz nicht später als zwei Brevistakte nach dem Anfang des Themas gesetzt 
werden soll. Aber bei Recercaren darf man den zweiten Einsatz nach 2^/2 
Brevistakten oder noch später bringen, weil diese Kompositionsgattung 
mit ihren längeren Themen es so verlangt, damit das Thema von den 
Hörern erfaßt wird^). 

Dieses hat der geniale Encyklopädist Cerone dem Pontio getreu nach- 
geschrieben, aber mit einigen erweiternden Zusätzen 2). Er hebt zum Bei- 
spiel hervor, daß das Eecercar [Tiento) so komponiert werden muß, daß 
es auf Tasteninstrumenten gespielt werden kann, ohne den Verlust einer 
einzigen Note. Sonst hat es für den Organisten keinen Wert. Der 
Zweck des Tientos ist, gespielt zu werden. Und so findet man, sagt 
Cerone, viele Tientos, die ganz eigenartig (singidar) zum Spielen sind, 
aber gar nichts taugen zum Singen, obwohl sie voll sind von neuen Themen 
und tausend außerordentlichen Schönheiten [lindexas). In den Kadenzen 
werden sie behandelt wie die Motetten und Messen, je nach dem Ton 

1) DicUogo del R. M. Don P, , . P. . . ove si troMa deUa Theorica e Prattiea di 
Musica, Parma (Viothi) lö9ö Seconda Parte, S. 48. 

2) Mdopeo 1613. La manera de componer los Ricercarios d Tientos^ S. 691. 

Kinkel dey, Orgel und Klavier. 10 



— 146 — 

(Modus), in dem sie stehen. Als Komponisten nennt er dieselben wie 
Pontio, fügt aber noch die Namen von Joseph Ascanio und den Ga- 
brielis*) hinzu. 

Daß die Komponisten, besonders die früheren, sich nicht streng an 
alle diese Regeln hielten, speziell die Kegel von der Deutlichkeit des 
Themas, geht auf dem ersten Blick aus den praktischen Werken hervor. 
Aber im großen ganzen haben es die Theoretiker dieses Mal ziemlich 
gut getroffen. Die ganze Becercarenkomposition des 16. Jahrhunderts 
war ja ein Suchen nach und ein Ringen mit der Form, und daß unter 
diesen Umständen nicht immer alles den Spielern und Komponisten gut 
glückte, ist ja selbstverständlich. Es fehlte aber nicht an Leuten, die 
diese ünvoUkommenheiten störend empfanden und ihre Stimmen dagegen 
erhoben und das ganze Recercarenspiel, wie es manchmal betrieben wurde, 
besonders von ungeschickten Spielern, schlecht machten. 

Yincenzo Galilei möge als Beispiel dienen. Dieser ästhetisch fein 
fühlende Mann, der auch ein vortrefflicher Musiker war und mit den 
Florentiner Renaissance -Bestrebungen in so enger Verbindung stand, 
wendet sich in seinem DüUogo (1581) sehr heftig gegen die Kontrapunktiker, 
die sich überhaupt nicht um den Ausdruck eines Affektes kümmern. Ich 
lasse ihn selbst reden: 

»Begreifst du nicht«, fragt eine von den das Gespräch führenden Per- 
sonen, >dle spezielle Halsstarrigkeit {perfidia) der geraden und umgekehrten 
Fugen, die sie so oft und so hartnäckig gebrauchen in der kontrapunktischen 
Gattung, welche sie deswegen Rioeroari nennen und welche das eigene und 
spezielle Gebiet der Instrumentalmusik bilden. Sie sind meistenteils zu vier 
Stimmen komponiert und ohne Verbindlichkeit einem Text gegenüber, zu 
keinem anderen Zweck, als daß sie einen größeren Spielraum haben mögen, 
dem Ohr Genugtuung zu verschaffen durch die verschiedenen Eigenschaften 
der Töne, der Akkorde und der Bewegung. . . . Die Nachahmungen einer 
solchen Fuge, die man mit solch strenger Aufmerksamkeit behandelt, be- 
ruhen auf nichts anderem als dem Ehrgeiz [des Spielers oder Komponisten]. 
Das verursacht, daß sehr oft, wenn alle vier Stimmen zusammen erklingen, 
die Terz über dem Baß fehlt; ein anderes Mal die Quinte oder die Sexte 
oder eine ihrer Oktavversetzungen Auch sonst fehlt es an propor- 
tionierten Bewegungen und Rhythmen.« 

Er vergleicht dann diese Becercarenform mit der Dichtungsform der 
Sestina, die so viele äußere Beschränkungen beachten muß, daß es ihr 
an der Baraft mangelt, die man von anderen Gattungen der Poesie ver- 
langt. Er fragt weiter: 

>'Was soll ich sagen von der Impertinenz ^betreffs der Notenwerte, in 
denen sie oft diese Fugen komponieren, z. B. punktierte Semibreves oder 



1) Vgl. Melopeo, S. 90. 



— 147 — 

Breves, am von noch längeren Noten zu schweigen? Nichts anderes, als 
daß (spielt man sie auf der Laute oder dem Harpicardo, beides hodiedle 
Instrumente), wenn man sie nicht mit besserem Verstand für das Instrument 
einrichtete, als es die Komponisten getan, sie mit wenig G-enuß angehört 
werden könnten, wegen der häufigen Armut der AJdsorde.« 

Diesem Ubelstand werde yom klugen Spieler dadurch abgeholfen, daß 
er den Ton, der mit einer langen Note notiert ist, mehrmals anschlägt. 
Andere täten das aber nicht. Er könnte noch zahllose andere solche Un- 
gebührlichkeiten anführen, wenn er eine genauere Betrachtung anstellen 
wollte ^). Galileis eigene Becercaren für Laute, die er in seinem Frommo 
mitteilt, weichen denn auch yon dieser steifen, strengen Eorm ab. Sie 
haben mehr den Charakter einer freieren Fantasie, und sind, nach 
Galileis Angaben, eigentlich nur Beispiele für die Tonarten. (Siehe 
Musikbeila^e S. 283—5). 



6. Kapitel. 

Klavier und Orgel in der Hans- und Theatermnsik. 

Das Gesellschaftsinstrument par eoccellence war im 16. Jahrhundert 
bekanntlich die Laute. Neben ihr machten sich aber doch die Tasten- 
instrumente geltend, wenn sie auch nicht so allgemein gebräuchlich waren 
wie die Laute. Selbstverständlich müssen wir hier die große Orgel, wie 
wir sie in- der Kirche finden, ausscheiden. Für die Hausmusik kamen 
aber, neben den mannigfachen Formen der besaiteten Tasteninstrumente, 
auch die kleineren Orgelformen in Betracht. Das Regal, Positiv, 
Portativ und Claviorgano boten dem Spieler viele Vorzüge über 
die kurz klingenden besaiteten Klavierinstrumente. In Italien kamen 
sie häufig vor unter den Namen Organetto, Organmo, Organo di legno, 
Sie hatten mehrere Begisterzüge und brauchten trotz ihrer kleinen be- 
quem handlichen Form durchaus nicht schwache Instrumente zu sein. 
"Wir können uns ein gutes Bild davon machen, wenn wir bedenken, daß 
der heute so viel verwendete und .verschmähte Leierkasten meistenteils 
nichts anderes ist, als ein solches Organetto oder Positiv mit mechanischem 
Spielapparat. Die verschiedenen Klangwirkungen, die auf einem solchen 
Instrument hervorzubringen sind, können wir zur Genüge in der heutigen 
Leierkastenmusik beobachten. 

Wie häufig nun die Tasteninstrumente zur Verwendung kamen, geht 
schon daraus hervor, daß sie in keiner Musikinstrumentensanunlung, von 
der wir aus jener Zeit eine Nachricht haben^ fehlten. Musikliebende Fürsten 



1) Dialogo della Musica Äntiea e Moderna, Florenz 1581, S. 87. 

10* 



^ 148 — 

legten sich solche Sammlungen an und hielten sich eine Privatkapelle^ 
die die Hausmusik besorgte. Inveiitare von derartigen Sammlungen oder 
Verzeichnisse von Instrumentisten sind uns in großer Zahl erhalten. Da 
haben wir z. B., um bloß einige der wichtigsten anzuführen, die Inven- 
tare der großen Instrumentensammlungen der Königin Isabella und 
des'Königs Philipp II. von Spanien i). Mehrere Inventare aus dem Hause 
Este^), das Inventar der Instrumentensammlung König Heinrichs VIH. 
von England 3), sowie die Kapellausgäben des englischen Königshauses von 
Heinrich Vin. bis Karl I. (1509—1649)4); das Verzeichnis der Mit- 
glieder der Kantorei des Herzogs Johann^ von Sachsen (ca. 1593)*); Auch 
bei den Instrumentensammlungen, welche die deutschen Handelsstädte für 
ihre Stadtpfeifereien hielten, finden wir Tasteninstrumente, die in des 
Organisten Obhut standen. So finden wir z. B. in dem Inventar der der 
Stadt Augsburg im Jahre 1540 gehörigen Instrumente »ein Virginall, 
der het der Organist« ö). Ahnlich wie bei den Fürsten finden wir bei 
den Patriziern dieser Handelsstädte wertvolle Instrumentensammlungen. 
Unter den Instrumenten, welche Raymund Fugger in Augsburg besaß 
(Inventar aus dem Jahre 1566), befanden sich acht Tasteninstrumente, 
darunter eins mit vier Klaviaturen, worauf vier Personen auf einmal 
spielen konnten?). Demnach lagen die Klaviaturen nicht übereinander, 
wie die Manuale einer Orgel, sondern waren wahrscheinlich an vier Seiten 
des Instrumentes angebracht. Ein ähnliches Instrument mit zwei Kla- 
viaturen befindet sich auf der Berliner Königlichen Instrumentensammlung. 
Eine Klaviatur ist an einer langen Seite des viereckigen Instrumentes, 
die andere an einer kurzen Seite angebracht. 



1) Erhalten in dem Archiv des Palacio Real zu Madrid. Vgl. F. Pedrell. 
Orgdnografia musical antigua espanola, Barcelona (Gili) 1901, S. 88 ff. Ein Ver- 
zeichnis aus dem Jahre 1503 von allen Gegenständen, welche Isabella auf dem 
Äleaxar^u Segovia besaß, wird im Archiv von Simanca aufbewahrt. Predell, S. 91. 
Vgl. auch Barbieri, Ccmcionero, S. 13. Bas Verzeichnis war in 26 Kapitel einge- 
teilt mit. einer Sammlung von ungefähr 1293 Gegenständen. Zwei Kapitel, »Lattdes 
e cosas de musica* und »Libros^j kommen für uns in Betracht. Sie werden bei 
Barbieri mitgeteilt. 

2) Vgl. Valdrighi ^Micsurgicma Nr. 12. Capelle, Goncerti e Musicke dt Gasa 
d" Este dal See. XV dl XVIIU^ Modena 1884. Dabei auch ein *Instrumento piano e 
forte €ol suo organo sotto*, S. 56. 

3) Aufbewahrt in Ms. Harl. 1419 A des Brit. Museums. Auszüge in Browns 
Fotir years at the Gourt of Henry VIIL (London 1854) I 297. 

4) Vgl. Nagel, >Annalen der englischen Hofmusik«. Beilage zu Monatshefte 
für Musikgeschichte 26. 

5) Im Herzogl. Haus- und Staatsarchiv Gotha. Kantorei-Ordnung. 

6) Vgl. San db erger, Vorrede zu Denkmäler der Tonkunst in Bayern V, 
S. LVII- 

7) Ebenda, S. L. 



— 149- — 

Wie wir von den Sammlungen der Fürsten und Patrizier hören, so' 
wird auch von der eigenen Tätigkeit der Fürsten als pi^aktische Musiker 
viel berichtet Der Aufschwung der Klaviermusik in Spanien um die 
Mitte des 16. Jahrhunderts hängt vielleicht eng mit der Fertigkeit zu- 
sammen, welche Karl V. (regierte 1517 — 1556) selbst, wie auch in noch 
höherem Maße seine Schwester Eleonore von Osterreich auf diesem 
Instrumente zeigte^). Aus Spanien wird uns auch von einem jungen 
»Principe don Johan« (der einzige Sohn Ferdinands und Isabellas, 
f 1497) berichtet, daß er in seiner Kammer »ein claviorgano, orgeln und 
clavicembanos, ein Clavichord, vihuelas, vielen und ööten besaß und auf 
allen diesen Instrumenten spielen konnte« 2). 

Das Talent der englischen Königinnen im 16. Jahrhundert für das 
Virginalspiel ist ja bekannt. Gerade über den englischen Hof in der 
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts sind uns viele Nachrichten, die von 
dem Klavierspiel berichten, erhalten. Schon in den Tagen Heinrichs VII. 
beschäftigten sich die Damen der Familie Tu dor mit dem Instrumental- 
spiel 3). Eine von diesen Damen war Catharina von Aragon, die Witwe 
des im Jahre 1502 verstorbenen Prinzen Arthur von Wales und die spätere 
unglückliche Gemahlin Heinrichs VIII. Da wir schon mehreres von der 
Musikliebe der spanischen Herrscher erfahren haben, darf es nicht Wunder 
nehmen, sie auch hier ihrem Kunsttrieb folgen zu sehen. Die Briefe des 
venetianischen Gesandten Sebastian Giustiniani und die Diarii des 
Sanuto (vgl. S. 103, Anm. 1) bringen uns eine Fülle von Einzelheiten, 
die beweisen, welchen Eindruck das rege musikalische Leben am eng- 
lischen Hofe auf die Venetianer machte. Wir werden auch sehen, daß 
sie direkt und indirekt an diesem Musikleben teilnahmen. Der Sekretär 
des Gesandten, Nicolo Sagudino, war selbst ein tüchtiger Klavierspieler. 
Von ihm ist bei Sanuto ein Brief erhalten *), der von seinem ersten Auf- 
treten als Klavier- und Orgelspieler in England berichtet. Bald nach 
seiner Ankunft nahm er an einem Festmahl teil, und nach dem Essen 
ging man in die Salons, wo eine Anzahl Orgeln, Clavicimbani, Flöten 
und andere Instrumente standen. Sagudino wird aufgefordert zu spielen 
und läßt sich auch eine ganze Zeitlang auf den Orgeln und Clavicim- 
bani hören. Dann spielt er einige Stücke zusammen mit einem Brescianer, 



1) Vgl. Van der Straeten »Charles V Musieien<j Gand 1894. Femer Musique 
aux Pay8'Bas, VII, 199 fF. 

2) Nach Gonzalo Fernandez de Oviedo »Libro de la ccmiara^, mitgeteilt in der 
Vorrede zu Barbieris CaneionerOf S. 12. 

3) Vgl. einen Auszug aus dem Diarmm von Sanuto, aus dem Jahre 1606. Mit- 
geteilt bei Brown, »Four years cU the Court of Henry Vni<, I 298. 

4) I Diarii di Marino Sanuto ^ Tom. 20, Spalte 267. Der Brief ist datiert am 3. Mai 
1515. In englischer Übersetzung bei Brown, I 77. Vgl. auch Nagel, Annalen, S. 3. 



— 150 — 

der als Lautenist in des Königs Dienst stand. Darauf spielen zwei von 
den Hofmusikem auf der 0]^el. Diese rühmt Sagudino nicht sehr. Er 
sagt von ihnen ^harmo cattiva mensura (sie hielten schlecht Takt) et debil 
mano (schlechter Anschlag) et tum troppo bono ajere^. Was Sagudino 
unter T^bono ajere^ verstand, wird wohl dasselbe sein als Sancta Maria» 
>bu^m ayre^^ das geschmackvolle, manierliche Spiel. Sagudino berichtet 
weiter, daß man den König auf ihn und sein Spiel aufmerksam machen 
wollte; denn der König übe selber Tag und Nacht auf diesen Instru- 
menten. Darauf bittet er den Freund, an den der Brief gerichtet ist, 
ihm einige Kompositionen Zuane Marias zu schicken. Dieser Zuane 
Maria ist wohl derselbe, den Oaffi^) als Organist an der ersten Orgel 
in San Marco von 1504 bis 1507 verzeichnet. Neben diesen Kompo- 
sitionen möchte er auch FrottoU haben. Genaueres über den Zweck, zu 
dem er die Frottole haben will, schreibt Sagudino nicht; nach seiner eben 
angeführten Erzählung und nach dem, was wir sonst über das venetia- 
nische Klavier- und Orgelspiel an diesem Hofe wissen (vgl. S. 103), ist 
wohl anzunehmen, daß er sie zum Spielen haben wollte 2). 

Sagudino bleibt aber nicht allein als Yerteter der venetianischen Orgel- 
kunst in England. Am 30. September 1516 schreibt der Gesandte Giusti- 
niani an den Dogen, daß Fra Dionisio Memo, der Organist von San 
Marco, vor einigen Tagen mit einem ausgezeichneten Instrument ange- 
kommen wäre, welches er mit großer Mühe und mit großen Unkosten mit 
sich gebracht hätte. Diesen Memo verzeichnet Oaffi (Storia, S. 54, 69 — 71) 
als Organisten an San Marco von 1507 bis 1519. Ob Memo eine Orgel oder 
ein Klavier nach England mitbrachte, ist nicht bestimmt. Wir wissen 
aber, aus Lucca z. B., daß die Organisten aus der Squarcialupi-Zeit ihre 
eigenen tragbaren Orgeln besaßen und sie auch gelegentlich zum Dienst 
mitbringen mußten. Es war wahrscheinlich auch eine Orgel, die Memo 
mitbrachte. Memo mußte dem König und dem ganzen Hof vorspielen. 
Sein Spiel gefiel dem König außerordentlich. Giustiniani und Sagudino 
empfehlen ihn dem König aufs wärmste, und dieser wünscht Memo bei 
seinen Hofmusikem anzustellen, ihm sogar die Aufsicht über die ganze 
Hofmusik zu geben. Er verspricht dem Memo auch, sich in Eom zu 
bemühen, daß der Organist von seinen engeren Ordensgelübden befreit 

1) Storia della gia Cappella Ducode in Venexia, S. 54, 68. 

2) Rudolf Schwarz in seiner Schrift über die >Frottole im 15. Jahrhundert«. 
(Vierteljahrschrift II [1886], S. 463 weist auf einige Züge in den Frottolen-Kompo- 
sitionen hin, die er dem Einfluß der Lautenmusik zuschreibt. Nach dem, was wir 
hier über die Verbreitung des Klavierspiels erfahren haben, wären diese Züge 
ebensowohl auf den Einfluß des Klavier- und Orgelspiels zurückzuführen, wie auch 
der quintige Charakter der Frottole sehr leicht von diesem Einfluß hergeleitet 
werden kann. 

3) Brown I, 296. Sanuto, Neudruck Tom. 23, Spalte 126. 



— 151 — 

werden sollte, und will ihn dann zu seinem Kaplan machen. Das Ver- 
sprechen hält der König auch, und von nun an wird Memo öfters in den 
Briefen Giustinianis und Sagudinos erwähnt. Oft ist er bei Hoffesten 
zugegen und muß nach dem Festmahl in den Salons der königlichen 
Damen die Gesellschaft mit seinem Spiel unterhalten. Einmal dauert 
die Unterhaltung vier Stunden (per 4 höre continne^). Memo steigt immer 
höher in der Gunst des Königs. Als sich im Jahre 1517 eine Seuche 
über London verbreitet, zieht sich der König auf sein Landschloß Windsor 
zurück, entläßt seinen ganzen Hof und den der Königin und behält nui* 
seinen Arzt, drei seiner Lieblings -Hofherren und den Dionisius Memo 
bei sich. Später muß Memo auch für den venetianischen Gesandten quasi 
diplomatische Dienste tun 2). Er war auch ein Liebling der kleinen Prinzessin 
Mary, der späteren Königin von England. Wie lange er sich in England 
aufhielt, ist mir nicht bekannt. Unter solchen Begünstigungen ist es nicht zu 
verwundem, daß das Klavierspiel in England sehr kultiviert wurde und 
sich dann bei den englischen Virginalisten der zweiten Hälfte des 16. Jahr- 
hunderts und der ersten Hälfte des 17. zu solch reicher Blüte entfaltete. 
An den deutschen Höfen wurde, wie schon aus dem Kapellverzeich- 
nissen hervorgeht, die Klaviermusik nicht vernachlässigt. Auch hier finden 
wir begabte Dilettanten in den fürstlichen Familien. Die Dresdener 
Kgl. öffentliche Bibliothek bewahrt ein handschriftliches Klavierbüchlein, 
welches dem Herzog Christian zu Sachsen gehörte ^j. Es enthält einen 
Choral, mehrere Aufzüge in Orgeltabulatur und dann weiter in Lauten- 
tabulatur Intraden, Tänze, weltliche und geistliche Lieder. Die Ber- 
liner Königl. Bibliothek besitzt ein handschriftliches Tabulaturbuch aus 
dem Jahre 1598 von August Nörmiger, dessen Inhalt von der Herzogin 
Sophie gespielt wurde, die wahrscheinlich eine Schülerin von Nörmiger 
war. Der Inhalt gibt ein klares Bild von dem Stoff, mit dem sich die 
fürstlichen Damen, wenigstens an einem protestantischen Hofe, beschäftigten. 
Nörmiger gibt seiner Sammlung den Titel 

> Tabulaturbuch au£f dem Instrumente / In welchem erstlichen D. Martini 
Lutheri deutsche Geistliche Lieder / au£f die fümemsten Feste / catechismum 
und Psalmen / so des Jahrs über in der christlichen Kirchen und sonsten 
zu gebrauchen verordnet / Hernach aber als anders theils viel auserlesene 
schöne weltliche Lieder / Auffzüge / Intraden / Paduana / Passamedi / 
Galliarde / Polnische Teutsche und andere Täntze / neben gewöhnlichen 
auff und abfuhrungen Fürstlicher Personen / wann sich dieselben zum Tantze 
begeben / welche Freulein Sophia / Herzogin zu Sachsen .... meistentheils 
schlagen kan / gefunden werdenn. 

1) Brown II, S. 97. Sanuto, Tom. 24, Spalte Ö38. 

2) Brown II, 126, 271. 

3) Siehe Katalog von Kade und Eitner (Beilage zu Monatshefte für Musik- 
geschichte, Leipzig 1890, S. 72. 



— 152 — 

Auf gnedigstes begeren 

des Durchlauchtigsten Hochgebomen Fürstenn und Herrn / Herrn Friedrich 
Wilhebnens Herzogens zu Sachsen / . . . meines gnedigsten Herrn . . . zu- 
sammengetragen und unterthenigst praesentirt durch Augustum Nörmigem 
in Yormundschaft Churf. Sachs. Junger Herrschaft Hof-Oganisten in Dres- 
den. Anno 1598. 

Welche große Rolle das Klavierspiel in der Ausbildung der Nürn- 
berger Patriziersöhne spielte, haben wir gesehen (S. 90 f.). Daß man 
in Augsburg bei den Fuggers viel Klaviermusik trieb, könnte man aus 
den erhaltenen Inventaren schließen. Eine direkte Nachricht über die 
Fähigkeiten im Klavierspiel von einem Mitgliede des Hauses Fugger ist 
nair nicht bekannt. Wohl aber bewahrt die Wiener Hofbibliothek ein 
handschriftliches Lautenbuch, welches sich Octavianus Secundus 
Fugger in Bologna im Jahre 1562 anlegte^), und auch ein ähnliches 
Lautenbuch, welches Jörg Fugger gehörte^). Die Familie wird wohl 
ebenso das Klavierspiel kultiviert haben. 

Wie man in Italien schon sehr früh im 16. Jahrhundert über die 
Hausmusik des Hofmannes dachte, wird uns klar dargelegt in Baldassare 
Castigliones ^Cortigiano^ (Florenz 1528). Es wird in diesem Dialog 
des öfteren von der Musik des Edelmannes gesprochen. Da hören wir, daß 
der Hofmann auch ein ^mtisico^ sein soll, sicher vom Blatt singen können 
und mit verschiedenen Instrumenten vertraut sein soll*). Unter diesen 
Instrumenten waren auch die Tastenistrumente mit inbegriffen. Sie werden 
neben den Lauten und neben den Streichinstrumenten genannt. Mit dem 
Streichquartett kann man die lieblichste und künstlichste Musik machen. 
Dagegen sind die Tasteninstrumente harmoniös wegen der Vollkommen- 
heit der Konsonanzen (Akkorde) und der Leichtigkeit, mit welcher man 
viele Stücke auf ihnen ausführen kann, die das Gemüt mit der Anmut 
der Musik erfüllen*). Seine musikalischen Vergnügungen soll der Hof- 
mann nicht in Gegenwart von unadeligen Personen oder gar des gemeinen 
Pöbels abhalten 5). Vielmehr möge er zum Zeitvertreib in einem häus- 
lichen und ihm lieben Kreise musizieren, besonders im Beisein von Damen, 



1) Unter der Signatur Ms. 18821. Die Handschrift trägt die Überschrift »Das 
ist mein altt lauttenbuch als ich in dem Weschland zu Bononia Ao 1562 gestu- 
diredt bab<. 

2) Lauttenbuch herrn Jörgen Fugger. Ms. 18790. 

3) Cortigiano Lib. I, Fol. F. Vill» »intendere S essere sicuro ä libro ... sä di 
varii instrumenti*. 

4) Cortigiano Lib. II, J. I» *Sono anehor armoniosi tvMi gli instrumenti da 
tastij perche hanno le consonantie moUo per fette : <S) con faeüitä vi st possono fa/r motte 
cose, che empiono Vanima della miisicdt dolcexxa. Et non meno ditetta la musica delle 
quaüro viole da areo^ la qiuU e soavtssima et artificiosa, 

ö) Ebenda Lib. II, Fol. JAv, 



— 153 — 

deren Anblick ihn und die Zuhörer mehr empfänglich für die lieblichen 
ßeize der Musik macht i). Wie man den Forderungen des Castiglione 
in Italien nachkam, haben wir in dem Falle von Sagudino gesehen. 

Die Instrumente traten bei diesem häuslichen musikalischen Zeitver- 
treib nicht allein selbständig auf, sondern sie dienten oft als Begleit- 
instrumente sowohl für andere Instrumente, wie wir es aus dem Sagudino- 
Brief erfahren haben, als für den Gesang, und hier nicht nur für den 
Chorgesang, sondern auch für den Sologesang. Das letztere war speziell 
bei der Laute der Fall. Dies ist eine längst bekannte Tatsache. Es 
wird aber häufig hervorgehoben, daß es sich bei diesen Liedern zur Laute 
nur um mehrstimmige Gesänge handle, von denen die eine Stimme ge- 
sungen wurde, während die anderen dem Instrumente überwiesen wurden. 
In der Tat sind uns auch zahlreiche Bearbeitungen mehrstimmiger 
Werke für Gesang und Laute erhalten. Ein Stilunterschied zwischen 
den für den Sologesang und den für den mehrstimmigen Gesang 
bestimmten Werken machte man gewöhnlich nicht in den Kompo- 
sitionen, obwohl solche Gesänge, wie die alten spanischen Bx)manzen, den 
Gedanken nahelegen, daß wir es hier mit Überresten der Kunst der 
Trouveres zu tun haben. Auch werden wir sehen, daß sich die Bewe- 
gung nach dem wirklichen begleiteten Sologesang schon früh im 16. Jahr- 
hundert bemerkbar macht. 

Aber selbst bei den Werken im polyphonen Stil waren sich die Alten 
▼ollkommen bewußt, welcher Unterschied im Vortrag zwischen dem Solo- 
gesang und dem mehrstimmigen Gesang bestand. Castiglione läßt das 
schon klar erkennen. »Viel schöner«, sagt er, »als der gewöhnliche Ge- 
sang ist der Gesang zur Viole (Laute) 2), weil da die ganze Lieblichkeit 
sozusagen in einer Stimme besteht; und mit viel größerer Aufmerksam- 
keit belauscht man den schönen Vortrag und die Melodie, weil das Ohr 
nicht durch mehr als eine Stimme in Anspruch genommen wird. Auch 
merkt man hier leichter jeden kleinen Fehler, was nicht geschieht, wenn 
mehrere zusammen singen, weil einer dem andern hilft. Aber am aller- 
meisten gefällt mir das Singen zur Laute zum Rezitieren 
[per redtare), welches dem Text eine solche Schönheit und Effekt 



1) // tempo poi nel quäle tcsar si possono queste sorti di musica, estimo io che 
sia sempre che Vhomo si trova in una domestica, et cara compagnia, quando aUre 
faccende non vi sono: tna sopra tutio conveniensi in presentia di donne, perehe quegli 
aapetti indohiscono gli animi di chi ode, et piu i fanno penetrahili daüa suavitä della 
musica: et ancho suegliano i spiriti di che la fa, 

2) Castiglione schreibt immer »viola*. Sein Werk ist bald in andere Sprachen 
übersetzt worden. Der französische Übersetzer Chapuis (1580) bleibt bei dem 
Namen »viole*. Der englische Hoby (1661) und der deutsche Kratzer (1566) 
sprechen von der Laute. 



— 154 — 

verleiht, daß es geradezu wunderbar ist« ^). In dem letzten Satz haben wir 
einen Beweis, daß der G-edanke, den die Florentiner Reformatoren in 
ihrem Stilo recitativo zur Greltung bringen, nicht vollständig neu, sondern 
daß er weiter zurückzudatieren ist 2). 

In ganz ähnlicher Weise spricht ^sich Zarlino später in seiner Lehre 
von den Affekten aus^]. Er behauptet, daß die Musik das Gemüt viel 
mehr bewege, wenn sie einfach und nicht kontrapunktisch kompliziert ge- 
halten ist. > Daher kann man es verstehen, daß man mit größerem Ver- 
gnügen einen allein singen hört zum Klang der Orgel, der Lyra^ der Laute 
oder eines ähnlichen Listrumentes.« Zarlino spricht auch vonder£eci- 
tation der Gedichte Ariosts zur Begleitung eines Instrumentes 
und führt die Klage der Isabella über den Tod Zerbinos als eine dazu 
geeignete Stelle an^). Dieses begleiteten Sologesangs gedenkt Zarlino 
auch in der Besprechung der Transposition, wo er die Transposition 
als höchst notwendig nicht nur für den Organisten, sondern überhaupt 
für jeden Spieler, der eine Stimme begleitet, hinstellt. (Vgl. S. 128.) 

Auch Vicentino erwähnt des öfteren das Singen zur Instrumental- 
begleitung. So spricht er zum Beispiel von der Schwierigkeit, die der 
Sänger darin findet, eine akzidentale Oktave (d. i. eine Oktav- Verdoppelung 
der Töne fis, es, eis etc., wie aus seinen Beispielen hervorgeht) gut zu 
treffen und rein zu intonieren. Das ist leicht bei Stücken, die mit voller 
Stimme gesungen werden {a piena voce, wie in dem Chorgesang); aber in 
der Kammermusik, wo man leise singt, ist es schwierig. Hier wird die 
Stimme, die von dem Instrument begleitet wird, sicher singen**). Auch 

1) Cortigiano 1. c. »Bella musica rispose M. Federico parmi il cantar bene ä libro 
sicüra/mente et con bella mcmiera: ma anchor molto piu ü cantar cUla viola: percke 
tuita la dolcexxa consiste quasi in un solo: S con molto maggior attention si nota^ <t 
il bei modo, et Varia non essendo oeeupata le oreechie in piu che in una sola voce-, 
et meglio anchor vi si disceme ognipiceolo errore: il che non accade eantando in comptig» 
nia perche Vuno aitäa VaJtro: ma sopra ttUto parmi gratissimo il eantare aUa viola per 
recitare: il che tanto di venustä, et efficaeia aggiunge alleparole, che e gran maraviglia.< 

2) Vgl. auch Canal) »Della Musica in Mantova*, Venezia 1881, S. 14 — 15. 

3) Istitutioni (1658) II Parte, Cap. 8—9, S. 73ff. 

4) Istitutioni II Parte, Gap. 9, S. 75. *La onde vediamo eiiandio ä inostri giomi, 
che ella [die Musik] vnduce in noi varie passioni, nel modo che anticamente faceva; 
imperoche alle volle si vede, che recitandosi alcuna bella, dotta <S) elegante Poesia al 
suono di alcuno istromento, gli ascoltanti sono grandemente eommossi S incitati ä fare 
diverse cose: come ridere, piangere, overo aUri simili: cO di cid si e veduto la esperienxa 
dalle belle cß? leggiadri compositioni delV Äriosto; che recitandosi [oUre altre cose) la 
pietosa morte di Zerbino d? ü lagrimoso lamento della sua Isabella; non meno piange- 
vano gli ascoltanti mossi da compassione, di quello che faceva Ulisse udendo eantare 
Democodo musico db poeta eccellentissimo,* 

5) Antica Musica Lib. I, Cap. XXII, fol. 37 »ma neUa musica da camara, eio^ 
quando si canterä piano, passer ä con fatica; <S) la voce che sarä accompagnata con lo 
stromento sarä piu sicura, perche Vottave accidentali sono diffidli da intonare giustamerUe. 



— 155 — 

für das Diminuieren beim begleiteten Gresang gibt er Anweisungen. Am 
besten ist es, wenn die Spieler die Komposition so spielen, wie sie geschrieben 
steht, und das Diminuieren dem Sänger überlassen. Dadurch gehen keine 
harmonisch wichtigen Töne verloren, und es entstehen auch keine schlech- 
ten Zusammenklänge^ wie sie das gleichzeitige Diminuieren beider Aus- 
führenden mit verschiedenen Diminutionen derselben Stelle verursacht i). 
Auch das Singen zum Archicembalo wird von Vicentino erwähnt *). 

Wie das Cembalo bei der Begleitung eines Solo-Instrumentes gehand- 
habt werden konnte, erklärt uns Diego Ortiz in seinem Werk über die 
Verzierungen auf dem Violone sehr schön und sehr ausführlich 8). In 
drei Weisen können Klavier und Violone zueammenwirken. 1. in einer 
freien Fantasie^ 2r über einen cantus planus und 3. über eine mehr- 
stimmige Vokalkomposition. Das Fantasieren, meint er, könne er nicht 
gut illustrieren, weil da jeder Spieler seinen eigenen Weg gehe. Er gibt 
hierzu bloß den Hat, daB der Cembalist eine Heihe wohlgeordneter Kon- 
sonanzen spielen soU, und daß der Violist darüber mit schönen Passagen 
einstimmen soll. Und wenn letzterer irgendwelche einfacheren Gänge 
spielt, soll der Cembalist eine passende Antwort darauf bringen. Sie 
sollen Imitationen (fugas) bringen, indem der eine dem anderen aufmerk- 
sam zuhört, als wenn man einen konzertierenden Kontrapunkt sänge. 
Bei der zweiten Art des Zusammenspiels spielt das Cembalo eine Me- 
lodie aus dem cantus planus im Baß, mit begleitenden Akkorden und 
Kontrapunkten, die zu der von dem Violisten frei erfundenen kontra- 
punktierenden Stimme passen. Als Beispiel hierzu gibt er einen solchen 
cantus planus-Baß mit sechs Beispielen einer Violen-Stimme dazu, die 
er Recercadas nennt. Bei der dritten Art spielt das Cembalo irgend ein 
Vokalstück nach üblicher Weise, während der Violist Kontrapunkte dazu 
macht Ortiz gibt als Beispiel das Madrigal »0 felid occhi miei< mit 
vier verschiedenen Violen -Kontrapunkten. Der erste ist der verzierte 



1) Ebenda, Lib. IV, Cap. XLII, fol. 94 >sarä moÜo buona tal dimimUione ndli stro- 
menti i qucdi sonaratmo la composUione gittsta senxa diminuire, tSb eome sarä notata. 
Perche oon la diminutione non ai poträ perder Varmonia che lo stromerUo terra le 
consonanze nei atwi termini: ma qtumdo ü sonatore dimirmerä la compositione^ & 
colui ehe canterä vorrä insieme diminuire la compositionef che si aoneräy db che si can- 
terä se ambo due dimmueranno in un tempo non facendo un passaggio medesimo in- 
sieme, d^accordo, non faranno buono accordo, ma quando aar anno ben concertati 
faranno buono udire.* 

2) Lib. V, cap. 1, fol. 99. — Über Zacconis Ansichten über den begleiteten 
Sologesang siehe Chrysander in der Yierteljahrsschrift für Musikwissenschaft 
X (1893), S. 563. 

3) Tratado de Qloaaa , , , en la musica de Violones, Neapel 1553, Lib. II. Vgl. 
auch M. Kuhn, »Die Verzierungskun8t<, Beihefte der IMG., Leipzig 1902, S. 40 — 48, 
92—98. 



— 156 — 

Madrigal*Baß, der zweite der verzierte Sopran, der dritte eine freiere 
und schwierigere Baß Verzierung, der vierte eine ganz neue Stimme, eine 
Quinta Vox, die sich ganz frei um den Baß des Madrigals bewegt. Diese 
letzte Manier setzt die Kenntnis von der Kompositionslehre für den Vio- 
listen voraus. Wenn der Violist die verzierte Sopranstimme spielt, so ist 
es graziöser, wenn der Cembalist diese Stimme wegläßt. Ortiz gibt auch 
eine Anweisung^ wie das Cembalo und Yiolone zusammenzustimmen 
sind. Die Stimmung des Violones muß höher oder tiefer genommen 
werden, je nachdem es der Ton des Cembalos verlangt. Am besten ist 
es, wenn die leere fünfte Saite des Violones mit dem Oammor-ut des 
Cembalos eingestimmt wird. Dadurch werden die hohen und tiefen Töne 
gleichmäßig verteilt. 

Hier ist auch an den Vorschlag Bermudos zu denken, daß der junge 
Spieler, der ein Stück in Tabulatur setzt, auch eine Stimme dazu in ge- 
wöhnlicher Notation über die Tabulatur schreiben möchte, die gesungen 
werden kann, während man den ganzen Satz auf dem Instrument spielt 
(S. 21). Das ist ein Gebrauch, den wir öfters in den italienischen und 
französischen Lautenbüchem begegnen. Auch Schlicks Lautentabulatur 
von 1512 ist so eingerichtet. In Spanien scheint das noch mehr gebräuch- 
lich gewesen zu sein als in andern Ländern. In gleicher Weise sind uns 
die alten spanischen Romanzen erhalten^), die wohl wirklich mehr als 
Sololieder zu denken sind wie als Chorlieder. Einige der Spanier setzen 
die Singstimme direkt mit in die Lautentabulatur hinein, bezeichnen sie 
aber dadurch, daß sie die Ziffern, die ihr zukommen, rot drucken, während 
die anderen schwarz sind. Fuenllana geht sogar so weit, daß er außer 
dieser rotgedruckten Stimme der Tabulatur noch irgendeine andere wich- 
tige Stimme der Komposition in gewöhnlicher Notation über die Tabu- 
latur druckt, damit, wie er sagt, der Sänger und Spieler sich an den 
schönen Kontrapunkten ergötzen könne. Und hierbei nimmt er wieder die 
Fähigkeit des Lesens verschiedener Stimmen zu gleicher Zeit in Anspruch 
(vgl. S. 98), denn die Extra-Stimme ist nicht fortlaufend Takt für Takt 
über die Tabulatur gedruckt, wie es sonst der Fall ist, sondern sie steht 
ohne Taktstriche für sich allein auf dem oberen Teil der Seite. Zur 
Orientierung sind aber bei Abschnitten oder Kadenzen ungefähr alle 6 
oder 8 Takte Zahlen gleichzeitig in der Extra-Stimme und in der Tabu- 
latur gesetzt, ähnlich wie die Orientierungszahlen oder -buchstaben in 
unseren modernen Partituren und Orchester- oder Chorstimmen. 

Konnte man über den wirklichen Solo- Charakter der spanischen Ro- 
manzen noch Zweifel hegen, so möchte ich hier noch ein italienisches 
Werk aus dem Ende des 16. Jahrhunderts anführen, bei dem solche 



1) Siehe Beispiele bei Morphy. >Les luthistes espagnols.^ 



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Zweifel unmöglich sind. Es ist dies eine Madrigal-Sammlung des öfters 
erwähnten und seinerzeit rühmlichst bekannten Luzzasco Luzzaschi 
für ein, zwei oder drei Soprane, mit vollständig ausgeschriebener, selbst- 
ständiger Klavierbegleitung. Es ist der Musikgeschichte scheinbar un^ 
bekannt geblieben, trotzdem es für die Geschichte der Monodie und des 
begleitenden Sologesanges überhaupt von der höchsten Wichtigkeit und 
Bedeutung ist. Der vollständige Titel lautet: , 

^Madrigali di Luxxasco Luxxaschi per cmitare et sonare a 
uno, e doi, e tre Sbprani, Fatti per la Musica dd giä, Ser^^ Dicca 
Alfönso d'Este. Stampata in Roma appresso Simone Verovio 1601 ^).« 

Das Werk ist dem Kardinal Pietro Aldöbrandino gewidmet. Der 
Titel klingt wie so viele andere, die uns aus dem ganzen 16. Jahrhundert 
bekannt sind, und man vermutet darunter nicht, um was für ein wichtiges 
Werk es sich hier handelt. 

Betrachten wir die Sammlung ein wenig näher. Es ist ein Kupfer- 
plattendruck in der bekannten Verovioschen Ausführung im Folio^Format, 
41 Seiten stark. Sie enthält drei einstimmige, vier zweistimmige und fünf 
dreistimmige Madrigale für Solostimmen mit Klavierbegleitung. Die Text- 
dichter werden nicht genannt. Die Singstimme oder -stimmen sind sehr 
häufig mit den lebhaftesten Trillerverzierungen und Passagen ausgestattet, 
alle ganz genau ausgeschrieben. Wie sie dastehen, würden sie von wenigen 
unserer heutigen Sänger ausgeführt werden können; denn sie stellen die 
höchsten Ansprüche an die Gesangsvirtuosität. Die Begleitung ist in 
der üblichen italienischen Orgeltabulatur auf zwei Liniensystemen notiert, 
oben fünf, unten acht Linien. Sie ist fast durchweg streng vierstimmig 
gehalten, ohne Vor-, Nach- oder Zwischenspiele. Daß es sich aber nicht 
um einen einfach übertragenen Vokalsatz handelt, wie bei den meisten 
Lautenliedern, sondern um eine wirklich selbständige Klavierbegleitung, 
geht daraus hervor, daß sie sich ziemlich streng an die Vierstimmigkeit 
hält, nicht nur bei den einstimmigen Madrigalen, sondern auch bei den 
fugierten Anfängen der mehrstimmigen Sätze, wo man ein sukzessives Ein- 
treten der Stimmen in der Begleitung erwarten würde, und auch bei 
solchen Stellen, wo nur eine von den zweien oder dreien singt, während 
die anderen pausieren. Diese Begleitung hält sich aber ziemlich eng an 
den polyphonen Vokalstil und unterscheidet sich darin von den Beglei- 
tungen der Florentiner Monodisten. Der Baß ist immer ein solcher, vrie 
man ihn in einer Vokalkomposition erwartet. Er besteht nicht aus langen, 
ruhigliegenden Tönen, wie wir sie in den Monodie-Bässen von Peri und 
Caccini finden. Ihren klaviermäßigen Charakter verrät diese Begleitung 



1} Exemplar der Königl. Bibliothek Berlin. 



— 158 — 

hier und da durch den Lagenwechsel der Akkorde in derselben Harmonie, 
wie wir diesen in unseren heutigen homophonen Klavierkompositionen 
kennen. Bei den einstimmigen G-esängen hält sich die Oberstimme der 
Klavierbegleitung getreu an die Singstimme, und zwar an ihre einfache, 
nicht an die verzierte Form. Das stimmt überein mit der Regel Yicen- 
. tinos über den begleiteten Gesang (S. 154). Bei den mehrstimmigen Ge- 
sängen werden ebenso getreu alle Singstimmen in die Begleitung hinein- 
gesetzt (Musikbeilage S. 286 — 95). 

Daß das Werk schon vor 1601 entstanden ist, darauf deutet das 
»^ria« im Titel hin. Die Dedikation gibt aber weitere Aufklärung hier- 
über. Luzzaschi erklärt nämlich, daß diese Musik seinerzeit von den 
Damen am Hofe [dame prindpalissime) die dem Gefolge der Herzogin 
Margherita angehörten, Hervorragendes in der Hausmusik leisteten und 
dem fürstlichen Paare besonderes Vergnügen bereiteten, gesungen wurde. 
Seit dem Tode des Herzogs wäre diese Musik verstummt, und diese 
Ausgabe sei ein Versuch, sie wieder ins Leben zu rufen ^). Der Herzog 
Alfonso II. starb 1597. Also sind die Kompositionen wenigstens bis dahin, 
wenn nicht noch früher, vorzudatieren 2). 

Über die Hausmusik am Hofe von Ferrara ist eine sehr interessante 
Nachricht zu finden in dem Werke »i/ Desiderio owero de' ccmcerü di 
varii strumenti mtcsicaii. Diaiogo dd M. läustre Sig, CavaUere Hercole 
Bottrigarot (Bologna 1599)*). Da erfahren wir, daß der Herzog dn 
vollständiges Orchester unterhielt. Neben ausgezeichneten Sängern hatte 
er auch Comett-, Posaunen-, Schalmeien-, Flöten-, Violen-, Lauten-, 
Zither-, Harfen- und Clavicembalospieler. Er hatte auch eine Art 
Instrumentenmuseum; wo alte Instrumente und solche, die ein besonderes 
wissenschaftliches Interesse besaßen, aufbewahrt wurden, darunter auch 
ein Vicentinosches Archicembalo. Der Herzog sorgte dafür, daß alle 



1) AuB der Dedikation. *Tra le piu rare mercmglie c'hebbe neüa aua Corte la 
gran memoria dd S, Ihica Alfonso mio sigre rara et amgtdareper giuditio di tutti fu 
kb mtcsica di Dame prindpalissims; le quali servendo aüa sig^^ Duckessa Margherita 
moglie di lui rendevano col canto loro in un tempo ossequio et diletto a quelle ser^^ 
ÄUexxe; Ma poiehe restd coUa morte del sig^ Duca queüa Musica spenta, io che v*hebbi 
gram, parte hö desiderato per quanto a me si concede di ravivarla, portando neUa luce 
del. mondo Madrigali, che composti da me furon cantati da qtteüe W^^ Signore . . . etc.* 

2) Eine ausführliche Behandlung der Solo-Madrigale Luzzaschis habe ich in 
den Sammelbänden der Internationalen Musikgesellschaft, Jahrgang IX (1908), 
S. 538ff. veröffentlicht. 

3) Eine frühere Ausgabe des Werkes erschien 1594 in Venedig unter dem 
Namen Alemanno Benelli, ein Anagramm für Annibale Meloni, ein Freund oder 
Schüler Bottrigaris. Beide Ausgaben bewahren das British Museum und die Egl. 
Bibl. Brüssel. Sie waren mir nicht zugänglich, und ich entnehme meine Angaben 
der >Hi8ioire de rinstrumentation* von H. Lavoix fils, Paris 1878, S. 173—174. 



— 159 — 

Instrumente immer in gutem Zustande gehalten wurden. Diese Haus- 
musik wurde geleitet von dem Hofkapellmeister Fiorino, dem »ein 
gewisser Luzzasco« (Lavoix) beistand. Das Orchester war vortrefflich 
diszipliniert. Man hielt häufige Proben, und der Herzog selbst ver- 
schmähte es nicht, sie zuweilen selber zu leiten und Kat zu geben. Er 
gründete auch eine Art Akademie, wo die größten Komponisten und 
die besten Virtuosen verkehrten. Die Herzogin teilte den ausgezeich- 
neten Geschmack ihres Glatten. Sie hatte ihre eigene Hausmusik. Die 
Kapelle bestand aus Damen. An den Tagen der Konzerte bereitete 
man in einem Saal eine lange Tafel, an deren einem fhide ein großes 
Olavicembalo stand. Die Instrumentistinnen traten stillschweigend, eine 
nach der anderen, in den Saal, nahmen mit ihren Instrumenten ihre 
Plätze an der Tafel ein und warteten in Stille. Darauf trat die Dirigentin 
ein und setzte sich an das andere Ende der Tafel, dem Cembalo gegen- 
über. Sie nahm einen langen, biegsamen, polierten Stab, der für sie 
bereit lag, und indem sie ihren Blick über das ganze Orchester warf, 
gab sie geräuschlos das Zeichen, und das Orchester spielte nun mit 
einem wundervollen Ensemble. 

Unter diesen erfreulichen Zuständen könnte man sich schon die 
vollkommene Ausführung der Madrigale Luzzaschis als möglich vorstellen, 
über Luzzaschis vielseitige Tätigkeit in Ferrara wird uns auch von 
anderer Seite her berichtet. Oerone erwähnt, daß unter den Instrumenten, 
die man in den großen Konzerten des Herzogs zu Ferrara gebrauchte, 
sich auch ein sehr merkwürdiges Olavicembalo befand, mit zwei Tasta- 
turen »voller Halbtöne«. Sein Erfinder »Nicolas Visentino« nannte es 
»Ärcimtisico^^), Ein anderes Instrument wäre noch da, welches beim 
ersten Anblick den Organisten abschreckte^ wegen der großen Zahl der 
Saiten und der Halbtöne. Seine Spielart und sein Erfinder wären [1613] 
in Vergessenheit geraten. Aber nie hörte man eine solche vollendete 
Harmonie, als wenn Luzzaschi seine eigens dazu komponierten Stücke 
darauf vortrugt). 

Über die Tätigkeit der Hauskapelle der Este sind uns noch manche 
weiteren Nachrichten erhalten. Ein äußerst reizvolles und ausführliches 
Gesamtbild entwirft Solerti in seiner Schrift »Ferrara e la Corte estense 



1) Hier hat sich bei Cerone, der sonst seine Quellen so vorsichtig benutzt, ein 
arger Fehler eingeschlichen. »Arcimusico« war ein Ausdruck des Lobes, dessen 
sich ein Schüler Vicentinos bediente. (Madrigali a 5 voci Di L'areimusioo Don 
N. » . V, , , pratico et theorieo et inventore ddle nuove armome, Nuovamente poste in 
Itice da Ottatdo Beaino stio discepolo, lAb. 5 Milcmo 1572), Vicentinos Gegner aber 
nahmen ihn auf und machten ihn zum Spottnamen für den armen Yicentino, der 
übrigens auch am Hofe von Ferrara wirkte. 

2) Cerone, Mdopeo, S. 1041. 



— 160 — 

iiella second metä del secolo decimosesto*^). Hier erfahren wir die Namen 
vieler Sänger und Instrumentalisten am estensischen Hofe. Darunter 
waren mehrere Franzosen und auch ein nnglese musico< (S. LY); Luzza- 
schi soll im Jahre 1561 in den estensischen Dienst getreten sein^j. Auch 
die berühmte Hauskapelle wird, nach Bottrigaris Angäben ^ naher be- 
schrieben (S. LXm). Als lyrische Dichter, deren Verse von Piorino, 
Luzzaschi und Lodovico Agostini in Musik gesetzt wurden, werden 
Pigna, Guarini und Tasso genannt (S. LXJV). Nicht nur am Hofe 
wurde die Musik so eifrig gepflegt. Eine >Äccademia Ferrarese^ hatte 
es sich zur festen Begel gemacht, alle drei Monate ein groBes Konzert 
zu geben *con norme äßte/rmmate^. Die Namen dreier ausgezeichneter 
und berühmter Sängerinnen am Hofe, sowie auch viele Daten aus ihrem 
Leben und Wirken sind uns erhalten*). Es sind Tarquinia Molza, 
Lucrezia Bendidio und Laura Pep er ara. Für diese kann man sich 
die Madrigale Luzzaschis komponiert denken, und wenn sie diese Kom- 
positionen wirklich in befriedigender Weise ausgeführt haben, dann haben 
sie ihren Ruhm verdient. Tarquinia Molza zeichnete sich auch als Dich-^ 
terin aus. (S. 47.) Außerdem wird sie noch als Harfenspielerin sowie als 
die Dirigentin und die Seele der Damenkapelle genannt^). 

Nicht nur in Ferrara zeigten diese Musiker und Musikerinnen ihre 
Kunst. Sie begleiteten den Herzog und die Herzogin bei festh'chen Ge- 
legenheiten nach außerhalb. Ln Jahre 1571 z. B. besuchte der Erzherzog 
Rudolph von Osterreich den Herzog von Ferrara, der ihm bis Broscello 
entgegenging. Hier wurde ein groBes Fest gefeiert. Es wurde »oäa 
tedesca* und *aU' italiana* getanzt. Auch wurde „eins von jenen großen 
musikalischen Konzerten veranstaltet, mit ungefähr sechzig Stimmen und 
Instrumenten; und hinter einem gravicembaloj welches Luzzasco spielte, 
sangen Signora Lucrezia [Bendidio] und Signora Isabella Bendidio sowohl 
solo als zu zweien, und zwar so gut und so fein, daß ich nicht glaube, 
daß man etwas Besseres hören könnte 5)«. Bei einer anderen Gelegenheit 



1) Diese Arbeit Solertis bildet ' die ausgedehnte Einleitung zu seiner Neuaus- 
gabe der »Dtscorsi dt Ännibale Romei. QefUühuomo Ferrarese (1585). < Gitta di 
Castello (Lapi) 1891. In Betracht kommen hauptsächlich Kapitel VII, YIII und 
IX. Die Seitenhinweise beziehen sich auf diese Neuausgabe. 

2) Solerti gibt 16d2 als Sterbejahr Luzzaschis an. Daß dieses falsch ist, geht 
schon aus der Vorrede der erwähnten Madrigale hervor. Nach Riemann (Lexikon 
1905) soll er bis 1604 Hoforganist in Ferrara gewesen sein. Nach Ei tn er (Quellen- 
lexikon) ist er vor dem 16. September 1607 gestorben. 

3) Solerti, a. a. 0., Kapitel VIII. 

A) Vgl. Valdrighi, Musurgia/na Nr. 12 S. 62—53. Mitteilungen aus dem esten- 
sischen Archiv aus d^n Jahren 1583—1586. 

5) Solerti, a.a.O., S. LXX unter dem Datum Aug. 14, 1571. »Da vespro a 
sera si festiggid in corte cisaai reüiratamentej dove ballomo % pri/ncipi cUla tedesea e 



r 



— 161 — 

machten die Sängerinnen die Bekanntschaf t mit Binuccini oder wenig- 
stens mit einigen seiner Dichtungen. Sie fuhren nämlich im Jahre 1586 
nach Florenz, um Virginia de Medici als Braut des Cesare d'Este zu 
feiern. Zu dieser Angelegenheit dichtete Binuccini fünf Madrigale i^fatH 
a le Dame di Ferrara^^ in denen er auch den süßen Gesang dieser Damen 
rühmt. Die Texte der Madrigale sind uns handschriftlich erhalten. Der 
Komponist und die Musik (wenn sie jemals komponiert worden sind) sind 
noch unbekannt 1). 

Der zeitgenössische Schriftsteller Bomei^ welcher in seinen ^Dis- 
corsit nur gelegentlich die Musik erwähnt, spricht auch von den musi- 
kalischen Damen. Die Laura Peperara läßt er einmal ein capitolo amoroso 
zur Harfe rezitieren. Hier haben wir wieder eine Andeutung von 
der Verbreitung der Bezitation mit musikalischer Begleitung. Ein ander- 
mal berichtet er von dem Instrumental- und Vokalkonzert in dem Salon 
der Herzogin, welches diesmal mit einer Tafelmusik schließt ^j. Die musi- 
kalischen Unterhaltungen der Herzogin scheinen doch noch nach dem 
Tode Alfonsos bestanden zu haben. Wenigstens hatte man ihrer auch 
anderwärts nicht vergessen; denn noch im Jahre 1602 erschien bei Ciotti 
in Venedig eine Sammlung Madrigaltexte von G. B. Leoni, darunter 
einer Pßr le Serenissime Dame musiche delle Duchessa di Ferrara e 
d'Urbino^), 

Wir sehen also, die Bedeutung des Sologesanges wurde von den Alten 
durchaus nicht unterschätzt. Die Andeutungen, die hier gegeben worden 
sind, lassen erkennen, daß man seine Stellung in der »a capellac-Zeit 
immer noch nicht recht gewürdigt hat. Weitere Forschungen in dieser 
Bichtung würden wahrscheinlich ein vollständig neues Bild geben. Daß 
der Sologesang, sowie die Kammermusik dieser Zeit überhaupt, so lange 
wie mit einem Schleier bedeckt blieb, beruht, glaube ich, auf seinem 
intimeren, vornehmeren Charakter. Diese Musik wurde nicht oft vor die 



aü* ttcUicma, e si fece uno di qtiei coneertoni di musica di circa sessanta fra voci e 
inatrumenti, e dietro un gravieemhcdo tocco dal Luxxasco^ cantomo la signora Lucre- 
xia e la signora Isabella Bendidio a solo a solo, e tuW a due, si bene e cosi gentil- 
menie, ehe io non credo si possi sentir meglio.< Fast wörtlich dieselbe Beschreibung 
als Brief des Sallustio Piccolomini, toskanischen Gesandten, unter dem Datum 
15. August bei Yaldrighi, a. a. 0., S. öl. 

1) Solerti *Oli Älbori del Melodramma< Vol. II. Milano usw. (Sandron) s. a. 
[1904] S. 6 weist die Texte in einem Codex Trivulxiano 1004 nach. 

2] Vgl. S. 160, Anmerkung 1. Die betreffenden Stellen in Solertis Neuaus- 
gabe S. 128 >e fu ckiamaia la signora Laura Peverara la quäle con sommo diletto 
deUi aseoÜanti recitd un capitolo amoroso ndV arpa<, und S. 234 »era preparata un 
bellissimo concerto di vari instrtmienti di musica e di soavissime voci, il quäl concerto 
accompagnö anco un pexxo della cena*, 

3) Nach Solerti, »Ferrara e la Corte Estense*, S. LXVI. 

Ktnkeldey, Orgel und Klavier. 11 



— 162 — 

breite Öffentlichkeit getragen, sondern meistenteils nur im intimsten häus- 
lichen Kreise gepflegt. Sie diente zum Zeitvertreib hoher Personen. 
Höchstens bei den großen Festen trug sie einen mehr öffentlichen Cha- 
rakter. Auf diese Feste werden wir zurückkommen. Vielleicht hätten 
wir auch noch bei den praktischen musikalischen Übungen der Akademien 
ein bisher unbeachtetes Feld, auf dem die Kammermusik gedieh^}. Bei 
allen diesen Gelegenheiten spielten die Tasteninstrumente eine äußerst 
wichtige Rolle. 

Die ausführlichen Beschreibungen der musikalischen Unterhaltungen 
am Hof von Ferrara, die wir vorausgenommen haben, um sie im Zu- 
sammenhang mit den Luzzaschischen Madrigalen zu besprechen, legen den 
Gedanken nahe, daß man auch anderwärts den begleiteten Sologesang 
und die reine Instrumentalmusik gepflegt haben muß. Wie wir sahen, 
ließen sich das Ferrareser Orchester und die Sängerinnen auch gelegentlich 
anderswo hören. Es muß daher auffallen, daß die Musikgeschichte sich 
bisher so verhältnismäßig wenig mit dieser Seite des Musiklebens be- 
schäftigt hat. Man pflegt die Periode vor dem 17. Jahrhundert gewöhn- 
lich als die Zeit der Alleinherrschaft der kirchlichen Kunst zu betrachten, 
unter deren Einfluß auch die ganze Madrigal-Literatur und die andere 
weltliche Musik standen. Für die weltliche Instrumentalmusik wird auf 
die verschmähten fahrenden Leute und die Stadtpfeifer hingewiesen. 
In neuerer Zeit beginnt man auch die Lautenmusik mehr zu beachten 
und zuweilen sogar den Sologesang zur Laute. Für die Orchestermusik, 
für den Sologesang auf der Bühne mit Instrumentalbegleitung haben für 
das 16. Jahrhundert nähere Anhaltspunkte gefehlt. Das hat seinen Grund 
darin, daß die Musikforschung sich sehr eng an die handschriftlichen und 
gedruckten Musikdenkmäler gehalten hat. Wo Notenmaterial nicht vor- 
handen war, nahm man sehr oft an, daß keine Musik gemacht wurde. 

Die Musikhistoriker haben zwar dann und wann auf dieses unbetretene 
Gebiet hingewiesen 2). Eine gründliche Arbeit muß noch die Zukunft 
bringen. Was die Musikhistoriker versäumt haben, das haben uns, speziell 
für Italien, die Literarhistoriker zum Teil geboten. Besonders die Werke 
von Alessandro d'Ancona und Angelo Solerti bieten uns eine Fülle 
von Material und Hinweisen auf weitere Quellen, die dem Musikhistoriker 
eine reiche Ausbeute versprechen. Es läßt sich in der Tat [beweisen, 



1) Die musikalische Tätigkeit der Akademien, besonders im 16. Jahrhundert, 
bedarf noch einer geschichtlichen Untersuchung. Anton Francesco Doni redet 
öfters in seiner Libraria (Yen. 1557) von den vielen Akademien, die um die Mitte 
des 16. Jahrhunderts tätig waren. Durchaus nicht alle beschäftigten sich mit Musik. 

2) Vgl. außer den schon genannten Quellen Kiese wetter, »Schicksale«, Leipzig 
1841. Winterfeld, »Gabrieli<, II, S. 13—15 und Rolland, »Htstoire deVOpera en 
Europe avant LiUly et Scarlattu, Paris 1895, S. 33. 



— 163 — 

daß während des ganzen 16. Jahrhunderts diese Instrumentalmusik im 
engeren Sinne gepflegt wurde. Ihr Anfang ist noch früher als das 
16. Jahrhundert zu suchen, aber in diesem Jahrhundert wuchs sie beson- 
ders empor und erreichte in der zweiten Hälfte eine hohe Blüte. Die 
estensische Hofmusik ist ein Beispiel davon. Außer Ferrara werden wir 
den Mediceischen Hof als besondere Pflegestätte dieser Musikgattung 
kennen lernen. 

Die Veranlassungen zu den Hoffestlichkeiten, bei denen die musi- 
kalischen Veranstaltungen eine hervorragende Rolle spielten, waren haupt- 
sächlich Hochzeiten und Fürsteriempfänge oder Triumphzüge. Neben 
diesen kamen die großen Feiertage besonders der Kamevalszeit in Betracht. . 
Auch sonst bei gewöhnlichen Abendunterhaltungen wirkte das Orchester 
mit. Unter den verschiedenen Formen der Unterhaltung nimmt die Ko- 
mödie den ersten Kang ein. Zu den Hochzeiten wurden häufig Komödien 
speziell geschrieben. Die Musik wurde nicht so oft in der Komödie selbst 
zur Mitwirkung herangezogen, obwohl, wie wir sehen werden, auch manch- 
mal musikalische Einlagen in dem Drama vorkommen; sondern sie hat 
eine wichtige Stellung in den Intermedien. Diese Intermedien leiteten 
die Schriftsteller des 16. Jahrhunderts von den Chören der antiken 
Dramen her. Sie hatten aber in der Zeit, die wir behandeln, mehr 
den Zweck, dem Zuschauer Abwechslung zu bringen und dem Schau- 
spieler eine Ruhepause zu verschaffen. Die Stelle des Chores als eine 
handelnde Person oder als kommentierender Zuschauer nehmen sie selten 
oder gar nicht ein. Manchmal allerdings finden wir sie im Zusammen- 
hang mit der Hauptaktion stehend, als überleitende Episoden oder alle- 
gorische Kommentare. Das ist besonders bei den geistlichen Dramen der 
Fall; denn zuweilen kamen auch geistliche Dramen bei diesen Hoffestlich- 
keiten zur Aufführung. Einen solchen Fall, wo die Intermedien eine 
Reihe Bilder bringen, die eine Art allegorischen Kommentars zum Drama 
bieten, werden wir später näher betrachten. Neben den dramatischen 
Aufführungen verbinden sich auch andere Festunterhaltungen, wie die 
Maifestspiele Englands, Maskeraden, Ballete und einfache Abendunter- 
haltungen oder Soireen mit dieser Orchestermusik ^). 

Die Quellen, die uns hierüber Auskunft geben, sind meistenteils nicht 
speziell musikalisch. Die Musiker und Musikschriftsteller, die derartige 
Feste mitmachten, scheinen sich selten bemüht zu haben, sich darüber 
zu äußern. Die Nachrichten stammen zum Teil aus Briefen oder aus 
Tagebüchern, wie diejenigen Sanutos. Hier sind sie sehr zerstreut, und 
da die Mitteilungen, die die Musik betreffen, nicht besonders gekennzeichnet 

1) Eine ausführliche Behandlung der verschiedenen Formen und Arten dieser 
musikalischen Betätigung findet man in dem ersten Bande Ton A. Solertis 
»Älbori del Melodramma<. Milano u»w. [Sandron) s. a. [1904]. 

11* 



— 164 — 

sind, ist für den Spezialforscher die Arbeit mit großer Mühe ver- 
knüpft. Eine zweite Quelle aber ist ersprießlicher. Es war nämlich 
in Italien Brauch, den prunkvollsten und gelungensten Festveranstal- 
tungen dadurch ein Denkmal zu setzen, daß man sie nachträglich ge* 
nau beschrieb oder beschreiben ließ. Sehr häufig wurden diese Beschrei- 
bungen auf Veranlassung der fürstlichen Festgeber verfaßt und erschienen 
dann als Broschüre im Druck, oder, wie es häufig bei den Intermedien 
der Fall war, sie wurden der Veröffentlichung des Dramen-Textes bei- 
gegeben oder sogar an den betreffenden Stellen zwischen den Akten einge- 
fügt ^^). In diesen Beschreibungen werden wir unterrichtet über die Fest- 
säle, die Einrichtung der Sitzplätze, die Verteilung der hohen Gäste und 
Zuschauer, über die Bühneneinrichtung, den Vorhang, die Szenerien, die 
höchst kostspieligen Maschinen, über die Kostüme der Personen de» 
Dramas und der Intermedien; wenn eine Maskerade oder ein Tanz 
folgte, auch über die Kostüme der hohen Herrschaften und die Tänze^ 
an denen sie sich beteiligten; und, was uns am meisten interessiert, über 
die Handhabung der Intermedien, deren Texte, besonders zum musika- 
lischen Teil, die Instrumentalstücke und deren Orchesterbesetzung, die 
Art der Ausführung und die Namen der Dichter und Komponisten. 
Leider sind nicht alle Verfasser von solchen »Descrixioni* Sachverständige 
in Sachen der Musik, und über diesen für uns so wichtigen Teil wird 
oft mit wenigen Worten hinweggegangen. Vor allem aber vermissen wir 
die aufgeführte Musik selbst. Die Kataloge weisen zur Zeit nur vereinzelte 
Beispiele solcher Musikstücke auf. Das liegt natürlich an dem Gelegen- 
heitscharakter dieser Werke. Sie wurden meistenteils nur für bestimmte 
Festlichkeiten komponiert und dann beiseite gelegt. Obwohl die Ko- 
mödien oder sonstigen dichterischen Erzeugnisse immer wieder aufgeführt 
wurden und im Druck erschienen, kam es bei den Intermedien-Musiken 
höchstens zu einer Descrixicme, Die Hauptrolle bei der Verfassung solcher 
Gelegenheitswerke spielt immer der Dichter oder derjenige, der die 
Allegorie entworfen hat. Erst in zweiter oder dritter Linie kommt, neben 
dem Maschinenmeister, der Komponist. Es ist daher nicht zu verwundern^ 
daß so wenig von der Musik erhalten ist 2). Diese früheren Erzeugnisse 



1) Eine reichhaltige Bibliographie der Intermedien-Texte und Beschreibungen 
von Hochzeits- und anderen Festen bringt Solerti in »Musical Ballo e Dramma- 
tica*, Firenze 1905, S. 1—22. Eine ähnliche Zusammenstellung der handschriftlichen 
und im Druck veröffentlichten Beschreibungen, die sich auf die Festlichkeiten bei 
dem Einzug Heinrieb s III. von Frankreich in Venedig ifnd anderen Städten auf 
seiner Rückkehr von Polen (1574) beziehen, in >// Viaggio in Itaita di Enrico III, 
Be di Franeia*, Torino (L. Eoux) 1890 von Pier de Nolhac und Angelo Solerti* 

2] Der Vocaindario degli Aecademici ddla Ortisca führt unter den Namen Giam- 
bullari, Mellini, Segni usw. Descrixioni an, die den Bearbeitern als Quellen für 
die illustrierenden Zitate bei den Definitionen mehrerer Instrumentennamen dienten. 



— 165 — 

der dramatischen Musik sind uns ebenso verborgen gebKeben, wie die 
früheren Versuche des Florentiner Renaissance-Kreises im stäo recitativo^ 
oder wie die Schäferspiele Cavalieris, die vielleicht viele gemeinsame 
Z\igQ mit den Intermedien hatten. 

In Deutschland scheint man sich mit dieser Kunst im 16. Jahrhundert 
weniger befaßt zu haben. Nur an dem von Italien stark beeinflußten 
Münchner Hofe zu Orlando di Lassos Zeit finden sich Hinweise auf solche 
Intermedien-Musiken. Aber in anderen Ländern, vornehmlich in Italien, 
weniger in Frankreich und England, lassen sich genug Spuren aufweisen, 
um die Hoffnung zu erregen, daß die künftigen Forscher an Hand dieser 
literarischen Hinweise doch noch manches aus den musikalischen Archiven 
ans Licht bringen werden. 

Es ist hier nicht der Platz, das Thema selbst, auch nur so weit es 
jetzt möglich ist, ausführlich zu behandeln. Wir müssen uns hier mit 
dem Hinweis auf die außerordentliche Wichtigkeit der gründlichen Er- 
forschung dieser vernachlässigten Seite der Musikgeschichte für die Vor- 
geschichte der Oper und der Orchestermusik begnügen. Ich werde mich 
hauptsächlich darauf beschränken, nur soweit darauf einzugehen, als es 
die spezielle Untersuchung über die Mitwirkung der Tasteninstrumente 
verlangt. 

Wir brauchen uns bloß an die Bemühungen des Königs Juan I. von 
Aragon gegen Ende des 14. Jahrhunderts, die besten ^ministrües^ (Spieler 
von Blasinstrumenten), die besten Orgelspieler, die besten und neuesten 
Instrumente an seinen Hof zu bringen, zu erinnern (vgl. S. 58), um 
zu erkennen, daß es sich da nicht nur um eine nebensächliche Tätigkeit 
von Jongleurs handelte, sondern daß die Orchestermusik schon damals 
bei den Hof musiken und wohl speziell bei den Festen Beachtung fand ^). 
Einige weitere Angaben mögen den Beweis liefern, daß in Italien am 
Ende des 15. oder am Anfang des 16. Jahrhunderts die Instrumental- 
Kammermusik bei Hoffesten oder in den einfachen Abendunterhaltungen 
oder in Intermedien nicht unbekannt war. In Pesaro z. B. wird im 
Jahr 1475 die Vermählung des Oostanzo Sforza mit Oamilla di Aragona 
mit großem Aufwand gefeiert^). Am Sonntag den 27. Mai gab es ein 

1) Vgl. die früher (S. 68 Anm. 2,) angeführten Briefe und die weiteren Mit- 
teilungen von Pedrell in der schon erwähnten kleinen Schrifb *Organografia 
muaieal antiffua espaholat, S. 64—77. 

2} Die Beschreibung ist uns erhalten in einer Incunabel auf der Marciana. 
»Ordine deüe Noxxe delT lUustrissimo Signor Missier Constantio Sforxa di Aragona, 
e della lUuatrissima Madonna CamniUa di Aragona sua Gonaorte neW Anno 1475*, 
Vicentiae (ab Herma/nno Levilapidi) 1475. Im Neudruck herausgegeben von B. 
Gamba. Yenezia (Tipografia di Aloisopoli) 18S6. Eine Beschreibung derselben 
Festlichkeiten in einer Handschrift aus dem Jahre 1476, scheinbar fast derselbe 
Text wie der Druck, auf der Riccardiana; neu herausgegeben Ton M. Tabarrini^ 



— 166 — 

Pest im Saale des Schlosses. Da wurde eine Art Schauspiel oder Tableau 
des Tierkreises aufgeführt, um den Saal sieht man die 12 Zeichen des 
Tierkreises. In der Mitte hängen Sonne und Mond, die heraufgezogen 
und herabgelassen werden. Dazu hört man eine Musik von >liutiy cem-- 
bali^\ arpe, staffeti, flauti, e divei'si strumenti che facevano stmvissima 
armonia^. Auf der einen Seite des Saales war ^uno beilissimo organö 
che sonava a festa<. Auf das Schauspiel folgt eine Festrede und dann 
geht man zur Messe. Die Messe wurde bei dieser Gelegenheit 
mit Orgel- und Trompetenklang und Paukenschall gefeiert. 
Zwei Sängerchöre sangen abwechselnd. Jeder Chor bestand aus ungefähr 
16 Sängern, was für die damalige Zeit eine große Zahl [mölti cantori) 
war 2). 

Sanuto nimmt im Jahre 1497 eine kurze Beschreibung von den 
»Triumphi et apparati fatti in Brexa per la venuta di la regina di 
Cipro< [Oatharina Comaro] in sein Diarium auf 3). Den feierlichen Ein- 
zug begleiteten neben der üblichen Trompeterschar, die bei dieser Gelegen- 
heit 34 Mann zählte, eine Gruppe von 24 »tamboriniy stafeti, violete e lautU 
und femer eine kleinere Gruppe von 10 »tromboni et piferi^. Am fol- 
genden Tage wurde ein Tanzfest veranstaltet. Dann wurde im Hause 
Vesper gesungen, worauf eine Flötenmusik folgte. Dabei empfing die 
Königin den Besuch vieler Damen. Im Jahre 1502 schreibt Sanuto in 
dem ^Ordiiie di le pompe e spectcwuli di li noxe di madona I/ucreOa 
Borgia, venendo a Ferrara a marito, nel camevale, a Vidtimo di xener 1501 



»Deserixione del Convito e deüe Feste fatti in Pesaro 1475 <, Firenze (Barbara) 1870. 
Vgl. auch ein ähnliches Fest zur Hochzeit des Herzogs von Burgund zu Brügge 
1468, wo eine Motette auf Schalmeien und Posaune und eine Chanson auf Flöten 
gespielt worden sein sollen. Stainer, »Dufay and his Contemporaries<» London 
Novelle) 1898, S. 16. 

1} £8 ist fraglich, ob es sich hier nicht um Schellen oder Glocken anstatt 
clavicembali handelt. Die Glocken konnten ähnlich gebraucht werden wie die 
staffeti = Triangel. 

2) :>Fu trionfcmte la Messa di organ% pifari, e trombetti e d'infiniti tamburini, 
exiandio di di^e capelle e di moÜi ca/niori, li quaU cantavano md Vuno, mö Valtro, et 
erano circa 16 Cantori per Gapella.* Neudruck von Gamba, S. 17. Vgl. auch Tabar- 
rini, S. 13. Obgleich die Zahl der Sänger kleiner ist als die in den Chören von 
Ferrara und Florenz bei den Hoffesten in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, 
war das fQr die Kirche doch ein Riesenchor. Die Zahl der Sänger im Dom zu 
Florenz in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war, wie es scheint, nur acht. 
Noch im Jahre 1591 wird im Dom eine »Messa solenne con otto cantori pro eligendo 
pontefice* gesungen. Siehe *Diario Fiorentino di Agostino Lapini dal 252 al 1596*, 
Herausgegeben von Gius. Odoardo Corazzoni. Firenze (Sansoni) 1900. 

3) Neudruck Tom. I, 4 Septembris, Spalte 763. »a di 6, il mercore, soa majesta 
fe' far una festa e danxar in una salla preparada. ... Si fe' cantar un vespero in 
eaxa e so9iar fiaiUi^ e molte done fo a visitarla*, Spalte 765. 



— 167 — 

[Alter Stil]« von einer Komödie >Cassina« (am 8. Febr. aufgeführt) mit 
Intermedien: Als Intermedio vor dem dritten Akt ertönte eine sehr gute 
Musik von sechs Violen. Unter den Spielern befand sich ein Don Al- 
fonso, wahrscheinlich der Bräutigam, der Sohn Hercules' von Este^). 

Auch in Kom wurden in den ersten Dezennien des 16. Jahrhunderts 
solche Intermedien mit Instrumentalstücken aufgeführt. Die Päpste 
Julius n. und Leo X. waren beide Musikliebhaber und führten einen 
äußerst prunkvollen Hof 2). Aus der Zeit Leos X. ist uns ein Brief aus Rom 
erhalten, datiert den 8. März 1519. Der Schreiber berichtet, daß er an 
einem Sonntag Abend in der Komödie gewesen sei, wo nach jedem Akt 
ein musikalisches Zwischenspiel von Schalmeien, Comamusen, zwei Cor- 
netten, Violen, Lauten und dem Organetto ausgeführt wurde. Das letzte, 
welches der Papst als Geschenk erhalten hatte, hatte verschiedene Re- 
gister. Das Zusammenwirken einer Flöte und einer Singstimme habe sich 
besonders empfohlen. Auch gab es da ein konzertierendes Vokalstück, 
welches sich aber nach des Schreibers Ermessen mit der Instrumental- 
musik nicht vergleichen konnte ^j. 

"Wie schon erwähnt, war es gerade der üppige Hof der Medici in 
Florenz, der die Intermedien besonders pflegte*). Schon im 15. Jahr- 
hundert, zu Zeiten Lorenzo Magnificos, der selbst als Dramendichter 
{La Bappresentatione di S. Oiovanni et Pauol) und Verfasser von Canti 
Carnascialeschi auftrat, kannte man Tanz- oder Balletteinlagen zwischen 
den Akten. Von der Hochzeit des Cosimo de Medici mit Leonora von 
Toledo (1539) ist uns sogar von der Intermedienmusik einiges im Druck 
erhalten. Solche Fälle sind sehr selten. "Wir müssen es wohl dejn Ehr- 
geiz der Komponisten oder der besonderen Gunstbezeugung des Fürsten 
für seine Musiker zuschreiben, daß in diesen vereinzelten Fällen Inter- 
medienmusik gedruckt wurde. Ein Exemplar von dieser Musik zur Hoch- 
zeit Cosimos de Medici, 1539 bei Gardano in Venedig erschienen, bewahrt 
die Wiener Hofbibliothek^). 

1) Tom. IV, Spalte 230. *Al 3^ acto vene una mitsica de sei viole, assai bona^ 
fra i qucUi vi era ü signor don Alfonso.* 

2) Über die Musik- und Theaterliebe dieser beiden Päpste siehe d'Ancona 
>Origim del teatro Italiano*, Torino 1891, II S. 75ff. 

3j Valdrighi, JMusurgiana No. 12^ S. 47. Auch bei d'Ancona, a. a. 0., S. 89. 
>Fui a la Gomedia^ Domenica sera, et per ogni acto se li intermedio una musica di 
piferari, di comamusi, di dui cometi, de viole et leuti, de Vorganeto, che e ta/nto variato 
de voce, che dond al papa Monsig^ Ilb^o di bona memoria, et insieme vi era un fia^, 
et tma voce, ehe molto bene si eommendd; li fö ancho un concerto de voce in musica, 
che non comparse per mio juditio cossi ben come le musice.< 

4) Notizen über mehrere Musiker, die sich an diesen Florentiner Veranstaltungen 
beteiligten, siehe E. Vogel, >Marco da OagUano<. Vierteljahrsschrift V (1889), 
S. 397 ff. 

5) Den freundlichen Bemühungen des Herrn Dr. Jos. Mantuani, Kustos der 



— 168 — 

Die Stücke erschienen in einem Stimmendruck, der sich in keiner 
Weise von den üblichen MadrigalveröSentlichungen unterscheidet, höchstens 
daß einmal an einer Stelle im Sopran eine Verzierung in Achtelnoten 
ausgeschrieben ist, was in Madrigalen aus dieser früheren Zeit auffallen 
würde. Nur die Bemerkungen im Inhaltsregister geben Auskunft über 
die Art der Aufführung. Da kommen Doppelchöre {Baride) vor, auf der 
einen Seite Vokalstimmen, auf der anderen ein Instrumentenchor. Ein 
Stück wird als Solo zur vollstimmigen Begleitung des Violone gesungen. 
Mehrere Stücke waren von Francesco Corteccia komponiert. Darunter 
kommt hier Nr. 3 in Betracht. Es war ein vierstimmiger Satz, » Vattene 
almo riposo<j welcher zum Anfang der bei diesem Feste aufgeführten 
Komödie von Aurora zur Begleitung eines Gravecimbalos und Organettos 
mit verschiedenen Registern (möglicherweise ein Claviorgano) gesungen 
wurde. 

Bei der Hochzeit dea Francesco Medici mit der Königin Johanna 
von Osterreich (1565), die man ebenfalls in großartiger Weise feierte, 
wurde die Komödie »La Cofanaria^ von Francesco d' Ambra aufge- 
führt. Dazu hat Giovambatista Cini die Intermedien entworfen und 
den Text geUefert. Die Musik scheint nicht erhalten zu sein, aber 
eine der üblichen Desctixioni, die sogar bald eine zweite Auflage erlebte, 
gibt uns höchst interessante Aufklärungen darüber i). Das Werkchen 
beginnt mit der Beschreibung des Festmahles. Dann kommen die 
Maschinen der Komödie, und darauf die Intermedien. 

Oini entnahm seinen Stoff der Geschichte von Amor und Psyche, welche 
Apuleius in seinem Äsinics aureus erzählt. In dem ersten Intermedio, 
welches der Komödie voranging, fährt Venus in einem Wagen (carro) 
in Begleitung der drei Grazien auf, zu denen sich noch die vier Horae 
gesellen. Es wird gesungen und getanzt. Darauf tritt Amor ein mit 
vier Leidenschaften. (Speranxttf Timore^ AUegrexxa, Dolore). Diese 
unterhalten sich im Gesang mit Venus. Die Horae bestreuen die Szene 



Musikabteilung der k. k. Hofbibliothek in Wien, verdanke ich es, daß mir die Be- 
nutzung dieses seltenen Druckes, wie auch des später angeführten Intermedien- 
werkes von 1591, erleichtert wurde. Angaben über den Inhalt findet man schon 
bei A. Schmid, »Ottaviano dei Petrucci«. Wien 1845, S. 131 ff. und Emil Vogel, 
»Weltliche Vokalmusik Italiens«. Berlin 1892 II, S. 382. Auch in Gandolfis Vor- 
rede zu der Florentiner Denkschrift (1902) Blustraxiont dt cUeuni ctmeli, S. 19. 

1) Descrixione deW ÄpparcUo deüa Comedta et ItUermedii cPessa. EecUaia in 
Firente il giomo dt S. Stefano Vanno 1565 nella gran Sola del Palaxxo di sua Ecc. 
lUust neäe Reali Xoxxe deW lUustriss. db Ecceü. ü S, Don Francesco Medici, Principe 
di Fiorenxa db di Siena db deUa Regina Oiovanna d'Äustria stia consorte. Ristampato 
con nota aggiunta. In Firenxe appresso i Oiunti 1566. Exemplar der Königlichen 
Bibliothek Berlin. 



— 169 — 

mit herrlich duftenden Blumen. Amor schießt, während er singt, seine 
Pfeile auf die Zuschauer ab. Nun liest man weiter in der Beschreibung: 
»La musica di questo primo intennedio era concertata 

da quattro Oravicembali doppi (!) 

da quattro Viole d!arco 

da due Trmriboni 

da due Tenori di Flauti 

da un Cornetto muto 

da una Traversa 

da due Liuti 

che con beliss, ricerche diedero convenevole spatio aUa scesa dd Carro, S 
aW Höre, & aUe Oratie^ che si arrecassero a gV assegnati litoghi.€ 

Die ersten zwei Strophen der Ballata der Venus ^) waren achtstimmig 
gesetzt. Auf der Bühne wurden sie von Vokalstimmen allein gesungen. 
Hinter der Szene wurden sie aber mit besonderer Kunst (arUficio), jedoch 
mit Schwierigkeit, von 2 gravicernbali, 4 viohni^ 1 liuto mezxanOj 1 cor- 
netto muto, 1 trombone und 2 flauti diritti begleitet. Die dritte Strophe, 
welche Amor zukam, war fünfstimmig. Die Vokalstimmen waren wiederum 
alle auf der Bühne, und die Besetzung des unsichtbaren Orchesters 
bestand aus 2 gravicernbali, 1 liuto grosso, 1 sotto ba^sso di viola aggi- 
unto sopra U parte (also eine frei [?] hinzugefügte Stimme), 1 flauto 
si?nilmente aggiunto, 4 traverse und 1 trombone. Der Komponist war 
Alessandro Striggio. Wir sehen, daß wir es mit einer außerordentlich 
prunkvollen Musik zu tun haben. Das Orchester der Einleitung ist geradezu 
erstaunlich. Das Mitwirken von vier Gravicembali muß einen prächtigen, 
rauschenden Untergrund für den Instrumentalkörper gegeben haben. 
Es ist mir sonst kein so großes Orchester vorgekommen. Eine andere 
Beschreibung derselben Festlichkeiten stimmt fast genau mit diesen An- 
gaben überein 2). Der Schreiber spricht aber davon, daß der Saal, in 
dem die Komödie aufgeführt wurde, sehr groß war, und daß man darum 
die Concerti stark besetzte. Daher kam das große Orchester. 



1) Die Anfange lauten: >A me che fatta son cmgliettay db sola* und >Dunque se 
mai di me ti ealse, ö cah*. Die dritte Strophe, welche Amor singt, fö.ngt an: *Ecco 
Madre, andian noi\ cht Vareo dämmt*. Der vollständige Text in der zitierten 
Descrixdone. 

2) Sie ist abgedruckt in dem >TecUro Comico FiorerUitux, Firenze 1760, Bd. V, 
Schluß. >De8crixione degli Intermedi rappresentcUa coUa Commedia nette Noxxe deW 
Blustriss, ed EeceUentiss, Sig. Principe di Firenxe, e di Siena.* Sie stammt aus der 
Feder des Accademicos >Il Lasea< (Antonfrancesco Grazzini) und ist vielleicht 
die erste Auflage von der oben zitierten Beschreibung. Beide Beschreibungen 
beruhen angeblich auf einer einfachen Beschreibung des Autors, Gini, die er auf 
Veranlassung des Fürsten vor der Aufführung verfaßte. 



— 170 — 

Die Strophen der YenuB und des Amor werden hier mehrstimmig 
gesungen. Möglich ist es, daß auch die Aurora in den erwähnten In- 
termedien von 1539 mehrstimmig sang. Wir werden aber in dem fünften 
Intennedio von Cini sowie auch anderswo sehen, daß die handelnden 
Personen auch manchmal solo mit Orchesterbegleitung sangen. 

Ahnlich wie das erste Intermedio verlaufen auch die anderen. Im 
zweiten erscheint Zeßro mit der Musica. Letztere trägt die musikalische 
(guidonische) Hand als Zeichen auf ihrem Kopfe. Ihr Gewand ist mit 
verschiedenen Instrumenten und mit Notenblättern, auf denen alle Noten- 
und Taktzeichen stehen, verziert. Bei ihrem Eintritt, spielt sie auf einem 
schönen, großen Violone. Amoretten stimmen in den Gesang des von 
Striggio vierstimmig komponierten Madrigals >0 altera miracolo no- 
veBo' mit ein. Die vier Yokalstimmen sind auf der Sühne vertreten, zu 
denen sich diesmal aber noch 4 liuti, 1 viola d'arco und 1 lirone gesellen. 
Hinter der Szene spielen 3 gravicembali, 1 kuto grosso, 1 viola sopraiio, 
1 traversa contralto, 1 flaute grai%de tenore, 1 irombone hasso und i cor- 
netto, welches eine fünfte Stimme in der Höhe hinzufügt, mit. Das 
dritte Intermedio war sechsstimmig von Corteccia komponiert. Dies- 
mal schweigt das Orchester hinter der Bühne. Auf der Bühne haben 
wir 5 störte (Krummhömer), 1 cometto muto und acht Yokalstimmen 
[eine schiera (flnganni), welche die Instrumente verdoppeln und 'die 
Bässe singen. Das vierte Intermedio, auch sechsstimmig von Corteccia, 
zeigt uns Jra, Crudeltä, Rapina und Vendetta unter der Führung von 
Diseordia mit zwei Äntropofagi und vier Furien. Es wird eine Moresca 
getanzt und das Madrigal 'In bando itene vüU gesungen. Der Yokal- 
chor ist doppelt besetzt, und an Instrumenten kommen 2 tromboni, 1 
dolxaina, 2 cometti ordinarii, 1 cometto grosso, 2 tamburi hinzu. Das 
Orchester hinter der Szene schweigt. In dem fünften Intermedio sehen 
wir Psyche in Verzweiflung. Yon Venus wird sie in die Unterwelt zu 
" [eschickt. Psyche wird begleitet von Qdosia, Invtdia, Pen- 

i ö Soüedtudine) und Scorno [6 Disprexiagione). Diese vier 
e mit ihrem Spiel auf vier Yioloni. Dazu singt Psyche 
1 'Fuggi spene mia, fuggU. Das Stück war fünfstimmig 
fon Striggio. Auf der Bühne sind nur die vier Yioloni, zu 
e die Sopranstimme solo singt. Hinter der Szene spielen 
1 4 tromboni. Das sechste Intermedio bringt die Rettung 
aus dem Inferno. Sie kehrt mit Amor begleitet von einer 
etten sowie Zefiro, Musica, Pan und Satyren zurück. Es 
r, gesungen und getanzt. Von vier Canzonetten bringt die 
en Text In der ersten spielten und sangen alle mit. 
ten singen zum Tanz bloß acht Stimmen zur Begleitung 
od eines lirone. Aber in den Eitomellen, zur speziellen 



— 171 — 

Ermimterung der Zuhörer, stimmen sämtliche Sänger und Instrumente 
mit ein ^con una certa nuova aUegrexxa*, Die Musik rührt von Cortec- 
cia her. Nach der Aufführung hielt der Fürst Audienz, und darauf 
folgte eine vegltüy die in diesem Falle eine Masken- und Tanzhelusti- 
gung war. 

Aus dieser Beschreihung ist ersichtlich, welch ausgedehntes Feld der 
Instrumentalmusik eingeräumt wurde, und wie sie sich zu den Yokal- 
stimmen verhielt. Das unsichtbare Orchester wirkt noch bei den ersten 
Opern im neuen Stil am Anfang des 17. Jahrhunderts mit. Die kleine 
Orgel oder das Cembalo, meistens in mehrfacher Besetzung, fehlten nie 
in diesen Orchestern, obwohl, wie wir sahen, sie nicht bei jedem Stück 
mitspielten. Manchmal werden sie durch große Lauten oder Lironen 
ersetzt. Ob man sich dabei des Generalbaßspiels bediente, geht aus 
unseren Quellen nicht hervor. Wie das Generalbaßspiel in die Earche 
kam, werden wir in einem späteren Kapitel untersuchen. Vom stilo 
redtativo wird wohl in diesen Stücken kaum die Eede sein. Sie waren 
wahrscheinUch in demselben Stil komponiert wie Striggios t^ Cicalamento 
delle donne äl bucato€^), 

Francesco Medici vermählte sich zum zweiten Male im Jahre 1579, 
Seine zweite Braut war Bianca Cappello. Einen interessanten Eindruck 
von dem Aufwand, der bei dieser Hochzeit besonders die beliebten carri 
mit ihren allegorischen DaxsteUungen charakterisiert, gibt uns eine 
Beschreibung, welche mit einer ganzen Reihe von Kupferstichen ausge- 
stattet ist 2). Diese zeigen uns den Tumiersaal und die carrij auf denen 
die Kämpfer und andere allegorische Figuren ankamen und an dem 
Brautpaare vorüberzogen. Eine von diesen Allegorien stellte die Nacht 
dar. Auf dem carro liegt ein schlafender Mann, der, als der carro an 
das Brautpaar herannaht, erwacht und auf einer Viola die lieblichsten 
Klänge hervorruft, so daß alle Zuhörer in Entzücken geraten. Noch 
mehr ist das der Fall, als er anfängt in einem süßen Tenor zu singen, 
wobei er von einer großen Zahl Violen, die in dem Carro verschlossen 
sind, begleitet wird. 

Das Madrigal 

^Fuor del humido nido 

Uscita con le mie presaghe schiere 

Di Fantasmi, di Sogniy S di Chimere 



1) Im Neudruck in Rivista Musicale Italiana XII (1905), S. 822. 

2) Feste neUe Noxxe del Seremssimo Don Francesco Medici, Qran Duea di Tos- 
eana, ei deHa Serenissima sua Gonsorte la Sig, Bianca Cappello. Composte da M, 
Eafaello QtmUerotti, Con particidar Descrixione deUa Sbarra db apparato di essa neW 
PaJaxxo de' Pitti con aggionta, S correxxioni di molti particolariy <& con tutti i disegni 
de'' carri, <Sb invenxioni comparse aUa Sbarra, Nuovamente ristampaii. Firenze 



— 172 — 

dichtete Palla Eucellai. Die Komposition war von Piero Strozzi, 
und der Spieler und Sänger war kein anderer als Giulio Caccini. 

In noch großartigerer Weise als die Hochzeit von 1565 wurde 1589 
die Hochzeit Fernando Medicis mit Christiane von Lothringen gefeiert. 
Nicht weniger als fünf Theateraufführungen fanden nacheinander statt. 
Die Intermedien wurden hier womöglich noch reicher ausgestattet als 
früher. Zu der Aufführung der Komödie ^La PeUegrina< von Girolamo 
Bargagli wurden Intermedien gespielt, zu denen Giovanni Bardi, 
Ottavio Rinuccini, Giovamhatista Strozzi und Laura Guidiccioni 
die Texte lieferten und Cavalieri, Cristofano Malvezzi, Marenzio 
und Caccini die Musik. Zum Teil ist uns die Musik zu diesen Inter- 
medien erhalten. Malvezzi veranstaltete im Jahre 1591 infolge eines 
Befehls, welchen der Großherzog von Toscana seinem Musik- und Theater- 
intendanten, Cavalieri, gegeben hatte, die Ausgabe einer Anzahl der 
Musikstücke, die zu dieser Hochzeit gespielt wurden^). Denkschriften 
in Form einer Descrixione existieren von diesen Festlichkeiten in großer 
Zahl. Eine davon, die die Intermedii genauer behandelt, bringt Solerti 
in Neudruck. Die Angaben stimmen ziemlich genau mit den um zwei 
Jahre späteren des Musikdruckes von Malvezzi überein 2). Aus ihnen 
geht hervor, daß die Instrumente eine ebensogroße Rolle in den ein- 
leitenden Stücken [sinfmiie genannt) und in der Begleitung der Vokal- 
stimmen (concerti) spielten wie in den Intermedien von 1565., Eine 
so starke Besetzung der Cembali kommt hier aber nicht vor. Die 
Harmonie-Instrumente sind hier meistens Harfe, Liren, große Lauten 
und Chitarronen. Im vierten Intermedio wird ein organo di legno heran- 
gezogen. Im fünften wirkt ein organo di pivette mit. Es wurde von 
Alberigo Malvezzi gespielt. Auch ein salterio wird öfters erwähnt. 
Außerdem berichtet noch Malvezzi in dem Vorwort zu seiner Ausgabe, 
daß in allen Concerti drei sehr liebliche organi di legno mit- 

(Giunti) 1579. Eine Ausgabe ohne Abbildungen erschien früher im selben Jahre, 
anonym. Exemplare beider Ausgaben auf der Egl. Bibl. Berlin. Die Entwürfe 
waren von Gualterotti, die Kupferstiche von Accursio Baldi und Bastiano Marsili. 

1) Intermedii e concerti^ fatti per la Commedia rappreseniaia in Firenxe nette 
Noxxe del Serenissimo Don Fernando Medici, e Madama Christiana da Loreno, Oran 
Duehi di Toscana, Venetia (Vincenti) 1591. Exemplar auf der Hof bibl. Wien. 
Vgl. Vogel, »Weltliche Vokalmusik Italiens < I, 382 ff. 

2) Bastiano de Rossi. >Descrixione delT apparato e degV Intermedii fatti per 
la Commedia rappreseniaia in Firenxe neÜe Noxxe . . . ete,< Firenze (Anton Fadovani) 
1589, in Solertis AJhori II, 16—42. Daß Rossi und Malvezzi an einzelnen Stellen in 
Sachen des Textes und der Orchesterbesetzung nicht Übereinstimme^^, wird von 
Solerti dem Umstände zugeschrieben, daß es sich um zwei yerschiedene Auf- 
führungen handelt; denn zuweilen kam es doch vor, daß dieselben Intermedien zu 
verschiedenen Dramen benutzt wurden. Die Abweichungen werden von Solerti 
angeführt. 



— 173 — 

wirkten, wovon zwei im Einklang standen, während das dritte eine Oktave 
tiefer stand ^). Mehrere Sologesänge kommen in diesen Intermedien vor. 
Die Hauptsänger waren die hertihmte Vittoria Archilei und Jacopo 
Peri. Unter den Instrumentisten spielten Giulio Caccini eine Harfe 
und Alessandro Striggio einen ^sopranino di viola*, eine ^fviolina^ 
und eine ^ardviolata lira^. Im sechsten Intermedio wurde nach Mal- 
vezzis Angaben eines seiner Madrigale von sechs Chören gesungen. 
Alle Instrumente und Stimmen wurden herangezogen. Die Vokalstimmen 
waren 60 an der Zahl. 

Malvezzis Ausgabe ist wiederum ein Stimmendruck. Die Sinfonien 
stehen ohne Text in den verschiedenen Stimmbüchern. Eine Stimme 
aber, der Nono^ ist von besonderem Interesse. Das Heft enthält zwar 
auch einige Stimmen zu den vielstimmigen Chören, aber es besteht in 
der Hauptsache aus den Beschreibungen und Erklärungen, die Malvezzi 
von der Ausführung der verschiedenen Intermedien gibt, samt den voll- 
ständigen Texten zu den gesungenen Nummern. Ferner werden zu 
drei Solonummern die Instrumentalbegleitungen in vierstim- 
miger Partitur gebracht. Das Heft kommt somit als eines der 
frühesten Beispiele von gedruckten Partituren in Betracht. Eines 
dieser Stücke, *Daüe piü alte sfere*, wurde von Antonio Archilei, 
dem Gatten der berühmten Vittoria Archilei, komponiert. Das 
Stimmheft des Canto bringt die verzierte Singstimme. Bei der Auf- 
führung spielte die Archilei zu ihrem Gesang einen kuto grosso und 
wurde außerdem von ihrem Gatten und Antonio Noldi auf zwei Chitar- 
ronen begleitet. Das Stück soll zum Vergleich mit Luzzaschis Solo- 
madrigalen in der Musikbeilage einen Platz finden (S. 306). Ebenfalls 
wird dort (S. 312) eine kurze fünfstimmige Sinfonia wiedergegeben. Sie 
ist von Luca Marenzio komponiert und leitete das zweite Intermedio 
ein. Gespielt wurde sie von einer Harfe, zwei Liren, einem basso di viola, 
zwei Lauten, einem violinOj einer viola bastarda und einem Chitarrone. 
Ob auch hier die Tasteninstrumente, die nach Malvezzi in allen Concerti mit- 
wirkten, dabei waren, steht nicht fest. Ausgeschlossen wäre es aber nicht 2). 

Ahnlich wird über die Intermedien zu dem bei diesem Hochzeitsfest 
aufgeführten geistlichen Drama >L'esaltaxio7ie deUa Croce<^ von Giovan- 
maria Cecchi berichtet 3). Die Intermedien mit ihren Texten stammen 



1) Intervenivano in ttäti gli concerti tre Organi di legno dolcissimi due alV unisono, 
db uno aU' oüava bassa. 

2) Näheres über diese Intermedien, besonders über die anderen Solostucke, die 
von Jacopo Peri und Emilio de^ Cavalieri herrühren, beabsichtige ich demnächst 
an anderer Stelle za veröffentlichen. 

3) Descrixione dal apparato e de gl' hUermedj faiti per la Storia delV esaltaxione 
della Oroce rappresentato in Firenxe da giovani dalla Cowpagnia di S. Giovanni 



— 174 — 

von Cecchi selbst her und stehen in engster Verbindung mit der Ge- 
schichte des Kreuzes. Es sind Bilder aus der biblischen Geschichte, 
bei denen der Gedanke des Holzes, welches später zum Elreuzesstamm 
wird, den Mittelpunkt bildet. Die Musik zu sämtlichen Intermedien 
war von einem Nachfolger Malvezzis als Kapellmeister an der Kirche 
S. Lorenzo und als Hofkapellmeister, Luca Bati, dem Lehrer Marcos 
da Gagliano komponiert. 

Auch bei diesen Intermedien durften die Tasteninstrumente nicht 
fehlen. Die Inhaltsangabe des ersten Intermedio möge zeigen, wie die 

Musik verteilt war, und wie das Orchester besetzt war. Es stellt Ja- 

»• 

kobs Traum dar. Die Himmelsleiter ist der Mittelpunkt. Über dem 
schlafenden Jakob breitet sich ein Wolkenhimmel aus, auf dem man 
Engel sieht, und zu dem die Leiter hinaufreicht. Die Handlung wird 
von einer instrumentalen Himmelsmusik eingeleitet {fattasi prima lassuso 
con traverse, viohno, liuti grossi e organo una dolcissima armonia). 
Dann singen die Engel mit Begleitung derselben Instrumente >Lieti 
or gioisce di piü ghria ü deUx, Darauf teilen sich die Wolken, und 
man sieht den Gottesthron. Gott wendet sich zur Leiter und singt in 
einem sonoren Baß mit Instrumentalbegleitung >Vetemo verbo mio< 
[maestevolmente cantando cd stwno di molte musicali strumenti; in voce 
d'un sonoro basso). Engel steigen mit den Worten >Per questa scala 
santa< {con angdica melodia) die Leiter herab. Sie streuen Blumen 
über Jakob und steigen dann wieder herauf mit dem Gesang >0 fdici 
mortali*, welcher den Engeln im Himmel einen lieblichen Wiederhall 
entlockt. Nach dem Gesang >Per questi gradi eleUi* vom verdoppelten 
Chor und Orchester vorgetragen [tale armonia che parve veramente di 
paradiso), wird die Leiter heraufgezogen, und es schließt sich der Him- 
mel. Jakob erwacht und singt sitzend mit einer Contraltstimme solo 
zwei Verse des Madrigals *Tremendo e questo loco Porta per gire a Dio€ 
zur Begleitung von 4 tromboni, cornetH muii, violinOy liuti grossi und 
organo. Dann erhebt er sich und singt weiter, indem er auf dem Stein 
ein Opfer bringt. [La cui micsica ad arte composta maninconica e pie^ 
tosa, expresse ü santo timore conceputo nd cuore dd devoto Jaccobbe per 
la stupenda apparizione aUora avuta e per i misteri in essa ascosi ed 
adombrati,) In dem zweiten Intermedio spielt sich eine Szene aus den 
Wanderungen der Israeliten vor uns ab. Zwei Säulen veranschaulichen 
die Wolken- und die Feuersäule der biblischen Erzählung. Moses 
singt solo die Baßstimme eines Madrigals >Piü sicura colonna e di piü 



evcmgdista con Voccasione deüe noxxe deüe altexxe serenissime di Toseana neW anno 
1589*. Die Descrizione wird vollständig mitgeteilt in d'Anconas >Saere Rap- 
presentaxioni dei Seeoli XIV, XV e XVU Vol. III. Firenze (Le Monnier) 1872, S. 121 ff. 



— 175 — 

ardore€. Die anderen Stimmen werden von Instrumenten ausgeführt. 
Später wird eine Canzone gesungen, »Grazie rendamo a Dio^y zu acht 
Stimmen, zweichörig, dreifach besetzt und verstärkt durch traverse, cor- 
netto muto, tromboni, organo, violinOj liuti grossi e mexxani. Die Hand- 
lung des dritten Intermedio bewegt sich um den grünenden Stab Aarons. 
Der Aufzug der 12 Häupter der Stämme Israels und ihrer Begleiter 
wird von einer Instrumentalmusik begleitet. Die Orgel spielt wieder mit. 
In den übrigen Intermedii werden ähnliche Stücke gespielt und gesungen. 

Als eine Art Prolog zu diesen Hochzeitsfesten des Fernando di 
Medici könnte man die Feste betrachten, welche die Stadt Pisa ihm 
bereitete, als er 1588 über Pisa nach Florenz reiste, um die Regierung 
zu übernehmen^). Fernando war nämlich Kardinal, und als 1587 sein 
Bruder Francesco starb, mußte er sich entschließen, seine geistlichen 
Würden abzulegen. Das geschah am 30. Nov. 1588. Zu seinem Einzug 
in Pisa wurden Triumphbogen, und an einer Stelle eine Tribüne für die 
Musiker und Sänger errichtet. Letztere zählten 64 Mann. Sie sangen 
bei dem Einzug zwei Madrigale, T^Questi sacrati a te trionfi* und >Can-- 
gia purpureo laccio Sacro Santo Oran Ditca in questa dCoro^. Die Kom- 
positionen lieferte der Organist an der Kirche des Stefans- Ordens, 
Eeverendo M. Antonio Buonavita da Pisa ^detto per exceüenxa il 
Bientina*, Begleitet wurden 'die Sänger von 2 Grravicembali, 4 Cor- 
netti, 4 Posaunen, 1 Orgel, 2 Viole da Gramba und 4 Lauten. Zu der 
Messe, welche Ferdinand in der Ordenskirche hörte, wurde eine Motette, 
»Salutis Signum sie respice magnum^^ mit Orgel- und Instrumentalbe- 
gleitung gesungen. Die Komposition rührte gleichfalls vonBientina her. 
Sänger und Instrumentalisten waren auf drei Tribünen verteilt. 

In ähnlicher Weise betätigt sich Bientina im nächsten Jahre bei der 
Ankunft der neuen Gemahlin Fernandos in Pisa. Es wird berichtet, 
daß da mehrere Achtzeiler gesungen wurden. Der erste wurde solo 
gesungen in einer »Aria«, welche Bientina komponiert hatte. Der zweite 
war zehnstimmig komponiert und wurde von 52 Sängern, 6 Posaunen, 
4 eornetti, und in der Mitte des >conserto< einer Orgel, welche Bien- 
tina spielte, ausgeführt. Der dritte Achtzeiler war 20-stimmig kompo- 
niert und wurde mit derselben Besetzung wie der zweite ausgeführt. 
Außerdem wurde noch eine fünfstimmige Komposition gesungen mit 
Begleitung einer Laute und eines Spinetts. Sie soll wiederum von 
Bientina herrühren, der das Spinett spielte und eine Stimme sang 2). 



1) Descrixione de la felieissima Entraia del Serentss, D. Ferdinando d^ Medici 
CardincUe, Oran Duca di Toscoma neüa cittä di Pisa, Scritta da M. Giov. Cervoni 
da Co 11 6. Firenze (Marescotti) 1588. Exemplar der Eönigl. Bibl. Berlin. 

2) Nach den Angaben P. G an als {Aiti dd regio IstihUo Veneto. Tom. 12, Ser. 
3. 1867, S. 202) aus einer Descrixione von Gervoni (Florenz, Marescotti, 1589): 



— 176 — 

Wie in Italien, so lassen sich auch in England in den ersten De- 
zennien des 16. Jahrhunderts die Spuren von solchen Festmusiken nach- 
weisen. Das erste Dokument, welches ich dafür anführen möchte, ist 
der öfters zitierte Brief Nioolo Sagudinos^). Es handelt sich hier um 
eines der in England üblichen Maifestspiele, die am ersten Mai im Freien 
abgehalten wurden. Ein beliebter Stoff für diese Feste war die Ge- 
schichte von Eobin Hood. Sagudino schreibt davon, wie am Festtag 
(1515) die Königin mit ihrem Gefolge von Greenwich aus zwei Meilen 
in einen Wald fuhr. Hier erwartete sie der König. Im Walde hatte 
man besondere künstliche Lauben eingerichtet, die voller singender 
Vögel waren. In einer dieser Lauben standen einige Wagen, wie man 
sie in den Triumphzügen gebrauchte, worauf sich die Sänger und In- 
strumentalisten befanden. Das Orchester bestand aus Orgel, Laute und 
Flöten und spielte zur Tafel auf. Auf dem ganzen Rückweg vom Walde 
wurde gespielt und gesungen. 

Aber auch im englischen Theater kannte man die Instrumentalmusik 
nicht nur für die Intermedien, sondern auch als Einlagen in dem Drama 
selbst. So z. B. in dem geistlichen Drama God's Promises von John 
Bale (1538) stimmt zum ersten Aktschluß ein Chor eine Antiphone O 
sapientia >cum organis* an. Das Stück konnte auch nach Belieben zu 
dem englischen Text »0 etemai 8apience< gesungen werden 2). Eine 
ähnliche Anordnung steht am Schluß eines jeden Aktes. 

In The Rare Triumphs of Love and Fortune (gedruckt zu London 
1589) werden nach Art der italienischen Intermezzi allegorische Bilder 



»Dopo la fmta battaglie navaU, gli Ärabi cantarono le infrascritti ottave in wm mtisiba 
soavissima composta del m, rev. s, Antonio Btwnamia di Pisa^ cognominato il Bientina^ 
organista deüa Ckiesa dei Cavalieri e mv/sico eccellentissimo. La prima ottava fu 
eantato da wn, solo in im aria\ faita del signor Bientina. La seconda fu a dieci vod 
cantata da cinqtuintadtie persone con sei tromboni, quattro cometti ed un organo 7iel 
mexxo del conserto, sonato da lui, Laterxa fu a venti voci dalli cinqtuintadtte cantata 
e eo' medesimi strumenti.^ >B concerto della musica fu a cinque voci con im liuto 
ed una spinetta che fecero tma dolcissima armonia: ü compositore della mtssica dicono 
essere staio il signor Bientina detto di sopra, il quäle cantava una parte e sonava la 
spinetta.* 

1) Vom 3. Mai 1515. Originaltext in Sanutos Diario, Neudruck Tom. 20, 
Spalte 266. Englische Übersetzung bei Brown, *Four years at the Court of Henry 
F///«, S. 77. An der Stelle, welche die Instrumente hei dem Maifestspiel erwähnt, 
steht im Neudruck >orga/no lento etc.« Brown liest wahrscheinlich korrekter, wenn 
das ^lento€ im Neudruck nicht ein Druckfehler ist »organo, leuto* und übersetzt 
dementsprechend. 

2) Vgl. Doddsleys Old Englisk Plays. Neu herausgegeben von W. C.Hazlitt, 
Vol. I, London 1874, S. 292. >Tunc sonora voce, provoltäis genibus Äntiphonam inci- 
pit » Sapientia* quam prosequitur ckorus cum organis, eo [der Schauspieler] interim 
exeunte.< 



— 177 — 

mit musikalischer Begleitung eingefügt. An Instrumenten werden für 
Fortuna, Pauken und Trompeten, für Venus, Violen i) vorgeschrieben. 
In dem Stücke Tancred and Oismunda von den Herren des Inner 
Temple (Original Ms. von 1568 im British Museum) wird für jeden Akt, 
mit Ausnahme des ersten, vorgeschrieben, welche Art Musik ihn einleiten 
soll. Die Stücke werden mit dem , 'Namen Introductio bezeichnet ^j. Vor 
dem zweiten Akt hört man das liebliche Getön »stiller Pfeifen« {stiU 
pipes)^). Unter diesen Klängen tritt die handelnde Person ein. Vor 
dem dritten Akt spielte man auf Oboen eine stattliche AUemande [lofty 
Älmain), wozu Cupido den Guiscard und die Gismunda hereinführt, die 
dann zu der Musik tanzen. Der vierte Akt wird von ^inem Consort 
of sweet music eingeleitet. Vor dem fünften Akt hört man einen Trauer- 
marsch. Hier wird ein Mitwirken von Tasteninstrumenten nicht direkt 
vorgeschrieben, obwohl sie bei dem Consort oder bei dem Trauermarsch 
hätten mitwirken können. Viel bestimmter sind die Bühnenanweisungen 
in Bichard Edwardes Dämon and Pithias (ca. 1567). Sie betreffen hier 
nicht Intermedienmusik, sondern Bühnenmusik im Drama selbst. Als 
Pithias von der Gefangennahme Dämons hört, singt er zur Begleitung 
des Regals ein vierstrophiges Lied, Awake ye wofvl nights. Und später, 
als Pithias an Stelle Dämons zum Scharfrichter geführt wird, wird auf 
dem Regal eine Trauermusik gespielt*). In The Misfortunes of Arthur 
(1587) bestehen die Intermedien aus Pantomimen [dumb shows) mit einer 
nicht näher bezeichneten musikalischen Begleitung^). 

Auch in Frankreich lassen sich Intermedien- Aufführungen nachweisen, 
bei denen auch die Tasteninstrumente im Orchester fungieren. Hier 
ist die Verbindung mit Italien viel deutlicher, als in England. Nicht 
nur italienische Komödien wurden in Frankreich aufgeführt, man ließ 
auch italienische Schauspielertruppen kommen. Eine Aufführung der 
Komödie T^La Calandria<i von Bibbiena, direkt nach Florentiner Muster, 
läßt sich im Jahre 1548 in Lyon nachweisen ^). Im ersten Intermedio 

1) Ebenda Vol. VI, S. 155 ff. 

2) Gedruckt 1691. Siehe Doddsley-Hazlitt, Vol VII, S. Iff. Die Mroductiones, 
S. 26. 

3) Vgl. später, S. 186 dieser Arbeit, die »stille Mu8ik< der deutschen Hoch- 
zeitsfeste. 

4) Erste gedruckte Ausgabe 1571. Das Stück wurde schon 1667 zur Auf- 
führung genehmigt. Doddsley-Hazlitt, Vol. IV. Die Stellen, welche die Instru- 
mente nennen, sind S. 43 *Here Pithias sings and the regals play<, und S. 58 ^Here 
the regals play a mouming song*. 

6) Ebenda Vol. IV, S. 297. 

6) La Magnifiea et Triomphale JEntrata del Christianissimo Re di Francia Benrico 
secondo di questo nome fatta nella nohüe et antiqtia eitta di Lyone a luy et ä la stta 
serenissima * consorte Ckaterina aUi 21 di Septemh. 1548 CoHa particulare deserüione 

Kinkeldey, Orgel und Klarier. 12 




— 178 — 

erscheint Aurora auf einem carro^ den zwei Hähne ziehen. Zur Begleitung 
von zwei Spinetten und vier f£iuti d^alemagna singt sie ^^lo son nuntia 
del soh. Im zweiten Intermedio erscheint das Eisenalter; denn die 
Intermedii handeln von den Weltaltem. Das Eisenalter spricht eine 
Strophe einer Canzone. Diese Strophe wird dknn hinter der Szene von 
4 Singstimmen, 4 mohni da gamba upd 4 flauU cTalemagna vorgetragen. 
In den anderen Intermedii erscheinen die anderen Weltalter mit ähn- 
lichen Musiken. Zum Schluß erscheint wieder Aurora, deren carro dieses 
Mal zwei Eulen vorgespannt sind. Sämtliche Musikstücke wurden von 
Piero Mannucci, Organist zu »Nostra Dama< in Lyon komponiert 
und instrumentiert^). 

Es befand sich auch eine Orgel unter den Instrumenten, die eins 
von den drei Orchestern des »Ballet de la Beine* von 1582 bildeten. 
Entworfen wurde dieses mehrere Stunden dauernde Stück wiederum von 
einem Italiener, Baltazarini, genannt Beaujoyeux. Die Musik kom- 
ponierten Beaulieu und Salmon. Hier haben wir es nicht mehr mit 
Intermedien zu tun, die zwischen den Akten eines Dramas gespielt 
wurden, sondern das Ganze bildete eine Handlung für sich, die sich in dem 
Garten der Circe und um denselben abspielt. Lange Huldigungsmonologe 
an den König wechselten mit Ballett, Sologesängen, Duetten und 
Chören ab, ganz wie in den italienischen Intermedien. Der Name J7^fer- 
mede kommt auch in diesem französischen Stück vor, wird aber auf die 
Chöre und Umzüge von Nymphen und Satyren usw. beschränkt, die an 
den Ruhepunkten der Haupthandlung auftreten. 

Zu diesem Stück ist bekanntlich ein Teil der Musik im Druck er- 
halten 2). Zu den Sologesängen ist oft nur die Singstimme mit einem 
Baß gegeben. Gerade bei solchen Stücken wird man wohl auf die 
Mitwirkung der Akkordinstrumente, wie Laute und Orgel, gerechnet haben^). 

Daß die italienische Komödie mit musikalischen Einlagen in Deutsch- 
land nicht ganz unbekannt blieb, ist schon erwähnt worden. Bei dem 

della Comedia che fece reeitar la Natione Fiorentina ä rtchieste di Sita Maesta chris- 
ianiss. In Lyone appresso Oulielmo Rouülio 1549. Besprochen von Solerti in 
einem Aufsatz »La Bappresentaxione della Galandria a Lione nel 1548* in der Rac- 
eolta di Studii critici dedieata ad Älessandro d'Ancona. Firenze (Barbera) 1901, S. 693. 

1) ^iiäie le musiche furono composti e gli strumenti eonsertati da Messer Piero 
Mannucci qua organista della Naxion Fiorentina in Nostra Dama*. 

2) 1682 bei Ballard in Paris erschienen. Neudruck, Klavierauszug von Weck er- 
lin, in den Ghefs-d'oeuvre de Vopera Fran^aise, Paris s.a. Über die Instrumente 
der Orchester siehe Weckerlins Vorwort, S. 10. Vgl. auch die Anmerkung S. 35 
des Neudrucks. 

Eine ausführliche Beschreibung des ganzen Werkes und seiner Aufführung 
(leider ohne genaue Quellenangaben) bringt L. Cell er »Les origines de Vopera*, 
Paris 1868, S. 147—220. 

tbros, Geschichte IV (1878), S. 225. 




— 179 — 

regen Verkehr zwischen Süddeutschland und Italien könnte es vielleicht 
wundernehmen, daß diese Form sich nicht öfter im deutschen Kunst- 
leben bemerkbar macht. Es ist aber, soweit ¥rir jetzt unterrichtet sind, 
von nur einem Fall zu berichten. Im Jahre 1568 feierte Herzog Wil- 
helm V. von Bayern in München Hochzeit mit B.enata von Lothringen. 
Einer der Hofmusiker des Herzogs, Massimo Trojano, hat in Dialog- 
form eine weitläufige Beschreibung der Festlichkeiten verfaßt i). Da 
wird von einer italienischen Komödie erzählt, die von Orlandus Lassus 
und Trojano improvisiert wurde, und in der sie die Hauptrollen spielten. 
Die musikalischen Einlagen waren folgende: Nach dem Prolog wurde 
ein fünfstimmiges Madrigal von Lassus gesungen. Der Schluß des ersten 
Aktes, in dem ein Lied zur Laute vorkam, wurde mit einem Stück ge- 
macht, dessen Besetzung aus 5 viöle Warco und 5 Singstimmen bestand. 
Zum Schluß des zweiten Aktes hörte man eine Musik von 4 Singstim- 
men, 2 Lauten, 1 Clavicembalo, 1 pifaro und 1 Baßviole. Von einer 
Musik zum dritten und letzten Akt läßt Trojano nichts verlauten. 

Aber viel mehr als in der Komödie, die am vorletzten Festtage auf- 
geführt wurde, zog man die Musik bei den anderen Veranstaltungen 
heran. Die Festlichkeiten dauerten von der Ankunft der Braut am 
21. Februar bis zum 9. März. Jeden Tag wird eine Messe mit oder 
ohne Mitwirkung von Instrumenten zelebriert und Tafelmusik, vokal 
und instrumental, gemacht, wobei die Sänger und Instrumentalsten 
unter Lassus' Leitung auftraten. Selbstverständlich wurden mehrere 
Lassussche Kompositionen vorgetragen. Zum Tanz gab es natürlich 
auch Musik, die, wie es scheint, bei diesen Festen am häufigsten von 
Trompeten und Pauken ausgeführt wurde. Bei den Maskenzügen und 
Turnieren wurde ebenfalls Musik gemacht, aber nicht nur von Trompeten, 
sondern auch von anderen Bläserchören und von Streichern. 

Über die Tafelmusik bei dem Hauptfestmahl nach der Trauung am 

1) Eine Ausgabe mit dem italienischen Text nebst einer spanischen Über- 
setzung erschien unter dem Titel: Dialoghi dt Massimo Trojano: Ne' quali si nar- 
rano le cose piu noiabüe fatte nelle Noxxe dejlo Illustriss. e EcceU. Prencipe Ottglielnio 
VL [Trojano schreibt durchweg VI.] Conte Palatino del Rena e Duca di Baviera; e 
delT Illustriss, e UccelL Madama Renata di Loreno. Tradotti nella lingtia Castigliana 
da M, Qiovarmi Miranda, Veneiia [Zdltieri) 1569, Exemplar Kgl. Bibl. Berlin. 
Vorher erschienen bei Adam Berg in München: Discorsi delli Triomphi, giostri, 
apparati , . . neue soräuose noxxe delV ill. Signor Duca Ouglielmo , , , de Bavaria . , , 
di M. Trojano da Napoli, Monaco, appr. Adamo Montano, 1568, Vgl. Deschamps 
et Brunet: Manuel du Libraire. Supplement. S. 810. Eine freie Übersetzung der 
Dialoghi brachte Friedr. Würthmann, »Die Vermählungsfeier des Herzogs Wil- 
helm des Fünften von Bayern«. München 1842. Über den Inhalt der Komödie und 
die Komödienmusik siehe F. M. Rudhart,' »Geschichte der Oper am Hof^ zu 
München«. Freising 1865, S. 3 ff. Vgl. auch Sandberger, Vorwort zu Band X der 
Lassus-Gesamtausgabe, S. XVI. 

12* 



— 180 — 

22. Febr. berichtet Trojano sehr ausführlich [Diahghi f. 60ff.). Die 
Vorspeisen wurden zum Klang der Trompeten und Pauken aufgetragen. 
Dann wurde unter ander eni eine achtstimmige Battaglia von Annibale 
[Paduano] Organista auf Posaunen und cornetti alti gespielt. Das weitere 
Programm war folgendes: Zu jedem Gang wurden mehrere Stücke ge- 
spielt, von denen Trojano jedesmal nur eins genauer anführt. 

Zum 1. Gang 

Lassus Siebenstimmige Motette 

5 cornetti alti, 2 Posaunen. 

Zum 2. Gang Sechsstimmige Stücke 

Alessandro Striggio Madrigal 

6 große Posaunen, von denen der Baß eine Oktave tiefer klang 
als gewöhnliche Posaunen. 

Zum 3. Gang Sechsstimmige Motetten 

Oipriano da Rore 
6 viole da bracdo. 

Zum 4. Gang Zwölfstimmige Stücke 

Annibale Padovano 

6 viole da braxzo, 5 Posaunen, 1 cornetto, 1 regale dolce. 

Zum 5. Gang Eine große Musik 

Komponist nicht genannt. 

6 große Gamben, eine Quarte tiefer als die gewöhnlichen, 6 Flöten, 
6 Yokalstimmen, 1 Cembalo. 

Zum 6. Gang wie zum 5. 

1 Cembalo, 1 Posaune, 1 Flöte, 1 Laute, 1 cornamusa, 1 cor- 
^ netto muto, 1 Gambe, 1 piffai'o. Die Laute spielte Johann Kolman. 

Zum 7. Gang Ein zwölfstimmiges Stück 

Komponist nicht genannt. 

Erster Chor — 4 Gamben; zweiter Chor — 4 große Flöten; 
dritter Chor — 1 dohaina, 1 cornamusa, 1 fiffaro, 1 corno [cor- 
netto] muto. 

Zum Konfekt sang die ganze Kapelle. Um den Zuhörern etwas Ab- 
wechslung zu bieten, ließ Lassus einige vierstimmige Sätze von ausge- 
wählten geübten Sängern vortragen. 

Einige Tage darauf wurde zur Tafel, als man das Obst auftrug, 
ein achtstimmiges Werk folgendermaßen aufgeführt: Erst wurde es 
gespielt von 8 Gamben, 8 Armgeigen, 1 Fagott, 1 comamusa, 1 cornetto 
mutOj 1 cornetto altOj 1 cornetto grosso storto, 1 Pfeife, 1 dohaina und 
1 großen Posaune; dann wurde es von Lassus mit 8 sonoren Stimmen 
wiederholt. Ein andermal zum Abendmahl ließ Lassus ein fünfstimmiges 
Werk von Madalena Casulana, die auch sonst als Komponistin be- 



— 181 — 

kannt ist, aufführen; und darauf eine fünf stimmige Komposition von 
Caterina Willaert, eine Tochter des berühmten Adriano Willaert. 
In einer anderen Unterhaltungsmusik wurden sechsstimmige Moresche 
von Lassus durch 6 Pfeifen und 6 Singstimmen ausgeführt. Am Sonn- 
tag den 7. März finden wir wieder ein Werk von Striggio unter den 
Stücken, die zur Tafel gespielt wurden. Die Zahl der Ausführenden 
betrug 40 Mann, die in folgender Weise verteilt waren: 8 Posaunen, 
8 vioU da arcOy 8 große Flöten, 1 Cembalo (instrumento da penna), 
1 große Laute und die übrigen Yokalstimmen. 

Außer der improvisierten Komödie wurde auch (am 27. Febr.) ein 
Jesuitendrama, die Greschichte vom Samson, aufgeführt. Tragedia nennt 
Trojano das fünfaktige Schauspiel und geht etwas näher auf die an 
den Aktschlüssen eingefügten Intermedien ein. Sie waren Allegorien, 
die sich auf Samsons Schicksale bezogen. Die Musik spielt hier keine 
große EoUe. Bloß in dem dritten Intermedio erschienen die neun Musen 
mit verschiedenen Instrumenten, auf denen sie eine gut konzertierte 
Musik spielten. Und im fünften Intermedio spielten 12 Nymphen auf 
Lauten und sangen dazu. 

Wir sehen also, die ausgezeichnete Münchner Kapelle betätigte sich 
nicht so sehr in der Theatermusik, sondern mehr bei der Tafel. Das 
rege Theaterleben Italiens scheint in München nicht dieselbe begeisterte 
Nachahmung gefunden zu haben wie die italienische Musik. 

Die Orchester, die sich in Italien während des 16. Jahrhunderts in 
den Festmusiken, besonders in den Intermedien ausbildeten, gingen dann 
auch in die ersten Opern im stäo redtativo über. Was in dieser Hinsicht 
Peri, Monteverdi und G-agliano bringen, ist durchaus nicht neu. Wir 
haben ja auch schon gesehen, daß man in den Intermedien öfters den 
Versuch machte, eine charakterisierende Musik mit charakteristischer 
Instrumentation zu bringen. Auch die Stellung des Orchesters hinter 
der Szene ist ein alter Gebrauch, den die Reformatoren einfach über- 
nahmen. Bei der Aufführung der Perischen Euridice bestand das Or- 
chester aus einer Ohitarrone, einer großen Lira, einer großen Laute 
und einem Grravicembalo, alles eigentlich Akkordinstrumente. Der Cem- 
balospieler war kein geringerer als Jacopo Corsi^). Das Orchester des 
Monteverdischen Orfeo, in dem der organo di kgno auch seine ch^ak- 
teristische Rolle spielt, ist ja bekannt. Daß Monteverdi gerade mit 
diesem Instrument, wie auch mit den anderen, unter sorgfältiger Berech- 
nung der Klangwirkung umgeht, die Instrumentation öfters genauer 

1) Siehe die Vorrede zur gedruckten Ausgabe. Florenz (Marescotti) 1600. Neu- 
auBgabe bei Ricordi [1863]. Das Vorwort auch bei Vogel, »Weltliche Vokalmusik 
Italiens <. II, 64 ff. 



— 182 — 

bezeichnet und darin den Pen gewaltig übertrifEt, braucht wohl hier 
nicht von neuem betont zu werden. Der Carro^ die Wolkenhimmel, die 
fliegenden Götter und Gröttinen, die Monstra des Infernos gingen aus 
den Intermedien ebenfalls in die Oper über und spielten in Italien und 
in Wien in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts oft eine hervorragen- 
dere Rolle als die Textdichtung oder die Musik. 

Die selbständige Intermedienmusik ist nicht mit dem Aufblühen 
der neuen Oper verschwunden. G. B. Doni widmet ihr noch einen Ab-^ 
schnitt seiner Mvsica Scenica^). Er schlägt vor, daß man sie dem 
Charakter der Handlung des Stückes anpasse. Nach einem heiteren 
Akt spiele man irgend eine Pavane, oder man bringe die Fröhlichkeit 
(ricercare Allegria) auf Viole da braccia, Harfen oder Cembali zum Aus- 
druck. Für mittlere Sachen bringe man eine Lauten- oder Theorben- 
sonate; und zu traurigen Akten spiele man ein Madrigal des Principe 
da Venosa auf Violen 2). 

1) In der Gori sehen Gesamtausgabe der Werke Donis >Lyra Barbertna< usw. 
Firenze 1763, Vol. U, Part. I. S. 94. 

2) Welche Verbreitung das Ensemblespiel auf Violen schon zu Anfang des 
16. Jahrhunderts hatte, haben wir aus den vorhergehenden Erörterungen gesehen. 
In Deutschland war das Streichtrio, -quartett oder -quintett auch zu dieser Zeit 
bekannt. Ich erinnere an Hans Gerles »Musica Teusch auf die Instrument der 
großen und kleinen Geygen auch Lautten« (Nürnberg 1532). Die Madrigal-Literatur 
des späteren 16. Jahrhunderts wird wohl einen reichen ßtofp fttr dieses Violenspiel 
geliefert haben. Pilippo de Monte erwähnt in der Vorrede zum 15. Buch seiner 
fünfstimmigen Madrigale (Venedig, Gardano. 1592), daß diese auch auf >vivole da 
gamba^ gut wirken. Gerade für den Principe da Venosa scheint mir dieser Hin- 
weis von außerordentlicher Wichtigkeit zu sein. Ein Blick in die Partitur seiner 
fünfstimmigen Madrigale (Erschien 1613 in Genua. Daraus 5 Stücke in Neudruck 
in Torchis VArie MusiccUe in Italia Vol. IV) läßt schon erkennen, daß gewisse 
Sätze, eigentlich die meisten, einen ausgesprochenen instrumentalen Charakter 
tragen. Venosa wählt häufig eine Porm, in der auf eine Reihe lang gehaltener 
Akkorde, die chromatisch ineinander übergehen, ein stark bewegter Satz mit kurzen 
Motiven und in kleinen Notenwerten folgt. (Z. B. das Madrigal Moro lasso al mio 
duolo.l Die Stimmen bewegen sich in ungewöhnlichen Sprüngen über einen Um- 
fang, den man sonst in der Madrigalmusik nicht verlangte. Die Ausführung bietet 
dem Sänger außerordentliche Schwierigkeiten. Denkt man sie sich aber von 
Streichern ausgeführt, so erscheint alles ganz selbstverständlich, und die ganze 
Komposition wird in ein anderes Licht gestellt. In ihren schnelleren Sätzen mit 
den imitierenden Einsätzen und ihren Sechzehntel-Gängen in Terzen und Sexten 
zeigen diese Stücke des Principe da Venosa eine enge Verwandschaft mit den 
schnelleren Sonaten und Canzonen der Gabrieli-Schule. 

Von diesem Standpunkt betrachtet gewinnen auch die chromatischen Versuche 
Gesualdos eine ganz andere Bedeutung. Daß es gerade ein Hofmann war, der sich 
in dieser Weise mit dem Instrumentalspiel beschäftigte, stimmt auch ganz mit dem 
überein, was wir von den häuslichen Musikübungen der Edelleute erfahren haben. 
Auch daß diese Stücke zu einem Text komponiert wurden, braucht über ihren 
instrumentalen Charakter keinen Zweifel zu erregen. 



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Es ist erwähnt worden, daß die Intermedienkunst in Deutschland 
keinen sehr fruchtbaren Boden gefunden hat. Praetorius (Syntag. III. 
Pars 3, S. 110) erwähnt sie allerdings, scheint aber mehr die italienischen 
Intermedien im Sinne zu haben. Wenn auch der Luxus und die Pracht 
der italienischen Höfe in Deutschland nicht erreicht wurde, und wenn 
die Leistungen der Stadtpfeifereien sich wahrscheinlich nicht mit der 
Kunst der italienischen Orchester messen konnten i), so kamen doch im 
16. Jahrhundert, in etwas bescheidenerem Maße als in Italien, die 
Kammerorchestermusik und die Musik der Tasteninstrumente in den 
Tafel- und Tanzmusiken bei Hochzeitsfesten und anderen feierlichen 
Gelegenheiten zur Geltung. Von der Musik, welche die deutschen Or- 
ganisten bei diesen Aufwartungen spielten, können wir uns ein gutes 
Bild machen aus den gedruckten und geschriebenen Orgeltabulaturen 
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, wie die von Ammer b ach, 
Paix, Schmid, Loeffelholtz^) usw. Sie fangen meistenteils mit 
einem großen Abschnitt, bestehend aus Motetten und. geistlichen Liedern 
in Orgelbearbeitung, an. Darauf folgen oft weltliche Lieder, und zum 
Schluß kommen Tänze. Es bedarf durchaus nicht der Annahme, daß 
der erste Teil für die Kirche bestimmt war und die späteren für das 
Haus, um diese Zusammenstellung zu erklären. Wir haben bei Castig- 
lione und anderen Schriftstellern gesehen, daß es nichts Außergewöhn- 
liches war, wenn man bei den höfischen Unterhaltungen eine Motette 
aufführte. Die italienischen Lautenbücher, die ja nicht für die Kirche 
bestimmt waren, enthielten ebensoviel, wenn nicht noch mehr geistliche 
Stücke als weltliche. Die Motetten in den deutschen Tabulaturbüchem 
wurden wohl viel öfter bei den ünterhaltungs- und Festmusiken gebraucht 
als in der Kirche. Praetorius (Syntag. III, Pars 3, S. 110) macht 
folgende Vorschläge für den Organisten der in conviviis aufspielt: Er 
soll versuchen, Abwechslung in Stil und Bewegung in seine Programme 
zu bringen. Erst soll er ein Mutet oder Madrigal »fein langsam und 
gravitätisch« spielen; dann eine »fröhliche Alemande [sie!], Intrada, 
Bransle oder Galliard«; darauf eine »Mutet, Madrigal, Pavon oder 
kunstreiche fugam«^). 



1) Es ist aber hier zu bemerken, daß, soweit es das Spielen der Holzbläser 
betrifft, man schon in früheren Jahrhunderten die deutschen Instrumentisten sehr 
schätzte. Der mehrfach erwähnte König Juan I. von Aragon suchte solche unter 
seine mmistriles zu zählen (Pedrell, Organografia S. 76—77). Die in den 
Notizen aus den italienischen Archiven öfters vorkommenden deutschen Flötisten 
und Schalmeien-Bläser bezeugen dasselbe von Italien. Der Fla/uto d'Alemagna be- 
weist, daß man die Herkunft des Instrumentes nicht verkannte. 

2] Christian Loeffelholtz von Kolberg. Tabulatur vom Jahre 1586. Ms. mus. 
Z. 34 der Königl. Bibliothek Berlin. 

3) Man sieht, Praetorius hat es mit der Auffassung des Stilunterschiedes, wie 



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Die Zusammenstellung der Orchester in Deutschland und das Mit- 
wirken der Tasteninstrumente wird uns auf einigen Abbildungen, die als 
Titelblätter oder Vorblätter zu Musikaliendrucken dienten, sehr schön 
yeranschaulicht. Eine der schönsten befindet sich in Ammerbachs 
Orgeltabulatur von 1571. Es ist ein Holzschnitt auf der Rückseite des 
Titelblattes, der die Darstellung einer Tafelmusik bringt. Im Hintergrunde 
sehen wir die Herrschaften bei der Tafel. Vorn stehen die Musiker. 
In der Mitte ist das Notenpult mit dem Buch, vor dem ein Mann mit 
einem Stabe, wahrscheinlich der Dirigent, steht. Um das Notenpult 
gruppieren sich ein Knabe, ohne Instrument, wohl ein Diskantist, ein 
Posaunist, ein Querflötenspieler, ein Trompeter und ein Pommerbläser. 
Drei andere Köpfe erblickt man noch, wahrscheinlich auch Sänger. Rechts 
von dieser Gruppe sieht man den Organisten vor einem Tisch sitzen, auf 
dem die kleine Orgel steht. Diese hat an der sichtbaren Seite vier 
Registerzüge. Mit seinem schön verzierten Gehäuse, welches die Pfeifen 
verdeckt und oben mit einigen kleinen Engelsfiguren geschmückt ist, 
stimmt das Instrument ziemlich genau mit dem Bilde überein, welches 
Praetorius (Syntag. Theatrum Instrumentorum, Tafel 4) für das Positif 
gibt. Die kleinen Handbälge an der hinteren Seite des Positifs sind 
sichtbar, aber es steht keiner dabei, der die Bälge bedient. Der Organist 
in diesem Bilde unterscheidet sich von den übrigen Musikern darin, daB 
er eine höfische Tracht mit Barett und Degen trägt. Auf dieses Merk- 
mal werden wir später zurückkommen. Zwischen dem Orchester und 
der Tafel sieht man einige Speisenträger und einen zweiten Mann mit 
einem Stabe, wie derjenige des Dirigenten. Es ist wohl kaum ein zweiter 
Dirigent, sondern wahrscheinlich ein Hofmarschall oder Obertruchseß, 
der das Auftragen der Speisen zu leiten hat. 

Eine ähnliche Abbildung des Kammerorchesters kehrt öfters in den 
großen Folio-Chorbüchem des Münchener Verlegers Berg wieder. Wir 
finden sie z. B. auf dem Titelblatt der Missae 4 Vocum von Blasius 
Amon (1591). Dasselbe Bild kehrt in kleinerem Format wieder z. B. in 
der Psalmodia Vespertina von Johann Friedr. Pictorius (1594). Es 
weist auf: 1 Querflöte, 2 Zinken, 1 Armgeige, 1 Kniegeige, 2 Posaunen, 
1 Laute und 1 Cembalo. Drei Männer und zwei Knaben ohne Instru- 
mente sind wohl die Sänger^). Hier kann man sich einen BegriflE machen. 



wir ihn heute zwischen Motette und Madrigal, Allemande und Galliarde denken, 
nicht sehr genau genommen. Überhaupt ist auf Praetorius in Sachen der Defini- 
tion nicht allzuviel Vertrauen zu setzen. 

1) Eine Reproduktion des Bildes ist auch in Yander Straetens Musique 
aux PayS'Bas VIII, S. 324 zu sehen. Eine interessante Abbildung, die für das 
16. Jahrhundert in Betracht kommt, befindet sich als Wandgemälde in Auerbachs 
Keller in Leipzig mit der angeblichen Jahreszahl 1525. Sie stellt eine Tafelmusik 



— 185 — 

wie im 16. Jahrhundert die vielen Werke >zum singen oder zum spielen« 
ausgeführt wurden. In welchem Maße dieser Instrumentalkörper in 
Deutschland in der Kirche mitwirkte, ist noch nicht festgestellt. Wir 
sahen, daß in Italien schon lange vor dem 16. Jahrhundert bei feierlichen 
Angelegenheiten auch die Instrumente in der Kirche gebraucht wurden. 
Wie man sich die instrumentale Aufführung einer Motette in der Kirche 
am Anfang des 17. Jahrhunderts zu denken hat, erfahren wir von Prae- 
torius (Syntag. III, S. 168). Er ließ ein sieheusiimmiges Egressics Jesus 
von Jacques de Werth aufführen von 2 Theorben, 2 Lauten, 2 Cithern, 
4 Clavicimbeln und Spinetten, 7 Violen da Gamba, 2 Querflöten, 2 
Knaben, 1 Altisten und einer großen Violin (Baß-Geig) ohne Orgel oder 
Kegal, > welches ein trefElich-prechtigen, herblichen Eesonantz von sich 
geben, also, das es in der Kirchen wegen des Lauts der gar vielen 
Saiten fast alles geknittert hat«. 

Wie die Musikanten- Wagen oder Carri, wie sie bei dem englischen 
Maifestspiel zur Zeit Heinrichs VIII. aussahen, davon geben uns die 
Triumphzüge darstellenden Holzschnittserien des 16. Jahrhunderts ein 
schönes Bild. In den Bildern vom Triumphzuge Kaiser Maximilians I. 
von Hans Burgkmair kommen mehrere Musikanten- Wagen vor, wovon 
einer ein Orgelwagen ist, auf dem mehrere Tasteninstrumente stehen. 

Über die Stellung des Organisten bei den Tafel- und Hochzeitsmusiken 
in Deutschland bringen die > Bemerkungen zur Musikgeschichte der 
Städte Nürnberg und Augsburg im 16. und zu Anfang des 17. Jahr- 
hunderts« von Ad. Sandberger^) wichtige Nachrichten aus den Archiven. 
Hier erfahren wir, daß die Musik zu diesen Festlichkeiten von den 
Stadtpfeifem unter Mitwirkung des Organisten oder eines Lautenisten 
besorgt wurde. Organisten und Lautenisten wurden gewöhnlich nicht 
unter die Stadtpfeifer gerechnet. Der Organist erhielt aber oft für 
seine Tätigkeit in der Kirche keine Besoldung und mußte sich auf seine 
Lehrtätigkeit und auf das Aufwarten oder * Hofieren« bei solchen Festen 
für sein Einkommen verlassen. Die Lautenisten waren meistens freie 
Künstler, denen auch manchmal, wie im Falle Hans Neusidlers in 
Augsburg, die Leitung der »stillen Musiken« (d. h. Streich- und Holz- 
bläsermusik im Gegensatz zur vollen Stadtpfeifermusik mit Posaunen 
usw.) zur Tafel und zum Tanze übertragen wurde. Die Honorare für 
solche Aufwartungen, sowie auch die Anzahl der Musikanten, die bei 



dar. An dem einen Ende der Tafel sitzen die Teilnehmer bei dem Mahl. An dem 
entgegengesetzten Ende sitzt der Organist vor einem kleinen Clavichord, welches 
auf dem Tisch steht. Im Hintergrunde stehen bei der Tafel ein Yiolaspieler, ein 
Zinkenbläser und ein Mann mit hochgehobener Hand, scheinbar der Dirigent. Vom 
sitzen rechts ein Baßviolaspieler, in der Mitte ein Lautenist. 

1) Denkmäler der Tonkunst in Deutschland. Zweite Folge (Bayern) Bd. Y. 



— 186 — 

den Hochzeiten der verschiedenen Klassen oder Stände zulässig waren, 
waren oft in den Städteordnungen genau festgesetzt. Nach diesen 
Ordnungen erhielten die Organisten und Lautenisten fast immer ein 
höheres Honorar als die anderen Musiker^). Darum beschwerten sich 
auch 1599 die Stadtpfeifer von Augsburg bei dem Rat. Sie erhielten >vor 
ainer malzeit und jeden Tantz mehreres nicht dann kr. 15«, während 
die Organisten und Lautenisten 30 kr. erhielten. Die Stadtpfeifer ver- 
langten, mit den Organisten gleichgestellt zu werden. Der Hat wies sie 
aber zurück mit der Erklärung, daß die Organisten sonst keine Besoldung 
hatten, während die Stadtpfeifer ihren regelmäßigen Gehalt von der 
Stadt bezogen. 

Die Organisten standen auch überhaupt in höherem Ansehen bei den 
Patriziern der deutschen Städte. Wir sahen ja schon bei Ammerbach, 
daß der höhere Stand des Organisten sich in der Tracht äußerte. Diese 
Bevorzugung reicht sehr weit zurück. Schon Paumann und Hofheimer 
wurden mit ritterlichen Ehren ausgezeichnet. Von dem Verhältnis, in 
welchem der Nürnberger Organist Paulus Lautensack zu dem Patrizier 
Paulus Behaim stand, geben die Rechnungsbücher Behaims^) einige 
Andeutungen. Lautensack spielte öfters mit den Stadtpfeifem bei Be- 
haim zur Tafel oder zum Tanz. Oft wird er auch alleine von Behaim 
erwähnt. Es ist wahrscheinlich, daß er da solo spielte. Die vielen 
Tänze, die in den deutschen Orgeltabulaturen vorkommen, waren für 
solche Gelegenheiten bestimmt. Das Verhältnis zwischen Behaim und 
Lautensack scheint ein sehr freundschaftliches gewesen zu sein. Im 
Jahre 1562 verehrt Lautensack dem Patrizier einen > großen schreibkalen- 
der« zum neuen Jahr. Behaim machte dem Lautensack öfters Geschenke 
zum neuen Jahr. Auch zu der Familie Kress scheint der ältere Lauten- 



1) Ähnlich verhielt es sich, nach den Rechnungsbüchern der Königin Elisa- 
beth, in England. Hier erhielten aber die Yirginalspieler noch mehr als die 
Lautenisten. Vgl. Nagel »Annalen« S. 24. 

2) Siehe die »Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg«, 
Heft YII. Nürnberg 1888. Die Eintragungen in den Rechnungsbüchern, die hier 
in Betracht kommen, sind folgende: 

S. 59. 1549 »adi dito [2. März] hab ich Paulus Lautensack Organisten, und 
5 Statpfeifem, so mir auf die lautmerung und die zwen hochzeittag, auch in der 
kirchen, zum danz, auch über die Malzeit gehofiert haben, nach laut einer zettel 
vom Lautensack 20 fl. 

S. 104. 1560 Adi 20 februarii hab ich Paulus Lautensack verert und zum 
neuen jar geben umb er mir etlich gastirungen aufm instrument geschlagen hat 
1 fl. 1 ^ 16 A. 

S. 106 1562 adi dito [5 jenner] dem Paulus Lautensack welcher mir ein große'n 
Schreibkalender zum neuen jar verert, dagegen ich im bej 2 jaren 1 taler zum 
neuen jar verert, so ich im itzt auch verert, thut 1 fl. 1 ä5 6 A. 

Vgl. auch die genannte Arbeit von Sandberger. 



— 187 — 

sack in sehr freundschaftlichem Verhältnis gestanden zu haben. Der 
junge Christof Kress, den wir schon als Schüler Lautensacks kennen gelernt 
haben, läßt ihn sehr häufig aus Leipzig durch seinen Vater in Nürn- 
berg grüßen. 

. VII. Kapitel. 

Partitur nnd Basso Continuo. 

Wir haben im letzten Kapitel gesehen, daß die Tätigkeit des Orga- 
nisten oder Klavierspielers sich über ein viel breiteres Gebiet erstreckte, 
als man es annehmen würde, wenn man nur die speziell für Orgel oder 
Klavier geschriebenen Musikalien in Betracht zieht. Für das SolospieJ 
in der Kirche und in der Kammer ließe sich vielleicht genug Stott 
nacjhweisen in den deutschen und italienischen Orgeltabulaturen. Aber 
wie sollen wir das Mitwirken im Kammer- oder Theaterorchester, oder 
bei der Begleitung des Sologesanges im Salon oder auf der Bühne ver- 
stehen? Auszüge für Klavier lassen sich nur in Ausnahmefällen nach- 
weisen, während Auszüge für die Laute zahllos vorhanden sind. Ebenso 
steht es mit den Partituren. Wer sich mit der Musik des 16. Jahrh. 
beschäftigt, dem fällt sofort das fast vollständige Fehlen von Partituren 
auf. Dieser Mangel bereitet dem Forscher die unangenehmsten Schwierig- 
keiten; denn ehe er sich einen zureichenden Begriff von der bei weitem 
größten Zahl der Kompositionen, die uns aus dieser Zeit vorliegen, 
machen kann, müssen sie erst mühsam spartiert werden. Die Zahl der 
im Neudruck erschienenen Partituren ist nur ein sehr geringer Teil von 
dem ungeheuer großen Material, das uns die Blütezeit der Polyphonie 
hinterlassen hat. Es herrscht nun heutzutage vielfach die Ansicht, 
daß die Partituren dieser zahllosen Werke sämtlich und spurlos ver- 
schwunden seien. Es wird behauptet, daß die Komponisten Partituren an- 
fertigten, aber nur zum eigenen Gebrauch ; daß sie diese Niederschriften 
als technische Geheimnisse betrachteten und nach der Drucklegung 
oder nach dem Ausschreiben in Stimmen die Partituren vernichteten^). 
Geheimtuerei scheint ja ein besonderes Merkmal des Zunftmusikers des 
15. Jahrhunderts gewesen zu sein und Spuren davon findet man noch 
im 16. Jahrh. Aron z. B. betitelt eines seiner Werke -^ Compmdiolo di 
molti dubbi segreti usw.«. Bermudo ist stolz auf die Enthüllungen, die 

1) Vgl. Ad. Thürlings »Der Musikdruck mit beweglichen Metalltypen im 16. Jahr- 
hundert«. Vierteljahrsschrift für Musikwissenschaft VIII (1892) S. 399. »Partituren 
in unserem Sinne fertigten die Komponisten meist nur zum eigenen Gebrauch«. 
Femer Sandberger, Lassus Gesamtausgabe Band 2. Vorrede S. VIII, Anmerkung 3. 
Riemann, »Musiklexikon« (1905) Artikel Partitur. Haberl, Kirchenmusikal. Jahr- 
buch XIII (1898) S. 24, Spalte 2. Eitner, Monatshefte für Musikgesch. V (1873) S. 30. 



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er in seinem Werke macht. Aiguino da Bressa schreibt 1562 »La 
illuminata de tutti i tiumi .... con alcuni bellissimi secretij non 
cCalirui piu scritti^). Selbst noch Ammerbach (1571) sagt ausdrücklich, 
daß er sein Werk veröffentlicht, um den jungen Orgelspieler gegen die 
geheimtuenden Orgellehrer zu schützen. Bei der großen Fülle von 
praktischen und theoretischen Lehrbüchern, die mit dem 16. Jahrh. er- 
scheinen, ist es schwer einzusehen, welchen Zweck diese Verheimlichung 
erfüllen sollte. 

Ich glaube, daß das Fehlen von Partituren auf ganz andere Weise 
erklärt werden kann. Wenn man, wie wir gesehen haben (S. 20), von einem 
Organisten verlangte, daß er aus den einzelnen Stimmen ein ganzes 
Stück zusammenspielen solle, wenn man von dem Bewerber um eine 
Organistenstelle forderte, daß er aus dem Stegreif eine regelrechte vier- 
stimmige Fantasie oder ein B;icercar ausführen solle, so wird doch dem 
Komponisten, der in Ruhe nachdenken und nachzählen konnte, viel weniger 
zugemutet, wenn man annimmt, daß er seine Komposition gleich in den 
einzelnen Stimmen niederschrieb. Wäre es der allgemeine Gebrauch 
gewesen, Werke in Partitur zu komponieren, dann hätten die Theoretiker 
mehr davon verlauten lassen, als sie in Wirklichkeit tun. Von einigen 
vereinzelten Fällen abgesehen schweigen sie gänzlich darüber. Und in 
diesen vereinzelten Fällen scheinen wir es mit Ausnahmen zu tun zu haben. 
Die Beispiele in den Lehrbüchern des 16. Jahrb., die sicherlich die all- 
gemeine Praxis berücksichtigten, sind fast ausschließlich in einzelnen 
Stimmen geschrieben, nicht in Partitur. 

Wenn man von dem Anfänger verlangte, daß er die Beispiele aus 
den Stimmen zusammenlesen und verstehen könne, so wird wohl auch 
der Meister fähig gewesen sein, ein Stück ohne Hilfe einer Partitur 
direkt in Stimmen zu schreiben. Die klarste und bestimmteste Äußerung 
über den Gebrauch von Partituren im 16. Jahrhundert bringt Bermudo. 
Im fünften Buche seiner Dedaracion (1555) legt er seine Kompositions- 
lehre nieder. Da äußert er sich folgendermaßen. 

> Einige die den Kontrapunkt nicht verstehen, und anfangen wollen 
zu komponieren indem sie blos die Akkorde (Konsonanzen) berücksichtigen, 
pflegen das Notenpapier mit Taktstrichen zu versehen, damit sie sich 
nicht bei der Abzahlung irren. Und obwohl diese Methode barbarisch 
ist, gebe ich ein Beispiel davon für diejenigen, die es nötig haben, 
und diese Methode befolgen wollen «2), 



1) Vgl. Liepmannssohn Katalog 160, S. 4. 

2) Dedaracion 1555 Lib, V, fol. 134, »Cap. 27, De algunos avisos para componer 
canto de organo<. t^ Algunos qtte no sgben conirapunio, y guier en comen^ar a componer 
con sola cuenta de consonancias : stielen virgtdar el papel pautado per no perderse en 
la cuenta. Y atmque este modo sea barbaro: porne exemplo del para los que iuvieren 
neeessidadf y quieren seguirlo*. 



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Darauf folgt ein dreistimmiger Satz von zwölf Takten, zum großen 
Teil Note gegen Note in Partitur. Wir sahen auch, eine Partitur zum 
Orgelspiel will Bermudo nur von Anfängern oder von weniger aus- 
gebildeten Spielern benutzt wissen. 

In der Zeit der Mensuralisten wäre es oft schwer gewesen, eine 
unseren modernen ähnliche Partitur zu schreiben; denn die unregelmäßigen 
Ligaturen erstrecken sich zuweilen über fünf oder sechs Brevistakte. 
Doch findet man hier und da Versuche, eine partiturähnliche Nieder- 
schrift zu geben 1). Die Berliner Kgl. Bibliothek bewahrt einen anonymen 
theoretischen Traktat deutscher Provenienz in lateinischer Sprache, eine 
>Explicatio compendiosa doctrinae de signis musicalüms€. Die Hand- 
schrift stammt aus den ersten Dezennien des 16. Jahrhunderts und liefert 
den Beweis, daß das Hilfsmittel einer partiturähnlichen Niederschrift in 
Deutschland um diese Zeit nicht unbekannt war. Im zweiten Teil des 
Traktates unter der Überschrift ^De Musica poetica*^ haben wir eine 
Kontrapunktlehre. Im Schlußkapitel werden einige kurze Kompositions- 
regeln gegeben. Die erste rät dem Komponisten {Symphonista), sich eines 
zehnlinigen mit Taktstrichen versehenen Systems zur Niederschrift zu 
bedienen 2). Die Beispiele in diesem Teil des Werkes sind auch häufig 
auf einem solchen zehnlinigen System notiert. Unter diesen Beispielen 
befindet sich dasjenige, welches mehrfach in den früheren Geschichts- 
werken als einer der frühesten Fälle von dem Vorkommen einer Partitur 
erwähnt wird. Es ist ein textloser Satz von H. Isaac auf zehn Linien 
mit verschieden geformten (viereckig und rund) und verschieden ge- 
färbten (rot, grün, schwarz) Stimmen notiert. Dieses Beispiel ist aber, 
yfie der Schreiber selbst erklärt, nur für Anfänger [tyronilms] herge- 
stellt 3). Ein ähnliches Beispiel ohne die Verschiedenheit in Form und 
Farbe der Noten bringt Agricola in seiner *Micsica instrumentalis deudsch<^ 
(Wittenberg, 1528, nach fol. XXV). Hier im 3. Kapitel gibt er ein 



1) Ygl. die zwei- und dreistimmigen Stücke aus dem 13. und 14. Jahrhundert 
bei Wooldridge »JEter/y English Ilarmony< London 1897. Plates 9—11, 19—21, 
25—32, 3ö— 37. Ferner ein Beispiel von Adam de la Haie, wiedergegeben im 
Eirchenmusikalischen Jahrbuch von Hab er 1, 13. Jahrgang (1898) S. 12. Siehe 
auch den Artikel »Score* in Grove's Dictionary. 

2) Ms. Mus. theor. 40 67. Im zweiten Teil Caput IX et ultimum. ^^Seqimntur nunc 
paucae Regulae, qui doceni quomodo praecepta supratradita ad usum sunt transferendae. 
Prima, Praecipua cura sit Symphonistae, ut Musicae pra^ticas precepia exaete teneat, 
eaque in suis caniilenis non temere transgrediatur. Deinde sealam decem linearum 
in promtum habeat, ita eaneellis disiinctam ut svngulis u/num iempus inscribatur, ne 
confusa notarum commixtio iam perturbet ac impediat. Praeierea hasc distinctio ideo 
fU ut cantüenae ad amussim respondeatj nam in imperfectis signis binarii numeri, 
in perfectis temarii numeri consiare necesse est*. 

3) Ein Faksimile bei H. Bellermann »Der Kontrapunkt« Berlin 1901, zu S. 68. 



— 190 — 

solches zehnliniges System in Brevistakte geteilt mit der Bezeichnung »Die 
art der composition« als Gegensatz zu der Art der Orgel- oder Lautenta- 
bulatur^). Es scheint also, als ob man in Deutschland in der ersten 
Hälfte des 16. Jahrhunderts wirklich die von Bermudo als barbarisch 
verschrieene Methode des Partiturkomponierens oft. befolgte. 

Wir sahen schon (S. 94, 104), daß die deutschen Organisten in Bezug auf 
ihre musiktheoretische Bildung nicht auf gleicher Höhe mit ihren italie- 
nischen und spanischen Kollegen standen, und bei der Komposition im 
allgemeinen wird es sich ähnlich verhalten haben. Die deutschen Orgel- 
tabulaturen sind eigentlich Partituren. Überhaupt hat sich das ganze 
Partiturwesen in Italien und Spanien wie in Deutschland mehr durch 
die Bedürfnisse der Organisten als durch die der Komponisten entwickelt. 
Die früheren deutschen Orgeltabulaturen weisen eine Eigentümlichkeit 
auf, die, wie ich glaube, mit dem Stimmenspielen aus dem Chorbuch, 
wie es Bermudo erklärt, zusammenhängt. Die Stimmen in diesen Tabu- 
laturen sind nämlich nicht wie in unseren modernen Partituren der Höhe 
nach geordnet, die höchste oben, die tiefste unten; sondern wir finden, 
daß meistenteils direkt unter dem auf dem Liniensystem notierten Dis- 
kant, die Buchstabentabulatur des Basses steht. Unter diesem erst 
kommen Alt und Tenor. Das ist aber genau die Ordnung, in der sie 
ein Schreiber abschreiben würde, der aus dem Chorbuch in die Orgel- 
tabulatur überträgt; denn die Anordnung in den meisten Chorbüchem 
war folgende: auf der linken Seite des aufgeschlagenen Buches standen 
oben der Diskant, unten der Baß, auf der rechten oben der Alt, unten 
der Tenor. So mußte sie der Organist in Italien und Spanien ablesen, 
wenn er, wie Bermudo vorschlägt, aus dem Chorbuch spielen wollte. 
Und so mußte sie der deutsche Organist aus seiner Tabulatur ablesen. 
Es kommen auch manchmal andere Anordnungen in den Chorbüchem 
vor, aber in ähnlicher Weise kommen Abweichungen in den frühen 
Orgeltabulaturen vor. Zuweilen steht der Alt unter dem Tenor, zu- 
weilen sind auch die Stimmen nach unserer modernen Anordnung in die 
<#Bibulatur übertragen. Die Notierung des Basses direkt unter dem Dis- 
kant deutet von vornherein auf eine Art Generalbaß-Praxis hin, wenn 
wir annehmen wollen, daß der Organist vor allem diese zwei Stimmen 
ins Auge faßte, und die übrigen nicht so genau verfolgte, sondern mehr 

1) Vgl. auch Omithoparch. Mierologtcs, Leipzig 1517, fol. U^v, fol. U^. 
Mit einer deutschen Choralnoten-Partitur haben wir es anscheinend zu tun in dem 
Ms. Z. 9ö der Egl. Bibl. Berlin, aus den Jahren 1640—1556. Hier finden wir, fol. 
164, ein Sanctus »irium voeum stmid eanentium* auf drei übereinander liegenden 
Systemen notiert mit lateinischem und griechischem Text. Nach jedem Wort 
folgt ein alle drei Systeme durchkreuzender Strich wie ein Taktstrich. Allerdings 
lassen sich die Noten trotz der Überschrift nicht leicht zu einem rechten musi- 
kalischen Satz vereinigen. 



- 191 — 

nach den Andeutungen der Harmonie in den zwei obenstehenden Stim<- 
men einfügte. In der Zeit der späteren gedruckten deutschen Orgel- 
tabulaturen, d. i. in den letzten Dezennien des 16. Jahrhunderts ist diese 
Eigentümlichkeit verschwunden, und wir finden die Stimmen immer der 
Höhe nach angeordnet. 

Diese moderne Anordnung kommt, wie schon bemerkt, auch in der 
früheren Zeit manchmal vor. Die Beispiele von Orgeltabulaturen bei 
Vir düng und Agricola sind so notiert. Dies ist auch die vor^ 
herrschende Anordnung in den Breslauer handschriftlichen Tabulaturen. 
Die Stadtbibliothek zu Breslau besitzt nämlich eine große Reihe solcher 
Orgeltabulaturen, die um die Mitte und in der zweiten Hälfte des 
1 6. Jahrh. entstanden sind *). Sie stammen aus den Kirchenbibliotheken 
Breslaus und zeigen Spuren von fleißigem Gebrauch. Sie enthalten die 
Vokalwerke der damals beliebten Kirchenkomponisten, nach den Kirchen*- 
festen geordnet. Die Stimmenzahl ist verschieden von 4 bis 8 Stimmen. 
Oft steht unter der tiefsten Stimme der Text. Bohn möchte in diesen 
Sammlungen die Direktionspartituren für den Kapellmeister er- 
blicken. Möglich ist es, daß sie auch, hierzu dienten. Ich glaube aber, 
daß sie in erster Linie als Orgelpartituren dienten. Es kommen 
öfters ausgeschriebene »organistische« Koloraturen vor, genau wie wir 
sie aus den anderen handschriftlichen und gedruckten Orgeltabulaturen 
kennen 2). Ferner sind zahlreiche Stücke mit *tr[an$positum] p[er] 4 
oder 5« bezeichnet. In manchen Fällen sind Stücke sowohl in der Origi- 
nalhöhe als in der Transposition in der Tabulatur enthalten. In einem 
Fall (Codex 3 Nr. 1, 3 und 4) stehen sogar neben dem Originalsatz 
zwei Transpositionen, eine um die Quinte, eine um die Sekunde, in der 
Handschrift. Das hätte für den Kapellmeister wenig Zweck. Ahnliche 
Transpositionsangaben werden wir in den späteren gedruckten italienischen 
Orgelstimmen finden. Eine weitere Ähnlichkeit mit diesen italienischen 
Orgelstimmen besteht darin, daß die früheren Breslauer Tabulaluren alle 
Stimmen in vollständiger Partitur bringen. Spätere aber bringen nur 
die AuBenstimmen, bei einfachen Werken nur den Cantus und den Baß, 
bei doppelchörigen Werken die zwei Cantus- und die zwei Baßstimmen. 
Eine ähnliche Erscheinung werden wir bei den italienischen * Partes pro 
organo* beobachten können. Femer werden wir auch in Italien Orgel- 
partituren und Orgelbaßstimmen finden, bei denen, wie in den Breslauer 
Tabulaturen, der Text bei der untersten Stimme vollständig gedruckt ist. 



1} Ein genaues Inhaltsverzeichnis derselben gibt Emil Bohn in »Die musi* 
kaiischen Handschriften des 16. und 17. Jahrhunderts in der Stadtbiblio- 
thek zu Breslau«. Breslau 1890. 

2) Vgl. das Beispiel in der Musikbeilage. Siehe femer Bohn a. a. 0., S. 22, 
24, 26, 116. 



— 192 — 

Das konnte für den Organisten eine Andeutung sein über die Art der 
Ausführung. Das Weglassen der Mittelstimmen ist für den Kapell- 
meister ein bedeutender Mangel, für den Organisten aber eine Er- 
leichterung. Wo die Breslauer Tabulaturen den Satz vollständig bringen, 
unterscheiden sie sich in nichts von den späteren gedruckten Tabulaturen, 
die, obwohl sie manchmal zwölfstimmige Stücke in Tabulatur bringen, 
doch hauptsächlich für den Organisten bestimmt waren. Es scheint mir 
also sicher, daß diese Tabulaturen für den praktischen Gebrauch auf 
der Orgel gedient haben, speziell zur Begleitung des Chores. Denn 
die Orgelbegleitung zum mehrstimmigen G-esang in der Kirche, sowie 
der Gebrauch der Orchesterinstrumente in der Kirche reicht viel weiter 
zurück als die Entstehung des Basso continuo. Wir konnten (S. 166) die 
Mitwirkung der Orgel und anderer Instrumente bei einer Meßfeier in 
Pesaro im Jahre 1475 belegen. Ebenso erfahren wir von der Hochzeit 
des Herzogs Johann von Sachsen im Jahre 1500, daß ein Te Deum 
in der Kirche gesungen wird mit Orgelbegleitung und mit Trompeten, 
Posaunen, Pfeifen und anderen Instrumenten, und einige Tage darauf 
zwei Messen mit Begleitung der Orgel, dreier Posaunen und 
eines Zinkens, wobei auch vier 

»Bromhörner zum Positif gar tüchtig zu hören waren« ^). 

Zweifellos ließe sich diese Art der Kirchenmusik noch viel weiter zurück- 
verfolgen. 

Eine ähnliche deutsche Orgeltabulaturen- oder Orgelpartituren-Samm- 
lung wie die Breslauer besitzt die Bitterakademie zu Liegnitz^). Diese 
Buchstabentabulaturen bleiben in Deutschland die einzige Art Partitur 
für den praktischen Gebrauch noch lange, nachdem man in Italien schon 
gedruckte Partituren im moderneA Sinne hatte. Unter den frühesten bisher 
bekannten Beispielen von modernen gedruckten Partituren in Deutschland 
wären Samuel Scheidts ^Tabulatura Nova* (Hamburg 1624) und Johann 
Klemme s >Partitura seu Tabulatwa italica< (Dresden 1631) zu nennen^). 
Wir werden aber sehen, daß die deutschen Organisten sich schon früher 
mit dieser Art Partitur bekannt gemacht hatten, und daß kürzere Bei- 
spiele schon einige Jahre früher als die genannten im Druck vorliegen 
(S. 213, 214). 

Eine solche reiche Fülle von Orgelpartituren wie in Deutschland 
hat man in Italien noch nicht aufgedeckt. Wo der italienische Organist 

1) Siehe C. A. H. Burkhardt im »Neuen Archiv fQr Sächsische Geschichte 
und Altertumskunde«, Herausgeber H. Ermisch, Band XY, Dresden, (Baensch) 1894 
S. 291, 293. 

2) Katalog von Pfudel. Beilage zu Monatshefte für Musikgeschichte. Leipzig 1886. 

3) Vgl. Seiffert. Geschichte der Klaviermusik, S. 101. 



- 193 — 

eine voUständige Org^lstimme brauchte , machte er sich eine ifaHextische 
Ocgeltabulatur. Hier ging ein Charakteristikum der Partitur, nämlich 
dM Deutlichkeit und Selbständigkeit der Stimmen verloren. Ein anderes 
Merkmal, das Teilen in Takte durch Zwischenräume oder durch Takt-* 
striche behielt sie. Wie schon betont worden ist, war das Messen mit 
regehnäBigen Takten bei den Alten selbstverständlich, wemi sie auch die 
Taktstriche in die Yokalstimmen nicht einzeichneten. Die Takteinheit 
War im 16. Jahrh. die Brevis oder die Semibrevis für große, respektive 
kleine Takte. Das Einrichten einer Partitur mit Taktstrichen war bei 
Berm^udo für Anfänger im Spielen oder Komponieren erlaubt. Man 
kann wohl annehmen, daß die Spieler und Komponisten bei vier- oder 
fünfsitimmigen Kompositionen sehr gut ohne Hilfe des Taktstriches aus<- 
kamen. Aber bei den vielstimmigen Kompositionen wurde das Verfolgen 
der Stimmen, besonders w^m sie nicht übereinander gestellt waren, viel 
schwieriger, und hier mußte man dem Schüler Konzessionen machen. 
Daß man mit diesen Konzessionen auch in Italien selbst besseren 
Musikern entgegenkam^ be2eugt uns Bermudos Zeitgenosse Yicentino. 
Dieser läßt den Taktstrich zu, findet es aber doch nötig, dem Einwurf, 
es sei ein unwürdiges Verfahren, vorzubeugen. Er belehrt den Schüler, 
wie er eine Komposition nach ihrer Korrektheit zu untersuchen hat, in- 
dem er sie Stimme mit Stimme und Note mit Note vergleicht. 

»Und wenn der Schüler eine sechs-, sieben-, acht- oder noch mehrstim- 
mige Komposition kontrollieren will, wird es nichts schlechtes sein, auch 
für jeden großen Praktiker, die Komposition nach Brevis- oder Longa(sic)- 
werten einzuteilen. Er wird die obenerwähnte Kontroll-Methode einhalten, 
welche sicher die Fehler herausbringen wird«^). 

Hier handelt es sich, wie es scheint, nicht um eine moderne Partitur- 
einfichtung, sondern bloß um das Einteilen mit Taktstrichen. Das Wort 
>partire (spartire)^ von welchem sich unser Ausdruck »Partitur« her- 
leitet, und welches wir heute in der Form »spartiren« im Sinne von »in 
Partitur setzen« anwendet, scheint sich ursprünglich bloß auf das Taktstrich- 
Einzeichnen bezogen zu haben. Erst später hat sich das Ubereinander- 
stellen der Stimmen zu dem Bßgriff hinzugesellt. Bei den Bezeichnungen 
der Basso-continuo-Stimmen werden wir das Wort Partitura auf eine 
einzelne Stimme angewahdt finden. Auch Diruta (1609) gebraucht ^par- 
tire^ noch in diesem ursprünglichen Sinne. Er will dem Schüler den 
Vorgang beim Intavolieren klar machen Erst müsse der Schüler das 

1) Vcmtica musica ridotta etc. Lib. 4, Cap. 41, fol. 94. (Im Druck steht falsch- 
lich die Seitenzahl 88). >. . . . d) quando il Diseipulo vorrä incontrare una composüione 
fatta ä sei, ä seite, ä oito, c& ä piu voci, non sarä mal nissuno, ad ogni gran prattico, 
partire la compositione ä breve, ä lunghe, c& terra il modo sopradetto, da rincon- 
• trare detta compositione: che sarä sicuro modo di corriggere i falli^, 

Einkeldey, Orgel und Klavier. 13 



— 194 — 

Notenpapier mit den zwei Systemen für die (italienische) Tabulatur liniert 
und in -Takte eingeteilt /par/ito/ haben. Darauf nehme er die Sopran- 
stimme zur Hand und teile sie auch ein, zwei Schläge zu jedem Takt 
(lo partirere ä due baitute per casella). Alt, Tenor und Baß werden 
gleichfalls so >partirt«. Dann wird der Sopran in das . ol)ere System ein- 
getragen und der Baß in das untere, darauf der Tenor, zuletzt der Alt^). 
Über die Geschichte dieser italienischen Orgeltabulatüren ist (S. 5) kurz 
berichtet worden. Eine Orgelpartitur, in der die einzelnen Stimmen selb- 
ständig aufgezeichnet wurden, wie in den deutschen Orgeltabulaturen, 
scheint in Italien in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. nicht gebräuchlich 
gewesen zu sein. Der ersten gedruckten Partitur für den praktischen 
Gebrauch begegnen wir in Italien auf weltlichem Gebiet 2), Es ist die 
Sammlung vierstimmiger Madrigale von Cipriano da Eore, welche 
der Verleger Gardano im Jahre 1577 in Venedig herausgab ^). Sie war, 
wie aus dem Titel hervorgeht, zum Spielen auf Tasteninstrumenten 
und zum Studium des Kontrapunktes bestimmt. Es scheint, als ob 
Gardano gerade um diese Zeit dem Studierenden, der sich mit dem 
Spielen und dem Studium der weltlichen Musik beschäftigen wollte, die 
Arbeit etwas leichter zu machen suchte; denn er veröffentlichte im selben 
Jahre eine andere Sammlung ^Musica de diver si autoriy la bataglia fran- 
eese S canxon deüi TJceüi, Partite in casdle per sonar d'insiromento 
pei^fetto, Novam. rist«. Es ist dieses eine vierstimmige Partitur ohne 
Text. Die Taktstriche teilen fast durchweg Breviswerte ab. Im drei- 
teiligen Takt kommen hier, wie auch öfters in späteren Partituren und 
Bassi-Continui, Stellen vor, in denen zwei Breviswerte zusammenge- 
faßt sind*). Aus dem »novamente rista7npato€ des Titels könnte man 
vielleicht schließen, daß das Werk schon in einer früheren Auflage er- 
schienen war. In diesem Falle würde diese Partitur die Priorität über 
die ßore Partitur haben. Eine solche frühere Auflage scheint nicht be- 
kannt zu sein. Auch bietet diese Bezeichnung auf den italienischen Titel- 
blättern dieser Zeit einen nicht allzusicheren Anhalt für einen solchen 
Schluß. Einige Jahre nach dieser Partitur erscheinen von einem blinden 



1) TransUvano. Seconda Parte. Lib. 1, S. 1. 

2) Der Bologneser Katalog {II, 68) erwähnt eine Partitur in Folio von den 
»Introitus et cUleluta per omnes festivitaies iotius anni c. 5 voci.^ von Placido Falconio, 
Venetia 1575. Näheres ist mir über das Werk nicht bekannt. 

3] Tutti Madrigali di Ciprimto da Bore a 4 voci spartiti et accommodati per sofiar 
dogni sorte dHnstrumento perfetto d) per qualrntque stvdioso di contrapunti. Novamente 
po$ie alle stampe. Exemplar Kgl. Bibl. Berlin. Vgl. auch Monatshefte für Musik- 
geschichte V (1873) 29ft ^ 

4) Nähere Angaben über dieses Werk, so wohl wie über eine Anzahl anderer 
die ich bloß aus dem Bologneser Katalog kannte, verdanke ich den freundlichen 
Mitteilungen des Herrn Prof. Dr. Johannes Wolf. 



— 195 — 

Neapolitaner, Antonio Valente, »Versi spirituaii ^qprä tutte le Note,', 
con diverse Canoniy spartiti per sonar ne gli Qrgani^ Messe ^ Vespere y et 
cUtri offieii divinU Napoli (Eredi.di Cancer). ; 1580. Es ist dieses eine 
vierstimmige Partitur ohne Text^}, in Breyistakte geteilt, und, wie aus 
dem Titel hervorgeht, für den kirchlichen Gebrauch be.stimmt. 

Andere gedruckte Partituren sin4 mir erst gegen Ende des 16. Jahr- 
hunderts begegnet.' Hier fallen sie zeitlich mit den erstem Beispielen des 
Basso eontinuo zusammei^^j. Die Geschichte de^ Entstenung des Basao 
continuo müßte eigentlich auf italienischem Boden eriorsd^t ^Brden. Es 
sollen darum hier nur einige Hinweise gegeben werden auf dieses bisher 
wenig beachtete Gebiet^). Mit der wachsenden Zanl neuer Kompo- 
sitionen in dieser fruchtbaren Epoche der Kirchenmusik^ mijb^ der ge- 
steigerten Kompliziefflieit der Polyphonie, mit der Vermehrung der 
Stimmenzabl, mit der häufigeren Anwendung der Orgel als Begleitungs- 
instrumeSit oder als Ersatz fip: fehlende Yokalstimmen wurde die Aufgabe 
des Organisten immer schwierigeiC^ Es wurde einerseits das Partiturspiel 
schwieriger, oder andererseits die Mühe des Intavolierens viel größer^ 
Gedruckte Partituren konnten hier ein wenig abhelfen, aber sie waren 
verhältnismäßig kostspielig. Wie bald man da auf den Gedanken kam, 
sich einfach nach der Baßstimme zu richten, und über dieser Stimme die 
begleitenden Harmonien aufzubauen, vermag ich nicht zu sagen. Aber 
schon die frühesten Intavolaturen von fünf- und sechsstimmigen Werken 
hätten den Gedanken nahe legen müssen, daß es bei solchen Über- 
tragungen auf die Orgel eigentlich bloß auf Akkordfolgen ankam, da 
die Stimmführung, besonders bei Stimmkreuzungen, auf dem Instrument 
fast gar nicht zur Geltung kam. Auch ist anzunehmen, daß schon lange 
vor der Zeit der gedruckten Beispiele die Organisten sich mit hand- 
schriftlichen Orgelbaßstimmen geholfen haben^ Die Beispiele in den 
Breslauer Orgeltäbulaturen, bei denen nur die Außenstimmen eingetragen 
sind, bieten einen Ännalt für eine solche A^ilahme. Auf die gedruckte 
Stimme des Singbasses konnten die Organisten sich wenig verlassen; 
denn erstens war sie stellenweise nicht die tiefste Stimme, und zweitens 
fehlten bei den Pausen des Basses die Andeut.ungeri über die Harmonie 
der übrigen Stimmen. Es mußte also nachgeholfen, und eine Stimme 
hergestellt werden, die fortlaufend die tiefsten Töne der Komposition 



Ij Siehe Katalog Bologna IV, 68. Beispiele in Torchis >Arte Mitsieale^y^ 
Band III, S. 4ö. 

2) Zu bemerken ist, daß die im vorigen Kapitel behandelte Ausgabe (1591) 
der Florentiner Ii^termedienmusiken von 1589 in einem Stimmbuch, dem Nonoj, drei 
vierstimmige Stücke in voller Partitur bringt (S. 173). ' . 

3) Einiges zu diesem Thema hat schon Riemann »Geschichte der Musiktheorie« 
S. 410 ff. beigetragen. > / ^ ;. 

13* 



'■f^ 



— 196 ^ 
^ .x.^v^X^^^'- 
aiifzeigte. Daher ^Hu»t die Bezeichnung Bas^o conürmo, Betasus conti-- 
TUiafus^ Basso generale. 

Man ist sdion längst von der Annahme zurückgekommen, daß 
Lodavico Grossi da Viadana den Greneralbaß erfunden, oder zuerst 
angewendet habe. Yiadanas Verdienste liegen hauptsächlich darin, daß 
er, gestützt auf eine G^ieralbaBpraxis, die schon vor ihm bekannt war, 
eine Sammlung Kirchenstücke schuf, die, je nachdem der Chor stark 
oder schwach besetzt war, je nachdem es hier oder da an der rechten 
Vertretung einzelner oder mehrerer Stimmen fehlte, mit Unterstützung 
der Orgel es imaner ermöglichte, ein passendes Stück zur Aufführung 
herauszugreifen. Indem er seiner Sammlung auch Stücke für bloß eine 
Vokalstimme mit Begleitimg der Orgel beigab^ berührte er sich mit den 
Monodisten, und brachte insofern für die Kirche etwas Neues. Wir 
werden sehen, Orgelbässe wurden schon mehrere Jahre vor ^iadanas 
Sammlung von 1602 gedruckt. Ich glaube, daß der H^uplansloB zur 
Veröffentlichung von Orgelbässen von den Verlegern ausging. Es sind 
vor allem der Venetianer Verleger Giacomo Vincenti, und neben ihm 
die Mailänder Firma Tini und Besozzi (später Tini und Lomazzo), die 
sich gegen Ende des 16. Jalnrh. und zu Anfang des 17. besonders ver-^ 
dienstlich um den Druck von Bassi continui und Orgelpartituren machen. 
Schon 1594 1) in einer Orgelstimme zu achtstimmigen Motetten von 
Giovanni Croce druckt Vincenti ein Schlußwort an den Leser. 

^Aspettate honoraÜ Viritwsi da me cofUimmmente nove moenUoni per 
foßiiUiarvi la strada alle fauche con Intavolature^ Passaggi^ S Partidur e 
ddU quaU gid ne ho fatte aiquante sorte, S ne andrö tuttavia facendo, come 
vegga che voi ve ne serviate, S che vi sia grata Vopera miam^) 

Diese Orgelstimme ist, 'wenn das Datum richtig ist, der früheste 
Versuch zu einem gedruckten Orgelbaß, den ich ajnführen kann. Die 
Motetten von Croce sind zweichörig, und die Orgelstimme, >8pariidura< 
bezeichnet, enthält die zwei Baßstimmen auf zwei Systemen in Partitur. 
Die Taktstriche teilen Breviswerte. Text ist nicht untergelegt. Hier 
und da steht über den Noten ein ^ oder ein [?. Andere Bezifferungen 



1) Die Bologneser Lyceums Bibliothek besitzt »Motetti a otto voei di Giovanni 
Croce . . . Novamente ristampati d? corrette^ Venexia 1599, Dazu kommt eine i^Spar- 
tidura delli Moietti a otto voci di Oio. Croce Chioxxoito. Novamente poste in Ittce, 
Venexia MDXCIV.^ Möglich ist es, daß hier ein Druckfehler im Datum vorliegt, 
indem XCIV für XCIX steht. Die Ausgabe der Stimmen von 1599 war, wie aus 
dem Titel hervorgeht, nicht die erste. Eine Ausgabe der Stimmen 1594 scheint 
nicht bekannt zu sein. 

2) Vgl. Katalog Bologna XI, 411. Siehe auch Haberl, Eirchenmusikalisches 
Jahrbuch 1888, S. öl. 



— 1«7 — 

komm^ä nicht vor. Etwas anders verhält es sich mit der gedrucktes 
Orgelstimme zu Adriano JBanchieris ^Concerti ecdesiastici a 8 vod^ 
Venetia (Vincenti) 1595. Der Titel der Singstimtuen trägt noch den 
Zusatz T^etffgiuntovi nd Primo Chöro la spartitura^. Diese Orgelstimme 
hat sich auf der Bologneser Lyzeums Bibliothek erhalten i), und 
trägt den Titel i^Spartitura per sonare nd *organo accommodate al 
Primo Ch&ro nei Concerii di D, Adriano Banchieri^ etc. Sie ist "vm 
diejenige von Groce 1594 eine zwei Systemen Stimme, unterscheidet sich 
aber dadurch von der früheren, daß sie nur für den Choro primo gilt» 
Auf dem oberen System steht der Gontus, auf dem unteren <i6r Passus 
des ersten Chores. Der Text ist nicht untergelegt. Die Takte sind 
Brevistakte. An Bezifferux^ kommen nur 4 und [; vor, die bald über 
dem Baß, bald über dem Cantus stehen. Auch hier und da wird durch 
die Worte »a 4c oder »a 8« angezeigt, ob der volle Doppelchor oder 
nur der erste Chor allein singt. Warum nur für den ersten Chor eine 
gedruckte Orgelstimme hergestellt wurde, wird uns nicht erklärt. Banchieri, 
oder vielleicht der Verlier, gibt den Organisten eine Anweisung, wie sie 
eine Ch?gelstimme für die Gesamtkomposition nerstellen können, indem 
sie einfach die höchste und die tiefste Stimme des zweiten Chores 
exzerpieren und an Stellen, die in der gedruckten Orgelstimme mit >d 8« 
bezeichnet sind, diese neuen Stimmen mit der gedruckten vereinigen 2). 
Aus dem Jahre 1596 haben wir wieder eine Orgektimme zu einem 
Werk von Giovanni Croce, nämlich zu den achtstimmigen Messen, 
welche in diesem Jahre bei Vincenti erschienen 3). Diese T^Partidiira* ent- 
hält, wie die von 1594, die Baßstimmen auf zwei Systemen, das obere 
für den primo choro, das untere für den secondo choro. Wo zu Anfang 
eines Satzes der Baß pausiert, und eine höhere Stimme allein singt, ist 
diese höhere Stimme in den Orgelpart gesetzt. Sonst aber enthält er 
nur die zwei Bässe. Wo, wie es in Messen dieser Zeit überhaupt häufig 
i^ Pall ist, das Crticifixtcs von höheren Stimuc^en allein ^e^ungen wird, 
deil^^'n diesem Druck der Orgelbaß aus. An sollen Stellen stehen 
die Worte >non est hic< oder >taceU. Wie es sich in anderen Orgel- 
stimmen in solchen Fällen verhält, werden wir später sehen. Beide 



1) Einem Exemplar auf der Casseler Bibliothek fehlt die Orgelstimme. 

2) A gli sig, organisiL Volendo la Spartiiura dt tutti dtie chori mrä faeü eosa 
aeeommodarlo presHssimo^ pigliendo la parte acuta et grave dd Secondo Choro ^ et 
dove in questa dice ä 8 lasciarlo^ et aggiungendo qudla ä questa, vi aaranno ttäti 
due: ma VAutore non Vha fatta^ attesoche Vintentione stui e per concertarla ä Chori 
separati* 

3] Messe a otto voci di Oio, Croce ChioxxoUo .... Nuolfafnente composta, e data 
in luee. Venetia (Viticeftti) 1696. Enthält 3 Messen »Perctissit Saul miüe* »Deoan' 
iabat€ und *8opra la Battaglia<, Exemplar in Bibl. München (Signatur Mus. pr. 23), 
bei Eitner nicht erwähnt. 



— 198 — 

Systeme sind mit Taktstrichen versehen, welche Brevistakte teilen, und 
zwar sowohl bei dem Zeichen C als bei dem Zeichen, (t Für das Takt- 
zeichen 1^ gibt es Takte mit zwei perfekten Breves (t«a-) und Takte mit 
einer perfekten Brevis (^ 0? ^) gemischt. Diese Taktstriche werden wohl, 
wie schon bemerkt, die einzige Veranlassung für die Bezeichnung »Parte- 
dura* sein; denn sie kehrt häufig wieder auch bei Bassi continui, die 
auf nur einem System notiert sind. Allerdings finden wir in späteren 
Zeiten diese Bezeichnung auch auf Orgelstimmen, in denen die Takt- 
striche nicht eingezeichnet sind. Der Text ist in dieser Orgelstimme 
nicht untergelegt. Häufig sind die Bezifferungen ji und t?, aber andere 
Ziffern kommen nicht vor. 

Aus dem Jahre 1598 sind mir zwei interessante Mailändische Orgel- 
stimmen bekannt. Eine zu dem ersten Buch achtstimmiger Messen 
und Motetten von Lucretio Quintiani^); die andere, ein 208 Seiten 
starker Band, von Aurelius Ribrochus zu einer Sammlung der Motetten 
und Instrumentalkanzonen des Josephus G-allus hergestellt 2). In 
der efsteren haben wir zu Anfang wieder zwei Baßsysteme wie bei Croce. 
Wo ein Chor den Anfang allein macht, wird auf dem oberen Systeme 
die höchste Stimme dieses Chores bis zum Einsatz des zweiten Chores 
gegeben. Crudficcus und Benedictus sind gewöhnlich vierstimmig, und 
hier wird die volle vierstimmige Partitur im Orgelpart abgedruckt. Die 
Messe T^Ego rogabam*^ die letzte der drei Messen, die das Werk enthält, 
ist in voller achtstimmiger Partitur gedruckt. Die darauf folgenden 
Motetten sind wieder auf zwei Baßsysteme beschränkt, unter dem tiefsten 
System ist durchweg der Text beigedruckt. Alle Stücke haben regel- 
mäßige imperfekte ((p) oder perfekte (0|-) Brevistakte. Das zweite aus 
dem Jahre 1598 angeführte Werk enthält meistenteils volle Partituren. 
Ich möchte es wegen seiner verschiedenartigen G-estalt und seinem ge- 
mischten Inhalt, die uns einen Blick in die Vielfältigkeit der damaligen 
Musik gewähren, und eine Andeutung von dem Zweck der Partituren 
lind der Orgelbässe geben, einer näheren Beschreibung unterziehen. Gleich 
nach der Dedikation haben wir eine lebhafte Vorrede des Bearbeiters, 



1) Partitura de Bassi deUe Messe et Moteiti a otto voei di D. Lucretio Quin- 
tiariiy Maestro di Capdla di S. Ämbrosio maggiore di Milano, Libro primo. In 
Mikmo appresso Vherede di Simon Tin% <S? Francesco Besoxxi. 1598. Exemplar in 
München im selben Sammelband wie das vorhergenännte Werk. 

2) Totitcs libri primi Sacri operis Musici aUerms modtdis condnendi Partitio seu 
quam pra£stantiss, Musici Partituram vocant Auetore M, R. D. Josepho Gallo, Me- 
diokmensi Religionis Somasehae. Studio tamen <& Idbore R, D. Aurelii Ribroehi, Nbbilis 
Derihonensis in gratia/m Organista/rum in lueem edita. Mediolani, apud haeredes 
Frandsciy db Simonis Tini 1598. Exemplar in München im selben Sammelband 
wie das vorhergenannte Werk. 



— 199 — 

Sibrochus an die Organisten, Instrumentalisten und andere Musiker i). 
Sibrochus preist seine Veröffentlichung als neue Arbeit, als eine neue 
Industrie an, durch die den Organisten und anderen Musikern viel 
Mühe erspart werden soll. Er erwähnt, daB gerade auf dem Gebiete 
der Musik die Künstler sich scheuten vor der Mühe, die die Neben- 
arbeiten, die zu ihsem Berufe gehörten, verursachten. In Ermangelung 
einer Partitur spielten sie oft die unlieblichsten und unpassendsten 
Dissonanzen. Drei Punkte werden besonders hervorgehoben. Erstens 
sollen bei der Aufführung zwei Partituren gebraucht werden, eine 
für jeden Chor. Zweitens hat Bibrochus (für den Generalbaßspieler) 
diejenigen Noten in den höheren Stimmen, die zeitweilig unter dem 
Yokalbaß liegen und daher die Funktionen des Basses^ übernehmen, mit 
einem f bezeichnet. Drittens ist es nicht verboten, besonders in den 
doppelchörigenKompositionen, in beiden Chören Instrumente heranzuziehen. 
Das Werk enthält, wie gesagt, Vokal- und Instrumentalkompositionen, 
und zwar in vier Teilen. Im ersten stehen neunstimmige Doppelchöre, 
gebildet aus einem Instrumentalchor (ohne nähere Angabe der Instru- 
mente) zu fünf Stimmen und einem Vokalchor. Texte sind aber. nicht 
vollständig gegeben. Nur der Textanfang steht bei dem Vokalbaß. 
Eimge dieser Kompositionen haben auch, wie es bei Instrumentalkan- 

1) >Aurclius candidüsimis y cum Organorum tum caeterorum mstrumentorum 
m usicorum pulsatoribiis aliisque Musicts praestantüsimü. 5. P. I. Surgüe candidissim 
PtdsdUores, (Meterique vos omnes praestantissimi Musici: surgite, inquam^ toUite, canitei 
ptdsaie in PsaÜerio iucundOf <& citkara; in tympano^ db ckoro; inchordis, db organo; 
in tibiis dt sistris; in cimbalis bene sonantibus. Eece novam industriam, novum 
Studium, novum laborem: eece mcri operis musici Libri primi Partitiones, sive quas 
Partituras vocatis: eece allatam vobis facilitatem omnia libentissime canendi, modidan- 
dique. Ars longa, vita brevis, aiebai iUe. Sed addimus nos: Multi adeo per midtos 
jactaniur ktborea, ut quandoque pluribus intenti seipsos destituanty quod Optimum est 
relinquant, ae saepenumero ab instituto resiliant opere. Äpertius loquar: muMi sub' 
ierfugiendi laboris gratio, etiam quod aptum, quod conveniens, quod opporiunum inimo 
qv>od necessarium penitus esset, turpiter negligunt, praetereunt, transmitiurU : idque 
praecipue in arte Musica fieri conspicimus. Nonne plures, defidente partitione, quae 
perjttcunda, pergrätaque animts ad aüdiendum forent, insuavia, inconvenieniia, äbsona, 
dt discrepantia modtdantur? Ne quid igiiur sacro operi musico nostro deesset, Hlud 
in gratiam non modo Organistarum, verum etiam caeterorum canentium quam dili- 
geniissime partitum voluimus; quam operam, dt oleum, quaso, non limis oculis, non 
iorvo aspectu, sed kilari fronte, dextroque sydere accepite. Tria iamen, Eumanissimi 
Modulatores, vos diligentissime monitus cupimus. 

Primum — Si hoc nostrum sacrum opus musicum pulsare, concinereque haud 
gravabimini, Pariiturae ipsius Libri duo sunt vobis habendi, ut hinc et inde, hoc est 
in tUroque choro omnia facilius sttavius et expolitius modulemini. 

Secundum — Partem hoc Signum crucis i sub se notatum hahentetn, vel bassum 
esse vel bassi parte functuram. 

Tertium — Non prohiberi, quin in utroque choro, <& praecipue in concentibus 
duplicibus nuncupatis instrumenta adhibeantur, Valete. 



— 200 — 

Zonen üblich war, Namen wie La Magia^ La Cortesa^ La Benvenuta. 
Es sind diese, nämlich, Gallus'sche Instrumentalkanzonen, denen in 
einem Chor ein Text untergelegt worden ist. Bei dem Stück :^Ecce 
Ängdus de coeh^ ww^, wahrscheinlich wegen des Textes, eine Stimme 
des Yokalchors in den Instrumentalchor hinübergenommen und wirkt da 
wie eine Solostimme mit^). Der zweite Teil enthält eine Messe sine 
nomine neunstimmig. Es werden aber, wie in einigen schon angeführten 
Orgelstimmen, nur die zwei Bässe auf zwei Systemen in diesem Teil ge- 
bracht, mit Ausnahme des vierstimmigen Cmctfiocus und des drei- 
stimmigen Benedictus. Für diese haben wir die volle Partitur. Für 
die ganze Messe ist der Text dem unteren System untergelegt. Der 
dritte Teil enthält Motetten, aber wieder nur in zwei BaBsystemen mit 
Textunterlage wie im zweiten Teil. Der vierte Teil enthält drei acht- 
stimmige reine Instrumentalkanzonen (La Mantegaxxa!^^ La Orassa^ La 
Bitima) in voller Partitur. 

Weitere Orgelbässe aus demselben Jahre (1598) besitzen wir in ^Bassi per 
Vorgano€ zu Giovanni Bassanos Motetten zu 5 bis 12 Stimmen*). Hier 
haben wir es mit einer auf einem System notierten Orgelstimme zu tun, 
und zwar nur für die sieben- und achtstimmigen Stücke. Die Schlüssel 
werden häufig gewechselt. Es ist also wahrscheinlich ein echter Con- 
tinuo, der die jeweilig tiefste Note bringt. Es ist keinerlei Bezifferung vor- 
handen. Das Werk erschien bei Tini und Besozzi. Im selben Verlag 
erschien der >Basso prineipale da sonare delli Salmi iniieri a 5< von 
Orfeo Vecchi*). Dieser ist eine Baßstimme mit vollständig unterge- 
legtem Text. Zu Orfeo Vecchis ^Liber II missarum 5 voc,€ erschien 
im selben Jahr und im selben Verlag ein »Ba^sso principaie^^). Gleich- 
zeitig veröffentlichten auch die genannten Verleger eine ^Partitio sacra- 
rum oantionum tribus voeibus^ von Antonio Mortaro. Es ist eine 
Partitur von 2 Sopran- und einer Baßstimme in Brevistakte geteilt, 
ohne Text und ohne Bezifferung*). In diesem Jahr erscheint auch eine 
»Parfööo« zu dem >Sacrarum CanUonum 8 & 9 voc. lib, J.«') von Augu- 
stinus Soderinus. Diese Partitio ist wieder ein doppelter Baß, mit 
regelmäßigen Brevistakten. ^ und b kommen öfters vor, aber Zahlen nicht. 



1) Eine ähnliche Besetzung, bei der eine Stimme eines Chores vocaliter aus- 
geführt wird, während für die übrigen Stimmen Instramente vorgeschrieben sind, 
findet man bei Heinrich Schütz. Gesamtausgabe, Band 13, S. 169. 
' 2) Siehe Musikbeilage V. 

3) Vgl. Katalog Bologna II, S. 378. 

4) Katalog Bologna IL 323. Dieser Baß vom Jahre 1598 gehört zu einer Aas- 
gabe der Psalmen von 1596. Vgl. Haberl, Kirchenmus. Jahrbuch XX (1907) S. 168. 

5) Haberl, Ebenda S. 169. 6} Katalog Bologna II, 467. 

7) Mediolan% Tradatus 1698. Die Berliner Kgl. Bibl. bewahrt den Gantus II und 
die defekte Partitio, ' 



— 201 — 

Aus dem Jahr 1599 gibt es eine volle Partitur zu Guglielmo Arnones 
T^MotetU ä 5 (^ ä 8 vod*^). Der untersten Stimme ist der Text bei- 
gegeben. Zu einer Sammlung dreichöriger Messen van Mortaro (1599 
bei Tini und Besozzi) haben wir eine Orgelstimme, in der die drei Bässe 
übereinander notiert sind, wie in den früheren Beispielen die zwei Baisse 2). 
Ferner gibt es zu den achtstimmigen >Sacrae Cantiones* von Serafine 
Cantone^) einen Orgelpart mit doppeltem BaB. Zu dem vierstimmigen 
Cmdftxus und Benedietus der darin enthaltenen Messe *de le Perlen 
ist die volle Partitur gegeben. Text und Bezifferung kommen in 
diesem Orgelpart nicht vor. 

In demselben Jahr (1599) brachte auch Vincenti ein Sammelwerk 
heraus, *Motetti e Salmi a otto vod, composti da otU? eccdenUss Äutori, 
eon la parte de i Bassi, per poter sonarli neU Organo<^), Hier hat der 
Orgelpart nur ein System. Es ist eine wirklich continuierte Stimme. 
Auch zu einem zweiten Buch > Concerti Ecdesiastiei* von dem vorhin 
erwähnten Gio. Bassano erschien bei Vincenti in diesem Jahre ein 
Basso per VOrgano% ^' ^ 

Aus dem Jahre 1600 ist mir eine spanische Orgelstiixmie aus Madrid ?(,^ 
bekannt, zu einer Sammlung von Messen, Magnificat, Motetten, Psalmen 
ttsw. von Thomas Ludovieus de Victoria*). Die Stücke der Sammlung 
sind acht-, neun- und zwölfstimmig. Der Oi^elpart trägt auf dem Titel 
die. Bemerkung, daß sämtliche Stücke zum Spielen auf der Orgel darin 
enthalten seien. Wir stehen aber hier vor einer ähnlichen Erscheinung 
wie dror- Orgelpart zu Banchieris ^Concerti Ecelestastici* von 1595. 
Die spanische Orgelstimme enthält durchweg nur vierstimmige Partituren, 
die den Chorus primus bilden. Sie unterscheidet sich auch von den ; ^ 

anderen Partituren und Orgelbässen darin, daß sie in regelmäföge Longa- 
takte geteilt ist und nicht in Brevistakte. \^ ' - r-» 

Da mir eine Ausgabe der Stimmen zu dieser Sammlung voÄ Victoria 
nicht bekannt ist, vermag ich nichts weiteres über das Verhältnis zwischen 
der Partitur und dem Vokalwerk zu berichten. ^ 

Weitere Werke mit Orgel aus diesem Jahr sind ^Saeri concerti a 






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1) Katalog Bologna II, 340. 

2) Ebenda II, 113. 

3) R, D. Serafme Ccmtoni in Ecclesia S, Simpliciam Mediolam Organietae, 
Cantiones Sc. Octonis voeibus deeantandae, Medtolani, Äugttstmus Tradaius 1599. 
Exemplar Kgl. Bibl. Berlin. 

4} Exemplar Kgl. Bibl. Berlin. 
' 5) Katalog Bologna II, 378. 

6) Thomae Ludovici de Victoria Äbidensis .... Missae, Magnificat^ 
Motecta, P salmi, <Sb aliaqwji/m plurima. Qt*a£ partim Octonis j alia Nonis, cUia 
Duodenis vocihtis concintmtur. Haec omnia sunt in hoc libro ad ptdsandum in organis. 
Matrüi. Ex typographia Regia. Anno 1600. Exemplar in der Kgl. Bibl. München. 






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— 202 — 

due voce facüi & commodi da cantare & sonare conVorgano a voci piene 
& mutata a beneplacito de cantmi, co'l bdsso generale per maggior coni^ 
moditä de gl' organisti* von Grabriele Fattorini, in Venedig bei Ama- 
dino erscliienen 1), und * Sacrosanctae dei Landes 8 voc,< von Gip. Matteo 
Asola, auch bei Amadino. Der Orgelpart zu diesem Werk trägt den 
Titel » Oli Ba>ssi ddU Motetti a otto voci, uniti insieme & stafnpaU per 
commoditä deUi Organisti< Er weist nur ein System auf mit Ausnahme 
des letzten Stückes *Introduxit me rex* welches mit zwei Systemen 
(Sopran- und Tenorschlüssel) anfängt, bald aber zu einem einzigen Baß- 
system übergeht. 

Das Jahr 1601 bringt folgende Werke. Partidura per sonare delle 
canxonette aüa Francese^ von Gius. Guami. (Venedig bei Vincenti)^). 
Es enthält nur zwei Systeme, den Baß und die Oberstimme. Es ist 
wohl eines der frühesten weltlichen Werke, welche in dieser Form 
gedruckt worden sind. Keinerlei Bezifferung kommt darin vor. Der 
*Basso generale^ zu Luzio Billi's >Messa e motetti ä 8 €^) (bei Amadino 
in Vendig) ist wieder eine richtige Continuo-Stimme, aber ohne irgend 
welche Bezifferung. Zu Orfeo Vecchi's. >Liber IV. Psalmi poemten- 
tiales (MotectaJ 6 voc, Mediolani^ (Tini u Besozzi) gibt es einen Basso 
principale% und die Sammlung von Angelo Gardano *Falsi bordoni 
omnium tonorum 4, 5 dt 6 voc, aliae Antiphona^< (Venedig bei Ang, 
Gardano) soll in voller Partitur stehen 8^). 

Aus dem Jahre 1602 kenne ich von Giov. Matteo Asula >Organitus 
Hymnodiae vespertinae 8 voc. (Venedig bei Amadino) ®). Der Orgelpart ist 
auf einem System notiert, immer im Baßschlüssel. Er hat nur wenige 
Taktstriche die in w'öiteh, unregelmäßigen Abständen gesetzt sind. Be- 
zifferung kommt nicht vor. Ein mir nicht naher bekanntes Werk aus 
diesem Jahr ist »Gregorii Zucchini Harmonia Sacra [Motetten zu 8 
bis 20, Messen zu 8 bis 16 Stimmen], üha cum sectione gravium partium 
ad Organistarum vsimi, et commodum,^ (Ven. Vincenti)^). 

Hiermit haben wir die Zeit der berühmten Concerti Ecclesiastici von 
Viadana®) errdcht, und ich möchte nun die Ergebnisse aus den an- 



1) Katalog Bologna II, 419. 

2) Ebenda IV, 50. 

3) Ebenda II, 44. 

4) Haberl, Kirchenmusikalisches Jahrbuch XX (1907) S. 170. 
6) Katalog Bologna II, 347. 

6) Exemplar in dem Sammelband der Münchener Bibliothek Mus. pr. 23. 

7) 17 Stimmbücher und Sectio. Vgl. Eitner, Quellen-Lexikon. 

8) Cento Concerti ecclesiastici a TJna^ a Due^ a Tre, a Qtiattro voci. Con il Basso 
continuo per sonar nelT Organo. Nova inventione commoda per ogni sorte de Gantori 
dt per gli Organisti. Di Lodovico Viadana. Op. 12. Venetia (Vincenti) 1602. Über 
Viadana vgl. Ant» Parazzi >DeUa vita . . . . di Lodovico Qrossi Viadana* 



— 203 — 

geführten gedruckten Quellen kurz zusammenfassen.. Zu bemerken ist, 
daß wir hier die ersten Werke im stUo redtativo, wie die Euridice von 
Peri (1600) oder die Solo- Arien der Nouve Musiche von Caccini (1601) 
nicht herangezogen haben ; denn sie hatten eigentlich andere Entstehungs- 
gründe und eine etwas andere Entwickelungsgeschichte als die hier an- 
geführten Werke, die aus der polyphonen Vokalmusik herausgewachsen 
sind und mit wenigen Ausnahmen für die Eirche bestimmt waren. DaB 
die Versuche zu einem Generalbaß-Spiel im 16. Jahrh. nicht nur in der 
Kirche gemacht wurden, dürfte man wohl aus den häufigen Erwähnungen 
von Klavier- und Orgelbegleitungen (sowie auch der Lautenbegleitung) 
bei den Hoffestlichkeiten schließen. Auf solche Versuche werden sich 
wohl auch die Florentiner Renaissanceier gestützt haben. Aber der Be- 
darf war doch für die Kirche so viel größer, daß wir hier am ehesten 
der Gtesißhichte der Entstehung des Generalbaß-Spiels in den gedruckten 
Denkmälern nachspüren können. 

Ich möchte nun wieder hinweisen auf den engen Zusammenhang 
zwischen den Partituren und den Orgelbässen. Die frühesten angeführten 
Orgelbässe waren zur Begleitung von achtstimmigen oder mehrchörigen 
Werken bestimmt. Wir finden manchmal Partituren und Orgelbässe in 
demselben Werk. Besonders wo ein Satz sich auf wenige Stimmen be- 
schränkt, und die Partitur nicht so kostspielig und nicht so schwer zu 
lesen ist, wird sie vollständig gedruckt, während man sich bei den mehr- 
stimmigen Sätzen mit Orgelbässen in dreifacher, doppelter, oder einfacher 
Form begnügt. Die Partituren und die einfacheren Orgelbässe, das 
Partiturspiel und das Generalbaßspiel, bestanden noch mehrere Jahre 
nach dem Anfang des 17. Jahrb. nebeneinander fort. Die verschiedenen 
Ansichten darüber werden unten (S. 210) behandelt. Wir sahen, daß die 
ersten gedruckten Orgelbässe sich meistenteils nicht auf eine einzige kon- 
tinuirliche Baßstimme beschränkten, sondern, da sie meistens für mehr- 
chörige Werke gedruckt wurden, einfach die zwei (in einem Fall drei) 
Vokalbässe übernahmen. In Hinsicht auf diese Tatsache darf man nicht 
zu viel Gewicht auf die Vermutung legen, daß der Gebrauch von hand- 
schriftlich angefertigten wirklichen Continuos schon vor der Zeit der ge- 
druckten Beispiele allgemein verbreitet war. Die doppelten oder drei- 
fachen Orgelbässe bestehen allerdings noch längere Zeit nach der Ein- 
führung der wirklichen gedruckten Continuos weiter fort. Man findet 
sie auch in deutschen Orgelstimmen. Daß die besondere Beachtung der 



Milano 1877 (Auch in der Oaxetta Musieale, Müano 1876) und Haberl, Kirchen- 
musfik. Jahrbuch 1881 und in Mtmca Sacra 1897. Eine Übersetzung seiner Regeln 
für die' AuffQhrung der Concerti in Monatshefte für Musikgeschichte 1876, S. 105 ff., 
Winterfelct^ >Joh. Gabrieli« II, S. 69, C hrys an de r, Allgem. Mus. Zeitung, 
Leipzig 1877, S. 8öff., Seiffert, »Geschichte der Klaviermusik, S. 122 ff. 



— 204 — 

Baßtöne ^ die aus der Kreuzung einer höheren Stimme mit dem Vokal- 
baß resultierten ; die in den Continuos prinzipiell durchgeführt wird^ in 
den früheren Zeiten nicht unbekannt war^ beweist uns die von Ribrochus 
eingerichtete Partitur zu den Werken von Jos. Gallus, in der solche 
Töne mit einem f bezeichnet werden. In diesem Zusammenbang muß 
es auffallen^ daß die angeführten Quellen sämtlich die Benennung *JBasso 
coniiiiKo* vermeiden. Basso prindpcde und Basso generale kommen vor, 
aber die Bezeichnung Basso contirmo ist uns wiiUich zum ersten Mal 
bei Yiadana begegnet. Viadanas Bässe unterscheiden sich auch von 
früheren darin, daß sie manchmal selbständig und unabhängig von dem 
Vokalbaß sind. Bei den einstimmigen Gesängen mußte Viadana ja not- 
wendigerweise einen selbständigen Orgelbaß setzen, wenigstens so weit 
als diese eine Stimme nicht eine Baßstimme war^). Die anderen aiH 
geführten Orgelbässe halten sich, (soweit mir das Vergleichsmatmal in 
vokalen Stimmbüchern vorlag) immer an die Vokalstimmen. Noch einmal 
möchte icli auf Benennung und Gestalt der frühen Orgelstimmen zu- 
rückkommen. Am häufigsten fanden wir die Bezeichnung Spartitura 
oder Partitura, auf lateinischen Titeln ParUüo oder Sectio gravmm par- 
tium^). Das »Partiren« bezog sich in früheren Zeiten, wie wir sahen, 
auf das Einteilen durch Taktstriche. Und in der Tat waren fast alle 
die angeführten Orgelstimmen mit Taktstrichen versehen, während die 
Vokalstimmen zu denselben Werken keine Taktstriche hatten. G. M. 
Asulas » Organieus Hymnodiae Ve^erünae (1602) ist aber z. B. eine 
Orgelstimme ohne regelmäßige Talasiriche. In späteren Jahren ^dem 
sich immer häufiger Orgelbässe mit sehr unregelmäßig gesetzten Strichen 
oder überhaupt ohne Taktstriche. Bei manchen von diesen ist trotzdem 
die Bezeichnung Partitura beibehalten. Bei den früheren Orgelstimmen 
fanden wir manchmal den vollständigen Text beigedruckt. Später kommt 
das seltener vor, statt dessen werden öfters, besonders bei Mess^i, die 
verschiedenen Textabschnitte mit einigen Worten angedeutet. Dagegen 
werden die ,Bezittei;,an|p^utaten immer reicher. Der größte Teil der 
früheren Orgelbässe hat allerdings keine Bezifferung. Schon sehr früh 
(Croce, 8-stimmige Messen, 1594 ; Banchieri, Cancerti ecdes. 1595 ; Croce, 
Messen 1596.). kommen $ und b vor. Aber selbst diese fehlen bei vielen 



1) In gewissen Beziehungen ein Vorläufer von Yiadana war der oben (S. 202) 
angeführte Gabriele Fattorini mit seinen >Setcri Goneertt* (1600) für zwei Stim- 
men, die entweder in der natürlichen Lage oder in der Oktavversetzung gesungen 
werden konnten. Ob der dazu gegebene >has80 generale* mit einer der beiden 
Vokalstimmen übereinstimmt, ist mir nicht bekannt. Jeden&Us mußte aber bei der 
Ausführung der Vokalstimmen in hoher Lag^ der Orgelbaß selbständig erklingen. 

2) Auch BarUonmUium dimaio bei Mortaro Psalmi 8 voc, Ven. 1608 und Par- 
tium gravium divisio bei Girol. Dorati Psalmi 8 voc. Ven. 1609. 



— 2(fö — 

Bässen. Die ersten mir bekanntes Zahlen kommen in den Euridiceu 
Pens und C^cinis vor^^. Y;aj§^a ha|J^^5^1en^ 

Mr den weiterep Verlauf der lEntwickliing mochte ich nicht alle 
Quellen hier anführen, sond«m nur eine Frage, die Gestalt des Orgelparts 
betreffend, etwas weiter verfolgen. Wir sahen, daß sehr oft bei Orgel- 
bässen auch kleinere Teile in voller Partitur gegeben wurden. Hier 
konnten über die Harmonien für die Orgelb^leituhg keine Zweifel ent- 
stehen, wir fanden auch schon in einem der frühesten Orgelbässe^ 
{Sparütura zu Banchieri's Concerti ecclesiastid von 1595), daß er für die 
Begleitung des ersten Chores den Cantus und den Bassus enthielt. Hier- 
durch wurde dem Organisten ein festerer Anhalt zur Gestaltung seiner 
Begleitung gegeben als durch den einfachen Baß. Diese Form der 
Orgelstimme findet sich aber vor Viadana nicht so häufig. Man trif t 
sie in stellenweiser Anwendung z. B. bei Quintiani, Messen und Mo- 
tetten zu 8 Stimmen 1598, wo in Stücken, bei denen ein Chor allein 
den Anfang macht, das obere der zwei Systeme des Orgelparts zur Auf- 
zeichnung der Oberstimme dieses Chores benutzt wurde. Ein Beispiel 
einer weltlichen Sammlung dieser Form haben wir in der >Partitura per 
sonare ndle canxonette aüa Fremcese von Gius. Guami (Ven. 1601), 
Nach Viadana kommen solche Orgelstimmen häufiger vor, oft mit einem 
Hinweis im Titel auf diese Besonderheit, wie z. B. in Girol. Calestanis 
^Saerati Fiori musiccUi ä 8 . . . Con ü Basso eontirmafOy & Soprano ove 
e stato necessario per maggior commoditä cfe' 8ig, Organisti. Op, 2. Parma 
(VioiM) 1603 oder » Cantus et bassm divisio pro m^gani pidsfitore* (Mas- 
saini 1607), ^gravis ßt^p^fm^ad Organum « (Dom. Brunetti 1609) i). 

Über die genaue Handhabung dieser Orgelstimmen, über das was 
der Organist über diesen einfachen oder doppelten Bässen aufbaute, 
hören wir aus der früheren Zeit des Generalbasses sehr wenig. Es 



1) Als Beispiele solcher Stimmen » die mir vorlagen, möchte ich anführen: 
Tiburtio Massaini. Sacrarum Cantionum 7 voc, Ven. (Raverii) 1607. In diesem 
Werk hat die Orgelstimme zu Nr. 6 >Hodie completi sunt* 3 Systeme — 2 mit Sopran- 
schlüssel, das dritte für die tiefste Stimme mit abwechselndem Tenor- und Bariton- 
schlüssel. * 

Tib. Massaini — Musica a 1, 2, et 3 voci. Partitura per aonar neW Organa 
Yen. (Rav.) 1607. Hier haben wir eine direkte Nachahmung von Viadana. Die 
Orgelstimme hat immer 2 Systeme, Baß und höchste Stimme, mit Ausnahme der^* 
jenigen Solostücke, wo die eine Stimme ein Baß ist. Hier steht nur diese Baß- 
stimme im Orgelpart. 

Don^nico Brunetti. TJ.nica voce, bmis, teriiisy quaterma <Ss. pluribus ad i^sum 
Ueclesiae varii coficentus. Gravis et aeiUus ad Organum Yen. (Eevini) 1609. 

Giov. Paolo Cima. Concerti eeclesiastici ä 1-^8, Milane (Tini und Lomazzo) 
1610. Der Orgelpart hat volle Partituren bis zu 4, einmal 5 Stimmen^ für die 
anderen Stücke, auch für einige 4<Btimmige, nur die Außenstimmen. 

Giov. Ghizzolo» Terxo Libro delli Concerti a due, tre e qttatiro vod, Milan o 1615. 



— 206 ^ 

dauerte noch mehrere Jahrzehnte in das 17. Jahrhundert hinein, bis 
theoretische Werke mit vollständigen, klaren oder ausführlichen Dar- 
legungen der GeneralbaBübung erschienen. Das Verdienst, als erster 
genauere Angaben über die Theorie des Generalbasses gegeben zu haben, 
gebührt, wie es scheint, immer noch Viadana. Die bekannten Regeln, 
die er seinen OoncertiEcclesiastici voraussetzte, bildeten die Quelle 
für Praetor ius, der in seinem Syntagma anscheinend als erster in 
Deutschland den Generalbaß in einem Druckwerkjiehandelt.* Bald nach 
Viadana erschien in Italien ein mir nicht näher bekanntes Flugblafe von 
Francesco Bianciardi *Breve Regole pei'^imparar^ a sonar sopra ü 
Ba$so con ogni sorte d'istromento* (Siena 1607)*). Im selben Jahre ist 
auch in Siena eine kleine Schrift von Agostino Agazzari erschienen, die 
als erste bisher bekannte einige weitere Auskünfte über die Behandlung 
des Basso continuo gibt. Dieselbe Schrift wurde auch als Vorwort zu 
dem Orgelpart in einigen Ausgaben von Agazzaris Sacrae Cantiones 
(1608, 1609) abgedruckt. In der Ausgabe von 1609 heißt sie: 
^Dd suonare sopra ü basso con tutti stromenti & uso hro ml conserto^ ^). 
Aus den zwei angeführten Titeln ist schon ersichtlich, daß der Basso 
continuo nicht nur für die Orgel- oder Klavierbegleitung oder für 
Chitarone, Laute oder sonstige Harmonie-Instrumente bestimmt^ war. 
Agazzari geht ^nauer darauf ein und aus seinen Schriften geht hervor, 
daß auch Instrumente wie Violine, Cornetto oder selbst die Laute als 
Ornamentinstrument den Basso continuo als Vorlage nahmen und auf 
diesem Fundament freie Kontrapunkte ausführten. Agazzari weist in 
einem anderen Werke ^Sacrarum Laudiim ... 4 — 8 vocäms Liber II<^ 
(Eoma, Zanetti 1603 und Venetia, Amadinus 1608) auf diese Tatsache 
hin, indem, er dem Oontinuopart folgenden Titel gibt: ^Bassus ad 
Organum & musica instrumenta*. Die Frage gewinnt dadurch eine 
besondere Bedeutung, daß sie in der Orchesterbegleitung der ersten 
Opern eine wichtige Rolle spielt. Sie ist in dieser Beziehung schon 
von verschiedenen Standpunkten erörtert worden 3). Zwar schreibt 

1) Katalog Bologna I, 276. 

2) Agazzari wird schon früh im 17. Jahrhundert als Autorität Über den basso 
continuo erwähnt, z. B. von Banchieri in seinen *Gonclusi(mi< Bologna 1609 S. 18 
und 68 (Vgl. Katalog Bologna I, 273) und in der Vorrede zu »Ecclesiastici Sinfonie* 
Venetia 1607 {Siehe Anhang 11, 6) und ist auch mehrfach von modernen Autoreu 
zitiert worden. Sein Traktat, dem Orgelpart der > Sacrae Cantiones quae Binis, 
Temis, Quatemisqice vocibits coneinendas cum Basso ad Organum Lib. II, Op. V Mo- 
iectorum* Venet. (Amadinus) 1609 (Exempl. Stadtbibl. Augsburg) entnommen, wird 
als Anhang I am Schluß dieses Kapitels vollständig mitgeteilt. 

3) Vgl. Hugo Goldschmidt >Cavalli als dramatischer Komponist« 
(Monatshefte für Musikgeschichte 25 (1893) S. 45 ff.) nnd >Die Instrumental- 
begleitung der italienischen Musikdramen der ersten Hälfte des 17. Jahrh.« 
(Ebenda 27, (1895) S. 62ff.) Ferner L. Torchi, *Uaccompagnainento degV Istrumenti 



— 207 — 

Agazzari nicht direkt für die Musiker der neuen Oper. Er ist Kirchen- 
musiker, aber ein Kirchenmusiker, der sehr stark von den Bestrebungen 



nei Mehdrammi italiam deüa prima metä del Seieeniot (Rivista musicale itallana I 
(1894) S. 7 ff.]. Goldschmidt möchte die wirklich improvisierte Begleitung der Orna- 
ment-Instrumente gänzlich ausschalten. Es ist ja wahr, daß sie mit der Zeit 
verschwand. Aber für die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts und für die 
Cavalli-Cesti-Zeit muß sie doch wohl angenommen werden. (Vgl. H. Kretzschmar, 
»Bemerkungen über den Vortrag alter Musik« Jahrbuch Peters 1900, 8. 58.) 
Goldschmidts ausdrücklich betonter Satz: >Alle die Quellenstellen, welche 
▼on Improvisation sprechen, sind also nicht so aufzufassen, als ob die 
Begleiter ihren P-art alla mente improvisiert hätten« läßt sich, glaube 
ich, gerade durch Agazzari widerlegen. Agazzari erklärt nämlich, daß die Spieler 
der nicht akkordisch begleitenden Instrumente im Kontrapunkt gewandt sein 
müssen; zwar nicht der erste, der einfach den Baß mitspielt, wie er da steht, wohl 
aber die anderen, die über den Baß neue Stimmen hinzukomponieren 
müßten. Dieses, (auch die weiteren Erläuterungen Agazzaris), deutet eher auf 
das Spiel alla mente als auf alla penna hin. (Siehe Anhang I, S. 219 >Li stromenti 
che si meschiano^,) 

Auf eine derartige Improvisation auf der Laute werfen einige Briefe Prospero 
Viscontis aus Mailand an den Herzog Wilhelm V. Ton Bayern aus den Jahren 
1573— '74 ein interessantes Streiflicht. Sie weisen auf die Aufmerksamkeit, die 
man dem Baß-Part dabei schenkte, hin und liefern damit Andeutungen über das 
Entstehen des Generalbaßspiels. Visconti berichtet über einen ausgezeichneten 
Lautenspieler, Jusquinus [Salem] Neapolitarvus, der, früher im Dienste des Herzogs 
Emanuel Philibert von Savoyen, sich in Mailand hören ließ. Er leistete Hervor- 
ragendes auf einer dreiundzwanzigsaitigen Laute. Visconti lobt seine kräftige und 
geschwinde Hand und schreibt weiter: *quod atäem nusquam audivi, ipse supra 
bßssus partem illico ahaque studio armoniam testtidine pidsabcU, quam eorUra- 
punto appellami4S, ipsum quoad ptdsandi artem attinet, non omnino Exß Tua indignum 
iudico*. Daß dieses improvisierte Spiel supra bassus partem wohl eng verwandt mit 
der bekannten früheren Verzierungspraxis auf der Laute, oder womöglich ganz 
dasselbe war, könnte man vielleicht aus einem etwas späteren Brief schließen. 
^Josquinus enim mirabilis est iudicio meo in contraptmeto faciendo^ dum alias firmas 
partes pulsai^ et ambo concentum vaJde deleetabile efßciunt*. (Mitgeteilt von H. 
Simonsfeld in den Abhandl. der Bayr. Akad. der Wissensch., Hist. Klasse, Bd. 22, 
München 1902, S. 315 und 323.) 

Im Anschluß an diese Bemerkungen über die Instrumentalbegleitungen der 
ersten Opern ist darauf hinzuweisen, daß die harmonischen Neuheiten, die die 
Florentiner und ihre Nachfolger einführten, durchaus nicht die Mitwirkung der 
Tasteninstrumente ausschlössen. Die manchmal verblüffenden harmonischen Fort- 
schreitungen, etwa eines Monteverdi, bedingen eine enharmonische Deutung der 
Tasten des Klaviers, die, wenn man sich streng an die Theorie der damaligen 
Temperatur halten wollte, nicht zulässig wäre. Wir sahen aber in unserem 
3. Kapitel, daß, in Anlehnung an die in Bezug auf reine Stimmung und Temperatur 
sehr freie Behandlung der Laute, einige Theoretiker (Lanfranco, Bermudo) auch 
die Identität der Tasten des Klaviers für jt- und |?-Töne behaupteten, wenig- 
stens so weit es die Praxis anging. Stellen , wie der Eintritt der Botin in 
Monteverdis Orfeo (Eitners Ausgabe in den Publikationen der Gesellschaft für 
Musikforschung Band 10, S. 162), oder einige in der Ariannen- Klage, zu deren har- 



— 208 — 

der dramatisclien Bef ormatoren beeiofiuBt ist^ and der seine Sympftthieü 
für die ne^eBicktung im allgemeinen^ und für die neue Art des >Con^ 
serto€^ die auch in die Kirche eingedrungen ist, offen kund gibt^), 
Neben' dem Traktat Agazzaris geben uns aber die Vorworte m>a2icher 
Orgelstimmen aus den erstm Jahren des 17. Jahrhunderts Andeutungen 
über die Ausführung des Basso continuo und über die verschiedenen 
Meinungen, die über seinen praktischen Wert herrschten. Die Urteile 
stimmen in manchen Punkten überein, in anderen fallen sie sehr ver- 
schieden aus. 

So z. B. sprechen sie fast alle von dem Basso continuo als einer 
neuen Errungenschaft. In Betracht dieser Tatsache inuß man also sehr 
vorsichtig sein mit der Annahme einer Generalbaß-Praxis im früheren 
16. Jahrhundert, etwa für die Intermedienmusiken, oder für die Instru- 
mentalbegleitungen in der Kirche. Ein Komponist, Tiburtio MassainQ, 
der 1609 eine Sammlung ein-, zwei- und dreistimmiger Kirchenwerike mit 
Basso continuo herausgab, sagt allerdings, daß diese Art Musik inner- 
halb einer Periode von etwas weniger als 40 Jahren in Gebrauch ge- 
kommen sei 3). 

Die merkwürdige Spärlichkeit oder das gänzliche Fehlen der Be- 
zifferung in den frühen Generalbässen wird aus zwei Gründen erklärt. 
Einerseits bietet diese Bezifferung in der ersten Zeit eine besondere 
drucktechnische Schwierigkeit. Diejenigen Komponisten, die sie doch 
für nützlich halten, raten dem Organisten, die Ziffern nachträglich mit 
der Feder einzutragen. Andererseits sprechen sich die meisten Kompo- 
nisten direkt gegen die Bezifferung aus. Sie sei, besonders für den un- 
erfahrenen Spieler, geradezu eine Verwirrung. Und der erfahrene Spieler 
bedürfe ihrer nicht Fast einstimmig raten die Komponisten den Organisten, 
sich auf ihr Gehör und auf ihre Kenntnisse der Kompositionsregeln zu 
verlassen. Und hierin haben wir wohl auch die Erklärung für die ganze 
Orgelbegleitung des 16. Jahrhunderts, soweit sie nicht in Partitur oder 



monisclien Ausstattung Monteverdi selbst den Schlüssel gegeben hat in seiner 
Bearbeitung desselben Stückes für Chor (im 6. Buch seiner fünfstimmigen Madri- 
gale), konnten daher auch zu Monteverdis Zeiten auf dem Klavier mit den ent- 
legensten Akkorden begleitet werden. Es wäre auch kaum zu erwarten gewesen, 
daß Monteverdi, der trotz heftiger Angriffe, wie derjenigen Artusis, seine Anschau- 
ungen unentwegt weiter vertritt, den Streitigkeiten über eis und de», fis und ges 
auf dem Klavier viel Beachtung geschenkt hätte. 

1) Vgl. den Schluß seines Traktats und das Vorwort zum Orgelpart seiner 
Sacrae Landes von 1606 (Anhang II, Nr. 7). Ein Fastoral drama Eumelio, aufge- 
führt in Rom 1606, ist von ihm bekannt. Vgl. Vogel, Weltliche Vokalmusik I, S. ö. 

2) Eine Zusammenstellung einer Reihe solcher Vorworte, sowohl zu Partituren 
als zu Generalbässen, und für weltliche wie für kirchliche Werke in chronologischer 
Ordnung siehe Anhang II. 

3) Siehe Anhang II, Nr. 5. 



— 209 — 

in Tabulator notiert war, zu suchen. Es wird sich in den meisten Fällen 
um eine Begleitung nach dem Gehör gehandelt haben. 

Eine andere Frage, über die die Meinungen auseinandergehen, ist 
die von den Verzierungen. Von den Streichern und Bläsern, die 
über den Basso continuo spielten, besonders in den höheren Lagen, auch 
von der Laute, insofern sie als Ornamentinstrument gebraucht wurde, 
scheint man, soweit man nach Agazzaris Traktat urteilen kann, erwartet 
zu haben, daß sie sich in Trillern, Passagen und allerlei anderen Ver- 
zierungen ergehen. Für die Orgel aber und für die Fundamentinstrumeiite 
überhaupt ^scheint die Meinung doch mehr auf der Seite des schlichten, 
unverzierten Mitspielens der Akkorde zu stehen. Das stimmt überein 
mit der Ansicht des 16. Jahrhunderts, wie sie Vicen tino ausspricht (S. 155). 
Es wird besonders betont für die Begleitung des Sologesangs. Einige 
Komponisten erlauben zwar die Verzierung auf der Orgel, aber nur, 
wenn sie sehr vorsichtig angebracht wird, damit sie den Sänger nicht in 
Verlegenheit bringe, und auch die Schönheit des Gresanges nicht ver- 
dunkele i). Cima hält es für gut, daß man manchmal die Gesangs Ver- 
zierung mitspielt, obwohl er im allgemeinen an der Regel des unverzierten 
Begleitens festhält 2). 

Wo in dem Orgelpart neben dem BaB auch die höchste Singstimme 
mitgedruckt wird, ist sie nicht, wie man beim ersten Blick annehmen 
könnte, dazu bestimmt, daß der Organist sie durchgehends mitspiele. 
Giaccobi z. B. weist speziell darauf hin, daß die Oberstimme, die er 
über den Baß gesetzt habe, nur dazu da sei, um dem Organisten einen 
festeren Anhaltspunkt für die Gestaltung seiner Begleitung zu geben, 
nicht daß dieser sie immer mitspiele. Und Agazzari behauptet ganz all- 
gemein, daß man die Lage des Soprans möglichst vermeiden und hier 
vor allem keine Verzierungen anbringen solle. 

Eine so strenge vierstimmige Begleitung, wie die inMalvezzis Litermedien 
von 1589 und in Luzzaschis Solo-Madrigalen von 1601, ist mir anderswo 
nicht begegnet. Agazzaris Beispiel ist zwar fast durchgehends vierstimmig 
mit gelegentlichen Oktavverdoppelungen des Basses. Vor einer wenig ver- 
deckten Oktav- und Quintparallele bei der Kadenz scheut er sich nicht. 
Er läßt aber eine Klangverstärkung oder Abschwächung durch Vermehren 
oder Vermindern der Stimmenzahl sowohl wie durch Ziehen oder Ab- 
stoßen von Begistem zu 3). Andere Komponisten raten aber von dem 
ßegisterziehen ab und wollen die Stärke der Begleitung nur durch die 
Stimmenzahl regulieren ^j. 



1) Viadaoia. Giaccobi Anhang II, 8, Bonini Anhang II, 15. 

2) Anhang II, 9. 

3) Anhang I, S. 218. >Essendo dunque^ usw. 

4) Yiadana. Puliaschi, Anhang II, 16. Porta, Anhang II, 18. 

Kinkeldey, Orgel und Klavier. 14 



«/f 



/ 



— 210 — 

Es kommt manchmal vor, daß man dem Organisten dadurch eine 
Andeutung über die Stärke der Begleitung gab, daß man die Zahl der 
Singstimmen bei verschiedenen Stellen im Basso continuo angab, wie 
Soh, ä 4j ä 8 1). Auch wurde ihm manchmal dadurch ausgeholfen, daß 
man bei harmonisch schwierigen oder zweifelhaften Stellen Doppelgriffe 
im Basso continuo notierte 2). Die Orgelstimme zu Leone Leonis >Z 
lÄbro de Motetti ä 8« (Ven. Raverii 1608) fängt mit folgenden Takten an. 

See. Chorus. 



J HB .V ^ I J 



nf \ **J:^J,^ ^ 



Solche ausgesetzte Stellen kehren aber in dieser Stimme nicht wieder. 

Dem Basso continuo fehlte es in der ersten Zeit nicht an Gegnern. 
Wenigstens fehlte es nicht an Stimmen, die sich gegen die Stümper, die 
den Basso continuo als Eselsbrücke benutzten, erhoben. Sehr scharf werden 
die Dissonanzen und Kakophonien, die durch das ungeschickte oder 
unvorbereitete Generalbaßspiel entstanden, getadelt. Kibrochus nennt 
in seiner Vorrede von 15983) ^as in späteren Jahren so oft empfoh- 
lene Verlassen auf das Gehör geradezu eine Faulheit der Organisten, 
die die Mühe de^ Spartierens scheuten. Denn noch lange wurde dem 
Generalbaß spiel der richtige Gebrauch der vollen Partitur gegen- 
übergestellt'*). Einige Komponisten, die ihren Werken einen Continuo 
mitgeben, raten trotzdem dem Organisten, besonders dem unerfahrenen, 
die Werke in Partitur oder in Tabulatur zu setzen s). Bei Instrumental- 
kanzonen wird darauf hingewiesen, daß sie für das Solospiel auf Tasten- 
instrumenten spartiert und intavoliert werden müssen*). Zwischen der 
Partitur und der Tabulatur bestand auch ein gewisser Gegensatz. 
Das Partiturspiel wurde als das künstlerisch höherstehende betrachtet, 
obwohl es einerseits von dem Basso continuo, andererseits von der Ta- 
bulatur in den Hintergrund gedrängt wurde. Noch Prescobaldi in 
seiner Capriccio-Sammlung vom Jahre 1624 bricht eine Lanze für das 
Partiturspiel. Er läßt diese Capricci im Gegensatz zu seinen früheren 
Veröffentlichungen in voller Partitur und nicht in italienischer Orgelta- 



1) Viadana, Concerti 1602; Gastoldi, Salmi 1607; Banchieri, Eccl. Sinf. 1607. 
Auch in den späteren Werken von Agazzari 1617 und 1626. 

2) Lodovico Balbi, Messe etc. ä. 8. Yen. (Gardano) 1605. Tarquinio Merula, 
Oanzoni ä 4 per sonare. Yen. (Magni) 1615. Doppelter Bezifferung begegnet man 
bei Francesco Usper, Compositioni armoniche ä. 1 — 8. Ven. (Magni) 1619, S. 16. 

3) Vgl. S. 199, Anmerkung 1. 

4) Vgl. die Vorreden Anhang II. 

5) Piccioni, Anhang II, 10. Merula, Anhang II, 14. 

6) Banchieri, Eccl. Sinf., Anhang II, 6. 



— 211 — 

bulatur erscheinen und erwähnt in der Vorrede, daß sie dem Spieler 
einige Schwierigkeiten bieten, unter anderem darum, weil das Parti tur- 
spiel von vielen vernachlässigt worden sei^). 

Zuweilen wird auch das Generalbaßspiel in größeren theoretischen 
Werken aus deni Anfang des 17. Jahrhunderts erwähnt, und zwar nicht 
mit freundlicher Gesinnung. Diruta z. B. gibt in dem zweiten Teil 
seines Transilvano (1609 Lü), 4 S. 16) seinem Schüler den Rat, möglichst 
viele Bicercaren, Messen, Canzonen, Motetten und Madrigale gründlich 
zu studieren, um zur höchsten Vollkommenheit im Orgelspiel zu gelangen. 
Jede Gattung besitze ihren speziellen Vorzug für die musikalische Aus- 
bildung. Der Schüler möge es nicht machen wie viele, die sich damit 
begnügen, einen mangelhaften vierstimmigen Satz ohne irgendwelche Grund- 
lage zji spielen, und über den Generalbaß zu spielen. Dadurch setzten 
sie den tüchtigen Spieler herab und machten die guten Begeln zuschanden, 
indem sie glauben, daß sie mit geringem Studium ein großes Wissen er- 
langen könnten, über das ordentliche Generalbaßspiel vermöge er keine 
bestimmten Kegeln zu geben, weil man aus dem Generalbaß allein die 
Konsonanzen der anderen Stimmen nicht ersehen kann. Die Bezifferung 
solle da aushelfen, aber aus den Ziffern könne man nicht ersehen, in 
welcher Stimme die angezeigte Konsonanz oder Dissonanz liege. Die 
Bassisten behaupteten, man müsse sich darin üben, und sehr aufmerksam 
zuhören. Diruta erwidert, man könne schön die verschiedenen Stimmen 
heraushören, wenn die Sänger in der Nähe des Organisten stehen. Wenn 
sie aber weiter entfernt wären, sei es unmöglich, daß der Organist fehlerlos 
spiele. Er rät dem Schüler, die Stücke zu spartieren und alle 
Stimmen zu spielen. 

Am schärfsten und am treffendsten werden die Gegensätze, die mit 
der neuen Musikübung entstanden sind, von einem Autor charakterisiert, 
den wir als einen der ersten Komponisten, die mit gedruckten Orgel- 
bässen hervortraten, kennen lernten. Es ist Adriano Banchieri^), der 
über den Basso continuo sagt: 

»weil es leicht ist ihn auszufuhren, gelingt das konzertierende Spiel heut- 
zutage vielen Organisten vortrefflich; aber in großer Eitelkeit über ihre 
Sicherheit im Zusammenspielen befangen, achten sie wenig darauf, sich in 
der Fs^ntasia und im Partiturspiel anzustrengen, während gerade auf 
diesem Gebiet manch tapferer Mann sich unsterblich gemacht hat. So daß 
wir ohne weiteres in kurzer Zeit zwei Klassen von Spieler haben werden: 

1) II primo libro de Capricöi faMi sopra diversi soggetti et Arie in Partitura. 
Borna (Soldi) 1624, >Ä gli studiosi delT Opera, . . . perche ü sonare queste opere 
potrebbe riuseire ad aleuni di molto fatica, vedendole di diversi iempi, d: variationi, 
come a/nco pars, che da molti dismessa la praticä di detto studio della partitura* etc. 

2) Conclt4sioni dal suono del Organo, Bologna 1609. Excerpte im Katalog Bo- 
logna I, S. 63. 

14* 



— 212 — 

einerseits Organisten, das heißt solche, <Ue das gute Partiturspiel und die 
l^antasia üben, und andererseits Bassisten, die von lauter Faulheit über- 
wunden, sich damit begnügen, einfach den Baß ^) zu spielen. . . . Ich behaupte 
nicht etwa, daß das Generalbaßspiel nicht nützlich und nicht leicht wäre, 
aber ich sage wohl, daß jeder Organist den Generalbaß nach guten Regeln 
zu spielen suchen soll«. 

Wir sehen also, daß die Einführung des Generalbasses nicht ganz 
ohne Widerstand gelang. Selbst unter seinen Befürwortern zeigen sich 
schon in der allerfrühesten Zeit die Meinungsunterschiede über kleinere 
Detsiils der Ausführung, die sich durch seine ganze Geschichte verfolgen 
lassen, und di$ jetzt noch den Stoff für Streitfragen unter den heutigen 
Musikhistorikern liefern. Erst allmählich erkannte man seine wirklichen 
Vorzüge, und dann fing man an, sich mit ernstem Eifer an die Lösung 
der Aufgabe zu machen, die er dem wirklich künstlerisch gesinnten 
Spieler stellte. Seine höhere Entwicklung wurde wohl nicht am wenigsten 
gefördert durch den Gebrauch des Continuo bei den Monodisten, sowohl 
in der Oper, wie bei den Nachahmern von Caccinis T^Nvjove Musiche^ 
und Viadanas >Concerti Ecclesiastici* auf kirchlichem wie auf weltlichem 
Gebiet, und als Begleitung zu Soloinstrumenten wie auch für Solo- 
stimmen. 

Bald finden wir auch besonders gedruckte Orgelstimmen oder Continui 
in andereij Ländern. Es würde zu weit führen, diese im einzelnen zu 
verfolgen 2). Bloß für Deutschland mögen hier einige Anknüpfungen 
folgen, die eine Andeutung von der Verbreitung und dem Gebrauch des 
Basso continuo geben können. In Deutschland scheint Gregor Aichinger 
einer der ersten Komponisten gewesen zu sein, der seinen Kompositionen 
einen gedruckten Generalbaß beigab. Schon 1607 erschienen, von ihm 
T^Cantiones ecdesiasticae 3, & 4 voc, cum basso generali et cantu ad 
usum orgamstarum* Dilingen 16073). Von demselben Komponisten er- 

1) Banchieri meint wohl hier nicht, daß die Organisten nur die einfache Baß- 
stimme spielten, sondern er bat den leichteren Generalbaß im Gegensatz zum 
Partiturspiel im Sinn. 

2) Nur die auffallende Angabe von einem Orgelbaß zu Richard Deerings 
T^Cantiones Sacrae 5 voc.< Antwerpen 1597 (Phalese) soll hier berührt werden. Ea 
scheint daß diese Angabe auf ein Irrtum beruht. Sie erscheint schon bei Fetis 
[Biographie. Artikel Deering) und auch noch bei Riemann (Geschichte der 
Musiktheorie, S. 411, Anmerkung 1). Der Katalog der Musikbibliothek der 
WestminsterAbtei in LondonJ(Beilage zu den Monatsheften für Musik. 35, Leipzig 
1903, S. 9) führt das Werk mit dem Datum 1607 an. Eitner verzeichnet im Quellen- 
lexikon dasselbe Exemplar mit dem Datum 1617. Jedenfalls hat sich eine Ausgabe 
von 1597 nicht nachweisen lassen. 

3) Das Werk ist mir bis jetzt noch nicht zu Gesicht gekommen. Der Orgel- 
part hat wahrscheinlich zwei Systeme, mit Baß und Oberstimme. Vgl. Eitner, 
Quellen-Lexikon. Auch Riemann, Geschichte der Musiktheorie, S. 421. 



— 213 — 

schienen weitere Werke mit Basso continuo in Dilingen im Jahre 1609 
(vgl. Eitner, Quellen-Lexikon). In dieser Zeit erscheinen auch deutsche 
Ausgaben von einigen Viadan a'schen Werken mit Basso continuo in 
Frankfurt a. M.i). 

Nach Aichinger wäre Johann Stadlmayr zu nennen, von dem 
1610 in Augsburg >Missae 8 vocum cum Duplici Basso ad Or- 
ganum* erschienen. Der Orgelpart hat zwei Baßsysteme mit regel- 
mäßigen Brevistakten, aber ohne Bezifferung. Stadlmayr liefert uns auch 
einige Jahre später eins der frühesten Beispiele von einer gedruckten 
modernen Partitur auf deutschem Boden. 1614 erscheint von ihm in 
Innsbruck eine Magnificat-Sammlung mit einem Orgelpart'). Es sind 
•meistenteils ächtstimmige Stücke, zu denen der Orgelpart die zwei Bässe 
enthält. Im zweiten Magnificat wird das »Fecit potentiam* vom ersten 
Chor vierstimmig gesungen, und zu diesem Teil bringt der Orgelpart die 
volle Partitur. Das letzte Magnificat zu 12 Stimmen hat im Orgelpart 
die drei Bässe. 

Das Berliner Exemplar dieser Orgelstimme wird dadurch interessant, 
daß es handschriftliche Eintragungen enthält, die eine Andeutung von 
der Art des Gebrauchs geben. Sie wurde von irgend einem deutscheu 
Organisten benutzt, der entweder die gewöhnliche Notation, wie sie iu 
Italien gebräuchlich war, nicht spielen konnte, oder, wenn er sie auch 
spielen konnte, doch der deutschen Orgeltabulatur den Vorzug gab ; denn 
für alle Stücke ist unter den gedruckten Noten derselbe Baß in deutscher 
Buchstabentabulatur nachgetragen. Für das >Fecit potentiam*, welches 
Stadlmayr in Partitur druckt, schreibt der Organist nur den Baß in 
Tabulatur und beziffert ihn. Wo der gedruckte Baß eine Transposition 
vorschreibt, führt sie der Organist in seiner Tabulatur auch wirklich aus. 
Wie großen Wert die italienischen Orgellehrer auf die Transpositions- 
übung legten, haben wir schon gesehen (S. 127 ff.). Dem zuweilen sehr großeh 
Unterschied zwischen der Stimmung der Orgeln und der Lage, in welcher 
der Chor die Stücke gewöhnlich sang, wird von den italienischen Kom- 
ponisten Rechnung getragen, und die Orgelstimmen enthalten öfters ge- 
naue Angaben über das Intervall der Transposition; Meistenteils stehen, 
selbst wo solche Vorschriften gemacht werden, die Noten im Orgelbaß 
genau so, wie in den Vokalstimmen, und die Transposition mußte vom 
Organisten ausgeführt werden. Nur selten werden die Noten im Orgel- 
baß wirklich in der Transposition notiert. In Deutschland waren die 



1) CerUum eoncertuum ecelesiasticorum . . . Lib, 1, 2, 5, Francof. (Nie. Stein) 
1609 — 1610. Psalmi a 4 voci pari col B. per Vorg. Francof, (Stein) 1610. 

2) Super magnae matris divi/no carmine Magnificat Symphoniae Variae secundum 
tarios modos musicos aliae octonis^ una duodenis vodbtis cum duplici Basso orga/ni' 
corum tisui aceommodato. OemporUi (Agricola) 1614. 



— 214 — 

Organisten wohl nicht so gewandt Bei der Besprechung der Breslauer 
Orgeltabulaturen (S. 191) wurde schon darauf hingewiesen, daß diese 
öfters Transpositionen neben den Originalsätzen enthalten, in einem Fall 
sogar zwei verschiedene Transpositionen desselben Stückes. 

Nach Stadlmayrs Messen und den deutschen Ausgaben von Viadanas 
Werken von 1610 erhalten wir eine groß angelegte Sammlung, die mit 
dem Jahr 1611 einsetzt und der von Anfang an ein Bassus generalis 
beigegeben ist. Es ist das Promptuarium Musicum von Abraham Scha- 
daeus ediert und mit einer »Basis generalis . . . ad Organa musicaque 
Instrumenta aecomodata* versehen von Caspar Vincentius, Organist 
in Speier, später in Worms ^). Vincentius' Baß ist reichlich beziffert, aber 
meistenteils ohnß Taktstriche. Für Stücke von 5 bis 7 Stimmen ist er 
einfach, für die achtstimmigen Stücke ist er doppelt und hier wird öfters 
in weiten Abständen der Taktstrich angewendet, speziell bei den Stellen 
an welchen der Wechsel zwischen den Chören stattfindet. Im Vorwort 
zum Generalbaß des zweiten Teiles (1612) gibt Vincentius einige theo- 
retische Anweisungen, die auf Viadanas Regeln beruhen. Auf Viadana 
beruft sich auch Vincentius und stellt ihn kurzweg als den Erfinder 
dieser Art »Partitur« hin. In dem letzten Teil (1617) schreibt Vin- 
centius ein kurzes Vorwort an die »Chyanids Zaüis*^ denn der General- 
baß hatte auch in Deutschland seine Gegner, die ihm mit ziemlich den- 
selben Argumenten entgegentraten als die Italiener. Vincentius rät den 
weniger erfahrenen Organisten, die Stücke in italienische, deutsche oder 
französische (!) Tabulatur zu übertragen. 

Neben diesen Bassi continui erscheint auch bald ein neuer Versuch 
mit einer Orgelstimme in voller modemer Partitur, wie wir sie früher 
in Italien fanden, und die auch um diese Zeit als italienische Neu- 
heit in Deutschland angesehen wird. Es ist der Nürnberger Organist 
Johann Stade n, der zu einer Nachahmung der neumodischen italienischen 
Concerti Ecdesiastici auch für den Organisten eine solche italienische 
Partitur drucken läßt. Er bringt Stücke für 1 bis 5 Singstimmen, die 
den Anhang zu seinen »Karrmmme 8acrae<^ (ä 4 — 8 Nürnberg 1616) 
bilden. Der Orgelpart gilt nur für diesen Anhang und enthält immer 
alle Singstimmen über dem Baß in Partitur. Staden weist aber in einer 
kurzen Notiz darauf hin, daß die Partitur nicht immer notengetreu 



1) Promptiuirii Musiei Sacras Harmonias sive Motetas F, F/, VII dh VIII vocum 
e diversis .... atäoribus coUectaa, Pars Prima — CoUectore Abrakamo Schadaeo 
Senfftenbergenst Seholae Spirensium Eeeiore, (hd Basin vtdgo generalem dictam db 
ad Organa musicaque Instrumenta aeeommodatam addidit Caspar Vineentius ejusdem 
civitatis Musicus Organictcs, Ärgentinae (Ledertz) 1611. Der zweite Teil ebenda 
1612. Der dritte Teil 1613 mit Vorwort von Vincentiuß. Der vierte Teil 1617 zu 
Worms von Vincentius allein herausgegeben. 



— 215 — 

gespielt werden müsse. Ihr Zweck sei, dem Organisten klar zu 
machen, welche Stimmgattungen das Werk ausführen, damit er seine 
begleitenden Akkorde ordentlich anpassen könne ^). 

Hiermit haben wir ungefähr die Zeit der theoretischen Erörterung 
des Generalbasses von Michael Praetorius [Syntagma III 1619) er- 
reicht, und man kann wohl annehmen, daß sich bis dahin der General- 
baß fast überall eingebürgert hatte 2). Aber wenn wir auch von dem Ge- 
brauch des Generalbasses in Deutschland als einer Errungenschaft des 
17. Jahrhunderts sprechen, so möchte ich doch hinweisen auf das, was 
von den Breslauer Tabulaturen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahr- 
hunderts gesagt worden ist. 

1) Basso generali 9t*bjunctae voces Cantoria sunt, tä Organotketas easj quamquam 
non prorsus semper ad eandem varietatem exprimat; db tä liqueat, utru/m Cantor illas 
ut Diseanium an verd ut Tenorem ca/rvtUlet, <i/ tet a Basso eoncentum karmontcum in 
eas deducat db accommodet 

2) Zu erwähnen wäre vielleicht noch Demantius, der 1619 zu seinen Triades 
Sioniae einen Orgelpart mit höchster und tiefster Stimme {Bassus et Cantus generalis) 
drucken läßt, und in einer längeren Vorrede (lateinisch und deutsch] sich mit den 
Freunden und Gegnern des Generalbasses auseinandersetzt, wobei er seinen deut- 
schen Kollegen auf der Orgelbank {>qui raro artem componendi caUenU) kein 
schmeichelhaftes Zeugnis ausstellt. 



Anhang L 

AGOSTINO AGAZZAEL 

Del suonare sopra il basso con tutti stromenti & uso loro nel 

conserto. 

^ach der Ausgabe 1609 im Bassus ad Organum zu »Sacrae Cantiones quae Binis, 
Ternis, Quaternisque vocibus concinendae. Liber II, Opus V Motectorum«. 

Yenetiis apud Ricciardum Amadinum 1609: 

Per osservar rordine, e la brevitä, che si richiede in tutte le oose da 
trattarsi havendo voi al presente ä favellare di Stromenti Mtmcali ne bisogna 
primeramente far di loro divisione secondo il nostro soggetto, e proposta materia. 
Per tcmto divider&mo essi stromenti in duoi ordini: dod in alcwni^ come fonda- 
mentOy S in altri come oma/menti. Come fondamento sono quei^ che guidano, 
e sostengono tutto il corpo delle vodj e stromsnti di detto Concerto: quali sono, 
OrgcmOy Oravicerribalo, &c. e similmente vn occasion di pochij e soU voci Leuto, 
Tiorba, Ärpa (&c, Come omamento sono quelli, che scherxandOj e contra- 
pontegiando, rendono piu aggradevole, e sonor a Varmonia] doi LeutOy Tiorba, 
Ärpa, Lirone, Cetera^ Spinetta, Ghittarina, Violino, Pa/ndora, <& altri simili. 

Di piu gli stromenti^ altri sono di corde, altri di fiato. Di questi secondi 
(eccettuando VOrgano) non diremo cosa alcu/na^ per non esser in v^so we' hioni, 
e dold consertiy per la poca unione con quei di corde, e per Valteraxione^ 
cagionato loro dal fiato umano, se ben in conserti strepitosi, e gra/ndi si 
msschiano: e tal volta ü tronibone in picdol conserto j s^adopera per contrahasso^ 
quando sono organetti äW ottava alta: ma che sia ben suonato^ e dolce: e 
questo si dice in imiversale, perche nel particolare posson esser tali stromenti 
suonati con taV eccellenza da maestrevol mmio, che sia per accondare il conserto 
d) abbellirlo, 

Medesimamente li stromenti di corde, dhumi contengono in loro perfetta 
armonia di parti, quäle e VOrgano, Gravicembalo , Leuto, Ärpadoppia, Sc. 
dkuni Vhanno imperfetta, quäle e Cetera ordinaria, lArone, Chittarvna: <Sb altri 
poca, ö niente, come Viola, Violino, Pandora Sc. Noi per tanto trattaremo 
primamsnte di quei del primo ordvne, che sono fondamento, S han/no perfetta 
armonia, e nel secondo loco diremo di qusi che servono per oma/mento, 

Fatto dunque tal divisione, e distesi i sopra prindpii, veniamo älV 
insegnamento di suonar sopra il Basso, Dico dunque che chi vuole suonar 
bene, gli conviene posseder tre cose: prima saper contraponto ö per lo meno 
cantar sicuro, ed intender le proportioni, e tempi, e legger per tutte le chiavi, 
saper risolver le cattive con le buone, conoscer le Terxe, e Sesti maggiori, e 
mvnori, & altre simigliante cose, Seconda deve saper suonar bene il suo 



217 — 



siromentOy intendendo Vintavolaturjj ö spartitura, <& havere molta prattica ndla 
iastaturay ö manico du medesimo, per non stare ä mendicar Je oonsonanxe, e 
cercar le hoUe^ meräre si canta^ sapendo che focchio ä occupato in guardare le 
parti poste li davanti. Terxa deve havere Imon orecehio, per senUre lo mommento, 
ehe farmo le parti infra di loro; del che non ne ragionOj per non poter io col 
mio diseorso faglielo huono, haicendolo eattivo dalla natura, 

Ma per venire ä Patti, conchiudo che non si puö dar determinata regola 
di suonare Vopere^ dove non sono segni alcuniy conciosia che bisogna obedire 
la mente del componitore, qucM i libera, e puo, ä suo arbiirio^ sopra una 
nota nella prima parte di essa mettere Quinto ö Sesta, e per il contrario: e 
quella maggiore, ö minore, secondo gli par piu d proposito, overo che sia 
necessitato a questo dalle parole. E se bene qualche scrittore, che tratta di 
contrapontOj habbia diffinito Vordine di procedere da una consonanxa aW altra, 
quasi che aUrimenU non si possi fare, ne stia bene\ mi perdonera questo tale 
perche mostra di non haver inteso^ che le consonanze, e tutta Varmonia, sono 
spggotte, e sottoposte alle parole, e non per il contrario : e questo lo diffenderemo 
eon tutti le ragioni alV occasione. E ben vero, che semplicamentey e per lo 
piu potrebbesi dare certa regola da caminare, ma dove sono parole, bisogna 
vestirle di quella armonia convenevole, che facda, ö dimostri queUo affetto, 

Non potendosi dare regola ferma, bisogna necessariamente d cht suona, 
vällersi delV orecchio, e secondar Vopera, e sum movimenH; ma volendo trovar 
modo facüe di fuggire questi intoppi, e stconar Vopera giusta, ttsarete questo: 
cioe, sopra le note del Basso segnarete co i numeri, quelle consonanxe, ö disso^ 
nanxe, che vi sono applicate dal componitore, come se nella prima parte della 
note vi e Quinta over Sesta ö per il contrario, Quarta, e poi Terxa come 
per essempio, 







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Dovete in oltre sapere, che tutte U consonanxe, d sono naturali di quel 
tuono, 6 sono acdderüali: quando sono naturali non si fasegno alcuno: come 
per be quadro la terxa sopra Osolre/ut, che e befabemi, viene terxa maggiore 
naturalmente : ma volendo far minore, bisogna sopra la nota del Gsolreut farci 
il Bemolle: & allora e minore acddentalmente, E cosi alV mcontra, se si 
canta per Bemolle, volendola far maggiore, convien segnard il Diesis sopra', e 
cosi dico ddle Seste, avertendo, che il segno, che e sotto, ö vidno olla nota, se 
intende di quella stessa nota; ma quello, che e sopra se intende della consonanxa, 
che egli s'ha ä dare, come nel seguente essempio. 



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Tutte Taccadenxe, ö mexxane, ö finali voglion la terxa maggiore, e perö 
alcuni non le segnano: ma per maggior simrexxa, conseglio ä farvi il segno, 
massime nelle mexxane. 



1) Das V soll wohl über d stehen und die Mollterz andeuten. 



— 218 — 

Essendo dtmque gli stromenti divisi in due classi : quindi nasee^ che hanno 
diverso uffieiOy e diversamente s^adoperano: percioche quando si suona stromentOy 
che serve per fondamentOj si deve suonare con molto giudixio^ hauendo la 
mira al corpo delle voci: per che se sono molte, convien suonar pieno^ e rad- 
doppiar registri: ma se sono poche ^ scemarli^ e metter poche consonanxe^ 
suonando Vopera piu pura, e gitcsta^ che sia possibUe, non passegiando^ ö 
rompendo molto \ ma si bene aiutandole con qualche contrabasso, e fuggendo 
spesso le voci acute , perche occupano la vod, massime i Sopra/ni, ö falsetti: 
dove e d'awertire di fuggire per quanto si puole, qvsl medesimo tasto che il 
soprano ca/nta: ne diminuirlo con tirata, per non far queUa raddoppiexza^ S 
offuscar la bontd di detto voce^ ö il passaggio, che il buon cantante d fa sopra\ 
perö d buono suonar assai stretto e grave, 

E simile dico del lAutOj Arpa, Tiorba^ Arpicordo^ Sc. quando servono per 
fonda/mento, camta/ndovi wna^ ö piu vod sopra\ perche in tal caso devono tenere 
Varmonia jferma^ sonora^ e continuata^ per sostener la voce^ tocca/ndo hora 
piano j hora forte, secondo la qualitd e quantita delle voci, del loco, e deff 
opera, non ribattendo troppo le corde, mentre la voce fa ü passaggio, e qualche 
affetto, per non interromperla, 

Volendo finalmente insegnar d suonar sopra il Basso [non semplicamente 
d suonar, perche deve prima sapere) presopponiamo molti principii, e termini: 
come e Vandar dalV imperfetta alla pei'fetta, con la piu vicina\ si come per lo 
piu d vero, che Vaccadenxe vogliono terxe maggiori', le risolutioni delle cattive, 
con le buone piu vicine, come la settima dalla sesta, la quarta dalla terxa: 
quando la parte, che risolve, vien sopra\ ma se vien sotto, al contrario', pertanto 
non ne discorreremo alla lunga\ e chi non le sa, Vimpari: noi insegnaremo 
al presente il pörtar la mano nelV Orga/no, 

In molto maniere camina il Basso, doe ö continovato, ö per salto, d con 
iirata continovata, d con nere disgionte, se va continovato all' insu, si deve 
con la mano disopra venir aW ingiü, ö continicata/mente, d con salto: S cosi 
per il contrario, se la mano di sotto saglie, ö scende, per salto di terxa, di 
quarta^ d di quinto: aUora con la mano di sopra dovete proceder continovato- 
mente: perche non e bene salire, ö scendere insieme, che e brutto vedere, e 
sentire: e non vi e varietd aJ&una, anxi sarebbon tutte ottave, e quinte: se il 
basso va alV insu con tirata, la man sopra sta firma: se per nere disdolte, 
si deve dare d ogni nota la sua accompagnatura, Ecco Vessempio del tutto. 




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Schlußakkord c. 



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Havehdo fin qui detto a bastanxa delli stromentiy come fondamento, ianto 
perö che fhicomo gitcdizioso potra eon qussto picdol raggio acquistarsi molto 
lume: perche il dir troppo genera confusione\ diremo hora brevemente qical cosa 
ddli stromerUi d^ornamento. 

Li stromentiy che si meschiano con le vod variamentCj non per cdtro^ credo 
io, che per omar^ S abbeHir^ anxi con dire detto conserto si meschiano, S 
allora convien in altra maniera adoprarli dal primo: perdoche^ come prima 
tene/vano il tenore e Varmonia ferma^ hora devono con varieid di bei contraponti^ 
secondo la qualitd dello stromento fiorire e render va ga la m elodia, Ma in 
qussto e differenio Vuno dalV altro; perche il primo hoä^t^p suonar il basso 
postoli avanti, come sta; non ricerca^ che Vhuom(^IHIKi qran sdenza di 
contraponto: ma il secondo lo ricerca: poiche deve sopra il medesimo basso 
compor nuove parti sopra ^ e nuovi, e variati passaggiy e contraponti, Onde 
chi smma Leuto^ essendo stromento nobüissimo fra gV altrij deve nobilmente 
suonarlo con molta inveniione, e diversitd non como faivno alernii, i quali per 
haver buona dispostexxa di ma/nOj non fanno altro che tirarCj e diminuire dal 
prindpio dl fine, e massime in compagnia d'altri stromenti^ che fanno il 
similCy dove non si s&nte altro che xuppa, e confusione^ cosa dispiacevole , d; 
ingrata, ä chi ascolta, Devesi dunque^ hora con botte, e ripercosse dold] hör 
con passaggio largo , & hora stretto^ e raddoppiatCj poi con qualche sbordonata, 
con beUe gare e perfidie, repetendo^ e cavando le medesime fughe in diverse 
eorde^ e lochi: in somma con Iwnghi gruppi e trilli e accenti ä suo tempo, 
intrecdare le voci^ che dia vaghexxa dl conserto^' e gusto e diUtto alV uditori: 
gtuirdando con giudixio di non offendirsi Vun f altro: ma da/ndosi tempo: 
massime quando sono stromenti simili, ü per mio conseglio deve fuggirsi: se 
perd non vi fasse gran lontanxa^ overo fussero accordati in diver si tuoni^ e 
diverse grandexxe, E qusllo che dida/mo del Leuto^ come di stromento prindpale 
voglianno che si intendo de gTaltri nel suo genere^ perche lu/ngo sarebbe d 
raggionar di tutti nel particolare, 

Ma per hxmer ogni stromento stioi termini propri di qtiello, perö devCj chi 
suona vdlersi di quei stesd^ e r egger si conferme queUi^ per far buon lavoro. 
Verbi graxia; li stromenti d'arco ha/nno diver sa maniera de gValtri di penna, 
ö deta: perdö chi suona Ldrone, deve tirare Varcate limghe, chiarCj e sonore, 
cavando bene le parti di mexOj awertendo alle terxe, e sesti maggiori, e minori: 
cosa diffvcüy ed importante di quello stromento, II Violino richiede bei passaggi, 
distirUiy e lunghiy scherxiy rispostine, e fughette replicate im piu lochi, affettuosi 
accenti, arcate mute, gruppi, triUi <&c, B violone come parte grave procede 
gravamente, sostenendo con la suo dolce risonanxa Varmonia delV altre parti, 
irattenendosi piu che si puo, nelle corde grosse, tocca/ndo spesso i contrabassi. 
La Tiorba poi, con le sue piene, e dolci consonanxe accresce molto la melodia, 
ripercotendo e passeggiando leggiadramente i suo bordoni, particolare eccellenxa 
di qiteUo stromento, con trilli, S accenti muM, fatti con la mano di sotto. 



— 220 - 

L'Ärpa doppia, quäl e stromentOy che val per tutto^ tanto ne soprano^ come ne 
bassiy devesi tutta recercare, con dold pizzioaU, con risposte d'ambi le man% 
con trillij (^o. in somma vuol buon contraponto. La Cetera^ ö sia ordinaridy 
ö Geteronßj deve usarsi come Valtri stromenti scherxando, e contraponteggiando 
sopra la parte : Ma ogni cosa si deve usar con prudenxa : perche se li stromenti 
sono soll in conserto, devono far il tutto, S condur il conserto: se sono in 
compagnia, hisogna haversi rigttardo Vun l'altrOj dandosi ea/mpo^ e non offen- 
dendosi: se sono molti, aspettar ogri uno il suo tempo: e nori far come il 
passeraioj tutti in un tempOj S d ehi piu gridare. Et qitesto poeo sia detto 
solo per dar alqua/nto di lume, ä chi desidera imparare; per die chi fa da per 
se, non ha hisogna dHnsegnamento d^alcuno, e per tali io non scrivo\ poicJie 
gli 8timo\ <S^ honoro: ma se qualche helV humore, come accade, desidera dis- 
correr piu oltre in simiglia/nti materie, farö sempre pronto, 

Finahnente conviene saper anco irasportare le Gantilene da v/n tasto ad v/n 
altrOy quando perö vi sono tutte k consonanxe naturalis e proprie di qud tano : 
perche aUrimenti non si debbon irasportare j perche fa brutissimo sentire, come 
io alle volte ho osservato^ che trasportando un primOj over secondo tono^ che 
sono di natura soave^ per le molte cor de di Bmolle, in qualche tasto , che'l 
suono fra di Bquadro, difßcilmente potra, chi suona^ esser canto^ che non 
indampi in qualche contraria voce; e cosi vien d guastarsi il conserto ^ & 
offender Vudito de gli ascoltanti con tal crudezza^ a/nzi mai mostra la naturalexza 
di quel tuono» Trasportar alla quarta^ 6 quinta, e piu naturale j e commodo 
di tutti: e tal volta una voce piu giii^ ö piu su\ ed in somma convien veder 
quäl piu proprio e conferente ä quäl tuono: e non como fa/n/no alcunij che 
pretendono sonare ogni tuono in ogni corda; perche s^o potessi disputar alla 
lunga, gli mostrarei la improprietäj ed error loro. 

Havendo io sin' hora trattato di suonar sopra il BassOj mi e paruto bene 
dir quäl cosa intorno d esso\ poiche sd^ che vien biasimato di quäl cKuno^ 
quMe ö non intende il suo fine, ö non gli basta Va/nima sonarlo. Per tre 
cagioni dunque d stato messo in uso qvssto modo: prima per Io stile modemo 
di cantar recitativo, e comporre : seconda per la commoditd ; terza per la quantitä^ 
e varietä d^opere, cfie sono neoessarie al conserto» 

Della prima dico, che essendosi ultimamente trovato il vero stile d'esprimere 
le parolCj imitando Io stesso ragionare nel meglior modo possible] il che meglio 
succedcj con una^ ö poche vociy come sono Varie moderne d'ahv/ni valenf 
huominij e come al presente s^usa assai in Roma ne' conserti; non e necessaria 
far spartitura, 6 intavolatura: ma basta un Basso con i suoi segni^ come 
hahbiamo detto di sopra, Ma se alcuno mi dicesse^ che ä suonar Vopere antiche 
piene di fughe^ e contrapimti^ non e bastevole ü basso \ ä dö rispondo non 
esser in v^o piu simil cantilene, per la confusionCy e xuppa deUe parole, che 
dalle fughe lunghe ed intrecdate nascono: ed anco perche non ha/nno vaghezxa: 
poiche cantandosi ä tutte le vod, non si sente ne periodOy ne senso: essendo 
per le fughe interotto, e soprapostOj anzi nel msdesimo tempo ogni voce canta 
parole differenti dalV ältro: ü che ä gV huomini intendenti^ e gvudidosi dispiace: 
e poco m,anco^ che per questa cagione non fosse sbandita la Musiea da S. Ghiesa^ 
da un Sommo Pontefice^ se da Oiovan Palesirino non fosse stato preso, riparo, 
mostra/ndo d esser vitiOy ed errore de* componitori, e non della Musica: ed ä 
confermatione di questo fece la Messa intitolata: Missa Papae Marcelli, Onde 
se bene per regola di contraponta sono buone tali compositioni : nondim^eno per 
regola di vera e buona musica sono vitiose: il che nacque per non intender in 



— 221 — 

fbie^ <Sb uffido^ e buoni precetti di essa\ volendo quesH tali star solo nelV 
osserva/nx^ della fuga ed Imitation^ e delle notte, e non deW affetto^ e somiglianza 
delle parole: cmx/i^ molii facevano prima la mvMca^ e poi d appicavcmo le 
parole] e dö basti per Iwra, non essendo d proposiio in questo loco il discorrer 
alla lunga di tal materia, La seeonda cagione e la commoditd grande; perche 
non picciola fatioa havera molto capitale per lo occorenxe^ oltre ehe ehi desidera 
imparare a sonare^ e sciolto dalla intavolaturaj cosa ä molü diffidle e ru/iosa^ 
anxi molto soggietta ä gVerrori, perche Vocchio^ e la mente tutta occupata in 
gitardar tante parü massime venendo occasione di consertar alV improviso, 

La terza finalmente, che e la quantitd deW opere necessarie al conserto^ mi 
pare sola bastevole ad introdurre simil commodiiä di sonare: poiche se tutte 
C opere j che si cantano fra Vanno in una sola chiesa di Borna: dove si fa 
professione di consertarCj hisognarebbe alV Orgamstay che havesse maggior libraria, 
che qualsi voglia Doüor di legge: onde ä molta ragione si e introdotto simil 
bassOj col modo perö sopradetü)] conchivdendo non esser bisogno ne necessaria 
d chi stwna, far sentir le parti come stanno, mentre si suona per cantarvisi, 
e non per sonar Vopera come sta che e diversa cosa dal nostro soggetto. E 
questo che si e detto basti per lo molto ^ che si potrebbe dire; volendo io brevemente 
sodisfar piu alle vostre cortese dimande: comepiu volte mi havete fatto instanxa^ 
che al mio genio, quäl d piu dHmparar da gV altriy che dHnsegnare. Äccettatelo 
dunque come egli e, e scusatemi per la brevitd del tempo. 



Anhang IL 

1. Calestani, Girolamo. Sacrati Fiori musicali a otto voci 

Con il Basso continuato, & soprano, ove h stato necessario, per mag- 
gior commoditä de' Sig. Organisti. Parma (Viotti) 1603. 

T^Älli Signqri Organisti .... 
HaverKf io odito in alcune Gittd (Tltalia la frequenf Ärmonia^ che suole 
usar VOrgano^ tanto we' concerti, (& in Sälmi del Vespero] qua/nto in aW höre 
Canoniche, <& con falsi Bordoni^ & simili lodi in vari tempi divise: ha con 
doldssimo modo rapito me stesso (e massime nella nostra Oittd di Jjucca^ che 
di cotanta graiissima Melodia odita hör coH solo Basso^ adesso il semplice So- 
praninOj inunpunto i vari strumenti si di fiato, conte di corde, dir posso c^ha 
pochi pari) c^havendo im armo giä fabricato sopra il Theoristo bersaglio wn 
vago Mäzzetto d'alqtmnii Fiori a 4, 5, 8, & 10. vod incom/modi per V Organa^ 
ho fatto resistenxa alla tadta censura. Et gradito il gentil modo di ben lodare 
quel Gentro dHnfinita grandexxaj sommi posto in animo posporre quelli, & seminar 
questi pochi in qicella muniera^ che per commoditä vostra hö giudicato che debba 
essere, E se bene considerarete la Partitur a^ veramente conoscerete^ ck'io Vhö 
Motta in forma, che ogni professo ne resterd ben servito . . . . « (Vgl. Katalog 
Bologna 11, 189—190.) 

2. -Nodari, Gio. Paolo. Mellifluus concentus in Psalmos David. 
Venetiis (Amadinus) 1605. 

>Avertendo perb che sem^ Organo non faranno bona riuscita essendo aposta 
fatti per V Organo ^ e perö gli ho fatto la presente spartitura qtmle sonandosi 
come stdj il Signor sard laudatOy io di voi honorato^ e voi di me sodis fatti j 
State sani,< (Vgl. Katalog Bologna II, 281.) 

3. Eognoni, Domenico. Partito delle Canzoni ä 4 & 8 voci. Milane 
(Tini & Lomazzo) 1605. C^..;^< \ ^\ --^. y>f^c( ... ]j[[. h ' . 

-»Alli virtuosi Organisti — Havevo pensato di non dar^ alle stampe questo 
partito, si perche alcuni non pensassero chHo Io dassi fuori, acdoche con qttesta 
commoditd Vopera havesse maggior ricapito] si perche a/nco gli studiosi di questa 
professione divengono con questa commoditä tepidi, ove nel partire si farmo 
prattid, <& ne cava/no molto frutto, Ma alcuni amid m* hanno detto che questa 
opera ordinariamente sard suonata, S che vi fd bisogno del Partito; onde per 
compiacerli Vho dato fuori, conoscendo che in ogni cqso meglie e il ParÜtOj 
che il Basso contimtato « 



— 223 — . 

4.-Nantermi, Orazio. Partito [volle Partitur] del Primo Libro delli 
Motetti a cinque voci. Milano (Tradate) 1606. 

Dedication. > . . . . che havendo dato alle stampe i presenii Motetti 

venghi a dedicarle la Partitura dz essi, la quäle si come non serue ad altro^ 
che ä scoprir le viscerCj <& il core d'essi Motetti * (Vgl. Katalog Bo- 
logna n, 469.) 

5. Massaino, Tiburtio. Partituraper sonar nell' Organo della Musica 
a una, due, et tre voci. Venetia (Raverii) 1607. 

Non fü mai pcnsier mio dar alla stampa questi cantij da me compostiper 
compiacere d chi in diver si tempi, S lochi me ne ha ricereato; non per ehe 
sde^nussi che fossero veduii, S uditi dopö stampate tante altre opere in Imgua 
Latina^ d; Italiana per il eorso di poco meno di 40 anni^ atteso che alcuni 
compositori di bona soola, corrono questo campo; ma per che e fatto tanto com- 
mune questo modo di comporre che ogn^ uno vi si ha voluto impiegare; de che 
e nato il dispreggio, che il mondo cominda ad havere di questa maniera 
de Ganii: Oltreche^ se ben tal volta hö udito dlcun suonatore, che habbia suo- 
nato ä proposito con questi Ba^si continuaU, ne hö pero udito infinitij che con 
il loro suonare pieno di mende affatto, levano alle eompositioni Varia^ <& VesserCy 
che gli ha dato il proprio Padre, Non ostante pero questa difficultä hö risoluto 
di lasdargli uscire alla stampa^ non perche giudiehi che contenghi/no in se stessi 
vaghexxa^ od Eccellenza^ ma per dar gusto d chi ti&n msco amicitia da cui 
contimuitamente ne son ricereato. lo havea pensato di stampar seco VIntavola- 
iura per maggior commoditd di semplid suonatori^ S Monache^ ma hö mutato 
pensiero per non accrescere tanto il Volume, che pero hö posti appresso al 

BassOj una parte che sempre canti; lo non hö manco voluto stampargli 

tutti passeggiatij come la maggior parte sono appresso di chi me gli ha fatti 
comporre^ ma mi son contentato di ponergli alcuni ^ fatti cosi dal suo nasci- 
msnto, Non darö altro ricordo alli Signori suonatori, se no7i che suoni/no 
neue istesse chiavi^ dove sono scritti perche se questa operuccia capiterä per sua 
bona Sorte alle mani d^Eccellenti huomini saprano cio che fare^ se ai poco 
pratieij e stato ricordato qicanto basto, da altri<, 

6. Banchieri, Adriano. Ecclesiastiche Sinfonie ä 4. Venetia (Ama- 
dino) 1607, 

>VÄutore a chi legge, — Queste Ecclesiastiche Sinfonie^ overo Ganzoni 
alla Francese volendole sonare con tutte quatro le parte sopra Vistromento da 
tasti si possono spartire, (& intavolare^ che ritisciranno comode. Ma volendole 
cöncertare con voci^ <& stromenti^ a/oertasi VOrganista favorirle sonando il Basso 
seguente senxa dkrnia alteratione ma con gravitd, <& sodexxa; non tralasdando 
dire a questo proposito^ che fra pochi giomi il Signore Agostino Agaxxari^ 
Micsico & Organista celebratissimo manderä in luoe trattato opera utile per chi 
concerta^ S necessaria a chi desidera imparare a sonare francamente sopra il 
Basso segu&nte; opera che ancora opporterä grandissima utilitä a quelli Organisti 
gli qicali si servono del mio libro intittolato Organo Suonarino^ che Vanno pre- 
terito fu stampato in Venetia dalV Amadino, per benefido de chi sicuro de- 
sidera rispondere alternativamente a gli canti fermi di tutto Vanno, sopra un 
Basso segusnte<. 



~- 224 — 

7. Agazzari, Agostino. Bassus ad Organum &Mttsica instrumenta. . . . 
Sacrarum Laudum .... Lib. 11. Venetiis (Amadinus) 1608. Erste 
Ausgabe 1603. (Vgl. Katalog Bologna II, 333.) 

>iZ nuovo stilCj ctCio se non mHngcmno^ ho tenuto in comporre li Motettiy 
seguendo il maggior affettOy che per me si e potutOy del cantare, ed isprimer 
vivamente le parole (cosa propria del Concerto) hammi spinto a diohiarar la 
mio mente mtorno dl co^icertare quesio mio componimento novello parto di 
quesf anno. Et primeramente desidero, che chiunque virtuoso si degnerd di 
cantar* simiP opera, sappi, che questo stile^ oltre li cantanti sicuH richiedc la 
misura molto larga^ massime nelle esclamationi ^ & parole affettuose potehdo 
tal volta nel mexxo ristringerla^ com' in quahhe proportione^ ö fuga ribattuta 
ritorna/ndo poi aUa primiera^ sendo che cosi si da piü affetto al canto S forza 
alle parole non perdendo la gravitä dovuta nella chiesa, Secondo voglio av- 
vertire quel che sono, che per mancanza ddla stampa non havendo potuto se-- 
gnare li ^ & li k doe le terze maggiori^ & minori^ (Sb i numeri sopra le note 
conforme al hisogno loro, vogli porger Vorecchio a i cantanti^ <Sb secondar la 
tessitura^ se gia non volesse segnarli con la penna rivedendoli prima . . . .« 

8.r-Giaccobi, Girolamo. Prima parte de Salmi concertati a due e 
piu chori. Ven. (Gardano) 1609. 

». . . . con la Partitura poi per VOrgano^ appresso iV Basso conünuo^ con 
gli accidenti soliti segnatiy si e posti anche la Parte piu accuta; non perche 
Vorga/nista Vhabbi a rappresentare continuatamentCy md si bene ä fine^ che 
havendola innanzi ä gli occhi posso <& aiutare S discretamente accompagnare 
il canta/nte, massime qimndo resta solo^ acciö gli sia per mezzo di tal discre- 
tezza (& accentare <& con passaggi di suo gusto dar qudla perfettione che gli 
parera esser conveniente d tal concerto*. (Vgl. Katalog Bologna II, 234.) 

9. -Cima, Gio. Paolo. Concerti, ecclesiastichi a 1—8 voci. Milano 
(Tini & Lomazzo) 1610. 

»Mi favoranno anco li volenti Organisti quando sonaranno questi miei (solo 
con Basso, S Sopra/no) accompagnarli con le parti di mezo con quella maggior 
düigenza che sia possible, perche gli accompagnamenti grati fan grato il Canto, 
Et scuoprendo passi alquanto licentiosi, considerino le parole, overo V affetto della 
Mimca, che troveran/no esser fatta ogni cosa con sano giuditio. Et benche nel 
Partito m molM hwghi d siano le gratie, come stanno nelle parti; Dho fatto 
acdö si vegga lo stile; oltreche anco e di molto agiuto al Cantore suonargli tal 
volta romamento. Ma per lo piü giudicarei essere bene, toccare solo il fermo, 
rimettendomi perö del tutto al perfettissimo giudicio loro « 

10. Piccioni, Gio. Ooncerti ecclesiastici äl— 8 voci con il suo Basso 
seguito. Venetia (Vincenti) 1610. 

»'.... La prima [considerationej sard, cantando e sonando guesta sorte di 
Mimca in Organetti pieeioli di tre piedi e mezzo Vuno, come ho veduto usarsi 
in molte Gittd d^Italia per esser qudli un^ ottava piü alii della voce humuna, 
sard bene che VOrganista suoni un ottava piü bassa e massime quando si canta 



— 225 — 

«tM» Coneerto a4 tma voce sola; perche qtumdo qtcella Musica sarä una qumta 
oqI. Basso segtfitOf soncmdo cüV aUa in (le^(pjr^a;f|f^*(p^^?^ 
scoperta, che , fa brutto effeMo. La seconda sarä chi d questa sorü di concerti, 
io non ho voluto porre ahu/na sorte di acddenti^ come DiesiSf B mollig nwmeri 
sopra le note^ come fanno molHy poiohe ä queUi Organisti che non sono.moUo 
esperti sono piü tosU di confusione, S d quelU che sawno^ dh d vakm£ hwy- 
mm«, non occorrono tcUi acoidentiy poiche con Vorecchio^ e con Torte li suo- 
nano d dovere. Mnalmente sard bene, che qu/eUi Organisti^ che non sono 
pxaüohi a sonar sopra il Basso seguito, e che nonpossedono VArte deUa Mt/tsica^ 
volendo haver sodisfattione di questa sorte di concerti, li spartino, e Vmtavolino. 

11. Fergusio, Gio. Batt. Motetti e Dialo^^ ä 1 — 9. Venetia 
(Vincenti) 1612. 

>Nel Basso continuo non si sono segnate tutte le consonanze come aloum 
usano, ma solo le piü necessarie per non confonder, rimettendo que$to al giu- 
dicio deff Organista, qtuü o per prattica^ e sdffnza deW Arte, o per prontexxa 
di orecchia e di mmto le fard senxa che sijno segnate, e a chi non fosse cosi 
esperto laudo pTvvcl4amenie riconoscer la natura de i concerH, e maniera os~> 
servate nel compotgli.^ (Vgl. Katalog Bologna IE, 420.) - - , . 

12. -Burlini, Antonio. Fiori di concerti spirituali äl — 4 voci. Ven. 
(Yincenti) 1612 gibt einige Regeln über Bezifferung usw. Siehe 
F^tis. Biographie IE, 118. r ' 

13. Burlini^ Antonio. Lamentationi h 4, Benedictus ä 5, due Mi- 
serere ä dne chori. Venetia (Vincenti) 1614. 

>AUi virtuosi cantori chi haverd commoditd di concertare queste mie La- 
mentationi am gU Istrvmienti hisogna^ che faeda ima ö dice copie del Basso 
conHnuOy che senriranno per due Chitarronif ö LauM^ che d questo fine gli hö 
aggionto la parte per v/n ViolinOj che reusdranno benissimo*. 

14. Merula, Tarquinio. I Libro delle Oanzoni k 4 voci per sonare. 
Venetia (Magni) 1615. 

>Benche per maggior fadlitd di li Signori Organisti vi sia posto il Basso 
continuo alle presente Ga/nxoni laudo nondimeno il partirle.* 

15.-^ Bonini, Don Severe. Affetti spirituali ä 2 voci parte in istile 
di Firenze o recitativo, per modo di Dialogo, e parte in istile misto 
Ven. (Gardano) 1615. 

^Awertiscano queUi, che suxmano il Basso continuato^ di sonarh senxa 
diminuirvi sopra, come ancora di non lo gruppeggiare, perche aUtim^nti facendo, 
verrebbono a confondere, i coprir Vaffetto e la graxia del Gatffhre^ la quaU oon- 
siste in tmo iscemare, S in vm>o accrescer di voce talorcf oecömpagnato dal 
trülOj e dal gruppo e da qualche diminuzione di note*. (Vgl Itfttalog Bologna 
II, 384.) 

Kinkel dey, Orgel und ElaTier. 15^ 



.oi 



y 



~ 226 — 

16.-Puliasehi, Gio. Dom, Muskhe varie a unaTOce con il rao Basso 
continuo per sonare. Roma (Zannetti) 1618. — Gibt eine längere 
Erklärung seiner eigenen Art, diese Werke vorzutragen. 

>. . . . soglio aecompagnar la mia voce con diversa maniera di conso-' 
nemxe qucmdo piü piencj e quando piü vote secondo il passo; S in partico- 
lare qiujmdo la parte ßfe' io cantö discende sotto il Basso da sonare mi servo di 
poche eonsonanze^ e quelle che piü accompagnano qud passo: ne sempre mi 
servo delle consonanze; poiche come ogn^ uno potrd da se stesso vedere nelV 
operttf in alcuni passi stimo assai il far gtistar ä chi sente le dissonanxe por- 
täte con la voce in modo che non ojf&ndino aspramente VorecchiOj adoprando 
uno somiglia/nza d^andar si/^ßopato^ che le da graOa, che faccvno effetto^ come 
ogn^ uno che m'ha piü volte udito, sa henissimo; « (^gl» Katalog Bo- 
logna m, 155.) 

17. Zoilo, Oesare. Madrigali ä 5. Ven. (Magni) 1620. j.. ,. 

^VAutore compose queste Madrigaii, con intentione che dovessero esser can- 
tati, con ci/nque spie voci, <& senxa alcuna accompa^gnatura di qualsivoglia In- 
strumento S cosi desidera S prega che si cantino. Ha vohUo con tuttö cio 
aggiungervi il Basso continuo per confermarsi con Vuso de tempi^ se ben in 
alcuni luogi quando ccmtano due sole parti^ volontieri thaverehhe fatti apparir 
a modo dHntavolatura ma la stampa che in do ha moUa difficultd non lo 
permette, 

18. Porta, Ercole. Sacro convito musicale ä 1 — 6 voci. Ven. (Vin- 
centi) 1620. 

> servendosi il saggio Orga/nista delV orecchiOy per non haver in molti 

luoghi (massime nella Messa) segnato intieram€nt& le consonanz^y S dissoncmxe 
S do per non offuscare i poco prati&i sona/ndo aneo con poeo rmmero di cann 
sonanxey nel ristretto ^una^ <& due voci, riskrhandosi porte in opera, e ma»^^ 
e piedij ne i ripieni senxa perd aggiunta di registri; ben che di do non öc- 
corra avisare i prudenti di tal arte<, (Vgl- Katalog Bologna ü, 482.) 

19. Brunetti, Gio. Salmi intieri concertati ä 5 e6. Ven. (Vinc.) 1625. 

*. . . . Non ho voluto m^ttervi abachi per gli accompagnamenti prosfupo- 
-nendo che V Orga/nista hau^endo risguardo alle note antecedente e sussequentCj 
con dare anco orecchia alle parti che cantano; possi fadlmente venire in cogm- 
tione dalle loro relationi gli accompagnamenti che se li devono*, (Vgl. Kata- 
log Bologna 11, 187.) 



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- 228 - 
Beispiel für Tonleitern. 



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Bermudo. 
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- 229 - 
Der vierte Modus. 



V|rl'8. 26. 

Bermudo. 
Seolaraoion Fol. 115.*> 





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ONach Bermudos Angaben sind in diesem und in den folgenden Stücken keine Accidentien 
suerg&nien. Das seheint aber fraglich. Vgl. das Tabulaturf ragment . 



- 230 - 






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Der wahre sechste Modus. 



Bermudo. 
Declaracion Fol. 116. 



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- 233- 
Vexilla regis prodeunt. 



Vgl. 8. 25 u. 8«. 

Bermudo. 
Declaracion Fol. 119. 



Gantus. 
Altus I. 



Altus II. 
Tenor. 



Basis. 



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- 236- 

Sancta Maria. • 

Arte de taner Fantasia. 
1666. 

Der erste Modus. 



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- 237 



Der zweite Modus. 



Sancta Maria. 
Arte de taüer. Fol. 68. 



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Der dritte Modus. 



Sancta Maria. 
Ebenda.. 









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239- 



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Der vierte Modus. 



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Arte de taüer. Fol. 68^- 



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- 240 - 



Der erste Modus auf G. 



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Sanota Maria. 
Arte de taner. Pol. 72^- 



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-241 - 

Die Harmoniesierung einer Melodie. 

a.) Harmoniewechsel nur in den Mittelstinunen. 

Sanota Maria. 
Arte de tafler. T. II. FoL 32^- 



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b.) Vollständiger Harmoniewechsel. 



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Ebenda Fol.33. 



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c.) Oktavschritte im BaB. 



Ebenda. 



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- 243- 



Vgl. 8. 53. 



Wie man beim Fantasieren vorgeht. 

Sancta Maria. 
Arte de taner. T. II, Pol. 120^- 



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1) Im Origrinal hat der Baß / d statt a /. 

Kinkeldey, Orgel und Klavier. 



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- 244 - 



Sancta Maria. 
Arte de taner. Fol. 80. 




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- 246 - 



Giaches Buus. ^^^- » *** 

Ricercari da cantare e suonare d'Organo e altri stromenti. 

Lib.n.l649. 

Nach R. Schlecht 
Geschichte der Kirchenmusik« Fol. 360. 



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Vgl. 8. 92«. 106. 



I Libro de le Ganzoni Franoese... per Andrea Antigo intagli- 
ate. Venedig (0. Scotto) 1535. 



Alto. 



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reclite Hand, während die linke Hand die übrigen Stimmen nimmt. 



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Susanne un jour. 

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Ges. Ausg. 14, 229. 



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CanEoni alla Franoese et Rioeroari ariosi. Tabulate per sonar so- 
pra Instrumenti da Tasti; dall' Eccellentisso. Andrea Gabrieli. 
Novamente date in luce. Libro V. Venetia, 1605. 






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- 275- 



Fol. 8. 



Sancta Maria vel Christus resurgens. ygi, g. 191. 

[Josquin de Pres.] 

Ms. Mus. 6. Stadtbibliothek Breslau. 

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Diletto Spirituale. 



Vgl. 8. 12«. 



Cansonette a tre et a quattro voci compostc da diversi ecc^^ Musici Racoolta da 
Simone Verovio Intagliate et Stampate dal Medesimo con rintavolatura del 
Cimbaio et Liuto. Roma 1586. 

Feiice Ancrio. 




Je . Bu de - cuB ange . licum, In au - re dulxe can . 



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in cor . de nee . tarcoe.li.cuin. 







Jesu mi dulcissime. 



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- 283- 



Fronimo. 
Dialogo di Vincentio Galilei. 

Venezia 1584. 
Ricercaren für Laute. 

Ricercare del primo tnono perl). p.so 



Vgl. 8. 147. 






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Rieercare del sesto tuono perl). p 31 

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- 285- 



Ricercare del settimo tuono per t|. 



P.82 










- 286- 



Madrigali di Luzzasco Luzzaschi 



Vgl. 8.157. 



per cantare et sonare a uno, e doi, e Ire sopraiü, Fatti per la Musica del gia 
8er^ Duca Alfonso d'Este Stampati in Roma appresso Simone Verovio 1601 



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me hör e, per trariniall'iilti.jne höre quel bei petto ten • ti, 



Per trar ml all*ulti.me höre 



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- 296 - 



Vsl.8.122. 



Cänzoni d*Intavolatura d'Organo di Claudio Merulo. 

Lib. I. Venetia 1592. 



Ganzon a 4. Dita La Zambeccara. 



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-297- 





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- 800 - 





Canzon a 4. Dita La Bolanda. 



Pol.33. 




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Im Origrinal 



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- 301- 



Toccata et Ricercu/i d'Organo. 



Virl. 8. 67 Anm. 3. 



Del eücellentisBimo Annibale Padoano giäOrganista della serenissimaSignoria 

di Venetia. Novamente 8tampate,et date in Luce. Venetia Appresso Angelo Gar- 
dano. 1604. 

Toccata del primo tono. 




- 302 - 





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- 306- 

Intermedii e concerti... 

in Firenze 1589. Venedig 1591. 
Komponiert von Antonio Archilei. 
Oesungen Ton Vittoria Archilei. 



Vgl. S. 173. 




Dal.le piüal.te 



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Anmerkung. An den mit ? bezeichneten Stellen sind offenbare Druckfehler oder TJngenMiig^ 
keiten des Originals ge&ndert worden. Bezüglich der Textbehandlung: läßt das Original 
viel zu wünschen übrig:. Die hier g^ebotene Textunterlage hält sieh möglichst eng an das 
Original. Man vergleiche die Solo-Madrigale von Luzzaschi. Die kursiv gedruckten Stellen 
sind die im Original nur angedeutete Wiederholungen. 



- 307- 




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- 308- 




eia,che fino al ciel 



bat . ten . do Ta . .11, hat.ten. 



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- 312 - 



Aus den Florentiner Intermedien von 1589. 

Secondo Intermedio. 



Luoa Marenzio. 



Sinfonia. 
ft5. 



Ganto. 



Alto. 



Tenore. 



Settimo. 



Basso. 




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Register. 

Hanptst eilen, längere oder wichtigere Abschnitte sind mit fettgedruckten 
Zahlen, weniger wichtige Stellen, bloße Erwähnungen oder Zitierungen sind mit 
gewi5hnlichen Zahlen angegeben. Kleine Zahlen bei den Seitenangaben 
bedeuten Anmerkungen. A bedeutet Anhang. Für die Unterabteilungen eines 
Artikels gilt nur die eine darauffolgende Zahl, wenn nicht mehrere Seitenan- 
gaben durch u. (und) als zusammengehörig gekennzeichnet sind. 



Abbildungen von Kammerorchestem 184. 

Absetzen 12^, 13» — auf das Monochord 
(Bermudo) 20, — von Mensuralmusik 
auf das Monochord 45, 98. 

a capeUa-Fenode l, 81, 161. 

Acceru.f 118. 

Adam le la Haie 189^. 

Ada'T on Fulda 81i. 

Affek Im Orgel- und Klavierspiel 138, 
143. 

Agazzari, A., Über das Generalbaßspiel 206, 
2101, A II 224, — Sein Traktat A I 216. 

Agostini, Lodovico 160. 

Agricola, Martin, 81i, 95, 110, 189, 191. 

Aichinger, Gregor, 212. 

Aiguino da Bressa 188. 

Akademien 160, 162. 

Alfonso n. von Este 158. 

d' Ambra, Francesco 168. 

Ambros 3, 58, 60, 84, 103«, 136i, 178». 

Ammerbach, Nik. Elias, gen., 5, 6, — Um- 
fang der Klaviatur 65, — Stimmung 
78, 89, — Fingersatz 112, — über Mor- 
danten 117, — Verzierungen 120, — 
Orgeltabulaturen 183, — Orchester in 
Deutschland 184, 188, — Orgelbearbei- 
tung 264, 

Amon, Blasiur 184. 

Kinkeldey. Orgel und Klavier. 



d'Ancona, AI. 162, 167», 173». 

Anerio, F. 280—282, 

Annibale Padovano 67», 142, 145, 180, — 
Orgeltoccata 301 

Anordnung der Stimmen in Orgeltabu- 
laturen 190. 

Anschlag bei Sancta Maria 32, 111. 

Antegnati, Costanzo, OrgelpedalJ^68, — 
Stimmung 78. 

Anweisungen für Klavierspieler. Bermudo 
12, — Sancta Maria 45, 53. 

Apuldus 168. 

Archicembalo 108, 143, 158, 159. 

Archilei, Vittoria 173. 

Archilei, Antonio 173, — Begleiteter Solo- 
gesang 306, 

Arcimusico 159. 

Arena, Antonius de 59. 

Ariost 154. 

Armstellung 35, 113. 

Arnold, F. W. 3. 

Amone, Guglielmo 201. 

Aron, Pietro, Umfang der Klaviatur 63, — 
Stimmung 75, 85, — Transposition 127, 
187. 

Artusi 206». 

Ä8 oder g%8 74. 

Ascanio 146. 

Asola, G. M. 202, 204. 

Asula s. Asola. 

20* 



— 314 



Attaingnant, Umfang der Klaviatur 65, 
92, ~ Orgeltabulatur 5 u. 104 u. 260, 
— Pr^ludes 187. 

Auerbachs Keller 184^. 

Avison 1393. 



Bach, Ph. E. 65, 111. 

Balbi, L. 210«. 

Baldi, Aocursio 171^. 

Bale, John 176. 

Baltazarini 178. 

Banchieri, A. 197, 201, 205, 206^, 210i,«, 

— über baaso continuo 211 u. AU 223. 
Barbieri, 60, 86^, 148S 149s. 

Bardi, Giovanni 172. 

Bargagli, Girolamo 172. 

Bassano, Giovanni 200, 201. 

Basso continuo 195, — Theorie des — 205 f., 

— in Deutschland 212 f., — in den ersten 
Opern 206^ — Bezifferung 208. 

Bati, Luca 174. 

Bearbeitung mehrstimmiger Vokalsätze für 
Laute und Orgel 88, — für Tasteninstru- 
mente 106, 120. 

Beaulieu 178. 

Begleitung zum Sologesang 153, 157, — 
zum Becitieren 153—4, — eines Solo- 
Instrumentes auf dem Cembalo 155. 

Behaim, Paul 90 f., 180. 

Bellermann, H. 189>. 

Bembo, Pietro 82, 

Bendidio, Lucrezia u. Isabella 160. 

Bermudo, Juan. Inhalt seiner Dedaracion 
de instrumentoa musicaies 9 f., 74, 78, 
83, 85, 86,89«, — Über Partiturspiel und 
Tabulatur 98, 107, — Triller 115, — 
Chromatische Veränderung 117^, — Ge- 
gen Verzierungen 119, 125, — Trans- 
position 129, 132, 156, 187, — Kompo- 
nieren mit Partitur 188, 193. 

Bernhard, der Deutsche 67. 

Bertoldo, Sperindio 65. 

Besaitung s. Saiten. 

Bezeichnung der Finger 14, 30, 114^. 

Bezifferung des hasso continuo 208. 

Bianciardi, Franc. 206. 

Bibbiena 177. 

Bie, 0. 711. 

Bientino s. Buonavita. 

Billi, Lucio 202. 

Bohn, £. 191. 

Bonini, Don Severo 209^, A II 225. 

Bott^e de Toulmon, A. 60. 



Bottrigari, £. 158. 

Botstiber 131«. 

BoviceUi 124. 

Breslauer Orgeltabulaturen 5, 191, 195, 

215, 275. 
Brown, R. 103^, 149«,*. 
Brunnetti, G. 205, A II 226. 
Buchner, Hans, Fundamentum 5, 6, 67, 85, 

— Fingersatz 112, — Verzierungen 114, 

— Kontrapunkt 133. 
Buchstaben auf den Tasten 108. 
Buhle E. 57, 69«, 71. 
Bühnenmusik 177. 

Buonavita, Antonio, gen. »7 Bientina 175. 

Burkhardt, C. A. H. 192^. 

Burlini, A. All 225. 

Buus, Jaques 5, 8, — Recercaren 106, 134, 

141, 145, 245, Verzierungen 122, 

141. 
Buxheimer Orgelbuch 5, 64*, 118. 

C 

Cabezon, Antonio de 7, 25, 84 f., 107, 108, 

— Hymnenbearbeitungen 133, — Tien,' 
tos 134-^. 

— Hemando de 7, — Umfang seiner Kla- 
viatur 64, 69, 84f.. 104, 108, — Finger- 
satz 113, — Quiehros 116. — Verzie- 
rungen 122. 

— Juan de 25. 

Caccini 157, 172, 173, 203, 205, 212. 

Caffi 4, 831, 1361, 150. 

CcUandria, la 177. 

Calestani, G. 205, AH 222. 

Camerarius, Joachim 91 f. 

Campo, Theodoricus de 2, 57. 

Canal, P. 154«, 175«. 

Cantone, Serafine 201. 

Canzone franceae 260, 264, 

Carro 171, 182, 185. 

Cassina 167. 

Casulana, Madalena 180. 

Castligione 82, — dessen Cortigiano 152, 

183. 
Cathanna von Aragon 149. 
Cavaüeri 165, 172, 173«. 
Cavazzoni, Girolamo, dettod'Urbino, Orgel- 

Sammlung 65, 105«, — Verzierungen 122, 

— Recercaren 140. 
Cecchi, Giovanmaria 173. 
Celler, L. 178«. 

Cerone 65--^, 70, — Stimmung 79, Trans- 
ponieren 131, — RecercarenkompositioD 

145. 



— 315 - 



Cersne, Eberhard 60. 
Cervoni da Colle, G. 176^,2. 
Chanson 92, 105, 260. 
Chapnis 153^. 
Chiavette 132. 
Chilesotti 833. 
Caiorbuoh 98, 136, 190. 
Christian Herzog von Sachsen 5. 
Chorton 130. 

Chrysander 89», 90i, 119i, löö», 202». 
Cima, G. P. 206i, 209, A H 224. 
Cini, Giovambatista, Intermedien 168. 
ölamatione 118. 
Coelho, Bodrigues 134. 
Cofanaria, la 168. 

Concerto (Conserto) 169, 172, 173, 17ö, 208. 
Consort 177. 
Corazzoni 166^. 
Gomaro, Catharina 166. 
Cersi, Jacopo 181. 

Corteccia, Francesco 168 f., 170 — ^71. 
öortigicmo (Castiglione) 152. 
Cosimo de Medici 167. 
Couperin, Triller 123^, — Verzierungen 124. 
Coussemaker 116^. 

Crooe, Giovanni, Orgelbässe 196, 197. 
Crucifixua in Orgelstimmen 197, 198, 200, 
201. 

I>. 

Balza, Ambrosio 140. 

Dämon and Pithias 177. 

Dannreuther 123, 124«, e. 

Daumen bei Verzierungen 23, 120, — auf 
schwarzen Tasten 34, 39, 112«, 113, — 
untersetzen bei Tonleitern 14, 35 f., 113. 

— Bezeichnung des 114^. 
Davantes, Pierre 109*. 
Deering, R. 212^. 
Demantius, Christoph 104, 2162. 
Descrizioni 164. 
Deutlichkeit im Spiel 33. 

Deutsche Orgeltabulaturen ö, 107, 183, — 
Anordnung der Stimmen 190, — T&nze 
in Tabulaturen 90, 104, — Orgelbässe 104, 
212, — Tafelmusik 179, 183, — s Lieb- 
haber-Klavierspiel 151. — Orchester 184. 

Diminutionen 48, 114, 118, 166, s, auch 
Verzierungen. 

Direktionspartituren 191. 

Dirigent 184. 

Dirigieren 12. 

Dlruta, Girolamo II Transüvano 6, 84, 111, 

— Fingersatz 112, — Verzierungen 117 
bis 118, 121—22, — Transponieren 130, 



Partitur (spartieren) 103, — Generalbaß- 
spiel 211. 

Diskant in Orgelstimmen (bass. cont.) 205,. 
209, 212. 

Doddsley 176« f. 

Domenico di Lorenzo 62, 63. 

— da Pesaro 81*. 

Doni, A. F. 113^, 140, 162i. 

— G. B. 89», — über Intermedien 182. 
Doppelgriffe, Fingersatz (Sancta Mazia) 99. 
Dop pels chlag 114, 115. 

Dorati, G. 204«. 

Dufay 101. 

Dur u. Moll im 16. Jh. 81». 

Durchstreiche 126. 



Ebreo, Guglielmo 813. 

Edwardes, Richard 177. 

Eitner, R. 1062, 1102, 126, löl», 160«, 187», 
1978,2027, 2068, 212i, 8. 

Eleonore von Österreich 149. 

Ellis, A. J. 731. 

Elias, Nikolaus s. Ammerbach. 

Elisabeth von England I861. >% 

England, Klavier- und Orgelspiel in — 140. 

Englische Orgeltabulatur 4, 99, — Theater- 
musik 176. 

Ensemblemusik (Violen) 152, 182«. 

Erfindung der Tastenmechanik 50, — des 
Pedals 67. 

Erfordernisse zum vollkommenen u. schö- 
nen Spiel (Sancta Maria) 30. 

Erhöhung (chromatische) 117^. 

Esaltazione della Croce 173. 

Estrambote 861. 

Etüden 85. 

Exaquir 58, 60. 

F. 

Falconio, P. 194^. 

Falso-Bordone-Sätze Sancta Marias 25^. 

Fantasia 132 f., — und Ricercar in Italien 

139-40. 
Fantasieren 13, 48, 53, 100, 108, 182, — 

Virdung über das freie — 05. 
Fattorini, Gabriele 202, 204^. 
Fergusio, G. B. A 11 225. 
Fernando Medici 172, 175. 
Ferrara, Kammermusik am Hofe von — 

158 f. 
Fetis 2122. 
Figueroa, Bemardino de 10, 22, 



— 316 — 



Mnger, Bezeichnung der 14, 30, 114i. 

Fingersatz 5, 6, — bei Bermudo 14, — bei 

* Sancta Maria 33 f., — in kurzen Oktaven 
36 f., — für Doppelgriffe 30, 111 f. 

Fingerstellung 31. 

Fiorino 169, 160. 

Florentiner Monodisten 154, 157, 196, 203, 
212. 

Fogiiano 73. 

Francesco Medici 168, 171. 

Francesco da Milano 140. 

Francesco da Pesaro 102. 

Frankreich, über die mittelalterlichen In- 
strumente in — 60, — Intermedien- Auf- 
führungen in — 177. 

Französische Orgelbücher 5, 104 — 5, Um- 
fang der Klaviatur 65. 

Fresoobaldi 142, Pedal bei — 68, —Ver- 
zierungen 123 f., — Partiturspiel 210 f. 

Froberger 124. 

Frtmimo 68, 88. 139^. 

Fr(Molt 86, 150. 

Fuenllana, Miguel 86, 107, — über Takt- 
halten 109, — Lautentabulatur mit Solo- 
gesangstimme 156. 

Fugenkomposition 143, s. auch Fantasia 
imd Becercar. 

Fugen, Verzierung von 23, 121. 

Fugger, Baymund, Instrumentensammlung 
148. 

— Jörg 152 

— Octi^vianus Secundus 152. 
Fulda s. Adam. 

Fundamentum von H. Buchner 6, 112, 
133, 137, — orgamsandi von Paumann 
4, 133, 137. 

Gabrieli, Andrea, Orgelwerke 6, 7, 142, — 
Umfang der Klaviatur 65, — Verzierung 
120, 122, — Transponieren 132, —In- 
tonationen 138, 146, — Orgelbearbeitung 

GabrieU, Gio 6, 7, 121, 122, 132, 138, 142, 
146. 

Gafurius 10, — über Temparierung 72, 135. 

Gagliano 174. 

Galilei, Vincenzo 68, 72», — dessen Fro- 
nimo 88, — über den Affekt beim Orgel- 
spiel 138, — Becercarenkomposition 140, 
— Lautenrecercaren 283 — 6. 

Gallus, Jos. 198, 200. 

Gamba, B. 165«. 

Ganassi 10^. 



Gandolfi, 100, 167^ 

Gardane, Ant. 90^. 

Gardano, Angelo 202. 

Gaspari 6. 

Gastoldi, G. 210i. 

Gehrmann, H. 125^. 

Generalbaß 106, — Theorie des — 205 f., 
— in Deutschland 212 f., — in d^n ersten 
Opern 206^, — Bezifferung 208. 

Generalbaßspiel, Gegner des — 210 f. 

Generaldiskant 205, 209, 212. 

Gerle 83«, 182». 

Geschmackvolles Spiel 40. 123. 

Gespaltene Tasten 17, 63, 74, 128, 131. 

Gesualdo, Principe da Venosa 182^. 

Ghizzolo, G. 2051. 

Giaccobi, G. 209, All 224. 

Giambullari 164^. 

Giovanni, Scipione 123. 

Girolamo d'Urbino 6 s. auch CavazzonL 

Oia oder as 74. 

Glarean 10, 103. 

Gleiche Bedeutung der Kreuz- und b-Töne 
17, 76, 128, 130. 

Gleichschwebende Temperierung 72. 

Olosas 48, 114, 118. 

Ood'e Promisea 176. 

Goldschmidt, H. 124?, 206». 

Grorlier, Simon 105. 

Gombart 135. 

Grazzini, A. 169». 

Groppo 117, 141. 

Grove, G. 189i. 

Gualterotti, B. 1712. 

Guami, G. 202, 205. 

Guarini 160. 

Guidiccioni, Laura 172. 

Guido von Arezzo 59. 

II. 

Haberl 119, 135^, 187^, 196«, 200* «, 
202* 8. 

Halbtakt-Methode 45. 

Handhaltung (Sancta Maria 30, 111. ) 

Hanna, Paolo di 141, 142. 

Harmonielehre 50, 241-— 242. 

Haßler, Hans Leo 143, — Jacob 143. 

Hauptfinger 34, 43. 

Hauptton, Betonung des — bei Verzierun- 
gen 116, 121. 

Hausmusik des italienischen Edelmannes 
152, — am Hofe von Ferrara 158 f« 

Hazütt, W. C. 176« f. 

Heinrich VIIL von England 103, 148 f., 185. 



— 317 — 



Heinrich III. von Frankreich 164i. 

ELieronimo s. CavazzonL 

Hieronymus de Moravia, Orgeltriller 114 

u. 116. 
Hipkins, A. J. 58i, 59«, 60i, 612, 69*. 
Hoby 1531. 
Hof, Jörg vom 97. 
Hofhaimer 2, 84, 89, 186. 
Holzbläser 183i. 
Hopkins, J. 57 1. 
Hoquetus 100, 101. 
Hymnen, Orgelbearbeitung 86, 133, — 

spanische — ^bearbeitungen 136. 



Instromentalkanzonen 198, 200, 296, 
Instromentensammlungen (Inventare) 148. 
Intavolieren 21, 193. 
Intermedien, in Italien 163 f., 306^312, — 

— musik im 17. Jahrh. 182, — musik 
gedruckt 167 u. 172, — in England 176 f., 

— in Frankreich 177 f., — in Deutsch- 
land 179, 18JU-«rl83. 

Inventare 1^, 

Isaac, H. 189. 

Isabella von Spanien 148, 149. 

Italienische Becercaren 130, — Hausmusik 

152 u. 158, •— Intermedien 163 f., — 

Opemorchester 181. 



Jachet Mantuano 13. 

Jesuitendrama 181. 

Jobin 832. 

Johann (Juan) I. von Aragon 58, 165, 183 1. 

Johabn III. von Portugal 9. 

— Herzog von Sachsen 448, 192. 

— spanischer Prinz 149. 
Josquin 51, 103, 106, 276. 
Julius IL, Papst 167. 
Jusquinus s. Salem. 



Kade löl^. 
Kadenzen 18, 19, 50. 
Kamann, J. 96^. 
Kari V., Kaiser, 8, 141, 149. 
Kiesewetter 1622. 
Klarheit im Spiel 33, 111. 
Klaviaturen, Umfang der — 61 f. 
Klaviatur-Schema Bermudo 15 — 17, Buch- 
ner 64. 



Klaviermusik bei Niimberger Patriziern 
90 f., 186, — am engl. Hofe 140, — am 
sächsischen Hofe 151. 

Kleber 5, 64, 67, 89, — Takteinteilung 
1102, — Verzierungszeichen 115, — Prä- 
ludien 137. 

Ellemme, J. 192. 

Kolman, Job. 180. 

Koloraturen 114, 118. 

Koloristen 84, 95, 122. 

Komponieren, über das 81. 

Kontrapunkt (Sancta Maria) 50, 133. 

KommüUer 1022. 

Kotter 5, 89, — Verzierungen 114, — Prä- 
ludien 137. 

Kratzer 153i. 

Krebs 3, 7, 58, 60i, 662, 89», 114^, 117^, 
1211, 122. 

Kress, Christof 00 f., 186. 

— G. von 90». 

Kretzschmar 206». 

Kreuz- und t^-Töne gleichbedeutend 17, 76, 
128, 130. 

Kuhn, Max 1182, 1553. 

Kurze Oktave 15^, 62, 64, 66, — Finger- 
satz 36 f. 



Läufe (Tonleitern) 33 f. 

Landino, Franc. 2, 102. 

Lanfranco, Giovanni, Umfang der Ellavia- 

tur 63, — Stimmungsmethode 76 f. 80,85, 

130. 
Laaca, II 1692. 
Lassus 120, 165, 179 f., 264, 
Laute, die 82, 153. 
Lautenbücher 82, — deutsche 83, 88, — 

französische 83, — italienische 83, 88, 

140, 183, — spanische 83, 86, 156. 
Lautenisten, Stellung in Deutschland 185 f. 
Lautenkimst 82, — in Deutschland 84 u. 88. 
Lautenrecercaren, Spinaooino 140, — Galilei 

147, 283 t 
Lautensack 90, 95, 96, 186. 
Lautenspiel 126. 

Lautentabulatur (Schlick, Fuenllana) 156. 
Lavoix, H., fils 158». 
Lehrgang im Klavier- und Orgelspiel nach 

Bermudo 12 f., — nach Santa Maria 20. 
Lehrmeister im Orgelspiel 57, 92, 93, — 

notwendig für Klavier- u. Orgelspiel 83. 
Leierkasten 147. 
Leo X., Papst 167. 
Leoni, G. B. 161. 



— 318 — 



Leoni, Leone 210. 
Lieder zur Laute 15S. 
Liegnitz 192. 
liepmannssohn 188^. 
Liliencron, B. v. 26. 
Loeffelholz 5, 183. 
Loose, W. 97«. 
Lullisten 125. 

Lorenzo Magniüco 102, 167. 
Luzzaschi 7, 142, 145, — Solo-Madrigale 
157 f., 209, 286 t 

Machault, Guillaume de 59. 
Madrigal Solo 157, 286 i», — als Instru- 
mentalmusik 182, 194, — Texte 161. 
Magnificat 103, 131. 
Malvezzi, Alberigo 172. 

— Cristofano 172, 209. 
Maifestspiele in England 176. 
Mani^en 40 f., 114 f., 123, — Lombar- 
dische — 125. 

Mannucci, Piero 178. 

Mantuani, J. 167^. 

Marenzio 172, 173, 312, 

Margherita, Herzogin von Este 158 f. 

Marini, Biagio 125'. 

Marsiü, Bastiano 171^. 

Massaino, T. 205, 205^, 208, All. 223. 

Matteo del fu Paolo da Prato 62. 

— da Siena 57. 
Meilini 164«. 

Memo, Dionisio 103, 150. 

Mensuralmusik 9, — auf das Monochord 
abzusetzen 45 u. 98. 

Merula, T. 210«' », A IL 226. 

Merulo 5, — Becercaren 65, 134, 142 u. 
145, — Methode des Orgel- und Klavier- 
spiels 84, — Verzierungen 122, — Orgel- 
canzonen 296. 

Messe mit Instrumenten 166, 179, 192. 

Milano, Lodovico da 57. 

— Francesco da 140« 
MiniUa 121, 141. 
Mitteltönige Temperatur 72, 73. 

Modi (Tonarten) 15*, — accidental (trans- 
poniert) Bermudo 17 f., — Sanota Maria 
50, — Cerone 131, — bei Verzierungen 
zu beachten 14, 45 u. 116. 

Molza, Tarquinia 160. 

Monochord 17, — Absetzen auf das 20, 
— Stimmen des 54 f. u. 70 f., — erstes, 
in Italien und Spanien 60, — über den 
Namen 69^. 



Monodisten 154, 157, 196, 203, 212. 

Monte, Filippo de 182«. 

Monteverdi 181, 206'. 

Morales, Christoval de 10, 22, 134. 

Moravia, Hieronymus de 114, 116. 

Mordent 114, 117. 

Morphy, G. 8, 64», 86, 135», 156i. 

Mortaro, Ant. 121, 200, 201, 204«. 

Motetten als Unterhaltimgsmusik 18S. 

Mozart, Leop. SIK 

Muffat, Georg, Manieren 125. 

Muris, Johannes de 57. 

Musik, stille 185. 

Musiklehre (Bermudo) 10 f. 

Nachahmungen 51. 

Nagel, W. 1031, 1434, 1494, igei. 

Nantermi, O. All. 223. 

Neithard 72. 

Nerici 57, 62«, 67, 102«. 

Neusidler, Hans 83^, 185. 

Niederländische Orgeltabulatur 106, 

Nodari, G. P. AIL 222. 

Noldi, Antonio 173. 

Nolhac, P. de 164i. 

Nörmiger 5, 151. 

Nottle, Bonifacius 97. 

O. 

Oktave, kurze 15^, 62, 64, 66, — Finger- 
satz 36 f., — Oktawerdopplung 20 u. 125. 

Orchester (Intermedien) 166 f. 

Orchesterstimmen improvisiert über den 
basso continuo 206^. 

Organetto, Organino, Organa di legno 147. 

Organisten in Italien 2, 6, ISO, — in 
Deutschland 104 u. 100, — Stellung der — 
in Deutschland bei Tafel- imd Hochzeits- 
musik 185 f. 

Organistenprobe 136. 

Orgel in der Haus- und Theatermusik 147 f. 

Orgelauszug 141. 

Orgelbau 69, — in Lucca (15. Jahrh.) 62. 

Orgelklaviaturen, Umfang der 62 f. 

Orgelkunst, venetianische in England 140» 
— norditalienische 102. 

Orgeln, Bermudo über 23, Verbreitung der 
57. 

Orgelstimmen (bass. cont.), ihre Benen« 
nungen 204, — ihre Gestalt 205. 

Orgeltabulatur, älteste englische 4, 00» — 
Buxheimer 5, — deutsche 5, 90, 104, 107» 
183 u. 100, — französische 5 u. 104, — 



319 — 



itaUenische 5, 6, 104, 105, 126 u. 141, — 
niederländische 64 u. 106, — Druckprivi- 
leg (1498) 106, — Anordnung der Stim- 
men in 190. 

Orgelpartituren 191. 

Orgelunterricht, Besprechung des 86 bis 

107. 

Orgelverzierungen 114. 

Orgelwerke vor und im 16. Jahrhundert 

90 f. 
Omithoparchus 10, 190^. 
Ortiz, Diego 10^, — Begl. eines Solo-Instr. 

auf dem Cembalo 155. 
Oviedo, G. F. de 149«. 



Paarweise Behandlung der Stimmen 53, 

136. 
Pacheco, Ysabel 9. 
Padovano s. Annibale. 
Paesler 6, 64i, *, 112i, 1142. 
Paix, Jacob 6, 142, — über Koloraturen 

121, — Canzoni franoese 142, — Orgel- 

tabulaturen 183. 
Palestrina 119, 134. 
Parabosco 105. 
Parazzi, Ant. 202». 
Pareia s. Bamis. 
Puütur 20, 98, 173, — beim Komponieren 

187 f., — in Deutschland 189, 190i, 192 

u. 213 f., — Zusammenhang zwischen — 

und Orgelbässen 203, — contra Basso 

continuo 210. 
Paumann 2, — Fundamentum organisandi 

4, 84, 118, 133, 137, 186. 
Pedal 61, 63, 67 f. 

Pedrell 7, 26, 26, 688, 1121, 148i, 183i. 
PeUegrina, la 172. 
Peperara, Laura 160. 
Peri, J. 157, 173, 181, 182, 203, 205. 
Pesaro 165. 
Petrucci 106, 139. 
Pfudel 1922. 

Philipp II. von Spanien 135^, 148. 
Piccioni, G. 2105, AH, 224. 
Pictorius, Friedr. 184. 
Piena voce 154. 
Pietro della Valle 89. 
Pigna 160. 
Poglietti 124. 
Pontio, Pietro 3, 139«, — über Recercaren- 

komposition 144. 
Porta, E. 209*, All. 226. 



Praetorius, M. 59, 66, 67, 104, — Oktav- 
verdoppelung in der Vokalmusik 126, — 
Intermedienkunst 183, Instrumental- 
Motetten in der Earche 185, — General- 
baß 206 u. 215. 

Pr^ludes (Attaingnant) 137. 

PuUasohi, G. D. 209*, All. 226. 

Pundua serpens 124. 

Q. 

Quantz 81 2. 

Quiebro 37, 38, 41 f., 115 f. 
Quinte, temperierte 72. 
Quintiani, Lucretio 198, 205. 



Badecke, Ernst 882. 

Bamis de Pareia 60, — Umfang der Kla- 
viatur 61, — Stimmen des Monochords 
71, 74, 1141 u. 128. 

Recercadaa 155. 

Becercaren, der Begriff in Italien 139, — 
Entwicklung 139 f., — Theorie 143 f., 

— von Buus 5, 141 u. 245, — von Ca- 
vazzoni 105 u. 140, — von Luzzaschi 142 
— von Merulo u. Gabrieli 66 u. 134, — von 
Willaert 140, 141, — Gegner des — spiels 

■ 146, -- für Laute 140, 147 u. 283. 
Becitation mit Begleitung 153 f., 161. 
Redobles (Bermudo) 13, 18, 23, 33, — 

(Sancta Maria) 41 f., 115. 
Begister der Orgel 24, 63, 68, 147, 167, 184, 

— bei dem Generalbaßspiel 209. 
Bespondieren der Orgel zum Chor 23, 129. 
Bibrochus 204, 210. 

Bicercar s. Becercar. 

Biemann, H. 57^, 100, lOli, », 11*», II61, 

1602, 1871, 1953, 2122, 8. / 

Bimbault 57, 71, ^ 

Binuccini 161, 172. 
Bitter, A. G. 3, 7, 26, 1392. 
Bognoni, D. AH. 222. 
BoUand, B. 162». 

Bomanzen, spanische 136, 153, 156. 
Bomei 160^, 161. 
Bore, Cipriano da 180, 194. 
Bossi, Bastiano de 1722. 
Bucellai, Palla 172. 
Budhart, F. M 179^. 



Sabellicus 67. 

Sagudino, Nicolo 103, 149, 153, 176. 



— 320 — 



Saiten des Clavichords 69, 71, — Baß — der 

Laute 68. 
Salem, Jusquiniis (Lautenist) 206^. 
Salinaa 723, 73, 73. 
Salmon 178. 
Sancta Maria 8, 25 f., — Absetzen 98, 107, 

— Anschlag 111, — Diminutionen (Olo- 
aas) 120, Fantasieren 132, — Fingersatz 
112, — Handhaltung 111, — als Kom- 
ponist 135, — Manieren 123, 126, — 
Musikbeispiele 236 f., — Saitenbezug des 
Monochords 69, — Stimmung 78, 79, 

— Takt 109, — Transposition 130, — 
Triller {Redoble u. Quiehro) 115 f., — 
Umfang der EJaviatur 64. Vgl. auch 
Inhaltsübersicht zu Kap. 1. 

Sandberger 96,i 96^, 143, 148«, 179^, 186, 
1871. 

Sängerinnen am Hofe zu Ferrara 160. 

Sannemann 81 1. 

Sanuto 1031, 149, 163, 166, 176i. 

Schadaeus, Abraham 214. 

Scheidt, S. 192. 

Schema der Klaviatur 16, 16, 64, 86. 

Schlecht, Baymund 141. 

Schlick, Arnold 6, — Umfang des Orgel- 
manuals und Pedals 61, — Pedalspiel 67, 
69, — Stimmung 73 f., — Lautentabu- 
latur 166. 

Sohmid, Bernhard der alt. 6, — Umfang 
der Klaviatur 65, 183. 

— Bernhard d. jung.. Umfang der Kla- 
viatur 66. 

— Anton 1062. 167^. 
Schneider, M. 137i. 
Schubiger 67, 71, 108. 
Schütz, H. 2001. 

Schwarz, Rudolf über Frottole 150*. 
Segni, Giulio 106. 
Segni 1642. 

Seiffert 3, 83i, 84i, 121 1, 134i, 139, 140, 

142, 1928, 2028. 
Sestina 146. 
Simonsfeld, H. 206^. 
Singschulen 80. 
Singstimme zur Laute 156. 
Soderinus, A. 200. 
Solerti 169, I6O1 f., 161 1, 162, 163i, 164i, 

1722. 
Sologesang 161, — zur Laute 153 u. 173 

— Madrigal mit Klavierbegleitung 157. 
Solospiel, Violone 155. 

Sophie, Herzogin von Sachsen 161. 
SostenkUione II71. 



Spartieren 193. 

Spielen vom Ghorbuch 20, 08. 

Spinaccino, Francesco 140. 

Spitta 126. 

Squarcialupi, Ant. 2, 100 f., 118. 

Staden, Johann 214. 

Stadlma}!:, Johann 213. 

Stadtpfeifer 183, 186. 

Stainer 101», 166*. 

Stüle Musik 177, 186. 

Stilunterschied zwischen Vokal und Instru- 
mental 81. 

Stimmung des Clavichords 54 f. u. 71, — der 
Tasteninstrumente 70 f., — des Violones 
mit dem Cembalo 156. 

Streichquartette, -trio-quintette 162, 167, 
180, 1822. 

Striggio, Alessandro 169 f., 173, 180, 181. 

Strozzi, Giovambatista 172. 

— Piero 172. 

Sweelinck 143. 

T. 

Tabarrini, M. 1662. 

Tafehnusik 180, 183, — Stellung des Or- 
ganisten bei — 185. 

Takt 29 f., 46, 86, 86, 100 f.. 

Taktstrich 100 f., 193. 204. 

Tanaka, Shohe 72i, 73. 

Tanz, Traktat über den — 81», — stücke 
90, 106, 161, 186, — Spieler 111. 

Tasso 160. 

Tastar de corde 140. 

Tasteninstrumente, Namen der besaiteten 
692, 60, — Beschaffenheit der —60. ; 

Tastenmechanik, Erfindung der 59. 

Tellez, Baltasar 20. 

Temperierung 72. 

Text bei Instrumentalkompositionen 81, 
99, 102, — bei Partituren und General- 
baß 191, 204. 

Thema des Becercars 144 f. 

Thürlings, Ad. 187i. 

Tientos 87, 134, 146. 

Tini und Besozzi (Tini und Lomazzo) 196. 

Toccata für Orgel (Annibale Paduano) 301, 

Tonarten (Modi) und ihre Transposition 
17 f., 50, 130 f., 229—232, 236—240, 
283—285. 

Tonleitern 14, 33, 86, 113, 228. 

Torchi, L. 66, 106*, 140, 1822, 1951, 206». 

Transposition 17 f., 23 f., 50, 108, 127 f., 
164, 191, 213. 

Tremolo 117. 



i 



— 321 — 



Triller (Redoble u. Quiebro) 13, 23, 41 f., 
114 f., — nach beiden Seiten des Haupt- 
tones 14, 115. 

Trojano, Massimo 179. 

Turettini, Paolo 57. 

XJ. 

Übnngsstoff für Klavierspieler und Sänger 

85 f. 
Übungszeit, nach Bermudo 13, 14, — 

nach Satiota Maria 48, 53, 107. 
Umfang der Klaviatur 61 f., — Pedal 61. 
Umkehrung 142. 
Unterschied zwischen Klavier- u. Orgelspiel 

111. — Instrumental- u. Vokalmusik 81, 

143, — Sologesang u. mehrstimmigem 

153. 
Urbino, Girolamo d' s. CavazzonL 
üsper, Franc. 210«. 

Valdrighi 4, 60, 148«, 160*, 1673. 

Valente, Ant. 195. 

Valle, Pietro della 89. 

Van der Straeten 58, 60^, 64«, 69i, 149i, 

1841. 
Variationen 87, 90, 139. 
Vasquez 13, 86, 110^. 
Vecchi, Orfeo 200, 202. 
Veglia 171. 

Venegas, Luis 7, lOi, 13^, 64, 104. 
Venosa s. Gesualdo. 
Verbreitung der Tasteninstrumente 57. 
Verdeckung unreiner Konsonanzen 18, 19, 

— durch Verzierungen 74, 117^. 
Verovio, Italienische Tabulaturen und Be- 
arbeitungen 126, 157, 280, 

Verzierungen, Bermudo 22 f., — Sancta 
Maria 41 f., u. 48 f., 84, 101, 114 f., — 
Betonung des Haupttones bei — 116 u. 
121, — bei unreinen Tönen 74, 117^, — 
ausgeschriebene 118, 122, — besonders 
in der Oberstimme 14, 101, 118, — über- 
mäßige 22, 119, — gleichmäßig zu ver- 
teilen 48, 120, — bei Imitationen 48, 120, 
121, 141, — freie Ausführung der — 123, 

— bei dem hasso continuo 209. 
Verzierungskunst eine Improvisations- 
kunst 122, 125. 

Viadana 196, 202, 204, 206, 209i, *, 210i, 

212, 213, 214. 
Vicentino, Nicola 17, 70, 108, — über 

Diminuieren 119, u. 209, Fugenkom- 



position 143, — Singen mit Instrumen- 
talbegleitung 154, 158, 159. 
Spartieren 193. 

Victoria, Thomas Ludovicus de 134, 201. 

Vihuela 17, 54, 86. 

Villancicos 13, 86, 135. 

Vülanis, L. A. 60^. 

Vincenti, Giacomo 196, 201. 

Vincentius, Caspar 214. 

Violone als Soloinstrument 155. 

Virdung 59, 61, — Besaitung des Clavi- 
chords 69, — Stimmung 71, 85, — Freies 
Spiel 95, — Takteinteilung 110, — Orgel- 
tabulatur 191. 

Virginalspiel in England 82^, 149. 

Visconti, Prospero 206^. 

Vittoria organista 113^. 

Vittoria, T. L. s. Victoria. 

Vivaldi 125. 

Vogel, E. 167*, 6, 1721, 181i, 208i, 

Vorzeichen 19, 129, 130. 

TT. 

Waisselius 83«. 

Walther J. G. 124. 

Wangemann, O. 57 1. 

Wasielewski 3, 1253. 

Weckerlin 60i, 1782. 

Weitzmann 72i, 782. 

Werckmeister 72. 

Werra, E. v. 1312. 

Werth, Jacques de 185. 

Willaert, Adrian 5, 8, — Recercaren 106, 

134, 140 u. 141. 
— Caterina 181. 

Winterfeld, K. v. 3, 162^, 2028. 
Wolf, Joh. 21, 4, 601, 100, 101, 102i» 118, 

194*. 
Wooldridge 4, 189i. 
Würthmann, F. 179i. 

Z. 

Zacconi, Lodovico 89, 1552. 

Zarlino 592, 69, 70, 73, 78, 79, — über 

Transponieren 128, — über Recitieren 154. 
Zeitraum zur Erlernung des Klavierspiels 

(Bembo) 82, — (Bermudo) 83, 94, 99, 131. 
Zoüo, C. All. 226. 
Zuane Maria 150. 
Zucchini, Greg. 202. 
Zusammenhang zwischen Partituren und 

Orgelbässen 293. 
Zweistimmiges Spiel 51. 



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Kinkel dey. Orgel und Klavier. 



21 



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Für was ist das Pedal beim Klavier?

Die Funktion ist bei allen Klavieren gleich: Das rechte Pedal hebt alle Dämpfer gleichzeitig von den Klaviersaiten ab. Die Saiten können dann frei schwingen und erzeugen einen mit Resonanzen angereicherten und vollen Klang, der maximal mit dem Resonanzboden interagiert.

Wie funktioniert das Sostenuto Pedal?

Das mittlere Pedal (Sostenuto-Pedal): Bei Betätigung dieses Pedals klingen nur die angespielten Töne nach. Drückst du eine oder mehrere Tasten und betätigst dann das mittlere Pedal, werden diese Töne gehalten. Die Dämpfer der angespielten Töne bleiben oben. Die restlichen Töne werden wie gewohnt gedämpft.

Warum hat ein Klavier 2 Pedale?

Das linke Pedal ist (beim Klavier) auch mehr oder weniger überflüssig – es verkürzt die Flugphase der Hämmerchen und reduziert somit die Aufprallenergie, ein recht untaugliches Surrogat für das linke "Piano-Pedal" des Flügels, das die Tastatur verschiebt und somit auch den Klangcharakter verändert.