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Die vorlegende Schrift, ursprünglicli als Doktor- Arbeit bei der philo- sophischen Fakultät der Universität Berlin eingereicht und jetzt mit einigen Erweiterungen einem etwaigen Interessentenkreise überlassen, ent- stand aus einem Versuch, diejenige Entwickelung des Orgel- und Klavier- spiels, die in Joh. Sebastian Bach einen so glänzenden Höhepunkt erreicht, bis auf ihre Anfänge zurück zu verfolgen. Je weiter ich mit der Untersuchung vorrückte, je schwieriger wurde es, mir einen klaren Begriff von dem eigent- lichen Wesen dieser Orgelkunst zu machen. Die Berühmtheit eines Hofhaimer oder eines Merulo war ohne weiteres nicht so leicht zu erklären. Es galt nun einmal den Versuch zu machen, das vielgerühmte Orgelspiel des 16. Jahrhunderts von den verschiedensten Seiten zu beleuchten. Es stellte sich heraus, wie ja wohl zu erwarten war, daß diese Kunst aufs engste mit der Entwickelung der Instrumentalkunst überhaupt ver- knüpft war, und daß eine Beschränkung der Darstellung auf die Tasten- instrumente allein weder ratsam noch möglich war. Ich glaube, daß die Wichtigkeit der Instrumentalmusik des 16. Jahrhunderts und auch der früheren Zeit immer noch nicht stark genug betont wird. Wurde doch in einer so oft aufgelegten und so oft erwähnten Sammlung, wie Georg Porsters »Teutsche Liedlein«, wegen des „anftimcnÄ un umblocnbcnS" bei der Anordnung des Druckes auf die Listrumentisten Bücksicht genommen, wie aus Forsters wunderschönen Vorreden hervorgeht. Daß ich mit dieser Arbeit keine erschöpfende Behandlung der Frage bringe, bin ich DÜr wohl bewußt. Vielleicht wird aber hier oder da ein neuer Gesichts- punkt angedeutet, der sich als entwickelungsfähig erweisen könnte. So manches ist mir nach der Drucklegimg aufgefallen, das der Ver- besserung fähig wäre. Der Hinweis z. B. (S. 166) auf die oito cantori bei einer Papstwahl -Messe in Florenz 1591 dürfte sich wohl auf die liturgischen Sänger am Altar und nicht auf die Chorsänger beziehen. Somit fäUt die Bedeutung des Vergleiches mit der Zahl der Sänger in den Kirchenchören des 16. Jahrhunderts weg. Ebenso wäre bei der Besprechung der Veröffentlichungen Verovios (S. 126] auf den Neudruck der Canxoneite a quattro voci, Rom 1591 (Chansonnes Italiennes de la ™ du XVI® si^cle . . . publikes par Alfred Wotquenne-Platteel. Leipzig, Breitkopf & Härtel, s. a.) aufmerksam zu machen. — VI — Allen denjenigen, die mich bei meiner Arbeit unterstützt haben, spreche ich hiermit meinen herzlichen Dank aus, vor allem Herrn G-e- heimen Eegierungsrat Prof. Dr. Hermann Kretzschmar, dem ich mannig- fache Anregung und Unterstützung verdanke, und Herrn Prof. Dr. Jo- hannes Wolf, der in selbstlosester Weise seine Zeit in Bologna für mich opferte und mir auch sonst mit Bat und Tat beistand. Der Bibliotheks- vorsteher, die sich persönlich für mich bemühten, sei hier auch gedacht, besonders Herrn Prof. Dr. Albert Kopf ermann, Direktor der Musik- abteilung der Königlichen Bibliothek in Berlin und Herrn Max Schneider vom Musikhistorischen Institut der Universität Berlin; dann auch der Herren Dr. Jos. Mantuani und Dr. Ferdinand Scherber von der Hof- bibliothek in Wien und Prof. Dr. Max Hippe von der Stadtbibliothek in Breslau. Bei der Anfertigung einiger Abschriften war mir Frl. Alicja Simon sehr behilflich. Schließlich habe ich, der ich mich hier in einer Sprache ausdrücke, die nicht meine Muttersprache ist^ den Leser um gütige Nachsicht mit den stilistischen UnvoUkommenheiten meiner Arbeit zu bitten. Auch hier haben mir bei einzelnen Abschnitten die Herren Karl Lütge^ Dr. Robert Staiger und Ludwig Wachtel wertvolle Hilfe geleistet. Breslau, im April 1910. Otto Kinkeldey. Inhalt. Einleitung. S. 1. Literatur, 3. Quellen, 4. Überblick über die praktischen Denkmäler, 4 und über theoretische Erläuterungen. 6. 1. KapiteL Die spanischen Quellen. S. 9. JuanBermudo (1549 und 1545) Inhalt seiner >Declaracton de insimmentos musiccUes*, 9. Speziell über Orgel- und Klavierspiel, Anfangsübungen, 12. Verzierungen, 13. Fingersatz, 14. Die Klaviatur und die Tonarten mit ihren Transpositionen, 15. Absetzen (Übertragen) auf das Monochord (Clavi- chord). Partiturspiel und Tabulatur, 20. Batschläge über das tägliche Üben, Ausbildung beider Hände, Verzierungsverbot, 22. Orgeln und Chorbegleitung, 23. Übungsstücke und weitere Orgelkompositionen. 25. SanctaMaria (1565) Inhalt seiner >Ärte de taher Fcmtasia*, 25. Über den Takt und das Taktschlagen, 29. Die Erfordernisse zum vollkom- menen und schönen Spiel, 30. Handhaltung, 30. Anschlag, 32. Das klare und deutliche Spiel, 33. Tonleitern und Passagen, 33. Fingersatz, 34. Das geschmackvolle Spiel, Manieren, 40. Redobles und Quiebros (Trillerver- zierungen), 41. Absetzen (Übertragen) auf das Monochord (Klavier), 45. Sancta Marias Beispiele, 46. Anweisungen für Anfänger, 47. Vorschläge zum Erlernen der Kunst des Fantasierens. Thematische Behandlung, 47. Kadenzen , 47. Konsonanzen und Dissonanzen , 47. Beständiges Üben , 48. Olosas (Diminutionen), 48. Transpositionslehre, 50. Harmonie- und Kontra- punktlehre, 50. Genauere Erörterung der Fantasia, 53. Nochmals nötige An- weiaungen für Anfanger. Üben im allgemeinen, Transponieren, Übungen im Fantasieren, 53. Das Stimmen des Klaviers. 54. 2. Kapitel. Verbreitung der Tasteninstrumente. Umfang und Beschaffen- heit der Klaviatur. S. 56, Übergang von den spanischen Theoretikern zur allgemeinen Praxis des 16. Jahrhunderts. 56. Allgemeine Verbreitung der Orgel vor dem 16. Jahrhundert, 57. Verbreitung der besaiteten Tasteninstrumente, 57. Das JSra- quir im 14. Jahrhundert, 58. Das Monochord (Clavichord) im 15. Jahrhundert in Deutschland, Italien, Spanien und England. 59. Umfang der Klaviatur. Virdungs Clavichord mit Pedalen (1511) und Schlicks Orgel (1511), 60. Umfang der spanischen und italienischen Klaviatur am Ende des 15. Jahrhunderts. Ramis de Pareia, 61. Luccheser Orgeln in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, 62. Die Angaben Arons und Lanfran- cos über Umfang der Klaviatur in Italien zu Anfang des 16. Jahrhunderts, 63» Schweizer Orgeln nach Kotter und Buchner, 63. Bermudos und Sancta Maria» — VIII — fipanische Klaviaturen, 64. Die Umfange, die in den praktischen Denkmälern verlangt werden. In Deutschland, von Schlick (1511) bis B. Schmid, der jüngere (1607), 64. In Frankreich. Attaingnant (1530), 65. In Italien. Gavazzoni (1542) bis Gabriel! (1596), 65. Einiges über die weitere Entwickelung des ümfanges 65. Oerone (1613) M. Praetorius (1618), 65. Zusammenfassung. Spanien geht voran. Deutschland im Rückstand, 66. Dagegen wird das Pedalspiel in Deutschland schon von den frühesten Zeiten an kultiviert; weniger in den anderen Ländern, 67. Über das Pedal in Italien und Spanien, 68. Besaitung der Klaviere, 69. Stellung der Musiker des 16. Jahrhunderts im allgemeinen zum Klavierspiel. 69. 3. Kapitel. Die Stimmang der Orgel and des Klaviers. S. 70. Bamis de Pareia über die Stimmung der älteren Monochorde, 71. Die Temperatur-Schwierigkeit, 72. Schlicks Stimmmethode, 73. Aron, 75. Lan- franco, 76. Sancta Maria, 78. Ammerbach, 79. Costanzo Antegnati, 79. Cerone. 79. 4. Kapitel. Unterricht. Allgemeine Erwägungen. S. 80. Orgel- und klavierpädagogische Werke in früheren Zeiten selten. Dagegen viele Singschulen. Kein so strenger Stilunterschied zwischen Instrumental- und Vokalmusik, 80. Relative Bedeutung der Laute und der Tasteninstrumente in der Musikübung des 16. Jahrhunderts, 81. Vom Organisten und Klavier- spieler wurde eine viel gründlichere musikalische Bildung verlangt. Daher eine außerordentlich länge Lehrzeit, 82. Die Wichtigkeit der Wahl des Lehrers, 83. Der spanische Elementarunterricht, 84. Der Übungsstoff, 85. Cabezons Klavierschule, 87. Einrichtung der ersten Vokalstücke für Laute und für Klavier, 88. Tänze, 90. Der deutsche Klavierunterricht. Nürn- berger Liebhaber -Klavierspiel in zeitgenössischen Briefen und Rechnungs- büchern. 90. Die Seltenheit von niedergeschriebenen Klavierbearbeitungen in Italien, 97. Erklärung dieser Seltenheit durch das Spielen direkt aus dem Ghorbuch, 98. Der Squarcialupi Codex (15. Jahrhundert) von diesem Standpunkt als Orgelbuch betrachtet, 99. Die deutschen Organisten erlangten viel später als ihre italie- nischen Kollegen die Fähigkeit aus Stimmen oder aus der Partitur zu spielen, 104. Geschichtlicher Überblick über die ersten gedruckten französischen und italienischen Orgeltabulaturen, 104. Nachteile und Vorzüge der Tabulaturen. 106. 5. Kapitel. Untemchi Einzelne Disziplinen. S. 107. Bermudo und Sancta Maria über die ersten Übungen. 107. Das Taktschlagen oder -treten bei dem Üben. Der Taktstrich im 16. Jahrhundert, 109. Taktstrich, nicht Akzentstrich. 110. Der Fingersatz, 112. Die eigentümliche Handhaltung der Alten beim Tonleiterspiel, 112. Der Gebrauch des Daumens, 113. Die Triller und Doppel - schlage bei den Spaniern und in den italienischen und deutschen Denkmälern. 114. Oloaas oder Diminutionen, 118. Gegner der Diminutionspraxis, 119. Bermudo und Sancta Maria über Verzierungen, 120. Die gedruckten Ver- zierungen Ammerbachs und Gabrielis, 120. Dirutas Anweisungen zum Ver- zieren, 121. Die Verzierungskunst eine Improvisationskunst, 122. Merulos aus- geschriebene Verzierungen, 122. Das geschmackvolle Spiel der Spanier und die Manieren bei deren Nachfolgern, 123. Das vollgriffige Spiel. 125. I — IX — Die TranipositioBy 127. Aron, Bennudo, Ssnet» Mariib, Bxnita und Ceron« fiber du TranBponiercii, 127. TrantpcHdtioitfta im. dea gedmckten prak- tbcben Werken. 131. Die Fantasie. Freie tmd strengtre Formen^ 130. Dai FaartaaieTeii die hddMte Siafe der Exmstfertigkeit. £ine grtndliciie Theonekesntnie die Yor- anstetzfuig, 132. Sancta Marias Methode^ diet« Kunstfertigkeit su lekren, 133. Die Einnchtong der Gabezon^sdien ElaTierachule, 133. Die ein&ek« Sdiösheit der spanisehen Fantasien [Tiealoa) sovie der epaniseken Musik tlbexiiaitpt, 134. SajMsta Maria als Komponist, 135. Die strenge Form in der italieniseheii Orgel- musik, 136. Die freie Form in den deutschen, franzfisiscken und italieaisehen Denkmälern, 137. Entwickelung der Yariations- und RecercarenformeB bei den ItaÜMierB, 139. Buqs* eigene Orgelbearbeitung seiner Recercaren, 141. Die weitere Entwickelung der strengen Form in Deutsehlaiid und don Nieder- landen. Paix, Haßler, SweeÜnck, 142. Theoretiker »über Recercaren. Viceatino, Pietvo Fontio, Cerooie, Y. Glalilei. 143. &. KaiMtel. KlaTiei^ und Orgel in der Haus- Bnd Theatermttsik. S. 147. Die Tasteninstrumente in allen Kapellen und Instrumentensammlungen des 16. Jahrhunderts vertreten. Nachrichten aus Inyentarien, 147. Die Anteil- nahme der Fürsten und Höflinge und Kunstmäcene am fiQavierspiel, 149. Baldassare Gastiglione über die Hausmusik des Hofmannes, 152. Der Sologesang, das Solospiel, und das Rezitieren zur Instrumentalbegleitung im 16. Jahrhundert, 153. Luzzasco Luzzaschi's Solomadrigale mit Klayierbegleitung, 156. Die Hausmusik und die Kapellen am Hofe von Ferrara, 158. Bisher un- berücksichtigte Quellen zur Erforschung dieser Musikübung, 162. Die Festauf- führungen an den Höfen, 163. Nachrichten aus Briefen, Tagebüchern und Festbeschreibungen besonders von Intermedienmusiken, 163. Nachrichten aus Pesaro, Brescia, Ferrara und Rom aus dem 15. und aus den ersten Jahren des 16. Jahrhundests. Instrumentalmusik in der Kammer und im Theater. Solo- gesang mit Orchesterbegleitung, Messen mit Orchester. Bei allen diesen wirkten. die Tasteninstrumente mit, 165. Die Florentiner Inter- medienmusiken von 1539, 1565, 1579 und 1589, 167. Festmusiken in Pisa 1588, 175. Englische Maifestspiele 1515, 176. Englische Theatermusiken, 1538 bis 1589, 176. Intermedienmusiken in Frankreich 1548, 177. Das Ballet de la Reine, 178. Münchener Festmusiken 1568, 178. Die Florentiner Reformopem Übernahmen die Orchestereinrichtung und vieles andere von den Intermedien- musiken, 181. G. B. Doni über die Intermedienmusiken des 17. Jahrhunderts. 182. Mitwirkung der Orgel oder des Klaviers als Solo- und als Orchesterinstru- ment bei den deutschen Tafel- und Tanzmusiken des 16. Jahrhunderts. Tabulaturen von Ammerbach, Paiz, Schmid, Loeffelholz usw., 183. Abbildungen Ton deutschen Instrumentalmusiken mit Klavier, 184. Stellung der Organisten gegenüber denanderenlnstrumentalisten,185. Ihr Yerhältnis zu den Patriziern. 186. 7. £apitel. Partitur and Basse Continao. S. 187* Klavierauszüge (italienische Orgeltabulatur), die dem Organisten oder Klavier- spieler als Yorlage dienen könnten, sind in Italien im 16. Jahrhundert selten, Partituren noch seltener. Wodurch ist das Fehlen der Partituren zu erklären ? Schrieben die Komponisten direkt in einzelnen Stimmen? Ber- mudos bejahende Antwort auf diese Frage, 187. Yereinzelte Beispiele von frühen Partiturversuchen, besonders in Deutschland, 189. Die Breslauer Tabu- laturen als Orgelpartituren, deutsche Vorläufer der Generalbäßpräxis , 191. In Italien und Spanien wurde der Gebrauch einer Partitur meistens nur weniger gebildeten Organisten gestattet. Bermudo, Yicentino, 192. Ableitung ' des Wortes »Partiturc. Spartieren = mit Taktstrichen versehen, 193. Die ersten gedruckten Partituren, 194. Die ersten bekannten gedruckten 'Generalbaßstimmen (1594), 196. Die parallele Entwickelung des Partituren- und des Generalbaßdruckes. Beschreibung mehrerer 'Orgelstimmen von 1694 bis zu Viadana (1602). Einfache und doppelte Bässe. Bässe mit der beigedruckten höchsten Stimme, Bezifferung, Takteinteilung, ein- gestreute Partiturabschnitte usw., 197; Zusammenfassender Bericht über diese / Vor- Viadana'scheÄ Quellen. 203. Zur Theorie des Generalbaßspiels. Agazzari, 205. Die Bedeutung des Generalbasses für die Orchesterinstrumente (nicht nur für die Akkord- instrumente) in den ersten Opern, 206. Die praktischen Winke in den Vor- worten der Orgelstimmen, 208. Der.Basso continuo im 17. Jährhundert eine neue Errungenschaft. Bezifferung, Verzieren im Continuospiel , Freiheit des Satzes usw., 208.' Gegner des Continuospielö. Partitur vetms BassO Continuo, 210. Diruta und ,Banchieri gegen das schlechte Generalbaßspiel.' 211. Die ersten gedruckten Generalbaßstimmen und Partituren in Deutschland. 212. Alihailg 1. Agostino Agazzaris Traktat. »DeZ suonare sopra ü hasso* Seite 216 Anhang 2. Excerpte aus den Vorworten zu Orgelstimmen (1603—25) > 222 Masikbeispiele. Bermudo . . . » 227 Sancta Maria » 236 Buus Ricerear Partitur und Orgelbearbeitung » 245 Chanson *Le content est riehe* Klavierbearbeitung mit Alt und Baß des Vokalsatzes' » 260 * Susan/neun jour€. Originalsatz von Las sus. Bearbeitung von A. Gabriela Bruchstück der Bearbeitung von Ammerbach . » 264 *Sa/ncta Maria vel Ghristics resurgens*. Breslauer Orgeltabulatur .... » 275 Feiice Anerio. — Zwei Vokalsätze nebst Klavierbearbeitung aus , Verovios »Diletto S^irituale« (1586) . . » 280 Vincentio Galilei 3 Lautenricercaren * 283 L\;izzasco Luzzaschi Solomadrigale mit Klavierbegleitung » 286 Claudio Merulo Canzone für Orgel » 296 Annibale Padoano Toccata für Orgel . . . » 301 AntonioArchilei Solomadrigal mit Lautenbegleitung * 306 Luca Marenzio Instrumental Sinfonia » 312 r Einleitimg. Unsere modernen Anschauungen über die Musik früherer Zeiten haben in den letzten Dezennien mannigfache Änderungen und tiefgehende Um- gestaltungen erfahren. Zum Teil laufen diese Fortschritte auf unmittel- bare Aktiva hinaus. Der sich in allen Kulturländern immer weiterver- breitende Bach-* und Händelkultus bedeutet nicht nur eine nebexisächliche wenn auch noch so interessante Wiederbelebung des Alten, sondern er bringt eine direkte und positive Bereicherung unseres modernen alltäg- lichen Musiklebens. Zum Teil wirken die Begungen auf dem Gebiete der Musikhistorie nur indirekt, indem sie das Verständnis für die Musik und das Musikleben vergangener Zeiten aufhellen und uns dadurch einen sichereren Leitfaden zum Verständnis unserer heutigen Musik liefern. Daß so manche Zeiten und manche Fragen in der Musikgeschichte noch einer Aufklärung bedürfen, wird keiner leugnen. Trotz der großen Fortschritte, die etwa die Geschichte der Oper, der Instrumentalmusik und der weltlichen Vokalmusik in neueren Zeiten gemacht hat, bleibt noch viel zu tun übrig. Der Versuch, die Geschichte der Instrumental- musik über den Anfang des 16. Jahrhunderts hinaus aufzudecken, ist neueren Datums. Zwar gab es schon seit den Anfängen der musikali- schen Historie Abbildungen und Aufzählungen von Musikinstrumenten; aber über den Anteil, welchen die Instrumentisten an der gewöhnlichen Musikübung hatten, hörten wir weniger. Wurden doch das 16. und die unmittelbar vorangehenden Jahrhunderte kurzweg zur »a cappella Periode« gestempelt, eine Benennung, die bis vor etwa einem Jahrzehnt für den gewöhnlichen Leser gleichbedeutend war mit »die Zeit, in der es keine Instrumentalmusik gab«. In den letzten Jahren ist es immer klarer geworden, daß die Sache sich nicht ganz so verhielt, und immer dringen- der formuliert sich die Frage nach dem eigentlichen Wesen dieser frühe- ren Instrumentalmusik und ihrem Verhältnis zur bekannten Vokalmusik. Den Weg zur Lösung dieser Frage, soweit sie das 16. Jahrhundert angeht, möchte der Verfasser mit dieser Schrift wenigstens anbahnen. Und zwar soll die Untersuchung sich hauptsächlich auf die Tasteninstru- mente beschränken. Obwohl sie nicht die alleinigen Vertreter der In- sixumentalkunst waren, waren sie doch die bedeutendsten. Dennoch Kinkeldey, Orgel und Klavier. 1 — 2 — wollen wir uns nicht zu eng an diese halten, sondern versuchen, gelegent- lich einen Blick auch auf die anderen Instrumente zu werfen, und vor allem die mannigfaltigen Beziehungen und Verknüpfungen, die zwischen der Instrumentalkunst einerseits und der Vokalmusik andererseits exi- stierten und die Wechselwirkungen, die sie aufeinander ausübten, zu be- rühren. Die Ergebnisse werden nicht ohne Bedeutung für die weitere Geschichte der Orchester- und Kammermusik und für die Vorgeschichte der Oper sein. Warum das Orgel- . und Klavierspiel gerade des 16. Jahrhunderts wichtig ist, wird sich im folgenden zeigen. Sucht man in den allge- meinen Musikgeschichten und in den Spezial werken über Orgel- und Klavierspiel nach Aufklärung auf diesem Gebiet, so findet man, daß, obwohl gerade über diese Zeit und über die hoch früheren Jahrhunderte so manches geschrieben worden ist, im allgemeinen doch noch ein tiefes Dunkel auf der Sache ruht. Daß das Spiel auf den Tasteninstrumenten schon in dieser frühen Zeit eine nicht unwesentliche EoUe spielte, beweist schon der große Kuhm, den verschiedene Virtuosen erlangten. Man denke nur an solche Namen in Deutschland wie Conrad Paumann, an Hofhaimer und den ganzen Kreis von nicht unbedeutenden Organisten, der sich um ihn gruppiert, in Italien an Francesco Landino, >degli OrganU genannt, an An- tonio Squarcialupi, der am glänzenden Hof des Lorenzo Magnifico so großes Ansehen genoß. Man denke an die lange Jäeihe von Orga- nisten an San Marco in Venedig, die ununterbrochen seit dem 14. Jahr- hundert verzeichnet ist, an die Organisten der Peterskirche zu Rom im 15. und 16. Jahrhundert, deren Namen uns erhalten sind. Man denke an die Notizen über Orgelwettstreite und Orgeleinweihungen, über große Orgelbauten, die sich hier und da in den Schriftstellern finden, an die manchmal überschwänglichen Lobsprüche der Dichter auf Virtuosen. .Man erinnere sich an die erhaltenen Kechnungen und Haushaltungs- bücher der verschiedenen Höfe, in denen Regal-, Virginal- und Cembalo- spieler oft vorkommen. Man betrachte die Abbildungen aus älterer Zeit, die häufig die verschiedenen Orgel- und Klavierformen wiedergeben. In den Archiven finden sich mehrere Mitteilungen über die Anstellung von Lehrern des Orgel- und Instrumentenspiels. Eine Bologneser Handschrift, .die den Traktat des Theodoricus de Campo enthält und sicherlich vor dem 16. Jahrhundert geschrieben worden ist, schließt mit einem Kapitel >Ars et modus pulsandi Organa secundum modum novissimum injunctum per magistros Musicos modernost^). Faßt man alle diese Tatsachen ins 1) Katalog des Liceo Musicale zu Bologna I, 259. Eine Abschrift des kurzen Kapitels, welches später wieder angeführt werden soll, sowie nähere Mitteilungen über die Handschrift verdanke ich Herrn Prof. Dr. Joh. Wolf. — 3 — Augej so luuß mau zu dem Schluß kommen, daß Orgel lind^^airieT im damaligen Musikleben doch eine größere Rolle spielte^,. al§ es die spärlich erhaltenen Denkmäler vermuten lassen, Wir, werden sehen^ daß diese nicht einmal eine Andeutung von der wichtigen Stellung dör Tasfceiir Instrumente in den Orchestern des J6. Jahrhunderts enthalten. ; Dieses Mißverhältnis zwischen dem literarischen Euhm der Instrumeii^ tÄlkunst und dem geringen Befund von Kompositionen währt bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Die Mei&ter des 17. Jahrhunderts stehen uns näher und haben uns Werke genug hinterlassen , die uns ein in vielen Beziehungen klareres Verständnis ihrer Zeit und eine gerechtere Abschätzung ihrer Kunst ermögliche^. Die Unklarheit, die noch über das 16. Jahrhundert herrscht, kann ich zwar nicht ganz aufhellen, aber ich glaube, daß in einigen Punkten etwas mehr Xiicht geschaffen werden kann. An Vorarbeiten liegen wenige vor, die siqh speziell mit diesem Thema beschäftigen. Als die wertvollsten wären zu nennen >Zut Geschichte des Orgelspiels im 14 — 18. Jahrhundert^? von A. G. Ritter (Leipzig 1884), eine Arbeit von Carl Krebs, »Girolamo Dirutas Transil- va no. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgel- und Klavierspiels im 16. Jahrhundert« (Vierteljahrsschrift für Musikwissenschaft VIII (1892) S. 307 ff.) >Geschichte der Klaviermusik« von Max Seiffert (Leipzig 1899). Die > Geschichte der Instrumentalmusik im 16. Jahr- hundert« von W. J. V. Wasielewski (Berlin 1878) trägt einiges zum Thema bei, läßt es aber häufig an QufeUennachweisenr fehlen. Außerdem ist das Thema von Ambros im 3.iBande seiner Musik*- ge schichte (Die deutschen Instrumentisten, und die venetianische Musik- schule) und auch von v. Winterfeld in >Johann Gabrieli und sein .Zeitalter« (Berlin 1834) berührt worden. Monographien über einzelne Komponisten oder über einzelne SammlungCTi von Orgelwerken haben wir in der Arbeit Arnolds und Bellermanns über Conrad Pau- manns Fundamentum Organisandi (Chrysanders Jahrbücher für Musikalische Wissenschaft H Leipzig 1867 S. 177 ff.), in dem nicht er- schöpfenden Aufsatz Robert Eitners über das Bu3^heimer Orgel- buch (Beilage zu den Monatsheften für Musikgeschichte 1887), in der trefflichen Abhandlung von Carl Paesler über das >Fundamentbuch von Hans von Constanz« (Vierteljahrsschrift V (1889) S. Iff.) und in der Dissertation Hans Loewenfelds über >Leonhard Kleber und sein Tabulaturbuch« (Charlottenburg 1897). Mit der liturgischen Aufgabe der Orgel in früheren Zeiten hat sich schon Gerbert beschäftigt in >De cantu et musica sacra*^), Ausfuhr^ 1) Tom. II San Blasii 1774. Lib. III, Cap. III. De organis, aliiec^ue instrumentis musicis paallatim in ecclesiam inductis. Lib. lY, Cap. I. Disciplina cantua ac musicae ecciesiasticae posteriore hac aetate. . r 1* — 4 — lieber wird dieser Gregenstand behandelt in Georg Kietscbels >Die Aufgabe der Orgel im Gottesdienste« (Leipzig 1893), eine Scbrift, die aucb über das 16. Jahrhundert eine Fülle wichtiger Neuheiten aus den Kirchenordnungen bringt. Einzelheiten von Belang kann man auch den Geschichten einzelner Städte, wie z. B. in Italien Oaffis ^Storicu deUa Musica Sacra neUa giä cappella dneale di San Marco in Venexia dal 1318 al 17 97*^ (Vene- zia 1854 — 1855), Nericis >Storia deüa Musica in Lucca< (Lucca 1879), Valdrighis >Mii$urgiana Nr. 12€ (Modena 1884), oder Werken wie Jac- quots ^La Mitsique en Lorraine^ (Paris 1882) und Vander Straetens T>La Musique attx Pays-Bas* (Bruxelles 1867 — 1868) entnehmen. Die Quellen auf denen die folgende Arbeit beruht, sind in zwei Gruppen einzuteilen; 1% die überlieferten Kompositionen selbst. In dieser Beziehung bringt die Arbeit mit einigen Ausnahmen nichts Neues. 2. die Notizen und Besprechungen, die sich in den Theoretikern und anderen Schriftstellern des 16. Jahrhunderts finden, vor allem in einigen didak- tischen Werken, die zum ersten Male vieles feststellen, das bisher nur auf Konjektur beruhte, andererseits aber auch manche Aufklärung über die Techtiik sowie über den Lehrgang im Klavier- und Orgelspiel bringen. Eine große Anzahl nicht unwesentlicher Aufschlüsse entnehmen wir Quellen, die eigentlich nicht speziell musikalischer oder musikgeschicht- licher Natur sind, wie z. B. zeitgenössischen Briefen, Tagebüchern, Kechnungsbüchem und Beschreibungen von Festlichkeiten. In diesen Quellen werden wir manchmal über Gegenstände unterrichtet, über die die Musiker und Musikschriftsteller sehr ischweigsam sind. Das älteste bekannte Beispiel von einer Komposition für Orgel oder Klavier stammt aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts und zwar aus England. Das handschriftlich erhaltene Werk ist nicht ausdrücklich als Orgeltabulatur bezeichnet, ist aber von den anderen notierten Kom- positionen der Zeit so verschieden und den späteren Orgeltabulaturen so ähnlich, daß man es wohl ohne Gefahr als Orgelwerk ansehen darf. Faksimiles aus der Handschrift, welche im British Museum aufbewahrt wird, befinden sich in Wooldridges ^Early English narmony€ (London 1897) Tafeln 42 — 45. Eine genaue Beschreibung nebst Übertragungen gibt Wolf in seiner »Geschichte der Mensuralnotation« (Leipzig 1904), I 356 ff., n und in Nr. 78. Dem nächsten Denkmal begegnen wir auf deutschem Boden. Es ist Conrad Paumanns Lehrbuch für den orgelmäßigen Kontrapunkt aus der Zeit um 1452, das Funda7n€ntufn Organisandij dem auch mehrere Stücke für Orgel von anderen Kompo- nistep oder Bearbeitern angehängt sind. Eine vollständige Übertragung mit einigen Faksimiles bringt die genannte Arbeit von Arnold und Bei- — 5 — lermann. Aus ungefälir derselben Zeit stammt das Buxheimer Orgelbuch. Aus dem 16. Jahrhundert sind uns Denkmäler in größerer Anzahl erhalten. Da haben wir besonders in Deutschland eine Beihe von Samm- lungen yon Orgelwerken. Auffallenderweise ist das zuerst zu nennende Werk ein Druck, nämlich Arnold Schlicks *Talmlaturen eüicher Lob- gesang und Uedlein uff die Orgeln un lauten* (Mainz 1512). Das Werk liegt im Neudruck von Kobert Eitner vor, als Beilage zu den Monats- heften (1869). Dann folgt eine Beihe Handschriften, wie das Tabulatur^ buch von Kleber, welches in den Jahren 1520 — 1524 entstand; die Tabulaturen des Schweizers Hans Kotter um 1532; femer aus der Zeit um 1540 Hans Buchners von Constanz Fundamentum welches sich außer mit der Lehre des Orgelkontrapunktes auch als erstes mit Fragen des Fingersatzes beschäftigt. Aus der zweiten Hälfte des 16. Jahr- hunderts gibt es neben handschriftlichen Tabulaturen wie denjenigen der reichen Breslauer Sammlung^), denen des Herzogs Christian von Sachsen^), Nörmigers^) und Loeffelholtz''), eine Beihe gedruckter Sammlungen von Ammerbach (1571), Bernhard Schmid dem älteren {1577) und Jacob Paix (1583), In Frankreich hatte man schon in den Jahren 1530 — 1531 eine ganze Serie kleiner Orgelbücher, »Taindatures des Orgues, Espinettes, Manicor- dions et tdx semblables instrumentx* in Paris bei Attaingnant gedruckt. Die ersten aus Italien bekannten Stücke, speziell für Orgel oder Klavier gedruckt, finden sich in einer Sammlung aus dem Jahre 1540, >Musica nova (iccommodata per cantar et sonar sopra organi\ et aitri strumenti composta per diversi eccellentissimi musid. In Veneiia al segno del Poxxo€, Auf diese wie auf die ihr folgenden Orgelsammlungen aus Italien werden wir später zurückkommen (S. 105fE.). Von dem berühm- ten Willaert (etwa 1490 — 1562) scheint es keine Werke speziell für die Orgel gedruckt zu geben. Sein Zeitgenosse JaquesBuus, von 1541-^ 1551 Organist an San Marco ^ ist lange Zeit in der Musikgeschichte auf dem Gebiete der Instrumentalmusik nur mit zwei Büchern Becercaren, in Stimmen erschienen, vertreten gewesen. Es existiert aber im British Museum ein Exemplar eines Druckes aus dem Jahr 1549, der vier Be- cercaren in italienischer Orgeltabulatur enthält. Das Werk hat in den Musikgeschichten bisher keine eingehende Behandlung gefunden. Es soll an geeigneter Stelle (S. 141) näher darauf eingegangen werden. Von Merulo wurden schon 1567 Becercaren in itaUenischer Orgel- tabulatur gedruckt, und 1568 Messen in gleicher Gestalt. Erst gegen 1) Auf der Breslauer Stadtbibliothek. Siehe Katalog von Bohn. 2) Auf der Eönigl. Bibliothek Dresden. Katalog von Kade und Eitner. 3] Königl. Bibliothek Berlin. Ms8. mus. Z 89 und Z 34. — 6 — Ende des 16. Jahrhunderts kamen die Orgelwerke der Gabrieli in den Druck, Es muß auffallen, daß uns die italienischen Forscher und Biblio- graphen über händschriftliche Vorläufer oder Parallelerscheinungen zu diesen Druckwerken so gut wie gar nichts mitteilen. Die einzige mir bekannte Äußerung über eine handschriftliche italie- nische Orgeltabulatur aus dem frühen 16. Jahrhundert ist eine kurze Erwähnung Gasparis (Kat. Bol. IV, 191, unter Buus) von einer Messe^ für Orgel intabuliert von Girolamo d'ürbino. Auch deutsche For- scher auf italienischen Bibliotheken erwähnen den Gegenstand nicht. Eine richtige Parallelerscheinung zu den deutschen handschriftlichen Orgeltabulaturen gibt es augenscheinlich in Italien nicht. Es wird wohl auf diesem Gebiet in Italien viel nachzuholen sein. Doch werden wir später sehen, daß in gewissem Maße die italienischen Organisten ohne besondere Intabulierung fertig wurden, wo sie ihre deutschen Kollegen nötig fanden. Die hier in kurzen Zügen angedeuteten praktischen Quellen geben aber, wie wir im weiteren Verlaufe der Arbeit sehen werden, nur einen schwachen, oder wenigstens einen unvollkommenen Begriff von der Tätig- keit auf dem Gebiete des Orgel- und Klavierspiels in der Zeit, die wir za behandeln haben. Zur Vervollständigung und zur Aufklärung müssen wir auch andere Quellen heranziehen als die praktischen Denkmäler. In erster Linie sind es rein musiktheoretische Schriften oder Einleitungen zu praktischen Werken, die uns da Hilfe leisten können. Zum Teil ist diese Seite des Themas schon beleuchtet worden in der Arbeit von Päsler über das Fundamentum von Hans Buchner. Der Name Fundamentum bezieht sich eigentlich nicht auf die ganze Buch- ner-Handschrift mit ihren vielen Stücken in Orgeltabulatur, sondern mehr auf die theoretische Einleitung oder das Vorwort, in dem die Grund- sätze des Orgelspiels und des Orgelkontrapunktes (zu einem Cantus Firmus) niedergelegt werden. Geschichtlich bedeutend ist dieses Vorwort dadurch, daß es uns die ersten Nachrichten bringt über einige tech- nische Fragen, wie die des Fingersatzes und der Handhaltung. Mit den Erklärungen Buchners hat man sich in der Musikgeschichte begnügen müssen bis zur Zeit des Leipziger Thomas-Organisten NikolausElias genannt Ammer bach, der in seinem Tabulaturbuch von 1571 wenig- stens soweit.es den Fingersatz und die Verzierungen angeht, etwas über Buchner hinausgeht. Diese beiden. Buchner und Ammerbach, haben aber ihre Erklärungen nur als Nebensache betrachtet, als Einleitung zu ihrem praktischen Teil. Als erstes uns erhaltenes Werk, das sich die Erklärung der Kunst des Orgel- und Klavierspiels zur eigentlichen Aufgabe machte, galt bisher Girolamo Dirutas *Il Transilvano, Dialogo sopra il vero modo dz - 7 — sonar Orgard, & instnimenti da penna*^ erschienen in Venedig 1697. Das Werk, 32 Blätter stark, erörtert erst die Elementarfragen von No- tation und Tastenbenennung, unterrichtet dann genauer über | Körper- haltung, Handhaltung und Handbewegung, Anschlag, Fingersatz und Yer- zierungen. Es werden auch als Übungsstücke 17 Kompositionen von Diruta, von beiden Gabrieli, Merulo, Luzzasco Luzzaschi und anderen namhaften Organisten der Zeit beigefügt. Der eigentümliche Wert des Werkes beruht darin, daß es angeblich die Anschauungen und Lehrsätze Merulos wiedergibt. Ein zweiter Teil erschien in Venedig im Jahre 1609. Das wesentlich Neue in diesem Teil bezieht sich auf das Über- tragen einer Komposition aus den Stimmen in die Orgeltabulatur (zwei Systeme, oben 5, unten 8 Linien) und die Ausschmückung dieser Über- tragung mit Diminutionen, d. i. melodischen Verzierungen. Für das letztere ist eine ganze Kontrapunktlehre beigegeben. Darauf folgt eine breit ausgeführte Transpositionslehre. Auch diesem Teile werden mehrere Stücke von bekannten Organisten eingefügt. Diese Werke des Diruta werden schon mehrfach von Ritter in seiner Geschichte des Orgelspiels erwähnt. Krebs hat sie in der genannten Arbeit ausführlicher und in sehr dankenswerter Weise behandelt. Aber sehr viel von dem, was Krebs dem Diruta rühmend als Neuerer und als Pionier zuschreibt, möchte ich für Vorgänger Dirutas, die bisher fast unbekannt geblieben sindj in Anspruch nehmen. Es läßt sich nämlich in Spanien im 16. Jahrhundert eine blühende Listrumentalmusik nachweisen, die in der allgemeinen Musikgeschichte noch lange nicht recht geschätzt wird. Um die Mitte des Jahrhunderts erfahren wir von einem regen Leben auf dem Gebiete der Klavier- und Orgelmusik. Der bedeutendste Vertreter dieses Gebiets ist der aller- dings bekannte und geschätzte Antonio Cabezoni), der 1566 gestorben ist. Werke von ihm erschienen schon 1557 im Druck in dem *Libro de cifra nueva para tecla, harpa, y vihicela* von Luis Venegas de Henestrosa in Alcala herausgegeben 2). Die Hauptquelle aber für seine Werke ist die Ausgabe in Zifferntabulatur, welche sein Sohn Hemando im Jahre 1578 besorgte. Das Werk ist vollständig im Neudruck in den spanischen Denkmälern von Pedrell herausgegeben worden. 1) Nicht Felix Antonio, wie er in den meisten Lexicis und Geschichten genannt wird. Biographisches über ihn von Felipe Pedrell in den Einleitungen zu der Neuausgabe der Werke Cabezons. Hispaniae Schola ' musica sacra. Voll. III, IV, VII und VIII Barcelona. (Leipzig Breitkopf & Härtel) 1895—98. 2) Das Werk selbst war mir nicht zugänglich. Es enthält nach Pedrell Werke von Vila, Luis Alberto, Julius de Modena, Francisco Fernandez Palero, Soto [Pedro?] und einer Frau, einer Nonne, Gracia Baptista. Elf darin enthaltene Stücke von Cabezon im Neudruck in Hispaniae Schola mus. sacra VIII Teil II, S. 32—51. Einiges über Venegas' Tabulatur mit Beispielen bei Morphy »Les Luihistes espa- gnols du XVI siecle*. Leipzig 1902, S. XXI, XXIII, LI und 228. — 8 — Grerade um Cabezons Zeit scheinen sich die spanischen Musikschrift- steller dafür interessiert zu haben, ihren Landsleuten einen tieferen Ein- blick in das Wesen der Kunst des Tastenspiels zu verschaffen. Zwei Werke sind es yomehmlich, die sehr eingehend das Orgel- und Klavier- spiel behandeln. Das erste ist die ^Dedaraeion de instrumentos miisicaies€ von Juan Bermudo, Ossuna, 1555; das zweite, die >Ärte de tarier Fantasia assi para Teda como para Vikuela, y todo instrumentOf en que se pudiere taner a tres, y a qtiatro voxes, y a mos. Por d qttal en breve tiempo, y con poco trabajo, facü- mente se podria tarier Fantasia^ von Thomas de Sancta Maria, Valladolid 1565. Letzteres Werk muß schon 1556 zur Veröffentlichung fertig gewesen sein, denn in diesem Jahr wurde Sancta Maria ein Privileg erteilt, wel- ches 1563 erneuert wurde. Es fällt also in seiner Entstehung beinahe mit Bermudos Werk zusammen. Beide Werke gehören demnach in die letzten Jahre der Willaert-Buus Zeit. Willaert starb 1562 in Venedig. Buus ist bis 1564 in Wien nachweisbar. Bei den nahen Beziehungen, welche damals zwischen Italien und Spanien bestanden, die in der vor- hergehenden Zeit Karls V. besonders stark angeknüpft worden sind, und in Betracht der gemeinsamen niederländischen Quellen, aus denen sie schöpften, darf man wohl wenigstens bis zu einer gewissen Grenze an- nehmen, daß die Vorschriften, welche diese Schriftsteller für das spani- sche Orgelspiel aufstellten, auch für die italienische Praxis eine Bedeu- tung haben. Die modernen spanischen Musikhistoriker wie Pedrell und Morphy haben mehrfach auf die Bedeutung der Werke Bermudos und Sancta Marias für die Musikgeschichte hingewiesen. Spanien hat uns aber bis jetzt noch keine eingehende Studie oder Würdigimg dieser Quellen ge- schenkt. Im Auslande haben sie sich mit einer bibliographischen Notiz oder einer vorübergehenden Erwähnung begnügen müssen. I. Kapitel. Die spanischen ftnellen. Da diese spanischen Werke so lange unbeachtet geblieben sind und doch so wichtige Beiträge zu unserem Thema liefern, möchte ich etwas näher auf sie eingehen, als es vielleicht sonst nötig wäre. Es soU daher eine ausführliche Inhaltsangabe folgen, die ich dann als Ausgangspunkt der weiteren Untersuchungen nehmen möchte. Juan Bermudos erhaltene Werke erschienen zwischen 1549 und 1555. Bermudo bezeichnet sich auf den Titelblättern als aus der Stadt Ecija in der Erzdiözese von Sevilla gebürtig. Zur Zeit, als seine Bücher im Druck erschienen, ist er Pranziskanermönch im Orden der »Frayles menores de ohservanda^ in der Provinz Andalusien. Sein erstes mir bekanntes Werk stanmit aus dem Jahre 1549. Es heißt ^TJhro primo de la dedaradon de instrumentos micsiccUes^ und ist Johann III., König von Portugal, gewidmet 1). Es enthält verhältnismäßig wenig, das sich speziell auf die Instrumente bezieht. In demselben Jahr (1549) erhielt Bermudo ein Pri- vileg für ein neues Werk, welches 1550 erschien mit dem Titel >El Arte Tripharia^^). Das kleine Werk enthält eine summarische Darstellung von Bermudos Lehre vom Oantus planus, der Mensuralmusik [canix> de organö) und dem Klavierspiel. Er beruft sich darin häufig auf seine vier Bücher über die musikalischen Instrumente. Man muß also annehmen, daß das oben erwähnte Werk von 1549 nur ein Teil seiner schon gedruckten Schriften ist. Das Buch ist einer '^muy reverendu Senora Dona Tsabd Pacheco^j Äbtissin des Klosters Sancta Clara de 1) Exemplar Eönigl. Bibliothek Berlin. 2) Dieses Werk kenne ich nur nach einem Faksimile des in Madrid aufbewahrten Unikums. Yon diesem Faksimile wurden nur 15 Exemplare hergestellt. Das von mir benutzte Exemplar besitzt das British Museum. Obwohl andere Exemplare manchmal in den Jahresberichten des spanischen Büchermarktes angezeigt werden, scheint das Interesse daran in Spanien nicht über die Sammlerliebhaberei hinaus- gegangen zu sein. Im Auslande ist es, soweit es seine historische Verwertung angeht, unbekannt geblieben. Trifarius (= dreifach) bezieht sich wohl auf die drei Hauptgegenstände der sehr knapp gehaltenen Schrift. r — 10 — Montillo gewidmet. Ein einleitender Brief des Autors an diese gibt Aufklärung über den Zweck, welchen der Autor mit diesem Werk im Auge hatte. Die Äbtissin hat eine Freundin, eine junge adlige Dame^ die auch Nonne werden sollte. Diese sollte in kurzer Zeit singen lernen ^'para el servieio dd officio divino^ und auch spielen >para su sancta exerdeio*^). Waren diese Bücher des Bermudo nur Fragmente oder summarische Überblicke, so haben wir in einer Ausgabe der Dedaradon de instru- mentos micsicales^ 0ssunal555 eine ausführliche Darstellung seiner ganzen Musiklehre. In diesem Werk faßt er alles zusammen, was er bisher geschrieben hat, und erweitert es sehr. Es ist in fünf Bücher geteilt und umfaßt 300 Seiten. Bescheidenheit ist bei Bermudo eine wenig geschätzte Tugend. Er macht große Versprechen, die nicht alle gehalten werden. Sein Stil ist manchmal beißend satirisch, manchmal wirklich, witzig. Er schreibt mehr für den Anfänger als für den ausgebildeten Musiker, und gerade dadurch wird das Werk geschichtlich sehr wertvoll ; denn er behandelt so manchen Punkt, den die gediegenen Theoretiker als selbstverständlich voraussetzten. Vor allem aber geht er aufs Pi'ak- tische. Mit den weitschweifigen Spekulationen und pseudo-philosophischen Betrachtungen vieler seiner Zeitgenossen gibt er sich bloß im ersten und zweiten Buch ab. Sonst ist er meist rein sachlich. In allen seinen Schriften hat Bermudo immer das Spielen neben dem Singen und Kom- ponieren im Auge. Die Vorschriften, die er für die Musik aufstellt, gelten meistenteils ausdrücklich für das Spielen sowie für das Singen; und wo das nicht der Fall ist, wird der Unterschied fast immer erklärt 2). Mit der Musikanschauung seiner Zeit, auch des Auslandes, war er nicht unbekannt. Seine Gewährsmänner in Sachen der Theorie, um bloß die ihm zeitlich nahestehenden zu nennen, sind Gaf urius, Glarean und Ornithoparchus. Die Examinatoren, die seine Werke den Behörden und dem Pubhkum sehr schmeichelhaft empfehlen, sind erstens Bernar- dino de Figueroa, königlicher Kapellmeister zu Granada, und zweiten» kein geringerer als Christoval de Moral es, der noch dem fünften Buche, der Kompositionslehre, ein besonderes Begleitschreiben mitgegeben hat^ 1) Von der Klaviersammlung des Venegas (1557) wissen wir, daß sie neben den Kompositionen solcher Größen wie Cabezon auch unter anderen das Werk einer Nonne enthielt. Die Klöster waren bekanntlich auch in Italien die Pflege- stätten für die musikalischen Übungen der Frauen. 2) Bermudo verhält sich hier etwas anders zu seinem Stoff als die italienischen Schriftsteller des 16. JahrhundertB, die für die Geschichte der Instrumentalmusik in Betracht kommen. Die Werke von Ganassi, Ortiz, usw. haben mehr den Charakter von allgemeinen musikalischen Verzierungslehren, die nebenbei An- wendung auf spezielle Instrumente finden. — -11 — das schon 1550 datiert ist, in dem er sich äußert, daß er noch nie ein Werk gesehen habe, das dieses schwierige Thema so klar behandelt. Die Inhaltsangabe der verschiedenen Bücher, wie sie Bermudo selber mitteilt, wird nns zeigen, wie er seine Aufgabe aufgefaßt hat. >In dem ersten Buch werden mit großer Kunst und Gründlichkeit die Lob- preisungen der Musik behandelt; es enthält 20 Kapitel und ist auch zur Ergötzlichkeit nützliph«. >In dem zweiten Buch stelle ich die Einleitungen und ersten Prinzipien der Musik dar für Anfänger im Singen und im Spielen; es enthält 36 Kapitel«. »In dem dritten Buch behandle ich große und tiefe Geheimnisse, sowohl im Cantus planus wie im Mensuralgesang [conto de organo); und ich behandle die Theorie in solcher Weise, daß ich die Praxis dabei nicht vergesse; dieses Buch enthält 50 Kapitel«. »Das vierte Buch enthält die wahre Erkenntnis der Orgel und jeder Art Yihuela, ebenso der Harfe, und die Weise für sie eine Tabulatur zu schreiben und auf diesen Instrumenten zu spielen, zusammen mit wichtigen Bemerkungen, altbekannten und neuen. Es enthält 93 Kapitel«. »Du wirst finden im fünften Buch die gründlichste und ausführlichste Kunst, cantus planus zu komponieren, Kontrapunkt zu machen und Mensuralmusik zu komponieren. Die Schönheiten, welche die Sänger erfunden haben, werden prak- tisch behandelt und die Gründe dafür angegeben, und die Kunstgriffe werden durch Beispiele erklärt, so daß jeder, der sie zu gebrauchen wünscht, sie mit großer Sicherheit nachahmen kann. Es enthält 33 Kapitel«. »Das sechste Buch trägt einige die Musik betreffende Irrtümer zusammen von denjenigen, die in dieser Wissenschaft in unserer Muttersprache geschrieben haben, widerlegt sie genügend und lehrt die Wahrheit. Und ich teile es ein in vier Traktate, an deren Schluß ich noch zwei weitere beifüge. In dem einen spreche ich von den Geschlechtem (generös) der Musik, und in dem anderen gebe ich die Weise auf meinen Instrumenten zu spielen an. Und es sind Neuigkeiten in allen sechs Traktaten speziell über die Stimmung der Instrumente«. Dieses sechste Buch ist leider trotz der verheißungsvollen InhaJts- angahe nicht zustande gekommen, wenigstens in dieser Ausgabe nicht. Es scheint auch sonst nicht aufgefunden zu sein. An der Stelle, wo das sechste Buch folgen sollte, läßt Bermudo eine Entschuldigung drucken. Von den vielen Gründen, warum das sechste Buch nicht folgt, will er nur die zwei wichtigsten angeben. Erstens möchte er denjenigen, die er angreifen wollte, oder angegriffen hat, Gelegenheit geben, ihre Werke zu korrigieren, so daß sie nicht sagen könnten, sie seien nicht gewarnt worden. Sie mögen dieses als brüderliche Mahnung annehmen. Zwei- tens sei das Papier jetzt viel teurer geworden, als es in vergangenen Zeiten war. Jetzt koste das einfache Papier dreimal soviel als früher der gedruckte Bogen. Obwohl in dem ganzen Werke interessante Mitteilungen über die Musikanschauungen der Zeit, und so manche praktischen Winke für Mu- siker gegeben werden, wie z. B. Bemerkungen über die gewissenlosen — 12 — Lehrer auf der Vihuela und der Orgel, über die schlechten Organisten, über die wahre Auffassung von der Musik, ein langes Kapitel mit der Überschrift > Anweisungen den Chor zu dirigieren,« ein anderes > Anweisungen für Sänger« usw., möchte ich diese jetzt unberück- sichtigt lassen und mich darauf beschränken, nähere Angaben über den Inhalt des für uns in Betracht kommenden Teiles des vierten Buches von dem Orgelspiel zu machen. Schon in dem Vorwort zu dem >Libro primo< von 1549 macht Bermudo darauf aufmerksam, daß viele Sachen, die er gern erörtern möchte, eigentlich nur durch die mündliche Unterweisung eines guten Lehrers gelernt werden können, wie z. B. die genaue Handhaltung oder die Verzierungen, die sich fast täglich ändern. Andere Sachen aber erläutert er sehr ausführlich. Das vierte Buch der Ausgabe 1555 fängt an mit einem Kapitel > Einige Anweisungen für Spieler«. Bermudo sagt, er habe nie einen ausgezeichneten Spieler gesehen, der nicht mindestens zwanzig Jahre in fortgesetztem Studium verbracht hätte. Es gäbe aber viele »barba- rische« Spieler, die ihr ganzes Leben mit dem Studium der Orgel zuge- bracht hätten. Seine Bücher dagegen verhelfen in kurzer Zeit und mit mäßiger Arbeit dazu, ein annehmbarer Spieler zu werden. Die haupt- sächlichen Erfordernisse für einen guten Spieler sind die Kenntnisse von der Handhaltung, ferner mit welchen Fingern man aufwärts spielen muß, und mit welchen abwärts, um mit Leichtigkeit die schwierigen Passagen auszuführen, mit welchen Fingern man die Verzierungen machen muß und auf welchen Tasten: >Nimm als speziellen Rat« sagt Bermudo, > daß Du dieses nicht von einem »barbarischen« Spieler lernst, sonst spürst Du Dein ganzes Leben lang Mängel. Es ist mehr wert, zweimal so viel Geld an einen guten Spieler zu zahlen, der Dir das zur rechten Zeit beibringt, als das einfache an einen der nicht weiß, wie man die Hände auf die Orgel setzt.« Es wird verlangt, daß man Mensuralmusik verstehe, vor allem aber, daß man im Takthalten fest sei. Kontrapunkt ist nicht durchaus nötig, aber es ist gut und nützlich, wenn man ihn versteht, weil man leichter auf das Monochord absetzen^) und Fehler des Noten- schreibers verbessern kann. Für das Spielen an sich ist er nicht so nützlich. 1) Ich übersetze ^poner en el monacordio* mit »auf das Monochord (das Klavi- chord) absetzen«. Das Wort »absetzen« war bei den deutschen Organisten ter- minus teeknictis und bedeutete, aus den Yokalstimmen in die Buchstaben-Tabulatur umschreiben. Wir werden sehen, daß bei den Spaniern »poner en el monacordto< aber auch für das direkte Übertragen oder Spielen auf dem Instrument ohne Yermittelung einer geschriebenen Tabulatur sowohl wie für das Tabulaturschreiben gebraucht wird. — 13 — >Wenn Du »gute Hände« hast < und dieses Buch verstehst, kannst Du anfangen Kompositionen auf das Monochord abzusetzen. Die Musik, die Du zuerst absetzen mußt, möge aus einigen ViUancicos des zuver- lässigen Musikers Juan Yazquez bestehen. Diesen, obwohl sie leicht sind, vreil sie der Gattung der ViUancicos angehören, mangelt es nicht an musikalischem Wert, so daß sie als Grundlage dienen können. So- dann setze Musik von Josquin, von Adriano [Willaert], von Jachet Man- tuano, von Meister Figueroa, von Morales, von Gombert und anderen ähnlichen ab. Stücke von Instrumentalisten für das Monochord kom- poniert, mögest Du nicht spielen (es sei denn, daß jene ausgezeichnete Männer sind}, weil sie große Fehler enthalten. Ausgezeichnete Spieler nenne ich Don Juan, Präbendar an der Kirche zu Malaga, den Präben- dar Yillada von der Kirche zu Sevilla, den Herrn Yila in Barcelona, Soto und Antonio de Cabezon, Spieler seiner Majestät.«^) Nachdem der Schüler in dieser "Weise eingeführt ist, soll er zwei Standen jeden Monat nehmen. In der ersten soll ihm der Meister die Aufgabe erklären; in der zweiten soll der Schüler das, was am ersten Tag abgesetzt worden ist, dem Meister vorspielen, der ihm nun sagen wird, ob er die Finger richtig setzt, ob er ordentlich Takt hält imd ob er wirklich alle Stimmen spielt. Nach sechs Monaten derartiger Übung wird er auf dem Wege sein, in kurzer Zeit ein guter Spieler zu werden. Dem Orgelspieler gibt er denselben Bat wie dem Vihuelaspieler. Er soll nicht »Fantasia« spielen, wie der Ausdruck heißt, das ist, frei über ein Thema oder Motiv spielen, bevor er viele Kompositionen kennt. Nach- dem der Schüler eine Stunde genommen und die Aufgabe wohl studiert hat, soll er sie für seinen eigenen Nutzen genau notieren (scuiar en punto)^ nicht anders als ihm der Meister gesagt hat. Wenn er sich in dieser Greschicklichkeit übte, wird es ihm leicht gemacht, große Schönheiten auf dem Monochord hervorzubringen, und wenn er in dieser Weise das Mono- chord und die musikalische Komposition verstanden hat, wird er sich zum Kontrapunkt und zu allen Schönheiten der Komposition hingezogen fühlen, und wird nicht bloß ein guter Spieler, sondern ein vollendeter Musiker sein wollen. Es folgt nun ein Kapitel über die RedobleSj das heißt eine Art Ver- zierung, die unserem Pralltriller oder gewöhnlichem Triller gleichkommt. Notenbeispiele bringt Bermudo für diese Verzierungen nicht. Er bemerkt, daß sie sich sehr schwer durch die Schrift erklären lassen und will es den Meistern überlassen. Er gibt aber trotzdem eine ganz klare Daiv Stellung von seinen Ansichten über diese Triller. Sie können nach oben 1) Vila und Soto sind in der" Venegas-Tabulatur 15Ö7 vertreten. Über Vila (+ 1582) vgl. Saldoni »Efemerides de Musieoa Espanole8< Madrid 1860, S. 101. I — 14 — oder nach unten ausgeführt werden, entweder mit einem Ganzton oder mit einem Halbton. Man muß genau auf den Modus (Tonart) achten, in dem man spielt, um zu wissen, ob man G-anzton oder Halbton an- bringen soll. Beide Hände und jeder Finger, der dazu fähig ist, sollen geübt werden. Er schlägt vor, daß man sich speziell darüber vom Meister belehren lassen und jeden Tag eine Stunde Unterricht in den Redobles nehmen soll. Schön ist es, wenn man beim Anschlagen einer Oktave die eine Note nach oben, die andere nach unten verziert, so daß es ent- weder ^eine Sexte oder eine Dezime gibt. Beim Anschlag einer Quinte kann man zur Terz verzieren, und bei der Terz zur Quinte. Immer ist die Verzierung mit Hilfe des nächstliegenden Fingers auszuführen. Es wäre sogar einer der berühmtesten Spieler in Spanien, der mit zwei Fingern, einer nach jeder Seite der Hauptnote trillert, so daß es immer Terzen gäbe. Das sei ein feiner harmonischer Effekt, besonders wenn eine Stimme allein einsetzt. Um seinen Fingersatz für die Konsonanzen, die Doppelgriffe, leichter verständlich zu machen, bedient sich Bermudo der Bezeichnung der Finger mit den Zahlen 1 bis 5 vom Daumen angefangen. Die Oktave wird in beiden Händen mit dem 1. und 5. Finger geschlagen. Aber nicht immer. Denn wenn drei oder vier Töne auf einen Schlag kommen, -nimmt man zwei oder drei mit der Hnken Hand und den anderen mit der rechten. So oft man die rechte Hand in dieser Weise für die Ober- stimme freilq^sen kann, soll man es tun, damit diese Hand Triller aus- führen käim, denn die Triller in der Oberstimme verschönem die Musik sehr. Die Sexte wird manchmal mit dem 1. und 4., manchmal mit dem 2. und 5. Finger genommen. Terzen greift man mit dem 1. und 3. oder mit dem 2. und 4. Es gibt aber so viele besondere Fälle, daß er sie nicht erörtern kann. Im allgemeinen beobachte man folgende Regeln : 1. Was den Fingersatz der Konsonanzen betrifft, merke man sich, welche Noten auf die in Frage stehende Konsonanz folgen und greife dann die Konsonanz mit solchen Fingern, daß man frei ist mit Leichtigkeit auf die folgenden Töne überzugehen. 2. Man übe alle Finger, damit sie geläufig werden, denn es kann eine Stelle vorkommen, wo man sie alle braucht. Die 3. Regel bezieht sich auf längere Passagen oder Ton- leitern. Für die linke Hand wird, aufsteigend, folgender Fingersatz an- gegeben 4321 4321 usw., absteigend 12 3 4 1234 usw. Für die rechte Hand wird dieser Fingersatz umgekehrt. Bermudo be- hauptet, daß dieses die sicherste und kürzest gefaßte Regel sei, die er schriftlich geben könne. Obwohl nicht alle Spieler in dieser Weise spielen, hat er es doch bei berühmten Spielern, die der Nachahmung würdig sind, gesehen. Hierzu gibt er ein Notenbeispiel oder Übungsstück, bei dem aber die Fingersätze nicht bezeichnet sind. (Siehe Notenbeilage I, S. 228.) Diese — 15 — Begeln von den langen Gängen gelten nur, wenn die ausführende Hand frei ist. Andernfalls muB man die Gänge mit den Fingern, die frei sind, spielen. In der kurzen Oktave ^) werden die Oktaven wie Sexten gespielt. Die untere Taste einer solchen Oktave soll aber mit den letzten zwei Fingern zusammen^ einer über dem anderen, angeschlagen, werden. ' Nun gibt Bermudo ein ausführliches Schema von der Klaviatur des Monochords«^ .wie .es zu seiner Zeit gebräuchlich war. Er bezeichnet die Tasten mit ihren Buchstaben, bezeichnet die großen und kleinen Halb- töne, gibt an, welche Tasten jede einfache Kirchen tonart benutzt, und bezeichnet genau die Tasten, von denen eine transponierte Tonart ihren Anfang nehmen kann. Für die schwarzen Tasten, die hier in Betfacht kommen j gibt er den genauen Verlauf der Tonleitern an 2). 1] Die kurze Oktave ist bekanntlich jene eigenartige Einrichtung mancher frühen Tastaturen, die daraus entstand, daß die Tastaturen noch älterer Zeiten in der Tiefe bloß bis f unter Gamma tU, unser großes F, reichten und in denen u-nsere schwarzen Tasten Fis und Gis nicht vorhailden waren. Diese Tastaturen wtirden erweitert, meistens indem man eine weiße Taste unter dem F ansetzte und die unserem Fis und Gis entsprechenden schwarzen Tasten einfügte. Die neue weiße Taste aber galt dem C. Die erste schwarze Taste (unser Fis) war D un^ die zweite" (unser Gib) war E. Eine ausführliche Behandlung der kurzen Oktav^ und ihres Fingersatzes werden wir bei Sancta Maria finden (S. 36—9 Ygl. auch $. 66). 2) Zur Erklärung der folgenden Tafel. ' . ; Die Buchstaben in der untersten Reihe sind die Tonbuchstaben. Die iTöne G, D, E und F, die unter der tieferen Grenze des alten Guidonischen Systems liegen, bezeichnet Bermudo mit einfachen großen Buchstaben. Für die in der Höhe über das alte System hinausgehenden Töne f", g" und a," setzt er einjfieiche kleine Buchstaben. Die Zahlen 1, 4, 6 und 8 in der nächsten Beihe geben die Tonarten (Modi) an, die von den bezeichneten Tasten aus spielbar sind. Die da- rüber stehenden Zahlen 1 bis 8 sind die natürlichen Modi mit ihren Solmisations- reihen. Für. die authentische^ Modi gehören die Zahlen selbstverständlich zu de^ Tasten auf. denen die Anfangssilben stehen. Die Silben in der Reihe direkt unter den schwarzen Tasten {ma == major, me ssi menor) zeigen die großen und kleinen Halbtöne an. Die Zahlen über den Tasten geben die numerische Reihenfolge der Tasten an, ..Di.esß Zahlen gebraucht Bermudo in seiner Tabulatur. Die oberen Solmisationsreihen mit ihren Zahlen sind die Tonfo]gen der transponierten Modi die auf schwarzen Tasten anfangen. 1 1 1* i "1 - 6 6 4) 1 1 £ 1 1 1^ 1 1 a •o "e N 1 s S a- S u _ ra" 1 "Si £ S "^^ 1 i s e 1 B Is A s — T i 1 1 Hj 1 a ü £ o 1 r E ■ff 1 S 1 1 ii 1 1 1 s s O i ~ £ 1 s g s fi a h. » u. i _ 1 1 1 1 1 g 1 U3 s u g _ I C| -^ 1 1 ü K rt M Q 1 — 1 a — lO U 1 03 1 - ►fl 1 ■ — 1 « 1 « <f — 17 — Eine ähnliche Tafel, nur nicht so reichlich mit erklärenden Bezeich- nungen versehen, kommt schon in der ^Arte Tripharia^ von 1550 vor. In den folgenden Kapiteln erklärt Bermudo seine Tafel genauer, verliert sich aber dabei in eine polemische Spekulation über großen und kleinen Halbton. Er verweist auf die Vihuela als das in dieser Bezie- hung vollkommenste Instrument, auf dem ^Töne und b-Töne gleich sind. Bei diesem Instrument bedeutet *sendtono<. soviel wie *medio tono^ oder *tmo imperfecto*. Er erwähnt auch vorübergehend eine Art Monocjiord mit hinzugefügten roten oder anders gefärbten Tasten, mit Hilfe deren man auch im enharmonischen Genus spielen kann. Man sieht, die Be- wegung, die in Italien ihren eifrigsten Vertreter in Nicola Vicentino fand, war schon in Spanien bekannt. Über die Versuche unkundiger Sänger, die alten Klanggeschlechter wieder ins Leben zu rufen, äußert Bermudo sich sehr abfällig. Er hält überhaupt nicht viel von der Bestrebung, eine reine Stimmung auf den Instrumenten zu erzielen. Er weist darauf hin, daß im gewöhnlichen Monochord viele Intervalle stehen, die nicht wirklich musikalisch-theoretisch proportioniert sind, aber doch von dem Ohr, das daran gewöhnt ist, geduldet werden. »Betrachte Dir die Bünde einer Vihuela und Du wirst sehen, daß die Distanzen nicht genau Halbtöne geben. Das geübte Ohr aber duldet sie und akzeptiert sie als Halbtöne. « Das 14. Kapitel wendet sich heftig gegen diejenigen praktischen Spieler, die ohne Veranlassung j^- und |7-Töne anbringen; wie z. B. wenn sie die Quarte des ersten Modus auf d oder auf a spielen und die Töne fk oder eis anwenden anstatt f oder c. Kapitel 24 hat die Überschrift ^Alebanxa de tanedores^ (Lob auf die Spieler). Alles was Bermudo in den vorangehenden Kapiteln gegen die Spieler gesagt hat, bezieht sich nicht auf die berühmten Künstler, son- dern auf die Barbaren, die, ehe sie den einfachen Weg der weißen Tasten kennen, sich auf die domigen Pfade der neuen Musik (musica nueva) begeben. Das sind solche, die ohne Meister gelernt haben, ohne Kunst, aber nicht ohne Mühe; die es für etwas schönes halten, wenn sie im ersten Modus spielen, keine schwarze Taste vorbeizulassen, ohne sich mit ihr herumzuschlagen (sin renir con eUa), Er habe einige Spieler gehört, die solch einen Spektakel auf den Tasten hervorbrächten, daß es mehr wie ein Katzenstreit schiene, als wie musikalische Konsonanzen. Die Musik be- stehe nicht darin, daß man meistenteils ohne Kunst auf den Tasten herum- läuft, sondern darin, daß man jedem Modus zukommen läßt, was ihm gehört, und in der Beobachtung anderer tiefer Kunstregeln (profundidades). In den Kapiteln 26 bis 37 wird das hauptsächlich für den damaligen Organisten wichtige Gebiet der akzidentalen (der transponierten) Modi besprochen. Das Monochord wird daraufhin genau untersucht, und die- jenigen Tasten werden festgestellt, welche außer den vier regelmäßigen Kinkeldey, Orgel nnd Elayier. 2 i - 18 — Finales D, E, P und G- als Anfangstöne ifgend eines Modus benutzt werden können. Zwei Modi, der vierte und der sechste, können auch auf schwarzen Tasten anfangen, der vierte auf eis und /fe, der sechste auf b und es. In der Oktave der weißen Taste C können der erste, der sechste und der achte Modus gespielt werden. In der Oktave von D der vierte, sechste und achte; auf E der erste und achte; auf F nur der achte; auf O der erste und sechste; auf A der erste, vierte und achte; auf h{^ der erste und vierte. Der erste Modus auf C wird mit zwei schwarzen Tasten, es und b gespielt. Die weißen Tasten, von denen sie abgeleitet sind (e und Ä), müssen vermieden werden. Aber wie in den natürlichen Tonarten schwarze Tasten für Akzidentien gebraucht werden, so können auch in den transponierten Tonarten weiße Tasten gebraucht werden, bei Kaden- zen und um die Melodie zu vervollkommnen. Die verbotenen weißen Tasten müssen nicht nur bei dem gewöhnlichen Spiel vermieden werden, sondern sie dürfen auch nicht bei den Redobles angewendet werden, (Kap. 27.) Bei dem ersten Modus auf E braucht man zwei KJreuztöne. In dieser Transposition fehlen die nötigen Eieuztöne, um Kadenzen auf der Quinte {hj ais, h) und Oktave [e, dis, e) zu machen. Die betreffenden schwarzen Tasten sind b und es, Kadenzen können auf der Dezime und der Quinte ohne Erhöhung des Leittons gemacht werden. Bei der Kadenz auf der Oktave muß über den Mangel hinweggetäuscht werden {dissimular la en octava). Der erste Modus auf G ist sehr gebräuchlich sowohl bei den Sängern als bei den Spielern. Der erste Modus auf ij bedarf dreier Kreuze. Der erhöhte Leitton fehlt der Quinte und der Oktave. Auf F ist der erste Modus unmöglich, weil das nötige fa des dritten Tones (as) fehlt, denn die schwarze Taste neben dem g ist ein gis. »Das Mittel, zu dem man heutzutage greift«, sagt Bermudo, »wenn der Chor auf F schließt, ist, daß man heruntergeht zum E. Da dieses nur einen Halbton tiefer ist, macht es den Sängern keine Schwierigkeit, und der geschickte Spieler kann in solcher Weise heruntergehen (modulieren), daß derjenige, der es bemerken würde, ein sehr geschickter Mann wäre mit gutem Gehör. (Kap. 28). Bermudo weist auch auf die Bedeutung der Vorzeichen als Hülfs- mittel zum transponieren hin. Durch Vorzeichnung zweier J} (natürlich mit entsprechender Schlüsseländerung) kann man ein Stück eine Sekunde höher lesen, durch ein 1? eine Quarte höher; durch ein j^ eine Quinte höher. Kein Modus soll eine Terz, weder große noch kleine, höher transponiert werden. (Kap. 33.) Kap. 35 gibt etliche Andeutungen, wie die Übelstände, die bei einigen Transpositionen durch das Fehlen der richtigen Kreuztöne für den erhöhten Leitton bei Kadenzen entstehen, — 19 zu umgehen sind. Dabei ist zu bemerken, daß, wie wir eben gesehen haben, die Kadenz auf der Quinte der Tonart neben der Kadenz auf der Tonika oder Oktave die wichtigste ist. Diese Quintkadenz kann aber auch ohne Erhöhung des Leittons gebraucht werden. Bermudo zeigt in diesem Zusammenhang noch den Einfluß der älteren Theorie, bei der das Kadenzieren mit erhöhtem Leitton auch in anderen Stimmen außer derjenigen, die auf der Finalis schloß, zum Prinzip erhoben wurde. Besondere Beachtung wurde da dem Tenor geschenkt. Einige Beispiele mögen zeigen, wie sich dieses bei Bermudo äußert und wie er um die Schwierigkeit der falschen Leittöne herumkommt. Dem ersten Modua auf A fehlt das dis zur Quintklausel. Wenn nun der Tenor in der Quinte mit dem Baß schheßen soll, so möge das vorletzte Intervall dieser beiden Stimmen nicht eine Terz, sondern eine Oktave sein. \ M 1 ^ i ¥ n :si f ^ f ^d 7 ^ jG. i^i ^ f % ^ ^ Wenn der erwähnten Schlußquinte doch eine Terz vorangeht, so möge die Terz auf den guten Taktteil kommen und der Alt oder Diskant die Oktave zum Tenor bringen, wie in folgendem Beispiel M i 3 i ^^ ? :* — _ ■ _ • Ai Iw m ^E f r— f T f— f #f i^ :^ -Ä- S ^ ?^=± Es werden auch längere Beispiele mit zwei und drei Kreuzen als Muster von regelrecht transponierten Tonarten gegeben. (Siehe Musikbeilage I S. 5-9.) Elapitel 37 und 38 geben Anweisungen, ein (schon notiertes) Stück zu transponieren. Die Organisten brauchen das notwendiger als andere Spieler. Ein guter Musiker kann zwar ohne weiteres vom Blatt trans- ponieren, ohne das Notenbild zu ändern. Anfänger aber müssen sich durch Intervällzählung von den vorgelegten Noten und Hinzusetzen von Vorzeichen helfen. 2* — 20 — Interessant ist es, wenn Bermudo von den Spielern spricht, die da wünschen, daß das Stück voUstimmig klinge {ande en micchos puntos). Diesen will er mit Oktvavverdopplungen abhelfen und gibt einige Rat- schläge. >Der Spieler, der wünscht, daß das Werk, welches er spielt, in vielen Noten gehe, erhöht oder erniedrigt einige Stimmen um eine Oktave. Wenn eine Oberstimme herunterkommt in die Nähe des Alts, kann sie eine Oktave höher gesetzt werden. Wenn die drei [übrigen] Stimmen nicht in einer Lage bleiben, die mit der linken Hand gegriffen werden kann, kann der Alt auch um eine Oktave erhöht werden.« Das- selbe kann auch umgekehrt mit dem Baß und dem Tenor gemacht werden, indem man sie eine Oktave tiefer setzt. »Wer sich dieser Geschicklich- keit erfreuen will, erhöht oder erniedrigt eine oder mehrere Stimmen in solcher Weise, daß die Hände nicht verhindert werden Redobles zu machen^ und daß er mehrere Takte hindurch in veränderter Lage spielen kann. Ich möchte bemerken, daß es nicht gut scheint, bloß ein oder zwei Takte zu verändern, sondern es müssen mehrere auf einmal sein. Wer diese Manier zu verändern in die Praxis zu versetzen versteht und mit Vor- sicht operiert, wird denjenigen große Befriedigung bringen, die begierig sind auf allen Tasten zu spielen.« Für solche Veränderungen schlägt Bermudo besonders die Werke eines Baltasar Tellez vor, die in wenigen Noten zusammengezogen (d. h. nicht vollstimmig) und gut gesetzt sind. Von dem 41. Kapitel an erklärt Bermudo, wie man auf das Mono- chord absetzen muß. >Es kann keiner ein Spieler genannt werden,« sagt er, »der nicht versteht, Musik, seine eigene oder fremde, abzusetzen.« Er erwähnt dann drei Weisen, nach denen man absetzen kann. »Die erste besteht darin, daß man das Notenbuch vor sich hat. Wer ein Spieler zu sein wünscht, kann, wenn er ein guter Sänger ist, der Kom- position versteht, and wenn er dieses Buch studiert und das Monochord kennt, Stücke absetzen, indem er einfach das Notenbuch vor sich hat. Diese Manier abzusetzen ist sehr mühevoll, weil es soviel Auf- merksamkeit erfordert, alle Stimmen zu übersehen; aber sie ist sehr nützlich. Man schlägt viel Kapital aus ihr. Wenn einer nichts von Komposition versteht, und nicht geübt ist im Absetzen, sondern erst anfängt oder sich nicht soviel bemühen will, muß er zuerst den Men- suralgesang mit Taktstrichen versehen, [Bermudo gibt ein kurzes Beispiel] und so, nach seinen Takten abgeteilt und auf dem Monochord vorgesetzt, so daß es die Saiten nicht berührt, kann er das Stück absetzen.« Diese zwei Arten sind üblich und gut für die, die schon etwas gelernt haben. Die dritte Art verlangt die Herstellung einer Zeichentabulatur. Viele Tabulaturen habe man für das Monochord gebraucht, einige besser als andere. Bermudo schlägt folgende vor. »Du mußt die Nummern der Tasten aufschreiben, der Reihe nach, wie sie aufeinanderfolgen, wie ich _ 21 — es in dem Beispiel vom Monochord gemacht habe [siehe S. 16], auf jede Taste ihre Nummer.« Bermudo numeriert weiße und schwärze Tasten der Beihe nach von der Tiefe nach der Höhe. Er weist aber darauf hin, daß manche Tabulaturschreiber nur die weißen Tasten bezeichnen und die schwarzen durch jf oder 1? andeuten. >Ehe Du anfängst in Tabulatur zu setzen, teile die Musik in Takte ein, damit Du leichter und mit Sicherheit erkennst, welche Noten zu- sammen gespielt werden. Wenn das getan ist, suche in den Werken die vollkommenen Konsonanzen, um zu wissen, welches schwarze Tasten sind, gemäß der Begel, die ich Dir später im 48. Kapitel geben werde.« Die Ziffern werden dann in der Tabulatur auf Linien niedergeschrieben, je eine Linie für jede Stimme. Die Tabulatur wird mit Taktstrichen in Brevis- oder Semibrevistakte geteilt. »Wenn Du so vorgehen willst, daß Du alle Stimmen zusammen intabulierst, nachdem Du die Takte mit Strichen versehen hast,, kannst Du ^s wohl tun. Vergiß keinen Takt in irgendeiner Stimme, sonst mußt Du von neuem anfangen zu intabuüeren. « Diese Art zu intabulieren tut einen dreifachen Dienst. Erstens dient sie dazu, daß, wenn ein guter Spieler eine Motette »de improviso* [sie] spielen will (wie es die guten Lautenspieler machen), nachdem er sie erst intabuliert hat, er sie ohne Fehler spielen kann. Zweitens dazu, daß Trenn einer viele Noten auf wenig Papier haben will, er dies durch die Tabulatur erreichen kann. Die in Noten geschriebene Musik beansprucht viermal soviel Raum als die intabulierte. Am meisten nützt die'Tabu^ latur drittens den Anfängern. Wenn ein Meister, der spielen lehrt, Schüler hat, die nicht singen können, kann er sie durch die Tabulatur belehren. Im 42. Kapitel bemerkt Bermudo, daß, wenn ein Spieler eine Stimme über die Tabulatur in Noten setzen will, es dazu dienen würde, alle vier Stimmen zu spielen und die eine dabei zu singen. Er erklärt weiter, wie man Notenwerte, die über einen Takt hinausgehen, zu teilen hat und in jeden Takt den entsprechenden Wert zu setzen und die Teile zu binden. Solche Noten werden nur einmal angeschlagen, und der Pinger bleibt auf der Taste liegen, solang die Note dauert. Mensurzeichen kann man, wie in der Lautentabulatur über die Tabulatur setzen. Bermudo bält sie nicht für nötig. Er hat auch andere Tabulaturen gesehen, die aber nur dasselbe in anderem Gewände sind. Er gebraucht Zahlen, die auch in der Vihuelatabulatur verwendet werden. Andere setzen Buchstaben von A bis O mit ^ und t^^ oder wie er vorschlägt, für un- musikalische Spieler, das Alphabet von a bis z*). Da bei einer Buch- stabentabulatur Konfusion entstehen könnte durch die Ähnlichkeit des 1) Es scheint, daß es damals in Spanien viele Menschen gab, die die arabischen Zahlen, wie wir sie kennen, nicht verstanden; denn er erklärt für solche Unkun- dige die Bedeutung dieser Zahlen. V — 22 — Versetzungszeichens b niit der Note fc, schlägt er vor, als Versetzungs- zeichen statt, des i? die Hälfte des Kreuzes ^, also x, zu schreiben. Kapitel 43 ist überschrieben »Einige Ratschläge für Spieler«. Er sagt dem Spieler z. B. »Setze also die Werke hervorragender Männer ab. Höre nicht auf, gute Musik abzusetzen, bis Du leicht auf allen Tasten spielen kannst, auf den schwarzen sowohl wie auf den weißen, und in allen Modis, die auf dem Monochord möglich sind. Obwohl Du Dich in allen Modis üben sollst, mache Dich mit einem besonders vertraut der Dir für viele Sachen dient. Für alles dieses sollst Du gewisse Tagesstunden bestimmen, in welchen Du neue Werke spielst; andere, in denen Du die schon abgesetzten studierst, daß Du sie nicht vergißt; andere, die Hände zu üben.« Wer Nutzen davon haben will, der suchQ sich einige schwer auszuführende Stellen aus, mit welchen er die Hände übt. Er muß sie mit der rechten Hand spielen in allen möglichen Lagen. Dasselbe muß er mit der linken Hand machen. Vor allem aber soll der Spieler einen Eat befolgen, und der ist, daß er beim Spielen keine melodischen Verzierungen (ghsas) macht, sondern in der Weise, wie die Musik notiert ist, muß sie gespielt werden. Wenn die Musik des alten Stils (ley vieja) wegen ihrer Schwerfälligkeit diese Verzierungen braucht, hat die Musik unserer Zeit sie nicht nötig. »Ich weiß nicht,« sagt Bermudo, »wie ein Spieler (wenn er Werke hervorragender Künstler beim Spielen verziert) der Beschuldigung, daß er schlecht erzogen, un- wissend und frech sei, entgehen kann. Da kommt ein Ohristoval de Morales, der das Licht Spaniens in der Musik ist, und ein Bemardino de Pigueroa, der einzig in seinem Können dasteht; und im Studium ver- bringen sie viel Zeit, wenn sie eine Motette komponieren ; und einer, der nicht einmal den Oantus planus versteht, glaubt, weil er nur einstmals Orgel zu spielen verstand, ein solches Stück verbessern zu müssen. Denn wenn man eine Verzierung zu einem Werke macht, was ist das anderes, als daß man es angeblich verbessern will? Sie setzen überflüssige Noten, die der Komponist nicht gesetzt hat. Was ist das schließlich anders, als dem Komponisten Musik zu leihen? Die wahren Sänger wissen, daß es als Beleidigung unter gebildeten Männern gilt, eine Stimme zu einem Werke eines anderen hinzuzukomponieren. Und wenn die Blasinstru- mentisten (ministrües) oder Sänger es doch für nötig halten, bitten sie den, der das Werk komponiert hat, um Erlaubnis und bedienen sich dabei anderer Komplimente. Und dieses heißt dann nicht verbessern, sondern ergänzen oder den Bitten von Freunden nachkommen. Der Spieler, der Verzierungen macht, emendiert oder besser gesagt, verwischt alle Stimmen. Ich halte es für bekannt, daß einige sie machen, weil ihnen die Harmonie und Gebundenheit (trabaxon) unserer heutigen Musik nicht gefällt. Sie gestehen darin ihre große Dummheit, indem sie gute — 23 — Musik ruinieren, sie der guten Melodie und der schönen Imitationen berauben. Wenige Spieler haben die linke Hand so beweglich, daß sie jede Verzierung, die sie der Oberstimme geben, auch im Baß spielen können. Dann, wenn sie zur Verzierung des Tenors kommen, mit den starren Fingern und mit dem Daumen, siehe wie sie die Verzierungen nachmachen, die sie mit den freien Fingern ausgeführt haben. Was soll ich sagen von den Kühnheiten ohne Grund, die sie sich herausnehmen, wenn sie verzieren? Sie machen Quinten- und Oktavenfolgen, sie machen fa contra mi an verbotenen Stellen, sie spielen Dissonanzen, die nicht am Platz sind, sie machen unnötige, ungewöhnliche Konsonanzen [pere- grinas). Die Vortrefflichkeit des Spielers also besteht darin, daß er klar spielt, so daß die Sänger, die es hören, Vergnügen daran finden. Die Musik dieser Zeit ist so diminuiert und kompliziert, daß sie Unterlage und Verzierung zugleich ist.< Bermudo fährt fort und erlaubt dem Spieler, der die Hände mehr beschäftigen will, und dem die Musik zu schwerfällig ist, zum eigenen Trost und zur Befriedigung einfach schneller zu spielen, etwa im aHu fr/eve-Takt. Wenn er gut genug komponieren kann, möge er seine eigenen Stücke komponieren. Die darf er dann soviel verzieren, wie er > will. Der Redöble, den Bermudo erst so ausführlich erklärt hat, ist zwar auch hier erlaubt, aber so versteckt [dissimidado\ daß er kaum bemerkt wird. Der Redoble ist wie die Oargantica bei dem Sänger, die, ausge- nommen sie sei gut, dem einen so schlecht scheint wie dem anderen. Ein dritter Ratschlag dieses Kapitels bezieht sich auf das fa contra mij welches in allen Modi vorkommt. Es soll durch eine Veränderung der tieferen Stimme verbessert werden. Das 44. Kapitel behandelt das schwierige Thema von der Lage, in welcher der Organist spielen muß, wenn der Chor respondiert. Er er- wähnt die Ungleichheit unter den Orgeln, sowie auch in den Chören; denn manche Vorsänger (sochantres) nehmen den Ton höher als andere. Er schreibt viele Transpositionen vor, wodurch der Organist den Chor immer in einer bequemen Lage einführen kann. Die gewöhnlichen Orgeln in Kirchen, wo man keine Sängerkapelle hat (hauptsächlich bei den Mönchen), sind zweierlei. Erstens, solche von sieben Palmos (Spannen von etwa 21 cm Breite) oder vierzehn Palmos, welche dieselbe Stimmung haben. Orgeln von 13^2 Palmos y obwohl sie ein klein wenig höher stehen als erstere, werden noch zu dieser Stim- mung gerechnet, wenn sie nur sonst dieselbe Mensur haben. Selbst noch Orgeln von 6Y2 und 13 Palmos werden zu dieser Stimmung gerechnet. Obwohl sie noch etwas höher stehen, kann der Chor den Unterschied leicht ertragen. Auf diesen Orgeln kann der erste Modus in seiner natür- lichen Lage bleiben. Wenn ein Stück in diesem Modus den Umfang - 24 - der ganzen Oktave in Anspruch nimmt, kann man bei Orgeln von 6Y2 oder 13 Palmos den ersten Modus auf c nehmen, d. h. einen Ton tiefer transponieren. Der zweite Modus kann bei diesen Orgeln nach e hinauf transponiert werden. Er soll nicht nach c, auch nicht nach f transpo- niert werden. Der dritte Modus kann auf d gespielt werden. Der vierte und sechste bleiben in ihrer natürlichen Lage. Der fünfte und siebente können auf c gespielt werden, also eine Quarte, bzw. eine Quinte tiefer transponiert. Das hier Gesagte bezieht sich auf Kyries, Sanctus, Agnus und Hymnen. Für die Psalmen werden folgende Vorschläge gemacht: Wo der Psalmton zur Mediatio aufsteigt, wie im 2,, 3., 5., 7. und 8., spiele man ihn auf /". Wo er zur Mediatio absteigt, wie im 1., 4. und 6., spiele man ihn auf g. Dieselbe Eegel gilt auch für das einfache Magnificat. Die zweite Art der Orgeln steht eine Quarte höher. Diese haben 9^/2 Palmos. [Genauer wäre 9Y3 im Quartverhältnis zu 14.] Den Orgeln von 13 Palmos entsprechen solche von 9. Für diese, sowohl wie für die, deren Pfeifen bloß halb so lang sind, gelten die oben angeführten Regeln, bloß daß alles um eine Quarte tiefer transponiert wird. Noch eine dritte Gruppe erwähnt Bermudo, die mit keiner der voran- gehenden übereinstimmt. Es gäbe deren bloß wenige. Sie seien von so schlechter Intonation, daß kein Modus vollkommen auf ihnen gespielt werden könne. Keiner bleibt auf seiner natürlichen Pinalis. Bestimmte Regeln kann Bermudo nicht geben. Es möge jeder Spieler die bequemste Transposition selber ausfinden. Und wenn der Chor eine Tonhöhe an- stimmt, bei der auf der Orgel der Modus nicht gewahrt wird, möge der Organist entweder doch in dieser Tonhöhe spielen, obgleich die Tonart nicht rein ist, oder er verlange, daß man Orgeln von besserer Stimmung baue. Einige Organisten pflegen kleine Täf eichen oder Tabellen (tabliUas), mehr oder minder fehlerhaft, vor sich auf die Orgel zu stellen, die für alles was sie zu spielen haben, die passenden Transpositionen anzeigen. (Kap. 45.) Kapitel 48 erklärt das Spielen auf schwarzen Tasten, worunter Ber- mudo das Hinzufügen von Akzidentien versteht. Im 52. Kapitel bespricht er einen besonders hervortretenden Mangel der gewöhnlichen Stimmung, der es verhindert, den ersten Modus auf f zu spielen, denn die schwarze Taste zwischen g und a ist ein mi (gis) und nicht fa (as) wie es der Modus verlangt. In der Orgel der Königlichen Kapelle zu Granada sei ein Flötenregister [mistura de lo flautado)y welches an der betreffen- den Stelle zwei Pfeifen hat, die eine für gis, die andere für as. Wenn nun der Organist den ersten Modus auf f spielen muß, (wie es Meister Figueroa öfters verlangt), stößt er alle Eegisterzüge ab mit Ausnahme des Zuges für dieses Flötenregister. Durch eine besondere Vorrichtung \ — 25 — werden dann die »^^-Pfeifen der betreffenden Stellen ausgeschaltet und die /a-Pfeifen eingestellt. (Quitara los hierros de la tecla negra que esia entre g solreut y a lamire y todos sus octaväs: y en las mesmas teclas poma d otro hienv el quäl abrira d fa). Es genügt, diese doppelten Pfeifen in nur einem Register zu bauen, sonst wird das Werk überladen. Am Schluß des vierten Buches gibt Bermudo, den Bitten seiner Freunde entgegenkommend, eine Anzahl Beispiele, die wie er bemerkt, nicht zum Singen, sondern ausdrücklich zum Spielen komponiert sind und zwar ohne Änderung, genau so wie sie notiert stehen. Die Akzidentien habe er alle vorsichtig vorgeschrieben. Es sind dies vier frei erfundene vierstimmige Stücke mit fugiertem Anfang, wie die italie- nischen Recercaren, aber mit sonst schwacher thematischer Arbeit, und fünf Hymnenbearbeitungen mit dem Cantus firmus in der Oberstimme. Eine davon über » VexiUa regis prodeunt< ist fünfstimmig. (Siehe Musik- beilage S. 233). Sie sind in Stimmen gedruckt, nicht in Partitur, und zwar 80, daß jedes Stück in üblicher Ohorbuch- Weise zwei gegenüberstehende Seiten einnimmt, daß also aus dem offenen Buch gespielt werden konnte. Hiermit möchte ich die Inhaltsangabe des vierten Buches des Ber- mudoschen Werkes schließen, ohne auf die Besprechung der Vihuela, Harfe und einiger anderen Instrumente einzugehen. Bermudos Stellung in der Musikgeschichte und sein Verhältnis zu den übrigen spanischen und den italienischen und deutschen Theoretikern werden wir in folgenden Kapiteln zu behandeln versuchen. Von dem Leben des Zeitgenossen Bermudos, Thomas de Sancta Maria scheint fast ebensowenig bekannt zu sein als von Bermudo. Nach Pedrell^) ist er 1570 gestorben. Das genannte Werk »JLrfe de tarier fantasia< ist auch das einzige von ihm bekannte. Es erschien, wie schon erwähnt, 1565 zu Valladolid. Aus dem Werke selbst geht hervor, daß Sancta Maria aus Madrid gebürtig war, daß er Geistlicher war, ein Mit- glied des Prediger Ordens und daß er seinem Orden als Organist diente. Wie Bermudos Werk von Figueroa und Morales geprüft und begutachtet wurde, so Sancta Marias von dem königlichen Orgel- und Klavierspieler Antonio de Cabezon und seinem Bruder Juan de Cabezon, der wie An- tonio ein hervorragender Spieler war, und der auch in der großen Samm- lung der Werke Cabezons (1578) vertreten ist. Sechzehn Jahre, sagt Sancta Maria, habe er verbracht in der Arbeit an diesem Werk. Sach- 1) Hispaniae Schola' musica sacra Bd. VI, S. XII. In diesem Band stehen auch sechs später zu erwähnende Falso-Bordone- Sätze Sancta Marias, aber in Vokalgestalt. Bei Sancta Maria stehen sie für das Instrument gesetzt, d. h. alle wieder anzuschlagenden Akkorde sind ausgeschrieben, nicht wie in der Vokalnota- tion, wo eine Rezitationsnote für mehrere Silben gilt. 26 — kundige Männer habe er zur Beratung herangezogen, vor allem Antonio de Cabezon. Das Werk scheint keine eingehende Behandlung und Würdigung gefunden zu haben. Ein Beispiel daraus bringt Ritter (Geschichte des Orgelspiels 11, 91), aber in anderer Tonart als das Original (Arte de tarier I 677^). Außerdem hat es Pedrell in der spanischen Denk- mäler-Ausgabe Bd. VI, in welchem er eine Zusammenstellung von Bei- spielen und Erläuterungen zur Entwickelung des Falso Bordone bringt, herangezogen. Auch in der Einleitung zu Cabezons Werken von Pedrell wird es mit einigen Paragraphen bedacht. Ein Satz von Sancta Maria ist auch in die neue > Chorordnung« von Liliencron-van Eyken (Berlin s. a. I S. 186) gekommen. i\ Sancta Marias Werk, über 400 Seiten stark, hat den Zweck, die Kunst des Fantasiespielens auf Tasteninstrumenten zu lehren. Es ist in zwei Teile geteilt. Der erste behandelt alles, was man wissen muß, ehe man anfangen kann zu fantasieren, der zweite behandelt sehr ausführlich diese Kunst selbst.' Folgende Inhaltstabelle wird zeigen, wie das Werk angelegt ist: Teil I. Von den Notenzeichen im cantus planus und im Mensuralgesang {Canto de Organo) Kap. 1 Von den Proprietäten (Hexachorden) des cantus planus und des can- tus mensuralis Von dem Widerspruch zwischen dem System desll^quadrato u.des/moUe. Von den Mutationen Zwei Anweisungen, in kurzer Zeit den cantus mensuralis zu singen. Anweisungen, den Takt gut zu halten. Von den Notenfiguren im cantus mensuralis Von der Kenntnis und dem Verständnis der Tastatur des Monochords. Von der Teilung der Töne Von den Mängeln der Tastatur Von den weißen und schwarzen Tasten, auf denen man die Kadenz mit erhöhtem Leitton nicht machen kann Von den Quarten, Quinten und Oktaven, in denen man weder das fa contra mi noch das mi contra fa machen kann Von den drei kurzen Oktaven Von den acht Bedingungen, die man erfüllen muß, um Werke voll- kommen und schön zu spielen Von der guten Handhaltung Von dem guten Anschlag Vom klaren und deutlichen Spiel Wie man die Hände halten muß, um Tonleitern auf-und abwärts zu spielen. 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 1) Ritter hat das Werk selbst wohl nicht gesehen. Seine wenigen Angaben im Text (Gesch. I, S. 72) sind nicht ganz korrekt. Das mitgeteilte Stück ist Sancta Marias Beispiel zum ersten Modus. - 27 — Vom richtigen Fingersatz Kap. IB Von den Trillern » 19 Von dem geschmackvollen Spiel Kap. 19 (sie.) Kurze und leichte Anweisung, Werke auf das Monochord und auf die Vihuela abzusetzen Kap. 20 Kurze und leichte Anweisung für Anfänger, in kurzer Zeit irgend ein Stück zu bewältigen > 21 Welche Methode man innehalten muß, um Nutzen aus den Stücken zu ziehen. > 22 Von den Verzierungen > 23 Von den acht Tonarten im cantus planus und im cantus mensuralis. > 24 Von den Schlußformeln [sectdorum] aller Töne im cantus planus. Von den Kadenzen der Tonarten. Von den acht natürlichen Tonarten. Von den transponierten Tonarten > 26 Von den Kadenzen im cantus mensuralis > 26 Allgemeine Regeln von der häufig yorkommenden Kadenzformel mit punktierter Minima. Teil n. Von den drei Dissonanzen, die in der praktischen Musik allein möglich sind Kap. 1 Von den fünf Arten, die Dissonanzen zu gebrauchen > 2 Von den vier Konsonanzen, die in der praktischen Musik allein gebraucht werden » 3 Von der Verwendung der vier Konsonanzen und der drei Dissonanzen. > 4 Weiteres über dieselben. » 5 Von den Intervallen und ihren drei Oktavversetzungen .... > 6 Von den verschiedenen Lagen der dazwischenliegenden Begleitinter- valle bei ein und derselben Konsonanz > 7 Von den begleitenden Intervallen zu den durch Oktavversetzung ver- größerten Intervallen {consonancias compuestas) > 8 Desgleichen zu den um zwei Oktaven vergrößerten Intervallen {con- sonancias decomptiestcts) > 9 Desgleichen zu den um drei Oktaven vergrößerten Intervallen (con- sonan^ias tricomptiestas) > 10 Zehn Arten, einen aufwärts- oder abwärts schreiten den diatonischen Gang mit Akkorden in enger oder in mittlerer Lage zu begleiten. ... > 11 Fünf Arten, dasselbe mit Akkorden in der weitesten Lage zu tun . »12 Von vier Fehlern, die man beim stufenweisen Auf- und Abschreiten in den Begleitakkorden machen kann > 13 Anweisung, die treffendsten Akkorde zu wählen. Regel, eine Tonleiter durch eine Oktave in Halbnoten {minimas) mit verschiedenen Konsonanzen zu begleiten Von der Weise, ganze Noten [semibreves) zu spielen »14 Von der mehrfachen Wiederholung eines Tones in ganzen oder halben Noten > 15 Von den falsi bordoni * 16 Von der Art, in ganzen Noten auf- und abwärts zu schreiten .... »17 Von der Art, sich mit ganzen Noten in fortschreitenden Terzschritten auf- und abwärts zu bewegen » 18 Desgleichen mit Quartschritten » 19 L . — 28 — Desgleichen mit Quintsobritten . . . . • Kap. 20 Desgleichen mit Oktaven » 21 Die Art, ganze Noten zu teilen (Synkopationen) »22 Die Art, halbe Noten zu spielen »23 Die Art, sich mit halben Noten in fortschreitenden Terzschritten zu bewegen » Ö4 Das gleiche mit Quarten »25 Das gleiche mit Quinten » 26 Das gleiche mit Oktavsprüngen » 27 Von der punktierten Halbnote »28 Die Art, Viertelnoten {semiminimas) auf- und abwärts zu begleiten . > 29 Die Art, Achtelnoten {eoreheas) zu spielen »30 Vom mehrstimmigen Spiel »31 Vom zweistimmigen Spiel » * 32 Wie man Imitationen (fugas) spielt '33 Vom dreistimmigen Spiel • 34 Wie man ein Thema im vierstimmigen Satz durchführt » 3ö Wie man freie Imitationen spielt Kap. 35 (sie.) Über die Zusammenfügung der beiden Oberstimmen mit den beiden ünterstimmen und umgekehrt Kap. 37 Wie man ein Stimmenpaar mit dem anderen ohne Kadenz zusammenfügt. > 38 Wie man das eine Stimmenpaar mit dem anderen vor der Kadenz zusammenfügt » 39 Wie die Oberstimmen einen halben Takt vor der Kadenz der Unter- stimmen einsetzen können > 40 Wie die Unterstimmen in gleicher Weise vor der Kadenz der Ober- stimmen einsetzen können » 41 Wie die Stimmen während einer Kadenz einsetzen können »42 Wie die Oberstimmen zu Anfang der Kadenz der Unterstimmen ein- setzen können » 43 Wie die Unterstimmen in der Mitte der Kadenz der Oberstimmen einsetzen können » 44 Wie die Oberstimmen mitten in der Kadenz der Unterstimmen ein- setzen können » 45 Wie die Oberstimmen am Schluß der Kadenz der Unterstimmen einsets^en > 46 Wie die Unterstimmen am Schluß der Kadenz der Oberstimmen einsetzen > 47 Wie man ein Stimmenpaar mit dem anderen nach der Kadenz zu- sammenfügt » 48 Wie die Stimmen in ausgedehnten Kadenzen einsetzen Kap. 50 (sie.) Wie man beim Spielen einer Fantasia vorgeht Kap. 51 Allgemeine Anweisungen für An^nger .* » 52 Wie man das Monochord und die Vihuela stimmt > 53 Wenn wir auf einige Kapitel etwas näher eingehen, werden wir sehen, daß Sancta Maria noch viel mehr das Praktische ins Auge faßt als Bermudo. Was bei Bermudo oft in recht marktschreierischer Weise herausgestrichen wird, wird hier bei Sancta Maria in ganz logischer Ordnung und fast ohne Selbstverherrlichung in klarer und ausführlicher Darstellung mitgeteilt. Und zwar tritt der pädagogische Sinn des Kloster- organisten stark in den Vordergrund. ^n:^ — 29 - Ich übergehe hier Sancta Marias Beschreibung der Tastatur, ihre Oktaveneinteilung usw., die nichts wesentlich Neues bringt, und gehe so- fort über zu seinen Äußerungen über den Takt, die gleich auf das fünfte Kapitel folgen. Der Takt ist das Maß der Zeit, dessen man sich im Gesang (in der Musik) mit Bewußtsein bedient, damit die Stimmen gleichzeitig und konsonant fortschreiten ; oder, der Takt ist die Quantität der Zeit, die von einem Niederschlag bis zum folgenden vergeht. Man muß aber bemerken, daß in jedem Takt nicht mehr als einmal nieder- geschlagen wird. Mit diesem Niederschlag fängt der Takt an. Der Takt wird in zwei Teile geteilt, einen Niederschlag und einen Aufschlag. Sie müßen beide gleich sein. Jeder gilt einen halben Takt. Es gibt zwei verschiedene Arten des Taktmaßes in der praktischen Musik. Nach der einen wird der Takt in zwei gleiche Teile, in der andern in drei ebenfalls gleiche Teile geteilt. Letztere ist der Propor- tionstakt, mit anderm Namen Temario genannt. Von den drei Teilen, die er hat, kommen die (ersten) zwei auf den Niederschlag, der dritte auf den Aufschlag; daß ist, man singt zwei Semibreves auf den Nieder- schlag und eine auf den Aufschlag, oder zwei Minimae auf den Nieder- schlag und eine auf den Aufschlag. Vier Erfordernisse gibt es zum guten Innehalten des Taktes. Das erste ist, daß man mit der Hand einen Schlag hemiederschlägt und einen herauf, indem man nicht mehr Zeit für den Schlag nach oben als nach unten verbraucht. Und ob- wohl man beim Aufwärtsschlagen auf nichts aufschlägt wie beim Nieder- schlag, muß man doch diesen Schlag so ausführen, als ob man auf etwas aufschlüge, gerade wie man öfters den Takt überhaupt nur in der Luft schlagen sieht, ohne daß mit der Hand aufgeschlagen wird, weder unten noch oben, und die Hand sich trotzdem bewegt, als ob sie unten und oben anschlüge. Diese beiden Schläge hat jeder Takt. Die zweite Bedingung ist, daß wenn die Hand nach unten schlägt, sie unten ruht während der ganzen Dauer des HalbtakteSy ohne gehoben zu werden bis zu dem Zeitpunkt, wo der Aufschlag beginnt. Und in derselben Weise, wenn sie nach oben schlägt, ruht sie oben, ohne sich zu senken während der ganzen Dauer des Halbtaktes, bis zum Nieder- schlag. Deswegen ist es nötig, die Hand zu heben und zu senken mit ein und demselben Gleichmaß, das ist, ohne größere Bewegungsgeschwin- digkeit im Heben als im Senken. Die dritte Forderung ist, daß der Niederschlag und der Aufschlag jedesmal mit den Noten, die ihnen zukommen, zusammenfallen. Dazu ist es nötig, das jeder Nieder- und Aufschlag etwas heftig, mit Energie^ geschlagen wird; und außerdem daß beide gleich geschlagen werden, das heißt, der Niederschlag darf nicht stärker gemacht werden als der Aufschlag, oder umgekehrt. — 30 — Die vierte Bedingung ist, daß alle Takte nach dem Maß des ersten Taktes gemessen und ausgeglichen werden. »Wir geben dem jungen Musiker den Rat, speziell darauf zu achten, daß er immer mit dem Halb- takt heraufschlägt, unter diesen Umständen kann es nicht ausbleiben, daß er im Takt spielt mit aller erforderlichen Strenge, weil wir aus der Erfahrung sehen, daß diejenigen, die nicht im Takt spielen, immer auf dem Halbtakt ihre Fehler machen «i. Es trägt viel zur Sache bei für den, der gut beim Singen und Spielen Takt und Halbtakt schlagen will, wenn er sich viel im stummen Taktieren (en seco) mit der Hand oder mit dem Fuß unter den erwähnten Bedingungen und Umständen übt. Durch diese Übung wird er nachher leichter taktieren, wenn er singt oder spielt. Und besonders für junge Spieler ist es sehr wichtig und notwendig, daß sie mit dem Fuß Takt und Halbtakt treten; denn beim Spielen können sie nicht mit der Hand schlagen. Gehen wir nun zum 13. Kapitel über. Es trägt die Überschrift »Von den Erfordernissen zum vollkommenen und schönen Spiel«. Gerade hierin zeigt sich Sancta Maria als ein für seine Zeit ausgezeich- neter und hervorragender Klavierpädagoge. »Damit jede Musik« sagt er, »diejenige Grazie und den wesentlichen Charakter, die ihr zukommen, zeigt, ist es nötig, daß sie mit aller erforderlichen Schönheit, welche sie zum höchsten Grad der Vollkommenheit erhebt und ihr ein neues Wesen und neue Annehmlichkeit verschafft, gespielt wird. Und wenn dieses fehlt, wird alles was gespielt wird, so gut es auch sein mag, weder Glanz noch Grazie haben; wie ja klar bewiesen wird durch den Unterschied, wenn ein und dasselbe Stück von einem vollkommenen und vorsichtigen Spieler oder von einem unvollkommenen und kunstlosen Spieler gespielt wird. Denn von dem vollkommenen Spieler ausgeführt, scheint es köst- lich und herrlich, und von dem unvollkommenen scheint es minderwertig und plump, als ob es zwei ganz verschiedene Werke wären«. Die Erfordernisse, durch deren Beachtung die Musik auf diese Weise verschönert wird, lassen sich auf acht reduzieren. Das erste ist, im Takt ^u spielen; das zweite, die Hände gut zu halten; das dritte, die Tasten gut anzuschlagen; das vierte, klar und deutlich zu spielen; das fünfte, Läufe nach oben und nach unten gut zu spielen; das sechste, mit passen- den Fingern anzuschlagen; das siebente, geschmackvoll (con buen ayre) zu spielen; das achte, gute Doppelschläge (Bedobles) und Triller (Quie- bros) zu machen. Den Takt hat Sancta Maria als Grundbedingung alles Musizierens schon erläutert. Das 14. Kapitel behandelt nun die zweite Bedingung, die ordentliche Handhaltung. Das erste Erfordernis für eine gute Hand- haltung ist, daß man die Bezeichnung der Finger kennt. Sancta Maria bezeichnet die Finger, wie Bermudo, mit den Zahlen von 1 bis 5 vom — 31 — Daumen bis zum kleinen Finger. Ein zweites Erfordernis für die gute Handhaltung begreift drei verschiedene Punkte in sich. Erstens, werden die Hände klauenartig gekrümmt gehalten, wie die Pfoten einer Katze, in der Weise, daß nirgends ein Buckel entsteht an Hand oder Finger. Von den Wurzeln der Finger an muß die Hand steil ab- wärts gehen, so daß die Finger, in einem Bogen gehalten, höher liegen als die Hand. Dadurch werden die Finger mehr angespannt, um einen kräftigen Schlag auszuführen; denn, gerade wie ein Bogen desto kräftiger zurückspringt, je mehr er angespannt ist, so schlagen auch die Finger um so kräftiger an, je mehr sie angespannt werden, und dann klingen die Töne lauter, stärker und lebendiger. Diese Vollendung ist so groß- artig und von so hohem Wert für die Musik, daß, abgesehen von der Schönheit und Grazie, welche diese Positur den Händen verleiht, sie auch allem, was gespielt wird, großen Wert und Glanz erteilt und deutlich verschieden macht von dem, was mit anderer Handhaltung gespielt wird. Zweitens, ist die Hand sehr zusammengezogen zu halten. Das macht man, indem man die vier Finger vom 2. zum 5. jeder Hand, an- einander zieht, speziell, daß man den 2. eng an den 3. anlegt, welches man besser in der rechten Hand machen kann als in der linken. Dieses trägt viel dazu bei, um anmutig und lieblich zu spielen. Ferner muß der Daumen sehr schlafE sein und viel tiefer stehen als die andern vier Finger, muß aber nach innen gebogen sein. In dieser Weise wird der mittlere Finger der erklärten Zusammenstellung unter die Handfläche kommen, und der kleine Finger wird mehr zusammengezogen als die andern, so daß er beinahe die Handfläche berührt. Es ist unmöglich, die Hände gut zu halten, ohne die erwähnten Finger beider Hände so zusammenzuziehen, namentlich den Daumen und den kleinen Finger; denn auf diesen beruht die Zusammenziehung der Hand. Und daher kommt es, daß wenn man die Finger ausgespreizt hält, besonders den Daumen und den kleinen Finger, man nicht gut spielen kann, weil die Hände starr werden und kraftlos und unfähig sind, als ob sie zu nichts nütze wären. Drittens muß man die Hände so halten, daß die drei Finger vom 2. bis zum 4. immer über den Tasten stehen, sowohl wenn es nötig ist, die Tasten anzuschlagen, als auch wenn das nicht nötig ist. Außer dem muß der zweite Finger, besonders der der rechten Hand, etwas gehoben werden und höher stehen als die andern drei vom 3. zum 5. Für die gute Positur der Hände und auch um gut zu spielen ist es Bötig, daß die Arme von den Ellenbogen nach innen gehalten werden, an den Körper angelegt, aber ohne Druck, obwohl man genötigt wird, bei langen und schnellen Läufen von Achtel- (corcheas) und Sechzehntel- noten (semicorcheas) mit der linken Hand abwärts, mit der rechten auf- wärts, den Ellenbogen von dem Körper zu entfernen. — 32 — Kapitel 15 handelt vom Anschlag. Sechs Bestimmungen werden- erörtert. Erstens sollen die Ta&ten mit der Mitte der Fingerspitze ge- schlagen werden, so daß die Nägel nicht aufliegen und kaum die Tasten berühren. Das bewirkt man dadurch, daß man das Handgelenk senkt und die Finger ausstreckt, den Mittelfinger am meisten; denn wenn man so anschlägt, klingen die Töne voll, süß und lieblich. Die Ursache ist folgende: Weil das Fleisch ein weicher Gegenstand ist, schlägt es weich und lieblich an. Dadurch wird auch deutlich gespielt. Denn wenn die Finger so auf den Tasten sitzen, können sie nicht rutschen oder nach irgend einer Richtung ausweichen. Im Gegenteil aber, wenn man mit den Nägeln aufschlägt, begeht man große Fehler. Erstens, klingt das Holz (der Tasten) viel und die Töne wenig und zugleich matt und leb- los. Zweitens, spielt man dadurch unrein und geräuschvoll und deswegen unangenehm für das Ohr. Denn weil die Finger keinen festen Sitz auf den Tasten haben, rutschen sie aus und machen dadurch großen Lärm mit den Tasten und auch, weil die Nägel knochenartig sind und die Knochen und Tasten harte Gegenstände sind, klingen sie, wenn man sie aneinander schlägt, nicht süß und lieblich, sondern unangenehm und abscheulich. Zweitens, schlägt man die Tasten kräftig und mit Schwung an, was man mit anderem Namen fest anschlagen heißt, so erhalten die Töne Fülle und Leben. Drittens, muß man in beiden Händen gleich- stark anschlagen und zu gleicher Zeit, so daß, obwohl man mehrere Töne auf einmal anschlägt, wie wenn ein Zusammenklang von drei oder vier oder noch mehr Tönen vorkommt, sie doch alle wie ein Ton erscheinen^ Zugleich ist darauf zu achten, daß, wenn auch die Tasten sanft ange- schlagen werden, sie trotzdem mit einem gewissen Schwung [impetu) an- geschlagen werden müssen. Viertens, muß man die Tasten nicht aus großer Höhe anschlagen. Darum ist es nötig, daß man die Finger nahe über den Tasten halt, und den Finger, nachdem er geschlagen hat, um sehr wenig hebt. Außerdem muß der schlagende Finger gerade herunterfallen und eben so gerade gehoben werden, so daß er zurückkehrt in dieselbe Stellung und Lage, die er vorher hatte. Alles dieses verursacht große Lieblichkeit und An- mut in der Musik. Es klingen die Töne ordentlich und die Tasten wenig oder beinahe gamicht. Das Gegenteil wirkt abscheulich für das Ohr. Diesen Fehler begeht man, wenn man den Finger zu hoch hebt nach dem Anschlag. Femer, wenn man die Finger sehr hoch hebt, zieht man die Zeit, die verbraucht wird im Heben und Senken der Finger, von der Zeitdauer des Klanges ab. In gleicher Weise ist es nötig, daß man die Handfläche nicht hebt, sondern bloß den Finger, der schlagen muß, während die Handfläche ruhig bleibt. Die Tasten, sowohl die weißen als die schwarzen, müssen am Ende oder am Eand geschlagen — 33 — werden. Fünftens muß man die Tasten so weit herunterdrücken, als es gut geht, so daß, falls das Instrument ein Monochord ist, die Tangen- ten recht an die Saiten gehoben werden, aber in der Weise, daß die Noten (Klänge) nicht aus ihrem Ton geraten, indem der Ton in die Höhe treibt, was dadurch verursacht wird, daß der Finger übermäßig aufdrückt. Und falls es ein anderes Instrument ist, müssen die Tasten heruntergedrückt werden, bis sie den darunterliegenden Tuchstreifen be- rühren, selbstverständlich nur, wenn sie so weit heruntergedrückt werden können. Sechstens dürfen die Finger nach dem Anschlag weder zu stark auf die Tasten drücken, weil, außer dem Hochtreiben des Tones, die Hände starr werden, als ob sie festgebunden wären , noch dürfen sie schlaffer werden, so daß die Töne ermatten; sondern sie müssen auf den Tasten bleiben ohne übermäßigen Druck und ohne Erschlaffung und ohne Hebung bis zu dem Zeitpunkte, wo sie andere Tasten anschlagen müssen, so daß die Stimmen immer denselben Klangcharakter behalten. Kapitel 16 handelt vom klaren und deutlichen Spiel. Was das klare und deutliche Spiel betrifft, sagt unser Autor, so ist zu bemerken, daß zweierlei verlangt wird. Das erste und hauptsächliche ist, daß beim Anschlagen der Finger auf die Tasten, jedesmal der Finger, der zuerst anschlägt, sich hebt, ehe der gleich darauffolgende Finger anschlägt, sowohl bei dem Aufwärts- als bei dem Abwärtsspielen, und so fort der Reihe nach. Denn spielt man anders, würde ein Finger über den andern stolpern, [atapar = auf die Ferse treten), und die Töne würden das Gleiche tun. Dadurch wird das Gespielte unrein und geräuschvoll, und es leidet die Klarheit und Deutlichkeit der Töne. Die zweite Forderung ist: daß man den Finger ein wenig in die Höhe hebt, nach- dem er angeschlagen hat, ihn aber in keiner Weise wegzieht von der Taste, ihn weder zusammenzieht, noch zusammenknickt, welches einen großen Lärm unter den Tasten verursacht. Ausnahmen kommen bei den Prallem (Redobles) und Tiillem (Quiebros) vor, die an ihrer Stelle behandelt werden sollen. Kapitel 17. Von den Läufen (Tonleitern) auf- und abwärts. Vier Forderungen werden aufgestellt. Erstens, daß die Hände ordentlich zu- sammengezogen werden, wie vorhin erklärt wurde. Zweitens, daß die Hand ein wenig gedreht wird nach der Richtung, in der man den Gang spielt, hauptsächlich bei Achtel- und Sechzehntelnoten. Drittens, wenn man eine Tonleiter aufwärts mit der rechten Hand spielt, welches man gewöhnlich mit dem 3. und 4. Finger macht, hebt man den dritten nach jedem Anschlag mehr als den vierten, und der vierte wird nicht höher gehoben, als daß er sich eben von der Taste entfernt, so daß es scheint, als ob er über die Tasten hinschleift. Ferner muß der vierte Finger am äußeren Ende der Taste anschlagen, während der dritte mehr nach Kinkeldey, Orgel nnd Klavier. 3 l — 34 — innen anschlägt. Der zweite Finger muß ein wenig zusammengezogen und etwas höher gehalten werden als der dritte und muß in dieser Stellung an den dritten angelehnt werden. Dadurch erhält die Hand viel Kraft. Ohne dies alles ist es unmöglich, die Töne in vollkommener Weise zu spielen, und darum ist es nötig, daß man ordentlich Acht hat auf die Stellung des genannten zweiten Fingers als einen sehr wichtigen Umstand. Wenn man mit der linken Hand aufwärts spielt, muß der vierte Finger jedesmal nach dem Anschlag viel höher gehohen werden als der dritte. Wenn man aufwärts spielt mit dem ersten und zweiten Finger, muß der zweite Finger viel höher gehoben werden als der erste, der wiederum auf den Tasten zu schleifen scheint. Wenn man abwärts spielt mit der rechten Hand, gewöhnlich mit dem 2. und 3. Finger, muß der dritte höher gehoben werden als der zweite. Der zweite scheint diesmal auf den Tasten zu schleifen und schlägt am äußeren Ende der Taste auf, während der dritte mehr nach innen auf- schlägt. Mit der linken Hand spielt man gewöhnlich mit dem 3. und 4. Finger abwärts. Die Stellung ist genau wie bei der aufwärtsgehenden Rechten. Die vierte Forderung beim Tonleiterspiel ist, daß der 2., 3. und 4. Finger sich immer über den Tasten bewegen und nicht irgendwie von den Tasten herabgezogen werden. Kapitel 18 handelt vom Anschlagen mit passenden Fingern, also vom Fingersatz. Die rechte Hand hat einen Hauptfinger, den dritten; die linke, zwei, den zweiten und dritten. Hauptfinger werden sie ge* nannt, weil man mit ihnen die Triller anfängt und schließt. Mit dem Daumen wird nie eine schwarze Taste angeschlagen, außer bei Oktaven oder wenn sich eine Unvermeidlichkeit einstellt, bei der man nichts anderes tun kann. Wenn man Viertel- oder Achtelnoten spielt, wird niemals zweimal hintereinander mit demselben Finger angeschlagen, außer in Fällen, wo sich nichts anderes tun läßt. Diese Regel muß strenger befolgt werden bei den Achteln als bei den Vierteln. Wenn man ganze Noten (semibreves) spielt, wird jede mit dem Mittelfinger geschlagen, außer wenn es eine andere Stimme verhindert. In der linken Hand kann eine ganze Note mit dem zweiten Finger geschlagen werden, die nächste mit dem dritten und in dieser Weise weiter, sie können auch alle mit dem zweiten gespielt werden, oder alle mit dem dritten, je nach G-utdünken. Alles dieses selbstverständlich nur, wenn eine andere Stimme es nicht verhindert. Mit den genannten Fingern beider Hände werden auch halbe Noten gespielt. Doch ist es erlaubt, bei Halben in der rechten Hand abwärts auch mit dem dritten und zweiten abwechselnd zu spielen, wenn mehrere Halbe aufeinander folgen. Wenn auf derselben Linie — 35 — oder in demselben Zwischenraum oder, was dasselbe ist, auf derselben Taste, zwei, drei, vier oder mehr Viertel oder Achtel zu spielen sind, sollen sie alle mit zwei Fingern gespielt werden, welche so oft aufein- ander folgen, als nötig ist, in der rechten Hand mit dem 2. und 3.^ in der linken mit dem 1. und 2. oder mit dem 2. und 3. Um dieses mit Vollkommenheit auszuführen, ist es nötig, daß der Unterarm über der Klaviatur steht. Auch wenn nach einer punktierten Halben zwei Noten auf derselben Linie oder in demselben Zwischenraum stehen, können sie mit denselben Fingern gespielt werden, wie eben erklärt ist. Lange Tonleiterpassagen von Vierteln oder Achteln, aufsteigend oder absteigend, können mit einer regelmäßigen Aufeinanderfolge der Finger gespielt werden; zwar kommt selten eine Folge von allen fünf Fingern in Betracht, sondern es werden meistens nur die Finger vom 1. bis zum 4. in wiederholter Reihenfolge gebraucht. Aufsteigend werden auch Fol- gen von Vierteln in der linken Hand mit dem 2. und 1. Finger gespielt, indem man mit dem 2. anfängt, manchmal aber zum Anfang den 3. heranzieht, manchmal sogar den 4. und 3. Absteigend spielt man mit dem 3. und 4. Der 3. fängt an. Manchmal nimmt man zum Anfang noch den 2. oder den 1. und 2. hinzu. Schnelle Gänge, also Achtel- und Sechzehntelpassagen, werden in der linken Hand, aufwärts und abwärts, mit den Fingern 1 bis 4 gespielt. Die Reihenfolge wird so oft wiederholt, als nötig ist. Aufsteigend fängt man mit dem 4. an, absteigend mit dem 1.^). 4 3214321^123412341 gj-j' J'^'f. r ^' r. ^|f' r r. p ^ ^ Für die rechte Hand werden etwas abweichende Kegeln gegeben. Aufwärts sollen Viertel oder Achtel mit dem 3. und 4. Finger gespielt werden. Der 3. fängt an, manchmal aber auch der 2. oder der 1. und 2. Diese Regel ist ohne Ausnahme. usw. ^ 3 4 3 4 3 4 3 oder 2 3 4 3 4 USW. Bei absteigenden Folgen in der rechten Hand muß man manchmal mit dem 1. Finger anfangen und die nächste Note mit dem 3. spielen [wahrscheinlich wegen schwarzer Tasten]. Nach diesen Voraussetzungen gibt dann Sancta Maria für absteigende Tonleitern von Vierteln und Achteln drei verschiedene Fingersätze. 1} Die Beispiele bei Sancta Matia sind ohne Bezeichnung des Fingersatzes. DieHinzufügung in meinen Beispielen habe ich nach den textlichen Erläuterungen die Sancta Marias jedem Beispiel besonders beigibt unternommen^ 3* — 36 — Erstens mit dem 2. und 3. Pinger, indem der 3. anfängt, manchmal aber der 4. Dieser Fingersatz dient zumeist für Viertel. Zweitens, mit der Folge 3, 2, 1, 3, 2, 1 usw., manchmal die erste Note mit dem 4. Manch- mal folgt bei diesem Fingersatz gleich der 2. auf den 1. Er gilt zumeist für Achteltonleitem. — ^ P P ^~^ M Drittens, mit der Folge 4, 3, 2, 1, 4, 3, 2, 1 usw. Manchmal folgt auf den 1. der 2. oder der 3. Dieser Fingersatz dient für Achtel, besonder» in Gruppen von 5, 9 oder 13. Zuweilen werden bei den zwei letztan- geführten Fingersätzen die tieferen Noten mit dem 2. und 3. Finger gespielt. m 4 32 14^32143 214 UfO' ^' t: r. r f. J ^ oder 2 3 2 21432143 2 14 Oft werden aber die Finger in ganz andern Aufeinanderfolgen gebraucht^ je nach der sich ergebenden Notwendigkeit. Folgen von Terz-, Quart- oder Quintschritten werden so gespielt,, daß man immer einen, zwei oder drei Finger zwischen den anschlagenden Fingern frei läßt, je nach der Größe des Intervalls. Es kommt jedoch vor, daß man Terzen und sogar Quarten mit nebeneinanderliegenden Fingern spielen muß^). i 2 4 2 4 13 13 5 5 J j P i l ^m ;t=*st ^ ^ 3 ^ -^—k\ HÄJ- i *s % ^ HÄ- Für die Tonleiter der ersten der drei kurzen Oktaven (die Cdur- Tonleiter) gilt der Fingersatz 3 I ji^, j' j- J' J'^ l >^ „j'nj'i^' j' J' J' ^tT auf unserer modernen Tastenreihe ^). 1) Für folgende Beispiele g^bt Sancta Maria keine Erläuterung des Fingersatzes. 2) Über die >kurze Oktave«, siehe Anmerkung 1, S. 15. - 37 Folgendes Beispiel, 4 4 3 2 5 4 3 2 1 „„^ 3 2 3 2 12 1 "8^- ^ ^^ J J. J^ J^ J^ J^ J^ J^ J^ J' J^ J' M J welches auf unserer Tastenreihe so aussehen würde 4 4 3 2 3 2 5 4 3 2 2 1 2 USW. h J^ j^ J^ J^ J^ j^ J^ J^ J^ J^ M II kann mit den darüberstehenden Fingersätzen gespielt werden. Der zweite (der Höherstehende) ist besser, weil man mehr gebunden spielen kann. Die zweite kurze Oktave (die Oktave auf B) wird aufwärts so gespielt; ^ ^ *=i 2 1 W- Oas würde auf unseren Tasten folgender Beihe entsprechen: - 4 3 4 3 2 12 1 ^ ^ ^' ^"^^ H«- Die dritte kurze Oktave (auf E) wird so gespielt: 3 4 3 2 13 2 4 5 4 3 2 12 >^ S-jlTii M auf unserer Klaviatur 3 4 4 3 5 4 2 13 2 3 2 12 1 1 ^ ¥=W - ^ ^ ^ I jDie kurzen Oktaven kommen nach Sancta Maria meistens in Achteln vor. Wenn diese drei kurzen Oktaven in Viertelnoten absteigend gespielt werden, wird die erste Note mit dem 1. Pinger gespielt oder mit dem 2., manchmal, doch selten, mit dem 3. Die folgenden Noten werden mit dem 3. und 4. gespielt, aber die letzte Note der ersten Oktave (C) wird mit dem 5. oder die letzten drei werden mit dem 2., 3. und 4. gespielt. Zum Beispiel entsprechend ^ t ■^ 4. 2 3 4 ^=^ » 13 4 3 2 3 4 3 Bei solchen Gängen können Quiebros (über die später ausführlich ge- handelt wird), auf jeder Note, die mit dem 3. Finger gespielt wird, an- gebracht werden. — 38 - Für Achteltonleitem in diesen kurzen Oktaven werden folgende Fingersätze gegeben: besser i > i j: 2 3 4 3 2 3 4 2 3 4 12 3 4 3 4 5 ^^ » entsprechend 1 2 3 4 3 2 3 4 2 3 4 12 3 4 3 4 5 >^^ besser i ^ 2 3 1 2 4 3 4 3 3 4 3 2 4 3 1 1 2 3 1 2 4 3 4 3 3 4 3 2 4 3 •>' J j": j ^^ M ^ irw 2 32 3434 3 1 12 3 4 3 4 3 '■" r ^J i^: M»1 2 1 i 3 2 1 2 0- P Jl 3 4 3 4 3 3 4 3 4 3 ^^ 01- Für gewöhnliche Oktaven, links. ^ 4 1 2 3 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 ^ s ö 1 2 1 3 2 1 ^ 4 3 2 3 4 3 4 3 4 3 4 3 4 3 4 3 4 3 4 3 4 f p W Bei den über den Noten stehenden Fingersätzen kann man Quiebros aufsteigend bei dem 2., absteigend bei 'dem 3. Finger machen. Der unter den Noten stehende Fingersatz paßt besser für Achtel- als für Vierteltonleitem, besonders im Aufsteigen. Für Achteltonleitem werden auch folgende abweichende Fingersätze gegeben: 43 2 13 2 2 3 4343 4 , 5 besser 12 3434 3 rechts. | 1 $ ^ 3 4 3 4 USW. 4 3 4 3 4 3 4 2 3 4 3 4. 3 4 j j J J ^ r "^ * 4 44 i 3 2323232 4 3232323 f j^ i- i i M M»1 l 3 2 13 2 1 3 3 4 3 2 13 2 1 ^^ -«- - 39 - Andere Beispiele sind folgende: links. 4321 4321 4321 •y jj;: jTp ri^ 12 3 4 12 3 4 12 3 4 '^^ ULf , / ^^""^ w m 3 4 3 2 2 3 2 1 4 3 2 1 2 4 3 2 1 2 — «- tt* ^ rechts. 432 3213 2324 3 2 32 4323 4323 USW. 4321 4321 USW. Für Doppelgriffe gibt Sancta Maria folgende Fingersätze: Terzen: rechts und links mit dem 1. und 2. — mehr in der linken Hand gebräuchlich mit dem 1. und 3. — Mit diesem Fingersatz kann man in der linken Hand auf der tieferen Note einen Triller nach unten ausführen, in der rechten auf der höheren Note nach oben. Er wird im allge- gemeinen von der rechten Hand bevorzugt. Mehrere Terzen nacheinander werden 1212 '^^' gegriffen. Quinten und Sexten: rechts und links mit dem 2. und 5. — Mit diesem Fingersatz kann man in der linken Hand auf der höheren Note einen Triller ausführen, in der rechten, auf der tieferen; mit dem X. und 4. — Bei diesem Fingersatz erhalten beide Töne die gleiche Klangstärke, mit dem 1. und 3. — Hiermit kann man in der linken H!and einen Triller auf der tieferen Note ausführen, in der rechten auf der höheren. Oktaven werden mit dem 1. und 5. gegriffen, mit Ausnahme der drei kurzen Oktaven, die mit dem 1. und 4. oder dem 2. und 5. links gegriffen werden. Bei den kurzen Oktaven kann noch die darüberliegende Terz mitgespielt werden. Der Fingersatz ist folgender: 1 2 entsprechend 2 ^^grt-fe-f^ ig 1 2 h^ — 40 — Bei Doppelgriffen muß man immer die folgenden Noten ins Auge fassen und den Fingersatz so wählen, daß sie bequem zu greifen sind. Kapitel 19 handelt vom geschmackvollen Spiel [tafier con buen ayre). Sancta Maria erklärt verschiedene Spielweisen oder Manieren, in denen man einen einfachen Notengang ausführen kann, um ihn interessanter zu gestalten. Für Folgen von Viertelnoten wird nur eine Manier ange- geben, füp Achtelnoten, drei. Bei den Vierteln hält man sich ein wenig auf der ersten Note auf, beeilt dagegen die zweite etwas. In ähnlicher Weise wird die dritte Note verlängert und die vierte gekürzt, usw., als ob das erste Viertel punktiert wäre und das zweite eine Achtelnote. Es ist aber darauf zu achten, daß die Note, die man verkürzt, nicht viel, sondern nur wenig von ihrem Wert verliert. I ^-rir^r^^ ^—^hi-^ ^. ^ ßj H^ ^ 3: 1» j^ n Ausführung. r^ir^f=? (#) • /i | H- ^ i -9- ^«- ö -9 -jBL -Bl £ W Die Punktierung ist natürlich nicht wörtlich zu nehmen. Sancta Maria muß notgedrungen übertreiben. Für die Achtel gibt es drei Manieren. Bei den ersten zwei wird ein Achtel als punktiert betrachtet, das andere als ein Sechzehntel. In der ersten Manier kommt die längere Note zuerst, in der zweiten, die kürzere. Die erste Manier dient für Werke, die durchgehends kontra- punktisch gehalten sind und für lange und kurze Verzierungspassagen, die man in geschriebenen Werken [dbrcis) sowohl wie in der freien Fan- ^asia anbringt. Die zweite ist eine viel galantere Spielart als die erste. Die dritte Manier beim Vortrag der Achtel besteht darin, daß man die ersten drei beschleunigt und sich dann auf dem vierten aufMlt. Und zwar muß das vierte so lange angehalten werden, daß das folgende Achtel an seine richtige Stelle auf den Halbtakt kommt, so daß die drei Achtel wie Sechzehntel erscheinen und das vierte wie ein Achtel mit Punkt (sie!). Das ist die galanteste Manier. Sie dient für lange und kurze Verzierungen. Der Aufenthalt auf der verlängerten Note — 41 — soll aber nicht zu lang sein, sondern nur lang genug um merkbar zu werden. Die Beschleunigung der ersten drei Achtel darf also nur mäßig sein. Folgende Beispiele werden gegeben: ■ji. I jTn .-^m. ^ t=t i :* ^ ö ^ -W- £ 1=*^ [Tempo mbato] 1 III. J j^ j^ \~fr^_ J77^ \ ^ ^ ^ -^- M 1 ^ « -»»- ^ ±=Js* Ein zweiter Teil des 19. Kapitels behandelt die T^Redobles* und *Quie- bros€. Diese sind trillerartige Verzierungen, die sich darin von einander unterscheiden, daß der Bedobk am Anfang auch den unteren Nebenton liinzunimmt und dann mit dem oberen weiter trillert; während der Quie- bro nur einen von den Nebentönen benutzt, wie in folgenden Beispielen : Bedohle. ww^~i^ HA- 1 Quiebro, H«- Man unterscheidet auch einen wiederholten und einfachen Quiebro\ i Wiederholt. -Wh 1 Einfach. S 3?: Redobles macht man nur auf ganzen Noten; Quiebros macht man auf Halben und Yierteln, sehr selten auch auf Achteln. Es ist ratsam, die Redobles nicht zu lang zu machen, sonst machen sie die Musik häßlich. Die wiederholten Quiebros macht man auf halben Noten, die einfachen — 42 — auf Vierteln. Noch eine besondere Art des Quiebros macht man auf halbe Noten, nämlich A^ ^ t=^ Wiederholte Quiebros spielt man auf allen halben Noten, die mit denjenigen Fingern angeschlagen werden, die sie ausführen können. Den einfachen Quiebro macht man auf einer Note und unterläßt ihn auf der nächsten usw. Auf Viertelnoten werden nur einfache Quiebros gemacht wegen der kurzen Zeitdauer, die diesen Noten zukommt. Das ist auch der Grund^ weshalb man auf Achtel und Sechzehntel, keine Quiebros anbringt. Es gibt bloß eine Art des Redobles, nämlich die, in der man einen Ganzton nach einer Seite und einen Halbton nach der anderen zu Hilfe nimmt: h iW ■*«- oder I n Verboten ist ^ H««- Von den Quiebros gibt es sechs verschiedene Arten, die entweder mit Ganzton oder mit Halbton gemacht werden oder, im Falle des Quiebro der halben Noten, mit Halb- und Ganzton. In letztem Falle muß der Halbton immer unten liegen. Das Umgekehrte klingt schlecht. Bei den Redobles ist das nicht der Fall. Von den sechs verschiedenen Quiebros werden zwei auf der Halbnote gemacht; einer mit den zwei Nebentönen, wie schon erklärt, der andere durch mehrfache Wiederholung nur eines Nebentones. Die andern vier Arten des Quiebro sind die einfachen nach oben oder nach unten mit Halbton oder mit Ganzton. Zur Ausführung des Redobles und des dem Redoble ähidichen Halb- noten- ^iefero gebraucht man in der rechten Hand den 2., 3. und 4. Finger, in der linken den 1., 2. und 3. oder den 2., 3. und 4. Einige Beispiele folgen: Redoble, rechts 3234 |) JJJ^ Halbnoten- Quiebro, 4 3 2 4 n links 2 3 2 1 3 4 3 2 Quiebros. rechts 3 4 3 4 3 4 ^232323 ^ ^^Tf 1 2 2 3 4 3 4 3 4 3 4 2 3 2 3 2 3 2 links 2 12 12 1 3 2 3 2 3 2 2 3 2 12 12 1 3 2 3 2 3 2 2 3 — 43 — Als besonders schön gilt jetzt die Manier, sagt Sancta Maria, in der man zuerst den oberen Hilfston eines Redoble oder Quiebro allein an- schlägt so daß der Zusammenklang erst mit dem darauf folgenden Hauptton angeschlagen wird. Diese Art Redoble^ sowie auch der H^b- noteur Quiebro sind sehr neu und galant und erteilen der Musik Grazie und melodische Schönheit. Er empfiehlt ihren Gebrauch sehr und gibt ihnen den Vorzug vor den älteren und weniger graziösen Arten. ^ 3 2 a 3 2 Aufsteigend werden Quiebros so gespielt, 3 4 3 3 4 ielt, ^=^ ■^- 2 3 2 absteigend jL J^ & J2 ^ Es gibt eine eigentümliche Art 3 2 3 3 2 3 2 12 2 12 des Quiebros mit zwei Noten, bei der der Hauptton angeschlagen aber der Finger nicht gehoben wird. Er bleibt fest auf der Taste liegen, während der andere Pinger sehr schnell darauf den Nebenton anschlägt ^). Dieser Pinger wird auswärts abgezogen wie wenn man kratzt {deflixandole). Dieser Quiebro bei aufsteigender Folge (nämlich mit dem unteren Neben- ton) klingt nicht so gut wie bei absteigender Folge (mit dem oberen Nebenton) und soll daher nicht so oft gebraucht werden. Um die dreitönigen Verzierungen auszuführen, müssen drei Punkte beachtet werden. Erstens müssen die vier Finger vom 2. bis zum 5. möglichst eng aneinander gezogen werden. Besonders muß der Finger, der die untere Hilfsnote anschlägt, direkt den Hauptfinger berühren. Er muß ein wenig mehr gekrümmt werden als die andern und etwas höher als der Hauptfinger gehalten werden und ein wenig auf letzterem aufliegen (cargar). Zum Beispiel, wenn in der rechten Hand ein Redoble gemacht wird mit dem 2., 3. und 4. Pinger, wird der zweite etwas zu- sammengezogen und höher gehalten als der 3. und in dieser Stellung an den 3. angelegt, besonders zum Schluß des Redobles. Dadurch wird der Anschlag der andern zwei Pinger, die die wiederholten Töne ausführen, kräftiger und lebhafter. Zweitens sollen die Finger, die die Nebentöne ausführen, am Ende der Verzierung etwas auswärts von der Taste ge- zogen werden, besonders der, der den oberen Nebenton anschlägt. Er muß auch ein wenig herunter hängen, dann aber gehoben werden und in seine normale Stellung über die Taste zurückkehren. Drittens muß der Finger, der den oberen Nebenton ausführt, mehr an dem Ende der Taste stehen als der Hauptfinger. Femer muß er allmählich während oder 1) Die Ausführung ist so zu denken |) p EP-i i — 44 — des Trillers nach auswärts gezogen werden, bis er am Schluß des Trillers ganz Yon der Taste weggezogen wird, während der Hauptfinger, der anfangs weiter nach hinten anschlug, jetzt am Ende der Taste zu stehen kommt. Das ist nötig, um den Triller zu einem kurz abgeschnittenen Schluß zu bringen. Viertens soll die Hand bei Redobles und Quiebros ein wenig nach oben gedreht werden, ausgenommen bei dem Viertelnoten- Quiebro in absteigender Folge. Was von den dreitönigen Verzierungen gesagt wurde, gilt auch für die einfacheren zweitönigen Quiebros^ bloß daß hier nur ein Finger nach auswärts gezogen wird. Die Viertelnoten- öwi^fcros werden manchmal auf dem guten Viertel, manchmal auf dem schlechten gemacht. Die zweite Manier hält Sancta Maria für graziöser. Folgende Fingersätze werden vorgeschlagen. Die verzierte Note wird durch einen darüber- oder darunterstehenden Punkt gekennzeichnet: rechts. 323 4 323 4 ^^^W. 2 323 4 323 4 USW. 343 2 343 2 ^^^W. ^^ 434323432 USW. t 1^1 \^{ links. 2 32 1 23 2 1 ^8W. 3 232 1 232 1 USW. FTT; f r r " Mj j ,J j f r ^m 3- 323 4 323 4 ^8^- 2 323 4 323 ^^^' ^ ^— ^ ^^ rechts. 2 323 4 323 ^^W. ir f r j J -»!- j) ^ j Ji^^ j ^ 4 343 2 343 2 USW. ^^ ""^'- (Sic!) 3 2 3 2 1 1 3 2 . 1 ^*'^- ^ 2 323 4 323 4 ^^W. ■^^ ^ r f r r J J J -«h \^\ H«" -«- - 45 - Manchmal werden auf zwei aufeinander folgenden Viei-telnoten Quie- hros angebracht und zwar wenn sie in absteigender Beihe auf eine höher- stehende ganze Note folgen: ffi^J ^ j ^ Bei einer Reihe von Viertelnoten, die aufsteigt und wieder ab, wird auf der höchsten Note der Quiebro für absteigende Folgen gespielt. So auch, wenn die Beihe abwärts geht und dann wieder herauf, wird auf der tiefsten Note der Quiebro für aufsteigende Folgen gespielt. In absteigenden Beihen werden auf allen Viertelnoten, die einer punktierten Halben folgen, Quiebros angebracht. •^^ 2^ Wo beide Hände Gänge von Halbnoten spielen, werden manchmal die Verzierungen in beiden Händen abwechselnd angebracht, besonders bei Imitationen [en ca^a), Verzierungen werden immer mit denjenigen Neben- tönen gemacht (seien es weiße oder schwarze Tasten), die der Tonart angehören, in der man spielt. Kapitel 20 gibt kurze und leichte Anweisungen, Mensuralmusik auf das Monochord abzusetzen. Das Absetzen von Musikstücken auf das Monochord ist der Quell alles Nutzens und Profits für den Spieler. Es ist zu bemerken, daß in jedem Stück, welcher Art es auch sei, alle Stimmen verbunden und eine mit den andern verkettet, fortschreiten; das heißt, keine Stimme bewegt sich auch nur eine einzige Note weiter, ohne Bezug zu nehmen auf alle die andern. Alle Stimmen bewegen sich zusammen, gemessen und gezählt nach Takten oder nach Halbtakten, so daß am Schluß keine einzige einen Takt oder Halbtakt mehr hat als eine andere. Daher folgt es, daß man beim Absetzen so verfahren muß, daß man zählt und abmißt, jede Stimme mit den andern, nach Takten oder Halbtakten. Diese zwei Sachen, das Zählen und das Messen, müssen mit aller Strenge beachtet werden. Sie hängen von einander ab. Das Maß ist eigentlich dasselbe wie der Takt, der ja auch überhaupt alle praktische Musik regiert. Man kann in der Weise verfahren, daß man alle Stimmen Takt für Takt oder Halbtakt für Halbtakt ins Auge faßt und zwar so, daß keine einzige Stimme sich in den nächsten Takt oder Halbtakt weiterbewegt, bis die andern ihr alle gleichgekommen sind. Dann erst werden die darauffolgenden Noten alle zusammen angeschlagen, [luegq hart de herir todas juntamente en los puntos o figuras, que immediamenie se siguie7*en). Für den Anfänger ist die Halbtakt-Methode ratsam. Sie ist leichter, weil bei ihr das Abzählen nicht so schwierig ist. Dabei ist zu bemerken, daß Noten, die in ihrem Werte über einen solchen Takt- abschnitt hinausgehen, nicht von neuem angeschlagen werden. — 46 — Es folgt ein Beispiel. Sancta Maria macht es in seinen Beispielen dem Schüler etwas leichter als Bermudo. Er schreibt die Stimmen nicht in der Chorbuchordnung, wie Bermudo in seinen größeren Beispielen, sondern eine über die andere, den Diskant oben, den Baß unten, aber ohne Taktstriche und ohne Rücksicht auf die zusammengehörenden Noten der verschiedenen Stimmen. Wo die Stimmen eines Beispiels nicht über die Länge einer Zeile hinaus gehen, gibt es eine Stellung die unserer vierstimmigen Partitur am ähnlichsten ist, obwohl durch das Fehlen von Taktstrichen die zusammen zu spielenden Noten nicht übereinander ge- bracht werden. Gehen die Stimmen aber über die Länge einer Zeile hinaus, so muß der Spieler die Fähigkeit, vier verschiedene Systeme in vier verschiedenen Richtungen auf einmal zu lesen, besitzen. I ä 1^ -t^ P £ 22: -^ ^- ■^- JS.- :^ -tfl" ^ äJ -tfl" -^ ^ i i i ^B E -&- :2z: i ^ l m p I I fS 7? '11 ^ -^- -^- ^ -^9- fe 1^ ^ m -»- w \i J iT; ■zy s^ 1^ I ! I I I I I I >^ w -^- ^ -^ — ^ i iM=^ ä (#) n^ -Ä^ S I /^-^"^^ tS^ 3Ö: ^ P ??- ^'i :^ ^ iji ^ ÜJ -Ä>- ^ ^ — 47 — Auffalleiid ist es, wie im drittletzten Takt durch die Beachtung von der Regel der Quintkadenz Sancta Maria eine ganz moderne Harmonie- folge zustande bringt. Sancta Maria gibt auch (fol. 56) eine Abbildung der Klaviatur des Monochords mit den Schlüssel- und Silbenbezeichnungen, die im wesent- lichen mit Bermudos Abbildung übereinstimmt. In kurzem Zügen wird auch der Vihuela-Bjragen und die Vihuela-Tabulatur erläutert. Auf das Vihuelaspiel geht Sancta Maria nicht so genau ein wie auf das Klavierspiel. Kapitel 21 enthält kurze Anweisungen für Anfänger, irgend ein Werk rasch zu beherrschen. Drei Forderungen werden gestellt. Erstens muß man im Takt spielen ohne Ungleichheit. Dazu muß man den Takt mit dem Fuß treten. Man muß besonders aufmerksam sein auf den Halb- takt denn hier entstehen die Fehler derjenigen die nicht im Takt spielen. Hierzu gehört die genaue Kenntnis der Notenwerte. Zweitens muß man jede Stimme für sich singen und ihren melodischen Gang (Solfa) gründ- lich verstehen. Drittens muß man alle Konsonanzen und Dissonanzen, die in dem Werk, sei es zwei-, drei- oder vierstimmig, vorkommen, genau erkennen. Kapitel 22 beschreibt den Weg der eingeschlagen werden muß, um Nutzen aus diesen Stücken zu ziehen. Fünf Sachen muß man sich merken. Erstens muß man vom Grunde aus das Thema (invencion) und den Aufbau [artefidö) eines jeden Abschnittes [passus) kennen; so auch die Beantwortung [responsion) der Stimmen, das ist, ob sie sich in dem Stück wiederholen in der Quarte, Quinte oder Oktave oder sonst wie, oder ob das Stück zwei-, drei- oder vierstimmig ist, ob es fugiert (imitatorisch gehalten) ist oder nicht. In dem allem besteht die Kunst des Fantasierens, welche man vor allem zu verstehen suchen soll; denn in allen Sachen ist es bloß die Kunst, die den Meister macht. Zweitens muß man sich den Einsatz einer jeden Stimme merken, ob sie vor der Kadenz einsetzt, mitten in der Kadenz oder nach der Ka- denz oder überhaupt ohne Kadenz und mit welchem Thema [invencion oder proposito) sie einsetzt; denn der Einsatz der einzelnen Stimmen ist eine delikate Frage, die größte Schönheit und Kunst, die es in der Musik gibt. Drittens merke man sich alle Arten von Kadenzen, die in dem Stück vorkommen. Man studiere sie gründlich und halte sie im Gedächtnis, um nach ihnen andere, ähnliche in der Fantasia zu machen. Viertens merke man sich alle Konsonanzen und Dissonanzen, die in den Stücken vorkommen, sowohl die zweistimmigen als die drei- und vierstinmiigen und vernehme auch zugleich den melodischen Gang (Solfa) einer jeden Stimme und achte auf die Konsonanzen, die sich daraus ergeben. Auch beachte man, welche Melodie graziös ist und halte sie — 48 — gut im Gedächtnis, um über sie in verschiedener Art zu fantasieren; denn das ist von Nutzen, um reichlichen Stoff für das Fantasieren zu haben^ Fünftens wenn ein Abschnitt wiederholt wird, achte man auf die Verschiedenheiten, die bei der Wiederholung vorkommen, auch ob er zwei-, drei- oder vierstimmig wiederholt wird. Damit Anfänger im Fantasieren Fortschritte machen, ist es nötig, daß sie sich in den Stücken, die sie kennen, fortwährend üben; denn dadurch werden sie an die Kunst gewöhnt und spielen dann leichter andere Stücke. Auch ist es sehr nützlich, das Stück anders zu spielen, indem man es auf jeder Stufe spielt, auf der es möglich ist, aber immer mit unverändertem Tongang. Damit alles, was erklärt wurde, zum Fort- schritt im Fantasieren beiträgt, ist es nötig, es jeden Tag sehr oft zu üben mit großer Beharrlichkeit, nicht in Verzweiflung, sondern mit der Gewißheit, daß der Fleiß und der fortwährende Gebrauch alles besiegen und einen Meister schaffen werden. Kapitel 23 behandelt die größeren Verzierungen oder Diminutionen iglosas). Diese werden nur auf ganzen Noten, halben Noten, oder Vierteln gebracht — auf letzteren sehr selten. Zwei Punkte muß man sich merken, um gut zu verzieren. Erstens muß in allen Stimmen gleichmäßig ver- ziert werden, daß ist, jede Stimme muß so viel Verzierungen erhalten als die andern. Zweitens, wenn eine Stimme wiederholt wird, muß auch die Verzierung wiederholt werden, wenn nichts im Wege steht, was ja oft vorkommt. Um dem Spieler eine Anleitung zu geben, wird eine ganze Reihe von Beispielen gegeben für alle diatonischen Intervalle vom Einklang bis zur Oktave, aufsteigend und absteigend, für ganze Noten und für halbe: Ganze Noten. Einklang. SU-4UUU^J^.^U^aJJ4 »^i U^J. d^d^ »^i ^# i. ." to^ i ^^ ^ i -»^ ^^ h^ W^-^rPs 1^ ^ )^i Sekunde. ^m :i± ü N ' ^- J' i Ji M ' .J.- J * ii ^ M — 49 IS^ i f' SUJ^^f^ ^n M 1. ^^ n m iV^jr wl ^ij ^^J. nU J3 jj^ fi hU j ^4^ R Terz. $ ^ 4«- i.j.^.ffl:'j^'i-TJ3P ■i«- ÜiJ ^iJ^ >M ^^ ;ir ^ I i. J^'iJ.'i mLj. j- ijjg-M ^^ t^ ^s ^ ■ i J^ -J^ w Quinte. ffl .m^ JJ'J^-^l ijj4 jü'J^ " U j^ Ji'^^ ^' rm JTj^ -i&- Hö^- P^ -I«- I^ " jn77^ -»!- ^ JJ iJJi" ' i J^ i3^ -I«- i ^F= J' i'J J i "" ' i. j' S^ ^=^^^=^ ^ HÄ- I-J73 j7^ -t«- 3=i ^S 4^J- Sexte. 9'^ iiji /3t3 s J75 jJJ^M E ^ 1^ E usw. Kinkel dey, Orgel und Klavier. l — 50 — Kapitel 24 behandelt die Tonarten, speziell die Kadenzen [ClatisuJas), sowohl die Kadenzen mit Ganzton [remissa) als die mit Halbton (sostenida) ^). Kapitel 25 bringt die Transpositionslehre. Auf zwei Punkten beruht die Richtigkeit einer Transposition, auf der genauen "Wiedergabe der Inter- vallenfolge und auf den Kadenzen. Die Unvollkommenheiten des Mono- chords in Bezug auf die Transposition reduzieren sich einerseits auf die Unmöglichkeit, diese Bestimmungen einzuhalten wegen der Einrichtung der >semit(mos cantables< und *incantdbles< ^ anderseits auf dem Fehlen in der tieferen Lage (kurze Oktave) von Kreuz- und 6-Tönen, die den in den höheren Oktaven vorhandenen schwarzen Tasten entsprechen und auf dem Fehlen von Tönen am andern Ende der Klaviatur. Einige Bei- spiele werden für die Transposition gegeben. Das Beispiel für den ersten Modus (siehe Beilage S. 236) wird nach O transponiert. Ein anderes Beispiel veranschaulicht den ersten Modus auf C Der zweite Modus kann, nach Sancta Maria, gut nach O und A transponiert werden, der dritte und vierte nach D und J., der fünfte nach -B, C, D und G, der sechste nach C, D, O, A und B. Bei der Transposition nach A wird auf die Schwierigkeit der Quintkadenz e dis e aufmerksam gemacht. Für den sechsten Modus wird ein kurzes Beispiel in vier verschiedenen Transpositionen gegeben, nach D (mit zwei | als Vorzeichnung), nach O (1 #), nach A (3 #) und B (2 b). Der zweite Teil von Sancta Marias Werk beschäftigt sich nun ge- nauer mit der Harmonielehre und dem Kontrapunkt, um den Spieler, der mit den Elementen der Spieltechnik vertraut ist, auf den Weg zum freien Fantasieren zu bringen. Dinge, die sich auf die Technik des Spielens beziehen, kommen hier nicht so viel vor. Doch erörtert unser Autor dann und wann Fragen, die nicht rein theoretischer Natur sind. Zum Beispiel im 31. Kapitel des zweiten Teiles, »von dem mehrstimmigen Spiel«, {taner en conctm^to) lesen wir: >Wer kunstvoll mehrstimmig spielen will, das ist, wo alle Stimmen mit- einander geregelt concertieren, muß sich vorstellen, daß die vier Stimmen vier vernünftige Männer sind, deren jeder besonders redet, wenn er zu reden hat, und schweigt wenn er schweigen soll, und antwortet wenn er antworten soll, und immer sein Verhältniß zu den anderen wahrt, nach den Begeln der Vernunft«. In ähnlicher Weise müssen sich die vier Stimmen einander gegen- über verhalten nach den Gesetzen der musikalischen Kunst. Wer nun gut spielen will, muß sich sehr in Acht nehmen, daß keine Stimme voran schreitet, sei es auch nur eine einzige Note, ohne das Verhältnis zu wahren, welches jede andere Stimme erfordert. Dieses vorausgesetzt, ist zu bemerken, daß das gewöhnliche mehrstimmige Spiel mit vier Stimmen 1) über die Bedeutung dieser Ausdrücke siehe Anmerkung 1, S. 117. — 51 — operiert. Es schließt aber drei verschiedene Spielarten mit ein, nämlich das zweistimmige, das dreistimmige und das vierstimmige Spiel. Damit die Musik Kraft und genügend kontrapunktische Bewegung der Stimmen erhalten möge, wird geraten, nicht Tongänge in ganzen Noten zu machen, sondern möglichst viel in halben, viertel und achtel Noten, es sei denn, die ganzen Noten wären unbedingt notwendig. Damit die Musik voll- kommen sei, ist es auch nötig, daß jede Stimme für sich einen graziösen und melodiösen Gang {de biiena entonacion) nehme. Im 32. Kapitel wird vom zweistimmigen Spiel behauptet, dass die Intervalle, die in Betracht kämen, die Terz, Quinte, Sexte, Oktave und Dezime seien, selten die Duodezime und Terzdezime, weil diese zu weit auseinander liegen. Und obwohl man häufig Quinten und Oktaven gebraucht, sind ddth die vorherrschenden Intervalle die Terz und die Sexte. Doch soll man nicht zu viele einer Art hintereinander spielen, sondern man vermische sie ordentlich, wie zum Beispiel zwei Terzen, dann zwei Sexten usw. Im 33. Kapitel wird behauptet, daß dieses zweistimmige Spiel eines der wesentlichsten Dinge in der Musik sei, aber auch eines der schwie- rigsten. Es ist die Grundlage für das ganze mehrstimmige Spiel. Für das zweistimmige Spiel ist die kanonische oder imitierende Schreibweise die vollkommenste, die künstlichste und die schönste, Jos quin wird als Muster genannt. Zwei verschiedene Arten dieser Form werden genau auseinander gehalten. Bei der einen setzt die imitierende Stimme erst ein, nachdem das Thema in seiner ganzen Gestalt von der ersten Stinmie vorgetragen worden ist [tanendo los passos sicdtos). Dann dient die führende Stimme als Begleitung zur imitierenden Stimme, indem sie irgend einen Gang nimm, der gut zu dem Thema paßt. Bei der anderen Art' setzt die imitierende Stimme ein, ehe die führende das Thema zu Ende gebracht hat (tanendo los passos travados). Es werden Quarten-, Quinten-, und Oktaven-Nachahmungen unterschieden. Eine große Anzahl Beispiele wird gegeben, wovon einige folgen: ^ JI^\ — H- >^ 19 ^— ' -ö) • 1^ -öU ^ i m ^ 1 : ^^A^f . ^ o^ c^ ^^., — ___^ fg- g- — 7^ ■^y—f — [— ~1^~^ j<f 1 G^ O l,*M 1 1 t^T C\' ^ f? Ä» ^ A j<? jO ^• 1 w ö^ ^ (> ^ > ^ Bei Sancta Maria stehen keine Taktzeichen in diesen Beispielen. 4* — 52 — Ä^ 22 t ^ ^ m 22: ft ^(e)=^=|^ ^fiMS- tXjt^JLLgf 22=22 -»t- WB): i Ti5>- -«^ ^ r-T-^^ 321 ^=fe^ E(Bi; ä ^^^ ^ -I«- ^ r-n^ i9- n {#) ;(e): - ö < g sH^ £ ?2 S f^r*^^^ g(e)^ ' g/ . « g is: -Ä^ =^=^ «< ^ w gnff f^ S ä(E); -^■ is^-^ 'S! iS- w -(9- ■ ^ f^ ■«>- 3: :£ ^(E)= Ä=^ P=^=P: -^- Ä>- s: £(e): is^ -&- t -^h ^(e)^EE^ ■ g ^ «^ :t=t: -Ä» ^ I^ ■TÄ^ - ^ r=^ )^- fc=^ ■j««- * s ffl ^ :f^ ^ -t^ „'S — 53 — In den folgenden Kapiteln werden das drei- und vierstimmige Spiel genauer behandelt. Dann wird erklärt, wie man die zwei Oberstimmen und die zwei Unterstimmen paarweise gegeneinander setzte wie diese Stimmenpaare sich zu einander in der Kadenz verhalten, wie sie vor oder nach der Kadenz einsetzen. Für alle die verschiedenen Fälle werden reichUche längere oder kürzere Beispiele gegeben (siehe Musikbeilage S. 243—4). Auf Kapitel 51, über das, was man beim Spielen einer Fantasie zu tun hat, soll hier näher eingegangen werden. Man muß sich zweierlei merken: Erstens, wenn das Stück in den zwei tieferen Stimmen an- fängt und die zwei höheren ihre Antwort darauf gebracht haben, dann muß ein neues Motiv (passö) in den tieferen Stimmen einsetzen, oder das erste muß wiederholt werden. Wenn die Oberstimmen zuerst einsetzen, wird dieselbe Eegel entsprechend befolgt. Zweitens, müssen jedesmal, wenn die Stimmen nach den Pausen einsetzen, sowohl wenn sie auf das von den andern Stimmen gegebenen Thema antworten, als wenn sie ein neues anheben oder das erste wiederholen, dieselbe Ordnung der Stim- meneinsätze und dieselben Regeln der Beantwortung beachtet werden, wie zu Anfang des Stückes. Vor dem Schluß des Buches steht ein Kapitel »Nötige Anwei- sungen für Anfänger«. Es bringt nichts wesentlich Neues, sondern wiederholt in summarischer Form die im Laufe des "Werkes erteilten Hatschläge. Erstens soll der Anfänger unter Beobachtung der schon vorher aufgestellten Bedingungen die Hände mit passenden Fingersätzen in Gängen aufwärts und abwärts über den ganzen Umfang der Tastatur üben. Darin besteht zum größten Teil die Vollkommenheit im Spielen von »komponierten Werken«. Zweitens übe sich der Anfänger im Spielen von Redobles und Quiebros mit beiden Händen. Drittens sehe der Schüler darauf, daß er gut Takt schlagen kann mit der Hand oder mit dem Fuß, mit besonderer Beachtung des Halbtaktes. Viertens (und hier übernimmt Sancta Maria fast wörtlich eine Stelle aus Bermudo : vgl. S. 13.) nachdem der Schüler seine Aufgabe vom Meister bekom- men und sie gut studiert hat, soll er sie genau notieren [sacar en punto), wie sie ihm der Meister erklärt hat, mit den Verzierungen (glosas) und allem übrigen. Ferner soll er jede einzelne von den vier Stimmen besonders singen. Fünftens verschaffe er sich ein genaues Verständnis der Klaviatur des Monochords, hauptsächlich damit er weiß, wo die Ganz- und Halbtöne liegen und welches die »cantable« und nicht »cantable« Halbtöne sind. Dazu muß er den Gebrauch der schwarzen Tasten kennen; denn hierin liegt die größte Schwierigkeit beim Monochord. Sechstens .mache er sich vertraut mit den acht Punkten, die das vollkommene Spiel angehen, besonders was die Handhabung und den Anschlag betrifft. — 54 — Siebentens muß er die acht Tonarten gut spielen können, sowohl in ihren natürlichen Lagen als in allen möglichen Transpositionen und sich völlig klar sein, warum einige Lagen unmögUch spielbar sind, welche Un- möglichkeit meist auf dem Fehlen von Ganz- oder Halbtönen beruht. Achtens übe sich der Schüler zuerst im Absetzen von leichteren "Werken guter Komponisten, später von schwierigeren. Neuntens übe er sich im Transponieren dieser Werke in allen mögUchen Lagen, und merke sich die Stellen, die eine graziöse Melodie haben, um sie später in Fantasien zu verwenden. Nachdem er Geläufigkeit in allen diesen Dingen erreicht hat, fange er aU; sich im Fantasieren über ein graziöses Thema zu üben und zwar mit verschiedenartigen Nachahmungen. Er nehme irgend eine Stimme aus einem »komponierten Werke«, sei es Diskant, Alt, Tenor oder Bass, und spiele sie als Diskant mit begleitenden Akkorden (consonancictö) eigener Erfindung. Dann nehme er dieselbe Stimme als Alt, als Tenor und als Bass. Wer vollkommen spielen will, muß sich Schritt für Schritt üben im schönen melodischen Kontrapunktieren über einen Cantus Planus und über jederlei mensurierten Gesang. Den Schluß des Werkes bildet ein Kapitel über das Stimmen des Monochords und der Vihuela. Beim Stimmen ist es zunächst nötig, daß man weiß, wann ein Ton gut eingestimmt ist. Ein Ton ist dann gut eingestimmt, wenn die zwei Saiten die auf den Ton kommen (Sancta Maria spricht immer von einem doppelt bezogenem Monochord) so gleich gestimmt sind, daß sie wie ein einziger Ton klingen. Das ist auch genau so bei der Orgel der Fall, wo sehr oft 16 Pfeifen auf einen Ton kommen. Wenn man anfängt einen Ton im Monochord zu stimmen, soll man immer beim Stimmen die Saite herunter lassen; denn wenn man sie hinaufzieht, passiert es oft, daß man nicht die rechte Taste zu dem Ton, den man stimmen will, anschlägt, und dann reißt die Saite. Mit Hilfe dreier Intervalle stimmt man ein Monochord, nämlich mit Terzen, mit Quinten und mit Oktaven. Am seltensten gebraucht man die Terz, und wo man sie anwendet, muß sie immer groß sein. Um einen Ton im Monochord perfekt zu stimmen, sind zwei Dinge erforderlich. Erstens muß man wissen, welche von den beiden Saiten tiefer steht und welche höher. Das erfährt man dadtu*ch, daß man die betreffende Taste niederdrückt, so daß die Tangente beide Saiten berührt. Dann muß man jede Saite für sich mit dem Fingernagel oder mit der Spitze eines Federkiels zupfen. Danach werden die Saiten herabgelassen oder heraufgezogen, jenachdem es erforderUch ist. Der zweite Punkt ist, daß es sich viel besser stimmt, wenn man die Saiten heraufzieht, als wenn man sie herabläßt, indem man die tiefere Saite nach und nach heraufzieht, bis beide Saiten wie ein Ton erklingen. — 55 — Bei dem Stimmen des Monochords fängt man immer auf dem kleinen e {eefaut grave) an. Nachdem dieses c eingestimmt ist, stimmt man dessen obere Quinte g (gesolreut agudo). Dazu ist es nötig, daß man die Intonation von sol auf diesem g im Gedächtnis habe. Anfänger, die nicht sofort dieses sol treffen können, mögen einfach ut re mi fa sol intonieren und so das sol leichter im Kopfe halten. Damit man das sol besser behält, muß das tiefere c oft wieder angeschlagen werden. Alles dieses, besonders das häufige Anschlagen des schon gestimmten Tones, bezieht sich sowohl auf das Stimmen von Terzen wie von Quinten und Oktaven. Zu bemerken ist, daß diese Quinte c — g nicht rein gestimmt werden muß, sondern das g muss ein wenig zu tief sein, aber so sehr wenig, daß es kaum merkbar ist, was man nicht besser ausdrücken kann als mit den "Worten »Es ist, es ist nicht«. {Es, no es,) Nachdem diese Quinte gestimmt ist, stimmt man das höhere & in der Oktave mit dem tieferen. Danach stimmt man das f eine Quinte unter diesem c' und zwar wieder nicht rein. Das f muß ein klein wenig hoch sein. Dann stimmt man das hohe e' [dami agudo) in der Oktave mit dem tiefen e {dami grave), Sancta Maria erklärt allerdings nicht, wie das tiefe e eingestimmt wird. Wahrscheinlich faßt er es als Terz von c auf. Danach wird die Oktave d — d! eingestimmt, dann die Oktave eis — ds'. Für diese Töne fehlt wiederum eine Erklärung. Alle übrigen Töne werden in Oktaven eingestimmt, was nach Sancta Maria, keine Schwierigkeit bietet. Um die Methode etwas anschaulicher zu machen, gibt Sancta Maria folgende nicht sehr konsequente Tabelle, in der der schon gestimmte Ton mit einer ganzen Note {Semibrevis) , der zu stimmende mit einer Brevis notiert ist. -»j- -w- :^s: m jOL E I -4«- 12L 22: ^ -i(«- 1=): ■\^V -#M ^ jO- 31 I W M h-. v^ ■\&r n ->&r n ■i®- -(^ 1^ * U -^- i K ^ w is: »^i Zu bemerken ist noch, daß an manchen Stellen drei, an anderen Stellen vier Tasten auf dieselben zwei Saiten kommen. Und so, wenn auf einer Taste eingestimmt ist, sind die andern auch gestimmt. Eine Ausnahme bieten die Töne vom d abwärts. Hier hat jede Taste ihre eigenen zwei Saiten. Hieraus erklären sich wohl die scheinbaren Miß- stände, die uns vorher aufgefallen sind. Daher auch die sprunghafte Einrichtung der Tabelle. — 56 — 2. Kapitel. Aus der vorangehenden Inhaltsangabe der Werke Bermudos und Sancta Marias geht schon hervor, daß Orgel- und Klavierspiel im 16. Jahr- hundert nicht als ganz nebensächlich betrachtet wurden. Sie deuten auf eine nicht unentwickelte Technik und Pädagogik des Klavierspiels, die viel tiefer im Musikleben der Zeit wurzelten und viel mehr verbreitet waren, als man es aus den Denkmälern schließen könnte. Auch werden in diesen wichtigen Quellen einige Seiten dieser Musikübung besprochen, die in den gedruckten oder handschriftlichen Kompositionen gamicht zum Ausdruck konmien. Ich glaube, daß es sich zeigen läßt, daß diese beiden Schriftsteller in ihren Werken nicht etwas ihnen Eigentümliches lehren, sondern daß sie ihre Erfahrung ganz aus der allgemeinen Praxis ihrer Zeit schöpften, und daß ihre Mitteilungen nicht für Spanien allein, sondern in vielen Punkten für ein weiter ausgedehntes Gebiet und besonders für Italien, Gültigkeit haben. Gerade diese Dinge möchte ich nun in diesem Teil der Arbeit berücksichtigen. Ich möchte an der Hand dieser Quellen, die Ergebnisse zusammenfassen imd zwar mit Zuhilfenahme von andern, mehr zerstreuten und manchmal in sich selbst nicht klar verständlichen Nachrichten. Dabei werden uns auch einige nichtmusikalische Quellen über manches belehren, das bisher wenig beachtet worden ist. Die prak- tischen Denkmäler möchte ich hier nicht für sich selbständig behandeln, sondern sie nur dann und wann zur Bestätigung der Resultate, die sich aus den andern Quellen ergeben, heranziehen. Die Untersuchung soll sich hauptsächlich über das 16. Jahrhundert erstrecken. Dabei werden auch Quellen berücksichtigt, die außerhalb des 16. Jahrhunderts liegen, aber nur insofern, als sie durch Aufschluß über die Vorgeschichte, oder falls sie später als das 16. Jahrhundert sind, durch die Erklärung der Weiterentwicklung irgend eines Gedankens mit dem Thema zusam- menhängen. Es sollen also hier folgende Punkte zur Erörterung kommen: 1. Das Vorhandensein und die Verbreitung der Tasteninstrumente. Ihre Gestaltung, soweit sie den Umfang und die Beschaffenheit der Klaviatur betrifft. 2. Die Stimmmethoden. 3. Das Unterrichtwesen und der Lehrgang, worunter an Einzelheiten der Takt, der Pingersatz, die Manieren und Verzierungen, das über- tragen vokaler Sätze auf das Instrument und die systematische Ordnung — 57 — des Lehrmaterials, das Spielen aus den Stimmen und die Transposition erörtert werden sollen. 4. Die Fantasia oder das Eecercar und seine Kompositionsmethode. 5. Klavier- und Orgel als Begleit- und als Orchesterinstrumente in der Haus- und Theatermusik. 6. Die Partituren und die Anfänge des Basso Continuo. Die allgemeine Verbreitung der Orgel in größerer oder kleinerer Form schon lange vor dem 16. Jahrhundert ist durch die bisher erschienenen Arbeiten zur Genüge bezeugt, wenn auch eine umfassende und erschöpr fende Geschichte der Orgel noch aussteht. Für die genauere Kenntnis der Orgel und des Orgelbaues im frühen Mittelalter bringt die treffliche und wertvolle Arbeit von E. Buhle, »Die Musikinstrumente in den Miniaturen des frühen Mittelalters« (Leipzig 1903) reichliche Urquellen, über das Orgelspiel des früheren Mittelalters bringen Schubigers »Spicilegien« ^) einige Nachrichten. Die in der Einleitung (S. 2) er- wähnten Nachrichten von den Organisten im 15. Jahrhundert beweisen, daß man in dieser Zeit eine gewerbsmäßige Klasse der Organisten kannte, was auch eine gewisse Entwicklung der pädagogischen Tätigkeit voraus setzt. Das wird auch aufs deutlichste bewiesen durch das Vorhandensein einer Schrift, wie das eingangs angeführte Kapitel in der Bologneser Teodorico de Campo Handschrift, Aus den Mitteilungen Nericis aus den Archiven von Lucca^) geht hervor, daß schon vom 14. Jahr- hundert an die Anstellung als Organist (Matteo da Siena 1357, Paolo Turettini 1472, Lodovico da Milano 1512) manchmal mit den Pflichten eines Lehrmeisters im Orgelspiel für jeden Lernbegierigen, verbunden war. Wie in Lucca wird es auch in anderen Städten gewesen sein. Die Verbreitung der Saiteninstrumente mit Klaviatur können wir nicht 80 früh nachweisen, als die der Orgel. Ambros sucht zu beweisen 3) daß zur Zeit der Johannes de Muris (ca. 1320 — 1330) solche Instrumente noch nicht existierten. Er vermutet, daß ihr Aufkommen in den Jahren 1) Anselm Schubiger, »Orgelbau und Orgelspiel im Mittelalter < in Musika- lische Spicilegien. Leipzig 1876. Vgl. ferner über diese Punkte Ambros, Geschichte IL Zehnter Abschnitt. »Die musikalischen Instrumente im 12. — 14. Jahrhundert«. 3. Aufl. 1891, S. 218 ff. J. Hopkins, »TÄe Organ — its history cmd construction*. Geschichtlicher Teil Yon E. F. B i m b a u 1 1. London 1854. 0. Wangemann, »Geschichte der Orgel«. 3. Aufl. Leipzig 1887. H. Biemann, Orgelbau im frühen Mittelalter »Präludien und Studen«. Bd. III. Leipzig (1890). Eine ausführlichere Bi^iographie bei Buhle, a. a. 0., S. 52. 2) Luigi Nerici, »Storia della Musica in Lucea*. Lucca 1879, S. 42, 43, 46, 79, 80, 123, 152. 3) a. a. 0., S. 224. von 1350 bis 1400 zu suchen ist. Spätere Forschungen ') können diese Vermutungen nicht durch unzweifelhafte Daten widerlegen. Doch wird mau mit Krebs annehmen mÜBsen, daß die Entwicklung nicht so sehr schnell vor sich gegangen ist und daß in Anbetracht der späteren Daten man die Entstehung in eine frühere Zeit setzen muß, als es Ambro s tut, wenn man auch nicht gleich so weit vordatieren will als Krebs, nämlich zum Anfang des 13. Jahrhunderts *). Durch die Forschungen Vander Straetens') sind wir mit einem Instrument bekannt geworden, daß schon im Jahre 1387 genannt wird und dessen Wesen immer noch nicht völlig aufgeklärt ist. Es ist das Exaqtär, welches in einem Briefe des Königs Johann I von Aragon, der ein besonderer Musikliebhaber war, erwähnt wird. Die ganze Geschichte des Instrumentes scheint auf das westliche Abendland, besonders Spanien und Provence, beschränkt zu sein. Daß es ein Saiteninstrument mit Tasten war und daß es zu König Johanns Zeiten nicht ein altbekanntes Instrument war, könnte man aus des Königs Briefen schließen, der es noch für nötig hält, den Mamen * Exaquir theaanders zu erklären, als ein -Instrument tsemblant d orguens que sona ab cordes'. Er bemüht sich sehr, einen berühmten Spieler von Exaquir und kleinen Orgeln {petits orguens) an seinen Hof zu ziehen. Er habe gehört von diesem Manne, Johan del orguens genannt, daß er der beste Orgelspieler sei, den man finden könne. Als der König ihn erfolglos am Hofe von Borgofia sucht, wohin er eich zuerst wendet, gehen seine Bemühungen so weit, daß er Boten nach den Niederlanden schickt, um den Virtuosen da aufzusuchen. Aus den Niederlanden bezog auch König Johann die neuesten und besten Instrumente. Es scheint, als ob schon in dieser frühen Zeit die nieder- ländischen Instrumentisten und Instrumentenmacher den großen Kuhm ihrer singenden und komponierenden Landaleute teilten, der ja so ver- breitet war, daß man bis vor einigen Jahren die Niederländer kurzweg als die Erfinder der modernen musikalischen Kunst hingestellt hat. Ij C. F. Weitzmann, »Geechicbte des Claviers<. Sopplement zur Geachicbte des ClanerapielB und der Clavierliteratur. Berlin, 2. Aufl. [1879]. C. Krebs, >I)ie besaiteten Elavierinstrumente bis zum Anfang des 17. Jabrbunderts<. Viertel' jahraschrift für Mosikw. VIII, 1892, S. 91. Auch separat. A. J. Hipkina, >Dee- «^'«raV»i n«rf hisin^, Qf (/lg pianoforte: London, 1896. Hraeteu, tLa Musique aux Pays-Bast, Bd. 7, Bnixellea 1885, Kreba, a. a. O. nnd auch in einer kleinen Notiz Aber ein In- riener Ausstellung. VierteljahrBachrift IX, 1893, S. 245. aten F. Pedrell, tOrganografia musical anligua espanolat Bar- 901, S. Uff. Pedrell teilt eine ganze Reibe von Anazfigen ans nigs Johann mit aus den Jabren 1387—1389, die sieb anf dieses I genannten Spieler bezieben. — 59 — Krebs und Fredell führen verschiedene Dichter an, bei denen der Name Exaquir oder eine ähnliche Form erwähnt wird. Auf eine Äußerung Guillaume de Machaults (Esckaqueü d^ AngUterre) gestützt, wird die Heimat des Instruments sogar nach England verlegt (Exebs S. 93). Der Name läßt sich noch im 16. Jahrundert im Provenzalischen nachweisen. Im Jahre 1574 erschien noch in Paris das "Werk eines Provenzalen, Antonius de Arena, de . . . villa de Soleriis, T^ad suos compczgnones^ qui sunt de persona friantes, bassas Dansas <& Branlos practicantes . . . « ^) Dieser nennt unter den Instrumenten, auf denen zum Tanz aufgespielt wurde, eine ganze Familie von Tastinstrumenten, wie claverium, Organum^ espineta sola, espineta organisatay manicordium, escacherium, ferner ehvplachaplum (!), fonfonia (!), calamda (!). ^ Die Erfindung der Tastenmechanik für ein Saiteninstrument wird von einigen älteren Schriftstellern wie Virdung und Praetorius vermutungs- weise sogar bis auf Guido von Arezzo zurückgeführt. "Wie dem auch sein mag, es ist sehr leicht denkbar, daß sich das spätere Tasteninstru- ment aus dem im Mittelalter so viel gebrauchten Messungsinstrument, dem Monochord, entwickelte, indem man, um die umständliche Yer-. Schiebung des Steges für jeden neuen Ton zu vermeiden, eine Vorrichtung nach Analogie der Orgel anwendete, in der durch den Druck auf eine Taste die Saitenlänge an einem bestimmten Ort abgegrenzt wurde. Man kannte auch Monochorde, die, zwecks Vergleichung mit vier Saiten be- spannt waren. Und diese Herkunft erklärt wohl auch den in Italien, Spanien und Frankreich am häufigsten gebrauchten Namen für das ein- fachste Klavierinstrument, das Clavichord, in dem die Saiten durch Tan- genten am anderen Ende des Tastenhebels angeschlagen wurden, die zu- gleich die Saitenlänge begrenzten und den Ton erzeugten. Es wird fast durchweg in diesen Ländern Monochord {Monacordio, Manicordion) genannt 2). In Deutschland scheint diese Benennung nicht gebräuchlich gewesen zu sein. 1) Die ersten Ausgaben des Werkes, welches in maccaronischen Versen ver- faßt ist und auch neben der Tanzlehre einige Kriegsgeschichten enthält, werden in die Zeit um 1619 verlegt. Vgl. Graesse, »Tresor de Uwes rares et precieitx*. Dresden 1859 I, 184—5. Es wurde häufig bis in das 17. Jahrhundert aufgelegt. 2) Zarlino, >IstitiUionU Venedig 1658, Erster Teil, Kap. 27, S. 114 spricht von dem theoretischen Messungsinstrument Monochord, fügt aber hinzu ^aneora ehe con tal nome si chiama etiandio queüo Istrumento che st sona con le chorde radoppiate, conosciuto ormai da ogrCuno^ per esser moUo in uso€. Andere Be- zeichnungen für die besaiteten Klavierinstrumente waren Clavichord, Arpichord, Clavicembalo (Gravecembalo), Spinett, Virginal, Clavicitherium, Claviorgano, Espi- nette organis^e, Simphonia, Instrument. Ich werde nicht versuchen, die Gattungen liier auseinanderzuhalten, sondern verweise nur auf das genannte Werkchen von Hipkins, wo mit einigem Erfolg die verschiedenen Arten einzeln besprochen nnd auf ihr erstes authentisches Auftreten zurückgeführt werden. — 60 — Die Forschung hat außer den oben angeführten Tatsachen aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts nichts Bestimmtes ans Licht gebracht. Dagegen lassen sich mehrere Stellen anführen, die beweisen, daß Klavier- instrumente im Laufe des 15. Jahrhunderts sich überall verbreitet hatten und ganz bekannt waren. So z. B. führt Ambros^) eine Stelle aus »Der Minne Regeln« des Eberhard Cersne von Minden aus dem Jahre 1404 an, wo Schachtbrett (vielleicht das Exaquir?) Monocordium, Clavicordium und Clavicimbalum genannt werden. Valdrighis archivalische Forschungen aus Ferrara bringen Erwähnungen des Clavir- cimbalo aus den Jahren 1461 und 14732), des Mojiochord 14813). In Spanien soll der Name Monocordio im Jahre 1480 vorkommen ^). Nach- richten aus Spanien von claviorgano, clavedmbano und cluvicordio aus der letzten Hälfte des 15. Jahrhunderts bringt Barbieri in der Vorrede zu dem >Cancionero Musical de los siglos 15 y 16 < (Madrid 1890). In England kommt der Name Clavichord 1483 vor; davisymbaües 1492 s) Diesen Quellen möchte ich eine bisher unberücksichtigte, die über die Monochorde in Italien und Spanien Auskunft gibt, hinzufügen. Der in Bologna schreibende Theoretiker Ramis de Pareia berichtet in seiner ^kMusica practica^ (Bologna 1482) «) von diesen Instrumenten. Er nennt Polychordum, Clavichordum , Clavicimbalum und Monochordum. Seine Äußerungen sollen später wieder angeführt werden. Die erste bisher benutzte Quelle, die uns nähere direkte Auskunft über die Beschaffenheit der Klavierinstrumente gibt, ist die oft zitierte 1) Gesch. III, 3. Aufl. S. 545* Ich möchte hier auf einen Irrtum aufmerksam machen, welcher, obwohl er schon von Vander Straeten (Mus. aux P.-B. VII, 42) und wiederum von Krebs nach Vander Straetens Angaben, (Vierteljahrschrift VlII 1892, S. 288) korrigiert ist, immer noch in den neueren Geschichten des^ Klaviers auftaucht. Weck erlin hat nämlich [Musicianaj Paris 1877, S. 88) eine Nachricht gebracht von einem >Clavecin de grande dimensions*^ welches in den Rechnungs- büchem des Hopital Saint Jean zu Brügge in den Jahren 1404 — Ö vorkommt. Vander Straeten weist nach, daß dieses auf ein Irrtum beruht. Das Wort ist nicht >Glaveein€j sondern »cawrsin* [kauwersyne]. Nach Du Gange, Glossarium ist cawersi/ntAS = Wucherer. Trotzdem wird Weckerlin manchmal noch zitiert. Vgl. Hipkins, S. 77 und L. A. Villanis »UÄrte del clavicembalo*, Turin 1901, S. 36. 2) L.-F. Valdrighi, »Nomocheliurgrafia*, Modena 1884, S. 243, 248. 3) Derselbe, Musurgiana, Modena 1884. Supplement S. 1. 4) Hipkins, a. a. 0., S. 68. Nach einem Inventorium bei Vander Straeten. ö) Siehe die betreffenden Worte in Murrays >New English Dietionary^, Ox- ford 1889. Für die mittelalterlichen Instrumente in Frankreich fußt man noch immer auf A. Bottee de Toulmons »Dissertation sur les Instruments de musique employes au moyen-age< Paris 1844. 6) Neuausgabe von Joh. Wolf in den Beiheften der Internationalen Mus. Ges. Serie I, Nr. 2, Leipzig 1901, S. 16. — 61 — >Musica getutscht und ausgezogen« von Sebastian Virdung (Basel 1511)*). Virdung nennt mehrere Arten der besaiteten Instrumente und berichtet, daß sie gewöhnlich einen Umfang von drei Oktaven hätten. Manchmal fügt man noch einen Halbton und einen Ganzton oben hinzu, so daß das Instrument 38 Tasten hatte. Virdungs erste schwarze Taste ist Gis. Manche neuen Clavichorde hätten sogar vier Oktaven und noch mehr. Sie wurden größer gemacht, damit man Pedale anhängen konnte. Diese ist die einzige mir bekannte Erwähnung von Pedalen an diesen früheren Klavieren^). Der Umfang, den Virdung für die Clavichorde angibt, scheint auch im allgemeinen derjenige der Orgeln seiner Zeit gewesen zu sein. Schlick, in seinem >Spiegel der Orgelmacher und Organisten« (Mainz s. a. [1511])*) gibt den Orgeln einen Umfang von drei Oktaven und eine Terz, von dem großen F bis a^). Schlicks Orgeln hatten auch eine Duodezime in den Pedalen von F bis c'. Virdungs Klaviatur fing an mit zwei weißen Tasten F und Q. Dann kam die erste schwarze Taste Gis, Schlick möchte die schwarzen Tasten vollständig haben und lehnt sich auf gegen die Ansicht, daß man das Fis und Ois nicht brauche*). Was Virdung und Schlick von den deutschen Klaviaturen berichten, stimmt, wie wir sehen werden, mit den Angaben der zeitgenössischen italienischen Theoretiker für die italienischen Instrumente überein. Da- gegen scheinen die Mitteilungen des Ramis de Pareia aus dem Jahre 1482 darauf hinzudeuten, daß in Spanien die IQaviaturen sich viel früher zu einem größeren Umfang entwickelten als in Italien. Eamis schreibt nämlich, daß beinahe alle italienischen Polychorde ihren Anfang auf dem F unter F ut hatten. Dagegen gingen die modernen Monochorde und auch die Orgeln, in Spanien, bis zum tiefen C, eine Quinte unter Tut Er erwähnt zwar, daß man auch in Bologna einige Polychorde fände die bis zum Z?, eine Quarte unter F ut, reichten, aber bis C gäbe es sie nur 1) Neuausgabe in Faksimile Band XI der Publikationen der Gesellschaft für Musikforschung, Berlin 1882. Fol. E. IV, E. IV^7, F. 2) Hipkins, a. a. 0. nennt ein Wörterbuch, Reynvaan, J. Verschuere, »Muxy" kaal, Kun8twoordenboek<yAmBteTda,Tall96 in dem von Clavichorden mit Pedalen die Rede ist. Vgl. auch Adlung, »Musiea mechanica organoedU 1768, Bd. II, S. 158 — 59. 3) Neudruck von Eitner in den Monatsheften für Musikgeschichte I. 4) In der Neuausgabe S. 84, 88, 90. »In dem Pedall gut frey bass contra zu machen ist meins bedunckens nott, auch genug ein duodecima /a, unter dem ga- maut, und c solfaut zwelf claves naturales sampt den semitonien darzwischen . . . wiewol etliche meynen daß die nidersten zwen semitonien, post fa, und post ga- maut nit nott seyen, soll man sie doch umb derselbigen willen nit usslassen, sie wollen ein gute steg um zweier staffeln willen verhönc. Diese Töne, Fis und Gis, kommen aber in den Orgelstücken in Schlicks »Tabulaturen etlichißr lobgesang< Mainz 1512 (Neudruck von Eitner) nicht vor. — 62 — in Spanien^). BÄinis' Monochorde hatten keine chromatischen Töne unter dem Proslambanomenos A^ hatten also wahrscheinlich wie die späteren Instrumente die kurze Oktave, in der es schwarze Tasten unter B gab, die aber für diatonische Töne dienten. Eamis' Behauptungen von dem üblichen Anfangston F in Italien, finden auch in andern zeitgenössischen Quellen Bestätigung. ]E!(ericis Mitteilungen aus den Luccheser Archiven liefern einige sehr interessante Daten über den Orgelbau in Lucca in der zweiten Hälfte des 15. Jahr- hunderts. Im Jahre 1442 wurde mitMatteo del fu Paolo daPratoein Vertrag geschlossen für den Bau einer neuen Orgel für die Kirche zu St. Martin, die Hauptkirche Luccas. Der Bau scheint sehr langsam vor sich gegeangen zu sein. Matteo soll 1465 gestorben sein, aber erst 1473 fand die offizielle Orgelrevision statt, und der Revisor fäUt ein sehr schlechtes Urteil über das Werk. Die Orgel sollte nach dem Ver- trag 32 Tasten haben, die schwarzen nicht mitgerechnet [debeat esse de tasüs 32 absqtie semitonis), Matteo hätte blos 28 geliefert. Der Revisor bedient sich hier einer Zählungsmethode, die auch bei Virdung erwähnt wird. Es wurden nur die weißen Tasten mit dem Namen tasii oder elaves belegt. Die schwarzen hießen ^semitonia*. Demnach sollte die Luccheser Orgel eine Gesamtzahl von ungefähr 53 oder 54 Tasten haben, also beträchtlich größer als Schlicks Orgel und, wie wir sehen werden, größer als die übliche Form in Italien und Spanien. Femer behauptet der Revisor, daß die tieferen Töne * dissonantes, discordes, male intonate^ non equales nee correspondentes* wären, und daß sie nicht gut ansprächen. Die höheren Töne wären ^nimis crudae, tremolantes et siridentes, et 9ion dtdces bonae et sonorae^ . Das Werk wäre von Anfang an schlecht temperiert und schlecht gestimmt gewesen 2). Im Jahre 1480 erhält der Orgelbauer Maestro Domenico di Maestro Lorenzo einen Kontrakt für eine neue Orgel für dieselbe Kirc)ie. Diese sollte 29 Tasti und 18 Semitiuyni^ zusammen 47 Tasten, haben, und von fa bis fa^ daß ist von F bis p reichen. Da nur 18 schwarze Tasten 1) Neuausgabe S. 36. *Haee chorda erü, quam dicunt modemi retropolis (d. i. außerhalb des Daumens oder auf der Rückseite des Daumens in der guidonischen Hand) . , . in qtia paene omnia modemorum instrumenta, qwie polychorda^ in Italia reperimus incepta etiam Organa et aJia instrumenta compleia, quae per semitonia sunt divisa. In Hispania vero nostra antiqua monochorda et etiam orga/na in c gravi repe^ rimus incepisse. Sed modemorum, polychorda et etiam Organa octo voces sub e gravi in ordine ponunt naturali. Non tamen habent voces conjunctas t} quadrati sive b moUis sub proslambanomenonf sed tantum est diapente recta sub F ut, ita ut F lU sit octava g sol-re-uty retropolis octava sive diapason f fa-ut et alia diapason e la-mij aliaque d- soUre et alia c-fa-ui. Octava sub d sol-re idest diapason jam hie Bononiae reperimus polychardum, sed sub c fa-ut non nisi Hispania. 2) Luigi Nerici, »Storia deUa Musica in Luccat^ S. 125ff., 141 — 143. — 63 -^ lirorgesclirieben waren und nicht 20, wie es eine vollständige Tastatur ver- langt, fehlten wahrscheinlich das tiefe Fis und das Ois, Das Werk sollte fünf Eegister haben. Die ^^tinori«^ (Töne in der Tenorlage) sollten sechs Pfeifen auf jeder Taste haben, die T^sovranU (in der Sopranlage) 11, und die andern Lagen dementsprechend. Für die Contrabassi sollte ein Pedal gebaut werden, nach der in Italien gebräuchlichen Weise. Für dis und as sollten gespaltene Tasten vorhanden sein. Diese Orgel wurde 1484 abgenommen^). Derselbe Maestro Domenico erhielt 1481 einen Auftrag für die Kirche zu Santi Giovanni e Keparata in Lucca eine Orgel zu bauen. Diese sollte vier Register und 38 Tasti haben mit einem Umfang von fa bis 2a, also von F bis a^; denn hier wurden weiße und schwarze Tasten zusammen- gezählt. Damit der Umfang bis a^ reicht, müßten drei schwarze Tasten fehlen, möglicherweise unten Fis und Gis, oben gi8\ Im Jahre 1495 soll Domencio für S. Pietro Maggiore eine Orgel bauen mit wiederum 38 Tasten und dem Umfang F bis a\ Sie sollte fünf Register haben — tenore, oetava^ quintadeeima, vigesimaseconda und flauti^). Die zwei letzterwähnten Orgeln waren also kleiner als die der Kathedralkirche. Sie stimmen auch mehr mit den Instrumenten Schlicks und Virdungs überein. Die Angaben der Theoretiker des 16. Jahrhunderts schließen sich den angeführten Daten an. Die italienischen Theoretiker Pietro Aron*) und Giovanni Lanfranco*) kommen auch auf den Umfang des Monochordes zu sprechen. Bei ihnen ist die tiefste Taste F und die erste schwarze Taste B. Lanfrancos Angaben gelten für alle Tasteninstrumente ein- schließlich der Orgel. Aron berichtet dasselbe von der Orgel in seinem *Compendiolo*. Über die obere Grenze der Tastatur sind die Angaben nicht so genau. Aron im Toscanello behauptet zwar, daß die Klaviatur der Orgel 29 weiße Tasten und 18 schwarze Tasten hatte, also im ganzen 47 Tasten. Das stimmt genau mit der großen Orgel der Martinskirche in Lucca überein. Lanfranco bemerkt, daß die Instrumente nicht be- schränkt wären wie die guidonische Hand, sondern daß man die Töne öfters wiederholen könne in höheren Oktaven. Die italienischen Klaviaturen unterscheiden sich von den deutschen, wenigstens in der Theorie, darin, daß ihre erste schwarze Taste B war, während die deutschen nach Vir- dung wenigstens noch das Ois hatten und nach Schlick das Fis und Ois haben sollten. Von den Umfang der Orgeln in der Schweiz werden wir auch in den 1) Nerici, S. 130, 143. 2) Ebenda S, 131, 132. 3) Toscanello Venedig (Erste Ausgabe 1523) 1539, Fol. H Iv. 4) ScmtiUe di Musica, Brescia 1533, S. 123. — 64 — theoretischen Einleitungen der Orgelbticher Kotters und Buchners unterrichtet. Kotter gibt das Schema der Klaviatur mit dem Umfang F bis b^. Buchner zählt an einer Stelle die BrCihe der Tasten mit ihren Benennungen auf. Es sind 37 Tasten von F bis a*. Die erste schwarze Taste ist B und am oberen Ende der Klaviatur fehlen /fe^ und gis^. Aber gleich darauf gibt Buchner auch eine Abbildung der Klaviatur. Diese hat 38 Tasten. Das /fo^ ist vorhanden, aber gis^ fehlt ^). In den Niederlanden finden wir im Jahre 1568 ein Werk über die Instrumente und ihre Tabulaturen. Es scheint das erste derartige Buch zu sein, welches in niederländischer Sprache im Druck erschien. Sein Inhalt ist aber im wesentlichen, wie es scheint, nur eine Übersetzung von Yirdung. Es hält demnach an der Tastenzahl 38 fest'). Die spanischen Klaviaturen, wie wir sie aus den Werken Bermudo» . und Sancta Marias kennen lernen, entsprechen ganz den Angaben \ ^ Ramis de Pareias. Sie fangen auf C an mit kurzer Oktave. Ihr Um- fang erstreckt sich bis zum a'. Sie hatten also 42 Tasten. Schon in dem frühesten bekannten Werk von Bermudo t^EI Arte iripharia^ aus dem Jahre 1550 wird diese Klaviatur eingehend erklärt, das Verhältnis der schwarzen Tasten zu den weißen auseinandergesetzt und die Anor- malität der kurzen Oktave in Betracht gezogen. Venegas richtet seine Zahlentabulatur von 1557 für einen Umfang von C bis a^ ein 3). Oa- bezon (1578) tut das gleiche. Mit diesen Angaben der Theoretiker stimmen die erhaltenen prak- tischen Denkmäler ziemlich genau überein. Die Stücke in Schlicks Tabu- latur von 1512 verlangen einen Umfang von F bis g^, Fis und Ois kommen nicht vor. Keines der Stücke in Kotters, Buchners oder Klebers Tabulaturen steigt tiefer als das große F hinab. In der Höhe verlangt B3eber a^ (fol 38i; fol Wdv), Die andern halten sich innerhalb der- selben Grenze*). 1) Vgl. Paesler, »Das Fundamentbuch des Hans von Constanze Vierteljahrs- schrift für Musikwissenschaft V (1889), S. 24. 2) >Det is ee seer Schob Boecxke om te leere make alderhande Tabtdature unten Disccmte, Daer duer men liehtelijk mach leere speien opt Glavicordü Luyte en Fluyte, Oheprint Thanttoerpen op de Lombaerde veste m den Witten Easewint, hy Jan Van Ohelen, ghesworen hoeekprinter der G. M. anno 1568*. Einzig bekanntes Exemplar in der kgl. Bibl. im Haag. Excerpte in Van der Straeten Musiqtee aux P.-B. II, S. 111 ff. 3) Vgl. Morphy , Les luthistes espagnola du XVI Siech, Leipzig 1902, S. XXXIII. 4) Siehe auch Paesler, a. a. 0., S. 23. »Die deutschen Orgeln des XV. Jahr- hunderts scheinen tatsächlich einen viel kleineren Umfang gehabt zu haben. Wenigstens bewegen sich die Stücke im Buxheimer Orgelbuch und im Anhang zu Paumanns Fundamentum Organisandi alle (mit einer auffallenden Ausnahme) in dem Umfange H bis f2c. Vgl. Eitner, Das Buxheimer Orgelbuch, Beilage zu den MfM. Jahrgang 19—20, (1887- 88), S. 6. r — 65 — Im Laufe des Jahrhunderts vergrößert sich der umfang. Ammer- bach (1571) geht zwar nicht über a' hinaus, schreibt aber in der Tiefe C und D vor. Schmidt d. Alt. (Neue künstliche Tabulatur, Straßburg 1577) schreibt C, D, E usw. bis a^. Paix (Ein schön nutz- und ge- breuchlich Orgel Tabulatur, Laugingen 1583) hält sich innerhalb der- selben Grenzen, schreibt aber die Töne Dis {Es) und Ois, die bei den früheren nicht vorkommen. Er rechnet also auf eine volle und nicht auf eine kurze Oktave am unteren Ende der Klaviatur. Schmid, d. Jung. (Tabulaturbuch, Straßburg, 1607) erweitert den umfang nach oben bis c^ (in Nr. 4 u. Nr. 35, zwei Stücke von A. Gabrieli). Ph. E. Bach behauptet noch in seinem Versuch (1753 I S. 9), daß der allgemeine Umfang des E^lavieres G bis e^ sei. Er richtet aber absichtlich seine Probestücke für einen Umfang von vier Oktaven ein, damit sie auch auf kleineren Listrumenten gespielt werden können. Zum Vergleich mit den deutschen Kompositionen mögen hier auch einige Angaben über die praktischen Werke der Franzosen und Italiener fplgen. Die Preludes in der Klaviersammlung Attaingnants aus dem Jahre 1530 verlangen einen umfang von F bis a\ Die Stücke, welche aus Oavazzonis Orgelsammlung von 1542 1) in Neudruck vorliegen, ver- langen denselben Umfang. Merulos Eicercari, Lib. I (Ven. 1567) verlangen F bis g^. An einer Stelle aber in diesem Werk schreibt Merulo Ois vor. Sperindio Bertoldo, ^Toccate, Bieercari <& Canxone Francese Intavolate per mrmr dl Organa^ (Ven. 1591) schreibt von F bis a\ Da- gegen hat Merulo in den Canxoni d^ Intavolatura dOrgcmo ä 4 fatte dHa francese^ Lib. I (Ven. 1592) E bis cK Andrea Gabrieli in den Eicercari, Lib. n (Ven. 1595) schreibt von C bis a^. Einmal kommt auch hier Ois vor. Das dritte Buch der A. Gabrielischen Ricercaren (1596) verlangt C bis cK Wir sehen also, allmählich hat sich der Umfang vergrößert, so daß gegen Ende des 16. Jahrhunderts die Komponisten sicher auf einen Um- fang von vier Oktaven, von Cbis c^, rechneten. Hatten die Klaviaturen tinten die kurze Oktave, so erstreckte sich dieser Umfang über 44 Tasten. Hatten sie aber eine volle Oktave unten, wie man für das Gis, Fis und Es annehmen muß, so beträgt die Gesamtzahl 49 Tasten. Der spanisch schreibende Italiener, Cerone, berichtet in seinem »Jkfctopeo« 2)y daß die Orgeln, Clavicimbali und Regale seiner Zeit (1613), 1) Intcm>laiura, doe Becercari, Ccmxonif Himniy MagnificcU composte per Eiero^ nimo de Ma/rccmtomo da Bologna detto d'ürbtno. Libro PHmo. Venetia 1542. Daraus dreizehn Stücke in Torchis »Arie Musicale in ItcUia^ Yol. III. 2) Pedro Cerone de Bergamo »El Melopeo y Maestro* Napoles 1613, S. 1041. *Adoierta/n d Compositor y el Maestro de capüla, que no hay instrumento que tenga m M imas voxes de los ClavicimbcUos ^ Organos, y Begales, quando son hechos con efUera trastadura d juego dt Monachordio . . . tuviendo por ordinario cmqteenta trastes.* Xinkeldey, Orgel und Klavier. 5 ^ — 66 — wenn sie den vollen Umfang des Monochords erreichten, 50 Tasten hatten. Seine Abbildung der Klaviatur ist aber diejenige Bermudos und Sancta Marias, hat also nur 42 Tasten. Er erwähnt noch das Vorhandensein der kleineren Instrumente ohne kurze Oktave, wie bei Aron und Lan- franco. Er berichtet aber auch von. einer Erweiterung nach det Tiefe hin, die darin bestand, daß die Klaviatur am unteren Ende noch zwei weiße Tasten mehr hatte, so daß das Instrument 10 eontras, d. h. 10 Töne unter dem c, hatte, und das Fui omI die vierte weiße Taste kam^). Die hinzugefügten Töne wären demnach contra H (oder B?) und contra A^). Praetorius in seinem Syntagma (1618) berichtet, daß der Um- fang des Clavichords C bis a', c^ oder (P, manchmal sogar p war^). Fassen wir alles das zusammen, so ergibt sich folgendes Bild. Die spanischen Klaviaturen entwickelten sich früher als die andern zu einem größeren Umfang, wenigstens nach der Tiefe hin. Sie reichten schon im 15. Jahrhundert bis zum C. Die Klaviaturen Italiens, Frankreichs, Deutschlands und der Niederlande scheinen noch lange nachher im all- gemeinen F als untere Grenze gehabt zu haben. Aber bald nach Anfang des 17. Jahrhunderts hatte sich C als tiefster Ton überall eingebürgert, so daß die Theoretiker diesen als den normalen Grenzton anführen. Es ist wiederum ein Werk in spanischer Sprache (Cerone), daß von einer neuen Erweiterung nach der Tiefe die ersten Nachrichten bringt. Gegen die Instrumente im Süden waren die deutschen, soweit es den Umfang betrifft, im Rückstand. Wahrend sie wohl bis zur Mitte des 16. Jahr- hunderts gewöhnlich nicht mehr als 36 bis 38 Tasten, d. i. ungefähr drei Oktaven bis drei Oktaven + Terz oder Quarte hatten, hatten die spaniBchen Instrumente einen Normalumfang von 42 Tasten. Von den italienischen 1) a. a. 0. Älgunoa instrumentos ay, que tienen dos teelas blancas de ma8\ y otros gue les faUan la primera tecla blanca y las dos primeras teclas negras. Los que tienen las dos teclas blancas de masj son de diex, contras ; en los quaXes F ut tiene su assiento en la quarta tecla blanca: los que les faUan la primera tecla blanca, y los dos pritne- ro» teclas negras, son de cinco contras; y en estos T ut tiene su assiento en la segunda teda blanca: mos los que niles faUa ni sobra (que son los communes que agora se ttsan) son de ocko contras: y en estos tales, T ut tiene su assiento en la tercera tecla blanca. 2) Vergleiche hierzu Krebs^ Konjekturen (nach Mersenne) über eine ähnliche Erweiterung nach der Tiefe durch die Spaltung der ersten schwarze Taste. »Diru- tas Transilvano« Yierteljahrsschrift YIII (1892), S. 361. Über die 6escha£Penheit einiger Klaviaturen an alten Instrumenten der Kgl. Instrumentensammlung zu Berlin siehe Krebs. »Die besaiteten Tasteninstrumente«. Yierteljahrsschrift YIII S. 100—101. 3) M. Praetorius, * Syntagma musieum. Tom U, de Organographia* Wolfen- bftttel 1618. Neuausgabe von Eitner, S. 72. »Daß aber jetzo alle Symphonien und Glavichordia unten von c anfangen, und oben meistenteils ins a ^ oder ~d (welches dann zum besten) auch wol in y sich endigen, wird wenigen unwissend und unbekannt sein«. — 67 — Orgeln wissen wir, daß die kleineren schon im 15. Jahrhundert 38 Tasten hatten y die größeren 47 oder sogar noch mehr haben konnten. Aron stellt für das frühere 16. Jahrhundert einen Umfang von vier Oktaven als Norm^uf. Diesen Ulmfang erreichten die deutschen Instrumente erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Im 17. Jahrhundert sind diese Tat- sachen in die deutsche Theorie übergegangen. Damals kannte man aber schon im Süden Instrumente mit 50 Tasten und noch mehr. Dagegen scheint man aber in Deutschland vom Anfang des 16. Jahr- hunderts an der Kunst des Pedalspiels mehr Achtung zu schenken als in den andern Ländern. Die Erfindung des Pedals wird ja in den Musikr geschichten immer einem Venetianer Organisten, einem gewissen Bern- hard, dem Deutschen, zugeschrieben, der um 1470 mittels Seilschlingen auch das Spielen mit den Füßen möglich gemacht haben soll. Die Quelle für diese Behauptung ist der 1506 gestorbene venetianische Historiker Marcus Antonius Coccius Sabellicus^)» Wir haben aber gesehen (S. 63), daß im Jahre 1480 für eine Luccheser Orgel ein Pedal verlangt wurde, und zwar, wie Nerici betont, ^secondo lo modo consueto al modo dytalia* ^). Wenn die Kirchenvorsteher schon um diese JZeit ein Pedal >nach itali- enischem Gebrauch« vorschreiben können, wird man wohl annehmen müssen, daß es eine nicht gar so neue Erfindung war und das Erfindungs- jahr um mehrere Dezennien früher setzen. Indessen scheint es aber, daß das Pedalspiel doch in Deutschland eher zur selbständigen Ausbildung gelangte, als anderswo. Schlick (Spiegel. Neuausg. S. 85) spricht davonj, »wie dan usswendig deutscher lanndt bissher manualiter zu spiln der brauch gewest ist. und doch sich nun pedaliter auch fleissen«. Bei Kleber und Buchner werden viele Stücke ausdrücklich > pedaliter« bezeichnet. Michael Praetorius schreibt noch 1618 (Syntag 11, Neuausg. S. 115) »Wiewohl das Pedal in Italia, Engelland und andern Ortem mehr, da doch die Orgelkunst itziger Zeit sehr florirt und excellirt, wenig und gar selten gebraucht wird«. In der Tat findet man auch in den praktischen Denkmälern des 16. Jahrhunderts in Italien keine Andeutung, daß das Pedal notwendiger- weise herangezogen werden müßtet). 1) Opera oninia Tom II Ennead. X lib. 8, Basel 1660, Spalte 999. Vgl. auch Caffi, Storia I, 62 und Ambros Geschichte III (1868), S. 433. 2) Nerici, Storia, S. 130-131 und 143. 3) Ein Fall wo man Vorschriften für das Pedal vermuten könnte bietet der Anfang des ersten Stückes in Annibale Padovanos *Toccaie et Riceroart (TOrgano^, 6* — 68 — Der einzige, mir bekannte italienische Schriftsteller vor dem Ende des 16. Jahrhunderts, der von dem Orgelpedal spricht, ist Yincenza Galilei in seinem ^Frommo^ (Venedig 1584, S. 106). Fronimo, der den Dialog fährt, erzählt von einem Gespräch^ welches er mit seinem Barbier^ der auch Lautenspieler war, gehabt hat. Auf Fronimos Frage, warum man auf der Laute so viele Saiten unter dem Baß habe, antwortete der Barbier^ »Damit man auf der Laute^ wie auf der Orgel, ein Pedal habe«. Aus dem weiteren Gespräch geht hervor, daß Galilei nicht viel von dem Orgelpedal hielt; und er sucht auch die ^Nutzlosigkeit der vielen Baß- saiten auf der Laute zu beweisen ^). Spätet wird das Pedal erwähnt von dem Brescianer Orgelbauer, Organist und Komponist üostanzo Anteg- nati in seiner Arte Organica (Brescia 1608). Er spricht unter anderem von einer Orgel, bei der ein Register geteilt war. Die höheren Töne erklangen im Manual, während vom d' abwärts die Pfeifen zum Pedal gehörten >.) Dieses war ja auch der Fall in der alten Luccheser Orgel, wo die »con^o- bctssi^ für das Pedal bestimmt waren. In den praktischen Denkmälern wird das Pedal direkt vorgeschrieben von Frescobaldi in seinem ersten Buch Toccaten (1614) in einem Capriccio Pastorale, und im zweiten (1627) in der Toccata sesta per VOrgano *sopra i pedali e senxa*. Auch die Spanier sind sehr schweigsam über das Pedal. Bermudo und Sancta Maria erwähnen es nicht. Aus dem Anfang des 17. Jahr- hunderts ist uns eine Nachricht erhalten, die an Virdungs Clavichord Venedig 1604. Hier sind unter das System fQr die linke Hand große Buchstaben gedruckt die die harmonischen Grundtöne anzeigen. Die Baßstimme selbst ist diminuiert. Die Buchstaben könnten auf gehaltene Pedaltöne deuten. Sie fehlen jkher in anderen Stücken der Sammlung und sind mir auch sonst nirgends vor- gekommen. Musikbeilage S. 301. 1) Fronimo : . . . ä; €ui dleuni pare imposMüe di potervi (per eosl dire) sonore la CHromeUcLj senxa la gitmta di quelle tante corde sotto il basso, db di queUa loro bix- xara riforma di tasti, io per me non desidero cUtro, se non che tma fiata tma di quesH apirüi fantastiehej mi dimostri la necessitä che gVha indoUi ad investigiare Ud cosa tanto dal vero discosta ma credo che non mi darebbono aUra risposta^ di queüa che mi dette gia tma voUa il mio Barbiere^ che sitona anch* egli di LitUo, con quelle ta/nte corde eoüo il bassOy a guisa di queUi volenti huamini. Eumaiio : Dite per fede vostra queüo rispose, Fr,\ Mi diese essersi ritrovate, per havere neW LitUo come neW organo, il pedale, Mi,: Ha, ha, ha. Fr,: Miseri loro, che se sapessero queüo che nd organo sia reputato il pedale da gVhuomini di qualche valore, si muterebbono di parere si- eurameute, db sarebbono appunto da quelli come il pedale da questi, abhorriro [sie] {& disprexxaiOj senxa fare tutto il giomo tanto schiamexaco quanto li fanno. Vedete di gratia quäl sda Vacquisto hro, ei non ne cavano aUro fvjor deW ordinario, che il potere quando a loro pia^ce, tocchare Vottava del tenore awoto, db cosi queUa dd bordone, db rinehtse fra queste: le quali ottave ancora, Bio sa quanto db come le si odono. 2) Fol. A 7 »Principale spexxato, cioe diviso in due parti, quäl si stwna cominciando nei soprani, venendo in giü verso i bassi sino al De sol re secondo, che li, cominieano ä suonarsi li bassi con ü pedale e non con la tastadura come fanno li sudetti soprani<. — 69 — mit Pedalen erinnert. |In einem Inventarium des Königs Philipp ü, ans dem Jahre 1602 lesen wir von einem großen Clavichord nnd Claviorgano, welches mit Händen und FüBen gespielt wurde*). Über die weitere Beschaffenheit der Tastinstrumente lernen wir aus den Schriftstellern des 16. Jahrhunderts herzlich wenig. Schlick scheint der einzige zu sein, der sich mit dem Bau und der Einrichtung der Orgel irgendwie eingehend beschäftigt 2). Über das Clavichord lernen wir von Virdung (Mus. get. Fol. F.), daß das Instrument, wie er es kennt, drei Saiten zu einem Chor hatte und manchmal einige Saiten, die nicht an- geschlagen worden, sondern blos sympathisch mitschwingen sollten. Die Saiten waren aus Messing und aus Stahl. Meistens gehörten zu einem Chor drei Tasten. Sancta Maria (S. 54), Zarlino (S. 59, Anm. 2), Gerone^) nennen es als nur doppelt bezogen. Sancta Marias Monochord hatte meistenteils drei Tasten auf jeden Chor. An einigen Stellen aber kamen vier Tasten auf einen Chor und vom d abwärts hatte jede Taste ihren eigenen Chor von zwei Saiten (S. 65). In demselben Kapitel, wo Sancta Maria dieses erklärt, (es ist das Kapitel über das Stimmen, welches später ausführlicher besprochen werden soll), erwähnt er auch, daß die Orgel manchmal 16 Pfeifen zu einer Taste hatte. "Wir sahen, (S. 63) im 15. Jahrhundert wurden in einem Fall sechs Pfeifen für die Mittellage verlangt, 11 für die hohen Töne. Aus den angeführten Stellen ergibt sich, daß während des ganzen 16. Jahrhunderts die besaiteten Tastinstrumente überall bekannt waren und viel gebraucht wurden, besonders das Monochord oder Clavichord. Virdung (Mus. get. Fol. E^.) und Hemando Cabezon*) nennen es speziell als Vorstufe zur Orgel. Aber nicht nur für Organisten kamen die Klaviere in Betracht. Wir werden sehen welche Eolle sie in dem Leben des gebildeten Hofmannes spielten, und welchen großen Anteil sie als Haus- oder Orchesterinstrumente an der allgemeinen Musikübung 1) Ans den Archiven des PcUacio real zu Madrid. Wiedergegeben in Y an der Straetens Musique aux P.-B. VIII Bruxelles 1888, S. 312fF. und 319. »U>* davi- cordio y daviorgcmo grcmde^ todo jtmto con mtichas differendas de rnuaica^ y se iahe con mcmos y pies, que preserUo a Su Mag^ el Sr. don Ju^ de Auatria Nr. 56, Taaado m den dueados. 2) Frühere Traktate über die Mensur der Orgelpfeiffen siehe Buhle, »Die Musikinstrumente«, S. 59, 63, 65, 66. 3) Melopeo, Lib. XXI, Oap. 12, S. 1048. Das Kapitel ist zum großen Teil wört- lich von Sancta Maria abgeschrieben. 4) In der Vorrede zu seiner Ausgabe seines Vaters Klavierstücke (1578) fol. 6v. Er erwähnt hier das clavicordio neben dem monacordio. Hipkins [*Dea' cription db History*) behauptet, daß der Name Monochord sich in Spanien auf das einfache Clavichord zu beschränken scheint, während der Name Clavichord in Spanien für das Arpichord, die einfachste Form des Kielflügels, gebraucht wurde. — 70 — Iiatten. Abgesehen von ihrem eigenen Daseinszweck kommen sie noch in andern Eigenschaften in Betracht. Von den Sängern z. B. wurde ver- langt, daß sie damit Bescheid wußten oder wenigstens mit Begleitung der Instrumente geübt hätten. Nicola Vicentino behauptet (1555), daß das häufige Üben mit den Instrumenten dem Sänger sehr nützlich sei und daß wenige Sänger sich gut an andere anpassen könnten, die nicht erst mehr auf Tasteninstrumenten als auf Windinstrumenten ^) geübt hätten. Auch Zarlino sagt, daß zu den Kenntnissen, die jeder haben müsse, der zu einer gewissen Vollkommenheit in der Musik gelangen will, unter anderem gehöre, daß er, wenn auch nicht perfekt, so doch wenigstens mittelmäßig,, das Monochord oder Arpichord spielen kann und zwar darum, weil es weniger schwankend sei und vollkommener in den Ak- korden als irgend ein andres Instrument. Damit kann der Sänger auch die Intervalle prüfen. Das setzt voraus, daß er ein solches Instrument stimmen kann und ein gutes Gehör hat 2). Cerone verlangt eine ein- gehende Kenntnis der Klaviatur des Monochords für einen guten Kapell- meister^). 3. Kapitel Die Stimmimg. Der eben erwähnte Ausspruch Zarlinos, daß ein guter Musiker auch imstande sein sollte, ein Monochord oder ein Arpichord zu stimmen, be- zeugt schon, daß diese Fähigkeit zu seiner Zeit nicht vernachlässigt wurde. Es gibt auch einige verhältnismäßig praktische Methoden, die uns die Schriftsteller des 16. Jahrhunderts überliefern. Über frühere Jahrhunderte wissen wir in dieser Beziehung bis jetzt sehr wenig, obwohl es doch, für die Orgeln wenigstens, irgend ein System des praktischen Stimmens ge- 1) N. Vicentino, »Uantica musica ridotta alla modema praitiea^j Venedig 1565, Lib. I, Cap. 19, fol. 19. *, . . dl Ccmiante sarä molto tUüe ü ccmtare spesse volte con i stormerUi, et (secondo la mta mente) pocht Cantanti accorderanno bene insieme con gli cUtri, se prima non prcUicheranno i stormenti da tasti piü che quellt da fiaio, perche sono dubbiosi per cagione del fiato che e molto mobile.* 2) Istitviioni harmoniche^ Venedig 1558, S. 425. (In einer anderen Ausgabe aus demselben Jabre S. 344). Debbe anco, se non perfecta/mentej almeno mediocremertte saper sonare di Monochordo, o Arpichordo; S questo perche e il piu stabile <& il piu perfetto ne gli accordi di ogrC aXtro istrumento; aecioche possa da quello, haver cogni- tione de gli Intervalli sonori consonanti S dissonanti; S possa ridurre alle volte in atto (S) far prova di quelle cose, che ogni giomo vä ritrovando di nuovo; per sapere investigare con la prova in mano le passioni de i Numeri sonori. Ma questa presup- pone, che sappia accordare perfettamente cotale istrumento; <& che habbia perfetto VUdito. 3) Melopeo, S. 927. Es impossible que imo sea perfeto y consumado Maestro de capüla^ sin tenerprimero complcda noticia y derta intelligenda del juego del Monachordia. — 71 — geben haben muß. Die älteren Schriften wie sie Rimbault, Schu- biger und Buhle mitteilen, belehren uns fast garnicht darüber. Mit der Stimmung des Clavichords hatte es eine etwas andre Be- wandtnis als mit der Orgel und den übrigen Tastenintrumenten. Wie Virdung (Fol. E2) schon betont, war die Stimmung dieses Instruments wenigstens in der ältesten Form, in der die Saiten alle dieselbe Länge hatten und auf denselben Ton gestimmt waren, Sache des Instrumenten-» machers. Er mußte die Tastenhebel so einrichten, daß die Tangenten die Saiten an den theoretisch richtigen Stellen anschlugen, was ja nach Messungen mit dem theoretischen Monochord ganz leicht war. Wurde, das Instrument verstimmt, so brauchte man einfach alle Saiten wieder, in Einklang zu bringen und die Stimmung war wieder hergestellt. Diese; Form mit gleichlangen Saiten hat auch das Instrument in Virdungs Ab- bildung und Beschreibung*). Wir wissen aber aus den erhaltenen Exem- plaren des Instrumentes, daß im späteren 16. Jahrhundert diese ältere Form nicht mehr gebräuchlich war. Man hatte verschiedene Saitenlängen, wie in unserm heutigen Klavier, die kürzeren für die höheren Töne. Schon zu Bamis de Pareias Zeiten (1482), kannte man diese ver- änderte Form. Eamis unterscheidet zwar Instrumente mit Saiten ver- schiedener Länge und Dicke {dthara et ltp*a, polychordum, clavichordum, psalteriufn et alia plura instrumenta) von dem Monochord mit Saiten gleicher Länge und Dicke, die auch gleich gespannt waren 2). Er be- hauptet aber unmittelbar darauf, daß die Monochorde seiner Zeit nicht dergestalt waren, sondern daß sie Saiten sehr verschiedener Dicke und Spannung hatten. War da einmal die durch häufigen Gebrauch immer im Gedächtnis gegenwärtige Stimmung in Vergessenheit geraten, so konnte man das Instrument wieder stimmen, indem man auf das theoretische Monochord zurückgriff und die Töne danach einstimmte. Eamis kennt aber auch eine ganz besondere Art dieses Instrumentes, bei der diesem Ubelstande dadurch abgeholfen wurde, daß das Instrument in der höheren Lage eine Oktave hatte, deren sechs Saiten von derselben Dicke waren und die in der alten Weise eingerichtet waren. Daher waren sie leicht zu stimmen, und die andern Töne des Instruments wurden danach ein- fach in Oktaven eingestimmt 3). 1) Ebenso sieht das Instrument aus in einer Abbildung bei 0. Bie. »Das Klavier und seine Meister«, angeblich nach einer Weimarer Handschrift aus dem Jahr 1450. 2) Musica practica^ Cap. VI. Diversorum matrtmientorum brevis notitia^ Neuaus- gabe S. 15. »Eienim chordae monochordi, quae ejicsdem sunt grossüiei, longitudinis fi extensionts, si in eadem distantia fueri/nt percusse, eundem necessario sonum emit^ urUj quemadmodum monoekorda reperimtcs antiqua. 3) a. a. O., S. 16. Sunt tarnen aliqua ex novis monachordo unam habentia dia* pason ad partem acutiorem isto modo divisam; quoniam sex saltem chordae ülo modo i — 72 — Im 16. Jahrhundert aber fängt man an dem wichtigen Funkt der Stimmung mehr Beachtung zu schenken^). Und zwar stößt man gleich auf die Schwierigkeit der Temperierung. Es ist anzunehmen, daß sehr bald nach der Einführung der Tasteninstrumente in die allgemeine Musik- praxis die Notwendigkeit einer Temperierung zwecks ausgedehnterem Ge- brauches sich bemerkbar machte, wenn man sie nicht schon früher auf die andern Instrumente angewandt hatte. Ich kenne keine Schrift vor dem 16. Jahrhundert, die diesen Punkt ausführlich, soweit es die prak- tische Anwendung auf die Tasteninstrumente betrifft, behandelt, obwohl GafuriusJJin den Kontrapunkt-Regeln seiner T^Practica Mtisica* (1496) schon darauf hindeutet, daß sich die Organisten einer temperierten Quinte bedienten. Die meisten Stimmregeln des 16. Jahrhunderts deuten auch nur auf die Bestrebung hin, eine gewisse brauchbare Temperatur (von den englischen Akustikem mean tone temperament^) — mitteltönige Temperatur — genannt), herzustellen. Bekanntlich wurde die gleich- schwebende Temperatur erst am Ende des 17. Jahrhunderts durch die Schriften Werckmeisters und Neithards allgemein verbreitet. Für die Lauteninstrumente war sie den Alten aber längst bekannt; denn die Laute und die ihr verwandten Instrumente werden in dieser Beziehung immer streng von den Klavierinstrumenten unterschieden 3). Wie schon bemerkt, geben die Stimmregeln des 16. Jahrhunderts^ die für den praktischen Musiker bestimmt waren und die ja auch meisten- teils von akustisch-theoretisch weniger gebildeten Schriftstellern herrühren, keine genauen Angaben irgend eine theoretisch begründete Temperatur sunt temperatae et ejusdem sunt grossüi&i, et timc acumen aut gravitat&m parva vel magna ekordarum intercapedo ionorum atü aliarum apecierum seeundum eommen- surationemproportionis efficit. Sed qtuie ita stmt facta, facülime temperantur, qwmiam tmieuique sono ejusdem diapa>son sua octata faetüime coneordoitur. 1) Eine eingehende Behandlung dieser Frage, die auch mehrere historische Angaben bringt, findet man in Shoh^ Tanakas »Studien im Gebiete der reinen Stimmung« Vierteljahrsschrift für Musikwissenschaft VI (1890), S. 1—90. Zur Ge- schichte des Stimmens hat auch schon Weitzmann »Geschichte des Clayiers< 2. Aufl. Berlin s. a. [1879] »Die Saitenstimmung der Claviere«, S. 238 ff. etwas beigetragen. 2) Wahrscheinlich nach dem terminus technicus der italienischen Theoretiker »mexxo iuono partieipato*, 3) Vgl. Salin as, »Libri Septem de Musica* Salamanticae 1592 (Erste Ausgabe war 1677), S. 167. *Imperfectio verd pluribus modis potest constrmgere, sed duobus iantum in m^usicis instrumentis mveniiur: altero, in Organis, aique id gemts instru- mentis, per distribtäionem OomnuUis, db tonorum aequalitatem, altero, qui reperüur in Igris, aique in eo genere cgtherarum, quae vtdgo Violae dietmtur, quarum ekordae digitis, atU pectine pidsa/nttdr; in quibus non solum tonos esse aeqtuxies neeesse est, sed etiam aemitonia*. Vgl. femer Galilei, »Fronimo^, 2. Aufl. Venedig 1584, S. 103 >ma venghiamo a qualch* essempio particolare, per mostrare a gpielli che vogliono nel LizUo i Semitoni disugtudi, Verrore lorot. Galilei, »Discorso intomo alle opere di — 73 — zu erlangen. Die wissenschaftliche Ausarbeitung eines solchen Systems blieb den scharfsinnigen spekulativen Theoretikern wie Pogliano, Zar- lino und Salinas überlassen^). Der erste, der nähere Angaben über die Stimmungsmethode macht, ist Arnold Schlick im 8. Kapitel seines »Spiegels«. Es ist wohl an- zunehmen, daß Schlick seine Begeln rein empirisch gefunden hat. Doch zeigt Tanaka^}, daß seine Resultate ziemlich genau mit den ausge- rechneten Systemen für die mittteltönige Temperatur der späteren Theo- retiker übereinstimmen. Schlick weist erst darauf hin, daß, wenn eine Quinte c—g rein gestimmt wird und der dazwischenliegende Ton e als gute kleine Terz zu g gestimmt wird, dieser Ton e nicht eine gute große Terz zum c gibt. Auch andere Beispiele werden angeführt, die die Not- wendigkeit einer Temperatur beweisen. Diese zu bewirken, fängt nun SchHck auf dem f im Manual an und stimmt dazu die Quinte f—c'\ »die mach darzu nitt hoch genug, oder gantz gerade in. sonder etwas in die niedere schweben, so vyl das gehör leyden mag, doch das sollichs so man gemelt quint bruch nit leichtlich gemerckt werd. sonder so die claves oder chor gedachter quinten gerürt und ein weill still gehalten werden das mann hören mag wie es etwas unstet laut mit schlucken, sich sperr und l)as8 oder meer in einander beger«. Nach diesem c' ist in derselben Weise das g' zu stimmen. Danach wird das d^ gestimmt. Damit die Pfeifen nicht zu klein werden, wird d* eine reine Oktave unter d^ gestimmt. Dann folgt die Quinte darüber, a', wie vorher temperiert; und dann noch die Quinte a — e^. Darauf die Oktave herunter nach e', rein. Dann wieder eine temperierte Quinte e'—h'. Folgende Tabelle wird die Intervalle in musikalischer Notation veranschaulichen. Der schon gestimmte Ton wird mit einer leeren Note <^ bezeichnet, der neue Ton mit einer vollen #. Die durch Verminderung temperierten Intervalle sind mit einem Minuszeichen (—jangedeutet 3). I ■^- i -^- 32: ^. -ö>- "Ö^ Biemach werden die Terzverhältnisse näher betrachtet. M.e98er Qioseffo Zarlino^ 1589, zitiert von Tanaka a. a. 0., S. 76. Gio. Maria Artusi *VArtusi overo deüe imperfettioni deüa modema musica* foU. 11, 26 — 27. 1) Zur akustischen Erklärung der Systeme Foglianos, Zarlinos und Salinas^ und ihre Übertragung in die moderne akustische Terminologie, verweise ich auf A. J. Ellis, *The History ofMustecU Pitöh*^ Journal of the Society of Arts, London 1880—81. Auch auszugsweise als Anhang zur dritten Auflage seiner Übersetzung von Helmholtzs, »Lehre von den Tonempfindungen« besonders App. XX, 3, S. 546. 2) a. a. 0., S. 62 — 64. Eine genaue akustische Auseinandersetzung des Schlick- fichen Systems. 3) Schlick hat keine solche Tabelle. Ich habe sie aber zum Vergleich mit einigen späteren Schriftstellern, die wirklich solche Tabellen geben, eingeftigt. — 74 — »Wiewol die tertzen perfectum nitt gut, sonder aU zu hoch werden, ist doch not und acht zu hahen die drey tertzen c faut, elami [c — e] f faut, alamire [f — a] g sokeut, und b dur [g — h] besser zu machen so vil sie yr quinten halb unter sich leyden weUen dann die andern. TJrsach sie werden gar ofiPb und meer gebrucht denn die andern«. Dann werden die schwarzen Tasten folgendermaßen eingestimmt. Zu- erst wird das b als Unterquint zu dem f gestimmt, aber etwas hoch, daß es wieder eine temperierte Quinte, wie vorher, gibt. Dann eine ähnliche Quinte herunter, von b nach es. Dann eine reine Oktave es — es'. Da- nach eine Quinte herunter es' — as (gis)] diesmal aber nicht durch Ver- minderung temperiert, sondern vergrößert, um ein besseres Verhältnis zwischen e — gis und gis — h zu bewirken. Dieses gis gibt keinen guten Leitton zu dem a für die a-Ellausel. Schlick schenkt diesem Tone be- sondere Beachtung. Er will die Häßlichkeit der a-Klausel durch eine Verzierung verdeckt wissen. Bei dem Tone es entstanden auf den alten Instrumenten dieselbe Schwierigkeit wegen der e-Klausel. . Aber wegen seinem Verhältnis zu dem wichtigen Ton b mußte die Bücksicht auf diese Schwierigkeit in den Hintergrund treten. Wir sahen schon (S. 63) in der einen Luccheser Orgel wurde die Schwierigkeit umgangen, indem man die es- und ^-Tasten spaltete. Wo das nicht der Fall war, mußte man einfach die gefährlichen Töne vermeiden oder sie mit Verzierungen über- decken. Wie gesagt, an dem es wurde nie gerüttelt. Bermudo (S. 18 und 19) schlägt das darüber hinwegtäuschen für die e-Klausel vor. Über das as oder gis hat man sich aber öfters gestritten. Es scheint, daß man früher mehr zum as neigte. Wir sehen eben, daß Schlick den Ton nicht als gutes gis betrachtet. Viel entschiedener stellt Eamis de Pareia den Ton als as hin. Er tadelt diejenigen, die das gis als gute Quinte zum eis haben wollen, weil diese Quinte nutzlos ist. Sie wurde selten, eigent- lieh garnicht, gebraucht. Eine Stimmenführung ^^ ^ durch die die Kontrapunktregel, daß der Übergang zur Oktave immer durch die große Sexte gemacht werden muß, exemplifiziert werden soll, will er in j ^ umwandeln *). Später scheinen sich die Anschauungen hierüber geändert zu haben. Man hat sich geeinigt für gis. So behandeln es Bermudo und Sancta Maria und alle Theoretiker, die hier angeführt werden sollen. Bei diesen ist mehrfach die Eede von der Schwierigkeit, eine kleine Terz f—a^ zu spielen. Die Kadenz a — gis — a macht keine Schwierigkeit. 1) Mus. pract. Neuausgabe, S. 101. ySed notandum est et valde notcmdum de üla Chorda inter h [a] et g coUocata, Quidam enim practicorum mimis bene praevidentes ita iUam dispontmt, ut cum h [a] sit bontmi semitonivm^ cum g vero mcUum. Et sie — 75 — Kehren wir zu Schlick zurück. Nach dem cls wird vom h aus die Oberquinte fis' »schwach in die nidere schwebend« gestimmt. Darauf die Quinte fis' — eis'. Die Tabelle wäre also folgendermaßen zu vervoll- ständigen. Die Vergrößerung bei es' — as ist durch ein + angedeutet. a: 22: b » i|?g> ^=> ^" ^(p m ^P Nach Schlick haben wir eine kurze Stimmungsmethode von Pietro Aron. Sie befindet sich in seinem ToscaneUo (Yen. 1523) Lib. 11 Cap. 41 *). Aron bemerkt, daß er sie dem Werke für den Spieler beigefügt habe, weil es viele Spieler gäbe, die wenig oder gar keinen Verstand für das Stimmen hätten und noch weniger Erfahrung ^j. Arons Methode unter- scheidet sich von Schlicks hauptsächlich darin, daß er das e nicht als Quinte von a, sondern als Terz von c stimmt. Diese Terz kehrt öfters wieder bei andern italienischen und spanischen Schriftstellern. Auch die Töne ds und fis werden bei Aron als Terzen zwischen den Quinten a—e, beziehungsweise d — a gestimmt. Bei der Stimmung des Tones a, welcher als Quinte von d gestimmjt wird, bemerkt Aron, daß das a, wie bei andern Quinten, eine temperierte Quinte von d, aber zugleich eine ähnliche Unter- quinte zu e sein soll. Folgende Tabelle wird Arons Methode veran- schaulichen. Er gruppiert die Töne in drei ^ordinu. Primo ordine. i ISL W 1b) 1c) -o^ Secondo ordine. Terzo ordine. i is: iffi: J' isi ^ -(»- -&- jfi- 221 ^ (a) T^con qtcdla intonatione che a 4e piacera^. (b) ^ sonor a o^ gitcsta^ cioe unita al suo possibüe<^, (c) »un poco scarsa<f. diaperUe cum prima h quadro [eis] illam faciunt resonare^ quae diapente inutilis est, quoniam raro fit et, ut verius loqitar, numquam fi^ri debet. Verum si quis dicat: ad hoe ponitur, ut, cum tenor descendit ad a per b [k], discantus habeat seoUam maiorem in iUa tendens ad diapason h [a]. respondemus, quod nunc in tenor e debet fi^ri variatia, hoc est descendere per primam \^ mollis conjunctam [b] quae sexta maior est ad g. Et sie fiet tra/nsitus non solum ita bonusy verum melior dulcior atque suavior:* 1) Ich entnehme meine Angaben der 4. (?) Auflage, Venedig 1539. 2) >. . . brevemente espedisca quanto sia necessario al sonatori d'intomo la parti- otpationCf S u/nione de li voci, perche molti si trovano che con niuna o pochissima ragione, db minor pratica a tale essercitio siano atti<. — 76 - Der zweifelhafte Ton gis oder ds wird von Aron nicht erwähnt, ge- hört aber wohl zur dritten Gruppe. Neben Aron gibt uns auch Griovanni Maria Lanfranco eine Stim- mungsmethode in seinen >8cmiiUe di Mtisica* i). Hier schreibt er erst 13 Regeln für das Stimmen der Tasteninstrumente. Der Inhalt der Kegeln ist folgender: 1. Fundament oder Anfangston ist Ff. [Lanfrancos tiefster Ton]. 2. Es wird in Oktaven, Quinten, Quarten und Terzen gestimmt. 3. Die Oktave soll rein sein, so daß beide Töne wie einer erklingen. 4. Die Quinte wird temperiert, entweder durch Erniedrigung des höheren oder Erhöhimg des tieferen Tones. 5. Die Quarte wird umgekehrt temperiert durch Erhöhung des höheren oder Erniedrigung des tieferen Tones. 6. Bei der großen Terz wird der höhere Ton erhöht oder der tiefere erniedrigt, so viel es das Gehör erlaubt. Die kleine Terz wird im ent- gegengesetztem Sinne temperiert. Die großen Terzen kommen in der natürlichen Tonreihe auf ut — mi und fa — la vor, die kleinen auf re — fa und mi — soL Beide kommen aber auch auf andern Silben {accidenial' mente) vor. 7. In zwei Eeihen wird gestimmt, eine Reihe des iiquadro, die andre des b moUe. Jede von beiden bewegt sich über weiße und schwarze Tasten, obwohl die weißen von Natur aus der Reihe des ^{qiuidrö angehören. 8. Die i{quadro Reihe schreitet nie über die schwarzen Tasten b oder es, weil die erste das eigentliche bmoüe ist und die zweite ihre direkte Nachfolgerin, die mit der ersten konsoniert. 9. Die schwarzen Tasten fis, gis, ds dienen der )Siquadro Reihe, obwohl die meisten von ihnen auch gemeinsam mit der bmoüe Reihe sind, wenn nicht beim Stimmen, so doch wenigstens beim Spielen. 10. Die b moüe Reihe schreitet nie über die weiße Taste h, noch über die schwarze gis. Sie gebraucht aber fortwährend beim Spielen die schwarze Taste fis (ges) und eis (des). [Die 11« Regel ist ausgeblieben, oder die Numerierung ist falsch.] 12. Wenn man ^e ^qiuidro Reihe stimmt, muß die Quinte oben (weil man beinahe immer den oberen Ton zu dem tieferen einstimmt) etwas abgestumpft (spuntata) werden. Bei der b motte Reihe wird die Quinte unten abgestumpft, weil diese Reihe umgekehrt gestimmt wird. 13. Die erste Taste der Monochorde, Arpichorde und Orgeln ist meistenteils das tiefe F. 1) Brescia 1533. Parte Quarta, S. 132. Del modo di accordar gli istrumenti: db prima di alctme Begole. — 77 — Auf die Kegeln folgen nun genauere Anweisungen. Sie erstrecken sich auf die Töne F bis ä* und werden von Lanfranco durch Buchstaben- Schemata veranschaulicht. Diese Schemata werden immer von neuem nach jeden vier oder fünf Tönen eingeschoben, mit den eben erklärten Erweiterungen, so daß am Ende des Kapitels sämtliche Töne auf dem Schema verzeichnet sind. Lanfranco fängt wie Schlick bei J^ an, nicht bei C wie Aron, und stimmt immer gleich zu jedem Ton seine Oktave. Die dazwischenliegende Quinte, welche in den meisten Fällen auf die Oktave folgt, wird nicht nur als Quinte zum tieferem Ton der Oktaven, Bondem auch als Quarte zum höheren Ton betrachtet. Nachdem mehrere Töne gestimmt worden sind, werden die folgenden auch mit ihren Terzen geprüft, wie aus folgender Tabelle hervorgeht: £ -^- ■■^- iffi: -Ä»- + - IE: 4-i^ E-^- I -Ä- -OL - + -^- 3 -JSl ^ » fl* ' »g ItJr, isrz:. — ^ ISL (a) La qaal Ottava manca deUa stui Quinta, Per la quäl cosa Vordine di ^ quadro e fomito: <& per la maggior parte de i tasti accordati: cosi bian- ehi: come neri: col b molle accommodati vanno. W- t^g— : (b) In den anderen Fällen wird das gleichzeitige anschlagen der drei Töne des Dreiklangs nicht direkt vorgeschrieben obwohl man es nach diesem Fall vielleicht annehmen könnte. Hier wird es, wie es scheint, direkt ge- fordert. *hora tastandole ean d lasolre: <Sb col detto f-faut: & quando oon g solreut primo: ö& d lasolre^. Alle übrigen Töne auf dem Instrument werden in Oktaven einge- stimmt. Es ergibt sich hieraus, daB Lanfranco im Gegensatz zu den meisten seiner Zeitgenossen eine Temperatur zu erreichen suchte, die der gleich- schwebenden viel näher steht als die andern. Die Vergrößerung der großen Terz, die Verkleinerung der kleinen, die Gleichbedeutung der — 78 — Töne eis und des^ fis und ges sind wesentliche Abweichungen Ton seinen Zeitgenossen. Von unsem Spaniern berührt Bermudo die Frage des Stimmens überhaupt nicht. Saiicta Maria dagegen gibt eine Anweisung (S. 54 — 55) zum Stimmen des Monochords, die, wie so manche andre seiner Erörte- rungen, zeigt, wie er dem Unerfahrenen die Sache klar machen will. Theoretische Begründungen läßt er ganz und gar weg, gibt aber dafür Winke, wie man sich über die praktischen Schwierigkeiten, wie z. B., das Einstimmen der Saiten eines Chores, hinwegzuhelfen hat. Als Liter* valle, die beim Stimmen gebraucht werden, nennt Sancta Maria Terzen^ Quinten und Oktaven. Er betont die Tatsache, daß die Terzen seltener vorkommen, und daß es immer große Terzen sein müssen. Quinten werden etwas kleiner gemacht, nach dem schon erwähnten Spruch *Es, no es«. Aber in dem Maße, wie die Erörterungen der technischen Schwierigkeiten willkommen sind, läßt die Tabelle Sancta Marias an Klarheit zu wünschen übrig (vgl S. 55). Die Systeme von Zarlino (Istitutümiy Parte 11, Cap. 41 — 45) und Franciscus Salinas (De Musica libri 5epfew^ Lib III, Cap. 15— 32)i) mit ihren mathematischen Teilungen des Kommas in drei oder 7 Teile, konnten dem damaligen Praktiker wenig nützen. Und die Praktiker fahren ruhig fort, ihre rein empirischen Regeln immer wieder anzugeben. So haben wir aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Deutschland die Kegeln des Elias Nicolaus Ammerbach in seiner »Orgel oder Instru- ment Tabulatur« (Leipzig 1571)2). yon der Temperatur sagt Ammerbach nichts. Ich lasse hier in Tabellenform seine Begeln folgen: , ^^ /^ ^j C\* m ^^ ^^ ^ •1. • ^^ t m ^^ o '^ J »* *^ ^■ /*? s w ^ _ ^ _ Eine gute Oktav. iiii. _-M-^i-h"^ i I I I (Dann alle diatoni- schen Oktaven) nt mi re fa ut ini ut mi re fa (DannOktaven) Sehr interessant, weil sie von einem wirkKch erfahrenen und berühmten praktischen Orgelbauer, der zugleich Organist und Komponist war, her- rührt, ist die Methode des Costanzo Antegnati.. Antegnati stammte aus einer Brescianer Familie, die sich durch mehr als ein Jahrhundert 1] Siehe Ellis und Tanaka a. a. 0. 2) Vgl. auch C. F. Becker, »Hausmusik in Deutschlandc Leipzig 1840, S. 20ff. und G. F. Weitzmann, »Geschichte des Glavierspiels«, S. 243. — 79 — mit dem Orgel- und Klavierbau beschäftigte^). Er gibt ein Verzeichnis von nicht weniger als 151 Orgeln , die in der Zeit, während er an der Spitze des Hauses stand, erbaut oder vergrößert worden sind. Seine Methode erklärt er ausführlich in seinem Werk ^LÄrte Organica€ (Fol. A6) unter dem Titel ^Regola deW accordar gli Organi, che serve anco per ac-- cordar i CavacembcUi [sie] Arpicordi, Manacordi & simili di tasiaduy^^. Er erwähnt wieder die Oktave, Quinte und groBe Terz als die Intervalle die man beim Stimmen gebraucht, fügt aber die Quarte als Früfungs- intervall hinzu, {perprova si puö anco tastare le Qiiarte). Oktaven werden so gestimmt, daß die zwei Töne wie einer erscheinen. Quinten werden etwas kleiner (scarse) gemacht, aber so daß es kaum merkbar ist. Große Terzen werden so rein wie möglich gestimmt. Seine Intervallenreihe ist folgende: I ■^- -^- -^- -ts>- 22: iffi: ^ w -^- ~&- -Ä»- (a) -ö>- ^ TR (b) ^=^ PiST l n ^ Die übrigen Töne in Oktaven. (a) Dieser Ton ist schon als Terz von f gestimmt worden und soll nun von Rechts wegen als Quinte von d stimmen. (b) Ist schon als Terz von g gestimmt worden. Diese Methode ist wieder ganz verschieden von den andern, die ange- führt worden sind. Bei ihr tritt der Dreiklangsbegriff besonders hervor. Ähnliches sahen wir schon bei Lanfranco, aber hier werden die Drei- klangstöne systematisch durchgeführt. Noch einen Schriftsteller möchte ich zum Schluß anführen. Cerone schreibt in seinem Mdopeo^) sehr viel über die ^Partidpacion*, Sein bedeutendster Gewährsmann in theoretischen Sachen ist Zarlino, von dem er die Teilung des Kommas in sieben Teile und die Zarlinosche Temperatur getreu nachschreibt, mit gewissenhafter Quellenangabe. Für die Praktiker will er aber auch Anweisungen geben. Da verfährt er erstens so, daß er einfach lange Sätze aus San cta Marias Kapitel über 1} Vergleiche Antegnatis eigene Angaben in seinem Werke T^VArie orgcmica di Gosianxo Antegnati, Orgcmista del Duomo dt Breseia. DicUogo tra Padre <S) Ftglioj ä cui per via d^Äwertimenti insegna ü vero modo di sanar, db registrar VOrgcmo; con l'indice de gli Organi fdbricati in casa loro. Opera XVI täile e neeessaria a gli Or- ganis(i€. In Breseia, Presse Francesco Tebaldino 1608. Ferner Lanfranco, ßeifUiUe, S. 143. 2] Melopeo Lib. XXI, Gap. 8, S. 1044. 80 — das Stimmen fast wortgetreu abschreibt, aber ohne Quellenangabe. Er erwälint dabei Lanfranco und seinen Vorschlag, auf F anzufangen, hält sich aber doch an Sancta Marias Methode und fängt mit C an. Darauf gibt er eine Tabelle, die offenbar dem Sancta Maria entnommen ist. Bloß der Ton e, über den Sancta Maria keine Rechenschaft gibt, wird von Cerone als große Terz von c hinzugefügt und zwar so temperiert, daß die Terz etwas größer wird. •♦• — + ^■•• ^t- — — ^ •^ — c\* A ^ I?' gj — jp^ ^ a — O. ^^ ^ ;:s2: -Ä^ ^^ -^- -^- 22: ^ -Ä>- ISl -^- 32: Diese Tabelle allein genügt dem Cerone nicht. Wie wir schon bei Sancta Maria sahen, paßt sie bloß auf das Monochord oder Clavichord mit seiner eigenartigen Einrichtung der Tastenhebel und Saiten. Cerone gibt eine weitere Methode, die, wie er behauptet, von den Orgelbauern gebraucht würde. Er veranschaulicht sie mit einer Buchstabentabelle, ähnlich derjenigen Lanfrancos, fügt aber noch eine Tabelle in musikalischer Notation hinzu. Diese Methode stellt sich auf nähere Prüfung als nichts anderes, als eine genaue Wiedergabe der Lanfrancoschen Methode heraus. 4. Kapitel. Unterriclit. AUgemeine Erwägungen. Wir gehen über zu der Besprechung des Elavier- und Orgelunter- richts, wie wir ihn aus den Quellen dieser Zeit kennen lernen. Es ist gleich im Voraus zu bemerken, daß die früheren Zeiten über diesen Gegenstand verhältnismäßig sehr schweigsam sind. Wenn man an die vielen überlieferten Namen von Organisten denkt, da muß es auffallen, daß doch über ihre Kunst sehr wenig geschrieben ist. Noch mehr muß es auffallen, wenn man demgegenüber die beträchtliche Zahl der soge- nannten Singschulen ins Auge faßt. Aber gerade hierin ist die Er- klärung dieses Problems zu suchen. Die Singschulen sind nicht Lehr- bücher der Gesangstechnik, sondern Werke, die den Schüler in das Gebiet der Musik einführen. Sie geben sich hauptsächlich mit — 81 — Fragen der Solmisation und Notation ab. Diese Studien gehören für die damalige Zeit zwar vornehmlich dem Gesänge an. Musik und Gesang aber werden meistenteils im gleichbedeutendem Sinne gebraucht^). Die- selben Studien mußte der Musiker, der sich dem Instrumentalspiel widmen wollte, auch durchmachen, wenigstens in Italien und Spanien. Wir werden sehen, daß in Deutschland das Instrumentalspiel etwas mechanischer be- handelt wurde. Im allgemeinen aber mußte derjenige, der wirklich ernst- haftere musikalische Studien machen wollte, sich erst mit diesen Elementen abgeben. Waren diese Grundlagen erlernt, so konnte der Musiker sich irgend einem Spezialfach zuwenden. Die Musik, die er ausführte, blieb aber meistenteils immer dieselbe. Es hieß immer Gesang, ob es mit menschlichen Stimmen, auf dem Klavier oder der Orgel, auf der Laute, der Viole, der Harfe oder der Flöte vorgetragen wurde. Wir werden im Laufe dieses Kapitels sehen, daß das Vorhandensein eines Textes durchaus nicht die Ausführung mit menschlichen Stimmen voraussetzt. Es lassen sich auch in der Musik des 16. und der früheren Jahrhunderte genug Spuren von dem Einfluß der In- strumentalmusik aufdecken, um gegen die frühere Anschauung über die sogenannte a cappeUa Periode einige Bedenken zu erregen. Es wurde eben beim Komponieren kein so strenger Stilunterschied zwischen Vokal- und Instrumentalmusik gemacht, wie es heuzutage der Fall ist 2). Das komponierte Werk wurde wohl eben so oft durch Verzierungen und derartigen Änderungen dem Sänger für seine spezielle Ausführungsweise mundgerecht gemacht, als dem Organisten, dem Lauten- oder dem Blasinstrumentenspieler für die seinige. Dieser Tatsache, daß die ganze Musikübung auf einer gemeinsamen Basis in der Kompositions- methode stand 3), ist es auch wohl zuzuschreiben, daß spezielle Lehrbücher 1\ ^Musica est a/rs docens voces formare^ Adam v. Fulda, Gerbert, Scriptores m, 332. Man denke auch an solche Ausdrücke wie Ritus canendi und Ars canendi. Eine Zusammenstellung der hierauf bezüglichen Ausdrücke gibt Sänne mann, >Die Musik als Unterrichtsgegenstand in den Evangelischen Lateinschulen des 16. Jahrhunderts«, Berlin 1904, S. 61. Da werden canere^ exereere musteam, exercere ekoralem cantum, exercere mtcsieam figuralem alle im selben Sinne gebraucht. In diesen Schulen hat man, wie es scheint, nur diesen elementaren Musikunterricht erteilt, wie noch heutzutage. Als Ausnahmefall ist ein Werk von Martin Agri- 00 la hervorzuheben. »Quaestiones vulgatiores in Mtmcam^ pro Magdeburgensis Sekolae pueris digestae . . . Item de recto Testudinis collo ex arte probato . . . etc.« 1543. Hier haben wir einen Fall wo der Unterricht im Lautenspiel neben dem Gesangs- unterricht in einem Schulbuch vorkommt. Vgl. Sannemann, S. 31. 2) Vgl. auch Quantzens »Anweisung die Flöte traversiere zu spielen« (1752), die auch für den Sänger gilt und etliche ältere Werke über Violine, Trompete usw., die zugleich Yortragslehren des Gesanges sind — bis Leop. Mozart. 3) Wie sich diese Tatsache zuweilen in den theoretischen Schriften äußert, kann man z. B. in einem der Musikforschung bisher scheinbar entgangenen Traktat Kinkel de 7, Orgel and Klavier. O — 82 - für einzelne Instrumente, von der Laute abgesehen, vor dem 17. Jahr- hundert so äußerst selten vorkommen. Die Lautenbücher mit ihi'en ein- leitenden technischen Erläuterungen und Übungen kommen sehr häufig vor. Die Laute war aber in dieser Zeit das Dilettanten- und Gesell- schaftsinstrument in demselben Sinne, wie heute das Klavier; daher auch die vielen Anweisungen zum Selbsterlemen der Lautenkunst. Gegenüber der Laute wurden die Tasteninstrumente im großen ganzen doch immer als die Instrumente der ernsteren, höher gebildeten Liebhaber oder der Berufsmusiker angesehen, besonders die Orgel und die ihr verwandten kleineren Formen, Positiv [Orgänetto] und Regal. Wenn es auch vom gebildeten Menschen, (sieheS. 152) verlangt wurde, daß er sich auf dem Tasteninstrument zurecht finden konnte, wie Castligione es vom Hof- mann fordert, so wurde das gründliche Erlernen der Kunst des Orgel- oder Klavierspiels für sehr schwierig gehalten*). Wir werden sehen, daß die Schwierigkeit nicht so sehr auf der rein technischen Seite zu suchen ist, als in den damit verbundenen theoretischen und allgemein musikalischen Befähigungen, die von dem tüchtigen Or- ganisten und Klavierspieler verlangt wurden. Der oft zitierte Brief des Kardinals Pietro Bembo an seine Tochter Elena, aus der ersten Half te über den Tanz aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts sehen. Das Werk Hegt als Band 131 der ^Scdta di Ouriositä letterarie* Bologna (Romagnoli) 1873 nach einer Handschrift auf der Magliabecchiana im Neudruck vor. Es enthält den ^TraücUo deW Arte del Ballon von einem Guglielmo Ebreo Pesarese. Guglielmo war Schüler von Domenico da Pesaro, von dem sich auch auf der Biblioteca Comunale von Siena ein Traktat über den Tanz erhalten hat, angeblich aus dem Jahr 1460. (Vorwort zum Neudruck von Guglielmo, S. XVI). Von der Tanzmusik sagt Guglielmo »principcdmente consiste netto strumento citarixante o altro stumo< (S. 13). Ferner »il stwno vero e canto e principcdmente fondato e fermato in quattro voeie principale, le quali sono coneordante e conforme atto quattro nostre elemerUcUi compo8iMone< (S. 30). Es muß auffallen, daß Guglielmo vier Stimmen als Normal- zahl aufstellt, während wir aus seiner Zeit meistens dreistimmige Stücke kennen. Guglielmo hält sich nicht an die Kirchentonarten, sondern scheint eine ganz aus- gesprochene dur- und moll-Anschauung zu haben. >Nel sonare sono dtie chiavi . . . B molle^ B quadro. Wenn einer zum Tanz aufspielen will, muß er wissen, ob er per Bmolle oder B quadro spielen soll (S. 27). »^ nota; che B quadro e molto piü aieroso [in] la sua misura^ ehe quella di bocie motte, ma e alquanto piu cruda e men doleie^ S. 28. Bei der Komposition eines Tanzes muß man sich erst entschließen, ob er >per booie motte* oder »per bocie quadro* sein soll -»ritrovando prima cotta sua fantasia il tinore, o vero il sumiOj il qmde sia aieroso , e che perfetta misura abbia, et abbia buono tuono . . .« (S. 28). 1) England scheint in dieser Beziehung eine Ausnahme zu sein; denn die hohe Blüte der Englischen Virginalmusik im 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jahr- hunderts, die Verbreitung der kleineren Tasteninstrumente als Hausinstrumente und die Ansicht, daß das Virginalspiel ein schöner Zeitvertreib für Damen wäre, lassen sich mit den Ansichten über die Schwierigkeit nicht gut vereinigen. — 83 — des 16. Jahrhunderts, setzt den Zeitraum, der zum gründlichen Erlernen des Klavierspiels nötig ist, auf 10 bis 12 Jahre an^). Unser Bermudo erhöht die Zeit auf 20 Jahre (S. 12). Wenn man sieh nur an die be-* kannten Denkmäler hält, indem man z. B. die Werke der englischen Virginalisten ins Auge faßt, obwohl diese selbst dem Virtuosen nicht immer die leichtesten Aufgaben stellten, so ließe sich nie und nimmer- mehr eine Erklärung für diese Aussprüche finden. In den Schriften Bermudos und Sancta Marias wird aber die Sache in ein ganz anderes Licht gestellt. Was für den Dilettanten auf der Laute genügte, war lange nicht genug für den tüchtigen Orgel- oder Klavierspieler. Besonders in Deutschland gibt es Lautenbücher, die dem Schüler versprechen, ihn einfach durch Anweisungen des Buches selbst zu einem guten Lautenspieler zu machen 2). Er braucht wenig oder gar nichts von der Musik zu verstehen. Demnach wird dann auch der Unter- richt rein mechanisch behandelt. Die Zeichen der Tabulatur werden er- klärt, die Griffe auf der Laute werden erläutert, dann und wann werden einige Andeutungen zum Fingersatz gegeben und damit ist die ganze Kunst erledigt. Höchstens wird noch manchmal für den, der schon etwas von der Musik oder wenigstens von der Notation versteht, eine An- weisung zum Übertragen aus der gewöhnlichen Notation in die Lauten- tabulatur gegeben. Wie gesagt, tritt dieses dilettantenhafte Verfahren besonders in den deutschen Lautenbüchem hervor. Obwohl man Spuren davon auch in den romanischen Ländern findet, sind doch im großen ganzen die Lautenbücher der Italiener, der Franzosen und der Spanier für eine etwas höhere Stufe der musikalischen Bildung bestimmt. Sie stellen zuweilen die schwierigsten Aufgaben, die nur ein glänzender Vir- tuose lösen konnte 3). Der Charakter des Liebhaber-Musizierens tritt aber meistens deutlich hervor. Sehen wir die Anweisungen Bermudos und Sanctä Marias für das Orgel- und Klavierspiel genauer an, so tritt uns der Unterschied klar entgegen. Obwohl Bermudo seine Lehrbücher sehr hoch anpreist und ihren Wert für den Lernenden hervorhebt, betont er doch die Notwendig- keit eines guten Lehrmeisters und überläßt diesem die schwierigen Punkte zur mündlichen Erläuterung (S. 12, 13). Auch Sancta Maria setzt das regelmäßige Unterrichtnehmen bei einem Meister in seinen Anweisungen für Anfänger (S. 53) voraus. Über die eigentliche Lehrtätigkeit der 1) Gedruckt bei Caffi, *Storia deUa musiea sacra neUa giä öappella Dticale dt San Marco* ^ Venezia 18Ö4— 66 I, S. 96. Deutsch bei Seiffert, »Geschichte der Klaviermusik«, S. 26. 2) Gerle 1632, Neusidler 1636, Jobin 1672, Waisselius 1692 usw. 3) Vgl. die Auswahl in Oscar Chile sottis »Lautenspieler des 16. Jahrhun-. derts«, Leipzig 1891; besonders die späteren Nummern. 6* — 84 — großen Meister des Klavier- und Orgelspiels im 16. Jahrhundert sind wir wenig unterrichtet. Nur von Claudio Merulo und seiner Methode ist uns etwas durch Dirutas »Transüvano* erhalten. In Hernando Oabezons Ausgabe der Werke seines Vaters (1578) wird es uns ermög- licht, allerdings nur nach einigen Richtungen hin, durch das kurze Vor- wort und durch die Anlage des Druckes selbst in Cabezons Lehrweise einen Einblick zu gewinnen. Für eine Kekonstruktion der Unterrichtsmethode im allgemeinen aber haben wir in den Schriften Bermudos und Sancta Marias eine vortreff- liche G-rundlage. Auf die Abhängigkeit der Instrumentalmusik von der Vokalmusik ist schon hingewiesen worden. Es war absolut notwendig, daß der Schüler sich zuerst mit der Elementarmusiklehre beschäftigt hatte, ehe er an das Studium des Instrumentes ging. Wie der deutsche Klavierschüler manchmal eine Ausnahme bildet, werden wir später sehen (S. 90 — 94). Meistens aber wird es stark betont, daß der Klavier- oder Orgelspieler eigentlich einen gründlichen musiktheoretischen Übungsgang durchgemacht haben müßte und selbst des Komponierens fähig sein sollte. Sancta Maria hält auch an diesem Grundsatz fest. Der Hauptzweck seines Werkes ist ja, die Kunst des freien Spiels zu lehren, und dazu ist eine gewisse Kompositionsgabe Voraussetzung. Bermudo dagegen hat aber auch für die weniger gebildeten Dilettanten noch etwas übrig und schlägt für sie, ohne daß er selbst viel davon hält, seine mechanische Zifferntabulatur vor (S. 20, 21). Hierin schließt er sich dem allgemeinen Zeitgeschmack an, der ja für die Lautenspieler die zahllosen Bearbeitungen von bekannten Vokalsachen in Lautentabulatur hervorgerufen hat. Es ist schon bemerkt worden, daß man gerade in Deutschland die größten Zugeständnisse an den musikalisch wenig gebildeten Lautenisten machte. Mit der Orgel- und Klavierkunst scheint es sich ähnlich zu ver- halten. Während man von unsem spanischen Zeugen vernimmt, daß man in den südlichen Ländern schon einen gewissen Wert auf das schöne und geschmackvolle Spiel legte, findet man bei den deutschen Schriftstellern, trotz der Lobpreisungen und der Ausdrücke von Bewunderung für das wunderbare Spiel solcher Männer wie Conrad Paumann und Paul Hof- haimer nicht viel mehr als die mechanischsten Regeln für das Absetzen und die trockensten Vorschläge für die Verwendung von Verzierungen. Ambros hat nicht so ganz Unrecht, wenn er mit Bezug auf die deutsche Organistenschule in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein etwas abfälliges Urteil über die »ziellos irrlichtelierenden Passagen« der deutschen Koloristen ausspricht i). 1) Geschichte III (1868), S.438. Vgl. dagegen was Seiffert, Geschichte der Kla- viermusik S. 18 ff. über die geschichtliche Eonsequenzen der Koloristentätigkeit sagt. — So- wie dem auch sein mag, wer es, wenigstens in Italien und Spanien, zu einem irgendwie fortgeschrittenem Stadium auf den Tasteninstrumenten bringen wollte, mußte erst die Elementarschule des Gresanges oder der Musik durchmachen. Zu diesen Vorstudien gehören auch die besonderen Begeln für das Takthalten und Taktschlagen, welche Sancta Maria so eingehend behandelt (S. 29, 30). War der Schüler so weit vorgeschritten, daß ihm die Notenzeichen, Noten werte und Takt Verhältnisse keine Schwierigkeiten boten, so wurde ihm die Einrichtung der Tastatur erklärt. Es wurde ihm der Unterschied zwischen den weißen und schwarzen Tasten klargemacht, mit besonderer Beachtung der Halbton- Werte, ^ie schon in dem Kapitel über die Stimmungsregeln erörtert wurde, waren die schwarzen Tasten die auf ü, f und g folgten, Kreuz töne, also ds, fis und gis\ die zwei übrigen waren bTöne, also c« und 6. Diese Kenntnis war für die Kadenzen und für die Transpositionen sehr wichtig. Solchen Erläuterungen ist bei unsern Spaniern ein genaues Schema der Klaviatur beigegeben. Genaue Beschreibungen der Klaviatur mit besonderer Bezug- nahme auf die Halbtöne kommen schon bei Lanfranco (Scintäle 123) und bei Aron [ToscaneüOj Kap. 40 und Compendiolo, Fol. E IV) vor. Eine einfache Abbildung der Klaviatur mit Benennung der Tasten be- findet sich bei Vir düng (Mus. get. Fol. G). Eine etwas ausführlicher bezeichnete hat Hans Buchner in seinem Fundamentum (Vierteljahrsschr. V 24). Bermudo gibt schon in seiner Arte Tripharia (1549 Fol. XXTTI) eine ganz ausführliche Abbildung mit Bezeichnung der großen und kleinen Halb töne, der Anfangs töne und des Verlaufes der 8 Modi. Erweitert durch die Hinzufügung der Zahlenreihe, die er in der Tabulatur gebraucht, und der Tonleiteni auf den schwarzen Tasten, befindet sich dieses Schema in seinem größeren Werke (1555 Fol. LXII, vgl. S. 16). Ein ähnliches, aber nicht so vollkommenes Schema hat Sancta Maria (I, Fol. 56). Die Werke der großen, oder auch der weniger bedeutenden Kompo- nisten, die dem Schüler durch seine Elementarstudien zugänglich gemacht wurden, dienten nun dem jungen Klavierspieler, sowie auch dem Sänger als Übungsstoff. Es ist wahrscheinlich, daß die ersten Fingerübungen und Etüden dem jeweiligen Lehrmeister überlassen wurden. Sancta Maria gibt in seinen Anweisungen für Anfänger (S. 53, 54) als ersten Eatschlag, das Üben von Tonleitern über den ganzen Umfang der Klaviatur. Auch die Redobles und Quiebros sollen geübt werden. Auch übe sich der Schüler im Takthalten. Für alle diese Sachen hat Sancta Maria keine weiteren Etüden, wenn man nicht annehmen will, daß die kurzen Bei- spiele zu seinen Erläuterungen auch als Ubungsmaterial dienen sollten. Wie erwähnt, hat wohl der Lehrer seinem Schüler solche Etüden auf- schreiben oder vorspielen müssen. Veranlassung zu einer solchen An- nahme gibt Cabezons Klavierwerk, oder wie ich es eigentlich nennen — 86 — möchte, Klayierschule; denn den Anfang des Werkes bilden einige zweistimmige Stücke um Anfängern das Takthalten zu lehren (dtws para prindpiantes para mostrar a llevar d compas). Darauf folgen einige »duos« auf bekannte Hymnenmelodien. Bei diesen Hymnen liegt die Melodie manchmal in der Oberstimme , manchmal in der Unterstimme. Bei den darauffolgenden dreistimmigen Stücken liegt die Melodie auch zuweilen in der Mittelstimme. Auch Bermudo gibt einige Beispiele, die inän als Etüden betrachten kann, z. B. die Beispiele zu seinen Erläute- rungen von den Tonarten; femer eine Tonleiteretüde und eine Eeihe Hymnenbearbeitungen. (Siehe Notenbeilage S. 228 f.) Es sei hier er- wähnt, daß diese Hymnenbearbeitungen dem Anscheine nach ganz be- sonders in Spanien beliebt waren. Die am häufigsten vorkommenden sind *Ave maris stdla^i und * Fange Lingua*. Abgesehen von diesen wenigen Lehrbeispielen mußte jedoch der Schüler die Kunst des Orgel- und Klavierspiels direkt aus den Werken solcher Meister lernen, die wir gewöhhhch zu den Vokalkomppnisten rechnen. Über die Anknüpfung an die Vokalmusik macht Bermudo spezielle Vor- schläge. Er rät dem Schüler, den Anfang mit einigen ViUandcos von Juan Vazquez zu machen. Sie wären prinzipiell leicht, aber doch nicht musikalisch wertlos. Mit dem Namen ViUandcos bezeichnete man damals in Spanien eine Gattung, die ungefähr den italienischen Frottole gleich- kommt i); eine einfach gehaltene, mehr volkstümliche Musik zu einem ebenfalls einfachen, meistenteils weltlichen Text. Es ist mir nicht ge- lungen, irgendwelche ViUandcos des genannten Vazquez in ihrer Original- form aufzufinden. Daß er aber doch als populärer Komponist galt, geht daraus hervor, daß Miguel Fuenllana in seiner Sammlung von Stücken für die Vihuela2) » Orphenica Lyra^n (Sevilla 1554) einen ganzen Abschnitt den dreistimmigen ViUandcos von Juan Vazquez widmet. In Morphys Neudruck 3) sind sechs dieser Stücke wiedergegeben. Aus diesen Lauten- 1) Barbieri, »Canctonero mtcsical de los siglos XV y XVI*, Madrid 1890, Preliininarea, S. 8, erwähnt, daß einige Stücke, die sich in seinem Cancionero be- finden, auch in Italien von Petrucci gedruckt worden sind ^siendo muy de notar que en la edidon Italiana se les da ü nombre de Froüole cuando aqui se les üama JEstramboteSj stendo por la forma de su poesia y de su mvisica iguales ä nuestros villancieos y canciones*. Über Strophenbau und Musik der italienischen Frottole siehe Schwarz, Vierteljahrsschrift II (1886), S. 427 ff. 2) Die Vihuela war die spanische Parallele der italienischen oder französischen Laute. Die Resonanzdecke hatte die heutige Guitarrenform. Die Zargen waren flach, aber ziemlich hoch, der Boden ein wenig gewölbt. Die Zahl und Stimmung der Saiten waren wie auf der Laute. 3) G. Morphy, »Les Luthistes espagnols du XVI Sikcle*^ Leipzig 1902, S. 206 ff. Ähnliche Stücke auf französischem Boden in der Attaingnant Sammlung 1529. Siehe Anmerkung 1, S. 110. — 87 ~ Sätzen ist schon ersichtlich, daß Bermudos Vorschlag auf triftigen Gründen beruht. Die Stücke sind wirklich nicht ohne musikalischen Beiz. Ihre Faktur ist sehr einfach, zumeist homophon, aber doch hier und da mit f ugierten Anfängen. Einzelne Melodieabschnitte oder Phrasen werden sehr oft hintereinander mit kleinen Varianten und Zwischenspielen wieder- holt. Da die Melodien, wie es bei dieser spanischen Musik sehr häufig der Fall ist, an sich anmutig, reiz- und ausdrucksvoll waren, wodurch bei dem Übertragen auf das Instrument die häufigen Wiederholungen nicht monoton wurden, mußten diese Kompositionen dem jungen Klavier- Schüler einen anziehenden und leichten Ubungstoff darbieten. Nachdem er diese leichteren Stücke bewältigt hat, sollte er sich an schwerere wagen. Hierbei werden die Namen der bekannten Komponisten jener Zeit ge^ nannt. Einen ähnlichen Weg vom leichten zum schweren schlägt Sancta Maria vor, aber ohne Hinweis auf spezielle Komponisten. Dadurch wurde nun dem Schüler der reichlichste Stoff gegeben, eine Fülle von Material, von dem leichtesten homophonen Stückchen bis zu den schwierigsten Produkten der Glanzzeit der Polyphonie. Die Wahl mußte wahrscheinlich dem Meister überlassen werden. Wie es sich aber mit der Anordnung nach der Schwierigkeit der Stücke verhält, davon können wir uns ein eigermaßen klares Bild aus der schon angeführten Ausgabe von Antonio Cabezons Klavierwerke (1578) machen. Aus dem Privileg von 1575 erfahren wir, daß Antonio de Cabezon ein Werk geschrieben hat » Compendio de Musica el quäl servia para tecla [Tasten- instrument] vihicela y arpa<. Dieses hat Hernando Cabezon, sein Sohn, redigiert und in eine Zahlentabulatur übertragen. Das Original scheint nicht mehr erhalten zu sein. In der Vorrede teilt der Sohn mit, daß sein Vater viele Reisen nach Italien und den Niederlanden im Gefolge Phi- lipps n. von Spanien gemacht hätte und daß er deshalb sein Werk nicht hätte 80 ausführen können, wie er es gern gewünscht. Man möge diese Ausgabe betrachten als »die Krumen, die von seinem Tisch gefallen sind; denn es enthält nichts andres als die Aufgaben, die er seinen Schülern gab.« Die Einteilung ist denn auch daraufhin ge- macht, daß das Werk als Lehrbuch dienen kann. Die Anfangsstücke^ die als Studien für das Takthalten bestimmt waren, sind schon erwähnt worden. Darauf folgen die einfachen Stücke, drei- und vierstimmig, über ein Kyrie, einen sonstigen Cantus- Planus- Abschnitt oder über eine Hymnenmelodie. Es folgen eine Anzahl vierstimmiger Tientos (Eecer- caren). Dann kommen Übertragungen von größeren Stücken der Meister der Polyphonie. Kolorierte Stücke werden erst in den späteren Teilen gegeben, und zwar sind die Koloraturen meistenteils von Hernando Cabezon zugesetzt. Die späteren Übertragungen sind nach der Stimmenzahl ge- ordnet. Mehrere Variationswerke kommen vor, darunter einige über Tänze. — 88 — Dieser Einrichtung liegt dasselbe Prinzip zu Grunde, wie den deutschen Lautenbüchem. Aus der italienischen Lautenliteratur läßt sich keine passende Parallele dieser Zeit anführen; denn zum allergrößten Teile sind die italienischen Lautenbücher selbst aus den frühesten Jahren des 16. Jahrhunderts nicht so sehr Lehrbücher, als Sammlungen von Salonstücken. Vincenzo Gralileis T^Fronimo* (lb68)^) ist zwar eine An- weisung zur Kunst des Litavolierens und des Lautenspiels; sie steht aber hoch über allen anderen diesen Gegenstand behandelnden Schriften und beschäftigt sich nicht so sehr mit rein mechanischen Übertragungs- regeln, sondern geht tiefer auf das Wesen des Lautenspiels und auf die künstlerische und sachverständige Wiedergabe eines Vokalsatzes oder eines reinen Instrumentalstückes (vierstimmige Recercaren) auf der Laute ein. Sie richtet sich auch an einen musikalisch gut vorgebildeten Schüler. Die deutschen Lautenbücher aber folgen derselben Anordnung wie Oabezons Lehrbuch. Nach den einleitenden Erklärungen der Tabulatur, der Stimmung usw., folgen leichte zweistimmige Sätze, meistenteils nur der Diskant und Baß von einem mehrstimmigen Stück 2). Dann möglicher- weise zweistimmige freie Stücke (Preambeln, Recercaren usw.). Darauf folgen dreistimmige Liedbearbeitungen. Euer wird bei Bearbeitungen von vierstimmigen Sätzen der Alt weggelassen. Bei dieser Gruppe kommen auch dreistimmige Preambeln vor. Dann kommen Bearbeitungen von vier-, fünf- und sogar sechsstimmigen polyphonen Werken und entsprechend schwere reine Listrumentalstücke. In den ersten Nummern werden Kolo- raturen vermieden und erst mit der zunehmenden Schwierigkeit der Stücke immer mehr eingestreut. Eine ähnliche unkünstlerische Methode, durch Weglassung einiger Stim- men einen erleichterten Lautenauszug eines Vokalstückes herzustellen, scheint in der italienischen und spanischen Lautenliteratur nicht vorzu- kommen. Bei den höheren Anforderungen, die man in diesen Ländern an die Orgel- und Klavierspieler stellte, ist wohl anzunehmen, daß derartige Dinge auf den Tasteninstrumenten nicht üblich waren. Ja, wir werden noch darauf zu sprechen kommen, daß Bermudo und Sancta Maria gerade auf die Wiedergabe jeder Stimme eines mehrstimmigen Werkes Wert legen. Bermudo geht sogar so weit, die Stimmenvermehrung durch Oktavenver- dopplungen zu erlauben. Aber auch die deutschen Organisten scheinen 1) Fronimo. Dialogo di Vineentio Qalilei nobile fiorentmo, sopra Parte del bene iniavolare, et retiamente sofiare la Musica negli strumenti ariificiali di corde como di fiaiCj S in particolare nel Liuto. Nuovamente ristampato. Vinegia 1584. Erste Ausgabe lö68 — 69. 2) Näheres über diese Methode, mehrstimmige Vokalstücke für Laute zu be- arbeiten, findet man bei Ernst Eadecke, »Das deutsche weltliche Lied in der Lautenmusik des 16. Jahrhunderts«. Vierteljahrs schrift VII (1891), S. 294 ff. — 89 — es in diesem Punkt etwas genauer genommen zu haben als ihre lauten- spielende Genossen. So weit mir Vergleichsmaterial zur Verfügung stand, waren mit einer Ausnahme die Sätze bei Kleber und Kotter immer vollständige Übertragungen, die dreistimmigen Sätze Übertragungen von dreistimmigen Vokalwerken, die vier- und fünfstimmigen von ebensolchen Vokalstücken. Die Ausnahme bildet ein Fall in Kotters Tabulatur. Xotters Sätze sind beinahe alle dreistimmig. Nur am Schlüsse der Samm- lung, quasi als Anhang, wird eine in Mensuralnoten notierte Altstimme zu einem in dem Werke selbst enthaltenen >Andernack uf dem rin lag« von Paul Hofhaimer gegeben. Die Komposition von Hofhaimer steht in dem Werk selbst nur dreistimmig. Die am Schluß hinzugefügte vierte Stimme hat den Vermerk »von eim andern darzu zuschlagen«. Die späteren gedruckten deutschen Orgeltabulaturen enthalten immer voll- ständige Sätze, sogar bis zu 12 Stimmen. Das wird von Ammerbach betont »darum / das die Harmonia eines jeden Gesangs gantz volkommen und un- gestümmelt au£f der Orgel und andern jetztermelten Instrumenten [Positiven, Regalen, Virginaln, Clavicordiis, Clavicimbalis, Harficordiis] geschlagen wird / welchs auff Lauten / oder andern Instrumenten / da viel Stimmen zugleich Au£fgeschlagen werden / fuglicherweise allzeit, sonderlich wenn dieselben mit Coloraturn oder Leufftlin geziert werden sollen / nicht geschehen kann«^). Wie schon bemerkt, scheint diese Erleichterungsmethode bei unsern Spaniern nicht üblich gewesen zu sein, sondern bei ihnen fängt der Schüler möglichst bald mit regelrechten dreistimmigen oder vierstimmigen Stücken an, nachdem ihm der Meister einige zweistimmige Spezialstudien niedergeschrieben hatte, wie bei Cabezon^). Was bis heute aus Italien über den Anfangsunterricht auf dem Klavier bekannt geworden ist, stimmt mit diesen Aussagen der Spanier überein. Pietro della Valle (1586—1652) berichtet in seinem Traktat »Z>eto Musica delT Etä nostra*^), daß das erste Stück, welches er auf dem Cembalo spielen lernte, die Vülanella »La prima volta cK io^ war. Da- mals war er kaum acht bis zehn Jahre alt, und sein Lehrer war Stefano Tavolaccio, Organist der ^Madonna dd Popolo< zu Rom. Sein Klavier- unterricht hatte im achten Lebensjahr begonnen. Auch LodovicoZac- 1) Aus der Dedikation der »Orgel oder Instrument Tabulatur« Leipzig 1571«. 2) Bermudo gibt z. B. in seiner Arte Tripharia (Fol. XXXVIlIt^.) mit einer Entschuldigung fär seinen geringen musikalischen Wert ein zweistimmiges Beispiel zum Übertragen in die Tabulatur. 3) In Donis, »TrcUtati di Musica<, Herausgegeben von Gori, Florenz 1763 II, S. 268. Deutsche Übersetzung von della Yall es Traktat von Chrysander in Allg. mus. Zeitung, Leipzig 1868, Nr. 49—62. Vgl. auch Krebs, Dirutas Transilvano, Vierteljahrsschrift VIII (1892), S. 366. — 90 — coni (1555 — 1627) berichtet in seiner Selbstbiographie, daß er zuerst Figural- und Madrigalgesang und dann das Klavier (Ärpichord) spielen lernte. Später (in Ancona bis 1577) studierte er Laute, Viol di gamba und Kontrapunkt. Besonders hatte er es darauf abgesehen, Tanzstücke (baUi) spielen zu lernen^). Solche Tanzstücke werden von unsem beiden Spaniern nicht erwähnt. In den spanischen Lautensammlungen kommen zwar Tänze vor, aber nicht in der großen Anzahl, wie wir sie bei den Italienern finden. Bei Cabezon kommen einige Tänze vor (Pavana itcdiana, OaUarda milanese), aber nicht als selbständige Stücke, sondern als Themata für Klaviervariationen. In Italien kannte man schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts eine Samm- lung von Tänzen für Tasteninstrumente 2). Die früheren handschriftlichen deutschen Orgeltabulaturen enthalten meistens nur Übertragungen von kirchlichen oder weltlichen Vokalwerken und einige freie Preambula. Ganz vereinzelt kommen auch Stücke vor, die direkt als Tänze bezeichnet sind, wie z. B. bei Kotter »Tancz, der schwarcz knab« (Fol. 63), »Der hopp tancz« (Fol. 64t;.). Des öfteren finden wir einen Spanioler. Auch werden unter den weltlichen Liedern mehrere Tanzlieder sein. Die späteren ge- druckten deutschen Tabulaturen, sovrie auch spätere Handschriften ent^ halten neben den Motetten sehr viele Tänze. Was es mit diesen ge- mischten Sammlungen für eine Bewandtnis hatte, werden wir später sehen, (S. 183). Wie sich gegenüber dem Unterricht in Italien und Spanien der deutsche Klavierunterricht verhält, davon ist es möglich^ uns wenigstens teilweise ein Bild zu machen. Es sind uns nämlich aus einigen Nürn- berger Pratrizierfamilien Briefe und Bechnungsbücher erhalten, die manche interessante Aufklärungen auf diesem Gebiete bringen. So z. B. die Briefe eines jungen Patriziersohns Christof Kress (geb. 1541) an seinen Vater 3). Es wird von diesem Knaben berichtet, daß er nach absolviertem Elementarunterricht im Rechnen und Schreiben im neunten Lebens- jahre auf die Lateinschule kam und nebenbei auch bei dem Nürnberger Organisten Paulus Lautensack Musik studierte*). Worauf sich dieser Musikunterricht beschränkte, werden wir aus den Briefen selbst sehen. Im Jahre 1555 oder 1556 wird Christof, 14 oder 15 Jahre alt, nach Leipzig 1) Chrys ander, >Lodovico Zacconi«, Vierteljahrsschrift X, (1894), S. 534. 2) Intaholatura nova di varie sorte di BcUli da sonare per Ärpickordij Clavicem- bcUi, Spineüi tSb Monachordi, RaccoUa di diversi eeceUentissimi Äuiori. Novwmente date in luce S per Antonio Oardane con ogni diligentia stampata. Libro Prima. In Venetia 1551. 26 S. 40 obl. Vgl. Katalog Bologna IV, S. 27. 3) Mitgeteilt von Georg Fjhr. von Kress in den »Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnbergc XI. Heft, (Nürnberg 1896), S. 97 ff. 4] Ebenda, Einleitung S. 98, 99. >- 91 - zum Studieren geschickt. Er wohnte in dem Hause des Professors Joachim Camerarius, der seine Studien leiten sollte. Dieser gelehrte Herr scheint nicht die Musikliebe der Nürnberger Patrizierfamilie geteilt zu haben; denn er ist dem Christof bei der Anschaffung eines Instru- mentes (Clavichord oder Virginal) oder in der Wahl eines Lehrers nicht sehr behilflich, obwohl Vater Kress ihn speziell darum gebeten hat. Ich lasse hier die betreffenden Worte aus den Briefen folgen i). Vater Kress schreibt 1555 oder 1556 an den Professor: »Und kann E. E. nit pergen, nachdem ich ihm [Christof] gelegener Zeit zu unserm Organisten Paulusen Lautensack geen und uf dem instrument lernen lassen , damit er, do ime die zeit und gelegenheit zugelassen wurde, nit in leichtfertigkeit oder müssiggeen verzeren möchte, were an E. E. mein pit, ime ein virginal oder dergleichen instrument zu haben zu vergünstigen, uf das er sich wie gemelt (doch ohne Verhinderung seines studio) üben künte und desselben ufgewendten Unkosten nit gar ohne frucht abgieng« (S. 100). Camerarius antwortet am 24. Februar 1556: »Des Instruments und musika halber meidung, ist mir gantz gef ellig, und sollte E. E. sune in seiner bei mir wonung auch darzu angehalten werden, dann ich solch Hebung für guth, nütze, und ehrlich halte« (S. 102). Trotz dieser Versicherung bemüht sich aber Camerarius nicht sehr, den Christof in seinen musikalischen Studien zu fördern. Der Junge schreibt öfters an den Vater über die Verzögeioing in der Wiederaufnahme des Unterrichts. 28. Apr. 1556. )>Des instruments halben las ich dich wissen, dass sihe hie tewr sindt, doch hoff ich in kurzen stunden eins zu bekommen, dan man hat ir jetzund auf dem marckt £il fail. Auch so hab ich mich erkundigt das ein Organist nicht minder dan im monat ein taller oder vielleicht mer nimbt. Derhalben wan du wider schreibst, wolst michs wissen lassen ob ich weiter zu einem gen sol oder nicht« (S. 111). 6. Mai 1556. ». . . ich fueg dir zuwissen, das ich ein ziemlich guts instrument bekommen hab, aber nicht mehr dan umb acht taller, das hat mir der Pfintzing bezahlt, damit das ich nur eins bekomme, und das ichs nicht vergess, dan meines herrn halben het ich lancksam eines bekommen, dan ich vermerck wol, das er mir nit gern so vil gelts auf einmal geh, und ich hab das instrument allhie bei eim Organisten gehabt, der hat mirs recht bezogen, der sagt, es sei seins gelts wohl werth und sei nicht zu deur und ist ungeverlich ein wenig grosser weder das daheim« (S. 112). 22. Mai 1556. »So hab ich meinem herrn von wegen der lemung auf dem instrument gefragt, wie das du mich gern noch 1 jar wolst darauf lernen lassen, so ser es mich an meiner lernung nicht verhindert« (S. 112). 1) Die Seitenangaben beziehen sieb auf die zitierte Veröffentlichung. — 92 — Mehrmals spricht sich noch Christof seinem Vater gegenüber über die Verzögerung des Unterrichts aus und bittet ihn, den Herrn Professor nochmals daran zu erinnern. Mittlerweile will er sich selber weiter helfen und setzt sich zu diesem Zwecke durch den Vater mit seinem alten Lehrer in Nürnberg in Verbindung. 9. Aug. 1556. »Grues mir auch den Paulus Lautensack und bit in von meinetwegen das er ein, zwei stücklein auf das instrument schick, die ich ein weil lern, bis ich hie anfang, und das er mirs deutlich aussetzt, damit ich alsdebesser lernen kann. Sonderlich aber wolt ich gern das Le contant haben« (S. 115). ^_^ •• •• Hier haben wir eine bestimmte Äußerung über den Ubungsstoff des jungen Nürnbergers; denn das >Le contant^ wird kaum etwas anders sein als die französische Chanson >Le C07itent est riehen. Eine Klavier- bearbeitung dieses Liedes erschien schon 1530 in der Klaviersammlung von Attaingnant (siehe Musikbeispiele S. 260) und daß es speziell von dem deutschen Studenten von seinem früheren Lehrer erbeten wird, ist ein Beweis für die Beliebtheit und die Verbreitung des Liedes^). Christof erhält das Stück, muß sich aber noch weiter alleine helfen; denn Professor Camerarius kümmert sich nicht um die Sache. 14. Sept. 1556. >Das liedt vom Paulus Lautensack hab ich empfangen und kan mich also wol daraus verrichten, und ist mein bit an dich, du wolest in weiter ansprechen, das er mir etwas guts schickh und also wie das vorig aussetz« (S. 116). Endlich wendet sich der Vater an die Frau Camarius mit der Bitte, die Wahl eines Lehrers zu übernehmen. Inzwischen aber läßt sich Christof noch weitere Stücke von Lautensack schicken. 13. Oct. 1556. > Lieber Vater, ich fueg dir zu wissen, das ich auf dein schreiben und bevelh bei meiner frawen jetzund wir [werde] anheben auff dem instrument zu lernen. Was er [der Organist] aber das Monat von mir nemen wil, das kan ich dir nicht zuwissen tun. Aber ich neben meines herrn son auf bevelh meines herrn woln aufs nechst mit im handeln, was er nemen wöU, und dir dasselbig auff das erst zuschreiben« (S. 117). 20. Oct. 1556. »Weiter fueg ich dir zuwissen, das ich hab angefangen zulernen bei eim Organisten, der hat sich erpoten, was im ein anderer geh, das sol mir auch widerfarn« (S. 119). 14. Dec. 1556. ». . . fueg dir aber zuwissen das ich allhie bei einem Organisten lern, an dem ich noch kein mangel hab, sondern mich fieissig und 1) Gedruckt wurde der Vokalsatz in dem »Primo Libro de le Canxoni Franxeae nuovamente stampate, et per Andrea Antigo intagliate^ db con diligentia corrette. Apud Oetavianum Scotum [Venedig] 1536«, von dem mir nur der Alt und der Baß auf der Münchener Bibliothek bekannt sind. i j — 93 — treulich des tags eine halbe stunde unterweist. "Was aber den lohn bedrifft, weis ich nicht, was man im geben soll, hat gleichwol meines heiren sun gesagt, wol mich eim andern gleichhalten und von mir was billich und recht sei, nemen (S. 119). Am 3. Juli 1557 schreibt Christof auf Veranlassung seines Leipziger Lehrers an den Vater und bittet, durch Lautensack, Saiten besorgen zu lassen, »mir eine gattung und dem Organisten eine, jeder Seiten und gattung 2 roln wie sie dan zum instrument gehörn« (S. 121). Erst nachdem Christof beinahe ein ganzes Jahr von dem Leipziger Organisten unterrichtet worden ist, wird die Frage des Honorars definitiv erledigt. 18. Sept. 1557. »Nachdem ich bei dem hiesigen Organisten ein jar zu- lernen angefangen und dasselbig bis an 6 wochen verlaufen ist, so fueg ich dir zu wissen das er das monat 1 taler haben wil. Wiewol es vil gelts-ist, aber jedoch mus ich bekennen, das er mich fleissig und treulich dafür ge- lernet und unterwiesen hat, versieh mich auch gentzlich, es sol nicht übel angelegt sein. Dieweil ich also weiter keines lermeisters auf dem instrument (doch den Paulus Lautensack ausgenommen) bedarf und mich also nun selbs darein schicken kan und wil, so ist mein gantz freuntlich bit an dich, die- weil jetzund sunst bei meiner frawen auf dem markt vil ausgebens ist, so mocht es meiner frawen also vil gelts auf einmal beschwerlich sein, bit der- halben, du wollest so wol thun und das gelt einem kaufman, nemblich dem Strauben, deinem hausherrn, welcher auf den markt auch herein zeucht, oder sunst einem, mit dem du bekannt bist, zustehen, das ich dasselbig allhie empfange. Ich bin auch von einem Studenten oder 2, die Organisten sindt, die mich haben hören schlagen, und gesagt, das mir nichts fei weder das ich nicht singen kun, vermant worden dass ich dasselbig lernen wöll, welches mir zu grossem nutz geraichen werdt, hab derhalben mit einem wolgelerten Studenten, der auch wol singen kan, welchen mein herr Camerarius heur an eines knechts stat angenomen, geret, welcher mir solchs zulernen gesagt und verhoff auch dasselbig mit Gottes hilf, an meiner studien verhindernuss, in 6 oder 8 wochen zulernen (dan es nichts sonderlichs schwer ist) und wil alsdan so ich singen kann, den Paulus Lautensack zuhilff nemen, ime da- rurab schreiben und selber lernen aussetzen und schlagen, was mir gefeit« (8. 123). Näheres über das Leipziger Studium Kress' lernen wir aus den Briefen nicht. Als aber Christof später nach Bologna geht, berichtet er auch über Einzelnes, das nicht ohne Interesse für uns ist, indem es über die Verhältnisse Aufschluß gibt, unter denen die deutschen Studenten, die nicht speziell Musik studierten, in Italien ihre Liebhaberei verfolgten. Auf der Reise schickt er noch (8. Sept. 1559) einen Gruß an Lautensack und schreibt dann in einem seiner ersten Briefe aus Bologna. - 94 ~ 30. Okt. 1559. »Diser Zeit hab ich zukauffen kein instrument kunnen bekummen, ist mir aber ein zimli^^h guts geliben worden darum ich alle monat 2 oder 3 patzen geben soll, wil dasselbig ein zeit lang brauchen, dan solt ich mirs kaufen, so sind sie theur und kunts einmal um solchd geldt nicht wieder anwenden« (S. 145). Später bestellt sich Christof für dieses geliehene Instrument Saiten aus Nürnberg, macht aber dann die Bestellung rückgängig, weil er so viel er braucht, von dem Instrumentenleiher bekommen kann und weil solche Sendungen in Venedig oft verloren gehen (S. 151). Vater Kress hält den nunmehr neunzehnjährigen Sohn immer noch zum fleißigen Üben auf dem Instrument an. Seine andern Studien aber scheinen ihn mehr in Anspruch zu nehmen, und wir hören nicht mehr so viel von der Musik. Nur noch einmal in dem letzten Brief aus Bologna wird die Musik er- wähnt und zwar als Beschäftigung während einer unangenehmen heißen Zeit. 24. Aug. 1560. >SunBt sthat mein fach in zimlichen wesen, hat mich die hitz ein zeit lang wass verhindert, dass ich schier gar nichts ausrichten kunnen, soll jetzund hinfortan widenim hereingebracht werden. Hab die jZeit die musica sampt andern exercitiis getriben« [S. 171). Diese Briefe des jungen Nürnbergers geben nach manchen Richtungen hin ein sehr interessantes Bild. Die wichtigsten Züge, die wir ihm ent- nehmen, belehren uns z. B. über die Unterrichtsjahre. Der Unterricht fing ipi neunten Lebensjahr an und dauerte durch die Leipziger Studien- jahre bis 1559, also ungefähr zehn Jahre. Christof, schreibt, als ob er bis dahin genug gelernt haben wollte, um sich ohne Meister weiter helfen 2U können. Die italienischen Briefe erwähnen auch keinen Lehrmeister in Bologna. Über das Lehrmaterial und die Übungen erhalten wir keine Nachricht außer der Erwähnung der französischen Chanson >Le Content <. Es wird wohl zum größten Teil aus solchen abgesetzten Liedern bestanden haben. In dem täglichen Unterricht (bei Kress täglich eine .halbe Stunde) kommt die deutsche Anschauung der des Spaniers Bermudo entgegen. Merkwürdig und bezeichnend für die ganze deutsche Klavierübung jener Zeit ist die Tatsache, daß Christof Kress für sein Klavierspiel keinerlei allgemeine musikalische Vorbildung hatte. Er scheint das Klavierspiel ganz mechanisch gelernt zu .haben. Während der Leipziger Jahre muß ihm noch sein Lehrer alle Stücke deutlich in die Tabulatur übertragen. Erst gegen Ende des Leipziger Aufenthaltes läßt er sich von Komilitonen überreden, das Singen, d. i. die Notenkenntnis und die allgemeinen Grund- lagen der Musik, zu lernen, damit er in Zukunft Stücke für sich selbst übertragen könne. Wir werden sehen, daß noch bis in das 17. Jahr- hundert diese allgemeine musikalische Bildung den deutschen Organisten fehlte und daß die Mängel ihnen gerade in der Ausübung der Kunst r — 95 — •des Generalbaßspieles Schwierigkeiten machten. So erklären sich die in den deutschen Lehrbüchern, wie Virdung und Agricola, immer wieder- kehrenden mechanischen Regeln für die Absetzung eines Stückes in die Orgel- oder Lautentabulatur. Das auf der Kenntnis der Kompositions- lehre beruhende freie Fantasiaspielen, wie wir es bei unsern Spaniern kennen lernten, die es für jeden gebildeten Spieler als Notwendigkeit betrachteten, war in Deutschland nicht unbekannt, schien aber für etwas Esoterisches zu gelten. Vir düng (Mus. get. t^ol. D IV«^.) äußert sich einmal darüber: »So du aber vor hin ein wenig application der finger hattest / so ge- traw ich dich wol daruff zu lernen / durch die tabulatur was vor hin gesetzt ist / zu disem mal / Aber das contrapunckt zu lernen / un ad placitum hin z\x spielen uff kor gesang oder sunst das wil ich in dem andern buch für geben«. Das »ander buch« ist aber bekanntlich nie erschienen oder wenigstens bis jetzt nicht gefunden worden. Es sollte eine ausführliche Mu«iklehre / enthalten, von dem das im Druck erschienene Werk nur ein Auszug war. Diesem Mangel an allgemeiner musikalischer Bildung ist auch wohl die manchmal recht geschmacklose Herrichtung der Übertragung eines Werkes hei den deutschen Koloristen zuzuschreiben. Beide Lehrer des Christof waren Organisten. Von dem Nürnberger Lautensack wenigstens wissen wir, daß er auch das Amt eines Kirchen- organisten an St. Sebald bekleidete ^). Der Leipziger, dessen Namen wir nicht erfahren, war aber wohl auch Kirchenorganist. Das Instrument, auf dem Christof spielen lernte, war ein besaitetes Tasteninstrument. Von der Orgel ist niemals die Rede. Christofs Vater schreibt einmal von einem Virginal. Wir werden aber in dem Falle eines etwas jüngeren Mitbürgers des Christof sehen, daß das übliche Instrument das Clavi- chord war, und es wird wohl auch ein Clavichord gewesen sein, auf dem Christof meistenteils spielte. Ob die zwei Studenten, deren Urteil über sein Spiel ■ Christof dem Vater mitteilt und die er Organisten nennt, wirkliche Orgelspieler waren, oder, wie er selber, gebildete Dilettanten auf dem Klavier, steht nicht fest. Jedenfalls beweist es uns, daß man einen strengen Unterschied zwischen Orgel- und Klavierspieler nicht machte. Bezeichui-ad für den jungen Patrizier, dem es an Geld nicht fehlte, ist die Mühe, die er sich gibt, ein gutes Instrument in Leipzig anzuschaffen, und es seinem Leipziger Lehrer zur Begutachtung und Besaitung ins Haus zu tragen obwohl er zu Hause schon eins hatte. Es darf nicht vergessen werden, daß Kress' Ausbildung nicht die eines Pachmusikers, sondern nur die eines Dilettanten war, eine Tatsache, 1) Vgl. Adolf Sandbergers Einleitung zu Band V der Denkmäler der Tonkunst in Deutschland. Zweite Folge. (Bayern). — 96 — die in dem Vergleich mit den früher erwähnten Italienern della Valle und Zacconi, die Mängel der deutschen Bildung ein wenig entschuldigt, ohwohl wir bei Sancta Maria und Bermudo gesehen haben, daß sie ihre Forderungen von einer gründlichen Vorbildung ganz allgemein aufstellten und daß Bermudo geradezu mit Verachtung von den bloßen Tabulatur- Spielern spricht. Es ist schade, daß wir über die musikalische Tätigkeit während Christofs italienischem Aufenthalt so wenig erfahren. Es wäre durchaus wichtig gewesen zu wissen, welche neue Standpunkte er da hat einnehmen müssen und welche Einflüsse auf ihn einwirkten. Manches, was wir über die musikalische Erziehung der Nürnberger Patriziersöhne in Kress' Briefen lesen, findet seine Bestätigung in den Bechnungsbüchem eines zweiten Nürnberger Bürgers, Paul Behaim^). Einer seiner Söhne, gleichfalls Paulus genannt, wurde am 8. Okt. 1557 geboren 2). Am 31. März 1562 wird er zum ersten Mal zu einem Schul- meister geführt (S. 123). Aus dem Jahre 1567, als der kleine Behaim zehn Jahr alt war, haben wir folgende Notiz in des Vaters Bechnungs- bücher: »a di 9 november hab ich mein Paulus zum organist lassen gen, sol in auf dem KlafEcordia lernen schlagen und soll ich im alle 4 wochen 1 fl. zu lernen bezalen, dem Paulus Lautensack, hab ich im auf die hant zalt — — 1 fl.< (8. 129). Das Haus Behaim scheint um diese Zeit (1568) kein Clavichord be- sessen zu haben, obwohl früher (1554) der ältere Behaim diese Eintragung in seine Bücher gemacht hatte: > a di 6 jenner zalt eim maier von eim Klafficordia zu malen, ist gar klein mit meinem wappen, thut 2 thaler, — 2fl2^ 12 A mer zalt für das klafficordi im anfang thut 21/2 thaler 2fl7^6A«(S. 75). Wir lesen aber 1568 » Verert dem Lautensack, er sein Clafficordia dem Paulus gelihen 4 AT 24 A< (8. 129). und weiter in demselben Jahr >A dl den 12 jenner zalt dem Bonifazius Nottle für ein Clafficordia darauf mein Paulus lernen soll cost 2 fl« (S. 132). Der Paulus Lautensack, der hier als Lehrer des jungen Behaims ge- nannt wird, soll der Sohn desjenigen sein, der Christof Kress im Klavier- 1) Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Heft VII, Nürnberg 1892. »Aus Paulus Behaims Rechnungsbüchern«. Mitgeteilt von J. Ea- mann. Diese Briefe hat schon Ad. Sandberger in seinem Vorwort zu dem V. Band der Denkmäler der Tonkunst in Deutschland benutzt. Zweite Folge (Bayern). Die Seitenangaben beziehen sich auf Eamanns Veröffentlichung. 2) Vgl. Biedermann, Geschlechtsregister, Tab. VII und VIII. — 97 — spiel unterrichtete*). Er scheint vor dem Jahr 1571 gestorben oder von Nürnberg weggegangen zu sein; denn der kleine Behaim hat in diesem Jahre einen anderen Lehrer. »A di den 11 november [1671] zalt ich Jörg vom Hof wegen das er dem Paulus auf dem isterament lert, 1 fl« (S. 132). und weiter >A di primo jenner verert ich dem Jörg vom Hof zum neien jar, von wegen das er fleis mit dem Paulusen haben soll 4: & 6 A.« (S. 132). Bald darauf am 21. April 1572 (S. 133) geht auch der junge Behaim, 14Y2 Jahre alt, nach Leipzig. Dort setzt er seine Musikübungen weiter fort; denn am 26. Juli erhält der Vater von ihm einen Brief, in dem er ihm mitteilt, daß er 10 fl. geborgt und 3 davon für ein >isterement« gegeben habe (S. 134). Der weitere Studiengang wird wohl wie der des Christof Bjess verlaufen sein. Wie Kress nach Bologna, so ging Behaim später (1575) nach Paduä, wo er bis 1578 blieb 2). Ob es bei Paulus Behaim mit der musikalischen Bildung im allgemeinen so schlecht bestellt war wie bei Christof Kress, wissen wir nicht. Auf das Gegenteil könnte man vielleicht schließen, wenn man im Jahre 1567, also in demselben Jahre als Paulus seinen Klavierunterricht begann, liest: »1 gesangpüchlein für mein Paulus 6 ^ 9 Jv.« (S. 129). Jedenfalls liefern die Briefe dieser beiden jungen Nürnberger ein nicht schlechtes Zeugnis für die Hochachtung, in der das Elavierspiel bei den wohlhabenden Nürnberger Familien stand. Auf des älteren Behaims Verhältnis zu dem Organisten Lautensack und auf die Musikliebe der Nürnberger und Augsburger Patrizier werden wir später wieder zurück- kommen. (Vgl. S. 152, 186 dieser Arbeit.) Nach diesem Vergleich zwischen dem Klavierunterricht in Deutschland und in Italien und Spanien möchte ich gerade für die beiden letzteren Länder die Frage auf werfen, in welcher Form der Stoff dem Schüler und dem Spieler überhaupt vorgelegt wurde. Durch das Zurückgreifen auf die Vokalmusik oder genauer ausgedrückt, auf polyphone Stücke, die zu 1) Vgl. »Mitteilungen des Ver. f. Gesch. d. St. Nürnbergc VII. S. 59, Anmerkung 2 and Sandberger, Denkmäler der Tonkunst in Bayern V, S. XVI, XVII. 2) »Briefe eines Leipziger Studenten [Paul Behaim] aus den Jahren 1572 — 74« (Herausgegeben von Dr. W. Loose. Beilage zum Jahresbericht der Bealschule zu Heißen 1880, Programm Nr. 480) enthalten nichts über die musikalische Betätigung Behaims in Leipzig. »Paul Behaims Briefe aus Leipzig und Padua« veröffentlicht von W. Loose, (Qratulationsprogramm der Realschule und des Progymnasiums in Meißen 1879) waren mir nicht zugänglich. Kinkel dey, Orgel nnd Klavier. 7 - 98 — einem Text komponiert waren, wurde ja dem Instrumentalisten ein enormes Material zur Yerfügung gestellt. Aber dem, der mit der Vokalmusik des 16. Jahrhunderts und der früheren Zeiten vertraut ist, werden gleich einige Schwierigkeiten auffallen. Die gedruckte Vokalmusik ist uns ja meistenteils nur in einzelnen Stimmbüchem erhalten. Wo sie nicht in solchen einzelnen Heften, von denen jeder Sänger oder jede Stimme ihr eigenes Heft vor sich hatte, vorliegt, da wurde sie in der älteren Ohor- buchform veröffentlicht. Das heißt, die Stimmen wurden alle nur in ein Buch gedruckt, nicht etwa in mehreren zusammengehörigen parallellaufenden Liniensystemen, eins unter dem anderen wie in den modernen Partituren, sondern jede einzelne Stimme für sich allein da- stehend und in dieser Weise eine nach der andern über die Seite oder über die beiden Seiten des aufgeschlagenen Buches verteilt. In dieser Form konnte das Buch auf einem Pulte vor die Sänger hingestellt werden, so daß es alle sehen und jeder seine Stimme davon absingen konnte. Zu diesem Zwecke wurden auch diese Bübher häufig in sehr großem Folioformat gedruckt. Dieselbe Anordnung der Stimmen war auch in den handschriftlichen Notenbüchem vor dem 16. Jahrhundert und noch während des 16. Jahrhunderts gebräucUich. Was sollte nun der Organist oder der B^lavierspieler mit solchen Werken anfangen? Die erstaunliche Antwort auf die Frage lautet; »Er sollte sie spielen«. So unmöglich das uns heute auch erscheinen mag, Bermudo bezeugt klar und ohne Zweifel, daß es nicht nur möglich war, sondern daß es von jedem guten Spieler verlangt wurde. Bermudo erwähnt drei Arten, von Noten zu spielen (S. 20). Für Dilettanten oder musikunkundige Spieler schlägt er die mechanische Ziffern- oder Buch- stabentabulatur vor, die wir speziell in Deutschland kennen. Für den etwas weiter gebildeten Musiker bevorzugt er eine mit Taktstrichen ver- sehene Partitur gleich unseren modernen. Das beste aber ist das di- rekte Abspielen von dem gewöhnlichen Notenbuch (libro de canto de organo). Aus der Schwierigkeit dieser Methode macht Bermudo kein Hehl. Es erfordert die größte Aufmerksamkeit, alle Stimmen genau zu verfolgen. Auch die Stücke, die Bermudo gibt, von ihm speziell zum Spielen komponiert, sind in dieser Chorbuchanordnung gedruckt. Sancta Maria macht es dem Spieler etwas leichter, indem er die Beispiele meistenteils auf parallellaufenden Systemen, eine Stimme direkt unter der anderen, aber ohne Taktstrich und ohne Eücksicht auf die zusammen- gehörenden Noten aufzeichnet. Dabei sei auch erwähnt, daß Sancta Maria in dem Kapitel über das Absetzen von Mensuralmusik auf das Monochord {Cap. XX. *De avisos breves y faeiles para poner obras de canto de organo en d Monachordo<, Vgl. S. 45 f.) kein Wort über irgend eine Art Tabulatur verliert. Im Gegenteil, seine Anweisung, die Noten — 99 — genau Takt für Takt ins Auge zu fassen, und daß nie in irgend einer Stimme eine Note aus dem nächsten Takt genommen werde, bis alle andern Stimmen zu dem betreffenden TaktschluB gekommen sind, würde viel eher auf ein direktes Abspielen der Stimmen passen als auf ein Intayolieren, zumal für den Anfänger das Zusammenfassen nach Halb- takten als leichter erklärt wird als die Ganztaktmethode. Daß aber im allgemeinen auf die Fähigkeit^ solche einzeln gedruckte Stimmen zu lesen und im Zusammenhang aufzufassen, in dieser Zeit gerechnet wurde, läßt sich schon daraus yermuten, daß in den theoretischen Lehrbüchern fast nie eine partiturähnliche Anordnung der Beispiele vorkommt, sondern alle Stimmen einzeln für sich gedruckt werden. Auf diesem Punkt werden wir noch in dem Abschnitt über das Partiturwesen und dem Uri^rung des Basso-continuo zurückkommen. Das hier Gesagte soll eine Erklärung bieten für die hohen Anforderungen, die an den Organisten und lOavierspieler gestellt wurden und für die lange Zeit, die für das Studium angesetzt wird. Denn es bedarf ohne Zweifel einer langen Übung, um diese Art des Partiturlesens zu beherrschen. Und auch daraus erklären sich zum Teil die Forderungen, daß ein Organist ein guter Theoretiker sein und etwas von der Kompo- sitionslehre verstehen müsse. Denn es würde keine 10 oder 20 Jahre Jahre kosten, um sich nur eine Fingertechnik anzueignen, die alles das leisten könnte, was selbst in den schwierigsten Stücken, die aus dieser Zeit auf uns gekommen sind, verlangt wird. Hierin möchte ich auch den Grund dafür suchen, daß trotz der großen Anzahl von Künstlernamen, die uns bekannt sind und trotz der vielen Nachrichten von ihrer Tätig- keit auf dem Gebiete der Orgelkunst, die Zahl der praktischen Denk- mäler, besonders vor der Mitte des 16. Jahrhunderts, so auffallend klein ist. Denmach muß man den Begriff >Orgelwerke« für die Zeit vor dem 16. Jahrhundert und noch zum Teil für das 16. Jahrhundert etwas anders fassen, als man es jetzt tut. Wenn man von Orgelwerken aus dieser Zeit spricht, so denkt man zunächst an die wenigen bekannten Stücke in Tabulatur, die beinahe alle an den Fingern aufzuzählen sind. Die ältesten bisher aufgefundenen Stücke dieser Art sind diejenigen, die in dem in der Einleitung (S. 4) schon erwähnten englischen Denkmal aus dem 14. Jahrhundert vorkommen. Das Werk ist nicht als Orgeltabulatur, bezeichnet, entspricht aber ganz dem Charakter der Orgelstücke der Früh- zeit, wie wir sie zum Teil schon erörtert haben. Es enthält in Wirklich- keit mehrere Stücke zu Texten komponiert, zum Teil in Buchstaben- tabulatur mit ausgeschriebenen Verzierungen notiert. Aber diese wenigen Stücke sind wohl nicht die einzigen Orgelwerke, die aus dieser Zeit vor- handen sind. Denn nach dem oben Gesagten kann man jedes Stück, 7* — 100 — welches in passender Form notiert ist, als Orgelwerk ansehen. Selbst- verständlich brauchte es der Organist nicht so einfach und schlicht, wie es da steht, zu spielen; denn wir werden sehen, die Yerzierungskunst gehörte auch zum Orgelspiel. Das Orgelspiel war auch nicht auf da& Spielen von fertig niedergeschriebenen Stücken beschränkt, denn au» unsem Spaniern geht hervor, daß das Höchste in der Orgelkunst doch das freie Fantasieren war. Um aber ein Beispiel von der Anwendung dieses erweiterten Begriffes »Orgelspiel« zu geben, möchte ich folgendes anführen. Aus der Florentiner Biblioteca Medicea Laurenxiana ist uns eine Prachthandschrift aus dem 14. Jahrhundert bekannt, der sogenannte Squarcialupi Codex, worin die Werke älterer italienischer, besonders Florentiner Komponisten ent- halten sind. Die meisten Stücke sind zweistimmig, manche drei-, einige einstimmig. Das Werk gehörte dem hochberühmten Florentiner Orga- nisten Antonio Squarcialupi (f ca. 1470). Einige Blätter sind in Faksi- mile von Gandolfi herausgegeben worden^). Schon bei diesen wenigen Faksimilien, die in der Florentiner Denkschrift von 1902 mitgeteilt werden, sieht man in den Miniaturen die häufigen Abbildungen eines Portatifs. Der große B>uhm Squarcialupis als Orgelspieler legt den Gedanken nahe, daß er trotz der schwierigen alten Anordnimg der Stimmen, dieses Werk doch als Orgelsammlung benutzt hat, zumal es bei einem Blick in die Original- notation und ihre Übertragungen in dem zweiten und dritten Teil des Wolf sehen Werkes über Mensuralnotation ^) sofort auffallen muß, daß die Stücke ein viel mehr instrumentales als vokales Gepräge zeigen. Die einzelnen Textsilben scheinen zuweilen für außerordentlich lange Melismen zu gelten, die des öfteren durch Pausen unterbrochen sind. Die häufigen Hoquetus-Stellen werden auf dem Tasteninstrument ganz selbstverständlich, während sie für den Yokalstil immer fremd wirken müssen. Biemann hat schon erkannt, daß diese Stücke nicht reine Vokalstücke sind 3). Er nimmt an, daß sie durch Yokalstimmen mit instrumentaler Begleitung* ausgeführt wurden, und sucht nun das instrumentale Element heraus- zuschälen. Noch einfacher scheint mir die Erklärung, daß es reine Orgelwerke sind. Mit dieser Annahme werden Hoquetus - Stellen (wie z. B. Wolf m, 102, Zeüe 3, 147, Zeile 3, 103, ZeUe 4—5) musi- kalisch leicht denkbar und ausführbar, jedenfalls leichter auszuführen als 1) Dreizehn Seiten in Faksimile mit Einleitung von Gandolfi in »lüustraxionz di ahimi cimeli concementi Varte musiecUe in Firenxe^, Florenz 1902, Tav. VII bis XIX. Näheres über die Handschrift und ihren Inhalt bei Wolf, »Geschichte der Mensuralnotation«, Leipzig 1904 I, S. 228 ff. 2) Originalgestalt Teil II, S. 61—100. Übertragungen Teil III, S. 92—134. 3) Sammelbände der IMG VII (1906), S. 529fF. Handbuch der Musikgeschichte I, Teil 2, S. 306 ff., II, Teil 1, S. 18 ff. - 101 — . .; . mit einzelniBn Instrumenten. Damit fällt auch die Notwendigkeit einer Oktavtransposition der Mittelstimme weg, zu der Biemaniti'iij:' Reiner Aus- gäbe für den modernen praktischen Gebrauch greift i). / . Dazu kommt noch die Tatsache, daß die meisten dieser Stücke- .mit vielen in kleinen Notenwerten geschriebenen Verzierungen besonders h. der Oberstimme versehen sind, die sehr oft den ümspielungen eines Tones bei den deutschen Koloristen des 16. Jahrhunderts zum Verwechseln ähnlich sind. Auffallen muß auch die Eigentümlichkeit, daß in dem Squarcialupi- Codex* sowie in einigen verwandten Handschriften 2) die Stimmen durchgehend auf Systemen von sechs Linien stehen, während man sonst in dieser Zeit sich fast immer des üblichen Fünfliniensystems bediente. Systeme von mehr als fünf Linien sind für die spätere itali- enische Orgeltabulatur (16. Jahrhundert) bezeichnend, besonders das System von sechs Linien für die rechte Hand. Vergleicht man nun die Stücke des Squarcialupi-Oodex und der verwandten Handschriften mit dem eben- falls bei Wolf (Beispiele Nr. 78) mitgeteilten Probestück aus dem schon erwähnten englischen Denkmal, bei dem man die Ansicht, es sei eine Orgeltabulatur, fast nie beanstandet hat, so fällt einem sofort die Ähnlich- keit in der eigentümlichen Gestalt auf. Wir finden dieselben orgelmäßigen Umspielungen der melodischen Haupttöne besonders in der Oberstimme, dieselben auffaUenden Hoquetus-SteUen (Wolf HI, S. 195, ^ile 3, S. 198 Zeile 2). Das plötzliche Einschalten eines Extratones, damit der Akkord dreistimmig wird, ist durchaus orgelmäßig. Im übrigen lassen sich auch anderswo Beispiele für solche ausnahmsweise hinzugefügte Töne auf- weisen. Wolf führt unter Nr. 36 ein Stück von Dufay aus einem Nürnberger Fragment an. Hier treten auf einmal an verschiedenen Stellen Stimmenspaltungen ein. Besonders bei einigen Stellen, wo sich durch die Spaltung volle vierstimmige Akkorde ergeben in dem dreistimmigen Satz und wo diese Akkorde (noch mit Fermaten versehen sind, denkt man leicht an lange Orgelakkorde, die durch die plötzlich eingeschobenen Töne voller klingend werden. In einer Handschrift (London, Brit. Mus. Add. Mss. 29987), die ähnliche Notenformen und Gestalt der Stücke aufweist, wie der Squarcialupi-Oodex und die von Wolf auch in dieselbe Klasse wie dieser gestellt wird, kommt die Form ^J" vor (Wolf 11 107) 3). 1) Vgl. z. B. aus Riemanns »Hausmusik aus alter Zeitc, Leipzig [1906], Heft I, Nr. 2. Francesco Ländinos, *Per la mie dolee piaga< mit dem Original in Wolfs Geschichte II, S. 92 oder III, S. 126. 2) Vgl. Wolf, Mensuralnotation I, S. 244, 250, 268. 3) Biemann, Sammelbände der IMG YII (1906), S. 632, Anmerkung 1 macht schon auf andere solche merkwürdige Stellen aufmerksam. Er hält sie auch für Überreste einer Organalmanier. Stellen, wie die Schlußnoten c 3 , wie sie oft in Stainers *Early Bodleicm Musie< vorkommen, erinnern an Bermudos Triller nach beiden Seiten der Hauptnote. (Vgl. S. 14). . • :• • la 102 — Wenn man '»b^ die Geschichte Ton dem Orgelwettstreit zwischen Francesco 'La n*d in und seinem venetianischen Bivalen Francesco da Pe8.arö dei&t, wenn man die Sammlung von Grabschriften für den Or- ♦ * • * ^^suusten'Squarcialupi liest^), wenn man erfährt, daß in dem Nachlaß ; des'Lorenzo Maginfico sich vier verschiedene Hauso'rgeln befanden 2), wird einem der Gedanke nahe gebracht, daß einerseits diese ganze eigenartige Kunstentwicklung und die Entwicklung* ihrer Notation mit der Orgelkunst in direkter Verbindung stehen, und daß anderseits die Samm- lungen, in denen uns diese spezielle Musik überliefert ist, auch in der späteren Zeit solchen Virtuosen wie Squarcialupi für die Ausübung ihrer Kunst bei den prunkvollen Hoffestlichkeiten oder bei den schlichteren häuslichen Unterhaltungen als Grundlage dienten, wenn nicht gar als einfaches und spezielles Notenbuch für Orgelstücke. "Wenn es sich nach- weisen ließe, daß die Mehrzahl der im Squarcialupi-Codex vertretenen Komponisten Organisten waren, wie es von einigen bekannt ist, so wäre es noch wahrscheinlicher, daß wir es hier mit Orgelstücken zu tun haben ; und die Verbreitung der mit dem Squarcialupi-Codex verwandten Hand- schriften , in denen auch zum großen Teil dieselben Komponisten ver- treten sind, würde auf die Verbreitung des norditalienischen Orgelspiels hindeuten. Zwei besondere Schwierigkeiten stehen dieser Annahme, daß wir es bei den auf mehreren Systemen aufgezeichneten Kompositionen mit Orgel- stücken zu tun haben, im Wege, die aber doch beseitigt oder wenigstens zum Teil erklärt werden können. Die erste besteht darin, daß die Stücke in Stimmen geschrieben sind. Wie wir gesehen haben, sollte dieses für den tüchtigen Organisten kein Hindernis sein. Aber gerade bei dem Squarcinalupi-Codex, wo die Mehrzahl der Stücke zweistimmig ist und wo überhaupt nie mehr als drei Stimmen zusammenzulesen sind^ wäre es dem Organisten nicht allzuschwer geworden, wenn er nur mit den komplizierten Kegeln der Mensurierung vertraut war. Allerdings ist bei Stücken, die nicht ganz auf einer Seite oder auf zwei gegenüber stehenden Seiten geschrieben sind, an ein vom-Blatt-spielen nicht zu denken. Die zweite Schwierigkeit würde darin bestehen, daß den Stücken immer ein Text untergelegt ist. Aber gerade das Mißverhältnis zwischen 1) Vollständig mitgeteilt bei Wolf I, S. 229ff. Fast ohne Ausnahme betonen die verschiedenen Grabschriffcen, die zur Auswahl geboten wurden, sehr stark das bezaubernde Orgelspiel Squarcialupis. Von irgend einer anderen Tätigkeit als Musiker wird kein Wort verloren. 2) Siebe Nerici, *Storia deüa mtisiea in Lucca*. Nach diesem gehörten die Instrumente dem Lorenzo und nicht dem >Landino Squarcialupi« wie Eornmüller (Haberls Eirchenmus. Jahrbuch 1893, S. 3, Anmerkung 16] mitteilt. — 163 — diesem Text und der Musik hatte schon Eiemann zu seinen Versuchen geführt, das instrumentale Element von dem Best zu sondern und den Text mit diesem Eest in Verbindung zu bringen. Der Text ist auch dem englischen Denkmal untergelegt. Die Stücke des Squarcialupi- Codex könnten ebensogut wie dieses Transkriptionen von Vokalstücken für Orgel sein. Wie man den Text bei einem Orgelstück verwenden konnte, davon gibt uns ein Venetianischer Organist, der einige Jahrzehnte nach Squar- cialupi lebte, ein interessantes Beispiel. Nicolo Sagudino, Venetianischer Gresandtschaftssekretär in England, schreibt in einem Briefe am 17. Mai 1517 von einem gewissen Dionisio Memo, früher Organist an San Marco in Venedig. Dieser war nach England gekommen. Sein Spiel auf der Orgel oder dem Klavier hatte dem König Heinrich VIII. so gefallen, daß er ihn zu seinem Kaplan machte, um ihn bei sich behalten zu können. In dem angeführten Brief schreibt Sagudino: »Meister Dionisius hat einen sehr schönen vierstimmigen Gesang com- ponirt und hat ihn betitelt »Ifewor esto verbi tui servo tuo perpetuo in quo mihi spem dedisti^. Diesen sollte er dem König vorspielen, indem er ihm den Text in die Hand gab, durch den man es gut verstehen könnte. Sein Wunsch wird ihm nicht fehlschlagen^)«. Die Anekdote erinnert sehr an die ähnliche Geschichte die Glarean von Josquin am Hofe Ludwigs XTT. von Frankreich erzählt^). Kompositionen für die Orgel, die einen bestimmten Text behandeln, sind ja auch in späteren Zeiten bekannt. Man denke an die Orgel-Magnificats und noch viel mehr an die Choral Variationen der Protestanten. Die Annahme, daß die Stücke des Squarcialupi- Codex Orgelstücke sind, schließt die Ausführung mit Instrumenten oder mit Instrumenten und Stimmen nicht aus. Sie hilft uns aber zu einer Lösung der rätsel- haften Frage von dem oft gerühmten italienischen Orgelspiel des 14. und 1) Dito missier Dionisio ä composto uno canio bdissimo a quatrOy e lo ha intitu- kUo: Memor esto etc. . . Dovealo sonar a questo Maestä e darli le parole; per le qttal se pd ben intender il desiderio suo non li mancherä*. Der Originaltext des ganzen Briefes ist in dem handschriftlichen Diarium des venetiani sehen Staats- mannes Marino Sanuto erhalten, welches sich über die Jahre 1496—1533 erstreckt. Das ganze Diarium erschien 1879—92 im Neudruck. Es enthalt hier und da auch musikalische Notizen, die bisher in der Musikgeschichte kaum benutzt worden sind. Einige Briefe des Gesandschaftssekretärs Sagudino sowie auch sehr viele des Gesandten Giustiniani hat Marino wörtlich oder im Auszuge in sein Dia- rium aufgenommen. Diese berücksichtigt auch Rawdon Brown in seiner eng- lischen Ausgabe der Dienstbriefe Giustinianis »Four Years at the Court of Henry VIII*, 2 Bände, London 18ö4. Vgl. auch Nagel, »Annalen der englischen Hof- musik«. Beilage zu den Monatsheften für Musikgeschichte, Band 26, Leipzig 1894, S. 3 und 4. Über Memos Tätigkeit am englischen Hofe siehe S. löO dieser Arbeit. 2) Siehe Ambros, Geschichte III, 3. Aufl., S. 204. — 104 — 15. Jahrhunderts und bietet uns eine Erklärung für die Stileigentümlich- keiten der sogenannten Florentiner Madrigalisterischule. Selbst den Ge- brauch der Namen Ballata, Madriale und Oaccia, der für diese Schule bezeichnend ist, könnte man mit den Kamen Ballo oder Ballette, Oanzona und Fuga, wie sie in der italienischen Orgel- und E^laviermusik des 16. und 17. Jahrhunderts angewendet werden, vergleichen. Wir haben also, um zu unserem jungen Orgelschüler zurückzukehren, gesehen, daß es dem, der es zu etwas Ordentlichem bringen wollte, durchaus nicht leicht gemacht wurde. Aber wie Bermudo selbst erwähnt, dem Dilet- tanten oder dem weniger Strebsamen erlaubte man, sich über die Schwierig- keit des Stimmenablesens durch eine Partitur oder eine Tabulatur hinweg zuhelfen. Es zeugt wieder von der niedrigen musikalischen Stufe, auf der das deutsche Orgelspiel im 15. und 16. Jahrhundert stand, daß man in Deutschland viel früher zu den Buchstabentabulaturen für den allge- meinen Gebrauch gegriffen hat, als in anderen Ländern. Daß die deutschen Organisten ihren ausländischen Kollegen in den nötigen theoretischen Kenntnissen nicht gleich kamen und daß dieser Mißstand noch bis in das 17. Jahrhundert dauerte, bezeugt uns ihr eigener Landsmann, Christoph Demantius, der in der lateinischen Vorrede zu seiner >Nova Bassi et Cantus Oeneralis sive Continui Conjunctio (Freiberg 1619) seine Einrichtung und Erklärung der doppelten Continuo-Stimme als Erleich- terung für den Organisten preist, der schwerlich aus dem einfachen Baß die Meinung des Komponisten erraten könnte >maxime apud Organicines Oermaniae, quirarö artemcompcmendicaUenU. AuchPraetorius(Syntogfni Teil 3, Kap. VI, S. 126) stellt seinen Landsleuten kein besonders gutes Zeugnis aus. Diese mechanischen Buchstaben-Tabulaturen bildeten bisher das fast ausschließliche Material für die Geschichte des Orgelspiels bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. Ebenso mechanisch waren ja auch die Ziffem- Tabulaturen von Venegas (1557) und Cabezon (1578) in Spanien. Dagegen sind die italienischen und die französischen Tabulaturen viel höher zu stellen. Sie nähern sich unserer heutigen Methode, für Tasten- instrumente zu notieren. Man schrieb nämlich im 16. Jahrhundert in den italienischen und französischen Tabulaturen auf zwei Liniensystemen das obere, meistens fünf- oder sechslinig für die Rechte, das untere fünf- bis achtlinig für die Linke. Dabei bewahrte man ziemlich streng die Tei- lung, so daß man sich klar vorstellen kann, wie die italienischen Orga- nisten die Noten eines polyphonen Satzes auf die beiden Hände verteilten. Das früheste bekannte Beispiel einer solchen Tabulatur ist nicht italienisch, sondern französisch. Es ist die in Paris 1530 bei Attaing- nant erschienene kleine Sammlung ^Tabtdature pour le ieu cPorgues, es- - 105 — pinettes et manicordions* in sieben kleinen Büchern, meistenteils verzierte Vokalstücke nnd einige Tänze und Präudes enthaltend^). Eine spätere Sammlung aus Frankreich hat sich nur dem Namen nach erhalten. Es ist das * Premier Livre de tablature d'Espinette] Chansons, Madrigales et QaUiardes€ von Simon Gorlier, Lyon 15602.) Das ist alles, was sich jetzt in Frankreich nachweisen läßt. Anders verhalt es sich mit Italien. So früh wie Attaingnants Samm- lung ist allerdings kein derartiges Denkmal in Italien vorhanden. Erst 1540 finden wir die >MiLsica nova accommodata per cantar et sonar sopra organi, et aitri strumenti, composta per diversi eccellentissimi mtisici^. In Venetia, al segno del Poxzo. Sie enthält (nach Katalog Bologna IV, 27) Werke von Giulio (Segni) da Modenaj, Hieronimo da Bologna (Hierch nimo d'Urbmo) und Hieronimo Parabosco^). Darauf folgt >Intavolature ciod Recercari Canxoni Hinni Magnificati composti per Hieronimo di Marcantonio da Bologna, detto d'Urbino. lAbro Primo^, s. 1. s. a. [1542]*). Dann von demselben Komponisten ^Intabidatura doe Misse Hinni Magnificat Libro 8econdo< Ve- nezia 1543. Ferner *Di Hieronimo d'Urbino. II primo libro de Tabidatura d' Or- gana dove si contiene tre Messe novamente da Antonio Oardano ristampato S da molte errori em^ndato, Missa apostubrum Missa dominicaUs Missa de Beata Virgine Venetia s. a. 1) Nähere Beschreibung bei Seiffert, Geschichte der Elaviermusik, S. 51 — 52. Ein Stück daraus in der Musikbeilage S. 260. 2) Vgl. Eitner, Quellenlexikon IV, 308. 3] Giulio Segni war 1530—33 Organist an San Marco (Caffi I, 104), Hiero- nimo da Bologna ist wohl derselbe wie Cavazzoni, dem wir in folgenden Orgel- tabulaturen wieder begegnen. Vgl. Katalog Bologna IV, 24. Parabosco war 1551—57 Organist an San Marco (Caffi I, 55, 110).| 4) In italienischer Orgeltabulatur oben 6, Junten 7 Linien. Über das Datum Bovie näheres Über das Werk und Über das Verhältnis Hier onimos (Ca vazzoni) da Bologna zuMarcautonio da Bologna siehe Katalog Bologna IV, 24 ff. Proben aus Carazzonis und den folgenden Tabulaturen in Torchis, ^Ärte mtmcale in Miat, Band III. — 106 — Aus diesen Titeln geht hervor, daß schon vor dem Erscheinen der Willaertschen und Buusschen Eecercarenwerke die Italiener mit dieser Art Orgelkompositionen, sowie auch mit Hymnenbearbeitungen und mit Orgelübertragungen von Meßsätzen, wie sie in der Attaingnant-Sammlung vorkommen, bekannt waren. Auch die Neudrucke, die Gardano veran- staltete, beweisen, daß Cavazzonis Tätigkeit nicht unbeachtet blieb. Auf diese Tabulaturen folgt die später ausführlich zu behandelnde Buus Tabulatur (S. 141) und darauf die schon (S. 90, Anm. 2) ange- führte Sammlung von Tänzen für Klavier aus dem Jahre 1551 1). Daß man aber schon lange vor den hier erwähnten Denkmälern in Italien die Orgeltabulatur kannte, geht daraus hervor, daß dem ersten italienischen Notendrucker, Ottaviano Petrucci, schon 1498 ein Privileg erteilt wurde^ unter anderem auch für ^Intaboladure d'Organo*^). Orgeltabulaturen aus Petruccis Offizin sind aber nicht bekannt, wenn er überhaupt welche gedruckt hat. Aus den Niederlanden ist weniger erhalten. Die erste hier ge- druckte Orgeltabulatur ist die schon (S. 64) erwähnte niederländische Über- setzung von Virdung, die auch Stücke in Buchstabentabulatur enthält. Aus diesem Überblick ist ersichtlich, daß man besonders gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts bestrebt war, es dem Orgelschüler, wenn nicht auch dem ausgebildeten Organisten etwas leichter zu machen. Da& ist auch sehr erklärlich. Die frühere Zeit hatte es, wie wir bei dem Squarcialupi-Oodex und den verwandten Handschriften gesehen haben, meistens mit der, Zwei- oder Dreistimmigkeit zu tun; höchstens kommt ein vierstimmiger Satz vor. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts ist man schon zu fünf und sechs Stimmen gekommen, wie z. B. bei Josquin. Dann kommt die Willaert-Zeit, in der die Stimmenzahl durch Ein- führung der Doppelchöre vermehrt wurde, und bald rechnete man oft mit Chören wie früher mit einzelnen Stimmen. Da schon bei sechs Stimmen der Satz sich meistenteils auf vier- oder fünfstimmige Akkorde reduzieren läßt 3), wurde dem Organisten viel Mühe gespart durch das IntabuUeren. Wie erwähnt, ist die italienische Orgeltabulatur ein No- tationesystem, welches unserer heutigen Klavier- und Orgelnotation sehr ähnlich ist. Es hatte gegenüber den Buchstabentabulaturen denselben Nachteil wie die Lautentabulaturen, aber nicht in gleichem Maße. Es wird nämlich, durch diese Art zu intabulieren, besonders bei mehr als drei- oder vierstimmigen Stücken, die Stimmführung verwischt und somit 1) Weitere italienische Orgeltabulaturen siehe Katalog Bologna IV. 2) Vgl. A. Schmid, »Ottaviano dei Petrucci, der Erfinder des Musiknoten- druckes mit beweglichen Typen«, Wien 184Ö, S. 10. 3) Vgl. die Gab rieli sehe Bearbeitung von Lassos * Susanne un j<mr€ in der Musikbeilage S. 264. — 107 - dem Spieler die Möglichkeit genommen, die Wirkung der Polyphonie hervorzuheben. Die deutschen Buchstabentabulaturen wahrten wenigstens die Selbständigkeit der Stimmen, und das mag nicht ganz ohne Zusammen- hang sein mit der Tatsache, daß sich die deutsche Orgelkunst viel mehr als die der romanischen Länder bis auf den heutigen Tag immer weiter auf dem Wege der strengen Polyphonie ausgebildet hat. Wir haben nun dem Schüler in der Vokalmusik einen großen Stoff zur Auswahl gegeben. Daran sollte er sich, nach Bermudos Ansicht, vorläufig halten. Bermudo betont nämlich sehr ausdrücklich (S. 13), daß der Schüler sich nicht mit rein instrumentalen Stücken abgeben soll. Er machte zwar eine Ausnahme in dem Fall von Cabezon und einigen andern, die er als gute Klavier- oder Orgelkomponisten bezeichnet, aber die Ansicht, daß der junge Klavierspieler die Lehre vom guten Satz aus den 'Werken der Meister des polyphonen Stils lernen soll, wird stets be- tont. Das reine Listrumentalspiel und das freie Fantasieren soll er unter- lassen, bis er den polyhonen Stil der Yokalkomponisten mit den Modi- fikationen, die er auf dem Listrument durch Verzierungen usw. erfährt, völlig beherrscht. Auch Sancta Maria erklärt (S. 45) »das Absetzen von Musikstücken auf das Monochord ist der Quell alles Nutzens und Vorteils für den Spieler«. Noch ein anderer Zeuge, Fuenllana, bestätigt diesen Punkt, indem er für die angehenden Lauten- spieler hervorhebt, daß, wer die wahre Musik kennen lernen wiU, sich fortwährend mit komponierten Werken (im Gegensatz zum Fantasieren) be- schäftigen soU^). 5. KapiteL Unterricht. Einzelne Disziplinen — Takt — Fingersatz Verzierung — Transposition — Die Fantasie (Eecercar). Daß das Studium und der praktische Unterricht bei den Alten nicht viel anders vor sich gingen, als heutzutage bei uns, dafür bringen uns Bermudo und Sancta Maria die interessantesten Zeugnisse. Es ist mir überhaupt kein anderer Schriftsteller bekannt, der sich über das tägliche üben und die Stunden bei dem Meister ausspricht, wie es Bermudo (S. 13, 14) und Sancta Maria (S. 48, 53) tun. Die Grenauigkeit mit der sie die Einteilung der täglichen Übungszeit in Übungen für die Ge- läufigkeit und den Fingersatz, Übung neuer Werke, ßepetion der schon 1) >Aunque en esto mi opinion es, que qualquiero que qutsiere apprender la musica de Veras, siempre se exereüe en estudiar, y poner obras compuestas, pues dellas se saca d verdadero frucio^, Orphenica Lyra. Vorwort fol. + V. — 108 — studierten , um sie nicht aus dem Gedächtnis zu verlieren, Übungen in der Transposition usw. erklären, ist ein schöner Beweis für ihre praktische Erfahrung als Klayierpädagogen. Dazu kommt noch bei Sancta Maria das Bestreben, den jungen Schüler von vornherein für das Fantasieren zu präparieren. Er soll sich immer erst die einzelnen Stimmen eines neuen Stückes vorsingen, er soll sich die melodiösen Stellen merken und im Gedächtnis halten, um sie später zu verwerten. Die ersten Versuche im freien Spiel sollen Kontrapunkt-Übungen über einen cantus plarms oder «ine Hymne sein. Dabei soll der cantus planus in die verschiedenen Stimmen nacheinander verlegt werden. Übungen, wie die eben genannten, findet man in Oabezons Klavierwerk niedergeschrieben; aber meisten- teils sind das doch Dinge, die von keinem andern Schriftsteller in dieser Zeit so ausführlich behandelt werden. Die gleiche Ausbildung beider Hände wird der Theorie nach schon dadurch bedingt, daß man die "Werke der Meister der Polyphonie auf das Klavier übertrug. Aber die Vorschrift, daß der Schüler sich gleich von Anfang an im Transponieren üben soll (S. 48), mutet uns heute etwas fremd an. Auch Bermudos Vorschlag, daß der Spieler sich in allen Tonarten zurecht finden, aber doch eine Tonart aussuchen soll, die er besonders kultiviert und die ihm als Lieblings tonart dienen soll, scheint ein eigentümlicher Bat für den angehenden Spieler, obwohl wir kein Bedenken tragen, bei den großen Meistern späterer Zeiten die Neigung für bestimmte Tonarten hervor- zuheben. Ich möchte auf einige Punkte, die beim Unterricht berücksichtigt werden, näher eingehen; doch vorerst möchte ich einer Gepflogenheit ge- denken, die zur Zeit unserer Spanier schon dem Anscheine nach ausge- storben war. Aus dem Mittelalter wissen wir, daß die Orgelspieler manchmal die Buchstaben auf die Tasten oder auf die hölzernen Plättchen, mittelst deren die Ventile geöffnet wurden, malten, um sie beim Spielen leichter zu erkennen. Schubiger teilt einen anonymen Bemer Codex des 10. Jahrhunderts mit, der diese Praxis erwähnt. >. . . m laminis vero ligneis scribantur alphabeti Utterae dupliciter ita A B C B E F O AB C B E F G H{?)y ut dttus modulator possit sdre, quxim linguam debeat tangere< i). Unsere Spanier erwähnen davon nichts, aber daß die Gewohnheit noch nicht ganz aus dem Menschengedächtnis entschwunden war, beweist der Italiener Nicola Vicentino. Vicentino wollte gern die Elavierspieler für sein zweimanualiges enharmonisches Klavier, das JrckicembalOj interessieren. Damit diese aber nicht durch die Schwierig- keit abgeschreckt werden sollten, so viele ungewöhnliche Tasten, wie sie das Vicentinosche Instrument enthielt, zu übersehen, teilt er ihnen mit, daß 1) »Musikalische Spicilegien«, Berlin 1876, S. 83. — 109 — »jeder, erfahrene Spieler sein Instrument sehr schnell beherrschen lernen könnte; und um das zu erleichtem könnten sie es machen, wie einst die ersten, die anfingen das Orgelspiel zu lernen^ taten, welche die Buchstaben der (guidonischen) Hand auf die Tasten schrieben. Das wäre auch für die unerfahrenen nützlich«^). unsere Spanier heben beide hervor, daß das Takt halten eines der ersten Übungen sein muß, die den Schüler beschäftigen soll. Über die Weise, in der dieses Takthalten beim Instrumentalspiel durch Be- wegungen erlernt werden soll, teilt uns Bermudo nichts mit 2). Aber Sancta Maria geht ausführlich darauf ein. Er erläutert ganz genau (S. 29, 30), wie der Anfänger das Taktschlagen lernen muß. Bei dem Instrumentalspiel werden die Hände anderswie in Anspruch genommen und da mußte der Spieler den Takt mit dem Fuß treten. Ein ähnliches Treten mit dem Fuß wird von Fuenllana für den Lautenspieler vor- geschrieben'). Auch beim Singen wurde zuweilen der Takt mit dem Fuß getreten*). Erst bei der Beschäftigung mit der Instrumentalmusik des 16. Jahrhunderts und zwar bei Instrumenten, worauf ein polyphones Spiel möglich war, wird man gewahr, wie genau es die Alten mit dem Takt nahmen. Es herrscht, weil in den Stimmbüchem des 16. Jahrhunderts nie Taktstriche vorkommen, die Ansicht, daß die Alten sich wenig um die Takteinteilung kümmerten. Aber so lange der Sänger nur seiner eigenen Stimme zu folgen hatte, brauchte er keine Taktstriche. Die Takt- einteilung sollte ihm ohne dieses äußerliche Mittel klar sein. Theoretiker wie Vicentino und Zarlino rechnen mit einer solchen Kenntnis, wenn sie in ihren Lehren über die Einsätze eines fugierten Themas auf gutem oder schlechten Taktteil oder bei der Auflösung einer Dissonanz, von >battere€^ >depo$itione€^ ^positionet und *levati(me< reden. 1) VAnttca Musica. Rom 165Ö lAb. V, cap. 9, fol. 106, >. . . ogni pratiico aonon tore presto pigliera la praUica del nostro stromento, <S) per facüita si potra far come gia fecero li primi che incominciomo a imparare a sonare Vorgano, ehe notavano le lettere deüa memo sopra i tasti, et per li non prattici saranno läilt, 2) In dem Lib. I, cap. 19, fol. 17«;, seiner Declaracton lööö »De algtmos aviso» para los que rigen el choro< erwähnt Bermudo das Taktschlagen mit einem Stock. Dasselbe schon in der Ausgabe 1549, fol. 137. 3) Orphenica Lyra fol. + VIII ». . . el oompas es tma manera di movimierUo que con ü pie y mana se haxe-. dentro del quäl siendo apriena a espaoto se ineluas un eompas que en distancia de golpe a golpe consiste*, 4) Pierre Da van tes dit Antesignanus. >NouveUe et facile meihode pour ehanter* 8. 1. 1660. *Par mesure, on entend im certain touchement ou tact qui se fait par un esgttcU ahhaissement et eflevation de la main ou du pied^ et qu^on remue amsi esgucUe- ment et avee proportion en cha/ntcmt, ä fm de s^arriter sur les aucunes voix autcmt de temps qu'on demeure ä haisser la dit main ou pied, pour fraper ou toueher ä quel- que chosej et ä lever, qui est une mesure entiere et sur les la moitie de ee temps lä qui est comprise par un seid haisser ou on seul lever<, Eitner, Monatshefte für Musik« geschichte I, S. 168. i — 110 — Die Instrumentalisten oder wenigstens die Lauten-, Klavier- und Orgelspieler heben, sobald sie sich irgend ein Stück für ihre Instrumente einrichteten, diese Takteinteilung durch Taktstriche oder durch große Zwischenräume deutlich hervor. Bermudo (S. 20, 21) erlaubt es dem weniger geübten Klavierspieler sich eine Partitur oder eine Tabulatur mit Taktstrichen einzurichten. Die italienischen oder französischen Orgel- tabulaturen sind fast ohne Ausnahme mit regelmäßigen Taktstrichen ver- sehen. Bei den Lautentabulaturen gibt es mehr Ausnahmen. Eine sehr interessante bietet eine kleine Sammlung, die 1529 bei Attaingnant in Paris erschieneu ist^). Sie enthält eine Anzahl Chansons^ deren jeder in zwei Fassungen gegeben ist, einmal ist die Melodie in Mensuralnoten mit Text über den Lautensatz gestellt, wie in den spanischen Lautenliedem, wobei die Laute die übrigen Stimmen hat, das andere Mal für Laute allein. Die Sätze für Laute allein haben keine regelmäßigen Taktstriche. Wo aber die Melodie darüber gedruckt ist, sind Melodie und Lauten- part mit regelmäßigen Taktstrichen versehen. Die deutschen Buchstaben- tabulaturen des 16. Jahrhunderts sind sehr sorgfältig durch Zwischenräume in Takte eingeteilt2). Die Beispiele bei Vir düng (1511) und Agricola (1529) sind alle mit Taktstrichen versehen. Dem Sänger, der aus dieser einzelnen Stimme sang, war diese regelmäßige Takteinteilung ebenso bewußt, wie dem Spieler. Bloß bei seiner einzelnen Stimme brauchte er das äußerliche Zeichen nicht vor Augen zu haben. Er konnte somit den Wortakzent des Textes ungestört daneben befolgen. Die Gefahr, die uns bei mo- dernen Aufführungen der alten Vokalkompositionen bedroht, liegt nicht darin, daß wir die Takte regelmäßig teilen, sondern darin, daß vrir den Taktstrich als Akzentstrich auffassen^). Das taten die Alten nicht. Im Gegenteil, bei Sancta Maria (S. 29) wird direkt betont, daß die beiden 1) Tres breve et famüiere iniroduetion pour entendre S apprendre pa/r soy mesmes a jaur toutes chansons reduictes en la tabtdature du Lutx avec la maniere d'aceorder le dict Lutx, Ensemhh XXXIX ckansons dont la plus pari di edles sont en deux sortes cest assavoir a deux parties <& la musique. Et a troys sans la mustque. Paris 1529. Exemplar auf der Egl. Bibl. Berlin. Die darin enthaltenen Chansons sind französische Farallelerscheinungen zu den Lautenbearbeitungen der spanischen VÜkmcieos wie diejenigen von Juan Vazquez (S. 86). 2) Wohin die Nichtbeachtung dieses Prinzips in modernen Übextragungen führt, sieht man in einem Beispiel aus Klebers Tabulatur, welches Eitner in seiner Arbeit über das Buxheimer Orgelbuch (Beilage zu M. f. M. Jahrg. 19 — 20, S. 96, Takt 14if.) bringt. Kleber teilt bei einem Taktwechsel vom geraden zum ungeraden Takt die neuen Takte sehr deutlich als dreiteilig. Eitner übersieht dieses und überträgt alles noch im geraden Takt, wodurch der rhythmische Bau der Stelle vollständig verwischt wird. 3) Auf eine etwas ähnliche gefährliche Auffassung des Taktstriches bei Phra- sierungsbezeichnungen in der modernen Musik hat Riemann hingewiesen. Prae- ludien und Studien I. Frankfurt a/M. s. a. [1896] S. 71. — 111 — Schläge, die auf jeden Takt kommen, durchaus gleich sein müssen und nicht einer stärker oder heftiger als der andere. Nach dem Erlernen des Taktes mußte sich der Schüler mit Fragen der Handhaltung und des Fingersatzes beschäftigen. Was die Hand- haltung und den Anschlag betrifft, so läßt sich aus dieser Zeit, glaube ich, keine Parallele finden, die der schönen Beschreibung Sancta Marias (S. 30 — 33) zur Seite zu stellen wäre. So klar, so einleuchtend ist sie, daß es überhaupt keiner Abbildung bedarf, um eine bessere Vorstellung davon zu geben. Ich möchte diese Worte Sancta Marias direkt neben diejenigen Phil. Em. Bachs stellen, der in seinem >Ver-. such über die wahre Art das Eüavier zu spielen« ganz ähnlich die Frage >yon den gebogenen Fingern und schlaffen Nerven« und der > Elastizität« behandelt^). Der einzige, der aus dem 16. Jahrhundert auf diesem Ge* biete in Betracht kommt, ist Diruta^). Aber was hat nicht Sancta Maria dem Diruta vorausgenommen! Und wie viel tiefer er in das Wesen der Fingerstellung und der Haltung der Handfläche und ihren Einfluß auf das klare Spiel eindringt! Es ist wahr, Diruta scheint der erste zu sein, der den Unterschied zwischen der Klavier- und der Orgeltechnik genauer präzisiert* Aber wie wir schon gesehen haben, den Tanzspielem, auf die es hier bei Diruta ankommt, wurde in Spanien, selbst im Lauten- spiel, weniger Beachtung geschenkt, als in anderen Ländern. Aber von dem sonstigen Scharfsinn und der praktischen Beobachtung, die dem Diruta nachgerühmt werden, ist ein großer Teil für Sancta Maria in Anspruch zu nehmen. Wenn außerdem die Studien Sancta Marias auf dem Gebiete der Theorie des Klavierspiels sich, wie er sagt, über einen Zeitraum von 16 Jahren erstrecken, so gilt das als ein schönes Zeugnis für die Tätigkeit der spanischen Organisten und Elavieristen, besonders für Cabezon. Was Sancta Maria über den Einfluß der Handhaltung auf das klare Spiel, ebenso wie bei anderen Gelegenheiten über das lieb- liche, das anmutige, das melodiöse und geschmackvolle Spiel sagt, spiegelt sich auch in seinen eigenen Kompositionen wieder, obwohl sie nur für den speziellen Fall als Beispiele komponiert sind, wie auch in den Kompo- sitionen Cabezons. Der Ausdruck >accarex«are«, von Diruta auf den Anschlag angewendet, kommt bei Sancta Maria nicht vor 3). Er erklärt 1) Versuch 1763. Erstes Hauptstück, Par. 12, S. 18. 2) Vgl. Krebs' Arbeit über Dirutas Transüvano. Vierteljahrsschrift für Musik- wissenschaffc VIII (1892), p. 322 ff. und 362 ff. 3) Krebs' »Diruta« S. 325. Zu den Beispielen von dem Gebrauch dieses und ähnlicher Ausdrücke möchte ich noch als Zwischenglied zwischen den alten und den neuen Fh. Em. Bach anführen. >Man gewöhnt sich bey beständigem Spielen auf dem Glavicorde an, die Tasten gar zu sehr zu schmeicheln«. Versuch, Erstes Hauptstück, S. 11. — 112 — aber genau, wie man sich den weichen Anschlag durch die Stellung der Fingerspitzen aneignet. Dabei vergiBt er nicht, die Gleichmäßigkeit und vor allem die Bestimmtheit des Anschlages als wichtigste Bedingungen für das gute Spiel zu betonen. Gehen wir zu dem Fingersatz über. XJber diesen Gegenstand sind wir in den früher bekannten Quellen besser unterrichtet als über Fragen der Handhaltung und des Anschlags. Schon vor Bermudo und Sancta Maria haben wir in dem Buchnerschen Fundamentum nicht unwichtige Mitteilungen über die Art des Fingersatzes. Dann kommen nach Ber- mudo und Sancta Maria noch Cabezon für die- spanische, Ammer- bach für die deutsche und Diruta für die italienische Praxis in Be- tracht. Bei dieser Betrachtung müssen wir wiederum den praktischen Sinn und die äußerste Sorgfalt in der Darstellung Sancta Marias lobend anerkennen. Keiner seiner älteren oder jüngeren Zeitgenossen kommt ihm in dieser Beziehung auch irgendwie gleich, weder in der Fülle der Beispiele, noch in den mannigfaltigen Anpassungen des Fingersatzes auf die vielen verschiedenen Fälle die dem Spieler vorkommen. Ich möchte hier nicht sämtliche Fingersätze der schon bekannten Quellen anführen, sondern verweise auf die Mitteilungen in den oben erwähnten Arbeiten ^)» Nur einige Punkte möchte ich berühren und die hervorragenden Leistungen Sancta Marias hervorheben. Ein Blick auf die Fülle sorgfältig erläuterter Beispiele (S. 35—39) wird dieses schon klar machen. Es werden sogar die verschiedenen Fingersätze für die kurze Oktave angegeben, sowohl für die Tonleitern, als auch für Doppelgriffe. Auch scheint Sancta Maria der erste aus dieser Zeit zu sein, der den Gebrauch des Daumens auf schwarzen Tasten erwähnt (S. 34)2); aber bei diesem weiten Ausblick vergißt er doch nicht zu erwähnen, daß alle diese Fingersätze nicht die einzigmöglichen sind, sondern daß bei dem mehrstimmigen Spiel Fälle eintreten können, die einen anderen Fingersatz bedingen. Ganz genau unterscheidet er die Fingersätze bei langsamen, mäßigen und raschen Tonleitern. Er ist der erste, der uns bei den raschen Tonleitern mit dem bekannten eigentümlichen Fingersatz 3, 4, 3, 4 usw. oder 2, 3, 2, 3 usw. ein klares Bild von der Handhaltung gibt (S. 33). Die Hand wurde da 1) Buchners Fingersatz, vgl. Paesler, Vierteljahrsschrift V (1889), S. 20— 22 Seiffert, S. 11, Ammerbachs Fingersatz, vgl. Seiffert, S. 13. Eine vergleichende Tabelle der wichtigsten Fingersätze Buchners, Ammerbachs, Gabezons und Dirutas bei Krebs >Diruta«, S. 364. Vgl. auch Pedrell, Hisp. Schola mus. sacra III, S. XXXII ff. 2) In einem der Beispiele Ammerbachs wird in ganz merkwürdiger Weise der Daumen für eine schwarze Taste bezeichnet. Über diese Inkonsequenz (denn sie passt wirklich nicht mit den anderen Beispielen zusammen) verliert Ammerbach kein Wort. Vgl. auch Krebs, »Diruta«, S. 330. — 113 — wirklich nach der Eichtung der Tonleiter gedreht und ein Finger spielte nahe am äußeren Rand der Tastatur, während der andere mehr nach innen anschlug. Bei dem wiederholten raschen Anschlagen desselben Tones mit abwechselnden Fingern wird geradezu verlangt, daß der Unterarm über der Klaviatur stehe (S. 35). Auch ist Sancta Maria der einzige, der genaue Angaben für den Fingersatz bei Trillern macht (S. 42 — 44). Bei dieser Gelegenheit versäumt er es nicht, die genaue Finger- und Handhaltung und -bewegung zu beschreiben (S. 43, 44). Größere Klarheit hierüber könnte man von dem modernsten Klavierpäda- gogen kaum verlangen. Bermudos Behandlung des Fingersatzes ist lange nicht so klar und so ausführlich, als Sancta Marias. Bermudo erwähnt, die Kombi- nationen seien so verschieden, daß man sie nicht unter genaue Regeln bringen könne. Er hebt auch hervor, daß der Fingersatz durch die Mehrstimmigkeit beschränkt wird. Die Regel, die schon Buchner gibt, daß bei den Doppelgriffen der Spieler immer die darauf folgenden Noten in Betracht ziehen soll, kehrt sowohl bei Bermudo (S. 14) wie bei Sancta Maria (S. 40) wieder. Den Fingersatz für Redobles gibt Bermudo nicht an. Er rät aber dem Schüler, sie in beiden Händen mit allen Fingern zu üben, die sie ausführen können. Überhaupt ist es Bermudo um die gleichmäßige Ausbildung in der Geläufigkeit beider Hände und aller Finger sehr zu tun (S. 14): Hieran knüpft sich eine Beob- achtung, die für den Stand der damaligen Entwicklung der spanischen Orgel- und Klaviertechnik charakteristisch scheint. Es fehlen uns eigent- lich gleichzeitige Nachrichten aus Italien^), aber nicht aus Deutschland. Es scheint nämlich, daß das Untersetzen des Daumens in Tonleitern bei den Spaniern viel häufiger vorkommt als bei den Deutschen. Der Fingersatz 1, 2, 3, 4, 1, 2, 3, 4 usw. ist der einzige, den Bermudo genau angibt. Bei Sancta Maria wird er in beinahe allen Fällen neben dem be- kannteren, oben erwähnten eigentümlichen Fingersatz vorgeschrieben. Sancta Maria erwähnt aber, daß der Fingersatz ohne Daumen häufiger in der rechten Hand vorkäme als in der linken. H. Oabezon, der in seiner Vorrede einige Fingersätze gibt, schließt sich einer Richtung an, die den Daumen bloß bei aufsteigenden Tonleitern in der linken Hand gebraucht ebenso wie Ammerbach. Buchner scheint überhaupt deh Unter- satz des Daumens nicht benutzt zu haben. Diruta verwirft den Gebrauch 1) Hier möchte ich der nicht erhaltenen Werke eines Yittoria organista Erwähnung tun. Man kennt von ihm die Titel >Deüa faeilitä di TastU >De rieer" eari< ^De Oruppi, dimirmtioni^ <fb tremoli della m<mo<, welche Ant. Fr. Don i in »La libraria< Vinegia 1557, S. 275 verzeichnet. Diese waren aber nicht gedruckte Werke, sondern Manuskripte, von denen Doni Kenntnis hatte. Einiteldey, Org^el und Klairier. / 8 I r - 114 — des Daumens bei Tonleitern wegen der Gefahr, die die schwarzen Tasten mit sich bringen i). Sehr interessante Beiträge liefern auch unsere Spanier zur Geschichte der Orgelverzierungen. Ja, sie sind die ersten unter allen mir bekannten Schriftstellern, die eine sachgemäße Erklärung der Orgel- oder Klavier- Verzierungen geben. Hierbei beschränken sie sich aber fast gänzlich auf die trillerartigen Verzierungen; denn wir werden sehen, daß wir zwei Yerzierungsarten unterscheiden müssen. Erstens die trillerartigen, wie sie die Spanier erklären, die aus einem raschen Abwechseln des Haupttones mit einem oder mit beiden Nebentönen bestehen, und zweitens die weiter ausgedehnten kontrapunktischen Koloraturen, Diminutionen oder OlosaSj wie sie die Spanier nennen. Beide Arten sind uns schon aus den Orgel- denkmälem des 15. Jahrhunderts bekannt. Die kontrapunktischen Kolo- raturen können wir bei Paumann und im Buxheimer Orgelbuch aus- geschrieben sehen. Die andern werden meistenteils nur durch Zeichen an- gedeutet. Diese Zeichen hat man auch in allen Neuausgaben als Triller- zeichen übertragen, obwohl, wie wir sehen werden, sie doch nicht auf die einfachste Form von Mordent oder Pralltriller beschränkt werden dürfen. Erklärungen über ihre Ausführung kommen aber selten vor. Die früheste bisher bekannte scheint eine Stelle in dem Traktat des Hieronymus de Moravia (13. Jahrhundert) zu sein, die später ange- führt werden soll. Bei Kotter und Buchner finden wir den Namen für diese Verzierung; bei Kotter ^murdante*, bei Buchner >mordentes€. Buchners Erklärung >semper duas esse simul tangendas, ea viddicet quae per lineam curvatam [das Zeichen] Signatur medio digito^ proxima vero inferior que indice digito, qui tarnen tremebundus mox est subducendus* ^) ist ja sehr klar. Daß diese Art noch bei den späteren Orgelspielern in Gebrauch war, werden wir bei der Besprechung von Sancta Marias Ver- zierungen sehen. (S. 116.) Es wird sich bei den deutschen Organisten der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bei diesem Zeichen auch wirklich nur um diesen ein- fachen Mordent oder Triller ohne Nachschlag gehandelt haben. Denn bei Kleber, Kotter und Buchner finden sich Verzierungen wie unser Doppel- schlag sehr häufig ausgeschrieben. Das Zeichen galt also wahrscheinlich nur für mordentes. Zu bemerken ist noch, daß die Doppelschlagver- 1) Vgl. Krebs, >Diruta«, 8. 330. Über die abweichende Bezeichnung der deutschen Organisten für den Daumen vgl. Krebs, S. 365. Bermudo und Sancta Maria schreiben wie alle anderen bekannten Spanier und Italiener, die Zahlen 1 bis 5, vom Daumen ausgehend. Bermudos Benennungen der Finger sind vom Daumen an, pidgar, index, medio, cordial oder amdar und aurieular. Declaracion 15ö5 Lib. IV, fol. 61. Vgl. auch.Bamis de Pareias Benennungen. Neuausgabe, S. 46. 2) Vgl. Paesler, Vierteljahrsschrift V (1889), S. 33 mit den Anmerkungen. — 115 — zierang auch in allen Stimmen aasgeschrieben ist, sowohl in den unteren, mit Buchstaben notierten Stimmen wie in der oberen in Mensural- noten geschriebenen. Das Zeichen aber kommt nur in der Oberstimme vor und zwar bei Kleber sehr häufig, manchmal sogar bei Stellen, wo die rechte Hand Doppelgriffe hat. Das Prinzip, welches Bermudo aus- spricht, nämlich, daß man die rechte Hand so viel als möglich für die Oberstimme frei halten soll, um in dieser Stimme die meisten und die schönsten Verzierungen zu bringen, wird auch schon von allen seinen Vorgängern auf praktischem Gebiete befolgt. Die deutschen Tabulaturen, die französische Sammlung von Attaingnant (1530), Buus' eigene Orgel- bearbeitung seiner Bicercari lassen das deutlich zum Vorschein kommen. Daß man auch Bermudos Vorschlag, alle Finger beider Hände in der Geläufigkeit zu üben, schon früher kannte und befolgte, beweisen die öfters vorkonunenden bewegteren Verzierungsfiguren, die für die Unter- stimmen ausgeschrieben werden, wie schon oben von den deutschen Tabulaturen erwähnt wurde, und die in allen den eben angeführten Denk- mälern auch vorkommen. Das gleichzeitige Trillern nach beiden Seiten der Hauptnote, wie es Bermudo (S. 14) anführt, scheint nirgends anders erwähnt zu werden. Auch ist Bermudo der einzige, der bei gleichzeitigem Trillern in beiden Händen auf die durch die Hilfstöne entstehenden Kon- sonanzen hinweist. Bermudos einzige Bezeichnung für seine Triller ist Bedobles, d. h. die verdoppelten oder wiederholten Töne. Schon in seiner Ausgabe von 1549 spricht er sich über diese aus und behauptet, daß er sie durch seinen Text nicht genügend erläutern kann. Sie änderten sich von Tag zu Tag^). Zu diesen Verzierungen nimmt Sancta Maria eine viel bestimmtere Stellung. Er unterscheidet zwei Arten — den Bedoble und den Quiebro (den Zit- ternden oder Bebenden) — und sucht seine Ansichten darüber gründlich klar zu machen (S. 41 f.). Aus seinen Erörterungen geht hervor, daß er die Bezeichnung Bedoble, welche Bermudo als einzige Bezeichnung für alle Triller kennt, auf diejenigen Triller beschränkt, die den oberen und den unteren Nebenton anschlagen. Eine Ausnahme tritt ein, wenn man einen Quiebro auf einer halben Note macht. Hier wird zuerst der obere Neben- ton angeschlagen, und die Verzi^ung wird so ausgeführt, wie unser heu- tiger Doppelschlag in seiner einfachsten Form. Auch sieht man aus Sancta Maria, daß die Verzierungen bei längeren Notenwerten (ganze und halbe) sich durchaus nicht immer auf das einmalige Abwechseln zwischen Hauptton und Nebenton beschränken, sondern daß bei diesen Noten der Triller weiter ausgedehnt werden kann. Auf den Actteln und Sechzehnteln machte man nach Sancta Maria überhaupt keine 2) Declaraeion 1649. Prologo fol. 11. 8* — 116 — solchen Verzierungen. Ganz genau erklärt er bei diesen Verzierungen, welche Stellung der Halbton haben kann oder muß. Er wiederholt die Regel, die schon Bermudo (S. 14) ausgesprochen hat, nämlich, daß der Spieler genau auf die Tonart (Modus) achten muß, in der gerade gespielt wird, um zu wissen, mit welchen Nebentönen, seien es schwarze oder weiße Tasten, er Verzierungen auszuführen hat. Diese Regel gilt noch bis in die Bachsche Zeit, wird aber leider heutzutage bei dem Bachspielen allzu häufig außer Acht gelassen. Wie Sancta Maria bei der Erörterung der Handhaltung und des Finger- satzes bei Tonleitern in seinen Erklärungen und Vorschriften äußerst genau war, so ist er es auch hier bei den Fingersätzen der Verzierungen (S. 42) und der Fingerstellung, Handhaltung und Handbewegung in der Ausführung derselben (S. 43 — 4). Sancta Maria erwähnt eine eigentüm- liche Art des Trillers, dessen hohes Alter durch den oben erwähnten Hieronymus de Moravia verbürgt ist. Es ist die Art, bei der der Finger auf dem Hauptton liegen bleibt, während der Nebenton mehrmals in rascher Aufeinanderfolge angeschlagen wird. Hieronymus de Moravia, der um 1250 lebte, beschreibt diese Art als eine Manier auf der Orgel ^j. Er empfiehlt das Trillern mit dem oberen Hilfston. Eine ähnliche Spiel- art lernten wir in Buchners Erklärung des Mordentes kennen, bloß daß Buchner den unteren und nicht den oberen Hilfston dazu gebraucht (S. 114). Es ist ja leicht ersichtlich, daß diese Verzierung auf der Orgel eine viel deutlichere Wirkung hat als auf dem Klavier. Eine weitere Eigentümlichkeit bei Sancta Maria ist, daß er das Anschlagen des oberen Hilfstones vor dem Anschlag des vollen Akkords besonders empfiehlt, so daß der Hauptton mit den dazu gehörenden Konsonanzen zusammenfällt. Neben dem von Bermudo und Sancta Maria Mitgeteilten finden wir noch bei Cabezon einige Worte über die Quiebros^), (Das Wort Eedobles gebraucht er nicht.). Sie werden bei ihm in der rechten Hand mit dem 3. und 4. oder mit dem 2. und 3. Finger ausgeführt; in der linken mit dem 3. und 2. oder mit dem 2. und 1. Er erwähnt nur die Quitos mit höherem Hilfston und will sie so schnell als möglich, nicht lang, sondern mög- lichst kurz mit besonderer Betonung des Haupttones ^) ausgeführt wissen. 1) Coussemaker, Scriptores I, S. 91. *Qtcando enim aliquem cantn/m teginms in organis, st aliquam iwtam ejiisdem cantus florixare volumus^ puta O in gravibics, tune ipsa aperta immobiliterque detenia, non sui inferiorem immediatate, puta F grave sed potius superiorem a, scilicet acutum, vihramus: ex quo pulcherrima armonia deeo- raque eonsurgit, quam quidem florem armonicum apellamus*. Vgl. auch Biemann, Geschichte der Musiktheorie, S. 169. 2) Im Proemium zur Ausgabe von 1578. 3) Ebenda >. . . y quiebren de la parte de ariba lo mas apriesa que pudieren, y no ha de ser largo sino lo mas corto que pudiere, kaxiendo siempre fuer^a en la tecla que la figura de la eifra demonstrare, donde a el le pareciere haxer quiebro. — 117 — Daß das Prinzip, nach dem bei aufsteigender Folge immer der untere Nebenton und bei absteigender Folge der obere zum Trillern gebraucht wurde, auch in Deutschland bekannt war, erfahren wir aus Ammerbachs Tabulatur (1571, Fol. III), wo sich Ammerbach über die Mordanten folgendermaßen äußert: »Mordanten sind / wenn ein Clavis mit dem nechsten neben ihm gerürt wird / dienen viel zur zierd und liebligkeit des Gesanges / wenn sie recht gebraucht werden. TJnd sind zweierlei art / als im auff und absteigen. Srstlich im auffsteigen / bIb e f wird das e mit dem ^ duplirt / und /"mit dem e. Im absteigen als f e wird J mit g und e mit f duplirt oder dop- pelgeschlagen. Ascendendo descendendo Weitere Nachrichten über diese kurzen Verzierungen sind mir nicht bekannt bis zu Diruta. Hier finden wir sie unter den Namen Oroppo und TremolOy Ausdrücke, die die damalige Gesangslehre auch kennt. Der Oroppo ist der Triller mit beiden Nebentönen. Er unterscheidet sich aber von Sancta Marias Bedobk dadurch, daß der untere Hilfston immer am Schluß des Trillers gebracht wird, während er bei Sancta Maria immer zu Anfang stand. Diruta nimmt den Groppo besonders für Ka- denzen in Anspruch. Der Tremolo entspricht dem Quiebro, bloß daß bei Diruta immer nur der höhere Nebenton in Betracht kommt. Er spricht sich geradezu gegen den Gebrauch des unteren Hilfstones bei dieser Art Verzierung aus^). Über die andern kleinen Verzierungsformen, die bei 1) Das nähere über Dirutas Auffassung der Trillerverzierungen, ihren Finger- satz und ihre Anwendung, möge man bei Krebs, a. a. 0., S. 338—344 und 368—374 nachsehen. Übrigens bedeutet der Ausdruck >far tma aostenkUione* nicht, wie Krebs (S. 369] meint, einen Vorhalt machen, sondern den Leitton erhöhen. Die gebräuchlichen Ausdrücke in den lateinischen Traktaten des Mittelalters sind *mtendere< für das Steigen oder Erhöhen und »remitiere* für das Erniedrigen. Bermudo gibt (Arte Tripharia 15ö0, fol. 34 y.) eine genaue Auseinandersetzung der Termini, die in Spanien gebräuchlich waren. *, , , im mesmo punio es el mtenso y el susterUado: y otro el remisso y caydo. Todas las vexes que subiendo de semitono haxeys tono: se dixe punto intenso: y quando abaxando de tono haxeys semitono se dixe sustentado. De forma que una mesma tecla negra es en la que se pone el punto intenso y el sustentado. Quando subiendo de tono haxereys semitono: se dixe remisso ^ y abaaxmdo de semitono haxeys tono: se Uama punto caydo, o dimisso. El punto intenso y sustentado se pone (tahendo naiuralmenie) en las teclas negras que forman mi: y el remisso y dexado en las que forman fa*. Vgl. auch Declaracion 165Ö, Lib. IV, Cap. XI, fol. LXI. Diruta selbst spricht von der unnatürlichen sostentatione, die nötig wird bei Transpositionen, die eine Kadenz auf JE oder auf H verursachen. Solche Erhöhungen des Leittons sollen nur angedeutet und mit einer Diminutiou verdeckt werden. Transilvano, Seconda Parte, Lib. IV, S. 16. — 118 — Diruta erwähnt werden, die Accenti und Glamationij die auch in der Gesangsmusik angewendet wurden, finden wir bei den Spaniern nichts. Daß sie aber bei den Italienern in Gebrauch waren, ist aus den prak- tischen Denkmälern ersichtlich, wo wir zuweilen solche Formen, wie sie Diruta beschreibt, ausgeschrieben finden. Noch eine Eigentümlichkeit der italienischen Denkmäler wäre hier zu erwähnen. Sie tritt im 16. Jahr- hundert speziell in einigen Merulo- Werken zum Vorschein. Hier werden alle Verzierungen vollständig ausgeschrieben ^J. Da scheint es auch Tat- sache zu sein, daß Merulo, wie Diruta hervorhebt, bei dem Tremolo immer nur den oberen Hilfston gebraucht. Neben den kleineren Verzierungen, die auf eine bestimmte Note ge- macht wurden, war es auch gebräuchlich, den ganzen Tonsatz in kleinere Notenwerte aufzulösen. Diese Figurationen waren die Olosas, die Dp- minutionij die Koloraturen im weiteren Sinn. In der italienischen und deutschen Orgel- und Klaviermusik des 16. Jahrhunderts sind sie Merkmale des virtuosen Vortrags. Schon bei P au mann und in dem Buxheimer Orgelbuch finden wir sie als Characteristica des Orgelstils. In dem alten englischen Denkmal werden sie auch angewendet Die Zu- sammenstellung eines Stückes aus diesem Denkmal mit dem Original- tonsatz aus dem Roman de Fauvd (Wolf, Mensuralnotation m, 19) bringt das interessanteste Vergleichsmaterial. So bunt wie in den spätren Tabulaturen sind die Diminutionen hier nicht, aber dasselbe Prinzip, den Gang der Stimme durch Umspielungen zu beleben, tritt auch hier hervor. Charakteristisch ist, daß gerade der Oberstimme besondere Beachtung geschenkt wird. Das wird bei Bermudo zur theoretischen Begel erhoben. (S. 14.) Und gerade dieses Merkmal, welches sich in den Stücken des Squarcialupi-Oodex besonders stark zeigt, war das, was den Versuch veranlaßte, in den Werken der Florentiner des 14. Jahrhunderts, wie sie im genannten Codex vorliegen, Quellen für das Örgelspiel des 14. und 15. Jahrhunderts zu suchen. Mit dem Aufschwung der Lautenmusik im 16. Jahrhundert wurden solche Verzierungen absolut notwendig; denn dem kurzen Klang der ge- rissenen Saiten mußte nachgeholfen werden. Daß auch in der Vokal- musik dieser Zeit die Verzierungen eine wichtige Holle spielten, ist in den letzten Jahren immer stärker betont worden 2). Daß diese Kunst aber manchmal zu einer Verzierungswut auswuchs, kann man schon aus den warnenden Stimmen erkennen, die sich hier und da im Laufe des 16. Jahrhunderts erhoben. Vor allem suchte man die Ausartung dadurch 1) Canzoni alla Franc. Ven. 1692. Toccate Lib. I, Rom 1598, Lib. II, Rom 1604. 2) Eine ausführliche Behandlung der Verzierungsfrage bringt Max Kuhn, »Die Verzierungskunst in der Gesangsmusik des 16. — 17. Jahrhunderts, Leipzig 1902, Beihefte der IMG. — 119 — zu beschränken, daß man auf die Notwendigkeit hinwies, die Verzierungen nur in einer Stimme auf einmal anzubringen. Der gute Sänger muß wissen, wann er zu diminuieren hat und wann nicht. Vicentino will das Diminuieren bei Sätzen mit weniger als vier Stimmen nicht so gut finden als bei vier und mehr Stimmen. Durch das Diminuieren gehen harmonisch wichtige Töne verloren, die durch die anderen Stimmen (bei vielstimmigen Sätzen) vielleicht gebracht werden. Auch soll der Sänger auf den Text achten, zu dem er diminuiert. Bei Stücken mit ernstem Text soll das Diminuieren unterlassen werden^). Die Verzierungssucht hat aber immer mehr überhand genommen. Haberl hat schon darauf hingewiesen 2), daß die kirchenmusikalische Reform vom Jahre 1564, die bekanntlich bestrebt war, dem Text eine größere Klarheit und Verständlichkeit zu verschaffen, sich wohl eigent- lich nicht so sehr gegen die Komponisten richtete, wie gegen die unvernünftigen Sänger, die durch ihr übermäßiges Diminuieren alles unverständlich machten. Wenn man sich die Beispiele von Pales- trinaschen Stücken ansieht, die in den Lehrbüchern der Diminutionskunst mit Diminutionen ausgestattet werden, so leuchtet diese Vermutung sehr leicht ein. Solche Eiinwände fallen aber bei der Instrumentalmusik fast ganz weg, und da ist es doch ein Beweis für die Stärke der Gegen- bewegung, daß Bermudo sich so heftig gegen das Verzieren ausläßt (S. 22 — 23). Sein Standpunkt, daß das Verzieren eigentlich eine Frechheit sei, ist nicht ganz ohne Grund. Es gehört tatsächlich ein sehr verständiger Musiker dazu, um diese Kunst wirklich künstlerisch auszuüben. Wenn wir auch wissen, daß die meisten Sänger, die in der Kegel ansehnliche Komponisten waren, sowie die Spieler damals eine gründlichere, vielseitigere Bildung hatten als heutzutage, so werden wir doch annehmen müssen, daß die so weit verbreitete Verzierungsmode eigentlich ein Übel war, welches die damaligen Komponisten dulden mußten, weil es einmal so tief Wurzel gefaßt hatte. Natürlich änderten sich mit der Zeit auch die Anschauungen der Komponisten, sowie die der ausführenden Künstler. Die späteren Komponisten, besonders in der zweiten Hälfte des 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, legten manche Sätze gerade dazu an, daß sie verziert werden konnten. Und der Sänger, der die Reprise einer Arie oder der Violinist, der den langsamen Satz einer Sonata verzierte, stand auf ganz anderem künstlerischen Boden als der Chorsänger der Palestrinazeit, der in einem Madrigal oder gar in der 1) Vicentino, *UafUica muaica*^ Rom lööö, S. 88. Vgl. auch Fr. Chry- sander, >Lodo7ico Zacconi«, Vierteljahrs chrift VII (1891), S. 346. 2) Earchenmusikalisches Jahrbuch 1892 »Die Eardinalskommission von 1664 and Falestrinas Müsa Papae MareeUi*, S. 96. — 120 — Messe seine Kehlfertigkeit zeigen wollte. In der Solomusik des 16. Jahr- hunderts hatte ja schon die Verzierungskunst ihre Berechtigung. Aber gerade gegen die übermäßige Eitelkeit besonders der Kirchensänger rieh- tete sich das Bestreben, die weitere Verbreitung des Übels zu verhüten. Bermudo gibt auch eine Erklärung für die große Verbreitung, indem er auf den Unterschied hinweist, der zwischen der alten Musik und der zu seiner Zeit modernen bestand. Die alte war schwerfällig {pesdda). Dagegen wäre die moderne so kompliziert, daß sie Unterlage [texto) und Verzierung [glosa) zugleich sei. Selbst den Redobk, den er als schön be- zeichnet hatte, will er kaum merkbar haben. Auch wegen der Schwierig- keit bei Imitationen Verzierungen mit den weniger geläufigen Fingern, wie z. B. mit dem Daumen auszuführen, will er sie ganz verwerfen. Sancta Maria verhält sich nicht so ablehnend gegen die Diminutionen. Er betont die Notwendigkeit, die Verzierungen gleichmäßig auf alle Stimmen zu verteilen und auch dieselben Verzierungen bei Wieder- holungen (Imitationen?) so weit wie möglich anzuwenden. Auch bei Oa- bezon sind die Ohsas zugelassen. Die Olosas in dem Werke von 1578 stam- men aber meistenteils von dem Herausgeber, dem Sohne, Hemando Cabezon und nicht von dem berühmten Antonio. Die falschen Quinten und Ok- taven, die durch die bewegten Verzierungen entstehen, gegen die sich Bermudo wendet, werden von Hernando Cabezon ausdrücklich zugelassen. Das sei eine Freiheit, die man auch dem guten Sänger gestatte ^). Auch gelten bei Cabezon an verzierten Stellen nicht die Fingersätze, die er für einfache Stücke im allgemeinen vorgeschrieben hat. Die deutschen Koloristen scheinen sich meistenteilt auf ihre kolorierten Stücke zu verlassen, um dem Schüler eine Anschauung von dem Wesen und der Anwendung der Verzierungen zu geben. Ammerbach gibt keine theoretische Anweisung darüber. Er bringt nur als letzten Teil seines Tabulaturbuches (1571) eine Anzahl vier- oder fünf stimmiger kolorierter Stücke. Ein Vergleich, z. B. des fünfstimmigen Liedes ^Susanne unjour< von Lassus in der Bearbeitung von Ammerbach mit der Gabrielischen Bearbeitung desselben Liedes (Musikbeilage S. 264) ist äußerst lehrreich. Schon durch die Zusammenziehung der Stimmen auf zwei Systeme bei Gabrieli und das daraus resultierende Wegfallen der doppelten Töne be- kommt die italienische Bearbeitung ein anderes Gepräge. Es ist wirklich zu einem Orgel- oder Klavierstück umgeschaffen. Ammerbach gibt eine getreue Übertragung jeder Stimme in Buchstabentabulatur und setzt IJ Earas vexea ioparan en cosas glosadas dos quintas, o dos octavaSy pareseiome deacaUas, por ser menos meonveniente^ que no que se pierda el buen son que iiene la glosa por no ddUas^ pues tiene el que tahe la mesma licencia, quando glosa, que el cantor quando hien canta. — 121 — Koloraturen liitizu, wie sie ihm gut scheinen. Die freiere und graziösere Verwendung dieser Verzierungen bei Gabrieli trug gewiß nicht wenig dazu beij das Werk bei ihm zu einem viel schwungvolleren und interes- santeren Oi^elstück zu machen als bei Ammerbach. Paix scheint der einzige zu sein, der überhaupt für die Anwendung der Koloraturen irgend welchen Rat gibt, indem er darauf hinweist, daß, wenn auch ein Doppelgriff in der rechten oder linken Hand vorkommt, es doch noch möglich ist, eine Koloratur auszuführen i). Dirutas Anweisungen sind verhältnismäßig kurz gefaßt. Bei ihm heißt das Auflösen eines Tones in mehrere gleichwerte Töne, die den Hauptton umspielen, > Minuta <, Er verläßt sich hauptsächlich auf seine reichlich angeführten praktischen Beispiele; gibt aber trotzdem einige sehr wichtige Andeutungen, wie man in Italien das Wesen der Verzierungen erkannt hatte. Man soll zu Anfang die Konsonanz möglichst kräftig an- schlagen, um die Stimmführung hervorzuheben und darauf die beliebige Diminution machen. Der erste und der letzte Ton einer solchen Ver- zierung sollen auf die Hauptnote oder auf ihre Ober- oder Unteroktave fallen. Bei Befolgung dieser Regel wird man nie üble Oktaven oder Quinten machen und dadurch die Komposition und ihre Harmonie (Me- lodie) verderben. Er habe schon Stücke gehört, die durch zu viele Diminutionen ihre harmonische Schönheit verloren haben 2). Darauf folgt eine Warnung gegen das Verzieren von Fugen. Wenn Verzierungen doch angebracht werden, sollen sie wenigstens konsequent durchgeführt werden. Das klingt ähnlich wie Sancta Marias Forderung der konse- quenten Verwendung der Verzierungen. Diruta gibt auch zwei Beispiele, eine Canzone *La Spiritata< von Gio. Gabrieli, die, weil sie schon in kleinen Notenwerten komponiert ist, durch* Verzierungen verdorben werden würde und eine Canzone *L^ Alber gona* von Antonio Mortaro, die im Original nicht so bewegt ist und Verzierungen verträgt. In der letzteren 1) Jac. Paix, »Nutz und Gebräuchliches Orgel Tabulaturbuch«, Laugingen 1683. Vorrede an den Käuffer. Das Zitat auch bei Seiffert, »Geschichte der Klavier- musik«, S. 14. 2) Transilvano. Seconda Parte. Ven. 1609, S. 14. ». . . la minuta puo entrare nelT altre parii: avertendo di battere il principto delle consonanxe piu che sia possibüe per far sentir tutte le parti: fate po% che sorte dt diminuiione vi piaee. B diminuire osservate, e secondo &havete visto nelli sopra detti essempi^ che la prima note e Vultima della minuta vada soprä ä queUa note che e diminuita; S che la minuta si poira anco ierminare all' ottava di sopra, over di sotto, pur che vadi ä irovar la seguente nota, Osservando questa Regola non mai nascerä inconveniente alcun di due Ottave o di due Quinte; S non si verrä a guastare la compositione, ne tarn poco la sua armo- nia. Alle quäle alle volle ho visto, db sentito intavolate dkune caniilene, che per causa di ta^nti dimintäioni perdono la loro armonia, S va^ghexxa*. Eine ausführliche Über- setzung bei Krebs, a. a. 0., S. 379. — 122 — bezeichnet Diruta jede einzelne Verzierung mit Anfangsbuchstaben, um «ie dem Schüler klarer zu machen^). Die Verzierungskunst war ihrem Wesen nach eine Improvisations- kunst. Das hat schon unter anderen Krebs hervorgehoben ^j. Er weist auch darauf hin, daß die deutschen Koloristen hier auf einem künst- lerisch niedrigeren Niveau stehen als die Italiener. Die Stücke von Oavazzoni waren nicht mit so vielen Verzierungen versehen und, obwohl sie um ein halbes Jahrhundert früher erschienen als Dirutas Schriften, ist doch anzunehmen, daß sie in der Ausführung fast eben so lebhaft verziert wurden als spätere Werke. Auch ist anzunehmen, daß die wenigen Verzierungen die Buus seinen Instrumentalrecercari in der Orgel- bearbeitung hinzugefügt, mehr als Andeutungen gelten sollen, die es dem Spieler im übrigen frei ließen, weitere Verzierungen anzubringen. Sancta Maria gibt überhaupt keine Stücke, die mit Verzierungen versehen sind. Cabezon will seine verzierten Stücke bloß als Beispiele angesehen wissen. Diruta betont den Lehrzweck seiner Beispiele. Dieser Ge- sichtspunkt tritt bei den Deutschen in den Hintergrund. Sie hatten die Bedeutung der Verzierungskunst anders aufgefaßt. Wie steht es aber mit den gedruckten Sammlungen von A. Gabrielis und M^rulos Canxoni aUa francese, bei denen die Verzierungen voll- ständig ausgeschrieben sind? Man könnte für Gabrieli annehmen, daß, da die Stücke fast alle nach seinem Tode im Druck erschienen, die Verzierungen von anderer Hand hinzugefügt wurden, etwa durch seinen Neffen Giovanni oder eine andere Person, die im Auftrage des Ver- legers handelte, ebenso wie Hemando Cabezon einige Kompositionen seines Vaters Antonio mit Olosas ausschmückte. Anders aber wird es sich mit den Toccaten Merulos verhalten, die nicht nachträglich herausgegeben wurden, in denen aber jede kleinste Verzierung ausgeschrieben ist. Man könnte annehmen, daß die Ver- zierungen mit der Grundlage zusammen konzipiert wurden und dadurch ^in wesentlicher Bestandteil der Komposition wurden. Sie sind die Komposition im eigensten Sinne und sind nicht nachträglich angehängt worden und als nebensächlich zu betrachten. Ebenso wie man die Chopinschen Verzierungen nicht als bloße Ornamente auffassen kann, die von dem Werk entfernt werden können ohne es zu zerstören. Sie fiind vielmehr wichtige und notwendige Träger des Gedankens, der zum Ausdruck gelangen soll. Aber ob man sich bei Merulo an die noten- und taktgetreue Wiedergabe der ausgeschriebenen Verzierungen halten 1) Die Canzone von Moriaro in Originalgestalt und mit verzierter Intavolierung bei Krebs, a. a. 0., S. 379. 2) a. a. 0., S. 372—73. — 123 — muß, ist fraglich. Es ist nämlich von wenigstens einem der Nachfolger Merulos, von Frescobaldi, bekannt, daß man seine ausgeschriebenen Verzierungen nicht immer taktgetreu ausführen kann oder soll. Ed. Dannreuther hat zuerst auf diese Eigentümlichkeit aufmerksam ge- macht i). Man muß da an eine Ausführung denken, wie diejenige der in unserer modernen Klaviermusik klein gedruckten Floskeln und Passagen. Es wird also wohl bei diesen italienischen Werken mit vollständig aus- geschriebenen Verzierungen die Freiheit in der Ausführung doch nicht ganz unterdrückt. Die freie Ausführung von Verzierungen kann man ja heute noch in der Zigeunermusik antreffen (Musikbeilage S. 296 — 300). Mit dieser Anschauung von der freien rhythmischen Ausführung hängen auch Sancta Marias Äußerungen über das geschmackvolle Spiel zusammen (S. 40). Es ist schon betont worden, daß gerade die Spanier sehr großen Wert auf das geschmackvolle Spiel legten. Sancta Maria bespricht da einige Manieren, die bei Folgen von Viertel- und Achtel- noten, wie sie speziell in den Verzierungen vorkommen, gebraucht werden. Besonders bei den Achtelpassagen wurden diese Manieren angebracht, um das Spiel schöner, galanter und interessanter zu machen. Es ist wohl anzunehmen, daß diese Manieren auch in Italien schon während des ganzen 16. Jahrhunderts gebräuchlich waren. Aber da uns in Italien ein so gründliches Lehrbuch, wie die spanischen, aus dieser Zeit noch fehlt, haben wir keine Belege dafür. Diruta erwähnt sie nicht, aber wenig- stens für eine dieser Manieren haben wir reichliche Beispiele aus der Zeit nach Diruta. Sancta Maria erklärt drei Manieren (vgl. S. 41). 1. die Verlängerung der ersten Note und Kürzung der zweiten, 2. die Kürzung der ersten und Verlängerung der zweiten, 3. die Gruppierung zu je vier und vier, bei der die ersten drei beschleunigt werden und die vierte ver- längert. Für Sancta Maria ist die dritte Manier die galanteste von allen. Ich möchte aber hier die zweite weiter verfolgen. Keine geringere Autorität als Frescobaldi tritt für diese Manier ein. Er setzt seinem ersten Buch Toccaten und Partiten (Rom 1616) neun, das Spiel dieser Werke betreffende Regeln, voran. In der siebenten empfiehlt er die Sechzehntel-Passagen genau so zu spielen wie es Sancta Maria mit seiner zweiten Manier vorschlägt *). Diese Regel muß sehr wichtig gewesen sein; denn ein Nachfolger Frescobaldis, D. Scipione Giovanni, gibt in seiner Cembalo- und Orgeltabulatur (1650) auch 1) Musical Omamentation, London und New York. (Novello) [1895] I, S. 51. Einen ähnlichen Fall wie bei Frescobaldi finden wir noch bei Couperin, Pteces de Claveem Livre 3 [1722] 14 Ordre, Le Bossignol, wo ein Triller genau notiert steht, der Anfang in 16teln, dann 32tel und dann 64tel. Darüber steht aber > Augmentes, par gradations imperceptibles^. — 124 — einen Satz Spielregeln. Darunter ist die fünfte eine wortgetreue Wieder- holung von Frescobaldis Regel 2). Die Manier hat auch Frescobaldi in seinen Toccaten manchmal direkt ausgeschrieben^). Bei Frescobaldis Schüler Froberger*) finden wir sie wieder; auch bei dem etwas späteren Wiener Meister Poglietti^). In Frankreich schenkt noch Couperin dieser Manier besondere Aufmerksamkeit, indem er ein besonderes Zeichen für sie setzt, nämlich »m ff^)- ^^ Manier war auch schon im 16. Jahr- hundert, wenn nicht früher, in der Gesangsmusik und bei den Blas- und Streichinstrumenten in Gebrauch. Bovicelli führt sie in seinen ^^Regole pdsseggiati* (1594)7) an. Später finden wir sie wieder bei Joh. Gott- fried Walther in seinem handschriftlich erhaltenen theoretischen Traktat unter dem Namen *Punctics serpens^. Er schreibt die Manier genau aus und verlangt, daß die auf diese Art gesetzten Noten »geschleift« werden sollen i). 1) *Trovandosi alctmi passi dt crome, e dt semicrome tnsieme a tutte due le mam portar si che non troppo veloce; c& quella che fara le semicrome dovra farle cdquanto puntate, cioe non la prima ma la seconda sia col punto; e cösi tutti Vuna wo, e Valtra si, 2) IntavolcUura di Cembalo et Organo, Toccate, Capricci, Hinni sopra il cantO' fermo, Corrente, Balletti, Ciaccone e Passacagli diversi. Perugia 1650. Vgl. Katalog Bologna IV 49. 3) Z. B. in Lib. II. Vgl. Über diese Manier E. Dannreuther, >Musical Oma- mentation€ I ö2— 54. 4) Joh. Jakob Frobergers Orgel- und Klavierwerke. Denkmäler der Tonkunst in Österreich IV, 1, S. 28, 29. 5) Östr. Denkmäler XIII, 2, S. 1. 6) Pieces de Clavecin i*"« Livre (1713) Seconde Ordre, Allemande >La Laborietise^ mit der Bemerkung >Sans lenteur; et les doubles croehea tm tant soit poinctes*. Vgl. auch *Ärt de Umcher^ 1717, S. 394. Die Bemerkung braucht sich nicht ohne weiteres gerade auf die zweite Manier zu beziehen. Es könnte sich um die Punktierung- der ersten oder der zweiten Note handeln. Derselbe Gedanke wird ausgesprochen in ^UArt de toucher^, S. 39, wo Couperin einen Unterschied zwischen den Franzosen und den Italienern konstatiert. Die Italiener notierten alles mit genauen Werten, wie es gespielt werden soll. Nicht so die Franzosen >Par exemple, notis pointons plusiers croches de suites par degres conjoints; et cependent noits les marquons Egales ^, Bestimmter ist es in den Fällen, wo das obenerwähnte Zeichen gesetzt wird. Dieses Zeichen wird so erklärt [Pieces de Clavecin P» Irt«7re Paris 1713, S. 7ö) »Coules, dont les points marquent que la seconde notte de chaque tems doit Ure plus appuyee^, VgL Dannreuther I, 101. Dannreuthers Übersetzung von »appuyee* als »geschnellt« scheint mir nicht zulässig. Ich glaube vielmehr, daß es sich hier um das Ver- weilen auf der zweiten Note handelt. 7) Vgl. Hugo Goldschmidt, »Verzierungen usw.« Monatshefte für Musik, geschichte 23 (1891), S. 118. — 125 — Die erste von Sancta Marias Manieren, nämlich mit der längeren Note zuerst, wird von Georg Muffat für das Violinspiel bei Passagen gleichlanger Noten empfohlen und zwar als speziell dem französischen Geschmack, dem Gebrauch der Lullisten, entsprechend 2). Bei allen diesen späteren kann man immer noch an Sancta Marias warnende Worte (S. 41) denken. Die Manier darf nicht übertrieben werden. Die Ver- längerung öder Beschleunigung soll nur groß genug sein, um bemerkt zu werden. Die Übertreibung verursacht nur Häßlichkeit. Spitta (Bach I, 413) tut der Sache noch Erwähnung. > Gewisse rhythmische Manieren CT* wurden als Vivaldis Erfindung angesehen«. Man nannte sie die Lombardische Manier 3). Wir sehen aber, wie weit die Geschichte dieser Spielweise zurückgeht. Sie liefert wieder einen Beweis, daß die Alten ihre Instrumentalstücke doch nicht so trocken auffaßten, wie sie manchmal auf dem gedruckten Blatt aussehen. Das hängt wieder mit dem großen Spielraum zusammen, den sie dem ausführenden Künstler bei den Verzierungen erlaubten. Der gute Spieler mußte auch schaffender Künstler sein und durch seine künstlerische Auffassung und seinen subjektiven Vortrag dem Werk den Charakter des aus eigener Empfindung hervorquellenden, frei improvisierten Stoffes geben. Das ist ein Zug, der bei uns mit unseren peinlich genauen Vortragsvorschriften immer mehr in den Hintergrund tritt. Diese Tatsache ist schon öfters für das Verständnis der Meister des 17. und 18. Jahrhunderts betont worden. Aber von diesem Standpunkt betrachtet, gewinnen auch die Instrumentalwerke des 16. Jahrhunderts eine ganz andere Bedeutung. Der Buhm eines Merulo, eines Gabrieli, eines Oabezon, beruhte wohl nicht zum wenigsten auf dem freien lebendigen Geist, den sie ihren manchmal so leblos erscheinenden Stücken beim Vortrag einzuhauchen wußten. Wenn man die erhaltenen Kompositionen dieser Meister immer so wörtlich auffaßt, wie sie da stehen, tut man ihnen gewiß Unrecht. Noch einen Punkt möchte ich erwähnen, der eine gewisse Freiheit in der Übertragung auf das Instrument betrifft. Es ist die eigentümliche Anweisung Bermudos (S. 20) für diejenigen, die einen voller klingenden Satz auf dem Instrument spielen wollen. Da war die Oktawerdopplung einiger Stimmen ein leichtes Mittel. Das kommt eigentlich auf das ak- 1) Vgl. Hermann Gehrmann, >Joh. Grottfr. Walther als Theoretiker«, Vier- teljahrsschrift VII (1891), S. 02I. 2) Florilegium secundum 1698 deutsche Vorrede. »Von dem Tact« Par III. Denkmäler der Tonkunst in Österreich II, 2, S. 24. Beispiele S. 53 — 64. 3) Wasielewski, »Die Violine im 17. Jahrhundert«, Bonn 1874 erwähnt (S. 26) daß die Lombardische Manier bei Biagio Marini in den ^Ärie^ Madrigali usw.« 1620 vorkommt. — 126 — kordische Spiel heraus. Man sieht, wie Bermudo schon einen für das Elavierspiel charakteristischen Punkt erkannt hat und ihn logisch an- wendet. Er hat es vielleicht den Lautenspielem abgelauscht; denn schon in den frühesten Lautendenkmälem begegnen uns solche Stellen, beson- ders bei Kadenzen, wo der Lautenspieler durch Hinzusetzen einiger Töne, die zu der Harmonie paßten, den Akkord voller machte. Wo es anging und der Fingersatz der linken Hand auf dem Griffbrett es erlaubte, wurden da manchmal sämtliche sechs Saiten der Laute in An- spruch genommen, indem man einfach mit dem Daumen oder mit einem anderen Finger der rechten Hand über die Saiten hinwegstrich. Solche Akkorde nannten die deutschen Lautenisten >Durchstreiche«. Bermudo will diesen Kunstgriff aber konsequenter angewendet haben, als es die Lautenisten taten. Der Spieler soll nicht nur einige Akkorde planlos einstreuen, sondern die Manier mehrere Takte nacheinander durchführen. Daß man ebenso in Italien diese Manier wenigstens in demselben Maße wie auf der Laute auch auf dem Klavier anbrachte, beweisen einige sehr interessante Sammlungen aus der Offizin Simon Verovios, des ersten Musikverlegers, der den Kupferstich zur Herstellung musikalischer Drucke in Italien verwendete. Von 1586 bis 1595 veröffentlicht Verovio eine ganze Reihe von Werken, die einen wichtigen Beitrag zur Geschichte des Instrumentalspiels in Italien liefern, (vgl. Eitner, Quellenlexikon); denn sie vereinigen in sich den originalen Vokalsatz, eine XJbertragung für Cembalo und eine zweite Übertragung für Laute und zwar im Däetto spirittcale. Canxonette a tre et a quattro voci composte da dt- versi ecc"^*- Musici, Rom 1586, in folgender Anordnung: Auf der linken Seite des aufgeschlagenen Buches stehen die Vokalstimmen jede für sich, eine unter der Anderen wie im Ohorbuch. Auf der rechten Seite stehen die Instrumentalsätze, erst für Klavier, dann für Laute und zwar für das Klavier in transponierter Lage. Die Werke waren also für Dilettanten bestimmt und nicht für den vollendeten Spieler, der aus den Stimmen hätte spielen können. Bei den Elaviersätzen werden die Vokal- stimmen einfach in die itaUenische Orgeltabulatur übertragen^ mit einigen einfachen Verzierungen versehen, und hier und da einige Akkorde voll- stimmiger ausgestattet 1). Daß in späterer Zeit bei der Vokalmusik ein dem Bermudoschen Kunstgriff ähnliches Verfahren vorkommt, wissen wir durch M. Praetorius {Synt Mus. Tom III (1619) S. 158)2). Er schlägt vor, daß, wenn sich im Chor ein Knabe mit sehr hoher Stimme befindet, man ihn den Alt eine Oktave höher singen lasse. Ebenso kann der Tenor von einem Knaben eine Oktave höher gesungen werden. 1) Siehe Musikbeilage S. 280—82. Das als Beispiel mitgeteilte Stück ist aus einem dreistimmigen Yokalsatz in ein vierstimmiges Klavierstück umgewandelt, 2) Vgl. auch Eitner, Monatshefte für Musikgeschichte X (1878), S. 41. — 127 -.- Die Transposition. Die Verzierungsfrage war ein Punkt, über den man streiten konnte. Sie wurde, nach den Theoretikern zu urteilen , im Anfangsunterricht nicht so sehr berücksichtigt. Alle Schriftsteller aber sind darin einig, daß das Transponieren eine äußerst wichtige und nicht zu umgehende Kunst sei, die man von vornherein lernen und unausgesetzt üben müsse. Das ist eine Ansicht, die man heutzutage nicht so eifrig vertritt. Die meisten Klavierspieler beschäftigen sich überhaupt nicht damit und auch die Organisten leisten hierin nicht soviel, als man in früheren Zeiten verlangte. Auch hier besteht ein großer Unterschied zwischen dem früheren Lautenspiel und dem Orgel- und Klavierspiel. Das liegt ja auch auf der Hand. Wir haben es mit einer Zeit zu tun, in der man noch keine internationale Stimmung hatte, in der bekanntUch die Orgeln bezüglich der Stimmung untereinander sehr verschieden waren, wo- zu auch die Verschiedenheit der Formen sowohl der Windinstrumente wie Orgel, Positiv und Regal, als auch der verschiedenartigen besaiteten Tasteninstrumente wie Clavichord, Olavicembalo, Virginal, Spinett, auch Claviorgano, nicht wenig beitrug. Da mußte man schon sehr mit der Notwendigkeit der Transposition rechnen. Und die Theoretiker lassen es an Hinweisen auf diese Notwendigkeit nicht fehlen. Hier sind es wiederum die Italiener, die die Sachlage am ehesten, wie es scheint, erkannt haben und ihr gerecht zu werden versuchen. Während bei Schlick und Virdung die Transposition für Tasten- instrumente als solche nicht behandelt wird, finden wir schon bei Aron in allen seinen Werken mehr oder minder gründliche Erörterungen dieser Frage. Es wird bei ihm, sowie bei den anderen italienischen Schrift- stellern besonders für den Organisten gesorgt, denn für diesen, der dem Chor die Tonart angeben mußte, der den Chor begleiten oder mit dem Chor wechseln (antiphonieren) mußte, war ja die Kenntnis der Trans- position eine sehr wichtige Sache. In allen diesen theoretischen Er- örterungen, den spanischen sowohl wie den italienischen, handelt es sich hauptsächlich um die MögUchkeit gewisser Transpositionen imd die Unmöglichkeit anderer. Der Tatsache, daß die Instrumente nicht gleich- schwebend temperiert waren, mußte Rechnung getragen werden. Dafür mußte der Spieler seine Kenntnisse von den schwarzen Tasten heraur ziehen, die er ja, wie wir gesehen haben, schon zu Anfang des Studium» gründlich lernen mußte. Von der Lage der großen und kleinen Halb- töne, der ^semitonos cantables^ oder »incantables^ hing die Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Transposition ab. Aron bringt in seinem Lucidario ein Kapitel ^Dd modo di procedere — 128 — con h sülabe acddentali netto stromento detto Organo^^), Er baut da regelmäßige Hexachorde auf den Tönen A, JET, d, e, f, a, h, i und e auf und setzt die nötigen Kreuze oder t^ vor, wobei der Ton dis^ der nach der strengen Theorie nicht vorhanden ist, vorkommt. Den Ton ais scheint Aron vorsichtig zu vermeiden. Er erläßt eine Mahnung an den Kapellmeister, es nicht von dem Organisten zu verlangen, daß er den 6. oder 8. Ton (Modus) auf dem es spielen soll. Das ist unmöglich wegen des Fehlens eines kleinen Halbtones g-as, Folgende Notierung möge dieses klar machen. 6. Ton natürlich. 8. Ton natürlich. i -iSh -i^ I SL is: -«>- 'JSL ^1^1% 1 1 1 V2 6. Ton transponiert. % ^^^-— -^ 7^ 9^ WSL % 7^ «^ ^ ^1 1/2 1 1 1 8. Ton transponiert. V2 1 ^ |^=te2 9<^ bdg \^^ ^^- 1 V2 1 1 1 V? 1 V2 1 72 1 Die mit * bezeichneten Töne sind auf der Klaviatur nach Arons Stim- mung Kreuztöne. Aron erwähnt aber, daß es Musiker gäbe, die behaupteten, daß das ganz gleichgültig sei, denn der Unterschied sei nicht wahrnehmbar. Aron schlägt vor, dem Übel abzuhelfen durch die Einschaltung einer weißen Taste in die schwarze, zwischen g solreut gravi und a acuta. Es ist dies der viel umstrittene Ton gis oder o«, der, wie wir gesehen haben, schon dem Ramis de Pareia und dem Schlick (S. 74) Schwierig- keiten machte. Bei Bermudo wird diese Schwierigkeit auch erwähnt. Auch Zarlino äußert sich über die Transpositionen 2). Sie wären nicht nur nützlich, sondern sehr notwendig für den Organisten, der den Chor begleitet, und überhaupt für jeden Spieler, der eine Stimme begleitet. Wenn man für ein Instrument in einer transponierten Tonart komponiert, müsse man genau auf die nicht vorhandenen Töne, besonders auf dem Clavicembalo Rücksicht nehmen. Unser Bermudo (S. 17fE.) behandelt diesen Punkt sehr ausführlich. Schon sein Klaviaturschema gibt reichen Aufschluß über die Transpositionen. Aber auch im Text geht er viel gründlicher und klarer als irgend ein anderer Schriftsteller seiner Zeit auf die Frage ein. Dabei bleibt er nicht bei der theoretischen Erörterung stehen, sondern gibt ganz praktische Winke, wie man sich beim Spielen 1) Fol. 36» Lib. 4, Cap. VI. Ich zitiere die Ausgabe Venedig 1545. Die erste Ausgabe erschien aber schon 1525. 2) Istüutioni harmoniche. Ven. 1568, 4 Parte, Cap. 17, S. 390. Della trasporta- tione dein Modi, — 129 — über die Schwimgkeiten hinweghelfeB kann; zum Beispiel das YermeideB einer Kadenz, durch die ein falscher Halbton hervorgehoben wird, wie in dem Falle, wo man den ersten Modus auf H spielt, wo die Kadenz auf der Finalis mit erhöhten Leitton unmöglich ist. Hier hat er es auch nicht an ausgeführten Notenbeispielen fehlen lasaen. Auch der Eat, bei einer unglücklichen Wahl der Tonhöhe seitens der Sänger der Schwierigkeit durch eine geschickte Modulation nach einem tieferen Tone abzuhelfen, zeugt von der Erfahrung imd dem äußerst praktischen Sinn unseres Autors. Bermudo ist einer der ersten, der auf den Zusammenhang zwischen der Zahl der ^ oder Ejreuze in der Yorzeichnung und dem Intervall der Transposition hinweist. Dabei geht er aber nicht so weit wie seine Zeit- genossen in Italien, indem er Transpositionen nach einer großen oder kleinen Terz höher ausschließt (S. 18). Nicht nur für den geübten Musiker, der vom Blatt transponieren soll, sondern auch für den Anfänger gibt er ganz praktische Eatschläge. Mit den Kegeln vom Abzählen der Intervalle einerseits oder von der Änderung in den Vorzeichen (Schlüssel und ^ oder t^) andererseits hat er eigentlich die einzigen praktischen Methoden, die für die damalige Zeit möglich waren, erschöpft. Denn die Methode, die auf das Auffassen der tonalen oder harmonischen Verhältnisse der Töne oder Akkorde zur Tonika und das Übertragen dieser Verhältnisse auf die neue Tonika beruht, eine Methode, die heutzutage manchmal an- gewendet wird, mußte ja den Alten ferner liegen als uns mit unserem ausgeprägten tonalen harmonischen System. Auch in seinen allgemeinen Batschlägen für Spieler (S. 22) verordnet Bermudo das ständige Üben der gelernten Stücke in allen Transpositionen. Die besonders schwierigen Stellen, die man aus den Werken herausnimmt, um sie als Etüden zu benutzen, sollen in aUen Transpositionen geübt werden. Auch in den Kapiteln, welche er dem Organisten und dem Kespondieren zum Chor widmet, zeigt sich Bermudo als erfahrener, praktischer Organist (S. 23). Die Klarheit, mit der er die Verschiedenheit der Orgeln, ihre Tonhöhe und die dadurch verursachten Transpositionen, die es den Sängern er- möglichte, immer in bequemer Lage zu singen erörtert, würden seine Äußerungen wertvoll machen für die Erforschung der Stimmungen, die man zu seiner Zeit in Spanien beim Singen gebrauchte. Die Beschreibung des Kegisters in der Orgel der königlichen Kapelle zu Granada, bei der das as oder das gis durch besondere Züge, je nach Bedarf eingeschaltet wurde, beweist, daß sich auch die spanischen Orgelbauer mit der Frage dieses für die Transposition so wichtigen Tones beschäftigt und eine ver- hältnismäßig praktische Lösung des Problems gefunden hatten, ohne das sonst übliche Spalten der schwarzen Tasten anzuwenden. Obwohl Bermudo in allen diesen Erörterungen sich streng an die theoretische Lehre hält, ist doch auf die Stelle hinzuweisen (S. 17), an Kinkeldey, Orgel und Elayier. 9 — 130 - der er von der Tatsache spricht, daß das Ohr daran gewöhnt wird, theo- retisch nicht reine Töne zu hören, ohne daran Anstoß zu nehmen. Hier- mit nähert er sich der Meinung derjenigen, die Aron anführt, welche behaupten, daß die Verwendung der Kreuztöne für b-Töne gleichgültig wäre. Wir haben bei der Besprechung der Stimmregeln gesehen, daß Lanfranco auch zu dieser Klasse gehört, die beim Spielen die Ungleich- heit in der Temperatur ignoriert (S. 76, Regeln 9 und 10). Auch Sancta Maria schreibt über die transponierten Töne ein Kapitel (Teil I, Kap. 25), geht ziemlich genau auf die Sache ein, bringt aber nichts Neues von Bedeutung. Jedoch die Wichtigkeit des Transponierens und des Ubens darin betont er ebenso wie Bermudo. Wie Bermudo rät er dem Schüler, seine Stücke in allen Lagen zu üben und besonders darauf zu achten, daß durch die Transposition die melodische Struktur des Stückes nicht geändert werde (S. 50). Auch setzt er es unter die Bedingungen des vollendeten Spiels, daß der Spieler genau mit den Transpositionen Be- scheid wisse und sich über deren Möglichkeit oder Unmöglichkeit auf dem Instrument und über die Gründe dafür völlig klar sei (S. 54). Hier wiederholt er auch ausdrücklich die Instruktion von dem üben im Trans- ponieren der gelernten Stücke. Bei Diruta spielt die Transposition auch eine wichtige Rolle. Er widmet ihr ein ganzes Buch seines Transüvano^) und weist wieder hin auf die Bedeutung dieser Frage für den Organisten. Er behauptet, daß die Mehrzahl der Orgeln höher gestimmt sei als der Chorton, und daß der Organist einen Ton oder eine Terz tiefer transponieren müsse. Um das Wesen der Transpositionen klar zu machen, gibt er eine ganze Reihe zweistimmiger Stücke, die dann in alle Lagen, die für den Organisten in Betracht kommen, transponiert notiert werden. Diese soll der Schüler erst in der natürlichen Lage spielen und dann in den Transpositionen. Danach soll er in gleicher Weise drei- und vierstimmige Stücke üben. Endlich soll er ein Ricercar auswendig in natürlicher Lage spielen und darauf in verschiedenen Transpositionen. Der Not gehorchend werden auch bei Diruta die meisten Beispiele einen Ton oder eine Terz tiefer transponiert, öfters auch eine Quarte oder eine Quinte. Seltener kommen Beispiele von Transpositionen um einen Ton oder eine Quarte höher Vor. Diese letztere hat Bermudo für den ersten Modus als sehr ge- bräuchlich, sowohl bei den Sängern als bei den Spielern, bezeichnet (S. 18). Diruta wendet sie für den ersten Ton nicht an. Er bedient sich bei diesen Transpositionen der üblichen Vorzeichnungen bis zu drei Kreuzen 1) Tra/nsüvano, Seconda Parte Libro III »Nelle quäle si dimostra la vera forma- tione^ Cognitionen e trasportatione ^i iutti i Tuoni^ si del canto figurato, come anco del ecmto fermo: cosa appartenente ad ogni Organista per lasciare in tuono al choro< Vgl. Krebs, a. a. 0., S. 352-353. — 131 -- oder zwei {?. Drei j^ kommen weder bei ihm, noch bei Bermudo vor. Dar- in unterscheiden sich beide von Aron, der sogar vier Kreuze hatte. Diruta behauptet auch, daß die Transposition den Charakter der Tonart ändern könne *). Auch im vierten Buch, bei der Besprechung des Wechselspiels zu dem Magnificat kommt er wieder auf die Transpositionen zurück. Er gibt da eine Anzahl solcher Magnificat-Z wischenspiele 2), wie vorher mit verschiedenen Transpositionen. Hier schlägt er vor, daß man diese Stücke erst in natürlicher Lage auswendig spielen lerne und sie dann in der Transposition übe. Auch wird in diesem Buche die Frage von der IFnmöglichkeit der Kadenzen mit erhöhtem Leitton auf E und auf H so- wie auf anderen Tasten und die Abhilfe dieses Übels durch gespaltene schwarze Tasten (tasti scavezxi) berührt?). Auch Gero ne behandelt noch die *tonos trasportados*^). Zum Teil fußt er hier wieder auf Sancta Maria (wiederum ohne Quellenangabe). Er geht aber über Sancta Maria hinaus, indem er sämtliche 12 Modi behandelt und nicht nur die acht alten. Mehrfach betont er die Tatsache, daß die Transposition eigentlich den Organisten viel mehr angeht, als den Komponisten oder den Sänger. "Wir sehen also, die damalige Ungleichheit in den Tonhöhen der In- strumente, die Freiheit, mit der der Vorsänger oder der Kapellmeister die Tonhöhe für den Chor wählen durfte, und die Mängel der ungleich- schwebenden Temperatur verursachten dem begleitenden Spieler unge- heure Schwierigkeiten. Diese Schwierigkeiten haben auch die Theoretiker und Pädagogen berücksichtigt. Darin liegt ein weiterer Grund für die lange Zeitdauer des Studiums. In den praktischen Orgel- und Klavier- denkmälem werden Transpositionen selten angezeigt oder vorgeschrieben. Eine Ausnahme ist die manchmal vorkommende Transposition in die 1) Auf die Frage seines Schülers, warum die Komponisten den zweiten Ton, welchen Diruta als traurig und klagend bezeichnet hatte, zu Canzonen, Madrigalen und anderen heiteren Stücken benutzen, antwortete Diruta: »La causa procede che lo trasportano alla Quarta alto^ fawno le modiUationi vive & aUegre. Ma quando POrganista lo sonerä nelli suoi tasti naturali con le modulationi meste, db dogliose, si serUirä il suo naturale effetto.< TransilvanoII, Lib. III, S. 11. 2) Das Magnificat wurde bekanntlich mehr als irgend ein anderer Teil der Liturgie in den Psalmtönen im Wechselgesaifg zwischen Chor und Orgel ausge- führt; woher es auch kommt, daß wir mehrere solche Magnificat-Sätze haben, bei denen nur jeder zweite Vers des Textes komponiert ist. Über die sonstige Be- arbeitung des Magnificats in der Instrumentalmusik vgl. Hugo Botstiber in der Einleitung zu Pachelbels Magnificat-Fugen. Denkmäler der Tonkunst in Österreich VIII, 2, Wien 1901, S. XIII. Über die Rolle, welche die Orgel überhaupt mit Zwischenspielen übernimmt. Tgl. E. v. Werra, Denkmäler- der Tonkunst in Bayern IV, 2, S. XVIII, XIX. 3) Transilvano II, Lib. IV, S. 16. 4) Melöpeo, Neapel 1613, Lib. XIV, cap. 20, S. 907 ff. Ferner Lib. XVI, cap. 22, Lib. XII, S. 680. Auch S. 922, 925. 9* — 132 ~ Oberquarte oder Unterquinte durch die Yorzeichnung eines |?. Diese war ja von. alters her durch die gidehzeitige Existenz des Dur- und des Moll* systeoQas, die sozusagen ineinander geschoben wurden und in ihrer Yer- einigong das vollkommene System bildeten, in Gebrauch gekommen. Andere Vorzeichnungen kommen außerhalb der Lehrbücher selten ror. Auch sind gleichzeitige Fassungen von Original und Transposition selten. Ein Beispiel davon liefert die Ausgabe von Andrea und Giov. Gabrielis- Intanationen, Venedig 1593, wo neben den Originalsätzen auch immer eine Tran^position um eine Quarte oder Quinte höher oder tiefer ge* geben ist. Aber hier handelt es sich wieder um Stücke, die dazu dienten, dem Chor den Ton zu geben. Die Toccaten in demselben Werke werden nicht transponiert. Für die Sänger waren ja Andeutungen über die Trans- position nicht nötig. Dem absoluten TonbewuBtsein, für das man heute manchmal so eifrig eintritt, wurde, wie wir schon aus den Zuständen bei den Instrumenten schließen können, wenig Eechnung getragen. Für die Alten, besonders für die Kapellmeister, war das System der Chiavette die einzige Andeutung einer Transposition oder das Mittel, eine nicht Yorgesseichnete Transposition zu unternehmen. Dieses System wird wohl auch dem Organisten und dem Klavierspieler öfters Dienste geleistet haben, obwohl, außer der aus Bermudo angeführten Stelle, mir in den Schriftstellem keine Erwähnung der Transposition durch Schlüsselver- Schiebung bekannt ist. Die Fantasia. Es ist betont worden, daß die Freiheit im Spiel ein Charakteristikum der Zeit, die wir behandeln, ist. Nirgends ist dieser Freiheit größerer Spielraum gegeben, als in dem Fantasieren. Wir sahen, Sancta Maria legt sein ganzes Werk darauf an, diesen Höhepunkt der Kunst erreich- bar zu machen. Es war die* letzte Stufe in der Ausbildung des Spielers. Der Unterricht fing, nachdem der Schüler die ersten Begriffe von der Klaviatur, der Handhaltung und c^e Elemente des Fingersatzes sich zu eigen gemacht hatte, mit der Übertragung einfacher Vokalstücke auf das Klavier an. Mit diesem Stoff wurde die ganze Lehre von den Verzie- rungen, dem geschmackvollen Spiel und der Transposition verbunden. Bermudo (S. 13) und Sancta Maria (S. 54) betonen ausdrücklich, daß der Schüler sich nicht im Fantasieren versuchen soll, bis er die Technik des Instruments völlig beherrscht und viele übertragene Stücke gelernt hat. Dieses freie Fantasieren konnte sich nun nach zwei Sichtungen hin entwickeln. Einerseits haben wir das absolut freie, ungebundene Spiel, welches nur mit Akkordfolgen oder Passagenwerk arbeitete; und ande- rerseits das beschränktere aber künstlerisch einheitlichere Spiel, welches sich — 133 — mit der Durchführung eines oder mehrerer Themen beschäftigte. Das letztere ist das einzige, welches Sancta Maria berücksichtigt. Aus dem ersteren entwickelte sich das Preludium und die Toccata; aus dem zweiten die Fantasia, wie man sie im 16. Jahrhundert im engeren Sinne verstand, das Becercar (bei den Spaniem auch Tiento genannt) und die spätere Orgelfuge. Wie schon erwähnt, wurde die Kenntnis der Musiktheorie, die für dieses freie Spiel erforderlich ist, von allen Schriftstellern berücksichtigt. Den theoretischen Werken über das Orgelspiel ist immer eine Kontra- punktlehre beigegeben, sowohl bei Diruta als auch bei den Spaniern. In Deutschland haben wir in Paumanns Fundamentum Organisandi eine praktische Lehre des Orgelkontrapunktes. Buchners Orgeltabulatur ist ein Beispiel eines solchen praktischen Lehrbuches für eine höhere Lehr- stufe. Für die ersten Anfänge des Studiums des freien Spieles gibt Sancta Maria wieder eine sehr praktische Anleitung. Er verbindet es mit den Studien des vorgeschritteneren Übertragens. Schon im ersten Teil seines Werkes weist er fortwährend auf den Nutzen, der für das Fan- tasieren aus den früheren Übungen gezogen werden kann, hin. Der Sinn für schönen Kontrapunkt wird dadurch erzogen, daß der Schüler jede Stimme des Werkes, welches er zu lernen anfängt, für sich singt. Er soll femer die thematische Struktur des Stückes genau studieren (S. 47-^8) und sich alle Kadenzformeln einprägen, um sie später in der Fantasia 2u verwenden. Er soll sich durch Aneignung der schönen, graziösen Kontrapunkte, die ihm vorkommen, einen Stoff sammeln, den er in der Fantasia gebrauchen kann (S. 86). Die ersten Versuche im freien Spiel knüpfen sich auch an die schon gelernten Stücke an. Der junge Spieler nimmt irgend eine Stimme aus einem Yokalwerk und spielt sie als Dis- cant mit selbsterfundenen Begleitharmonien. Dann setzt er dieselbe Stimme in den Alt, dann in den Te&or und schließlich in den Baß. Er sollte sich auch in dem Kontrapunktieren über einen oantus planus Üben (S. 54). Diese Heranziehung des Chorals (sowie auch der Hymnen) war eine auch in anderen Ländern gebräuchliche Methode. Buchners Orgelbuch gibt sich ganz und gar mit dem Kontrapunkt über euntus firmi aus dem Choral ab. Er war ja überhaAipt für den Orga- nisten sehr wichtig, besonders bei den Magnificat-Z wischenspielen. Neben dem Choral erfreuten sich auch die Hjmnenbearbeitungen großer Ver- breitung. Unter Bermudos speziell zum Spielen komponierten Beispielen befinden sich mehrere solche Hjmnenbearbeitungen. Cabezon schließt sich der Anordnung Sancta Marias an, indem er in seinen einleitenden zwei-, drei- und vierstimmigen Übungsstücken Hymnen anbringt und die Melodie in verschiedene Stimmen legt. Er bearbeitet auch hier cantus planus-Themen wie Kyries und bringt besonders viele Beispiele — 134 — Über die PsaJmtöne. Ahnliche Hjmnenbearbeitungen findet man auch in Italien von den frühesten gedruckten Sammlungen bis zu Diruta. In Spanien scheinen sie aber besonders beliebt gewesen zu sein. Noch das portugiesische Denkmal, ^Fhres de Mtisica] para o insirumento de teda 8f harpa<^ (Lissabon 1620) von Manoel Bodrigues Ooelho^) bringt eine große Anzahl solcher Hymnenbearbeitungen, in denen die Melodie als cantus firmus durch die verschiedenen Stimmen wandert. Auch bringt Ooelho eine Reihe imitierender Fantasien, deren jede die Melodie einer Verszeile als Thema hat. Die Melodie ^^Ave maris steUa* ist hier, wie auch oft bei den andern Komponisten, die am meisten bearbeitete. Durch Übungen über solche Themen gelangte der Spieler endlich zum Höchsten in der damaligen Orgelkunst, zum extemporierten Durch- führen eines bestimmten Themas. Es scheint eine Eigentümlichkeit der ganzen spanischen Schule zu sein, daß sie wenig oder gar keine Rück- sicht auf die in der Form völlig freie Fantasie nimmt. Auf dieses Gre- biet, das dem Virtuosen die größte Gelegenheit bietet, seine glänzende, rauschende Technik zu entfalten, und auf dem gerade die Vertreter des prunkvollen venetianischen Stiles ihr Bestes geleistet haben, scheinen sich die Spanier nicht gewagt zu haben. Sie hielten sich ziemlich streng an die geistreichere, kunstvollere gebundene Form des Tientos, die Fan- tasia im engeren Sinn, wie sie bei Sancta Maria imn^er zu verstehen ist. Und das nicht zu ihrem Schaden; denn was ihnen da an äußerem Grlanz, an der technischen Bravura abging, das ersetzten sie durch eine glattere Faktur, ein feineres Formgefühl, und noch viel mehr durch eine sanfte, liebliche Innigkeit des Ausdruckes in der Melodie und auch manchmal in harmonischer Hinsicht, wie sie geradezu überraschen. Die erhaltenen Tientos von Cabezon können sich in dieser Beziehung ruhig mit den Recercaren und Fantasien der zeitgenössischen italienischen Komponisten messen. Buus undWillaert müssen da zurückstehen, und selbst Merulo und die Grabrielis reichen nicht oft an die einfachen, aber ich möchte fast sagen, tiefen Schönheiten der besten Oabezonschen Werke heran. Das ist überhaupt ein Merkmal der spanischen Musik dieser Zeit, Vittoria ist dem Palestrina oft zum Verwechseln ähnlich. Morales findet wenige seinesgleichen unter den vorpalestrinischen italienischen Komponisten. Was diese beiden berühmten Spanier ihren Landsleuten von Rom zurückbrachten, war nicht etwa ein höherer Sinn für das musi- kalisch Schöne, sondern eine gelehrtere, gewandtere kontrapunktische Technik. Und diese Tatsache war den Spaniern selber nicht unbekannt. Bermudo rechnet schon in seinem Werke von 1549 (Fol. X. v.) den Morales 1) Exemplar Kgl. Bibl. Berlin. Näheres über das Werk siehe Seiffert, a. a. O., S. 146. — 135 — mit dem Niederländer Gombart zu den ^estraiigeros^. Er betont aber, daß es dies bei Morales tut, weil dieser in seiner Musik neben der Grazie und Sonorität der Spanier auch die Gelehrtheit und die künstlerische Gewandtheit der Ausländer aufweist. Es ist überhaupt noch nicht er- forscht worden, welchen Einfluß die vielen Spanier, die im 16. Jahr- hundert in der päpstlichen Kapelle wirkten, ausübten ^). In dem weltlichen Liede tritt der charakteristische Zug der spanischen Musik noch deutlicher hervor. Die ganze italienische Musik des 16. Jahrhunderts hat keine so schönen, graziösen, ausdrucksvollen und doch so volkstümlich einfachen Lieder zur Laute aufzuweisen, wie wir sie in den Romanzen und ViUan- eicos der Spanier finden 2). Man könnte vielleicht die französischen Chan- sons zur Laute (Attaingnänt 1530) damit vergleichen. Es ist aber ein unterschied zwischen den französischen und spanischen Liedern. Die ersteren haben etwas Lebhafteres, Heitereres, Zierlicheres an sich, während letztere mehr zum Ruhigen, oft Traurigen und Schwermütigen geneigt sind. Hieraus erklärt sich wohl auch die öfters zitierte Charakterisierung des Gafurius, in der er die Singarten der verschiedenen Nationen bespricht und von den Spaniern sagt, daß sie klagen oder weinen, und daß die Franzosen singen 3). In diesem Zusammenhang möchte ich auch Sancta Maria als Kom- ponist einer kurzen Besprechung unterziehen. Von größeren Kompositionen Sancta Marias ist uns nichts bekannt. Die vielen Beispiele, die sein Werk enthält, sind nur Beispiele. Der größte Teil soll nur das exemp- lifizieren, was er seinen Schülern über das systematische Studium und die Übung im Fantasieren mitteilt. Sie bringen daher nichts, was an die Fingerfertigkeit irgendwelche Ansprüche macht. Das liegt ja wohl zum Teil an dem Zweck der Kompositionen. Aber selbst Oabezon geht in seinen Tientos nicht sehr weit von diesem einfachen, oft Note gegen Note gesetzten Stil ab. Daß Sancta Maria aber den oben erwähnten Sinn für schöne und geschmackvolle Melodie besaß, geht auf dem ersten Blick hervor. Sein Satz ist durchaus nicht künstlich. Mit den theoretisch-tech- nischen Leistungen der Italiener können die seinigen sich nicht messen; und doch kommen manchmal überraschende Wirkungen vor. Die Grazie und Sonorität, die Bermudo für die Spanier in Anspruch nimmt, treten öfters bei Sancta Maria hervor. Dem prahlerischen Bermudo kann man diese 1) Über ihre Namen und Stellung vgl. Hab er 1, Kirchenmusikalisches Jahrbuch 1885, S. 85, 1892, S. 88fiF. Palestrinas 2. Buch Messen, die Marcellus Messe enthaltend (1567), sowie auch das dritte Buch (1570) waren dem König Philipp IL von Spanien gewidmet. 2) Vgl. die bei Morphy *Les Itdhistes espagnols* mitgeteilten Proben. 3) Franchinus Gafurius. * Theorica Musice*. Mediolani 1492, Lib. V, cap. 8 fol. K. V. »Cantant GcUliei. Hyspani ploratus promunt.* — 136 — Vorzüge nicht nachrühmen. Nach seinen hölzernen Kompositionen zu urteilen, war er überhaupt kein tüchtiger Musiker, obgleich er füt die praktischen Schwierigkeiten seiner Kunst einen scharfen Blick hatte. G-anz anders steht es mit Sancta Maria. Wenn er auch nicht wie die tiefgelehrten Ausländer schreiben konnte, so hat er wenigstens seine eigene Lehre befolgt. Er hat wirklich seine Themen so gewählt, daß sie immer wie Abschnitte eines schönen Gesanges erscheinen. Und trotz der Einfachheit der Stücke sind sie fast immer in allen Stimmen gesanglich und interessant. Eine Eigentümlichkeit in Sancta Marias Setz- art ist die paarweise Behandlung der Stimmen, welche er zum Prin- zip macht. Dadurch wurde ja natürlich das Komponieren, speziell das Improvisieren viel leichter gemacht, aber dadurch verlor es auch an künstlerischer Bedeutung. Es wird bei den anderen Spaniern und auch sonstwo nicht so markiert wie bei Sancta Maria. Einen Grund für die leichter faßliche Thematik der Spanier möchte ich in den vielen Hymnenbearbeitungen finden, die uns gerade in Spanien so oft begegnen. Diese Gesänge hatten ein volkstümlicheres Gepräge als die Melodien des Chorals, und durch die Beschäftigung mit solchen Melodien lernten die Spanier, da sie nicht durch leuchtende kontra- punktische Talente in die Versuchung, sich auf dem kontrapunktisch- virtuosen Gebiete weiter zu entwickeln, geführt wurden, ihren Kompositionen einen einfacheren, volkstümlicheren Zuschnitt zu geben. Man vergleiche die Hymnenbearbeitungen Bermudos, besonders die des Fange Imgfua^ mit seinen übrigen Beispielen, und man wird hören, daß sie, dank ihrer einfachen Melodie, doch anders ausfallen, als seine sonstigen Kompo- sitionsversuche. (Musikbeispiele S. 235.) Das Fantasia-Spielen über ein gegebenes Thema war nicht eine spezifisch spanische Kunst. Wir wissen, daß es auch in Italien von jedem guten Organisten verlangt wurde. Darüber haben wir von der Markuskirche zu Venedig eine Nachricht. Es ist nämlich aus dem 16. Jahrhundert ein Regolamento für die Organistenprobe an der genann- ten Kirche erhalten. Zuerst mußte sich der Bewerber um die Stelle folgender Probe unterwerfen. »Es wird das Chorbucb aufgeschlagen und von ungefähr ein Anfang eines Kyries oder einer Motette gefunden. Dieser wird abgeschrieben und dem konkurrierenden Organisten übergeben, der über dieses Thema, auf der zu besetzenden Orgel selbst, eine regelrechte Fantasia spielen muß, ohne die Stimmen zu verwirren, als ob vier Sänger sängen^).« 1) Erwähnt wird das Regolamenio bei Caffi. Storia I, S. 28. Caffi gibt kein genaues Datum. Später aber (S. 107 bei Caffi) ist in den Akten der Prokuratoren von San Marco 1541 die Rede von >/a solita prova dt moüi suonaiori** Ambros (Geschichte IIT, 3. Aufl., S. 516} zitiert die Stelle, hat aber die Bedeutung des — 137 - Das erinnert sehr an Sancta Marias Worte über die Fantasia. Das Improvisieren einer Fuge bildete bis in die späteste Zeit einen Teil der Organistenprobe ^) . Was uns nun in den praktischen Denkmälern erkalten ist, ist außer den Bearbeitungen von Vokalstücken eigentlich nur ein Reflex von einer viel größeren, nicht schriftlich fixierten Tätigkeit der Organisten und Klavierspieler. Die zwei Eichtungen, nach welchen sich das freie Spiel entwickeln konnte, wurden schon unterschieden. Es wäre wohl ohne weiteres anzunehmen, daß die ersten Versuche nach der Seite des. in Form völlig freien Spieles gemacht worden sind. Paümanns Fimda- mentum Organisandi enthält schon derartige freie Stücke, Prdeambtda genannt 2). Es sind dies Stücke, die nach der Tonart genannt werden, in der sie schließen. Solche Stücke brauchte der Organist im Gottes- dienst, um dem Chor den Ton zu geben; und gerade in diesem Teil seiner Tätigkeit mußte sich der Organist wohl hauptsächlich auf seine Fantasie verlassen. Ahnliche Stücke finden wir auch in den deutschen Tabulaturen der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Kott^r und Kleber bringen auch solche freie Fantasien; Kotter unter den Namen Harmonia, Prohemium, Prekudium, Preambulum und Anabole\ Kleber mit den Bezeichnungen Preambulum und Fantasy, Die Stücke bei Paumann sind zweistimmig, ein frei erfundener cantus firmusin der Unterstimme und dazu ein freier bewegter Kontrapunkt in der Ober- stimme. Eine Ausnahme bildet das erste Preambulum (super F.}, welches mit dreistimmigen Akkordfolgen anfängt, aber nach elf Takten sich wie die anderen weiterbewegt. Musikalisch sind sie nicht sehr ergötzlich. Besser steht es in dieser Beziehung bei Kotter und Kleber. Von diesen beiden ist Kotter entschieden der Geschicktere. Seine meisten- teils dreistimmigen Stücke zeigen schon hier und da eine ganz glatte Faktur mit recht freundlichen Anklängen, die an Sancta Maria erinnern, wie z. B. in der Anabole in Fa. Bei Kleber und Kotter zeigt sich schon das Bestreben, dem Satz durch das Wiederholen eines Motivs in einer höheren oder tieferen Oktave mehr Einheit und Faßlichkeit zu geben. Auch die gedruckte französische Klaviersammlung von Attaingnant, 1530, bringt solche freie Fantasien unter dem Namen Prebides. Sie unter- scheiden sich von denen Kotters und Klebers darin, daß sie nicht nur die Wortes Fantasia nicht klar erkannt und meint, es handle sich hier um das Partitur- spiel aus dem Ghorbuch, welches auch, wie wir bei Bermudo gesehen haben, von einem guten Organisten verlangt werden konnte. 1) Wie solche Aufgaben in der Mitte des 18. Jahrhunderts in Deutschland aussahen, vgl. Max Schneiders Vorwort zu Band 28 der Denkmäler deutscher Tonkunst (Telemann) S. XLIV. 2) Vgl. die Neuausgabe in Chrysanders Jahrbüchern, S. 223 — 224. — 138 — trillerartigen Verzierungen und kleine Diminutionen anbringen, sondern auch lange Passagen, Tonleiter-Gänge, die sich manchmal mit eingestreuten kurzen Wendungen über zwei Oktaven erstrecken und häufig mit Terzen- und Sextenparallelen begleitet werden. Dadurch erhalten diese Preludes einen mehr instrumentalen Charakter, mehr das Aussehen einer instru- mentalen Improvisation, gegenüber den sich enger an den Vokalstil haltenden deutschen Stücken. Hierin unterscheiden sie sich auch von den Stücken Sancta Marias. Diesen instrumentalen Charakter tragen auch die Bearbeitungen von Vokalwerken in der französischen Sammlung. Unter diesen Stücken befindet sich auch ein *Prelude sur chacon ton^j welches mit einer Folge von breiten, vollgriffigen Akkorden anfängt. Aus dieser frühen Zeit liegen uns keine italienischen Denkmäler vor. Über die Formen der freien Fantasie dieser Zeit in Italien geben uns aber die vielen Lautendrucke einige Aufschlüsse, die weiter unten an- geführt werden sollen. Eine Verwandschaft jedoch mit den deutschen Preambeln hatten die späteren Intonationen der Gabrieli. Auch sie waren nur kurze Stückchen, die dem Chor die Tonart angeben sollten, und sind ohne motivische Arbeit völlig frei gedacht. Es ist leicht denkbar, daß die Komponisten bald empfanden, daß dieses völlig freie Fantasieren, obwohl es ihnen als Spielern größere Ge- legenheit bot, ihre technische Virtuosität zu zeigen, doch keine einheit- lichen oder zusammenhängenden Kunstwerke schaffen konnte. Man empfand wohl, daß gerade bei einer solchen textlosen Komposition die kanonische oder imitierende Schreibweise die logischste sei. Das Prinzip der Nach- ahmung, welches sich schon von so großem Wert in der Vokalkomposition erwiesen hatte, wird auch die Grundlage für eine lange Entwickelung nach einer Kichtung hin für die Instrumentalmusik. Durch diese Schreibweise wurde der freien Komposition, die sonst leicht in ein plan- loses Herumirren ausarten konnte, ein fester Grund, ein eigener Zweck des Daseins gegeben; denn als Ausdruck eines Affektes kommt die damalige Orgel- und Klaviermusik, soweit wir nicht etwa die Tanzmusik so auffassen, wenig in Betracht. Diese Anschauung über den Inhalt der Orgel- und Klaviermusik war den Alten nicht unbekannt. Vincenzo Galilei, der so viel für die Achtung des Affektes in der Musik getan hat, und der einer der eifrigsten Kämpfer für den stüo redtativo war, drückt sich darüber sehr bestimmt und kräftig aus. Er beruft sich auf Merulo, Zarlino und Guami und behauptet, daß diese in ihren Orgel- stücken, nicht etwa wegen ihrer eigenen Unfähigkeit oder wegen Mängel ihres Wissens, sondern infolge der Natur des Instrumentes harmonische Affekte der Härte, der Weichheit, der Rauheit, der Sanftheit und folg- lich das Weinen, Klagen, Seufzen, die Ruhe und die Raserei nie haben ausdrücken können und es nie mit solch außerordentlicher, wunderbarer — 139 — Grazie können werden, wie es die guten Lautenspieler tun*). Von dem virtuosen Glanzstück abgesehen, mußte man nun Formen finden, die sich für die reine Instrumentalkomposition eigneten. Zwei Formen waren es, die jetzt besondere Pflege fanden; erstens die Variationsform, das Variieren etwa einer Hymnenmelodie, oder eines sonstigen weltlichen geistlichen Liedes, - oder eines Tanzes 2), oder die variierte Begleitung eines Themas wie in der Oiaccona und PassacagUa; zweitens die Form, die sich mit der imitierenden Behandlung eines oder mehrerer Themen beschäftigt, wie bei Sancta Maria. Dem Experimentieren mit dieser letzten Form verdanken wir die vielen 'Fantctsien, Recercarij Tientos^ Canxone francese und Capriccio die den Weg für die mächtige Orgelfuge späterer Zeiten bahnten. Was Sancta Maria unter seiner Fantasia verstand, ist uns ganz klar. Aber wie es sich in Italien mit dem Rtcercar und der Fantasia verhält und wie sie sich entwickelten, ist eine etwas schwierigere Frage, die eine längere und genauere Forschung verlangt als hier möglich wäre. Tiber die Versuche, diese zwei Formen genauer zu definieren und sie auseinanderzuhalten, verweise ich auf Seiffert (Geschichte der Klavier- musik, S. 32 — 34). Die Italiener selbst scheinen sich nicht mit Bewußt- sein an den Unterschied zwischen der Fantasie, die nur mit einem Thema arbeitet, und dem Ricercar, in welchem mehrere Themen nacheinander behandelt wurden, gehalten zu haben ^). Was das Ricercar betrifft, möchte ich bemerken, daß es, soviel wir jetzt wissen, durchaus nicht zu- erst bei den Organisten vorkommt, sondern bei den Lautenisten. Schon die ersten bekannten italienischen Lautendrucke von Petrucci bringen 1) Fronimo, Ven. 1584, S. 51. ». . . cU presenie aleune altre dir vene voglio io eon sopportcUione di Claudio da Goreggio^ del masstro nostro di capella^ <S) del caro nostra Qiosepho Ouamij i quali iutti non per diffetto deTArte db saper loro ma della naiura dello strumentOj non hanno possuto^ non possano, ne potranno mai, esprimere gli affetti delle Armonie come la durexxa^ moUexxa, asprexxa, S doleexxa, (& consequentemente i gridii i lamenti, .gli stridi, i pianti^ <& uUimamente la quiete e'l furore^ con tanta gratia «& maraviglia^ come gli Eccellenti Sonatori nel Liuto fanno^. 2) Siehe Cabezons »Diferencias sobre las vaeas*. (Vgl. Eitters Geschichte des Orgelspiels, S. 72;. »Diferencias sobre la pavana itaHanaj la galliarda milanesa^ et canto llano del Caballero^ etc. Gabrielis »Pa^s e mexxo antico in einque modi variatU aus dem Terxo Libro di Ricercari. Ven. 1596. (Neugedruckt bei Torchi »Arte Musicale III, S. 71) scheint mehr eine sehr freie Fantasie über einen Tanzrhythmus zu sein als eine Variation eines Themas. 3) Noch im Jahre 1752 kommt das Wort in der Form »Recercate« vor bei Avison (An Essa/y on Musical Expression^, London 1752, S. 132), der si« mit »ex- tempore flouriskings^ definiert. Vgl. auch die Vorschriften Pietro Pontios für das Recercar weiter unten, S. 144. Auch Sancta Maria macht keinen Unterschied zwischen Stücken mit einem oder mit mehreren Themen. — 140 — Recercari. Bei Spinaccino^) finden sich eine große Anzahl. Sie weisen aber keine Merkmale der späteren Orgelricercaren auf, sondern sind völlig freie, in langen Fassagen sich ergehende Stücke. Die Hin* zttfügung bei einigen yon Liedertiteln wie ^Ricercar de tous biens* oder »Ricercar a Jtdi amourst lassen vermuten, daß diese fast ganz einstim- migen Tonleiter-Passagen als Vor- oder Nachspiele zu diesen Liedern dienen sollten. Bei den Stücken von Dalza^j ist dieses direkt vorge- schrieben. Bei jeder Vokalbearbeitung Dalzas wird darauf hingewiesen, welche von den in dem Werk enthaltenen Bicercaren als Vorspiel be- nutzt werden können. Diese Bicerearen haben schon ein bestimmteres G^präge^ eine entwickeltere Satztechnik als Spinaccinos. Sie stehen häufig mit einem sogenannten ^Tastar de corde* in Verbindung. Dieses Tastar de corde weist die in den Orgelstücken häufig vorkommenden Akkord- folgen mit gelegentlichen Fassagen auf, während das B.ecercar selbst mehr kontrapunktisch gehalten ist^). Nach der Zeit der Petruccidrucke sind erst wieder die Jahre 1536 und 1546 in Italien besonders reich an neuen Lautendrucken. Sie enthalten viele Eecercari, meistenteils nicht imitierend. Ein Künstler, Francesco da Milano, der von A. F. Doni in seiner »Libraria« (Venedig 1580, fol. 41) in einem Satz mit Claudio Merulo genannt wird, hat auf diesem Gebiet mit Fugato- Anfängen Bedeutendes geleistet. Bei ihm heißen die Stücke sehr häufig Fantasia. Was er hier auf seinem Instrument vollbracht hat, läßt sich ganz gut mit den ersten gedruckten Beispielen für die Orgel vergleichen*). Seiffert {Geschichte der Klaviermusik, S. 26 und 34) datiert die Anfänge dieser Bicercarenkunst von dem Erscheinen der Recercari und Fantasien von Buus (1547, 1549) und Willaert (1559) »). Seitdem ist aber der dritte Band von Torchis Arte Musicale in Italia erschienen, und da lernen wir Ricercari von Gerolamo Oavazzoni (1542) kennen. Angesichts dieser früheren Beispiele und der angeführten Tatsachen aus der Lautenmusik werden wir wohl die Anfänge dieser Kunst früher suchen müssen. Die Annahme, daß die imitierende Schreibweise auf niederländische Einflüsse zurückzuführen sei, scheint sich aber zu bestätigen; denn wir finden sie nicht in den italienischen Ricercaren der ersten Dezennien des 16. Jahr- 1) Intahulatura di Lauto. Per Octavianum PetnUium, Ven. 1507. Die Bear- beitungen sind von Francesco Spinaccino. 2) Joan Ambrosio Dalza. Intabolatura de lauto, Ltbro quarto^ Venedig (Petrucci) 1608. 3) Beispiel bei Tappert, »Sang und Klang aus alter Zeitc, Berlin s. a. [1906], S. 4. 4) Vgl. Chilesotti, »Francesco da Milano«, Sammelbände der IMG lY (1903), S. 382 ff. ö) Willaert ist schon mit Ricercaren vertreten in dem Werke von Giuliano Tiburtino da Tievoli ^Mtisica diver sa a 3 voeU 1549. Siehe Kat. Bologna IV, S. 229. — 141 — honderts. Die Verbreitung niederländischer Kunst in Spanien, besonders am Hofe Karls Y., wird wohl auch diese Schreibart, die bei Sancta Maria so geni^ behandelt wird, in Spanien eingeführt haben. Es muß aber hier wieder betont werden, dafi die gedruckten Denkmäler nicht der Anfang sind, sondern daB das freie Spiel in dieser Form hier zuerst fixiert wird und sich schon in einem verhältnismäßig vorgeschrittenen Eniwickelungsstadium befindet. Es werden hier an den Dilettanten und den Liebhaber der Orgelkunst Konzessionen gemacht, wie sie schon früher für den Lautenisten gemacht wurden. Eine Eigentümlichkeit der Willaert*Buus Becercarendmcke ist hier zu berücksichtigen. Buus' Becercaren sind ausdrücklich als >da cantare et sonore d^organo d^ citri stromenM* bezeichnet. Sie erschienen alle in einzelnen Stimmen. Hier war ein Partiturspiel wie aus dem Chor- buch nicht möglich. Es mußte sich der Organist eine Partitur oder einen Orgelauszug machen. Wie das geschah, hat uns Buus selbst ge- zeigt. Er hat nämlich einem ihm befreundeten jungen Edelmann und anderen Freunden zuliebe vier seiner Becercaren in italienischer Orgel- tabulatur in den Druck gegeben. Weil sie von der bisherigen Forschung noch nicht berücksichtigt worden sind, möchte ich hier etwas näher darauf eingehen. Der vollständige Titel lautet: »Intabolatura d^Organo di Ricereari di M. Oiacqties Buus, Orga- nista deir illustrissima Signoria di Venetia in San Marco. Nova-- mente stampata con carateri di Stagno. Libro primo. In Venetia appresso di Antonio Oardane 1549«. Dediziert ist das Werk >(d molto nobile et vertuoso giovane M. Paolo di Hanna *. Das British Museum bewahrt das einzige mir bekannte Exemplar. Es enthält, wie schon erwähnt, vier Becercaren, die in italienischer Orgel- tabulatur auf zwei Liniensystemen gedruckt sind^ fünf Linien für die rechte und sechs für die linke Hand. Einklangsverdoppelungen werden da nicht berücksichtigt und auch Stimmkreuzungen nicht; so daß es nicht sehr leicht wäre, das Original aus dem Orgelauszug zu rekonstruieren (Siehe Musikbeilage S. 245). Aber eine von Baymund Schle cht im Frag- ment mitgeteilte Partitur eines Becercars aus der Stimmen- Ausgabe von Buus Becercaren Lib. H, 1549 liefert höchst interessantes Vergleichs- material ^). Daraus geht hervor, daB Buus alle Stimmen regelrecht in den Orgelauszug übertragen hat. Er hat sie aber mit mehreren nicht zu weitläufigen Verzierungen versehen, unter denen Dirutas Groppo neben der Minuta die Hauptrolle spielt. Es fällt sofort auf, daß Buus bei der Verzierung des Anfangsthemas das Prinzip der konsequenten Beibehaltung 1) Geschichte der Kirchenmusik, Regeusburg 1871, S. 360. — 142 — der ersten Verzierung nicht beachtet hat. Der Anfang des in Frage stehenden Kecercars im Tenor in der linken Hand ist weniger diminuiert als der nächste Einsatz im Diskant in der rechten. Der Alt-Einsatz ist weniger diminuiert als Tenor oder Diskant, und der Bass bringt endlich das Thema in seiner einfachen Gestalt. Dies geschieht nur bei dem ersten Becercar, möglicherweise als Beispiel für den Spieler. Die Themen der andern drei Recercaren werden unverziert eingeleitet. Diese Eecer- oaren sind unvergleichlich komplizierter als die Tientos von Oabezon oder die Beispiele von Sancta Maria, verlieren aber dadurch die Klar- heit und Verständlichkeit die jene auszeichnet. Und doch war die Ver- anlassung zur Veröffentlichung in dieser Form, wie Buus in der Dedi- kation selbst mitteilt, das Vergnügen, das sein junger Freund daran hatte, als er, Buus, sie auf der Orgel vortrug. Es scheint, daß die Tabulatur auf besondere Veranlassung des jungen Paolo di Hanna hergestellt wurde ^). Die Weiterentwicklung der Recercarenform läßt sich in den gedruckten Denkmälern sehr leicht verfolgen. Es soll hier nicht näher darauf ein- gegangen werden, als es die Andeutung, welchen Weg diese Entwicklung nahm, erfordert. Mit der wachsenden technischen Fertigkeit, sowohl in kompositorischer Hinsicht als in der praktischen Ausführung, und mit der. zunehmenden Zahl der Liebhaber und Dilettanten, die sich neben den Berufsmusikern dem Orgel- und Klavierspiel zuwandten, wurde auch die Notwendigkeit einer schriftlichen Fixierung und, zwecks Verbreitung, der Drucklegung dieser früher extemporierten Fantasien größer. In Italien können wir die Entwicklung durch die gedruckten Werke A. Gabrielis, Merulos, G. Gabrielis, Annibale Padovanos, Luzzasco Luz- zaschis^) und ihrer Zeitgenossen über Fre sc obaldi verfolgen. In kurzen Umrissen hat das Seiffert in den ersten Kapiteln seiner > Ge- schichte der Klaviermusik« getan und damit den Weg gezeigt, wie dieses ausführlicher zu behandeln wäre. Deutschland fängt erst nach der Be- fruchtung durch die Italiener an, sich auf diesem Gebiete zu betätigen. Paix versucht sich schon 1583 an zwei Canxoni francese eigener Erfindung, in denen die Fugierung, sogar mit Umkehrung, angewandt wird. Sonst 1) Ich gebe hier den Anfang der Dedikation: »Essendo io dalli preght de molti amici stato ä dovere dare in luce i Ricercari in Tavolatura ad instantia vostra da me faiti: e potendo essi con Vuscir fuori cosi giovare a molti altri, si come ä voi fatto hanno, e ä me parso convenevoh, ehe egli sotto 7 nome vostro se ne vadano, e in cotal guisa piu egli da vo% ehe voi da loro omati eompariscono:^ etc. Mit diesen *preghi di molti amici€ entschuldigten die Komponisten dieser Zeit sehr häufig ihre Ver- öffentlichungen. 2) Luzzaschi hatte auch ein Buch Recercaren veröffentlicht, welches häufig von den zeitgenössischen Schriftstellern erwähnt wird. Davon hat sich aber nichts erhalten außer einigen Beispielen, welche Dir uta in seinem TransUvano II hringt. — 143 — aber begnügen sich die deutschen Herausgeber von Tabulaturen für Werke dieser Gattung mit dem Abdruck italienischer Kompositionen. Erst nach- dem die deutschen Organisten bei Gabrieli und Frescobaldi in die Schule gegangen sind, fangen sie an, in der Recercaren- und Fsintasienkompo- sition Großes zu leisten. Hans Leo Haßler war einer der ersten, der für Süddejutscbland vollbrachte, was Sweelinck für seine Landsleute und seine norddeutschen Schüler tat. Seine Orgelwerke (neben den wahr- scheinlich von Hans angeregten Recercaren seines Bruders Jacob) sowie die fugierten Fantasien Sweelincks sind die bedeutendsten ersten Früchte dieser italienischen Lehre. Sandberger betont schon ^), daß die deutschen Schüler der Venetianer nicht so sehr auf vokalem, sondern gerade auf instrumentalem Gebiet die wichtigsten Anregungen empfingen, und ich möchte dieses speziell auf die Fugenkomposition beziehen. Man hatte aber bald in Deutschland die italienischen Lehrmeister weit überholt und schritt rasch auf der Bahn vorwärts, die in den monumentalen Schöp-. fuxLgen Bachs ihren Höhepunkt erreicht. Ehe ich dieses Kapitel schließe, möchte ich auf die Aufmerksamkeit hinweisen, welche die italienischen Theoretiker aus der Zeit, die wir behandeln, dieser Gattung der Instrumentalkomposition schenken. Als erster sei Vicentino angeführt. Sieht man von seinen ungeheuren Anstrengungen, seine Stellung zur chromatisch-enharmonischen Musik und sein Archicembalo zu rechtfertigen, ab, so findet man bei diesem Vincentino eine Fülle von Beweisen für seine scharfsinnigen praktischen Fähig- keiten. Er hat schon sehr klar den Unterschied zwischen dem inneren Wesen der Instrumentalmusik und der Vokalmusik erfaßt. Er meintj der letzteren würde so manche Unregelmäßigkeit in der Harmonie und Melodie erlaubt, welche der ersteren fremd sein sollte. Der Spieler soll so lieb und harmoniös spielen, wie er nur kann; denn ihm fehlt der Wortaffekt, der eine schlechte Fortschreitung rechtfertigen könnte. Auch soll er Abwechslung in seine Stimmen einführen durch die Mischung von großen und kleinen Sprüngen 2). Für das Komponieren von Fugatos hat 1) Denkm*äler der Tonkunst in Bayern V, S. XLIII. 2) UAntica Musica 1555, Lib. II, Cap. 18, fol. 135. >. . . cß? tutte (Sexteninter- valle) si possano fare, cosi quelle che sono hen poste^ come Faltre mal composte S se- condo ü suggietto delle parole, ü eompositore si servirä, c& il Sonatore non ptid far questo] che qua/ndo siiona e di necessita far musica piu dolce^ cß? piu armxmiosa, che sä, perche nel stromentOy non ci sono suggietto di parole, che muom al Sonatore ä comporre grado alcuno cattivo, S mal posto, per cagione alcima, d) il stw indrixxio sarä, di eami/nar per gradi dolci, eccettcando che prima non vogli dar alqteanto di durexxa alV orecchi, nel principio del sonare, <& poi enirare nella via de gradi soavi <& dolci, perche la varieta in questo modo fatto, e molto btuma, <& ü Sonatore sarä avvertito, di far varieta, S di entrar de gradi longhi in corti, <Sb di corti in longhi, ma non per cagione di uno grado, mal poste : « — 144 — yiceBtino folgende Batschläge gegeben: Es klingt gut, wenn man die Einsätze so anbringt, daß einer auf den itngeraden Taktteil kommt, der nächste auf den geraden. Um dem Komponisten das Nachdenken über ein neues Thesäa nach jeder Durchführung zu ersparen, schlägt er eine Regel vor, die, wie er sagt, besonders dem Klavier- oder Orgelspieler zu- gute kommt, weil er dadurch immer sofort neuen Stoff bei der Hand hat. Das Verfahren besteht in nichts anderem, als daß der Spieler die Begleitung zu seiner Fuga, also den ersten Kontrapunkt, als neues Thema nimmt und dieses regelrecht durchführt. Diese Begel gilt nicht für die Komposition zu einem Worttext, denn das Wort gibt sich selbst die Regel i). Eine der klarsten Erörterungen der Recercarenkomposition findet sich bei Pietro Pontio aus Parma^). Nach diesem soll bei einemRecercar das Thema lang sein und die Stimmen weit auseinander, damit die Hörer das Thema besser verstehen können. Es soll in der einen oder der anderen Stimme immer Bewegung stattfinden, selbst wenn es bloß zwei Stimmen sind. Die Stimmen dürfen nicht alle zusammen auf einem Semibrevis-Wert zum Stillstand kommen, wie es in den Lektionen der Charwoche geschieht. Es dürfen nicht zwei Stimmen zusammen anfangen, es sei denn, sie bringen verschiedene Themen. Folgendes Beispiel illustriert diese Regeln. 1] Ebenda. Lib. IV, cap. 36, fol. 91 v. »Molte volte fa huono ttdire, quando neüa compositione, st serUe un passaggio duplicate nel battere S nel levare deUa misuray d& dccio che il composttore non si riirovi mtrtcato nel pensierOy a ritrovar ü modo, S la via di accommodarsiy circa al riirovare ntwvi passaggi: la regola sarä questa, che ritomera moüo commodoy al sonatore di stromentOy o d'Organo, perche sempre havrä sopra che fare, et ogni volta che havrä a^ccompagnato la sua fuga, pigliera quel passc^- gio che havrä accompagnato la fuga, ö altro principio, <£? rindrixxarä per principio, et per guida, S lo porrä in quäl parte gli verrä piu commodo et cos% darä il medc' simo passaggio alV altre parte ad ima per una, una doppö Valtra, che sempre verrä a fugare, & havrä sempre materia sopra che comporre senxa star ä imaginärst <& pensare, con quäl via, <& modo potessi ritrovar e nuovi pa^ssagi^, 2) Baggionamento di Musiea dal Beverendo M, Don Pietro Pontio, Parmegia/no, ove si traita de' passaggi delle consorumtie db dissonantie, buoni, S non buoniy <& del modo di far Motetti, Messe, Salmi, d; altre compositioni. Parma (Viotto) 1588, S. 91. — 145 — m J J J J tT^ a 1—4 SL 5 tJ: i '^ if i ^ -Ä^ 2fcl^ -^- r- f r r I ä («) 3 r I I 3z: s J -«5^ ^ -Ä- (Df ^ ^^ ^ Es ist erlaubt, dasselbe Thema zwei-, drei-, viermal oder noch öfter in verschiedenen Weisen zu wiederholen, wie man es in den Kecercareii von Buus, Annibale Fadovano, Merulo und Luzzaschi sieht. Das Thema darf auch aus dem cantus planus in Semibreven, Breven, Longen und Maximen genommen werden. Man kann von Anfang bis zu Ende an einem Thema festhalten, oder man darf ein neues erfinden, so oft man es will. In seinem Dialogo spricht derselbe Autor von den Fugen-Einsätzen im allgemeinen und gibt die Begel, daB der zweite Ein- satz nicht später als zwei Brevistakte nach dem Anfang des Themas gesetzt werden soll. Aber bei Recercaren darf man den zweiten Einsatz nach 2^/2 Brevistakten oder noch später bringen, weil diese Kompositionsgattung mit ihren längeren Themen es so verlangt, damit das Thema von den Hörern erfaßt wird^). Dieses hat der geniale Encyklopädist Cerone dem Pontio getreu nach- geschrieben, aber mit einigen erweiternden Zusätzen 2). Er hebt zum Bei- spiel hervor, daß das Eecercar [Tiento) so komponiert werden muß, daß es auf Tasteninstrumenten gespielt werden kann, ohne den Verlust einer einzigen Note. Sonst hat es für den Organisten keinen Wert. Der Zweck des Tientos ist, gespielt zu werden. Und so findet man, sagt Cerone, viele Tientos, die ganz eigenartig (singidar) zum Spielen sind, aber gar nichts taugen zum Singen, obwohl sie voll sind von neuen Themen und tausend außerordentlichen Schönheiten [lindexas). In den Kadenzen werden sie behandelt wie die Motetten und Messen, je nach dem Ton 1) DicUogo del R. M. Don P, , . P. . . ove si troMa deUa Theorica e Prattiea di Musica, Parma (Viothi) lö9ö Seconda Parte, S. 48. 2) Mdopeo 1613. La manera de componer los Ricercarios d Tientos^ S. 691. Kinkel dey, Orgel und Klavier. 10 — 146 — (Modus), in dem sie stehen. Als Komponisten nennt er dieselben wie Pontio, fügt aber noch die Namen von Joseph Ascanio und den Ga- brielis*) hinzu. Daß die Komponisten, besonders die früheren, sich nicht streng an alle diese Regeln hielten, speziell die Kegel von der Deutlichkeit des Themas, geht auf dem ersten Blick aus den praktischen Werken hervor. Aber im großen ganzen haben es die Theoretiker dieses Mal ziemlich gut getroffen. Die ganze Becercarenkomposition des 16. Jahrhunderts war ja ein Suchen nach und ein Ringen mit der Form, und daß unter diesen Umständen nicht immer alles den Spielern und Komponisten gut glückte, ist ja selbstverständlich. Es fehlte aber nicht an Leuten, die diese ünvoUkommenheiten störend empfanden und ihre Stimmen dagegen erhoben und das ganze Recercarenspiel, wie es manchmal betrieben wurde, besonders von ungeschickten Spielern, schlecht machten. Yincenzo Galilei möge als Beispiel dienen. Dieser ästhetisch fein fühlende Mann, der auch ein vortrefflicher Musiker war und mit den Florentiner Renaissance -Bestrebungen in so enger Verbindung stand, wendet sich in seinem DüUogo (1581) sehr heftig gegen die Kontrapunktiker, die sich überhaupt nicht um den Ausdruck eines Affektes kümmern. Ich lasse ihn selbst reden: »Begreifst du nicht«, fragt eine von den das Gespräch führenden Per- sonen, >dle spezielle Halsstarrigkeit {perfidia) der geraden und umgekehrten Fugen, die sie so oft und so hartnäckig gebrauchen in der kontrapunktischen Gattung, welche sie deswegen Rioeroari nennen und welche das eigene und spezielle Gebiet der Instrumentalmusik bilden. Sie sind meistenteils zu vier Stimmen komponiert und ohne Verbindlichkeit einem Text gegenüber, zu keinem anderen Zweck, als daß sie einen größeren Spielraum haben mögen, dem Ohr Genugtuung zu verschaffen durch die verschiedenen Eigenschaften der Töne, der Akkorde und der Bewegung. . . . Die Nachahmungen einer solchen Fuge, die man mit solch strenger Aufmerksamkeit behandelt, be- ruhen auf nichts anderem als dem Ehrgeiz [des Spielers oder Komponisten]. Das verursacht, daß sehr oft, wenn alle vier Stimmen zusammen erklingen, die Terz über dem Baß fehlt; ein anderes Mal die Quinte oder die Sexte oder eine ihrer Oktavversetzungen Auch sonst fehlt es an propor- tionierten Bewegungen und Rhythmen.« Er vergleicht dann diese Becercarenform mit der Dichtungsform der Sestina, die so viele äußere Beschränkungen beachten muß, daß es ihr an der Baraft mangelt, die man von anderen Gattungen der Poesie ver- langt. Er fragt weiter: >'Was soll ich sagen von der Impertinenz ^betreffs der Notenwerte, in denen sie oft diese Fugen komponieren, z. B. punktierte Semibreves oder 1) Vgl. Melopeo, S. 90. — 147 — Breves, am von noch längeren Noten zu schweigen? Nichts anderes, als daß (spielt man sie auf der Laute oder dem Harpicardo, beides hodiedle Instrumente), wenn man sie nicht mit besserem Verstand für das Instrument einrichtete, als es die Komponisten getan, sie mit wenig G-enuß angehört werden könnten, wegen der häufigen Armut der AJdsorde.« Diesem Ubelstand werde yom klugen Spieler dadurch abgeholfen, daß er den Ton, der mit einer langen Note notiert ist, mehrmals anschlägt. Andere täten das aber nicht. Er könnte noch zahllose andere solche Un- gebührlichkeiten anführen, wenn er eine genauere Betrachtung anstellen wollte ^). Galileis eigene Becercaren für Laute, die er in seinem Frommo mitteilt, weichen denn auch yon dieser steifen, strengen Eorm ab. Sie haben mehr den Charakter einer freieren Fantasie, und sind, nach Galileis Angaben, eigentlich nur Beispiele für die Tonarten. (Siehe Musikbeila^e S. 283—5). 6. Kapitel. Klavier und Orgel in der Hans- und Theatermnsik. Das Gesellschaftsinstrument par eoccellence war im 16. Jahrhundert bekanntlich die Laute. Neben ihr machten sich aber doch die Tasten- instrumente geltend, wenn sie auch nicht so allgemein gebräuchlich waren wie die Laute. Selbstverständlich müssen wir hier die große Orgel, wie wir sie in- der Kirche finden, ausscheiden. Für die Hausmusik kamen aber, neben den mannigfachen Formen der besaiteten Tasteninstrumente, auch die kleineren Orgelformen in Betracht. Das Regal, Positiv, Portativ und Claviorgano boten dem Spieler viele Vorzüge über die kurz klingenden besaiteten Klavierinstrumente. In Italien kamen sie häufig vor unter den Namen Organetto, Organmo, Organo di legno, Sie hatten mehrere Begisterzüge und brauchten trotz ihrer kleinen be- quem handlichen Form durchaus nicht schwache Instrumente zu sein. "Wir können uns ein gutes Bild davon machen, wenn wir bedenken, daß der heute so viel verwendete und .verschmähte Leierkasten meistenteils nichts anderes ist, als ein solches Organetto oder Positiv mit mechanischem Spielapparat. Die verschiedenen Klangwirkungen, die auf einem solchen Instrument hervorzubringen sind, können wir zur Genüge in der heutigen Leierkastenmusik beobachten. Wie häufig nun die Tasteninstrumente zur Verwendung kamen, geht schon daraus hervor, daß sie in keiner Musikinstrumentensanunlung, von der wir aus jener Zeit eine Nachricht haben^ fehlten. Musikliebende Fürsten 1) Dialogo della Musica Äntiea e Moderna, Florenz 1581, S. 87. 10* ^ 148 — legten sich solche Sammlungen an und hielten sich eine Privatkapelle^ die die Hausmusik besorgte. Inveiitare von derartigen Sammlungen oder Verzeichnisse von Instrumentisten sind uns in großer Zahl erhalten. Da haben wir z. B., um bloß einige der wichtigsten anzuführen, die Inven- tare der großen Instrumentensammlungen der Königin Isabella und des'Königs Philipp II. von Spanien i). Mehrere Inventare aus dem Hause Este^), das Inventar der Instrumentensammlung König Heinrichs VIH. von England 3), sowie die Kapellausgäben des englischen Königshauses von Heinrich Vin. bis Karl I. (1509—1649)4); das Verzeichnis der Mit- glieder der Kantorei des Herzogs Johann^ von Sachsen (ca. 1593)*); Auch bei den Instrumentensammlungen, welche die deutschen Handelsstädte für ihre Stadtpfeifereien hielten, finden wir Tasteninstrumente, die in des Organisten Obhut standen. So finden wir z. B. in dem Inventar der der Stadt Augsburg im Jahre 1540 gehörigen Instrumente »ein Virginall, der het der Organist« ö). Ahnlich wie bei den Fürsten finden wir bei den Patriziern dieser Handelsstädte wertvolle Instrumentensammlungen. Unter den Instrumenten, welche Raymund Fugger in Augsburg besaß (Inventar aus dem Jahre 1566), befanden sich acht Tasteninstrumente, darunter eins mit vier Klaviaturen, worauf vier Personen auf einmal spielen konnten?). Demnach lagen die Klaviaturen nicht übereinander, wie die Manuale einer Orgel, sondern waren wahrscheinlich an vier Seiten des Instrumentes angebracht. Ein ähnliches Instrument mit zwei Kla- viaturen befindet sich auf der Berliner Königlichen Instrumentensammlung. Eine Klaviatur ist an einer langen Seite des viereckigen Instrumentes, die andere an einer kurzen Seite angebracht. 1) Erhalten in dem Archiv des Palacio Real zu Madrid. Vgl. F. Pedrell. Orgdnografia musical antigua espanola, Barcelona (Gili) 1901, S. 88 ff. Ein Ver- zeichnis aus dem Jahre 1503 von allen Gegenständen, welche Isabella auf dem Äleaxar^u Segovia besaß, wird im Archiv von Simanca aufbewahrt. Predell, S. 91. Vgl. auch Barbieri, Ccmcionero, S. 13. Bas Verzeichnis war in 26 Kapitel einge- teilt mit. einer Sammlung von ungefähr 1293 Gegenständen. Zwei Kapitel, »Lattdes e cosas de musica* und »Libros^j kommen für uns in Betracht. Sie werden bei Barbieri mitgeteilt. 2) Vgl. Valdrighi ^Micsurgicma Nr. 12. Capelle, Goncerti e Musicke dt Gasa d" Este dal See. XV dl XVIIU^ Modena 1884. Dabei auch ein *Instrumento piano e forte €ol suo organo sotto*, S. 56. 3) Aufbewahrt in Ms. Harl. 1419 A des Brit. Museums. Auszüge in Browns Fotir years at the Gourt of Henry VIIL (London 1854) I 297. 4) Vgl. Nagel, >Annalen der englischen Hofmusik«. Beilage zu Monatshefte für Musikgeschichte 26. 5) Im Herzogl. Haus- und Staatsarchiv Gotha. Kantorei-Ordnung. 6) Vgl. San db erger, Vorrede zu Denkmäler der Tonkunst in Bayern V, S. LVII- 7) Ebenda, S. L. — 149- — Wie wir von den Sammlungen der Fürsten und Patrizier hören, so' wird auch von der eigenen Tätigkeit der Fürsten als pi^aktische Musiker viel berichtet Der Aufschwung der Klaviermusik in Spanien um die Mitte des 16. Jahrhunderts hängt vielleicht eng mit der Fertigkeit zu- sammen, welche Karl V. (regierte 1517 — 1556) selbst, wie auch in noch höherem Maße seine Schwester Eleonore von Osterreich auf diesem Instrumente zeigte^). Aus Spanien wird uns auch von einem jungen »Principe don Johan« (der einzige Sohn Ferdinands und Isabellas, f 1497) berichtet, daß er in seiner Kammer »ein claviorgano, orgeln und clavicembanos, ein Clavichord, vihuelas, vielen und ööten besaß und auf allen diesen Instrumenten spielen konnte« 2). Das Talent der englischen Königinnen im 16. Jahrhundert für das Virginalspiel ist ja bekannt. Gerade über den englischen Hof in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts sind uns viele Nachrichten, die von dem Klavierspiel berichten, erhalten. Schon in den Tagen Heinrichs VII. beschäftigten sich die Damen der Familie Tu dor mit dem Instrumental- spiel 3). Eine von diesen Damen war Catharina von Aragon, die Witwe des im Jahre 1502 verstorbenen Prinzen Arthur von Wales und die spätere unglückliche Gemahlin Heinrichs VIII. Da wir schon mehreres von der Musikliebe der spanischen Herrscher erfahren haben, darf es nicht Wunder nehmen, sie auch hier ihrem Kunsttrieb folgen zu sehen. Die Briefe des venetianischen Gesandten Sebastian Giustiniani und die Diarii des Sanuto (vgl. S. 103, Anm. 1) bringen uns eine Fülle von Einzelheiten, die beweisen, welchen Eindruck das rege musikalische Leben am eng- lischen Hofe auf die Venetianer machte. Wir werden auch sehen, daß sie direkt und indirekt an diesem Musikleben teilnahmen. Der Sekretär des Gesandten, Nicolo Sagudino, war selbst ein tüchtiger Klavierspieler. Von ihm ist bei Sanuto ein Brief erhalten *), der von seinem ersten Auf- treten als Klavier- und Orgelspieler in England berichtet. Bald nach seiner Ankunft nahm er an einem Festmahl teil, und nach dem Essen ging man in die Salons, wo eine Anzahl Orgeln, Clavicimbani, Flöten und andere Instrumente standen. Sagudino wird aufgefordert zu spielen und läßt sich auch eine ganze Zeitlang auf den Orgeln und Clavicim- bani hören. Dann spielt er einige Stücke zusammen mit einem Brescianer, 1) Vgl. Van der Straeten »Charles V Musieien<j Gand 1894. Femer Musique aux Pay8'Bas, VII, 199 fF. 2) Nach Gonzalo Fernandez de Oviedo »Libro de la ccmiara^, mitgeteilt in der Vorrede zu Barbieris CaneionerOf S. 12. 3) Vgl. einen Auszug aus dem Diarmm von Sanuto, aus dem Jahre 1606. Mit- geteilt bei Brown, »Four years cU the Court of Henry Vni<, I 298. 4) I Diarii di Marino Sanuto ^ Tom. 20, Spalte 267. Der Brief ist datiert am 3. Mai 1515. In englischer Übersetzung bei Brown, I 77. Vgl. auch Nagel, Annalen, S. 3. — 150 — der als Lautenist in des Königs Dienst stand. Darauf spielen zwei von den Hofmusikem auf der 0]^el. Diese rühmt Sagudino nicht sehr. Er sagt von ihnen ^harmo cattiva mensura (sie hielten schlecht Takt) et debil mano (schlechter Anschlag) et tum troppo bono ajere^. Was Sagudino unter T^bono ajere^ verstand, wird wohl dasselbe sein als Sancta Maria» >bu^m ayre^^ das geschmackvolle, manierliche Spiel. Sagudino berichtet weiter, daß man den König auf ihn und sein Spiel aufmerksam machen wollte; denn der König übe selber Tag und Nacht auf diesen Instru- menten. Darauf bittet er den Freund, an den der Brief gerichtet ist, ihm einige Kompositionen Zuane Marias zu schicken. Dieser Zuane Maria ist wohl derselbe, den Oaffi^) als Organist an der ersten Orgel in San Marco von 1504 bis 1507 verzeichnet. Neben diesen Kompo- sitionen möchte er auch FrottoU haben. Genaueres über den Zweck, zu dem er die Frottole haben will, schreibt Sagudino nicht; nach seiner eben angeführten Erzählung und nach dem, was wir sonst über das venetia- nische Klavier- und Orgelspiel an diesem Hofe wissen (vgl. S. 103), ist wohl anzunehmen, daß er sie zum Spielen haben wollte 2). Sagudino bleibt aber nicht allein als Yerteter der venetianischen Orgel- kunst in England. Am 30. September 1516 schreibt der Gesandte Giusti- niani an den Dogen, daß Fra Dionisio Memo, der Organist von San Marco, vor einigen Tagen mit einem ausgezeichneten Instrument ange- kommen wäre, welches er mit großer Mühe und mit großen Unkosten mit sich gebracht hätte. Diesen Memo verzeichnet Oaffi (Storia, S. 54, 69 — 71) als Organisten an San Marco von 1507 bis 1519. Ob Memo eine Orgel oder ein Klavier nach England mitbrachte, ist nicht bestimmt. Wir wissen aber, aus Lucca z. B., daß die Organisten aus der Squarcialupi-Zeit ihre eigenen tragbaren Orgeln besaßen und sie auch gelegentlich zum Dienst mitbringen mußten. Es war wahrscheinlich auch eine Orgel, die Memo mitbrachte. Memo mußte dem König und dem ganzen Hof vorspielen. Sein Spiel gefiel dem König außerordentlich. Giustiniani und Sagudino empfehlen ihn dem König aufs wärmste, und dieser wünscht Memo bei seinen Hofmusikem anzustellen, ihm sogar die Aufsicht über die ganze Hofmusik zu geben. Er verspricht dem Memo auch, sich in Eom zu bemühen, daß der Organist von seinen engeren Ordensgelübden befreit 1) Storia della gia Cappella Ducode in Venexia, S. 54, 68. 2) Rudolf Schwarz in seiner Schrift über die >Frottole im 15. Jahrhundert«. (Vierteljahrschrift II [1886], S. 463 weist auf einige Züge in den Frottolen-Kompo- sitionen hin, die er dem Einfluß der Lautenmusik zuschreibt. Nach dem, was wir hier über die Verbreitung des Klavierspiels erfahren haben, wären diese Züge ebensowohl auf den Einfluß des Klavier- und Orgelspiels zurückzuführen, wie auch der quintige Charakter der Frottole sehr leicht von diesem Einfluß hergeleitet werden kann. 3) Brown I, 296. Sanuto, Neudruck Tom. 23, Spalte 126. — 151 — werden sollte, und will ihn dann zu seinem Kaplan machen. Das Ver- sprechen hält der König auch, und von nun an wird Memo öfters in den Briefen Giustinianis und Sagudinos erwähnt. Oft ist er bei Hoffesten zugegen und muß nach dem Festmahl in den Salons der königlichen Damen die Gesellschaft mit seinem Spiel unterhalten. Einmal dauert die Unterhaltung vier Stunden (per 4 höre continne^). Memo steigt immer höher in der Gunst des Königs. Als sich im Jahre 1517 eine Seuche über London verbreitet, zieht sich der König auf sein Landschloß Windsor zurück, entläßt seinen ganzen Hof und den der Königin und behält nui* seinen Arzt, drei seiner Lieblings -Hofherren und den Dionisius Memo bei sich. Später muß Memo auch für den venetianischen Gesandten quasi diplomatische Dienste tun 2). Er war auch ein Liebling der kleinen Prinzessin Mary, der späteren Königin von England. Wie lange er sich in England aufhielt, ist mir nicht bekannt. Unter solchen Begünstigungen ist es nicht zu verwundem, daß das Klavierspiel in England sehr kultiviert wurde und sich dann bei den englischen Virginalisten der zweiten Hälfte des 16. Jahr- hunderts und der ersten Hälfte des 17. zu solch reicher Blüte entfaltete. An den deutschen Höfen wurde, wie schon aus dem Kapellverzeich- nissen hervorgeht, die Klaviermusik nicht vernachlässigt. Auch hier finden wir begabte Dilettanten in den fürstlichen Familien. Die Dresdener Kgl. öffentliche Bibliothek bewahrt ein handschriftliches Klavierbüchlein, welches dem Herzog Christian zu Sachsen gehörte ^j. Es enthält einen Choral, mehrere Aufzüge in Orgeltabulatur und dann weiter in Lauten- tabulatur Intraden, Tänze, weltliche und geistliche Lieder. Die Ber- liner Königl. Bibliothek besitzt ein handschriftliches Tabulaturbuch aus dem Jahre 1598 von August Nörmiger, dessen Inhalt von der Herzogin Sophie gespielt wurde, die wahrscheinlich eine Schülerin von Nörmiger war. Der Inhalt gibt ein klares Bild von dem Stoff, mit dem sich die fürstlichen Damen, wenigstens an einem protestantischen Hofe, beschäftigten. Nörmiger gibt seiner Sammlung den Titel > Tabulaturbuch au£f dem Instrumente / In welchem erstlichen D. Martini Lutheri deutsche Geistliche Lieder / au£f die fümemsten Feste / catechismum und Psalmen / so des Jahrs über in der christlichen Kirchen und sonsten zu gebrauchen verordnet / Hernach aber als anders theils viel auserlesene schöne weltliche Lieder / Auffzüge / Intraden / Paduana / Passamedi / Galliarde / Polnische Teutsche und andere Täntze / neben gewöhnlichen auff und abfuhrungen Fürstlicher Personen / wann sich dieselben zum Tantze begeben / welche Freulein Sophia / Herzogin zu Sachsen .... meistentheils schlagen kan / gefunden werdenn. 1) Brown II, S. 97. Sanuto, Tom. 24, Spalte Ö38. 2) Brown II, 126, 271. 3) Siehe Katalog von Kade und Eitner (Beilage zu Monatshefte für Musik- geschichte, Leipzig 1890, S. 72. — 152 — Auf gnedigstes begeren des Durchlauchtigsten Hochgebomen Fürstenn und Herrn / Herrn Friedrich Wilhebnens Herzogens zu Sachsen / . . . meines gnedigsten Herrn . . . zu- sammengetragen und unterthenigst praesentirt durch Augustum Nörmigem in Yormundschaft Churf. Sachs. Junger Herrschaft Hof-Oganisten in Dres- den. Anno 1598. Welche große Rolle das Klavierspiel in der Ausbildung der Nürn- berger Patriziersöhne spielte, haben wir gesehen (S. 90 f.). Daß man in Augsburg bei den Fuggers viel Klaviermusik trieb, könnte man aus den erhaltenen Inventaren schließen. Eine direkte Nachricht über die Fähigkeiten im Klavierspiel von einem Mitgliede des Hauses Fugger ist nair nicht bekannt. Wohl aber bewahrt die Wiener Hofbibliothek ein handschriftliches Lautenbuch, welches sich Octavianus Secundus Fugger in Bologna im Jahre 1562 anlegte^), und auch ein ähnliches Lautenbuch, welches Jörg Fugger gehörte^). Die Familie wird wohl ebenso das Klavierspiel kultiviert haben. Wie man in Italien schon sehr früh im 16. Jahrhundert über die Hausmusik des Hofmannes dachte, wird uns klar dargelegt in Baldassare Castigliones ^Cortigiano^ (Florenz 1528). Es wird in diesem Dialog des öfteren von der Musik des Edelmannes gesprochen. Da hören wir, daß der Hofmann auch ein ^mtisico^ sein soll, sicher vom Blatt singen können und mit verschiedenen Instrumenten vertraut sein soll*). Unter diesen Instrumenten waren auch die Tastenistrumente mit inbegriffen. Sie werden neben den Lauten und neben den Streichinstrumenten genannt. Mit dem Streichquartett kann man die lieblichste und künstlichste Musik machen. Dagegen sind die Tasteninstrumente harmoniös wegen der Vollkommen- heit der Konsonanzen (Akkorde) und der Leichtigkeit, mit welcher man viele Stücke auf ihnen ausführen kann, die das Gemüt mit der Anmut der Musik erfüllen*). Seine musikalischen Vergnügungen soll der Hof- mann nicht in Gegenwart von unadeligen Personen oder gar des gemeinen Pöbels abhalten 5). Vielmehr möge er zum Zeitvertreib in einem häus- lichen und ihm lieben Kreise musizieren, besonders im Beisein von Damen, 1) Unter der Signatur Ms. 18821. Die Handschrift trägt die Überschrift »Das ist mein altt lauttenbuch als ich in dem Weschland zu Bononia Ao 1562 gestu- diredt bab<. 2) Lauttenbuch herrn Jörgen Fugger. Ms. 18790. 3) Cortigiano Lib. I, Fol. F. Vill» »intendere S essere sicuro ä libro ... sä di varii instrumenti*. 4) Cortigiano Lib. II, J. I» *Sono anehor armoniosi tvMi gli instrumenti da tastij perche hanno le consonantie moUo per fette : <S) con faeüitä vi st possono fa/r motte cose, che empiono Vanima della miisicdt dolcexxa. Et non meno ditetta la musica delle quaüro viole da areo^ la qiuU e soavtssima et artificiosa, ö) Ebenda Lib. II, Fol. JAv, — 153 — deren Anblick ihn und die Zuhörer mehr empfänglich für die lieblichen ßeize der Musik macht i). Wie man den Forderungen des Castiglione in Italien nachkam, haben wir in dem Falle von Sagudino gesehen. Die Instrumente traten bei diesem häuslichen musikalischen Zeitver- treib nicht allein selbständig auf, sondern sie dienten oft als Begleit- instrumente sowohl für andere Instrumente, wie wir es aus dem Sagudino- Brief erfahren haben, als für den Gesang, und hier nicht nur für den Chorgesang, sondern auch für den Sologesang. Das letztere war speziell bei der Laute der Fall. Dies ist eine längst bekannte Tatsache. Es wird aber häufig hervorgehoben, daß es sich bei diesen Liedern zur Laute nur um mehrstimmige Gesänge handle, von denen die eine Stimme ge- sungen wurde, während die anderen dem Instrumente überwiesen wurden. In der Tat sind uns auch zahlreiche Bearbeitungen mehrstimmiger Werke für Gesang und Laute erhalten. Ein Stilunterschied zwischen den für den Sologesang und den für den mehrstimmigen Gesang bestimmten Werken machte man gewöhnlich nicht in den Kompo- sitionen, obwohl solche Gesänge, wie die alten spanischen Bx)manzen, den Gedanken nahelegen, daß wir es hier mit Überresten der Kunst der Trouveres zu tun haben. Auch werden wir sehen, daß sich die Bewe- gung nach dem wirklichen begleiteten Sologesang schon früh im 16. Jahr- hundert bemerkbar macht. Aber selbst bei den Werken im polyphonen Stil waren sich die Alten ▼ollkommen bewußt, welcher Unterschied im Vortrag zwischen dem Solo- gesang und dem mehrstimmigen Gesang bestand. Castiglione läßt das schon klar erkennen. »Viel schöner«, sagt er, »als der gewöhnliche Ge- sang ist der Gesang zur Viole (Laute) 2), weil da die ganze Lieblichkeit sozusagen in einer Stimme besteht; und mit viel größerer Aufmerksam- keit belauscht man den schönen Vortrag und die Melodie, weil das Ohr nicht durch mehr als eine Stimme in Anspruch genommen wird. Auch merkt man hier leichter jeden kleinen Fehler, was nicht geschieht, wenn mehrere zusammen singen, weil einer dem andern hilft. Aber am aller- meisten gefällt mir das Singen zur Laute zum Rezitieren [per redtare), welches dem Text eine solche Schönheit und Effekt 1) // tempo poi nel quäle tcsar si possono queste sorti di musica, estimo io che sia sempre che Vhomo si trova in una domestica, et cara compagnia, quando aUre faccende non vi sono: tna sopra tutio conveniensi in presentia di donne, perehe quegli aapetti indohiscono gli animi di chi ode, et piu i fanno penetrahili daüa suavitä della musica: et ancho suegliano i spiriti di che la fa, 2) Castiglione schreibt immer »viola*. Sein Werk ist bald in andere Sprachen übersetzt worden. Der französische Übersetzer Chapuis (1580) bleibt bei dem Namen »viole*. Der englische Hoby (1661) und der deutsche Kratzer (1566) sprechen von der Laute. — 154 — verleiht, daß es geradezu wunderbar ist« ^). In dem letzten Satz haben wir einen Beweis, daß der G-edanke, den die Florentiner Reformatoren in ihrem Stilo recitativo zur Greltung bringen, nicht vollständig neu, sondern daß er weiter zurückzudatieren ist 2). In ganz ähnlicher Weise spricht ^sich Zarlino später in seiner Lehre von den Affekten aus^]. Er behauptet, daß die Musik das Gemüt viel mehr bewege, wenn sie einfach und nicht kontrapunktisch kompliziert ge- halten ist. > Daher kann man es verstehen, daß man mit größerem Ver- gnügen einen allein singen hört zum Klang der Orgel, der Lyra^ der Laute oder eines ähnlichen Listrumentes.« Zarlino spricht auch vonder£eci- tation der Gedichte Ariosts zur Begleitung eines Instrumentes und führt die Klage der Isabella über den Tod Zerbinos als eine dazu geeignete Stelle an^). Dieses begleiteten Sologesangs gedenkt Zarlino auch in der Besprechung der Transposition, wo er die Transposition als höchst notwendig nicht nur für den Organisten, sondern überhaupt für jeden Spieler, der eine Stimme begleitet, hinstellt. (Vgl. S. 128.) Auch Vicentino erwähnt des öfteren das Singen zur Instrumental- begleitung. So spricht er zum Beispiel von der Schwierigkeit, die der Sänger darin findet, eine akzidentale Oktave (d. i. eine Oktav- Verdoppelung der Töne fis, es, eis etc., wie aus seinen Beispielen hervorgeht) gut zu treffen und rein zu intonieren. Das ist leicht bei Stücken, die mit voller Stimme gesungen werden {a piena voce, wie in dem Chorgesang); aber in der Kammermusik, wo man leise singt, ist es schwierig. Hier wird die Stimme, die von dem Instrument begleitet wird, sicher singen**). Auch 1) Cortigiano 1. c. »Bella musica rispose M. Federico parmi il cantar bene ä libro sicüra/mente et con bella mcmiera: ma anchor molto piu ü cantar cUla viola: percke tuita la dolcexxa consiste quasi in un solo: S con molto maggior attention si nota^ <t il bei modo, et Varia non essendo oeeupata le oreechie in piu che in una sola voce-, et meglio anchor vi si disceme ognipiceolo errore: il che non accade eantando in comptig» nia perche Vuno aitäa VaJtro: ma sopra ttUto parmi gratissimo il eantare aUa viola per recitare: il che tanto di venustä, et efficaeia aggiunge alleparole, che e gran maraviglia.< 2) Vgl. auch Canal) »Della Musica in Mantova*, Venezia 1881, S. 14 — 15. 3) Istitutioni (1658) II Parte, Cap. 8—9, S. 73ff. 4) Istitutioni II Parte, Gap. 9, S. 75. *La onde vediamo eiiandio ä inostri giomi, che ella [die Musik] vnduce in noi varie passioni, nel modo che anticamente faceva; imperoche alle volle si vede, che recitandosi alcuna bella, dotta <S) elegante Poesia al suono di alcuno istromento, gli ascoltanti sono grandemente eommossi S incitati ä fare diverse cose: come ridere, piangere, overo aUri simili: cO di cid si e veduto la esperienxa dalle belle cß? leggiadri compositioni delV Äriosto; che recitandosi [oUre altre cose) la pietosa morte di Zerbino d? ü lagrimoso lamento della sua Isabella; non meno piange- vano gli ascoltanti mossi da compassione, di quello che faceva Ulisse udendo eantare Democodo musico db poeta eccellentissimo,* 5) Antica Musica Lib. I, Cap. XXII, fol. 37 »ma neUa musica da camara, eio^ quando si canterä piano, passer ä con fatica; <S) la voce che sarä accompagnata con lo stromento sarä piu sicura, perche Vottave accidentali sono diffidli da intonare giustamerUe. — 155 — für das Diminuieren beim begleiteten Gresang gibt er Anweisungen. Am besten ist es, wenn die Spieler die Komposition so spielen, wie sie geschrieben steht, und das Diminuieren dem Sänger überlassen. Dadurch gehen keine harmonisch wichtigen Töne verloren, und es entstehen auch keine schlech- ten Zusammenklänge^ wie sie das gleichzeitige Diminuieren beider Aus- führenden mit verschiedenen Diminutionen derselben Stelle verursacht i). Auch das Singen zum Archicembalo wird von Vicentino erwähnt *). Wie das Cembalo bei der Begleitung eines Solo-Instrumentes gehand- habt werden konnte, erklärt uns Diego Ortiz in seinem Werk über die Verzierungen auf dem Violone sehr schön und sehr ausführlich 8). In drei Weisen können Klavier und Violone zueammenwirken. 1. in einer freien Fantasie^ 2r über einen cantus planus und 3. über eine mehr- stimmige Vokalkomposition. Das Fantasieren, meint er, könne er nicht gut illustrieren, weil da jeder Spieler seinen eigenen Weg gehe. Er gibt hierzu bloß den Hat, daB der Cembalist eine Heihe wohlgeordneter Kon- sonanzen spielen soU, und daß der Violist darüber mit schönen Passagen einstimmen soll. Und wenn letzterer irgendwelche einfacheren Gänge spielt, soll der Cembalist eine passende Antwort darauf bringen. Sie sollen Imitationen (fugas) bringen, indem der eine dem anderen aufmerk- sam zuhört, als wenn man einen konzertierenden Kontrapunkt sänge. Bei der zweiten Art des Zusammenspiels spielt das Cembalo eine Me- lodie aus dem cantus planus im Baß, mit begleitenden Akkorden und Kontrapunkten, die zu der von dem Violisten frei erfundenen kontra- punktierenden Stimme passen. Als Beispiel hierzu gibt er einen solchen cantus planus-Baß mit sechs Beispielen einer Violen-Stimme dazu, die er Recercadas nennt. Bei der dritten Art spielt das Cembalo irgend ein Vokalstück nach üblicher Weise, während der Violist Kontrapunkte dazu macht Ortiz gibt als Beispiel das Madrigal »0 felid occhi miei< mit vier verschiedenen Violen -Kontrapunkten. Der erste ist der verzierte 1) Ebenda, Lib. IV, Cap. XLII, fol. 94 >sarä moÜo buona tal dimimUione ndli stro- menti i qucdi sonaratmo la composUione gittsta senxa diminuire, tSb eome sarä notata. Perche oon la diminutione non ai poträ perder Varmonia che lo stromerUo terra le consonanze nei atwi termini: ma qtumdo ü sonatore dimirmerä la compositione^ & colui ehe canterä vorrä insieme diminuire la compositionef che si aoneräy db che si can- terä se ambo due dimmueranno in un tempo non facendo un passaggio medesimo in- sieme, d^accordo, non faranno buono accordo, ma quando aar anno ben concertati faranno buono udire.* 2) Lib. V, cap. 1, fol. 99. — Über Zacconis Ansichten über den begleiteten Sologesang siehe Chrysander in der Yierteljahrsschrift für Musikwissenschaft X (1893), S. 563. 3) Tratado de Qloaaa , , , en la musica de Violones, Neapel 1553, Lib. II. Vgl. auch M. Kuhn, »Die Verzierungskun8t<, Beihefte der IMG., Leipzig 1902, S. 40 — 48, 92—98. — 156 — Madrigal*Baß, der zweite der verzierte Sopran, der dritte eine freiere und schwierigere Baß Verzierung, der vierte eine ganz neue Stimme, eine Quinta Vox, die sich ganz frei um den Baß des Madrigals bewegt. Diese letzte Manier setzt die Kenntnis von der Kompositionslehre für den Vio- listen voraus. Wenn der Violist die verzierte Sopranstimme spielt, so ist es graziöser, wenn der Cembalist diese Stimme wegläßt. Ortiz gibt auch eine Anweisung^ wie das Cembalo und Yiolone zusammenzustimmen sind. Die Stimmung des Violones muß höher oder tiefer genommen werden, je nachdem es der Ton des Cembalos verlangt. Am besten ist es, wenn die leere fünfte Saite des Violones mit dem Oammor-ut des Cembalos eingestimmt wird. Dadurch werden die hohen und tiefen Töne gleichmäßig verteilt. Hier ist auch an den Vorschlag Bermudos zu denken, daß der junge Spieler, der ein Stück in Tabulatur setzt, auch eine Stimme dazu in ge- wöhnlicher Notation über die Tabulatur schreiben möchte, die gesungen werden kann, während man den ganzen Satz auf dem Instrument spielt (S. 21). Das ist ein Gebrauch, den wir öfters in den italienischen und französischen Lautenbüchem begegnen. Auch Schlicks Lautentabulatur von 1512 ist so eingerichtet. In Spanien scheint das noch mehr gebräuch- lich gewesen zu sein als in andern Ländern. In gleicher Weise sind uns die alten spanischen Romanzen erhalten^), die wohl wirklich mehr als Sololieder zu denken sind wie als Chorlieder. Einige der Spanier setzen die Singstimme direkt mit in die Lautentabulatur hinein, bezeichnen sie aber dadurch, daß sie die Ziffern, die ihr zukommen, rot drucken, während die anderen schwarz sind. Fuenllana geht sogar so weit, daß er außer dieser rotgedruckten Stimme der Tabulatur noch irgendeine andere wich- tige Stimme der Komposition in gewöhnlicher Notation über die Tabu- latur druckt, damit, wie er sagt, der Sänger und Spieler sich an den schönen Kontrapunkten ergötzen könne. Und hierbei nimmt er wieder die Fähigkeit des Lesens verschiedener Stimmen zu gleicher Zeit in Anspruch (vgl. S. 98), denn die Extra-Stimme ist nicht fortlaufend Takt für Takt über die Tabulatur gedruckt, wie es sonst der Fall ist, sondern sie steht ohne Taktstriche für sich allein auf dem oberen Teil der Seite. Zur Orientierung sind aber bei Abschnitten oder Kadenzen ungefähr alle 6 oder 8 Takte Zahlen gleichzeitig in der Extra-Stimme und in der Tabu- latur gesetzt, ähnlich wie die Orientierungszahlen oder -buchstaben in unseren modernen Partituren und Orchester- oder Chorstimmen. Konnte man über den wirklichen Solo- Charakter der spanischen Ro- manzen noch Zweifel hegen, so möchte ich hier noch ein italienisches Werk aus dem Ende des 16. Jahrhunderts anführen, bei dem solche 1) Siehe Beispiele bei Morphy. >Les luthistes espagnols.^ — 157 — Zweifel unmöglich sind. Es ist dies eine Madrigal-Sammlung des öfters erwähnten und seinerzeit rühmlichst bekannten Luzzasco Luzzaschi für ein, zwei oder drei Soprane, mit vollständig ausgeschriebener, selbst- ständiger Klavierbegleitung. Es ist der Musikgeschichte scheinbar un^ bekannt geblieben, trotzdem es für die Geschichte der Monodie und des begleitenden Sologesanges überhaupt von der höchsten Wichtigkeit und Bedeutung ist. Der vollständige Titel lautet: , ^Madrigali di Luxxasco Luxxaschi per cmitare et sonare a uno, e doi, e tre Sbprani, Fatti per la Musica dd giä, Ser^^ Dicca Alfönso d'Este. Stampata in Roma appresso Simone Verovio 1601 ^).« Das Werk ist dem Kardinal Pietro Aldöbrandino gewidmet. Der Titel klingt wie so viele andere, die uns aus dem ganzen 16. Jahrhundert bekannt sind, und man vermutet darunter nicht, um was für ein wichtiges Werk es sich hier handelt. Betrachten wir die Sammlung ein wenig näher. Es ist ein Kupfer- plattendruck in der bekannten Verovioschen Ausführung im Folio^Format, 41 Seiten stark. Sie enthält drei einstimmige, vier zweistimmige und fünf dreistimmige Madrigale für Solostimmen mit Klavierbegleitung. Die Text- dichter werden nicht genannt. Die Singstimme oder -stimmen sind sehr häufig mit den lebhaftesten Trillerverzierungen und Passagen ausgestattet, alle ganz genau ausgeschrieben. Wie sie dastehen, würden sie von wenigen unserer heutigen Sänger ausgeführt werden können; denn sie stellen die höchsten Ansprüche an die Gesangsvirtuosität. Die Begleitung ist in der üblichen italienischen Orgeltabulatur auf zwei Liniensystemen notiert, oben fünf, unten acht Linien. Sie ist fast durchweg streng vierstimmig gehalten, ohne Vor-, Nach- oder Zwischenspiele. Daß es sich aber nicht um einen einfach übertragenen Vokalsatz handelt, wie bei den meisten Lautenliedern, sondern um eine wirklich selbständige Klavierbegleitung, geht daraus hervor, daß sie sich ziemlich streng an die Vierstimmigkeit hält, nicht nur bei den einstimmigen Madrigalen, sondern auch bei den fugierten Anfängen der mehrstimmigen Sätze, wo man ein sukzessives Ein- treten der Stimmen in der Begleitung erwarten würde, und auch bei solchen Stellen, wo nur eine von den zweien oder dreien singt, während die anderen pausieren. Diese Begleitung hält sich aber ziemlich eng an den polyphonen Vokalstil und unterscheidet sich darin von den Beglei- tungen der Florentiner Monodisten. Der Baß ist immer ein solcher, vrie man ihn in einer Vokalkomposition erwartet. Er besteht nicht aus langen, ruhigliegenden Tönen, wie wir sie in den Monodie-Bässen von Peri und Caccini finden. Ihren klaviermäßigen Charakter verrät diese Begleitung 1} Exemplar der Königl. Bibliothek Berlin. — 158 — hier und da durch den Lagenwechsel der Akkorde in derselben Harmonie, wie wir diesen in unseren heutigen homophonen Klavierkompositionen kennen. Bei den einstimmigen G-esängen hält sich die Oberstimme der Klavierbegleitung getreu an die Singstimme, und zwar an ihre einfache, nicht an die verzierte Form. Das stimmt überein mit der Regel Yicen- . tinos über den begleiteten Gesang (S. 154). Bei den mehrstimmigen Ge- sängen werden ebenso getreu alle Singstimmen in die Begleitung hinein- gesetzt (Musikbeilage S. 286 — 95). Daß das Werk schon vor 1601 entstanden ist, darauf deutet das »^ria« im Titel hin. Die Dedikation gibt aber weitere Aufklärung hier- über. Luzzaschi erklärt nämlich, daß diese Musik seinerzeit von den Damen am Hofe [dame prindpalissime) die dem Gefolge der Herzogin Margherita angehörten, Hervorragendes in der Hausmusik leisteten und dem fürstlichen Paare besonderes Vergnügen bereiteten, gesungen wurde. Seit dem Tode des Herzogs wäre diese Musik verstummt, und diese Ausgabe sei ein Versuch, sie wieder ins Leben zu rufen ^). Der Herzog Alfonso II. starb 1597. Also sind die Kompositionen wenigstens bis dahin, wenn nicht noch früher, vorzudatieren 2). Über die Hausmusik am Hofe von Ferrara ist eine sehr interessante Nachricht zu finden in dem Werke »i/ Desiderio owero de' ccmcerü di varii strumenti mtcsicaii. Diaiogo dd M. läustre Sig, CavaUere Hercole Bottrigarot (Bologna 1599)*). Da erfahren wir, daß der Herzog dn vollständiges Orchester unterhielt. Neben ausgezeichneten Sängern hatte er auch Comett-, Posaunen-, Schalmeien-, Flöten-, Violen-, Lauten-, Zither-, Harfen- und Clavicembalospieler. Er hatte auch eine Art Instrumentenmuseum; wo alte Instrumente und solche, die ein besonderes wissenschaftliches Interesse besaßen, aufbewahrt wurden, darunter auch ein Vicentinosches Archicembalo. Der Herzog sorgte dafür, daß alle 1) AuB der Dedikation. *Tra le piu rare mercmglie c'hebbe neüa aua Corte la gran memoria dd S, Ihica Alfonso mio sigre rara et amgtdareper giuditio di tutti fu kb mtcsica di Dame prindpalissims; le quali servendo aüa sig^^ Duckessa Margherita moglie di lui rendevano col canto loro in un tempo ossequio et diletto a quelle ser^^ ÄUexxe; Ma poiehe restd coUa morte del sig^ Duca queüa Musica spenta, io che v*hebbi gram, parte hö desiderato per quanto a me si concede di ravivarla, portando neUa luce del. mondo Madrigali, che composti da me furon cantati da qtteüe W^^ Signore . . . etc.* 2) Eine ausführliche Behandlung der Solo-Madrigale Luzzaschis habe ich in den Sammelbänden der Internationalen Musikgesellschaft, Jahrgang IX (1908), S. 538ff. veröffentlicht. 3) Eine frühere Ausgabe des Werkes erschien 1594 in Venedig unter dem Namen Alemanno Benelli, ein Anagramm für Annibale Meloni, ein Freund oder Schüler Bottrigaris. Beide Ausgaben bewahren das British Museum und die Egl. Bibl. Brüssel. Sie waren mir nicht zugänglich, und ich entnehme meine Angaben der >Hi8ioire de rinstrumentation* von H. Lavoix fils, Paris 1878, S. 173—174. — 159 — Instrumente immer in gutem Zustande gehalten wurden. Diese Haus- musik wurde geleitet von dem Hofkapellmeister Fiorino, dem »ein gewisser Luzzasco« (Lavoix) beistand. Das Orchester war vortrefflich diszipliniert. Man hielt häufige Proben, und der Herzog selbst ver- schmähte es nicht, sie zuweilen selber zu leiten und Kat zu geben. Er gründete auch eine Art Akademie, wo die größten Komponisten und die besten Virtuosen verkehrten. Die Herzogin teilte den ausgezeich- neten Geschmack ihres Glatten. Sie hatte ihre eigene Hausmusik. Die Kapelle bestand aus Damen. An den Tagen der Konzerte bereitete man in einem Saal eine lange Tafel, an deren einem fhide ein großes Olavicembalo stand. Die Instrumentistinnen traten stillschweigend, eine nach der anderen, in den Saal, nahmen mit ihren Instrumenten ihre Plätze an der Tafel ein und warteten in Stille. Darauf trat die Dirigentin ein und setzte sich an das andere Ende der Tafel, dem Cembalo gegen- über. Sie nahm einen langen, biegsamen, polierten Stab, der für sie bereit lag, und indem sie ihren Blick über das ganze Orchester warf, gab sie geräuschlos das Zeichen, und das Orchester spielte nun mit einem wundervollen Ensemble. Unter diesen erfreulichen Zuständen könnte man sich schon die vollkommene Ausführung der Madrigale Luzzaschis als möglich vorstellen, über Luzzaschis vielseitige Tätigkeit in Ferrara wird uns auch von anderer Seite her berichtet. Oerone erwähnt, daß unter den Instrumenten, die man in den großen Konzerten des Herzogs zu Ferrara gebrauchte, sich auch ein sehr merkwürdiges Olavicembalo befand, mit zwei Tasta- turen »voller Halbtöne«. Sein Erfinder »Nicolas Visentino« nannte es »Ärcimtisico^^), Ein anderes Instrument wäre noch da, welches beim ersten Anblick den Organisten abschreckte^ wegen der großen Zahl der Saiten und der Halbtöne. Seine Spielart und sein Erfinder wären [1613] in Vergessenheit geraten. Aber nie hörte man eine solche vollendete Harmonie, als wenn Luzzaschi seine eigens dazu komponierten Stücke darauf vortrugt). Über die Tätigkeit der Hauskapelle der Este sind uns noch manche weiteren Nachrichten erhalten. Ein äußerst reizvolles und ausführliches Gesamtbild entwirft Solerti in seiner Schrift »Ferrara e la Corte estense 1) Hier hat sich bei Cerone, der sonst seine Quellen so vorsichtig benutzt, ein arger Fehler eingeschlichen. »Arcimusico« war ein Ausdruck des Lobes, dessen sich ein Schüler Vicentinos bediente. (Madrigali a 5 voci Di L'areimusioo Don N. » . V, , , pratico et theorieo et inventore ddle nuove armome, Nuovamente poste in Itice da Ottatdo Beaino stio discepolo, lAb. 5 Milcmo 1572), Vicentinos Gegner aber nahmen ihn auf und machten ihn zum Spottnamen für den armen Yicentino, der übrigens auch am Hofe von Ferrara wirkte. 2) Cerone, Mdopeo, S. 1041. — 160 — iiella second metä del secolo decimosesto*^). Hier erfahren wir die Namen vieler Sänger und Instrumentalisten am estensischen Hofe. Darunter waren mehrere Franzosen und auch ein nnglese musico< (S. LY); Luzza- schi soll im Jahre 1561 in den estensischen Dienst getreten sein^j. Auch die berühmte Hauskapelle wird, nach Bottrigaris Angäben ^ naher be- schrieben (S. LXm). Als lyrische Dichter, deren Verse von Piorino, Luzzaschi und Lodovico Agostini in Musik gesetzt wurden, werden Pigna, Guarini und Tasso genannt (S. LXJV). Nicht nur am Hofe wurde die Musik so eifrig gepflegt. Eine >Äccademia Ferrarese^ hatte es sich zur festen Begel gemacht, alle drei Monate ein groBes Konzert zu geben *con norme äßte/rmmate^. Die Namen dreier ausgezeichneter und berühmter Sängerinnen am Hofe, sowie auch viele Daten aus ihrem Leben und Wirken sind uns erhalten*). Es sind Tarquinia Molza, Lucrezia Bendidio und Laura Pep er ara. Für diese kann man sich die Madrigale Luzzaschis komponiert denken, und wenn sie diese Kom- positionen wirklich in befriedigender Weise ausgeführt haben, dann haben sie ihren Ruhm verdient. Tarquinia Molza zeichnete sich auch als Dich-^ terin aus. (S. 47.) Außerdem wird sie noch als Harfenspielerin sowie als die Dirigentin und die Seele der Damenkapelle genannt^). Nicht nur in Ferrara zeigten diese Musiker und Musikerinnen ihre Kunst. Sie begleiteten den Herzog und die Herzogin bei festh'chen Ge- legenheiten nach außerhalb. Ln Jahre 1571 z. B. besuchte der Erzherzog Rudolph von Osterreich den Herzog von Ferrara, der ihm bis Broscello entgegenging. Hier wurde ein groBes Fest gefeiert. Es wurde »oäa tedesca* und *aU' italiana* getanzt. Auch wurde „eins von jenen großen musikalischen Konzerten veranstaltet, mit ungefähr sechzig Stimmen und Instrumenten; und hinter einem gravicembaloj welches Luzzasco spielte, sangen Signora Lucrezia [Bendidio] und Signora Isabella Bendidio sowohl solo als zu zweien, und zwar so gut und so fein, daß ich nicht glaube, daß man etwas Besseres hören könnte 5)«. Bei einer anderen Gelegenheit 1) Diese Arbeit Solertis bildet ' die ausgedehnte Einleitung zu seiner Neuaus- gabe der »Dtscorsi dt Ännibale Romei. QefUühuomo Ferrarese (1585). < Gitta di Castello (Lapi) 1891. In Betracht kommen hauptsächlich Kapitel VII, YIII und IX. Die Seitenhinweise beziehen sich auf diese Neuausgabe. 2) Solerti gibt 16d2 als Sterbejahr Luzzaschis an. Daß dieses falsch ist, geht schon aus der Vorrede der erwähnten Madrigale hervor. Nach Riemann (Lexikon 1905) soll er bis 1604 Hoforganist in Ferrara gewesen sein. Nach Ei tn er (Quellen- lexikon) ist er vor dem 16. September 1607 gestorben. 3) Solerti, a. a. 0., Kapitel VIII. A) Vgl. Valdrighi, Musurgia/na Nr. 12 S. 62—53. Mitteilungen aus dem esten- sischen Archiv aus d^n Jahren 1583—1586. 5) Solerti, a.a.O., S. LXX unter dem Datum Aug. 14, 1571. »Da vespro a sera si festiggid in corte cisaai reüiratamentej dove ballomo % pri/ncipi cUla tedesea e r — 161 — machten die Sängerinnen die Bekanntschaf t mit Binuccini oder wenig- stens mit einigen seiner Dichtungen. Sie fuhren nämlich im Jahre 1586 nach Florenz, um Virginia de Medici als Braut des Cesare d'Este zu feiern. Zu dieser Angelegenheit dichtete Binuccini fünf Madrigale i^fatH a le Dame di Ferrara^^ in denen er auch den süßen Gesang dieser Damen rühmt. Die Texte der Madrigale sind uns handschriftlich erhalten. Der Komponist und die Musik (wenn sie jemals komponiert worden sind) sind noch unbekannt 1). Der zeitgenössische Schriftsteller Bomei^ welcher in seinen ^Dis- corsit nur gelegentlich die Musik erwähnt, spricht auch von den musi- kalischen Damen. Die Laura Peperara läßt er einmal ein capitolo amoroso zur Harfe rezitieren. Hier haben wir wieder eine Andeutung von der Verbreitung der Bezitation mit musikalischer Begleitung. Ein ander- mal berichtet er von dem Instrumental- und Vokalkonzert in dem Salon der Herzogin, welches diesmal mit einer Tafelmusik schließt ^j. Die musi- kalischen Unterhaltungen der Herzogin scheinen doch noch nach dem Tode Alfonsos bestanden zu haben. Wenigstens hatte man ihrer auch anderwärts nicht vergessen; denn noch im Jahre 1602 erschien bei Ciotti in Venedig eine Sammlung Madrigaltexte von G. B. Leoni, darunter einer Pßr le Serenissime Dame musiche delle Duchessa di Ferrara e d'Urbino^), Wir sehen also, die Bedeutung des Sologesanges wurde von den Alten durchaus nicht unterschätzt. Die Andeutungen, die hier gegeben worden sind, lassen erkennen, daß man seine Stellung in der »a capellac-Zeit immer noch nicht recht gewürdigt hat. Weitere Forschungen in dieser Bichtung würden wahrscheinlich ein vollständig neues Bild geben. Daß der Sologesang, sowie die Kammermusik dieser Zeit überhaupt, so lange wie mit einem Schleier bedeckt blieb, beruht, glaube ich, auf seinem intimeren, vornehmeren Charakter. Diese Musik wurde nicht oft vor die aü* ttcUicma, e si fece uno di qtiei coneertoni di musica di circa sessanta fra voci e inatrumenti, e dietro un gravieemhcdo tocco dal Luxxasco^ cantomo la signora Lucre- xia e la signora Isabella Bendidio a solo a solo, e tuW a due, si bene e cosi gentil- menie, ehe io non credo si possi sentir meglio.< Fast wörtlich dieselbe Beschreibung als Brief des Sallustio Piccolomini, toskanischen Gesandten, unter dem Datum 15. August bei Yaldrighi, a. a. 0., S. öl. 1) Solerti *Oli Älbori del Melodramma< Vol. II. Milano usw. (Sandron) s. a. [1904] S. 6 weist die Texte in einem Codex Trivulxiano 1004 nach. 2] Vgl. S. 160, Anmerkung 1. Die betreffenden Stellen in Solertis Neuaus- gabe S. 128 >e fu ckiamaia la signora Laura Peverara la quäle con sommo diletto deUi aseoÜanti recitd un capitolo amoroso ndV arpa<, und S. 234 »era preparata un bellissimo concerto di vari instrtmienti di musica e di soavissime voci, il quäl concerto accompagnö anco un pexxo della cena*, 3) Nach Solerti, »Ferrara e la Corte Estense*, S. LXVI. Ktnkeldey, Orgel und Klavier. 11 — 162 — breite Öffentlichkeit getragen, sondern meistenteils nur im intimsten häus- lichen Kreise gepflegt. Sie diente zum Zeitvertreib hoher Personen. Höchstens bei den großen Festen trug sie einen mehr öffentlichen Cha- rakter. Auf diese Feste werden wir zurückkommen. Vielleicht hätten wir auch noch bei den praktischen musikalischen Übungen der Akademien ein bisher unbeachtetes Feld, auf dem die Kammermusik gedieh^}. Bei allen diesen Gelegenheiten spielten die Tasteninstrumente eine äußerst wichtige Rolle. Die ausführlichen Beschreibungen der musikalischen Unterhaltungen am Hof von Ferrara, die wir vorausgenommen haben, um sie im Zu- sammenhang mit den Luzzaschischen Madrigalen zu besprechen, legen den Gedanken nahe, daß man auch anderwärts den begleiteten Sologesang und die reine Instrumentalmusik gepflegt haben muß. Wie wir sahen, ließen sich das Ferrareser Orchester und die Sängerinnen auch gelegentlich anderswo hören. Es muß daher auffallen, daß die Musikgeschichte sich bisher so verhältnismäßig wenig mit dieser Seite des Musiklebens be- schäftigt hat. Man pflegt die Periode vor dem 17. Jahrhundert gewöhn- lich als die Zeit der Alleinherrschaft der kirchlichen Kunst zu betrachten, unter deren Einfluß auch die ganze Madrigal-Literatur und die andere weltliche Musik standen. Für die weltliche Instrumentalmusik wird auf die verschmähten fahrenden Leute und die Stadtpfeifer hingewiesen. In neuerer Zeit beginnt man auch die Lautenmusik mehr zu beachten und zuweilen sogar den Sologesang zur Laute. Für die Orchestermusik, für den Sologesang auf der Bühne mit Instrumentalbegleitung haben für das 16. Jahrhundert nähere Anhaltspunkte gefehlt. Das hat seinen Grund darin, daß die Musikforschung sich sehr eng an die handschriftlichen und gedruckten Musikdenkmäler gehalten hat. Wo Notenmaterial nicht vor- handen war, nahm man sehr oft an, daß keine Musik gemacht wurde. Die Musikhistoriker haben zwar dann und wann auf dieses unbetretene Gebiet hingewiesen 2). Eine gründliche Arbeit muß noch die Zukunft bringen. Was die Musikhistoriker versäumt haben, das haben uns, speziell für Italien, die Literarhistoriker zum Teil geboten. Besonders die Werke von Alessandro d'Ancona und Angelo Solerti bieten uns eine Fülle von Material und Hinweisen auf weitere Quellen, die dem Musikhistoriker eine reiche Ausbeute versprechen. Es läßt sich in der Tat [beweisen, 1) Die musikalische Tätigkeit der Akademien, besonders im 16. Jahrhundert, bedarf noch einer geschichtlichen Untersuchung. Anton Francesco Doni redet öfters in seiner Libraria (Yen. 1557) von den vielen Akademien, die um die Mitte des 16. Jahrhunderts tätig waren. Durchaus nicht alle beschäftigten sich mit Musik. 2) Vgl. außer den schon genannten Quellen Kiese wetter, »Schicksale«, Leipzig 1841. Winterfeld, »Gabrieli<, II, S. 13—15 und Rolland, »Htstoire deVOpera en Europe avant LiUly et Scarlattu, Paris 1895, S. 33. — 163 — daß während des ganzen 16. Jahrhunderts diese Instrumentalmusik im engeren Sinne gepflegt wurde. Ihr Anfang ist noch früher als das 16. Jahrhundert zu suchen, aber in diesem Jahrhundert wuchs sie beson- ders empor und erreichte in der zweiten Hälfte eine hohe Blüte. Die estensische Hofmusik ist ein Beispiel davon. Außer Ferrara werden wir den Mediceischen Hof als besondere Pflegestätte dieser Musikgattung kennen lernen. Die Veranlassungen zu den Hoffestlichkeiten, bei denen die musi- kalischen Veranstaltungen eine hervorragende Rolle spielten, waren haupt- sächlich Hochzeiten und Fürsteriempfänge oder Triumphzüge. Neben diesen kamen die großen Feiertage besonders der Kamevalszeit in Betracht. . Auch sonst bei gewöhnlichen Abendunterhaltungen wirkte das Orchester mit. Unter den verschiedenen Formen der Unterhaltung nimmt die Ko- mödie den ersten Kang ein. Zu den Hochzeiten wurden häufig Komödien speziell geschrieben. Die Musik wurde nicht so oft in der Komödie selbst zur Mitwirkung herangezogen, obwohl, wie wir sehen werden, auch manch- mal musikalische Einlagen in dem Drama vorkommen; sondern sie hat eine wichtige Stellung in den Intermedien. Diese Intermedien leiteten die Schriftsteller des 16. Jahrhunderts von den Chören der antiken Dramen her. Sie hatten aber in der Zeit, die wir behandeln, mehr den Zweck, dem Zuschauer Abwechslung zu bringen und dem Schau- spieler eine Ruhepause zu verschaffen. Die Stelle des Chores als eine handelnde Person oder als kommentierender Zuschauer nehmen sie selten oder gar nicht ein. Manchmal allerdings finden wir sie im Zusammen- hang mit der Hauptaktion stehend, als überleitende Episoden oder alle- gorische Kommentare. Das ist besonders bei den geistlichen Dramen der Fall; denn zuweilen kamen auch geistliche Dramen bei diesen Hoffestlich- keiten zur Aufführung. Einen solchen Fall, wo die Intermedien eine Reihe Bilder bringen, die eine Art allegorischen Kommentars zum Drama bieten, werden wir später näher betrachten. Neben den dramatischen Aufführungen verbinden sich auch andere Festunterhaltungen, wie die Maifestspiele Englands, Maskeraden, Ballete und einfache Abendunter- haltungen oder Soireen mit dieser Orchestermusik ^). Die Quellen, die uns hierüber Auskunft geben, sind meistenteils nicht speziell musikalisch. Die Musiker und Musikschriftsteller, die derartige Feste mitmachten, scheinen sich selten bemüht zu haben, sich darüber zu äußern. Die Nachrichten stammen zum Teil aus Briefen oder aus Tagebüchern, wie diejenigen Sanutos. Hier sind sie sehr zerstreut, und da die Mitteilungen, die die Musik betreffen, nicht besonders gekennzeichnet 1) Eine ausführliche Behandlung der verschiedenen Formen und Arten dieser musikalischen Betätigung findet man in dem ersten Bande Ton A. Solertis »Älbori del Melodramma<. Milano u»w. [Sandron) s. a. [1904]. 11* — 164 — sind, ist für den Spezialforscher die Arbeit mit großer Mühe ver- knüpft. Eine zweite Quelle aber ist ersprießlicher. Es war nämlich in Italien Brauch, den prunkvollsten und gelungensten Festveranstal- tungen dadurch ein Denkmal zu setzen, daß man sie nachträglich ge* nau beschrieb oder beschreiben ließ. Sehr häufig wurden diese Beschrei- bungen auf Veranlassung der fürstlichen Festgeber verfaßt und erschienen dann als Broschüre im Druck, oder, wie es häufig bei den Intermedien der Fall war, sie wurden der Veröffentlichung des Dramen-Textes bei- gegeben oder sogar an den betreffenden Stellen zwischen den Akten einge- fügt ^^). In diesen Beschreibungen werden wir unterrichtet über die Fest- säle, die Einrichtung der Sitzplätze, die Verteilung der hohen Gäste und Zuschauer, über die Bühneneinrichtung, den Vorhang, die Szenerien, die höchst kostspieligen Maschinen, über die Kostüme der Personen de» Dramas und der Intermedien; wenn eine Maskerade oder ein Tanz folgte, auch über die Kostüme der hohen Herrschaften und die Tänze^ an denen sie sich beteiligten; und, was uns am meisten interessiert, über die Handhabung der Intermedien, deren Texte, besonders zum musika- lischen Teil, die Instrumentalstücke und deren Orchesterbesetzung, die Art der Ausführung und die Namen der Dichter und Komponisten. Leider sind nicht alle Verfasser von solchen »Descrixioni* Sachverständige in Sachen der Musik, und über diesen für uns so wichtigen Teil wird oft mit wenigen Worten hinweggegangen. Vor allem aber vermissen wir die aufgeführte Musik selbst. Die Kataloge weisen zur Zeit nur vereinzelte Beispiele solcher Musikstücke auf. Das liegt natürlich an dem Gelegen- heitscharakter dieser Werke. Sie wurden meistenteils nur für bestimmte Festlichkeiten komponiert und dann beiseite gelegt. Obwohl die Ko- mödien oder sonstigen dichterischen Erzeugnisse immer wieder aufgeführt wurden und im Druck erschienen, kam es bei den Intermedien-Musiken höchstens zu einer Descrixicme, Die Hauptrolle bei der Verfassung solcher Gelegenheitswerke spielt immer der Dichter oder derjenige, der die Allegorie entworfen hat. Erst in zweiter oder dritter Linie kommt, neben dem Maschinenmeister, der Komponist. Es ist daher nicht zu verwundern^ daß so wenig von der Musik erhalten ist 2). Diese früheren Erzeugnisse 1) Eine reichhaltige Bibliographie der Intermedien-Texte und Beschreibungen von Hochzeits- und anderen Festen bringt Solerti in »Musical Ballo e Dramma- tica*, Firenze 1905, S. 1—22. Eine ähnliche Zusammenstellung der handschriftlichen und im Druck veröffentlichten Beschreibungen, die sich auf die Festlichkeiten bei dem Einzug Heinrieb s III. von Frankreich in Venedig ifnd anderen Städten auf seiner Rückkehr von Polen (1574) beziehen, in >// Viaggio in Itaita di Enrico III, Be di Franeia*, Torino (L. Eoux) 1890 von Pier de Nolhac und Angelo Solerti* 2] Der Vocaindario degli Aecademici ddla Ortisca führt unter den Namen Giam- bullari, Mellini, Segni usw. Descrixioni an, die den Bearbeitern als Quellen für die illustrierenden Zitate bei den Definitionen mehrerer Instrumentennamen dienten. — 165 — der dramatischen Musik sind uns ebenso verborgen gebKeben, wie die früheren Versuche des Florentiner Renaissance-Kreises im stäo recitativo^ oder wie die Schäferspiele Cavalieris, die vielleicht viele gemeinsame Z\igQ mit den Intermedien hatten. In Deutschland scheint man sich mit dieser Kunst im 16. Jahrhundert weniger befaßt zu haben. Nur an dem von Italien stark beeinflußten Münchner Hofe zu Orlando di Lassos Zeit finden sich Hinweise auf solche Intermedien-Musiken. Aber in anderen Ländern, vornehmlich in Italien, weniger in Frankreich und England, lassen sich genug Spuren aufweisen, um die Hoffnung zu erregen, daß die künftigen Forscher an Hand dieser literarischen Hinweise doch noch manches aus den musikalischen Archiven ans Licht bringen werden. Es ist hier nicht der Platz, das Thema selbst, auch nur so weit es jetzt möglich ist, ausführlich zu behandeln. Wir müssen uns hier mit dem Hinweis auf die außerordentliche Wichtigkeit der gründlichen Er- forschung dieser vernachlässigten Seite der Musikgeschichte für die Vor- geschichte der Oper und der Orchestermusik begnügen. Ich werde mich hauptsächlich darauf beschränken, nur soweit darauf einzugehen, als es die spezielle Untersuchung über die Mitwirkung der Tasteninstrumente verlangt. Wir brauchen uns bloß an die Bemühungen des Königs Juan I. von Aragon gegen Ende des 14. Jahrhunderts, die besten ^ministrües^ (Spieler von Blasinstrumenten), die besten Orgelspieler, die besten und neuesten Instrumente an seinen Hof zu bringen, zu erinnern (vgl. S. 58), um zu erkennen, daß es sich da nicht nur um eine nebensächliche Tätigkeit von Jongleurs handelte, sondern daß die Orchestermusik schon damals bei den Hof musiken und wohl speziell bei den Festen Beachtung fand ^). Einige weitere Angaben mögen den Beweis liefern, daß in Italien am Ende des 15. oder am Anfang des 16. Jahrhunderts die Instrumental- Kammermusik bei Hoffesten oder in den einfachen Abendunterhaltungen oder in Intermedien nicht unbekannt war. In Pesaro z. B. wird im Jahr 1475 die Vermählung des Oostanzo Sforza mit Oamilla di Aragona mit großem Aufwand gefeiert^). Am Sonntag den 27. Mai gab es ein 1) Vgl. die früher (S. 68 Anm. 2,) angeführten Briefe und die weiteren Mit- teilungen von Pedrell in der schon erwähnten kleinen Schrifb *Organografia muaieal antiffua espaholat, S. 64—77. 2} Die Beschreibung ist uns erhalten in einer Incunabel auf der Marciana. »Ordine deüe Noxxe delT lUustrissimo Signor Missier Constantio Sforxa di Aragona, e della lUuatrissima Madonna CamniUa di Aragona sua Gonaorte neW Anno 1475*, Vicentiae (ab Herma/nno Levilapidi) 1475. Im Neudruck herausgegeben von B. Gamba. Yenezia (Tipografia di Aloisopoli) 18S6. Eine Beschreibung derselben Festlichkeiten in einer Handschrift aus dem Jahre 1476, scheinbar fast derselbe Text wie der Druck, auf der Riccardiana; neu herausgegeben Ton M. Tabarrini^ — 166 — Pest im Saale des Schlosses. Da wurde eine Art Schauspiel oder Tableau des Tierkreises aufgeführt, um den Saal sieht man die 12 Zeichen des Tierkreises. In der Mitte hängen Sonne und Mond, die heraufgezogen und herabgelassen werden. Dazu hört man eine Musik von >liutiy cem-- bali^\ arpe, staffeti, flauti, e divei'si strumenti che facevano stmvissima armonia^. Auf der einen Seite des Saales war ^uno beilissimo organö che sonava a festa<. Auf das Schauspiel folgt eine Festrede und dann geht man zur Messe. Die Messe wurde bei dieser Gelegenheit mit Orgel- und Trompetenklang und Paukenschall gefeiert. Zwei Sängerchöre sangen abwechselnd. Jeder Chor bestand aus ungefähr 16 Sängern, was für die damalige Zeit eine große Zahl [mölti cantori) war 2). Sanuto nimmt im Jahre 1497 eine kurze Beschreibung von den »Triumphi et apparati fatti in Brexa per la venuta di la regina di Cipro< [Oatharina Comaro] in sein Diarium auf 3). Den feierlichen Ein- zug begleiteten neben der üblichen Trompeterschar, die bei dieser Gelegen- heit 34 Mann zählte, eine Gruppe von 24 »tamboriniy stafeti, violete e lautU und femer eine kleinere Gruppe von 10 »tromboni et piferi^. Am fol- genden Tage wurde ein Tanzfest veranstaltet. Dann wurde im Hause Vesper gesungen, worauf eine Flötenmusik folgte. Dabei empfing die Königin den Besuch vieler Damen. Im Jahre 1502 schreibt Sanuto in dem ^Ordiiie di le pompe e spectcwuli di li noxe di madona I/ucreOa Borgia, venendo a Ferrara a marito, nel camevale, a Vidtimo di xener 1501 »Deserixione del Convito e deüe Feste fatti in Pesaro 1475 <, Firenze (Barbara) 1870. Vgl. auch ein ähnliches Fest zur Hochzeit des Herzogs von Burgund zu Brügge 1468, wo eine Motette auf Schalmeien und Posaune und eine Chanson auf Flöten gespielt worden sein sollen. Stainer, »Dufay and his Contemporaries<» London Novelle) 1898, S. 16. 1} £8 ist fraglich, ob es sich hier nicht um Schellen oder Glocken anstatt clavicembali handelt. Die Glocken konnten ähnlich gebraucht werden wie die staffeti = Triangel. 2) :>Fu trionfcmte la Messa di organ% pifari, e trombetti e d'infiniti tamburini, exiandio di di^e capelle e di moÜi ca/niori, li quaU cantavano md Vuno, mö Valtro, et erano circa 16 Cantori per Gapella.* Neudruck von Gamba, S. 17. Vgl. auch Tabar- rini, S. 13. Obgleich die Zahl der Sänger kleiner ist als die in den Chören von Ferrara und Florenz bei den Hoffesten in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, war das fQr die Kirche doch ein Riesenchor. Die Zahl der Sänger im Dom zu Florenz in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war, wie es scheint, nur acht. Noch im Jahre 1591 wird im Dom eine »Messa solenne con otto cantori pro eligendo pontefice* gesungen. Siehe *Diario Fiorentino di Agostino Lapini dal 252 al 1596*, Herausgegeben von Gius. Odoardo Corazzoni. Firenze (Sansoni) 1900. 3) Neudruck Tom. I, 4 Septembris, Spalte 763. »a di 6, il mercore, soa majesta fe' far una festa e danxar in una salla preparada. ... Si fe' cantar un vespero in eaxa e so9iar fiaiUi^ e molte done fo a visitarla*, Spalte 765. — 167 — [Alter Stil]« von einer Komödie >Cassina« (am 8. Febr. aufgeführt) mit Intermedien: Als Intermedio vor dem dritten Akt ertönte eine sehr gute Musik von sechs Violen. Unter den Spielern befand sich ein Don Al- fonso, wahrscheinlich der Bräutigam, der Sohn Hercules' von Este^). Auch in Kom wurden in den ersten Dezennien des 16. Jahrhunderts solche Intermedien mit Instrumentalstücken aufgeführt. Die Päpste Julius n. und Leo X. waren beide Musikliebhaber und führten einen äußerst prunkvollen Hof 2). Aus der Zeit Leos X. ist uns ein Brief aus Rom erhalten, datiert den 8. März 1519. Der Schreiber berichtet, daß er an einem Sonntag Abend in der Komödie gewesen sei, wo nach jedem Akt ein musikalisches Zwischenspiel von Schalmeien, Comamusen, zwei Cor- netten, Violen, Lauten und dem Organetto ausgeführt wurde. Das letzte, welches der Papst als Geschenk erhalten hatte, hatte verschiedene Re- gister. Das Zusammenwirken einer Flöte und einer Singstimme habe sich besonders empfohlen. Auch gab es da ein konzertierendes Vokalstück, welches sich aber nach des Schreibers Ermessen mit der Instrumental- musik nicht vergleichen konnte ^j. "Wie schon erwähnt, war es gerade der üppige Hof der Medici in Florenz, der die Intermedien besonders pflegte*). Schon im 15. Jahr- hundert, zu Zeiten Lorenzo Magnificos, der selbst als Dramendichter {La Bappresentatione di S. Oiovanni et Pauol) und Verfasser von Canti Carnascialeschi auftrat, kannte man Tanz- oder Balletteinlagen zwischen den Akten. Von der Hochzeit des Cosimo de Medici mit Leonora von Toledo (1539) ist uns sogar von der Intermedienmusik einiges im Druck erhalten. Solche Fälle sind sehr selten. "Wir müssen es wohl dejn Ehr- geiz der Komponisten oder der besonderen Gunstbezeugung des Fürsten für seine Musiker zuschreiben, daß in diesen vereinzelten Fällen Inter- medienmusik gedruckt wurde. Ein Exemplar von dieser Musik zur Hoch- zeit Cosimos de Medici, 1539 bei Gardano in Venedig erschienen, bewahrt die Wiener Hofbibliothek^). 1) Tom. IV, Spalte 230. *Al 3^ acto vene una mitsica de sei viole, assai bona^ fra i qucUi vi era ü signor don Alfonso.* 2) Über die Musik- und Theaterliebe dieser beiden Päpste siehe d'Ancona >Origim del teatro Italiano*, Torino 1891, II S. 75ff. 3j Valdrighi, JMusurgiana No. 12^ S. 47. Auch bei d'Ancona, a. a. 0., S. 89. >Fui a la Gomedia^ Domenica sera, et per ogni acto se li intermedio una musica di piferari, di comamusi, di dui cometi, de viole et leuti, de Vorganeto, che e ta/nto variato de voce, che dond al papa Monsig^ Ilb^o di bona memoria, et insieme vi era un fia^, et tma voce, ehe molto bene si eommendd; li fö ancho un concerto de voce in musica, che non comparse per mio juditio cossi ben come le musice.< 4) Notizen über mehrere Musiker, die sich an diesen Florentiner Veranstaltungen beteiligten, siehe E. Vogel, >Marco da OagUano<. Vierteljahrsschrift V (1889), S. 397 ff. 5) Den freundlichen Bemühungen des Herrn Dr. Jos. Mantuani, Kustos der — 168 — Die Stücke erschienen in einem Stimmendruck, der sich in keiner Weise von den üblichen MadrigalveröSentlichungen unterscheidet, höchstens daß einmal an einer Stelle im Sopran eine Verzierung in Achtelnoten ausgeschrieben ist, was in Madrigalen aus dieser früheren Zeit auffallen würde. Nur die Bemerkungen im Inhaltsregister geben Auskunft über die Art der Aufführung. Da kommen Doppelchöre {Baride) vor, auf der einen Seite Vokalstimmen, auf der anderen ein Instrumentenchor. Ein Stück wird als Solo zur vollstimmigen Begleitung des Violone gesungen. Mehrere Stücke waren von Francesco Corteccia komponiert. Darunter kommt hier Nr. 3 in Betracht. Es war ein vierstimmiger Satz, » Vattene almo riposo<j welcher zum Anfang der bei diesem Feste aufgeführten Komödie von Aurora zur Begleitung eines Gravecimbalos und Organettos mit verschiedenen Registern (möglicherweise ein Claviorgano) gesungen wurde. Bei der Hochzeit dea Francesco Medici mit der Königin Johanna von Osterreich (1565), die man ebenfalls in großartiger Weise feierte, wurde die Komödie »La Cofanaria^ von Francesco d' Ambra aufge- führt. Dazu hat Giovambatista Cini die Intermedien entworfen und den Text geUefert. Die Musik scheint nicht erhalten zu sein, aber eine der üblichen Desctixioni, die sogar bald eine zweite Auflage erlebte, gibt uns höchst interessante Aufklärungen darüber i). Das Werkchen beginnt mit der Beschreibung des Festmahles. Dann kommen die Maschinen der Komödie, und darauf die Intermedien. Oini entnahm seinen Stoff der Geschichte von Amor und Psyche, welche Apuleius in seinem Äsinics aureus erzählt. In dem ersten Intermedio, welches der Komödie voranging, fährt Venus in einem Wagen (carro) in Begleitung der drei Grazien auf, zu denen sich noch die vier Horae gesellen. Es wird gesungen und getanzt. Darauf tritt Amor ein mit vier Leidenschaften. (Speranxttf Timore^ AUegrexxa, Dolore). Diese unterhalten sich im Gesang mit Venus. Die Horae bestreuen die Szene Musikabteilung der k. k. Hofbibliothek in Wien, verdanke ich es, daß mir die Be- nutzung dieses seltenen Druckes, wie auch des später angeführten Intermedien- werkes von 1591, erleichtert wurde. Angaben über den Inhalt findet man schon bei A. Schmid, »Ottaviano dei Petrucci«. Wien 1845, S. 131 ff. und Emil Vogel, »Weltliche Vokalmusik Italiens«. Berlin 1892 II, S. 382. Auch in Gandolfis Vor- rede zu der Florentiner Denkschrift (1902) Blustraxiont dt cUeuni ctmeli, S. 19. 1) Descrixione deW ÄpparcUo deüa Comedta et ItUermedii cPessa. EecUaia in Firente il giomo dt S. Stefano Vanno 1565 nella gran Sola del Palaxxo di sua Ecc. lUust neäe Reali Xoxxe deW lUustriss. db Ecceü. ü S, Don Francesco Medici, Principe di Fiorenxa db di Siena db deUa Regina Oiovanna d'Äustria stia consorte. Ristampato con nota aggiunta. In Firenxe appresso i Oiunti 1566. Exemplar der Königlichen Bibliothek Berlin. — 169 — mit herrlich duftenden Blumen. Amor schießt, während er singt, seine Pfeile auf die Zuschauer ab. Nun liest man weiter in der Beschreibung: »La musica di questo primo intennedio era concertata da quattro Oravicembali doppi (!) da quattro Viole d!arco da due Trmriboni da due Tenori di Flauti da un Cornetto muto da una Traversa da due Liuti che con beliss, ricerche diedero convenevole spatio aUa scesa dd Carro, S aW Höre, & aUe Oratie^ che si arrecassero a gV assegnati litoghi.€ Die ersten zwei Strophen der Ballata der Venus ^) waren achtstimmig gesetzt. Auf der Bühne wurden sie von Vokalstimmen allein gesungen. Hinter der Szene wurden sie aber mit besonderer Kunst (arUficio), jedoch mit Schwierigkeit, von 2 gravicernbali, 4 viohni^ 1 liuto mezxanOj 1 cor- netto muto, 1 trombone und 2 flauti diritti begleitet. Die dritte Strophe, welche Amor zukam, war fünfstimmig. Die Vokalstimmen waren wiederum alle auf der Bühne, und die Besetzung des unsichtbaren Orchesters bestand aus 2 gravicernbali, 1 liuto grosso, 1 sotto ba^sso di viola aggi- unto sopra U parte (also eine frei [?] hinzugefügte Stimme), 1 flauto si?nilmente aggiunto, 4 traverse und 1 trombone. Der Komponist war Alessandro Striggio. Wir sehen, daß wir es mit einer außerordentlich prunkvollen Musik zu tun haben. Das Orchester der Einleitung ist geradezu erstaunlich. Das Mitwirken von vier Gravicembali muß einen prächtigen, rauschenden Untergrund für den Instrumentalkörper gegeben haben. Es ist mir sonst kein so großes Orchester vorgekommen. Eine andere Beschreibung derselben Festlichkeiten stimmt fast genau mit diesen An- gaben überein 2). Der Schreiber spricht aber davon, daß der Saal, in dem die Komödie aufgeführt wurde, sehr groß war, und daß man darum die Concerti stark besetzte. Daher kam das große Orchester. 1) Die Anfange lauten: >A me che fatta son cmgliettay db sola* und >Dunque se mai di me ti ealse, ö cah*. Die dritte Strophe, welche Amor singt, fö.ngt an: *Ecco Madre, andian noi\ cht Vareo dämmt*. Der vollständige Text in der zitierten Descrixdone. 2) Sie ist abgedruckt in dem >TecUro Comico FiorerUitux, Firenze 1760, Bd. V, Schluß. >De8crixione degli Intermedi rappresentcUa coUa Commedia nette Noxxe deW Blustriss, ed EeceUentiss, Sig. Principe di Firenxe, e di Siena.* Sie stammt aus der Feder des Accademicos >Il Lasea< (Antonfrancesco Grazzini) und ist vielleicht die erste Auflage von der oben zitierten Beschreibung. Beide Beschreibungen beruhen angeblich auf einer einfachen Beschreibung des Autors, Gini, die er auf Veranlassung des Fürsten vor der Aufführung verfaßte. — 170 — Die Strophen der YenuB und des Amor werden hier mehrstimmig gesungen. Möglich ist es, daß auch die Aurora in den erwähnten In- termedien von 1539 mehrstimmig sang. Wir werden aber in dem fünften Intennedio von Cini sowie auch anderswo sehen, daß die handelnden Personen auch manchmal solo mit Orchesterbegleitung sangen. Ahnlich wie das erste Intermedio verlaufen auch die anderen. Im zweiten erscheint Zeßro mit der Musica. Letztere trägt die musikalische (guidonische) Hand als Zeichen auf ihrem Kopfe. Ihr Gewand ist mit verschiedenen Instrumenten und mit Notenblättern, auf denen alle Noten- und Taktzeichen stehen, verziert. Bei ihrem Eintritt, spielt sie auf einem schönen, großen Violone. Amoretten stimmen in den Gesang des von Striggio vierstimmig komponierten Madrigals >0 altera miracolo no- veBo' mit ein. Die vier Yokalstimmen sind auf der Sühne vertreten, zu denen sich diesmal aber noch 4 liuti, 1 viola d'arco und 1 lirone gesellen. Hinter der Szene spielen 3 gravicembali, 1 kuto grosso, 1 viola sopraiio, 1 traversa contralto, 1 flaute grai%de tenore, 1 irombone hasso und i cor- netto, welches eine fünfte Stimme in der Höhe hinzufügt, mit. Das dritte Intermedio war sechsstimmig von Corteccia komponiert. Dies- mal schweigt das Orchester hinter der Bühne. Auf der Bühne haben wir 5 störte (Krummhömer), 1 cometto muto und acht Yokalstimmen [eine schiera (flnganni), welche die Instrumente verdoppeln und 'die Bässe singen. Das vierte Intermedio, auch sechsstimmig von Corteccia, zeigt uns Jra, Crudeltä, Rapina und Vendetta unter der Führung von Diseordia mit zwei Äntropofagi und vier Furien. Es wird eine Moresca getanzt und das Madrigal 'In bando itene vüU gesungen. Der Yokal- chor ist doppelt besetzt, und an Instrumenten kommen 2 tromboni, 1 dolxaina, 2 cometti ordinarii, 1 cometto grosso, 2 tamburi hinzu. Das Orchester hinter der Szene schweigt. In dem fünften Intermedio sehen wir Psyche in Verzweiflung. Yon Venus wird sie in die Unterwelt zu " [eschickt. Psyche wird begleitet von Qdosia, Invtdia, Pen- i ö Soüedtudine) und Scorno [6 Disprexiagione). Diese vier e mit ihrem Spiel auf vier Yioloni. Dazu singt Psyche 1 'Fuggi spene mia, fuggU. Das Stück war fünfstimmig fon Striggio. Auf der Bühne sind nur die vier Yioloni, zu e die Sopranstimme solo singt. Hinter der Szene spielen 1 4 tromboni. Das sechste Intermedio bringt die Rettung aus dem Inferno. Sie kehrt mit Amor begleitet von einer etten sowie Zefiro, Musica, Pan und Satyren zurück. Es r, gesungen und getanzt. Von vier Canzonetten bringt die en Text In der ersten spielten und sangen alle mit. ten singen zum Tanz bloß acht Stimmen zur Begleitung od eines lirone. Aber in den Eitomellen, zur speziellen — 171 — Ermimterung der Zuhörer, stimmen sämtliche Sänger und Instrumente mit ein ^con una certa nuova aUegrexxa*, Die Musik rührt von Cortec- cia her. Nach der Aufführung hielt der Fürst Audienz, und darauf folgte eine vegltüy die in diesem Falle eine Masken- und Tanzhelusti- gung war. Aus dieser Beschreihung ist ersichtlich, welch ausgedehntes Feld der Instrumentalmusik eingeräumt wurde, und wie sie sich zu den Yokal- stimmen verhielt. Das unsichtbare Orchester wirkt noch bei den ersten Opern im neuen Stil am Anfang des 17. Jahrhunderts mit. Die kleine Orgel oder das Cembalo, meistens in mehrfacher Besetzung, fehlten nie in diesen Orchestern, obwohl, wie wir sahen, sie nicht bei jedem Stück mitspielten. Manchmal werden sie durch große Lauten oder Lironen ersetzt. Ob man sich dabei des Generalbaßspiels bediente, geht aus unseren Quellen nicht hervor. Wie das Generalbaßspiel in die Earche kam, werden wir in einem späteren Kapitel untersuchen. Vom stilo redtativo wird wohl in diesen Stücken kaum die Eede sein. Sie waren wahrscheinUch in demselben Stil komponiert wie Striggios t^ Cicalamento delle donne äl bucato€^), Francesco Medici vermählte sich zum zweiten Male im Jahre 1579, Seine zweite Braut war Bianca Cappello. Einen interessanten Eindruck von dem Aufwand, der bei dieser Hochzeit besonders die beliebten carri mit ihren allegorischen DaxsteUungen charakterisiert, gibt uns eine Beschreibung, welche mit einer ganzen Reihe von Kupferstichen ausge- stattet ist 2). Diese zeigen uns den Tumiersaal und die carrij auf denen die Kämpfer und andere allegorische Figuren ankamen und an dem Brautpaare vorüberzogen. Eine von diesen Allegorien stellte die Nacht dar. Auf dem carro liegt ein schlafender Mann, der, als der carro an das Brautpaar herannaht, erwacht und auf einer Viola die lieblichsten Klänge hervorruft, so daß alle Zuhörer in Entzücken geraten. Noch mehr ist das der Fall, als er anfängt in einem süßen Tenor zu singen, wobei er von einer großen Zahl Violen, die in dem Carro verschlossen sind, begleitet wird. Das Madrigal ^Fuor del humido nido Uscita con le mie presaghe schiere Di Fantasmi, di Sogniy S di Chimere 1) Im Neudruck in Rivista Musicale Italiana XII (1905), S. 822. 2) Feste neUe Noxxe del Seremssimo Don Francesco Medici, Qran Duea di Tos- eana, ei deHa Serenissima sua Gonsorte la Sig, Bianca Cappello. Composte da M, Eafaello QtmUerotti, Con particidar Descrixione deUa Sbarra db apparato di essa neW PaJaxxo de' Pitti con aggionta, S correxxioni di molti particolariy <& con tutti i disegni de'' carri, <Sb invenxioni comparse aUa Sbarra, Nuovamente ristampaii. Firenze — 172 — dichtete Palla Eucellai. Die Komposition war von Piero Strozzi, und der Spieler und Sänger war kein anderer als Giulio Caccini. In noch großartigerer Weise als die Hochzeit von 1565 wurde 1589 die Hochzeit Fernando Medicis mit Christiane von Lothringen gefeiert. Nicht weniger als fünf Theateraufführungen fanden nacheinander statt. Die Intermedien wurden hier womöglich noch reicher ausgestattet als früher. Zu der Aufführung der Komödie ^La PeUegrina< von Girolamo Bargagli wurden Intermedien gespielt, zu denen Giovanni Bardi, Ottavio Rinuccini, Giovamhatista Strozzi und Laura Guidiccioni die Texte lieferten und Cavalieri, Cristofano Malvezzi, Marenzio und Caccini die Musik. Zum Teil ist uns die Musik zu diesen Inter- medien erhalten. Malvezzi veranstaltete im Jahre 1591 infolge eines Befehls, welchen der Großherzog von Toscana seinem Musik- und Theater- intendanten, Cavalieri, gegeben hatte, die Ausgabe einer Anzahl der Musikstücke, die zu dieser Hochzeit gespielt wurden^). Denkschriften in Form einer Descrixione existieren von diesen Festlichkeiten in großer Zahl. Eine davon, die die Intermedii genauer behandelt, bringt Solerti in Neudruck. Die Angaben stimmen ziemlich genau mit den um zwei Jahre späteren des Musikdruckes von Malvezzi überein 2). Aus ihnen geht hervor, daß die Instrumente eine ebensogroße Rolle in den ein- leitenden Stücken [sinfmiie genannt) und in der Begleitung der Vokal- stimmen (concerti) spielten wie in den Intermedien von 1565., Eine so starke Besetzung der Cembali kommt hier aber nicht vor. Die Harmonie-Instrumente sind hier meistens Harfe, Liren, große Lauten und Chitarronen. Im vierten Intermedio wird ein organo di legno heran- gezogen. Im fünften wirkt ein organo di pivette mit. Es wurde von Alberigo Malvezzi gespielt. Auch ein salterio wird öfters erwähnt. Außerdem berichtet noch Malvezzi in dem Vorwort zu seiner Ausgabe, daß in allen Concerti drei sehr liebliche organi di legno mit- (Giunti) 1579. Eine Ausgabe ohne Abbildungen erschien früher im selben Jahre, anonym. Exemplare beider Ausgaben auf der Egl. Bibl. Berlin. Die Entwürfe waren von Gualterotti, die Kupferstiche von Accursio Baldi und Bastiano Marsili. 1) Intermedii e concerti^ fatti per la Commedia rappreseniaia in Firenxe nette Noxxe del Serenissimo Don Fernando Medici, e Madama Christiana da Loreno, Oran Duehi di Toscana, Venetia (Vincenti) 1591. Exemplar auf der Hof bibl. Wien. Vgl. Vogel, »Weltliche Vokalmusik Italiens < I, 382 ff. 2) Bastiano de Rossi. >Descrixione delT apparato e degV Intermedii fatti per la Commedia rappreseniaia in Firenxe neÜe Noxxe . . . ete,< Firenze (Anton Fadovani) 1589, in Solertis AJhori II, 16—42. Daß Rossi und Malvezzi an einzelnen Stellen in Sachen des Textes und der Orchesterbesetzung nicht Übereinstimme^^, wird von Solerti dem Umstände zugeschrieben, daß es sich um zwei yerschiedene Auf- führungen handelt; denn zuweilen kam es doch vor, daß dieselben Intermedien zu verschiedenen Dramen benutzt wurden. Die Abweichungen werden von Solerti angeführt. — 173 — wirkten, wovon zwei im Einklang standen, während das dritte eine Oktave tiefer stand ^). Mehrere Sologesänge kommen in diesen Intermedien vor. Die Hauptsänger waren die hertihmte Vittoria Archilei und Jacopo Peri. Unter den Instrumentisten spielten Giulio Caccini eine Harfe und Alessandro Striggio einen ^sopranino di viola*, eine ^fviolina^ und eine ^ardviolata lira^. Im sechsten Intermedio wurde nach Mal- vezzis Angaben eines seiner Madrigale von sechs Chören gesungen. Alle Instrumente und Stimmen wurden herangezogen. Die Vokalstimmen waren 60 an der Zahl. Malvezzis Ausgabe ist wiederum ein Stimmendruck. Die Sinfonien stehen ohne Text in den verschiedenen Stimmbüchern. Eine Stimme aber, der Nono^ ist von besonderem Interesse. Das Heft enthält zwar auch einige Stimmen zu den vielstimmigen Chören, aber es besteht in der Hauptsache aus den Beschreibungen und Erklärungen, die Malvezzi von der Ausführung der verschiedenen Intermedien gibt, samt den voll- ständigen Texten zu den gesungenen Nummern. Ferner werden zu drei Solonummern die Instrumentalbegleitungen in vierstim- miger Partitur gebracht. Das Heft kommt somit als eines der frühesten Beispiele von gedruckten Partituren in Betracht. Eines dieser Stücke, *Daüe piü alte sfere*, wurde von Antonio Archilei, dem Gatten der berühmten Vittoria Archilei, komponiert. Das Stimmheft des Canto bringt die verzierte Singstimme. Bei der Auf- führung spielte die Archilei zu ihrem Gesang einen kuto grosso und wurde außerdem von ihrem Gatten und Antonio Noldi auf zwei Chitar- ronen begleitet. Das Stück soll zum Vergleich mit Luzzaschis Solo- madrigalen in der Musikbeilage einen Platz finden (S. 306). Ebenfalls wird dort (S. 312) eine kurze fünfstimmige Sinfonia wiedergegeben. Sie ist von Luca Marenzio komponiert und leitete das zweite Intermedio ein. Gespielt wurde sie von einer Harfe, zwei Liren, einem basso di viola, zwei Lauten, einem violinOj einer viola bastarda und einem Chitarrone. Ob auch hier die Tasteninstrumente, die nach Malvezzi in allen Concerti mit- wirkten, dabei waren, steht nicht fest. Ausgeschlossen wäre es aber nicht 2). Ahnlich wird über die Intermedien zu dem bei diesem Hochzeitsfest aufgeführten geistlichen Drama >L'esaltaxio7ie deUa Croce<^ von Giovan- maria Cecchi berichtet 3). Die Intermedien mit ihren Texten stammen 1) Intervenivano in ttäti gli concerti tre Organi di legno dolcissimi due alV unisono, db uno aU' oüava bassa. 2) Näheres über diese Intermedien, besonders über die anderen Solostucke, die von Jacopo Peri und Emilio de^ Cavalieri herrühren, beabsichtige ich demnächst an anderer Stelle za veröffentlichen. 3) Descrixione dal apparato e de gl' hUermedj faiti per la Storia delV esaltaxione della Oroce rappresentato in Firenxe da giovani dalla Cowpagnia di S. Giovanni — 174 — von Cecchi selbst her und stehen in engster Verbindung mit der Ge- schichte des Kreuzes. Es sind Bilder aus der biblischen Geschichte, bei denen der Gedanke des Holzes, welches später zum Elreuzesstamm wird, den Mittelpunkt bildet. Die Musik zu sämtlichen Intermedien war von einem Nachfolger Malvezzis als Kapellmeister an der Kirche S. Lorenzo und als Hofkapellmeister, Luca Bati, dem Lehrer Marcos da Gagliano komponiert. Auch bei diesen Intermedien durften die Tasteninstrumente nicht fehlen. Die Inhaltsangabe des ersten Intermedio möge zeigen, wie die Musik verteilt war, und wie das Orchester besetzt war. Es stellt Ja- »• kobs Traum dar. Die Himmelsleiter ist der Mittelpunkt. Über dem schlafenden Jakob breitet sich ein Wolkenhimmel aus, auf dem man Engel sieht, und zu dem die Leiter hinaufreicht. Die Handlung wird von einer instrumentalen Himmelsmusik eingeleitet {fattasi prima lassuso con traverse, viohno, liuti grossi e organo una dolcissima armonia). Dann singen die Engel mit Begleitung derselben Instrumente >Lieti or gioisce di piü ghria ü deUx, Darauf teilen sich die Wolken, und man sieht den Gottesthron. Gott wendet sich zur Leiter und singt in einem sonoren Baß mit Instrumentalbegleitung >Vetemo verbo mio< [maestevolmente cantando cd stwno di molte musicali strumenti; in voce d'un sonoro basso). Engel steigen mit den Worten >Per questa scala santa< {con angdica melodia) die Leiter herab. Sie streuen Blumen über Jakob und steigen dann wieder herauf mit dem Gesang >0 fdici mortali*, welcher den Engeln im Himmel einen lieblichen Wiederhall entlockt. Nach dem Gesang >Per questi gradi eleUi* vom verdoppelten Chor und Orchester vorgetragen [tale armonia che parve veramente di paradiso), wird die Leiter heraufgezogen, und es schließt sich der Him- mel. Jakob erwacht und singt sitzend mit einer Contraltstimme solo zwei Verse des Madrigals *Tremendo e questo loco Porta per gire a Dio€ zur Begleitung von 4 tromboni, cornetH muii, violinOy liuti grossi und organo. Dann erhebt er sich und singt weiter, indem er auf dem Stein ein Opfer bringt. [La cui micsica ad arte composta maninconica e pie^ tosa, expresse ü santo timore conceputo nd cuore dd devoto Jaccobbe per la stupenda apparizione aUora avuta e per i misteri in essa ascosi ed adombrati,) In dem zweiten Intermedio spielt sich eine Szene aus den Wanderungen der Israeliten vor uns ab. Zwei Säulen veranschaulichen die Wolken- und die Feuersäule der biblischen Erzählung. Moses singt solo die Baßstimme eines Madrigals >Piü sicura colonna e di piü evcmgdista con Voccasione deüe noxxe deüe altexxe serenissime di Toseana neW anno 1589*. Die Descrizione wird vollständig mitgeteilt in d'Anconas >Saere Rap- presentaxioni dei Seeoli XIV, XV e XVU Vol. III. Firenze (Le Monnier) 1872, S. 121 ff. — 175 — ardore€. Die anderen Stimmen werden von Instrumenten ausgeführt. Später wird eine Canzone gesungen, »Grazie rendamo a Dio^y zu acht Stimmen, zweichörig, dreifach besetzt und verstärkt durch traverse, cor- netto muto, tromboni, organo, violinOj liuti grossi e mexxani. Die Hand- lung des dritten Intermedio bewegt sich um den grünenden Stab Aarons. Der Aufzug der 12 Häupter der Stämme Israels und ihrer Begleiter wird von einer Instrumentalmusik begleitet. Die Orgel spielt wieder mit. In den übrigen Intermedii werden ähnliche Stücke gespielt und gesungen. Als eine Art Prolog zu diesen Hochzeitsfesten des Fernando di Medici könnte man die Feste betrachten, welche die Stadt Pisa ihm bereitete, als er 1588 über Pisa nach Florenz reiste, um die Regierung zu übernehmen^). Fernando war nämlich Kardinal, und als 1587 sein Bruder Francesco starb, mußte er sich entschließen, seine geistlichen Würden abzulegen. Das geschah am 30. Nov. 1588. Zu seinem Einzug in Pisa wurden Triumphbogen, und an einer Stelle eine Tribüne für die Musiker und Sänger errichtet. Letztere zählten 64 Mann. Sie sangen bei dem Einzug zwei Madrigale, T^Questi sacrati a te trionfi* und >Can-- gia purpureo laccio Sacro Santo Oran Ditca in questa dCoro^. Die Kom- positionen lieferte der Organist an der Kirche des Stefans- Ordens, Eeverendo M. Antonio Buonavita da Pisa ^detto per exceüenxa il Bientina*, Begleitet wurden 'die Sänger von 2 Grravicembali, 4 Cor- netti, 4 Posaunen, 1 Orgel, 2 Viole da Gramba und 4 Lauten. Zu der Messe, welche Ferdinand in der Ordenskirche hörte, wurde eine Motette, »Salutis Signum sie respice magnum^^ mit Orgel- und Instrumentalbe- gleitung gesungen. Die Komposition rührte gleichfalls vonBientina her. Sänger und Instrumentalisten waren auf drei Tribünen verteilt. In ähnlicher Weise betätigt sich Bientina im nächsten Jahre bei der Ankunft der neuen Gemahlin Fernandos in Pisa. Es wird berichtet, daß da mehrere Achtzeiler gesungen wurden. Der erste wurde solo gesungen in einer »Aria«, welche Bientina komponiert hatte. Der zweite war zehnstimmig komponiert und wurde von 52 Sängern, 6 Posaunen, 4 eornetti, und in der Mitte des >conserto< einer Orgel, welche Bien- tina spielte, ausgeführt. Der dritte Achtzeiler war 20-stimmig kompo- niert und wurde mit derselben Besetzung wie der zweite ausgeführt. Außerdem wurde noch eine fünfstimmige Komposition gesungen mit Begleitung einer Laute und eines Spinetts. Sie soll wiederum von Bientina herrühren, der das Spinett spielte und eine Stimme sang 2). 1) Descrixione de la felieissima Entraia del Serentss, D. Ferdinando d^ Medici CardincUe, Oran Duca di Toscoma neüa cittä di Pisa, Scritta da M. Giov. Cervoni da Co 11 6. Firenze (Marescotti) 1588. Exemplar der Eönigl. Bibl. Berlin. 2) Nach den Angaben P. G an als {Aiti dd regio IstihUo Veneto. Tom. 12, Ser. 3. 1867, S. 202) aus einer Descrixione von Gervoni (Florenz, Marescotti, 1589): — 176 — Wie in Italien, so lassen sich auch in England in den ersten De- zennien des 16. Jahrhunderts die Spuren von solchen Festmusiken nach- weisen. Das erste Dokument, welches ich dafür anführen möchte, ist der öfters zitierte Brief Nioolo Sagudinos^). Es handelt sich hier um eines der in England üblichen Maifestspiele, die am ersten Mai im Freien abgehalten wurden. Ein beliebter Stoff für diese Feste war die Ge- schichte von Eobin Hood. Sagudino schreibt davon, wie am Festtag (1515) die Königin mit ihrem Gefolge von Greenwich aus zwei Meilen in einen Wald fuhr. Hier erwartete sie der König. Im Walde hatte man besondere künstliche Lauben eingerichtet, die voller singender Vögel waren. In einer dieser Lauben standen einige Wagen, wie man sie in den Triumphzügen gebrauchte, worauf sich die Sänger und In- strumentalisten befanden. Das Orchester bestand aus Orgel, Laute und Flöten und spielte zur Tafel auf. Auf dem ganzen Rückweg vom Walde wurde gespielt und gesungen. Aber auch im englischen Theater kannte man die Instrumentalmusik nicht nur für die Intermedien, sondern auch als Einlagen in dem Drama selbst. So z. B. in dem geistlichen Drama God's Promises von John Bale (1538) stimmt zum ersten Aktschluß ein Chor eine Antiphone O sapientia >cum organis* an. Das Stück konnte auch nach Belieben zu dem englischen Text »0 etemai 8apience< gesungen werden 2). Eine ähnliche Anordnung steht am Schluß eines jeden Aktes. In The Rare Triumphs of Love and Fortune (gedruckt zu London 1589) werden nach Art der italienischen Intermezzi allegorische Bilder »Dopo la fmta battaglie navaU, gli Ärabi cantarono le infrascritti ottave in wm mtisiba soavissima composta del m, rev. s, Antonio Btwnamia di Pisa^ cognominato il Bientina^ organista deüa Ckiesa dei Cavalieri e mv/sico eccellentissimo. La prima ottava fu eantato da wn, solo in im aria\ faita del signor Bientina. La seconda fu a dieci vod cantata da cinqtuintadtie persone con sei tromboni, quattro cometti ed un organo 7iel mexxo del conserto, sonato da lui, Laterxa fu a venti voci dalli cinqtuintadtte cantata e eo' medesimi strumenti.^ >B concerto della musica fu a cinque voci con im liuto ed una spinetta che fecero tma dolcissima armonia: ü compositore della mtssica dicono essere staio il signor Bientina detto di sopra, il quäle cantava una parte e sonava la spinetta.* 1) Vom 3. Mai 1515. Originaltext in Sanutos Diario, Neudruck Tom. 20, Spalte 266. Englische Übersetzung bei Brown, *Four years at the Court of Henry F///«, S. 77. An der Stelle, welche die Instrumente hei dem Maifestspiel erwähnt, steht im Neudruck >orga/no lento etc.« Brown liest wahrscheinlich korrekter, wenn das ^lento€ im Neudruck nicht ein Druckfehler ist »organo, leuto* und übersetzt dementsprechend. 2) Vgl. Doddsleys Old Englisk Plays. Neu herausgegeben von W. C.Hazlitt, Vol. I, London 1874, S. 292. >Tunc sonora voce, provoltäis genibus Äntiphonam inci- pit » Sapientia* quam prosequitur ckorus cum organis, eo [der Schauspieler] interim exeunte.< — 177 — mit musikalischer Begleitung eingefügt. An Instrumenten werden für Fortuna, Pauken und Trompeten, für Venus, Violen i) vorgeschrieben. In dem Stücke Tancred and Oismunda von den Herren des Inner Temple (Original Ms. von 1568 im British Museum) wird für jeden Akt, mit Ausnahme des ersten, vorgeschrieben, welche Art Musik ihn einleiten soll. Die Stücke werden mit dem , 'Namen Introductio bezeichnet ^j. Vor dem zweiten Akt hört man das liebliche Getön »stiller Pfeifen« {stiU pipes)^). Unter diesen Klängen tritt die handelnde Person ein. Vor dem dritten Akt spielte man auf Oboen eine stattliche AUemande [lofty Älmain), wozu Cupido den Guiscard und die Gismunda hereinführt, die dann zu der Musik tanzen. Der vierte Akt wird von ^inem Consort of sweet music eingeleitet. Vor dem fünften Akt hört man einen Trauer- marsch. Hier wird ein Mitwirken von Tasteninstrumenten nicht direkt vorgeschrieben, obwohl sie bei dem Consort oder bei dem Trauermarsch hätten mitwirken können. Viel bestimmter sind die Bühnenanweisungen in Bichard Edwardes Dämon and Pithias (ca. 1567). Sie betreffen hier nicht Intermedienmusik, sondern Bühnenmusik im Drama selbst. Als Pithias von der Gefangennahme Dämons hört, singt er zur Begleitung des Regals ein vierstrophiges Lied, Awake ye wofvl nights. Und später, als Pithias an Stelle Dämons zum Scharfrichter geführt wird, wird auf dem Regal eine Trauermusik gespielt*). In The Misfortunes of Arthur (1587) bestehen die Intermedien aus Pantomimen [dumb shows) mit einer nicht näher bezeichneten musikalischen Begleitung^). Auch in Frankreich lassen sich Intermedien- Aufführungen nachweisen, bei denen auch die Tasteninstrumente im Orchester fungieren. Hier ist die Verbindung mit Italien viel deutlicher, als in England. Nicht nur italienische Komödien wurden in Frankreich aufgeführt, man ließ auch italienische Schauspielertruppen kommen. Eine Aufführung der Komödie T^La Calandria<i von Bibbiena, direkt nach Florentiner Muster, läßt sich im Jahre 1548 in Lyon nachweisen ^). Im ersten Intermedio 1) Ebenda Vol. VI, S. 155 ff. 2) Gedruckt 1691. Siehe Doddsley-Hazlitt, Vol VII, S. Iff. Die Mroductiones, S. 26. 3) Vgl. später, S. 186 dieser Arbeit, die »stille Mu8ik< der deutschen Hoch- zeitsfeste. 4) Erste gedruckte Ausgabe 1571. Das Stück wurde schon 1667 zur Auf- führung genehmigt. Doddsley-Hazlitt, Vol. IV. Die Stellen, welche die Instru- mente nennen, sind S. 43 *Here Pithias sings and the regals play<, und S. 58 ^Here the regals play a mouming song*. 6) Ebenda Vol. IV, S. 297. 6) La Magnifiea et Triomphale JEntrata del Christianissimo Re di Francia Benrico secondo di questo nome fatta nella nohüe et antiqtia eitta di Lyone a luy et ä la stta serenissima * consorte Ckaterina aUi 21 di Septemh. 1548 CoHa particulare deserüione Kinkeldey, Orgel und Klarier. 12 — 178 — erscheint Aurora auf einem carro^ den zwei Hähne ziehen. Zur Begleitung von zwei Spinetten und vier f£iuti d^alemagna singt sie ^^lo son nuntia del soh. Im zweiten Intermedio erscheint das Eisenalter; denn die Intermedii handeln von den Weltaltem. Das Eisenalter spricht eine Strophe einer Canzone. Diese Strophe wird dknn hinter der Szene von 4 Singstimmen, 4 mohni da gamba upd 4 flauU cTalemagna vorgetragen. In den anderen Intermedii erscheinen die anderen Weltalter mit ähn- lichen Musiken. Zum Schluß erscheint wieder Aurora, deren carro dieses Mal zwei Eulen vorgespannt sind. Sämtliche Musikstücke wurden von Piero Mannucci, Organist zu »Nostra Dama< in Lyon komponiert und instrumentiert^). Es befand sich auch eine Orgel unter den Instrumenten, die eins von den drei Orchestern des »Ballet de la Beine* von 1582 bildeten. Entworfen wurde dieses mehrere Stunden dauernde Stück wiederum von einem Italiener, Baltazarini, genannt Beaujoyeux. Die Musik kom- ponierten Beaulieu und Salmon. Hier haben wir es nicht mehr mit Intermedien zu tun, die zwischen den Akten eines Dramas gespielt wurden, sondern das Ganze bildete eine Handlung für sich, die sich in dem Garten der Circe und um denselben abspielt. Lange Huldigungsmonologe an den König wechselten mit Ballett, Sologesängen, Duetten und Chören ab, ganz wie in den italienischen Intermedien. Der Name J7^fer- mede kommt auch in diesem französischen Stück vor, wird aber auf die Chöre und Umzüge von Nymphen und Satyren usw. beschränkt, die an den Ruhepunkten der Haupthandlung auftreten. Zu diesem Stück ist bekanntlich ein Teil der Musik im Druck er- halten 2). Zu den Sologesängen ist oft nur die Singstimme mit einem Baß gegeben. Gerade bei solchen Stücken wird man wohl auf die Mitwirkung der Akkordinstrumente, wie Laute und Orgel, gerechnet haben^). Daß die italienische Komödie mit musikalischen Einlagen in Deutsch- land nicht ganz unbekannt blieb, ist schon erwähnt worden. Bei dem della Comedia che fece reeitar la Natione Fiorentina ä rtchieste di Sita Maesta chris- ianiss. In Lyone appresso Oulielmo Rouülio 1549. Besprochen von Solerti in einem Aufsatz »La Bappresentaxione della Galandria a Lione nel 1548* in der Rac- eolta di Studii critici dedieata ad Älessandro d'Ancona. Firenze (Barbera) 1901, S. 693. 1) ^iiäie le musiche furono composti e gli strumenti eonsertati da Messer Piero Mannucci qua organista della Naxion Fiorentina in Nostra Dama*. 2) 1682 bei Ballard in Paris erschienen. Neudruck, Klavierauszug von Weck er- lin, in den Ghefs-d'oeuvre de Vopera Fran^aise, Paris s.a. Über die Instrumente der Orchester siehe Weckerlins Vorwort, S. 10. Vgl. auch die Anmerkung S. 35 des Neudrucks. Eine ausführliche Beschreibung des ganzen Werkes und seiner Aufführung (leider ohne genaue Quellenangaben) bringt L. Cell er »Les origines de Vopera*, Paris 1868, S. 147—220. tbros, Geschichte IV (1878), S. 225. — 179 — regen Verkehr zwischen Süddeutschland und Italien könnte es vielleicht wundernehmen, daß diese Form sich nicht öfter im deutschen Kunst- leben bemerkbar macht. Es ist aber, soweit ¥rir jetzt unterrichtet sind, von nur einem Fall zu berichten. Im Jahre 1568 feierte Herzog Wil- helm V. von Bayern in München Hochzeit mit B.enata von Lothringen. Einer der Hofmusiker des Herzogs, Massimo Trojano, hat in Dialog- form eine weitläufige Beschreibung der Festlichkeiten verfaßt i). Da wird von einer italienischen Komödie erzählt, die von Orlandus Lassus und Trojano improvisiert wurde, und in der sie die Hauptrollen spielten. Die musikalischen Einlagen waren folgende: Nach dem Prolog wurde ein fünfstimmiges Madrigal von Lassus gesungen. Der Schluß des ersten Aktes, in dem ein Lied zur Laute vorkam, wurde mit einem Stück ge- macht, dessen Besetzung aus 5 viöle Warco und 5 Singstimmen bestand. Zum Schluß des zweiten Aktes hörte man eine Musik von 4 Singstim- men, 2 Lauten, 1 Clavicembalo, 1 pifaro und 1 Baßviole. Von einer Musik zum dritten und letzten Akt läßt Trojano nichts verlauten. Aber viel mehr als in der Komödie, die am vorletzten Festtage auf- geführt wurde, zog man die Musik bei den anderen Veranstaltungen heran. Die Festlichkeiten dauerten von der Ankunft der Braut am 21. Februar bis zum 9. März. Jeden Tag wird eine Messe mit oder ohne Mitwirkung von Instrumenten zelebriert und Tafelmusik, vokal und instrumental, gemacht, wobei die Sänger und Instrumentalsten unter Lassus' Leitung auftraten. Selbstverständlich wurden mehrere Lassussche Kompositionen vorgetragen. Zum Tanz gab es natürlich auch Musik, die, wie es scheint, bei diesen Festen am häufigsten von Trompeten und Pauken ausgeführt wurde. Bei den Maskenzügen und Turnieren wurde ebenfalls Musik gemacht, aber nicht nur von Trompeten, sondern auch von anderen Bläserchören und von Streichern. Über die Tafelmusik bei dem Hauptfestmahl nach der Trauung am 1) Eine Ausgabe mit dem italienischen Text nebst einer spanischen Über- setzung erschien unter dem Titel: Dialoghi dt Massimo Trojano: Ne' quali si nar- rano le cose piu noiabüe fatte nelle Noxxe dejlo Illustriss. e EcceU. Prencipe Ottglielnio VL [Trojano schreibt durchweg VI.] Conte Palatino del Rena e Duca di Baviera; e delT Illustriss, e UccelL Madama Renata di Loreno. Tradotti nella lingtia Castigliana da M, Qiovarmi Miranda, Veneiia [Zdltieri) 1569, Exemplar Kgl. Bibl. Berlin. Vorher erschienen bei Adam Berg in München: Discorsi delli Triomphi, giostri, apparati , . . neue soräuose noxxe delV ill. Signor Duca Ouglielmo , , , de Bavaria . , , di M. Trojano da Napoli, Monaco, appr. Adamo Montano, 1568, Vgl. Deschamps et Brunet: Manuel du Libraire. Supplement. S. 810. Eine freie Übersetzung der Dialoghi brachte Friedr. Würthmann, »Die Vermählungsfeier des Herzogs Wil- helm des Fünften von Bayern«. München 1842. Über den Inhalt der Komödie und die Komödienmusik siehe F. M. Rudhart,' »Geschichte der Oper am Hof^ zu München«. Freising 1865, S. 3 ff. Vgl. auch Sandberger, Vorwort zu Band X der Lassus-Gesamtausgabe, S. XVI. 12* — 180 — 22. Febr. berichtet Trojano sehr ausführlich [Diahghi f. 60ff.). Die Vorspeisen wurden zum Klang der Trompeten und Pauken aufgetragen. Dann wurde unter ander eni eine achtstimmige Battaglia von Annibale [Paduano] Organista auf Posaunen und cornetti alti gespielt. Das weitere Programm war folgendes: Zu jedem Gang wurden mehrere Stücke ge- spielt, von denen Trojano jedesmal nur eins genauer anführt. Zum 1. Gang Lassus Siebenstimmige Motette 5 cornetti alti, 2 Posaunen. Zum 2. Gang Sechsstimmige Stücke Alessandro Striggio Madrigal 6 große Posaunen, von denen der Baß eine Oktave tiefer klang als gewöhnliche Posaunen. Zum 3. Gang Sechsstimmige Motetten Oipriano da Rore 6 viole da bracdo. Zum 4. Gang Zwölfstimmige Stücke Annibale Padovano 6 viole da braxzo, 5 Posaunen, 1 cornetto, 1 regale dolce. Zum 5. Gang Eine große Musik Komponist nicht genannt. 6 große Gamben, eine Quarte tiefer als die gewöhnlichen, 6 Flöten, 6 Yokalstimmen, 1 Cembalo. Zum 6. Gang wie zum 5. 1 Cembalo, 1 Posaune, 1 Flöte, 1 Laute, 1 cornamusa, 1 cor- ^ netto muto, 1 Gambe, 1 piffai'o. Die Laute spielte Johann Kolman. Zum 7. Gang Ein zwölfstimmiges Stück Komponist nicht genannt. Erster Chor — 4 Gamben; zweiter Chor — 4 große Flöten; dritter Chor — 1 dohaina, 1 cornamusa, 1 fiffaro, 1 corno [cor- netto] muto. Zum Konfekt sang die ganze Kapelle. Um den Zuhörern etwas Ab- wechslung zu bieten, ließ Lassus einige vierstimmige Sätze von ausge- wählten geübten Sängern vortragen. Einige Tage darauf wurde zur Tafel, als man das Obst auftrug, ein achtstimmiges Werk folgendermaßen aufgeführt: Erst wurde es gespielt von 8 Gamben, 8 Armgeigen, 1 Fagott, 1 comamusa, 1 cornetto mutOj 1 cornetto altOj 1 cornetto grosso storto, 1 Pfeife, 1 dohaina und 1 großen Posaune; dann wurde es von Lassus mit 8 sonoren Stimmen wiederholt. Ein andermal zum Abendmahl ließ Lassus ein fünfstimmiges Werk von Madalena Casulana, die auch sonst als Komponistin be- — 181 — kannt ist, aufführen; und darauf eine fünf stimmige Komposition von Caterina Willaert, eine Tochter des berühmten Adriano Willaert. In einer anderen Unterhaltungsmusik wurden sechsstimmige Moresche von Lassus durch 6 Pfeifen und 6 Singstimmen ausgeführt. Am Sonn- tag den 7. März finden wir wieder ein Werk von Striggio unter den Stücken, die zur Tafel gespielt wurden. Die Zahl der Ausführenden betrug 40 Mann, die in folgender Weise verteilt waren: 8 Posaunen, 8 vioU da arcOy 8 große Flöten, 1 Cembalo (instrumento da penna), 1 große Laute und die übrigen Yokalstimmen. Außer der improvisierten Komödie wurde auch (am 27. Febr.) ein Jesuitendrama, die Greschichte vom Samson, aufgeführt. Tragedia nennt Trojano das fünfaktige Schauspiel und geht etwas näher auf die an den Aktschlüssen eingefügten Intermedien ein. Sie waren Allegorien, die sich auf Samsons Schicksale bezogen. Die Musik spielt hier keine große EoUe. Bloß in dem dritten Intermedio erschienen die neun Musen mit verschiedenen Instrumenten, auf denen sie eine gut konzertierte Musik spielten. Und im fünften Intermedio spielten 12 Nymphen auf Lauten und sangen dazu. Wir sehen also, die ausgezeichnete Münchner Kapelle betätigte sich nicht so sehr in der Theatermusik, sondern mehr bei der Tafel. Das rege Theaterleben Italiens scheint in München nicht dieselbe begeisterte Nachahmung gefunden zu haben wie die italienische Musik. Die Orchester, die sich in Italien während des 16. Jahrhunderts in den Festmusiken, besonders in den Intermedien ausbildeten, gingen dann auch in die ersten Opern im stäo redtativo über. Was in dieser Hinsicht Peri, Monteverdi und G-agliano bringen, ist durchaus nicht neu. Wir haben ja auch schon gesehen, daß man in den Intermedien öfters den Versuch machte, eine charakterisierende Musik mit charakteristischer Instrumentation zu bringen. Auch die Stellung des Orchesters hinter der Szene ist ein alter Gebrauch, den die Reformatoren einfach über- nahmen. Bei der Aufführung der Perischen Euridice bestand das Or- chester aus einer Ohitarrone, einer großen Lira, einer großen Laute und einem Grravicembalo, alles eigentlich Akkordinstrumente. Der Cem- balospieler war kein geringerer als Jacopo Corsi^). Das Orchester des Monteverdischen Orfeo, in dem der organo di kgno auch seine ch^ak- teristische Rolle spielt, ist ja bekannt. Daß Monteverdi gerade mit diesem Instrument, wie auch mit den anderen, unter sorgfältiger Berech- nung der Klangwirkung umgeht, die Instrumentation öfters genauer 1) Siehe die Vorrede zur gedruckten Ausgabe. Florenz (Marescotti) 1600. Neu- auBgabe bei Ricordi [1863]. Das Vorwort auch bei Vogel, »Weltliche Vokalmusik Italiens <. II, 64 ff. — 182 — bezeichnet und darin den Pen gewaltig übertrifEt, braucht wohl hier nicht von neuem betont zu werden. Der Carro^ die Wolkenhimmel, die fliegenden Götter und Gröttinen, die Monstra des Infernos gingen aus den Intermedien ebenfalls in die Oper über und spielten in Italien und in Wien in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts oft eine hervorragen- dere Rolle als die Textdichtung oder die Musik. Die selbständige Intermedienmusik ist nicht mit dem Aufblühen der neuen Oper verschwunden. G. B. Doni widmet ihr noch einen Ab-^ schnitt seiner Mvsica Scenica^). Er schlägt vor, daß man sie dem Charakter der Handlung des Stückes anpasse. Nach einem heiteren Akt spiele man irgend eine Pavane, oder man bringe die Fröhlichkeit (ricercare Allegria) auf Viole da braccia, Harfen oder Cembali zum Aus- druck. Für mittlere Sachen bringe man eine Lauten- oder Theorben- sonate; und zu traurigen Akten spiele man ein Madrigal des Principe da Venosa auf Violen 2). 1) In der Gori sehen Gesamtausgabe der Werke Donis >Lyra Barbertna< usw. Firenze 1763, Vol. U, Part. I. S. 94. 2) Welche Verbreitung das Ensemblespiel auf Violen schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts hatte, haben wir aus den vorhergehenden Erörterungen gesehen. In Deutschland war das Streichtrio, -quartett oder -quintett auch zu dieser Zeit bekannt. Ich erinnere an Hans Gerles »Musica Teusch auf die Instrument der großen und kleinen Geygen auch Lautten« (Nürnberg 1532). Die Madrigal-Literatur des späteren 16. Jahrhunderts wird wohl einen reichen ßtofp fttr dieses Violenspiel geliefert haben. Pilippo de Monte erwähnt in der Vorrede zum 15. Buch seiner fünfstimmigen Madrigale (Venedig, Gardano. 1592), daß diese auch auf >vivole da gamba^ gut wirken. Gerade für den Principe da Venosa scheint mir dieser Hin- weis von außerordentlicher Wichtigkeit zu sein. Ein Blick in die Partitur seiner fünfstimmigen Madrigale (Erschien 1613 in Genua. Daraus 5 Stücke in Neudruck in Torchis VArie MusiccUe in Italia Vol. IV) läßt schon erkennen, daß gewisse Sätze, eigentlich die meisten, einen ausgesprochenen instrumentalen Charakter tragen. Venosa wählt häufig eine Porm, in der auf eine Reihe lang gehaltener Akkorde, die chromatisch ineinander übergehen, ein stark bewegter Satz mit kurzen Motiven und in kleinen Notenwerten folgt. (Z. B. das Madrigal Moro lasso al mio duolo.l Die Stimmen bewegen sich in ungewöhnlichen Sprüngen über einen Um- fang, den man sonst in der Madrigalmusik nicht verlangte. Die Ausführung bietet dem Sänger außerordentliche Schwierigkeiten. Denkt man sie sich aber von Streichern ausgeführt, so erscheint alles ganz selbstverständlich, und die ganze Komposition wird in ein anderes Licht gestellt. In ihren schnelleren Sätzen mit den imitierenden Einsätzen und ihren Sechzehntel-Gängen in Terzen und Sexten zeigen diese Stücke des Principe da Venosa eine enge Verwandschaft mit den schnelleren Sonaten und Canzonen der Gabrieli-Schule. Von diesem Standpunkt betrachtet gewinnen auch die chromatischen Versuche Gesualdos eine ganz andere Bedeutung. Daß es gerade ein Hofmann war, der sich in dieser Weise mit dem Instrumentalspiel beschäftigte, stimmt auch ganz mit dem überein, was wir von den häuslichen Musikübungen der Edelleute erfahren haben. Auch daß diese Stücke zu einem Text komponiert wurden, braucht über ihren instrumentalen Charakter keinen Zweifel zu erregen. — 183 — Es ist erwähnt worden, daß die Intermedienkunst in Deutschland keinen sehr fruchtbaren Boden gefunden hat. Praetorius (Syntag. III. Pars 3, S. 110) erwähnt sie allerdings, scheint aber mehr die italienischen Intermedien im Sinne zu haben. Wenn auch der Luxus und die Pracht der italienischen Höfe in Deutschland nicht erreicht wurde, und wenn die Leistungen der Stadtpfeifereien sich wahrscheinlich nicht mit der Kunst der italienischen Orchester messen konnten i), so kamen doch im 16. Jahrhundert, in etwas bescheidenerem Maße als in Italien, die Kammerorchestermusik und die Musik der Tasteninstrumente in den Tafel- und Tanzmusiken bei Hochzeitsfesten und anderen feierlichen Gelegenheiten zur Geltung. Von der Musik, welche die deutschen Or- ganisten bei diesen Aufwartungen spielten, können wir uns ein gutes Bild machen aus den gedruckten und geschriebenen Orgeltabulaturen der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, wie die von Ammer b ach, Paix, Schmid, Loeffelholtz^) usw. Sie fangen meistenteils mit einem großen Abschnitt, bestehend aus Motetten und. geistlichen Liedern in Orgelbearbeitung, an. Darauf folgen oft weltliche Lieder, und zum Schluß kommen Tänze. Es bedarf durchaus nicht der Annahme, daß der erste Teil für die Kirche bestimmt war und die späteren für das Haus, um diese Zusammenstellung zu erklären. Wir haben bei Castig- lione und anderen Schriftstellern gesehen, daß es nichts Außergewöhn- liches war, wenn man bei den höfischen Unterhaltungen eine Motette aufführte. Die italienischen Lautenbücher, die ja nicht für die Kirche bestimmt waren, enthielten ebensoviel, wenn nicht noch mehr geistliche Stücke als weltliche. Die Motetten in den deutschen Tabulaturbüchem wurden wohl viel öfter bei den ünterhaltungs- und Festmusiken gebraucht als in der Kirche. Praetorius (Syntag. III, Pars 3, S. 110) macht folgende Vorschläge für den Organisten der in conviviis aufspielt: Er soll versuchen, Abwechslung in Stil und Bewegung in seine Programme zu bringen. Erst soll er ein Mutet oder Madrigal »fein langsam und gravitätisch« spielen; dann eine »fröhliche Alemande [sie!], Intrada, Bransle oder Galliard«; darauf eine »Mutet, Madrigal, Pavon oder kunstreiche fugam«^). 1) Es ist aber hier zu bemerken, daß, soweit es das Spielen der Holzbläser betrifft, man schon in früheren Jahrhunderten die deutschen Instrumentisten sehr schätzte. Der mehrfach erwähnte König Juan I. von Aragon suchte solche unter seine mmistriles zu zählen (Pedrell, Organografia S. 76—77). Die in den Notizen aus den italienischen Archiven öfters vorkommenden deutschen Flötisten und Schalmeien-Bläser bezeugen dasselbe von Italien. Der Fla/uto d'Alemagna be- weist, daß man die Herkunft des Instrumentes nicht verkannte. 2] Christian Loeffelholtz von Kolberg. Tabulatur vom Jahre 1586. Ms. mus. Z. 34 der Königl. Bibliothek Berlin. 3) Man sieht, Praetorius hat es mit der Auffassung des Stilunterschiedes, wie — 184 — Die Zusammenstellung der Orchester in Deutschland und das Mit- wirken der Tasteninstrumente wird uns auf einigen Abbildungen, die als Titelblätter oder Vorblätter zu Musikaliendrucken dienten, sehr schön yeranschaulicht. Eine der schönsten befindet sich in Ammerbachs Orgeltabulatur von 1571. Es ist ein Holzschnitt auf der Rückseite des Titelblattes, der die Darstellung einer Tafelmusik bringt. Im Hintergrunde sehen wir die Herrschaften bei der Tafel. Vorn stehen die Musiker. In der Mitte ist das Notenpult mit dem Buch, vor dem ein Mann mit einem Stabe, wahrscheinlich der Dirigent, steht. Um das Notenpult gruppieren sich ein Knabe, ohne Instrument, wohl ein Diskantist, ein Posaunist, ein Querflötenspieler, ein Trompeter und ein Pommerbläser. Drei andere Köpfe erblickt man noch, wahrscheinlich auch Sänger. Rechts von dieser Gruppe sieht man den Organisten vor einem Tisch sitzen, auf dem die kleine Orgel steht. Diese hat an der sichtbaren Seite vier Registerzüge. Mit seinem schön verzierten Gehäuse, welches die Pfeifen verdeckt und oben mit einigen kleinen Engelsfiguren geschmückt ist, stimmt das Instrument ziemlich genau mit dem Bilde überein, welches Praetorius (Syntag. Theatrum Instrumentorum, Tafel 4) für das Positif gibt. Die kleinen Handbälge an der hinteren Seite des Positifs sind sichtbar, aber es steht keiner dabei, der die Bälge bedient. Der Organist in diesem Bilde unterscheidet sich von den übrigen Musikern darin, daB er eine höfische Tracht mit Barett und Degen trägt. Auf dieses Merk- mal werden wir später zurückkommen. Zwischen dem Orchester und der Tafel sieht man einige Speisenträger und einen zweiten Mann mit einem Stabe, wie derjenige des Dirigenten. Es ist wohl kaum ein zweiter Dirigent, sondern wahrscheinlich ein Hofmarschall oder Obertruchseß, der das Auftragen der Speisen zu leiten hat. Eine ähnliche Abbildung des Kammerorchesters kehrt öfters in den großen Folio-Chorbüchem des Münchener Verlegers Berg wieder. Wir finden sie z. B. auf dem Titelblatt der Missae 4 Vocum von Blasius Amon (1591). Dasselbe Bild kehrt in kleinerem Format wieder z. B. in der Psalmodia Vespertina von Johann Friedr. Pictorius (1594). Es weist auf: 1 Querflöte, 2 Zinken, 1 Armgeige, 1 Kniegeige, 2 Posaunen, 1 Laute und 1 Cembalo. Drei Männer und zwei Knaben ohne Instru- mente sind wohl die Sänger^). Hier kann man sich einen BegriflE machen. wir ihn heute zwischen Motette und Madrigal, Allemande und Galliarde denken, nicht sehr genau genommen. Überhaupt ist auf Praetorius in Sachen der Defini- tion nicht allzuviel Vertrauen zu setzen. 1) Eine Reproduktion des Bildes ist auch in Yander Straetens Musique aux PayS'Bas VIII, S. 324 zu sehen. Eine interessante Abbildung, die für das 16. Jahrhundert in Betracht kommt, befindet sich als Wandgemälde in Auerbachs Keller in Leipzig mit der angeblichen Jahreszahl 1525. Sie stellt eine Tafelmusik — 185 — wie im 16. Jahrhundert die vielen Werke >zum singen oder zum spielen« ausgeführt wurden. In welchem Maße dieser Instrumentalkörper in Deutschland in der Kirche mitwirkte, ist noch nicht festgestellt. Wir sahen, daß in Italien schon lange vor dem 16. Jahrhundert bei feierlichen Angelegenheiten auch die Instrumente in der Kirche gebraucht wurden. Wie man sich die instrumentale Aufführung einer Motette in der Kirche am Anfang des 17. Jahrhunderts zu denken hat, erfahren wir von Prae- torius (Syntag. III, S. 168). Er ließ ein sieheusiimmiges Egressics Jesus von Jacques de Werth aufführen von 2 Theorben, 2 Lauten, 2 Cithern, 4 Clavicimbeln und Spinetten, 7 Violen da Gamba, 2 Querflöten, 2 Knaben, 1 Altisten und einer großen Violin (Baß-Geig) ohne Orgel oder Kegal, > welches ein trefElich-prechtigen, herblichen Eesonantz von sich geben, also, das es in der Kirchen wegen des Lauts der gar vielen Saiten fast alles geknittert hat«. Wie die Musikanten- Wagen oder Carri, wie sie bei dem englischen Maifestspiel zur Zeit Heinrichs VIII. aussahen, davon geben uns die Triumphzüge darstellenden Holzschnittserien des 16. Jahrhunderts ein schönes Bild. In den Bildern vom Triumphzuge Kaiser Maximilians I. von Hans Burgkmair kommen mehrere Musikanten- Wagen vor, wovon einer ein Orgelwagen ist, auf dem mehrere Tasteninstrumente stehen. Über die Stellung des Organisten bei den Tafel- und Hochzeitsmusiken in Deutschland bringen die > Bemerkungen zur Musikgeschichte der Städte Nürnberg und Augsburg im 16. und zu Anfang des 17. Jahr- hunderts« von Ad. Sandberger^) wichtige Nachrichten aus den Archiven. Hier erfahren wir, daß die Musik zu diesen Festlichkeiten von den Stadtpfeifem unter Mitwirkung des Organisten oder eines Lautenisten besorgt wurde. Organisten und Lautenisten wurden gewöhnlich nicht unter die Stadtpfeifer gerechnet. Der Organist erhielt aber oft für seine Tätigkeit in der Kirche keine Besoldung und mußte sich auf seine Lehrtätigkeit und auf das Aufwarten oder * Hofieren« bei solchen Festen für sein Einkommen verlassen. Die Lautenisten waren meistens freie Künstler, denen auch manchmal, wie im Falle Hans Neusidlers in Augsburg, die Leitung der »stillen Musiken« (d. h. Streich- und Holz- bläsermusik im Gegensatz zur vollen Stadtpfeifermusik mit Posaunen usw.) zur Tafel und zum Tanze übertragen wurde. Die Honorare für solche Aufwartungen, sowie auch die Anzahl der Musikanten, die bei dar. An dem einen Ende der Tafel sitzen die Teilnehmer bei dem Mahl. An dem entgegengesetzten Ende sitzt der Organist vor einem kleinen Clavichord, welches auf dem Tisch steht. Im Hintergrunde stehen bei der Tafel ein Yiolaspieler, ein Zinkenbläser und ein Mann mit hochgehobener Hand, scheinbar der Dirigent. Vom sitzen rechts ein Baßviolaspieler, in der Mitte ein Lautenist. 1) Denkmäler der Tonkunst in Deutschland. Zweite Folge (Bayern) Bd. Y. — 186 — den Hochzeiten der verschiedenen Klassen oder Stände zulässig waren, waren oft in den Städteordnungen genau festgesetzt. Nach diesen Ordnungen erhielten die Organisten und Lautenisten fast immer ein höheres Honorar als die anderen Musiker^). Darum beschwerten sich auch 1599 die Stadtpfeifer von Augsburg bei dem Rat. Sie erhielten >vor ainer malzeit und jeden Tantz mehreres nicht dann kr. 15«, während die Organisten und Lautenisten 30 kr. erhielten. Die Stadtpfeifer ver- langten, mit den Organisten gleichgestellt zu werden. Der Hat wies sie aber zurück mit der Erklärung, daß die Organisten sonst keine Besoldung hatten, während die Stadtpfeifer ihren regelmäßigen Gehalt von der Stadt bezogen. Die Organisten standen auch überhaupt in höherem Ansehen bei den Patriziern der deutschen Städte. Wir sahen ja schon bei Ammerbach, daß der höhere Stand des Organisten sich in der Tracht äußerte. Diese Bevorzugung reicht sehr weit zurück. Schon Paumann und Hofheimer wurden mit ritterlichen Ehren ausgezeichnet. Von dem Verhältnis, in welchem der Nürnberger Organist Paulus Lautensack zu dem Patrizier Paulus Behaim stand, geben die Rechnungsbücher Behaims^) einige Andeutungen. Lautensack spielte öfters mit den Stadtpfeifem bei Be- haim zur Tafel oder zum Tanz. Oft wird er auch alleine von Behaim erwähnt. Es ist wahrscheinlich, daß er da solo spielte. Die vielen Tänze, die in den deutschen Orgeltabulaturen vorkommen, waren für solche Gelegenheiten bestimmt. Das Verhältnis zwischen Behaim und Lautensack scheint ein sehr freundschaftliches gewesen zu sein. Im Jahre 1562 verehrt Lautensack dem Patrizier einen > großen schreibkalen- der« zum neuen Jahr. Behaim machte dem Lautensack öfters Geschenke zum neuen Jahr. Auch zu der Familie Kress scheint der ältere Lauten- 1) Ähnlich verhielt es sich, nach den Rechnungsbüchern der Königin Elisa- beth, in England. Hier erhielten aber die Yirginalspieler noch mehr als die Lautenisten. Vgl. Nagel »Annalen« S. 24. 2) Siehe die »Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg«, Heft YII. Nürnberg 1888. Die Eintragungen in den Rechnungsbüchern, die hier in Betracht kommen, sind folgende: S. 59. 1549 »adi dito [2. März] hab ich Paulus Lautensack Organisten, und 5 Statpfeifem, so mir auf die lautmerung und die zwen hochzeittag, auch in der kirchen, zum danz, auch über die Malzeit gehofiert haben, nach laut einer zettel vom Lautensack 20 fl. S. 104. 1560 Adi 20 februarii hab ich Paulus Lautensack verert und zum neuen jar geben umb er mir etlich gastirungen aufm instrument geschlagen hat 1 fl. 1 ^ 16 A. S. 106 1562 adi dito [5 jenner] dem Paulus Lautensack welcher mir ein große'n Schreibkalender zum neuen jar verert, dagegen ich im bej 2 jaren 1 taler zum neuen jar verert, so ich im itzt auch verert, thut 1 fl. 1 ä5 6 A. Vgl. auch die genannte Arbeit von Sandberger. — 187 — sack in sehr freundschaftlichem Verhältnis gestanden zu haben. Der junge Christof Kress, den wir schon als Schüler Lautensacks kennen gelernt haben, läßt ihn sehr häufig aus Leipzig durch seinen Vater in Nürn- berg grüßen. . VII. Kapitel. Partitur nnd Basso Continuo. Wir haben im letzten Kapitel gesehen, daß die Tätigkeit des Orga- nisten oder Klavierspielers sich über ein viel breiteres Gebiet erstreckte, als man es annehmen würde, wenn man nur die speziell für Orgel oder Klavier geschriebenen Musikalien in Betracht zieht. Für das SolospieJ in der Kirche und in der Kammer ließe sich vielleicht genug Stott nacjhweisen in den deutschen und italienischen Orgeltabulaturen. Aber wie sollen wir das Mitwirken im Kammer- oder Theaterorchester, oder bei der Begleitung des Sologesanges im Salon oder auf der Bühne ver- stehen? Auszüge für Klavier lassen sich nur in Ausnahmefällen nach- weisen, während Auszüge für die Laute zahllos vorhanden sind. Ebenso steht es mit den Partituren. Wer sich mit der Musik des 16. Jahrh. beschäftigt, dem fällt sofort das fast vollständige Fehlen von Partituren auf. Dieser Mangel bereitet dem Forscher die unangenehmsten Schwierig- keiten; denn ehe er sich einen zureichenden Begriff von der bei weitem größten Zahl der Kompositionen, die uns aus dieser Zeit vorliegen, machen kann, müssen sie erst mühsam spartiert werden. Die Zahl der im Neudruck erschienenen Partituren ist nur ein sehr geringer Teil von dem ungeheuer großen Material, das uns die Blütezeit der Polyphonie hinterlassen hat. Es herrscht nun heutzutage vielfach die Ansicht, daß die Partituren dieser zahllosen Werke sämtlich und spurlos ver- schwunden seien. Es wird behauptet, daß die Komponisten Partituren an- fertigten, aber nur zum eigenen Gebrauch ; daß sie diese Niederschriften als technische Geheimnisse betrachteten und nach der Drucklegung oder nach dem Ausschreiben in Stimmen die Partituren vernichteten^). Geheimtuerei scheint ja ein besonderes Merkmal des Zunftmusikers des 15. Jahrhunderts gewesen zu sein und Spuren davon findet man noch im 16. Jahrh. Aron z. B. betitelt eines seiner Werke -^ Compmdiolo di molti dubbi segreti usw.«. Bermudo ist stolz auf die Enthüllungen, die 1) Vgl. Ad. Thürlings »Der Musikdruck mit beweglichen Metalltypen im 16. Jahr- hundert«. Vierteljahrsschrift für Musikwissenschaft VIII (1892) S. 399. »Partituren in unserem Sinne fertigten die Komponisten meist nur zum eigenen Gebrauch«. Femer Sandberger, Lassus Gesamtausgabe Band 2. Vorrede S. VIII, Anmerkung 3. Riemann, »Musiklexikon« (1905) Artikel Partitur. Haberl, Kirchenmusikal. Jahr- buch XIII (1898) S. 24, Spalte 2. Eitner, Monatshefte für Musikgesch. V (1873) S. 30. — 188 — er in seinem Werke macht. Aiguino da Bressa schreibt 1562 »La illuminata de tutti i tiumi .... con alcuni bellissimi secretij non cCalirui piu scritti^). Selbst noch Ammerbach (1571) sagt ausdrücklich, daß er sein Werk veröffentlicht, um den jungen Orgelspieler gegen die geheimtuenden Orgellehrer zu schützen. Bei der großen Fülle von praktischen und theoretischen Lehrbüchern, die mit dem 16. Jahrh. er- scheinen, ist es schwer einzusehen, welchen Zweck diese Verheimlichung erfüllen sollte. Ich glaube, daß das Fehlen von Partituren auf ganz andere Weise erklärt werden kann. Wenn man, wie wir gesehen haben (S. 20), von einem Organisten verlangte, daß er aus den einzelnen Stimmen ein ganzes Stück zusammenspielen solle, wenn man von dem Bewerber um eine Organistenstelle forderte, daß er aus dem Stegreif eine regelrechte vier- stimmige Fantasie oder ein B;icercar ausführen solle, so wird doch dem Komponisten, der in Ruhe nachdenken und nachzählen konnte, viel weniger zugemutet, wenn man annimmt, daß er seine Komposition gleich in den einzelnen Stimmen niederschrieb. Wäre es der allgemeine Gebrauch gewesen, Werke in Partitur zu komponieren, dann hätten die Theoretiker mehr davon verlauten lassen, als sie in Wirklichkeit tun. Von einigen vereinzelten Fällen abgesehen schweigen sie gänzlich darüber. Und in diesen vereinzelten Fällen scheinen wir es mit Ausnahmen zu tun zu haben. Die Beispiele in den Lehrbüchern des 16. Jahrb., die sicherlich die all- gemeine Praxis berücksichtigten, sind fast ausschließlich in einzelnen Stimmen geschrieben, nicht in Partitur. Wenn man von dem Anfänger verlangte, daß er die Beispiele aus den Stimmen zusammenlesen und verstehen könne, so wird wohl auch der Meister fähig gewesen sein, ein Stück ohne Hilfe einer Partitur direkt in Stimmen zu schreiben. Die klarste und bestimmteste Äußerung über den Gebrauch von Partituren im 16. Jahrhundert bringt Bermudo. Im fünften Buche seiner Dedaracion (1555) legt er seine Kompositions- lehre nieder. Da äußert er sich folgendermaßen. > Einige die den Kontrapunkt nicht verstehen, und anfangen wollen zu komponieren indem sie blos die Akkorde (Konsonanzen) berücksichtigen, pflegen das Notenpapier mit Taktstrichen zu versehen, damit sie sich nicht bei der Abzahlung irren. Und obwohl diese Methode barbarisch ist, gebe ich ein Beispiel davon für diejenigen, die es nötig haben, und diese Methode befolgen wollen «2), 1) Vgl. Liepmannssohn Katalog 160, S. 4. 2) Dedaracion 1555 Lib, V, fol. 134, »Cap. 27, De algunos avisos para componer canto de organo<. t^ Algunos qtte no sgben conirapunio, y guier en comen^ar a componer con sola cuenta de consonancias : stielen virgtdar el papel pautado per no perderse en la cuenta. Y atmque este modo sea barbaro: porne exemplo del para los que iuvieren neeessidadf y quieren seguirlo*. — 189 — Darauf folgt ein dreistimmiger Satz von zwölf Takten, zum großen Teil Note gegen Note in Partitur. Wir sahen auch, eine Partitur zum Orgelspiel will Bermudo nur von Anfängern oder von weniger aus- gebildeten Spielern benutzt wissen. In der Zeit der Mensuralisten wäre es oft schwer gewesen, eine unseren modernen ähnliche Partitur zu schreiben; denn die unregelmäßigen Ligaturen erstrecken sich zuweilen über fünf oder sechs Brevistakte. Doch findet man hier und da Versuche, eine partiturähnliche Nieder- schrift zu geben 1). Die Berliner Kgl. Bibliothek bewahrt einen anonymen theoretischen Traktat deutscher Provenienz in lateinischer Sprache, eine >Explicatio compendiosa doctrinae de signis musicalüms€. Die Hand- schrift stammt aus den ersten Dezennien des 16. Jahrhunderts und liefert den Beweis, daß das Hilfsmittel einer partiturähnlichen Niederschrift in Deutschland um diese Zeit nicht unbekannt war. Im zweiten Teil des Traktates unter der Überschrift ^De Musica poetica*^ haben wir eine Kontrapunktlehre. Im Schlußkapitel werden einige kurze Kompositions- regeln gegeben. Die erste rät dem Komponisten {Symphonista), sich eines zehnlinigen mit Taktstrichen versehenen Systems zur Niederschrift zu bedienen 2). Die Beispiele in diesem Teil des Werkes sind auch häufig auf einem solchen zehnlinigen System notiert. Unter diesen Beispielen befindet sich dasjenige, welches mehrfach in den früheren Geschichts- werken als einer der frühesten Fälle von dem Vorkommen einer Partitur erwähnt wird. Es ist ein textloser Satz von H. Isaac auf zehn Linien mit verschieden geformten (viereckig und rund) und verschieden ge- färbten (rot, grün, schwarz) Stimmen notiert. Dieses Beispiel ist aber, yfie der Schreiber selbst erklärt, nur für Anfänger [tyronilms] herge- stellt 3). Ein ähnliches Beispiel ohne die Verschiedenheit in Form und Farbe der Noten bringt Agricola in seiner *Micsica instrumentalis deudsch<^ (Wittenberg, 1528, nach fol. XXV). Hier im 3. Kapitel gibt er ein 1) Ygl. die zwei- und dreistimmigen Stücke aus dem 13. und 14. Jahrhundert bei Wooldridge »JEter/y English Ilarmony< London 1897. Plates 9—11, 19—21, 25—32, 3ö— 37. Ferner ein Beispiel von Adam de la Haie, wiedergegeben im Eirchenmusikalischen Jahrbuch von Hab er 1, 13. Jahrgang (1898) S. 12. Siehe auch den Artikel »Score* in Grove's Dictionary. 2) Ms. Mus. theor. 40 67. Im zweiten Teil Caput IX et ultimum. ^^Seqimntur nunc paucae Regulae, qui doceni quomodo praecepta supratradita ad usum sunt transferendae. Prima, Praecipua cura sit Symphonistae, ut Musicae pra^ticas precepia exaete teneat, eaque in suis caniilenis non temere transgrediatur. Deinde sealam decem linearum in promtum habeat, ita eaneellis disiinctam ut svngulis u/num iempus inscribatur, ne confusa notarum commixtio iam perturbet ac impediat. Praeierea hasc distinctio ideo fU ut cantüenae ad amussim respondeatj nam in imperfectis signis binarii numeri, in perfectis temarii numeri consiare necesse est*. 3) Ein Faksimile bei H. Bellermann »Der Kontrapunkt« Berlin 1901, zu S. 68. — 190 — solches zehnliniges System in Brevistakte geteilt mit der Bezeichnung »Die art der composition« als Gegensatz zu der Art der Orgel- oder Lautenta- bulatur^). Es scheint also, als ob man in Deutschland in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wirklich die von Bermudo als barbarisch verschrieene Methode des Partiturkomponierens oft. befolgte. Wir sahen schon (S. 94, 104), daß die deutschen Organisten in Bezug auf ihre musiktheoretische Bildung nicht auf gleicher Höhe mit ihren italie- nischen und spanischen Kollegen standen, und bei der Komposition im allgemeinen wird es sich ähnlich verhalten haben. Die deutschen Orgel- tabulaturen sind eigentlich Partituren. Überhaupt hat sich das ganze Partiturwesen in Italien und Spanien wie in Deutschland mehr durch die Bedürfnisse der Organisten als durch die der Komponisten entwickelt. Die früheren deutschen Orgeltabulaturen weisen eine Eigentümlichkeit auf, die, wie ich glaube, mit dem Stimmenspielen aus dem Chorbuch, wie es Bermudo erklärt, zusammenhängt. Die Stimmen in diesen Tabu- laturen sind nämlich nicht wie in unseren modernen Partituren der Höhe nach geordnet, die höchste oben, die tiefste unten; sondern wir finden, daß meistenteils direkt unter dem auf dem Liniensystem notierten Dis- kant, die Buchstabentabulatur des Basses steht. Unter diesem erst kommen Alt und Tenor. Das ist aber genau die Ordnung, in der sie ein Schreiber abschreiben würde, der aus dem Chorbuch in die Orgel- tabulatur überträgt; denn die Anordnung in den meisten Chorbüchem war folgende: auf der linken Seite des aufgeschlagenen Buches standen oben der Diskant, unten der Baß, auf der rechten oben der Alt, unten der Tenor. So mußte sie der Organist in Italien und Spanien ablesen, wenn er, wie Bermudo vorschlägt, aus dem Chorbuch spielen wollte. Und so mußte sie der deutsche Organist aus seiner Tabulatur ablesen. Es kommen auch manchmal andere Anordnungen in den Chorbüchem vor, aber in ähnlicher Weise kommen Abweichungen in den frühen Orgeltabulaturen vor. Zuweilen steht der Alt unter dem Tenor, zu- weilen sind auch die Stimmen nach unserer modernen Anordnung in die <#Bibulatur übertragen. Die Notierung des Basses direkt unter dem Dis- kant deutet von vornherein auf eine Art Generalbaß-Praxis hin, wenn wir annehmen wollen, daß der Organist vor allem diese zwei Stimmen ins Auge faßte, und die übrigen nicht so genau verfolgte, sondern mehr 1) Vgl. auch Omithoparch. Mierologtcs, Leipzig 1517, fol. U^v, fol. U^. Mit einer deutschen Choralnoten-Partitur haben wir es anscheinend zu tun in dem Ms. Z. 9ö der Egl. Bibl. Berlin, aus den Jahren 1640—1556. Hier finden wir, fol. 164, ein Sanctus »irium voeum stmid eanentium* auf drei übereinander liegenden Systemen notiert mit lateinischem und griechischem Text. Nach jedem Wort folgt ein alle drei Systeme durchkreuzender Strich wie ein Taktstrich. Allerdings lassen sich die Noten trotz der Überschrift nicht leicht zu einem rechten musi- kalischen Satz vereinigen. - 191 — nach den Andeutungen der Harmonie in den zwei obenstehenden Stim<- men einfügte. In der Zeit der späteren gedruckten deutschen Orgel- tabulaturen, d. i. in den letzten Dezennien des 16. Jahrhunderts ist diese Eigentümlichkeit verschwunden, und wir finden die Stimmen immer der Höhe nach angeordnet. Diese moderne Anordnung kommt, wie schon bemerkt, auch in der früheren Zeit manchmal vor. Die Beispiele von Orgeltabulaturen bei Vir düng und Agricola sind so notiert. Dies ist auch die vor^ herrschende Anordnung in den Breslauer handschriftlichen Tabulaturen. Die Stadtbibliothek zu Breslau besitzt nämlich eine große Reihe solcher Orgeltabulaturen, die um die Mitte und in der zweiten Hälfte des 1 6. Jahrh. entstanden sind *). Sie stammen aus den Kirchenbibliotheken Breslaus und zeigen Spuren von fleißigem Gebrauch. Sie enthalten die Vokalwerke der damals beliebten Kirchenkomponisten, nach den Kirchen*- festen geordnet. Die Stimmenzahl ist verschieden von 4 bis 8 Stimmen. Oft steht unter der tiefsten Stimme der Text. Bohn möchte in diesen Sammlungen die Direktionspartituren für den Kapellmeister er- blicken. Möglich ist es, daß sie auch, hierzu dienten. Ich glaube aber, daß sie in erster Linie als Orgelpartituren dienten. Es kommen öfters ausgeschriebene »organistische« Koloraturen vor, genau wie wir sie aus den anderen handschriftlichen und gedruckten Orgeltabulaturen kennen 2). Ferner sind zahlreiche Stücke mit *tr[an$positum] p[er] 4 oder 5« bezeichnet. In manchen Fällen sind Stücke sowohl in der Origi- nalhöhe als in der Transposition in der Tabulatur enthalten. In einem Fall (Codex 3 Nr. 1, 3 und 4) stehen sogar neben dem Originalsatz zwei Transpositionen, eine um die Quinte, eine um die Sekunde, in der Handschrift. Das hätte für den Kapellmeister wenig Zweck. Ahnliche Transpositionsangaben werden wir in den späteren gedruckten italienischen Orgelstimmen finden. Eine weitere Ähnlichkeit mit diesen italienischen Orgelstimmen besteht darin, daß die früheren Breslauer Tabulaluren alle Stimmen in vollständiger Partitur bringen. Spätere aber bringen nur die AuBenstimmen, bei einfachen Werken nur den Cantus und den Baß, bei doppelchörigen Werken die zwei Cantus- und die zwei Baßstimmen. Eine ähnliche Erscheinung werden wir bei den italienischen * Partes pro organo* beobachten können. Femer werden wir auch in Italien Orgel- partituren und Orgelbaßstimmen finden, bei denen, wie in den Breslauer Tabulaturen, der Text bei der untersten Stimme vollständig gedruckt ist. 1} Ein genaues Inhaltsverzeichnis derselben gibt Emil Bohn in »Die musi* kaiischen Handschriften des 16. und 17. Jahrhunderts in der Stadtbiblio- thek zu Breslau«. Breslau 1890. 2) Vgl. das Beispiel in der Musikbeilage. Siehe femer Bohn a. a. 0., S. 22, 24, 26, 116. — 192 — Das konnte für den Organisten eine Andeutung sein über die Art der Ausführung. Das Weglassen der Mittelstimmen ist für den Kapell- meister ein bedeutender Mangel, für den Organisten aber eine Er- leichterung. Wo die Breslauer Tabulaturen den Satz vollständig bringen, unterscheiden sie sich in nichts von den späteren gedruckten Tabulaturen, die, obwohl sie manchmal zwölfstimmige Stücke in Tabulatur bringen, doch hauptsächlich für den Organisten bestimmt waren. Es scheint mir also sicher, daß diese Tabulaturen für den praktischen Gebrauch auf der Orgel gedient haben, speziell zur Begleitung des Chores. Denn die Orgelbegleitung zum mehrstimmigen G-esang in der Kirche, sowie der Gebrauch der Orchesterinstrumente in der Kirche reicht viel weiter zurück als die Entstehung des Basso continuo. Wir konnten (S. 166) die Mitwirkung der Orgel und anderer Instrumente bei einer Meßfeier in Pesaro im Jahre 1475 belegen. Ebenso erfahren wir von der Hochzeit des Herzogs Johann von Sachsen im Jahre 1500, daß ein Te Deum in der Kirche gesungen wird mit Orgelbegleitung und mit Trompeten, Posaunen, Pfeifen und anderen Instrumenten, und einige Tage darauf zwei Messen mit Begleitung der Orgel, dreier Posaunen und eines Zinkens, wobei auch vier »Bromhörner zum Positif gar tüchtig zu hören waren« ^). Zweifellos ließe sich diese Art der Kirchenmusik noch viel weiter zurück- verfolgen. Eine ähnliche deutsche Orgeltabulaturen- oder Orgelpartituren-Samm- lung wie die Breslauer besitzt die Bitterakademie zu Liegnitz^). Diese Buchstabentabulaturen bleiben in Deutschland die einzige Art Partitur für den praktischen Gebrauch noch lange, nachdem man in Italien schon gedruckte Partituren im moderneA Sinne hatte. Unter den frühesten bisher bekannten Beispielen von modernen gedruckten Partituren in Deutschland wären Samuel Scheidts ^Tabulatura Nova* (Hamburg 1624) und Johann Klemme s >Partitura seu Tabulatwa italica< (Dresden 1631) zu nennen^). Wir werden aber sehen, daß die deutschen Organisten sich schon früher mit dieser Art Partitur bekannt gemacht hatten, und daß kürzere Bei- spiele schon einige Jahre früher als die genannten im Druck vorliegen (S. 213, 214). Eine solche reiche Fülle von Orgelpartituren wie in Deutschland hat man in Italien noch nicht aufgedeckt. Wo der italienische Organist 1) Siehe C. A. H. Burkhardt im »Neuen Archiv fQr Sächsische Geschichte und Altertumskunde«, Herausgeber H. Ermisch, Band XY, Dresden, (Baensch) 1894 S. 291, 293. 2) Katalog von Pfudel. Beilage zu Monatshefte für Musikgeschichte. Leipzig 1886. 3) Vgl. Seiffert. Geschichte der Klaviermusik, S. 101. - 193 — eine voUständige Org^lstimme brauchte , machte er sich eine ifaHextische Ocgeltabulatur. Hier ging ein Charakteristikum der Partitur, nämlich dM Deutlichkeit und Selbständigkeit der Stimmen verloren. Ein anderes Merkmal, das Teilen in Takte durch Zwischenräume oder durch Takt-* striche behielt sie. Wie schon betont worden ist, war das Messen mit regehnäBigen Takten bei den Alten selbstverständlich, wemi sie auch die Taktstriche in die Yokalstimmen nicht einzeichneten. Die Takteinheit War im 16. Jahrh. die Brevis oder die Semibrevis für große, respektive kleine Takte. Das Einrichten einer Partitur mit Taktstrichen war bei Berm^udo für Anfänger im Spielen oder Komponieren erlaubt. Man kann wohl annehmen, daß die Spieler und Komponisten bei vier- oder fünfsitimmigen Kompositionen sehr gut ohne Hilfe des Taktstriches aus<- kamen. Aber bei den vielstimmigen Kompositionen wurde das Verfolgen der Stimmen, besonders w^m sie nicht übereinander gestellt waren, viel schwieriger, und hier mußte man dem Schüler Konzessionen machen. Daß man mit diesen Konzessionen auch in Italien selbst besseren Musikern entgegenkam^ be2eugt uns Bermudos Zeitgenosse Yicentino. Dieser läßt den Taktstrich zu, findet es aber doch nötig, dem Einwurf, es sei ein unwürdiges Verfahren, vorzubeugen. Er belehrt den Schüler, wie er eine Komposition nach ihrer Korrektheit zu untersuchen hat, in- dem er sie Stimme mit Stimme und Note mit Note vergleicht. »Und wenn der Schüler eine sechs-, sieben-, acht- oder noch mehrstim- mige Komposition kontrollieren will, wird es nichts schlechtes sein, auch für jeden großen Praktiker, die Komposition nach Brevis- oder Longa(sic)- werten einzuteilen. Er wird die obenerwähnte Kontroll-Methode einhalten, welche sicher die Fehler herausbringen wird«^). Hier handelt es sich, wie es scheint, nicht um eine moderne Partitur- einfichtung, sondern bloß um das Einteilen mit Taktstrichen. Das Wort >partire (spartire)^ von welchem sich unser Ausdruck »Partitur« her- leitet, und welches wir heute in der Form »spartiren« im Sinne von »in Partitur setzen« anwendet, scheint sich ursprünglich bloß auf das Taktstrich- Einzeichnen bezogen zu haben. Erst später hat sich das Ubereinander- stellen der Stimmen zu dem Bßgriff hinzugesellt. Bei den Bezeichnungen der Basso-continuo-Stimmen werden wir das Wort Partitura auf eine einzelne Stimme angewahdt finden. Auch Diruta (1609) gebraucht ^par- tire^ noch in diesem ursprünglichen Sinne. Er will dem Schüler den Vorgang beim Intavolieren klar machen Erst müsse der Schüler das 1) Vcmtica musica ridotta etc. Lib. 4, Cap. 41, fol. 94. (Im Druck steht falsch- lich die Seitenzahl 88). >. . . . d) quando il Diseipulo vorrä incontrare una composüione fatta ä sei, ä seite, ä oito, c& ä piu voci, non sarä mal nissuno, ad ogni gran prattico, partire la compositione ä breve, ä lunghe, c& terra il modo sopradetto, da rincon- • trare detta compositione: che sarä sicuro modo di corriggere i falli^, Einkeldey, Orgel und Klavier. 13 — 194 — Notenpapier mit den zwei Systemen für die (italienische) Tabulatur liniert und in -Takte eingeteilt /par/ito/ haben. Darauf nehme er die Sopran- stimme zur Hand und teile sie auch ein, zwei Schläge zu jedem Takt (lo partirere ä due baitute per casella). Alt, Tenor und Baß werden gleichfalls so >partirt«. Dann wird der Sopran in das . ol)ere System ein- getragen und der Baß in das untere, darauf der Tenor, zuletzt der Alt^). Über die Geschichte dieser italienischen Orgeltabulatüren ist (S. 5) kurz berichtet worden. Eine Orgelpartitur, in der die einzelnen Stimmen selb- ständig aufgezeichnet wurden, wie in den deutschen Orgeltabulaturen, scheint in Italien in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. nicht gebräuchlich gewesen zu sein. Der ersten gedruckten Partitur für den praktischen Gebrauch begegnen wir in Italien auf weltlichem Gebiet 2), Es ist die Sammlung vierstimmiger Madrigale von Cipriano da Eore, welche der Verleger Gardano im Jahre 1577 in Venedig herausgab ^). Sie war, wie aus dem Titel hervorgeht, zum Spielen auf Tasteninstrumenten und zum Studium des Kontrapunktes bestimmt. Es scheint, als ob Gardano gerade um diese Zeit dem Studierenden, der sich mit dem Spielen und dem Studium der weltlichen Musik beschäftigen wollte, die Arbeit etwas leichter zu machen suchte; denn er veröffentlichte im selben Jahre eine andere Sammlung ^Musica de diver si autoriy la bataglia fran- eese S canxon deüi TJceüi, Partite in casdle per sonar d'insiromento pei^fetto, Novam. rist«. Es ist dieses eine vierstimmige Partitur ohne Text. Die Taktstriche teilen fast durchweg Breviswerte ab. Im drei- teiligen Takt kommen hier, wie auch öfters in späteren Partituren und Bassi-Continui, Stellen vor, in denen zwei Breviswerte zusammenge- faßt sind*). Aus dem »novamente rista7npato€ des Titels könnte man vielleicht schließen, daß das Werk schon in einer früheren Auflage er- schienen war. In diesem Falle würde diese Partitur die Priorität über die ßore Partitur haben. Eine solche frühere Auflage scheint nicht be- kannt zu sein. Auch bietet diese Bezeichnung auf den italienischen Titel- blättern dieser Zeit einen nicht allzusicheren Anhalt für einen solchen Schluß. Einige Jahre nach dieser Partitur erscheinen von einem blinden 1) TransUvano. Seconda Parte. Lib. 1, S. 1. 2) Der Bologneser Katalog {II, 68) erwähnt eine Partitur in Folio von den »Introitus et cUleluta per omnes festivitaies iotius anni c. 5 voci.^ von Placido Falconio, Venetia 1575. Näheres ist mir über das Werk nicht bekannt. 3] Tutti Madrigali di Ciprimto da Bore a 4 voci spartiti et accommodati per sofiar dogni sorte dHnstrumento perfetto d) per qualrntque stvdioso di contrapunti. Novamente po$ie alle stampe. Exemplar Kgl. Bibl. Berlin. Vgl. auch Monatshefte für Musik- geschichte V (1873) 29ft ^ 4) Nähere Angaben über dieses Werk, so wohl wie über eine Anzahl anderer die ich bloß aus dem Bologneser Katalog kannte, verdanke ich den freundlichen Mitteilungen des Herrn Prof. Dr. Johannes Wolf. — 195 — Neapolitaner, Antonio Valente, »Versi spirituaii ^qprä tutte le Note,', con diverse Canoniy spartiti per sonar ne gli Qrgani^ Messe ^ Vespere y et cUtri offieii divinU Napoli (Eredi.di Cancer). ; 1580. Es ist dieses eine vierstimmige Partitur ohne Text^}, in Breyistakte geteilt, und, wie aus dem Titel hervorgeht, für den kirchlichen Gebrauch be.stimmt. Andere gedruckte Partituren sin4 mir erst gegen Ende des 16. Jahr- hunderts begegnet.' Hier fallen sie zeitlich mit den erstem Beispielen des Basso eontinuo zusammei^^j. Die Geschichte de^ Entstenung des Basao continuo müßte eigentlich auf italienischem Boden eriorsd^t ^Brden. Es sollen darum hier nur einige Hinweise gegeben werden auf dieses bisher wenig beachtete Gebiet^). Mit der wachsenden Zanl neuer Kompo- sitionen in dieser fruchtbaren Epoche der Kirchenmusik^ mijb^ der ge- steigerten Kompliziefflieit der Polyphonie, mit der Vermehrung der Stimmenzabl, mit der häufigeren Anwendung der Orgel als Begleitungs- instrumeSit oder als Ersatz fip: fehlende Yokalstimmen wurde die Aufgabe des Organisten immer schwierigeiC^ Es wurde einerseits das Partiturspiel schwieriger, oder andererseits die Mühe des Intavolierens viel größer^ Gedruckte Partituren konnten hier ein wenig abhelfen, aber sie waren verhältnismäßig kostspielig. Wie bald man da auf den Gedanken kam, sich einfach nach der Baßstimme zu richten, und über dieser Stimme die begleitenden Harmonien aufzubauen, vermag ich nicht zu sagen. Aber schon die frühesten Intavolaturen von fünf- und sechsstimmigen Werken hätten den Gedanken nahe legen müssen, daß es bei solchen Über- tragungen auf die Orgel eigentlich bloß auf Akkordfolgen ankam, da die Stimmführung, besonders bei Stimmkreuzungen, auf dem Instrument fast gar nicht zur Geltung kam. Auch ist anzunehmen, daß schon lange vor der Zeit der gedruckten Beispiele die Organisten sich mit hand- schriftlichen Orgelbaßstimmen geholfen haben^ Die Beispiele in den Breslauer Orgeltäbulaturen, bei denen nur die Außenstimmen eingetragen sind, bieten einen Ännalt für eine solche A^ilahme. Auf die gedruckte Stimme des Singbasses konnten die Organisten sich wenig verlassen; denn erstens war sie stellenweise nicht die tiefste Stimme, und zweitens fehlten bei den Pausen des Basses die Andeut.ungeri über die Harmonie der übrigen Stimmen. Es mußte also nachgeholfen, und eine Stimme hergestellt werden, die fortlaufend die tiefsten Töne der Komposition Ij Siehe Katalog Bologna IV, 68. Beispiele in Torchis >Arte Mitsieale^y^ Band III, S. 4ö. 2) Zu bemerken ist, daß die im vorigen Kapitel behandelte Ausgabe (1591) der Florentiner Ii^termedienmusiken von 1589 in einem Stimmbuch, dem Nonoj, drei vierstimmige Stücke in voller Partitur bringt (S. 173). ' . 3) Einiges zu diesem Thema hat schon Riemann »Geschichte der Musiktheorie« S. 410 ff. beigetragen. > / ^ ;. 13* '■f^ — 196 ^ ^ .x.^v^X^^^'- aiifzeigte. Daher ^Hu»t die Bezeichnung Bas^o conürmo, Betasus conti-- TUiafus^ Basso generale. Man ist sdion längst von der Annahme zurückgekommen, daß Lodavico Grossi da Viadana den Greneralbaß erfunden, oder zuerst angewendet habe. Yiadanas Verdienste liegen hauptsächlich darin, daß er, gestützt auf eine G^ieralbaBpraxis, die schon vor ihm bekannt war, eine Sammlung Kirchenstücke schuf, die, je nachdem der Chor stark oder schwach besetzt war, je nachdem es hier oder da an der rechten Vertretung einzelner oder mehrerer Stimmen fehlte, mit Unterstützung der Orgel es imaner ermöglichte, ein passendes Stück zur Aufführung herauszugreifen. Indem er seiner Sammlung auch Stücke für bloß eine Vokalstimme mit Begleitimg der Orgel beigab^ berührte er sich mit den Monodisten, und brachte insofern für die Kirche etwas Neues. Wir werden sehen, Orgelbässe wurden schon mehrere Jahre vor ^iadanas Sammlung von 1602 gedruckt. Ich glaube, daß der H^uplansloB zur Veröffentlichung von Orgelbässen von den Verlegern ausging. Es sind vor allem der Venetianer Verleger Giacomo Vincenti, und neben ihm die Mailänder Firma Tini und Besozzi (später Tini und Lomazzo), die sich gegen Ende des 16. Jalnrh. und zu Anfang des 17. besonders ver-^ dienstlich um den Druck von Bassi continui und Orgelpartituren machen. Schon 1594 1) in einer Orgelstimme zu achtstimmigen Motetten von Giovanni Croce druckt Vincenti ein Schlußwort an den Leser. ^Aspettate honoraÜ Viritwsi da me cofUimmmente nove moenUoni per foßiiUiarvi la strada alle fauche con Intavolature^ Passaggi^ S Partidur e ddU quaU gid ne ho fatte aiquante sorte, S ne andrö tuttavia facendo, come vegga che voi ve ne serviate, S che vi sia grata Vopera miam^) Diese Orgelstimme ist, 'wenn das Datum richtig ist, der früheste Versuch zu einem gedruckten Orgelbaß, den ich ajnführen kann. Die Motetten von Croce sind zweichörig, und die Orgelstimme, >8pariidura< bezeichnet, enthält die zwei Baßstimmen auf zwei Systemen in Partitur. Die Taktstriche teilen Breviswerte. Text ist nicht untergelegt. Hier und da steht über den Noten ein ^ oder ein [?. Andere Bezifferungen 1) Die Bologneser Lyceums Bibliothek besitzt »Motetti a otto voei di Giovanni Croce . . . Novamente ristampati d? corrette^ Venexia 1599, Dazu kommt eine i^Spar- tidura delli Moietti a otto voci di Oio. Croce Chioxxoito. Novamente poste in Ittce, Venexia MDXCIV.^ Möglich ist es, daß hier ein Druckfehler im Datum vorliegt, indem XCIV für XCIX steht. Die Ausgabe der Stimmen von 1599 war, wie aus dem Titel hervorgeht, nicht die erste. Eine Ausgabe der Stimmen 1594 scheint nicht bekannt zu sein. 2) Vgl. Katalog Bologna XI, 411. Siehe auch Haberl, Eirchenmusikalisches Jahrbuch 1888, S. öl. — 1«7 — komm^ä nicht vor. Etwas anders verhält es sich mit der gedrucktes Orgelstimme zu Adriano JBanchieris ^Concerti ecdesiastici a 8 vod^ Venetia (Vincenti) 1595. Der Titel der Singstimtuen trägt noch den Zusatz T^etffgiuntovi nd Primo Chöro la spartitura^. Diese Orgelstimme hat sich auf der Bologneser Lyzeums Bibliothek erhalten i), und trägt den Titel i^Spartitura per sonare nd *organo accommodate al Primo Ch&ro nei Concerii di D, Adriano Banchieri^ etc. Sie ist "vm diejenige von Groce 1594 eine zwei Systemen Stimme, unterscheidet sich aber dadurch von der früheren, daß sie nur für den Choro primo gilt» Auf dem oberen System steht der Gontus, auf dem unteren <i6r Passus des ersten Chores. Der Text ist nicht untergelegt. Die Takte sind Brevistakte. An Bezifferux^ kommen nur 4 und [; vor, die bald über dem Baß, bald über dem Cantus stehen. Auch hier und da wird durch die Worte »a 4c oder »a 8« angezeigt, ob der volle Doppelchor oder nur der erste Chor allein singt. Warum nur für den ersten Chor eine gedruckte Orgelstimme hergestellt wurde, wird uns nicht erklärt. Banchieri, oder vielleicht der Verlier, gibt den Organisten eine Anweisung, wie sie eine Ch?gelstimme für die Gesamtkomposition nerstellen können, indem sie einfach die höchste und die tiefste Stimme des zweiten Chores exzerpieren und an Stellen, die in der gedruckten Orgelstimme mit >d 8« bezeichnet sind, diese neuen Stimmen mit der gedruckten vereinigen 2). Aus dem Jahre 1596 haben wir wieder eine Orgektimme zu einem Werk von Giovanni Croce, nämlich zu den achtstimmigen Messen, welche in diesem Jahre bei Vincenti erschienen 3). Diese T^Partidiira* ent- hält, wie die von 1594, die Baßstimmen auf zwei Systemen, das obere für den primo choro, das untere für den secondo choro. Wo zu Anfang eines Satzes der Baß pausiert, und eine höhere Stimme allein singt, ist diese höhere Stimme in den Orgelpart gesetzt. Sonst aber enthält er nur die zwei Bässe. Wo, wie es in Messen dieser Zeit überhaupt häufig i^ Pall ist, das Crticifixtcs von höheren Stimuc^en allein ^e^ungen wird, deil^^'n diesem Druck der Orgelbaß aus. An sollen Stellen stehen die Worte >non est hic< oder >taceU. Wie es sich in anderen Orgel- stimmen in solchen Fällen verhält, werden wir später sehen. Beide 1) Einem Exemplar auf der Casseler Bibliothek fehlt die Orgelstimme. 2) A gli sig, organisiL Volendo la Spartiiura dt tutti dtie chori mrä faeü eosa aeeommodarlo presHssimo^ pigliendo la parte acuta et grave dd Secondo Choro ^ et dove in questa dice ä 8 lasciarlo^ et aggiungendo qudla ä questa, vi aaranno ttäti due: ma VAutore non Vha fatta^ attesoche Vintentione stui e per concertarla ä Chori separati* 3] Messe a otto voci di Oio, Croce ChioxxoUo .... Nuolfafnente composta, e data in luee. Venetia (Viticeftti) 1696. Enthält 3 Messen »Perctissit Saul miüe* »Deoan' iabat€ und *8opra la Battaglia<, Exemplar in Bibl. München (Signatur Mus. pr. 23), bei Eitner nicht erwähnt. — 198 — Systeme sind mit Taktstrichen versehen, welche Brevistakte teilen, und zwar sowohl bei dem Zeichen C als bei dem Zeichen, (t Für das Takt- zeichen 1^ gibt es Takte mit zwei perfekten Breves (t«a-) und Takte mit einer perfekten Brevis (^ 0? ^) gemischt. Diese Taktstriche werden wohl, wie schon bemerkt, die einzige Veranlassung für die Bezeichnung »Parte- dura* sein; denn sie kehrt häufig wieder auch bei Bassi continui, die auf nur einem System notiert sind. Allerdings finden wir in späteren Zeiten diese Bezeichnung auch auf Orgelstimmen, in denen die Takt- striche nicht eingezeichnet sind. Der Text ist in dieser Orgelstimme nicht untergelegt. Häufig sind die Bezifferungen ji und t?, aber andere Ziffern kommen nicht vor. Aus dem Jahre 1598 sind mir zwei interessante Mailändische Orgel- stimmen bekannt. Eine zu dem ersten Buch achtstimmiger Messen und Motetten von Lucretio Quintiani^); die andere, ein 208 Seiten starker Band, von Aurelius Ribrochus zu einer Sammlung der Motetten und Instrumentalkanzonen des Josephus G-allus hergestellt 2). In der efsteren haben wir zu Anfang wieder zwei Baßsysteme wie bei Croce. Wo ein Chor den Anfang allein macht, wird auf dem oberen Systeme die höchste Stimme dieses Chores bis zum Einsatz des zweiten Chores gegeben. Crudficcus und Benedictus sind gewöhnlich vierstimmig, und hier wird die volle vierstimmige Partitur im Orgelpart abgedruckt. Die Messe T^Ego rogabam*^ die letzte der drei Messen, die das Werk enthält, ist in voller achtstimmiger Partitur gedruckt. Die darauf folgenden Motetten sind wieder auf zwei Baßsysteme beschränkt, unter dem tiefsten System ist durchweg der Text beigedruckt. Alle Stücke haben regel- mäßige imperfekte ((p) oder perfekte (0|-) Brevistakte. Das zweite aus dem Jahre 1598 angeführte Werk enthält meistenteils volle Partituren. Ich möchte es wegen seiner verschiedenartigen G-estalt und seinem ge- mischten Inhalt, die uns einen Blick in die Vielfältigkeit der damaligen Musik gewähren, und eine Andeutung von dem Zweck der Partituren lind der Orgelbässe geben, einer näheren Beschreibung unterziehen. Gleich nach der Dedikation haben wir eine lebhafte Vorrede des Bearbeiters, 1) Partitura de Bassi deUe Messe et Moteiti a otto voei di D. Lucretio Quin- tiariiy Maestro di Capdla di S. Ämbrosio maggiore di Milano, Libro primo. In Mikmo appresso Vherede di Simon Tin% <S? Francesco Besoxxi. 1598. Exemplar in München im selben Sammelband wie das vorhergenännte Werk. 2) Totitcs libri primi Sacri operis Musici aUerms modtdis condnendi Partitio seu quam pra£stantiss, Musici Partituram vocant Auetore M, R. D. Josepho Gallo, Me- diokmensi Religionis Somasehae. Studio tamen <& Idbore R, D. Aurelii Ribroehi, Nbbilis Derihonensis in gratia/m Organista/rum in lueem edita. Mediolani, apud haeredes Frandsciy db Simonis Tini 1598. Exemplar in München im selben Sammelband wie das vorhergenannte Werk. — 199 — Sibrochus an die Organisten, Instrumentalisten und andere Musiker i). Sibrochus preist seine Veröffentlichung als neue Arbeit, als eine neue Industrie an, durch die den Organisten und anderen Musikern viel Mühe erspart werden soll. Er erwähnt, daB gerade auf dem Gebiete der Musik die Künstler sich scheuten vor der Mühe, die die Neben- arbeiten, die zu ihsem Berufe gehörten, verursachten. In Ermangelung einer Partitur spielten sie oft die unlieblichsten und unpassendsten Dissonanzen. Drei Punkte werden besonders hervorgehoben. Erstens sollen bei der Aufführung zwei Partituren gebraucht werden, eine für jeden Chor. Zweitens hat Bibrochus (für den Generalbaßspieler) diejenigen Noten in den höheren Stimmen, die zeitweilig unter dem Yokalbaß liegen und daher die Funktionen des Basses^ übernehmen, mit einem f bezeichnet. Drittens ist es nicht verboten, besonders in den doppelchörigenKompositionen, in beiden Chören Instrumente heranzuziehen. Das Werk enthält, wie gesagt, Vokal- und Instrumentalkompositionen, und zwar in vier Teilen. Im ersten stehen neunstimmige Doppelchöre, gebildet aus einem Instrumentalchor (ohne nähere Angabe der Instru- mente) zu fünf Stimmen und einem Vokalchor. Texte sind aber. nicht vollständig gegeben. Nur der Textanfang steht bei dem Vokalbaß. Eimge dieser Kompositionen haben auch, wie es bei Instrumentalkan- 1) >Aurclius candidüsimis y cum Organorum tum caeterorum mstrumentorum m usicorum pulsatoribiis aliisque Musicts praestantüsimü. 5. P. I. Surgüe candidissim PtdsdUores, (Meterique vos omnes praestantissimi Musici: surgite, inquam^ toUite, canitei ptdsaie in PsaÜerio iucundOf <& citkara; in tympano^ db ckoro; inchordis, db organo; in tibiis dt sistris; in cimbalis bene sonantibus. Eece novam industriam, novum Studium, novum laborem: eece mcri operis musici Libri primi Partitiones, sive quas Partituras vocatis: eece allatam vobis facilitatem omnia libentissime canendi, modidan- dique. Ars longa, vita brevis, aiebai iUe. Sed addimus nos: Multi adeo per midtos jactaniur ktborea, ut quandoque pluribus intenti seipsos destituanty quod Optimum est relinquant, ae saepenumero ab instituto resiliant opere. Äpertius loquar: muMi sub' ierfugiendi laboris gratio, etiam quod aptum, quod conveniens, quod opporiunum inimo qv>od necessarium penitus esset, turpiter negligunt, praetereunt, transmitiurU : idque praecipue in arte Musica fieri conspicimus. Nonne plures, defidente partitione, quae perjttcunda, pergrätaque animts ad aüdiendum forent, insuavia, inconvenieniia, äbsona, dt discrepantia modtdantur? Ne quid igiiur sacro operi musico nostro deesset, Hlud in gratiam non modo Organistarum, verum etiam caeterorum canentium quam dili- geniissime partitum voluimus; quam operam, dt oleum, quaso, non limis oculis, non iorvo aspectu, sed kilari fronte, dextroque sydere accepite. Tria iamen, Eumanissimi Modulatores, vos diligentissime monitus cupimus. Primum — Si hoc nostrum sacrum opus musicum pulsare, concinereque haud gravabimini, Pariiturae ipsius Libri duo sunt vobis habendi, ut hinc et inde, hoc est in tUroque choro omnia facilius sttavius et expolitius modulemini. Secundum — Partem hoc Signum crucis i sub se notatum hahentetn, vel bassum esse vel bassi parte functuram. Tertium — Non prohiberi, quin in utroque choro, <& praecipue in concentibus duplicibus nuncupatis instrumenta adhibeantur, Valete. — 200 — Zonen üblich war, Namen wie La Magia^ La Cortesa^ La Benvenuta. Es sind diese, nämlich, Gallus'sche Instrumentalkanzonen, denen in einem Chor ein Text untergelegt worden ist. Bei dem Stück :^Ecce Ängdus de coeh^ ww^, wahrscheinlich wegen des Textes, eine Stimme des Yokalchors in den Instrumentalchor hinübergenommen und wirkt da wie eine Solostimme mit^). Der zweite Teil enthält eine Messe sine nomine neunstimmig. Es werden aber, wie in einigen schon angeführten Orgelstimmen, nur die zwei Bässe auf zwei Systemen in diesem Teil ge- bracht, mit Ausnahme des vierstimmigen Cmctfiocus und des drei- stimmigen Benedictus. Für diese haben wir die volle Partitur. Für die ganze Messe ist der Text dem unteren System untergelegt. Der dritte Teil enthält Motetten, aber wieder nur in zwei BaBsystemen mit Textunterlage wie im zweiten Teil. Der vierte Teil enthält drei acht- stimmige reine Instrumentalkanzonen (La Mantegaxxa!^^ La Orassa^ La Bitima) in voller Partitur. Weitere Orgelbässe aus demselben Jahre (1598) besitzen wir in ^Bassi per Vorgano€ zu Giovanni Bassanos Motetten zu 5 bis 12 Stimmen*). Hier haben wir es mit einer auf einem System notierten Orgelstimme zu tun, und zwar nur für die sieben- und achtstimmigen Stücke. Die Schlüssel werden häufig gewechselt. Es ist also wahrscheinlich ein echter Con- tinuo, der die jeweilig tiefste Note bringt. Es ist keinerlei Bezifferung vor- handen. Das Werk erschien bei Tini und Besozzi. Im selben Verlag erschien der >Basso prineipale da sonare delli Salmi iniieri a 5< von Orfeo Vecchi*). Dieser ist eine Baßstimme mit vollständig unterge- legtem Text. Zu Orfeo Vecchis ^Liber II missarum 5 voc,€ erschien im selben Jahr und im selben Verlag ein »Ba^sso principaie^^). Gleich- zeitig veröffentlichten auch die genannten Verleger eine ^Partitio sacra- rum oantionum tribus voeibus^ von Antonio Mortaro. Es ist eine Partitur von 2 Sopran- und einer Baßstimme in Brevistakte geteilt, ohne Text und ohne Bezifferung*). In diesem Jahr erscheint auch eine »Parfööo« zu dem >Sacrarum CanUonum 8 & 9 voc. lib, J.«') von Augu- stinus Soderinus. Diese Partitio ist wieder ein doppelter Baß, mit regelmäßigen Brevistakten. ^ und b kommen öfters vor, aber Zahlen nicht. 1) Eine ähnliche Besetzung, bei der eine Stimme eines Chores vocaliter aus- geführt wird, während für die übrigen Stimmen Instramente vorgeschrieben sind, findet man bei Heinrich Schütz. Gesamtausgabe, Band 13, S. 169. ' 2) Siehe Musikbeilage V. 3) Vgl. Katalog Bologna II, S. 378. 4) Katalog Bologna IL 323. Dieser Baß vom Jahre 1598 gehört zu einer Aas- gabe der Psalmen von 1596. Vgl. Haberl, Kirchenmus. Jahrbuch XX (1907) S. 168. 5) Haberl, Ebenda S. 169. 6} Katalog Bologna II, 467. 7) Mediolan% Tradatus 1698. Die Berliner Kgl. Bibl. bewahrt den Gantus II und die defekte Partitio, ' — 201 — Aus dem Jahr 1599 gibt es eine volle Partitur zu Guglielmo Arnones T^MotetU ä 5 (^ ä 8 vod*^). Der untersten Stimme ist der Text bei- gegeben. Zu einer Sammlung dreichöriger Messen van Mortaro (1599 bei Tini und Besozzi) haben wir eine Orgelstimme, in der die drei Bässe übereinander notiert sind, wie in den früheren Beispielen die zwei Baisse 2). Ferner gibt es zu den achtstimmigen >Sacrae Cantiones* von Serafine Cantone^) einen Orgelpart mit doppeltem BaB. Zu dem vierstimmigen Cmdftxus und Benedietus der darin enthaltenen Messe *de le Perlen ist die volle Partitur gegeben. Text und Bezifferung kommen in diesem Orgelpart nicht vor. In demselben Jahr (1599) brachte auch Vincenti ein Sammelwerk heraus, *Motetti e Salmi a otto vod, composti da otU? eccdenUss Äutori, eon la parte de i Bassi, per poter sonarli neU Organo<^), Hier hat der Orgelpart nur ein System. Es ist eine wirklich continuierte Stimme. Auch zu einem zweiten Buch > Concerti Ecdesiastiei* von dem vorhin erwähnten Gio. Bassano erschien bei Vincenti in diesem Jahre ein Basso per VOrgano% ^' ^ Aus dem Jahre 1600 ist mir eine spanische Orgelstiixmie aus Madrid ?(,^ bekannt, zu einer Sammlung von Messen, Magnificat, Motetten, Psalmen ttsw. von Thomas Ludovieus de Victoria*). Die Stücke der Sammlung sind acht-, neun- und zwölfstimmig. Der Oi^elpart trägt auf dem Titel die. Bemerkung, daß sämtliche Stücke zum Spielen auf der Orgel darin enthalten seien. Wir stehen aber hier vor einer ähnlichen Erscheinung wie dror- Orgelpart zu Banchieris ^Concerti Ecelestastici* von 1595. Die spanische Orgelstimme enthält durchweg nur vierstimmige Partituren, die den Chorus primus bilden. Sie unterscheidet sich auch von den ; ^ anderen Partituren und Orgelbässen darin, daß sie in regelmäföge Longa- takte geteilt ist und nicht in Brevistakte. \^ ' - r-» Da mir eine Ausgabe der Stimmen zu dieser Sammlung voÄ Victoria nicht bekannt ist, vermag ich nichts weiteres über das Verhältnis zwischen der Partitur und dem Vokalwerk zu berichten. ^ Weitere Werke mit Orgel aus diesem Jahr sind ^Saeri concerti a «V VA ^,-* <- n> r-»-- 1) Katalog Bologna II, 340. 2) Ebenda II, 113. 3) R, D. Serafme Ccmtoni in Ecclesia S, Simpliciam Mediolam Organietae, Cantiones Sc. Octonis voeibus deeantandae, Medtolani, Äugttstmus Tradaius 1599. Exemplar Kgl. Bibl. Berlin. 4} Exemplar Kgl. Bibl. Berlin. ' 5) Katalog Bologna II, 378. 6) Thomae Ludovici de Victoria Äbidensis .... Missae, Magnificat^ Motecta, P salmi, <Sb aliaqwji/m plurima. Qt*a£ partim Octonis j alia Nonis, cUia Duodenis vocihtis concintmtur. Haec omnia sunt in hoc libro ad ptdsandum in organis. Matrüi. Ex typographia Regia. Anno 1600. Exemplar in der Kgl. Bibl. München. « ■" . I •/ — 202 — due voce facüi & commodi da cantare & sonare conVorgano a voci piene & mutata a beneplacito de cantmi, co'l bdsso generale per maggior coni^ moditä de gl' organisti* von Grabriele Fattorini, in Venedig bei Ama- dino erscliienen 1), und * Sacrosanctae dei Landes 8 voc,< von Gip. Matteo Asola, auch bei Amadino. Der Orgelpart zu diesem Werk trägt den Titel » Oli Ba>ssi ddU Motetti a otto voci, uniti insieme & stafnpaU per commoditä deUi Organisti< Er weist nur ein System auf mit Ausnahme des letzten Stückes *Introduxit me rex* welches mit zwei Systemen (Sopran- und Tenorschlüssel) anfängt, bald aber zu einem einzigen Baß- system übergeht. Das Jahr 1601 bringt folgende Werke. Partidura per sonare delle canxonette aüa Francese^ von Gius. Guami. (Venedig bei Vincenti)^). Es enthält nur zwei Systeme, den Baß und die Oberstimme. Es ist wohl eines der frühesten weltlichen Werke, welche in dieser Form gedruckt worden sind. Keinerlei Bezifferung kommt darin vor. Der *Basso generale^ zu Luzio Billi's >Messa e motetti ä 8 €^) (bei Amadino in Vendig) ist wieder eine richtige Continuo-Stimme, aber ohne irgend welche Bezifferung. Zu Orfeo Vecchi's. >Liber IV. Psalmi poemten- tiales (MotectaJ 6 voc, Mediolani^ (Tini u Besozzi) gibt es einen Basso principale% und die Sammlung von Angelo Gardano *Falsi bordoni omnium tonorum 4, 5 dt 6 voc, aliae Antiphona^< (Venedig bei Ang, Gardano) soll in voller Partitur stehen 8^). Aus dem Jahre 1602 kenne ich von Giov. Matteo Asula >Organitus Hymnodiae vespertinae 8 voc. (Venedig bei Amadino) ®). Der Orgelpart ist auf einem System notiert, immer im Baßschlüssel. Er hat nur wenige Taktstriche die in w'öiteh, unregelmäßigen Abständen gesetzt sind. Be- zifferung kommt nicht vor. Ein mir nicht naher bekanntes Werk aus diesem Jahr ist »Gregorii Zucchini Harmonia Sacra [Motetten zu 8 bis 20, Messen zu 8 bis 16 Stimmen], üha cum sectione gravium partium ad Organistarum vsimi, et commodum,^ (Ven. Vincenti)^). Hiermit haben wir die Zeit der berühmten Concerti Ecclesiastici von Viadana®) errdcht, und ich möchte nun die Ergebnisse aus den an- 1) Katalog Bologna II, 419. 2) Ebenda IV, 50. 3) Ebenda II, 44. 4) Haberl, Kirchenmusikalisches Jahrbuch XX (1907) S. 170. 6) Katalog Bologna II, 347. 6) Exemplar in dem Sammelband der Münchener Bibliothek Mus. pr. 23. 7) 17 Stimmbücher und Sectio. Vgl. Eitner, Quellen-Lexikon. 8) Cento Concerti ecclesiastici a TJna^ a Due^ a Tre, a Qtiattro voci. Con il Basso continuo per sonar nelT Organo. Nova inventione commoda per ogni sorte de Gantori dt per gli Organisti. Di Lodovico Viadana. Op. 12. Venetia (Vincenti) 1602. Über Viadana vgl. Ant» Parazzi >DeUa vita . . . . di Lodovico Qrossi Viadana* — 203 — geführten gedruckten Quellen kurz zusammenfassen.. Zu bemerken ist, daß wir hier die ersten Werke im stUo redtativo, wie die Euridice von Peri (1600) oder die Solo- Arien der Nouve Musiche von Caccini (1601) nicht herangezogen haben ; denn sie hatten eigentlich andere Entstehungs- gründe und eine etwas andere Entwickelungsgeschichte als die hier an- geführten Werke, die aus der polyphonen Vokalmusik herausgewachsen sind und mit wenigen Ausnahmen für die Eirche bestimmt waren. DaB die Versuche zu einem Generalbaß-Spiel im 16. Jahrh. nicht nur in der Kirche gemacht wurden, dürfte man wohl aus den häufigen Erwähnungen von Klavier- und Orgelbegleitungen (sowie auch der Lautenbegleitung) bei den Hoffestlichkeiten schließen. Auf solche Versuche werden sich wohl auch die Florentiner Renaissanceier gestützt haben. Aber der Be- darf war doch für die Kirche so viel größer, daß wir hier am ehesten der Gtesißhichte der Entstehung des Generalbaß-Spiels in den gedruckten Denkmälern nachspüren können. Ich möchte nun wieder hinweisen auf den engen Zusammenhang zwischen den Partituren und den Orgelbässen. Die frühesten angeführten Orgelbässe waren zur Begleitung von achtstimmigen oder mehrchörigen Werken bestimmt. Wir finden manchmal Partituren und Orgelbässe in demselben Werk. Besonders wo ein Satz sich auf wenige Stimmen be- schränkt, und die Partitur nicht so kostspielig und nicht so schwer zu lesen ist, wird sie vollständig gedruckt, während man sich bei den mehr- stimmigen Sätzen mit Orgelbässen in dreifacher, doppelter, oder einfacher Form begnügt. Die Partituren und die einfacheren Orgelbässe, das Partiturspiel und das Generalbaßspiel, bestanden noch mehrere Jahre nach dem Anfang des 17. Jahrb. nebeneinander fort. Die verschiedenen Ansichten darüber werden unten (S. 210) behandelt. Wir sahen, daß die ersten gedruckten Orgelbässe sich meistenteils nicht auf eine einzige kon- tinuirliche Baßstimme beschränkten, sondern, da sie meistens für mehr- chörige Werke gedruckt wurden, einfach die zwei (in einem Fall drei) Vokalbässe übernahmen. In Hinsicht auf diese Tatsache darf man nicht zu viel Gewicht auf die Vermutung legen, daß der Gebrauch von hand- schriftlich angefertigten wirklichen Continuos schon vor der Zeit der ge- druckten Beispiele allgemein verbreitet war. Die doppelten oder drei- fachen Orgelbässe bestehen allerdings noch längere Zeit nach der Ein- führung der wirklichen gedruckten Continuos weiter fort. Man findet sie auch in deutschen Orgelstimmen. Daß die besondere Beachtung der Milano 1877 (Auch in der Oaxetta Musieale, Müano 1876) und Haberl, Kirchen- musfik. Jahrbuch 1881 und in Mtmca Sacra 1897. Eine Übersetzung seiner Regeln für die' AuffQhrung der Concerti in Monatshefte für Musikgeschichte 1876, S. 105 ff., Winterfelct^ >Joh. Gabrieli« II, S. 69, C hrys an de r, Allgem. Mus. Zeitung, Leipzig 1877, S. 8öff., Seiffert, »Geschichte der Klaviermusik, S. 122 ff. — 204 — Baßtöne ^ die aus der Kreuzung einer höheren Stimme mit dem Vokal- baß resultierten ; die in den Continuos prinzipiell durchgeführt wird^ in den früheren Zeiten nicht unbekannt war^ beweist uns die von Ribrochus eingerichtete Partitur zu den Werken von Jos. Gallus, in der solche Töne mit einem f bezeichnet werden. In diesem Zusammenbang muß es auffallen^ daß die angeführten Quellen sämtlich die Benennung *JBasso coniiiiKo* vermeiden. Basso prindpcde und Basso generale kommen vor, aber die Bezeichnung Basso contirmo ist uns wiiUich zum ersten Mal bei Yiadana begegnet. Viadanas Bässe unterscheiden sich auch von früheren darin, daß sie manchmal selbständig und unabhängig von dem Vokalbaß sind. Bei den einstimmigen Gesängen mußte Viadana ja not- wendigerweise einen selbständigen Orgelbaß setzen, wenigstens so weit als diese eine Stimme nicht eine Baßstimme war^). Die anderen aiH geführten Orgelbässe halten sich, (soweit mir das Vergleichsmatmal in vokalen Stimmbüchern vorlag) immer an die Vokalstimmen. Noch einmal möchte icli auf Benennung und Gestalt der frühen Orgelstimmen zu- rückkommen. Am häufigsten fanden wir die Bezeichnung Spartitura oder Partitura, auf lateinischen Titeln ParUüo oder Sectio gravmm par- tium^). Das »Partiren« bezog sich in früheren Zeiten, wie wir sahen, auf das Einteilen durch Taktstriche. Und in der Tat waren fast alle die angeführten Orgelstimmen mit Taktstrichen versehen, während die Vokalstimmen zu denselben Werken keine Taktstriche hatten. G. M. Asulas » Organieus Hymnodiae Ve^erünae (1602) ist aber z. B. eine Orgelstimme ohne regelmäßige Talasiriche. In späteren Jahren ^dem sich immer häufiger Orgelbässe mit sehr unregelmäßig gesetzten Strichen oder überhaupt ohne Taktstriche. Bei manchen von diesen ist trotzdem die Bezeichnung Partitura beibehalten. Bei den früheren Orgelstimmen fanden wir manchmal den vollständigen Text beigedruckt. Später kommt das seltener vor, statt dessen werden öfters, besonders bei Mess^i, die verschiedenen Textabschnitte mit einigen Worten angedeutet. Dagegen werden die ,Bezittei;,an|p^utaten immer reicher. Der größte Teil der früheren Orgelbässe hat allerdings keine Bezifferung. Schon sehr früh (Croce, 8-stimmige Messen, 1594 ; Banchieri, Cancerti ecdes. 1595 ; Croce, Messen 1596.). kommen $ und b vor. Aber selbst diese fehlen bei vielen 1) In gewissen Beziehungen ein Vorläufer von Yiadana war der oben (S. 202) angeführte Gabriele Fattorini mit seinen >Setcri Goneertt* (1600) für zwei Stim- men, die entweder in der natürlichen Lage oder in der Oktavversetzung gesungen werden konnten. Ob der dazu gegebene >has80 generale* mit einer der beiden Vokalstimmen übereinstimmt, ist mir nicht bekannt. Jeden&Us mußte aber bei der Ausführung der Vokalstimmen in hoher Lag^ der Orgelbaß selbständig erklingen. 2) Auch BarUonmUium dimaio bei Mortaro Psalmi 8 voc, Ven. 1608 und Par- tium gravium divisio bei Girol. Dorati Psalmi 8 voc. Ven. 1609. — 2(fö — Bässen. Die ersten mir bekanntes Zahlen kommen in den Euridiceu Pens und C^cinis vor^^. Y;aj§^a ha|J^^5^1en^ Mr den weiterep Verlauf der lEntwickliing mochte ich nicht alle Quellen hier anführen, sond«m nur eine Frage, die Gestalt des Orgelparts betreffend, etwas weiter verfolgen. Wir sahen, daß sehr oft bei Orgel- bässen auch kleinere Teile in voller Partitur gegeben wurden. Hier konnten über die Harmonien für die Orgelb^leituhg keine Zweifel ent- stehen, wir fanden auch schon in einem der frühesten Orgelbässe^ {Sparütura zu Banchieri's Concerti ecclesiastid von 1595), daß er für die Begleitung des ersten Chores den Cantus und den Bassus enthielt. Hier- durch wurde dem Organisten ein festerer Anhalt zur Gestaltung seiner Begleitung gegeben als durch den einfachen Baß. Diese Form der Orgelstimme findet sich aber vor Viadana nicht so häufig. Man trif t sie in stellenweiser Anwendung z. B. bei Quintiani, Messen und Mo- tetten zu 8 Stimmen 1598, wo in Stücken, bei denen ein Chor allein den Anfang macht, das obere der zwei Systeme des Orgelparts zur Auf- zeichnung der Oberstimme dieses Chores benutzt wurde. Ein Beispiel einer weltlichen Sammlung dieser Form haben wir in der >Partitura per sonare ndle canxonette aüa Fremcese von Gius. Guami (Ven. 1601), Nach Viadana kommen solche Orgelstimmen häufiger vor, oft mit einem Hinweis im Titel auf diese Besonderheit, wie z. B. in Girol. Calestanis ^Saerati Fiori musiccUi ä 8 . . . Con ü Basso eontirmafOy & Soprano ove e stato necessario per maggior commoditä cfe' 8ig, Organisti. Op, 2. Parma (VioiM) 1603 oder » Cantus et bassm divisio pro m^gani pidsfitore* (Mas- saini 1607), ^gravis ßt^p^fm^ad Organum « (Dom. Brunetti 1609) i). Über die genaue Handhabung dieser Orgelstimmen, über das was der Organist über diesen einfachen oder doppelten Bässen aufbaute, hören wir aus der früheren Zeit des Generalbasses sehr wenig. Es 1) Als Beispiele solcher Stimmen » die mir vorlagen, möchte ich anführen: Tiburtio Massaini. Sacrarum Cantionum 7 voc, Ven. (Raverii) 1607. In diesem Werk hat die Orgelstimme zu Nr. 6 >Hodie completi sunt* 3 Systeme — 2 mit Sopran- schlüssel, das dritte für die tiefste Stimme mit abwechselndem Tenor- und Bariton- schlüssel. * Tib. Massaini — Musica a 1, 2, et 3 voci. Partitura per aonar neW Organa Yen. (Rav.) 1607. Hier haben wir eine direkte Nachahmung von Viadana. Die Orgelstimme hat immer 2 Systeme, Baß und höchste Stimme, mit Ausnahme der^* jenigen Solostücke, wo die eine Stimme ein Baß ist. Hier steht nur diese Baß- stimme im Orgelpart. Don^nico Brunetti. TJ.nica voce, bmis, teriiisy quaterma <Ss. pluribus ad i^sum Ueclesiae varii coficentus. Gravis et aeiUus ad Organum Yen. (Eevini) 1609. Giov. Paolo Cima. Concerti eeclesiastici ä 1-^8, Milane (Tini und Lomazzo) 1610. Der Orgelpart hat volle Partituren bis zu 4, einmal 5 Stimmen^ für die anderen Stücke, auch für einige 4<Btimmige, nur die Außenstimmen. Giov. Ghizzolo» Terxo Libro delli Concerti a due, tre e qttatiro vod, Milan o 1615. — 206 ^ dauerte noch mehrere Jahrzehnte in das 17. Jahrhundert hinein, bis theoretische Werke mit vollständigen, klaren oder ausführlichen Dar- legungen der GeneralbaBübung erschienen. Das Verdienst, als erster genauere Angaben über die Theorie des Generalbasses gegeben zu haben, gebührt, wie es scheint, immer noch Viadana. Die bekannten Regeln, die er seinen OoncertiEcclesiastici voraussetzte, bildeten die Quelle für Praetor ius, der in seinem Syntagma anscheinend als erster in Deutschland den Generalbaß in einem Druckwerkjiehandelt.* Bald nach Viadana erschien in Italien ein mir nicht näher bekanntes Flugblafe von Francesco Bianciardi *Breve Regole pei'^imparar^ a sonar sopra ü Ba$so con ogni sorte d'istromento* (Siena 1607)*). Im selben Jahre ist auch in Siena eine kleine Schrift von Agostino Agazzari erschienen, die als erste bisher bekannte einige weitere Auskünfte über die Behandlung des Basso continuo gibt. Dieselbe Schrift wurde auch als Vorwort zu dem Orgelpart in einigen Ausgaben von Agazzaris Sacrae Cantiones (1608, 1609) abgedruckt. In der Ausgabe von 1609 heißt sie: ^Dd suonare sopra ü basso con tutti stromenti & uso hro ml conserto^ ^). Aus den zwei angeführten Titeln ist schon ersichtlich, daß der Basso continuo nicht nur für die Orgel- oder Klavierbegleitung oder für Chitarone, Laute oder sonstige Harmonie-Instrumente bestimmt^ war. Agazzari geht ^nauer darauf ein und aus seinen Schriften geht hervor, daß auch Instrumente wie Violine, Cornetto oder selbst die Laute als Ornamentinstrument den Basso continuo als Vorlage nahmen und auf diesem Fundament freie Kontrapunkte ausführten. Agazzari weist in einem anderen Werke ^Sacrarum Laudiim ... 4 — 8 vocäms Liber II<^ (Eoma, Zanetti 1603 und Venetia, Amadinus 1608) auf diese Tatsache hin, indem, er dem Oontinuopart folgenden Titel gibt: ^Bassus ad Organum & musica instrumenta*. Die Frage gewinnt dadurch eine besondere Bedeutung, daß sie in der Orchesterbegleitung der ersten Opern eine wichtige Rolle spielt. Sie ist in dieser Beziehung schon von verschiedenen Standpunkten erörtert worden 3). Zwar schreibt 1) Katalog Bologna I, 276. 2) Agazzari wird schon früh im 17. Jahrhundert als Autorität Über den basso continuo erwähnt, z. B. von Banchieri in seinen *Gonclusi(mi< Bologna 1609 S. 18 und 68 (Vgl. Katalog Bologna I, 273) und in der Vorrede zu »Ecclesiastici Sinfonie* Venetia 1607 {Siehe Anhang 11, 6) und ist auch mehrfach von modernen Autoreu zitiert worden. Sein Traktat, dem Orgelpart der > Sacrae Cantiones quae Binis, Temis, Quatemisqice vocibits coneinendas cum Basso ad Organum Lib. II, Op. V Mo- iectorum* Venet. (Amadinus) 1609 (Exempl. Stadtbibl. Augsburg) entnommen, wird als Anhang I am Schluß dieses Kapitels vollständig mitgeteilt. 3) Vgl. Hugo Goldschmidt >Cavalli als dramatischer Komponist« (Monatshefte für Musikgeschichte 25 (1893) S. 45 ff.) nnd >Die Instrumental- begleitung der italienischen Musikdramen der ersten Hälfte des 17. Jahrh.« (Ebenda 27, (1895) S. 62ff.) Ferner L. Torchi, *Uaccompagnainento degV Istrumenti — 207 — Agazzari nicht direkt für die Musiker der neuen Oper. Er ist Kirchen- musiker, aber ein Kirchenmusiker, der sehr stark von den Bestrebungen nei Mehdrammi italiam deüa prima metä del Seieeniot (Rivista musicale itallana I (1894) S. 7 ff.]. Goldschmidt möchte die wirklich improvisierte Begleitung der Orna- ment-Instrumente gänzlich ausschalten. Es ist ja wahr, daß sie mit der Zeit verschwand. Aber für die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts und für die Cavalli-Cesti-Zeit muß sie doch wohl angenommen werden. (Vgl. H. Kretzschmar, »Bemerkungen über den Vortrag alter Musik« Jahrbuch Peters 1900, 8. 58.) Goldschmidts ausdrücklich betonter Satz: >Alle die Quellenstellen, welche ▼on Improvisation sprechen, sind also nicht so aufzufassen, als ob die Begleiter ihren P-art alla mente improvisiert hätten« läßt sich, glaube ich, gerade durch Agazzari widerlegen. Agazzari erklärt nämlich, daß die Spieler der nicht akkordisch begleitenden Instrumente im Kontrapunkt gewandt sein müssen; zwar nicht der erste, der einfach den Baß mitspielt, wie er da steht, wohl aber die anderen, die über den Baß neue Stimmen hinzukomponieren müßten. Dieses, (auch die weiteren Erläuterungen Agazzaris), deutet eher auf das Spiel alla mente als auf alla penna hin. (Siehe Anhang I, S. 219 >Li stromenti che si meschiano^,) Auf eine derartige Improvisation auf der Laute werfen einige Briefe Prospero Viscontis aus Mailand an den Herzog Wilhelm V. Ton Bayern aus den Jahren 1573— '74 ein interessantes Streiflicht. Sie weisen auf die Aufmerksamkeit, die man dem Baß-Part dabei schenkte, hin und liefern damit Andeutungen über das Entstehen des Generalbaßspiels. Visconti berichtet über einen ausgezeichneten Lautenspieler, Jusquinus [Salem] Neapolitarvus, der, früher im Dienste des Herzogs Emanuel Philibert von Savoyen, sich in Mailand hören ließ. Er leistete Hervor- ragendes auf einer dreiundzwanzigsaitigen Laute. Visconti lobt seine kräftige und geschwinde Hand und schreibt weiter: *quod atäem nusquam audivi, ipse supra bßssus partem illico ahaque studio armoniam testtidine pidsabcU, quam eorUra- punto appellami4S, ipsum quoad ptdsandi artem attinet, non omnino Exß Tua indignum iudico*. Daß dieses improvisierte Spiel supra bassus partem wohl eng verwandt mit der bekannten früheren Verzierungspraxis auf der Laute, oder womöglich ganz dasselbe war, könnte man vielleicht aus einem etwas späteren Brief schließen. ^Josquinus enim mirabilis est iudicio meo in contraptmeto faciendo^ dum alias firmas partes pulsai^ et ambo concentum vaJde deleetabile efßciunt*. (Mitgeteilt von H. Simonsfeld in den Abhandl. der Bayr. Akad. der Wissensch., Hist. Klasse, Bd. 22, München 1902, S. 315 und 323.) Im Anschluß an diese Bemerkungen über die Instrumentalbegleitungen der ersten Opern ist darauf hinzuweisen, daß die harmonischen Neuheiten, die die Florentiner und ihre Nachfolger einführten, durchaus nicht die Mitwirkung der Tasteninstrumente ausschlössen. Die manchmal verblüffenden harmonischen Fort- schreitungen, etwa eines Monteverdi, bedingen eine enharmonische Deutung der Tasten des Klaviers, die, wenn man sich streng an die Theorie der damaligen Temperatur halten wollte, nicht zulässig wäre. Wir sahen aber in unserem 3. Kapitel, daß, in Anlehnung an die in Bezug auf reine Stimmung und Temperatur sehr freie Behandlung der Laute, einige Theoretiker (Lanfranco, Bermudo) auch die Identität der Tasten des Klaviers für jt- und |?-Töne behaupteten, wenig- stens so weit es die Praxis anging. Stellen , wie der Eintritt der Botin in Monteverdis Orfeo (Eitners Ausgabe in den Publikationen der Gesellschaft für Musikforschung Band 10, S. 162), oder einige in der Ariannen- Klage, zu deren har- — 208 — der dramatisclien Bef ormatoren beeiofiuBt ist^ and der seine Sympftthieü für die ne^eBicktung im allgemeinen^ und für die neue Art des >Con^ serto€^ die auch in die Kirche eingedrungen ist, offen kund gibt^), Neben' dem Traktat Agazzaris geben uns aber die Vorworte m>a2icher Orgelstimmen aus den erstm Jahren des 17. Jahrhunderts Andeutungen über die Ausführung des Basso continuo und über die verschiedenen Meinungen, die über seinen praktischen Wert herrschten. Die Urteile stimmen in manchen Punkten überein, in anderen fallen sie sehr ver- schieden aus. So z. B. sprechen sie fast alle von dem Basso continuo als einer neuen Errungenschaft. In Betracht dieser Tatsache inuß man also sehr vorsichtig sein mit der Annahme einer Generalbaß-Praxis im früheren 16. Jahrhundert, etwa für die Intermedienmusiken, oder für die Instru- mentalbegleitungen in der Kirche. Ein Komponist, Tiburtio MassainQ, der 1609 eine Sammlung ein-, zwei- und dreistimmiger Kirchenwerike mit Basso continuo herausgab, sagt allerdings, daß diese Art Musik inner- halb einer Periode von etwas weniger als 40 Jahren in Gebrauch ge- kommen sei 3). Die merkwürdige Spärlichkeit oder das gänzliche Fehlen der Be- zifferung in den frühen Generalbässen wird aus zwei Gründen erklärt. Einerseits bietet diese Bezifferung in der ersten Zeit eine besondere drucktechnische Schwierigkeit. Diejenigen Komponisten, die sie doch für nützlich halten, raten dem Organisten, die Ziffern nachträglich mit der Feder einzutragen. Andererseits sprechen sich die meisten Kompo- nisten direkt gegen die Bezifferung aus. Sie sei, besonders für den un- erfahrenen Spieler, geradezu eine Verwirrung. Und der erfahrene Spieler bedürfe ihrer nicht Fast einstimmig raten die Komponisten den Organisten, sich auf ihr Gehör und auf ihre Kenntnisse der Kompositionsregeln zu verlassen. Und hierin haben wir wohl auch die Erklärung für die ganze Orgelbegleitung des 16. Jahrhunderts, soweit sie nicht in Partitur oder monisclien Ausstattung Monteverdi selbst den Schlüssel gegeben hat in seiner Bearbeitung desselben Stückes für Chor (im 6. Buch seiner fünfstimmigen Madri- gale), konnten daher auch zu Monteverdis Zeiten auf dem Klavier mit den ent- legensten Akkorden begleitet werden. Es wäre auch kaum zu erwarten gewesen, daß Monteverdi, der trotz heftiger Angriffe, wie derjenigen Artusis, seine Anschau- ungen unentwegt weiter vertritt, den Streitigkeiten über eis und de», fis und ges auf dem Klavier viel Beachtung geschenkt hätte. 1) Vgl. den Schluß seines Traktats und das Vorwort zum Orgelpart seiner Sacrae Landes von 1606 (Anhang II, Nr. 7). Ein Fastoral drama Eumelio, aufge- führt in Rom 1606, ist von ihm bekannt. Vgl. Vogel, Weltliche Vokalmusik I, S. ö. 2) Eine Zusammenstellung einer Reihe solcher Vorworte, sowohl zu Partituren als zu Generalbässen, und für weltliche wie für kirchliche Werke in chronologischer Ordnung siehe Anhang II. 3) Siehe Anhang II, Nr. 5. — 209 — in Tabulator notiert war, zu suchen. Es wird sich in den meisten Fällen um eine Begleitung nach dem Gehör gehandelt haben. Eine andere Frage, über die die Meinungen auseinandergehen, ist die von den Verzierungen. Von den Streichern und Bläsern, die über den Basso continuo spielten, besonders in den höheren Lagen, auch von der Laute, insofern sie als Ornamentinstrument gebraucht wurde, scheint man, soweit man nach Agazzaris Traktat urteilen kann, erwartet zu haben, daß sie sich in Trillern, Passagen und allerlei anderen Ver- zierungen ergehen. Für die Orgel aber und für die Fundamentinstrumeiite überhaupt ^scheint die Meinung doch mehr auf der Seite des schlichten, unverzierten Mitspielens der Akkorde zu stehen. Das stimmt überein mit der Ansicht des 16. Jahrhunderts, wie sie Vicen tino ausspricht (S. 155). Es wird besonders betont für die Begleitung des Sologesangs. Einige Komponisten erlauben zwar die Verzierung auf der Orgel, aber nur, wenn sie sehr vorsichtig angebracht wird, damit sie den Sänger nicht in Verlegenheit bringe, und auch die Schönheit des Gresanges nicht ver- dunkele i). Cima hält es für gut, daß man manchmal die Gesangs Ver- zierung mitspielt, obwohl er im allgemeinen an der Regel des unverzierten Begleitens festhält 2). Wo in dem Orgelpart neben dem BaB auch die höchste Singstimme mitgedruckt wird, ist sie nicht, wie man beim ersten Blick annehmen könnte, dazu bestimmt, daß der Organist sie durchgehends mitspiele. Giaccobi z. B. weist speziell darauf hin, daß die Oberstimme, die er über den Baß gesetzt habe, nur dazu da sei, um dem Organisten einen festeren Anhaltspunkt für die Gestaltung seiner Begleitung zu geben, nicht daß dieser sie immer mitspiele. Und Agazzari behauptet ganz all- gemein, daß man die Lage des Soprans möglichst vermeiden und hier vor allem keine Verzierungen anbringen solle. Eine so strenge vierstimmige Begleitung, wie die inMalvezzis Litermedien von 1589 und in Luzzaschis Solo-Madrigalen von 1601, ist mir anderswo nicht begegnet. Agazzaris Beispiel ist zwar fast durchgehends vierstimmig mit gelegentlichen Oktavverdoppelungen des Basses. Vor einer wenig ver- deckten Oktav- und Quintparallele bei der Kadenz scheut er sich nicht. Er läßt aber eine Klangverstärkung oder Abschwächung durch Vermehren oder Vermindern der Stimmenzahl sowohl wie durch Ziehen oder Ab- stoßen von Begistem zu 3). Andere Komponisten raten aber von dem ßegisterziehen ab und wollen die Stärke der Begleitung nur durch die Stimmenzahl regulieren ^j. 1) Viadaoia. Giaccobi Anhang II, 8, Bonini Anhang II, 15. 2) Anhang II, 9. 3) Anhang I, S. 218. >Essendo dunque^ usw. 4) Yiadana. Puliaschi, Anhang II, 16. Porta, Anhang II, 18. Kinkeldey, Orgel und Klavier. 14 «/f / — 210 — Es kommt manchmal vor, daß man dem Organisten dadurch eine Andeutung über die Stärke der Begleitung gab, daß man die Zahl der Singstimmen bei verschiedenen Stellen im Basso continuo angab, wie Soh, ä 4j ä 8 1). Auch wurde ihm manchmal dadurch ausgeholfen, daß man bei harmonisch schwierigen oder zweifelhaften Stellen Doppelgriffe im Basso continuo notierte 2). Die Orgelstimme zu Leone Leonis >Z lÄbro de Motetti ä 8« (Ven. Raverii 1608) fängt mit folgenden Takten an. See. Chorus. J HB .V ^ I J nf \ **J:^J,^ ^ Solche ausgesetzte Stellen kehren aber in dieser Stimme nicht wieder. Dem Basso continuo fehlte es in der ersten Zeit nicht an Gegnern. Wenigstens fehlte es nicht an Stimmen, die sich gegen die Stümper, die den Basso continuo als Eselsbrücke benutzten, erhoben. Sehr scharf werden die Dissonanzen und Kakophonien, die durch das ungeschickte oder unvorbereitete Generalbaßspiel entstanden, getadelt. Kibrochus nennt in seiner Vorrede von 15983) ^as in späteren Jahren so oft empfoh- lene Verlassen auf das Gehör geradezu eine Faulheit der Organisten, die die Mühe de^ Spartierens scheuten. Denn noch lange wurde dem Generalbaß spiel der richtige Gebrauch der vollen Partitur gegen- übergestellt'*). Einige Komponisten, die ihren Werken einen Continuo mitgeben, raten trotzdem dem Organisten, besonders dem unerfahrenen, die Werke in Partitur oder in Tabulatur zu setzen s). Bei Instrumental- kanzonen wird darauf hingewiesen, daß sie für das Solospiel auf Tasten- instrumenten spartiert und intavoliert werden müssen*). Zwischen der Partitur und der Tabulatur bestand auch ein gewisser Gegensatz. Das Partiturspiel wurde als das künstlerisch höherstehende betrachtet, obwohl es einerseits von dem Basso continuo, andererseits von der Ta- bulatur in den Hintergrund gedrängt wurde. Noch Prescobaldi in seiner Capriccio-Sammlung vom Jahre 1624 bricht eine Lanze für das Partiturspiel. Er läßt diese Capricci im Gegensatz zu seinen früheren Veröffentlichungen in voller Partitur und nicht in italienischer Orgelta- 1) Viadana, Concerti 1602; Gastoldi, Salmi 1607; Banchieri, Eccl. Sinf. 1607. Auch in den späteren Werken von Agazzari 1617 und 1626. 2) Lodovico Balbi, Messe etc. ä. 8. Yen. (Gardano) 1605. Tarquinio Merula, Oanzoni ä 4 per sonare. Yen. (Magni) 1615. Doppelter Bezifferung begegnet man bei Francesco Usper, Compositioni armoniche ä. 1 — 8. Ven. (Magni) 1619, S. 16. 3) Vgl. S. 199, Anmerkung 1. 4) Vgl. die Vorreden Anhang II. 5) Piccioni, Anhang II, 10. Merula, Anhang II, 14. 6) Banchieri, Eccl. Sinf., Anhang II, 6. — 211 — bulatur erscheinen und erwähnt in der Vorrede, daß sie dem Spieler einige Schwierigkeiten bieten, unter anderem darum, weil das Parti tur- spiel von vielen vernachlässigt worden sei^). Zuweilen wird auch das Generalbaßspiel in größeren theoretischen Werken aus deni Anfang des 17. Jahrhunderts erwähnt, und zwar nicht mit freundlicher Gesinnung. Diruta z. B. gibt in dem zweiten Teil seines Transilvano (1609 Lü), 4 S. 16) seinem Schüler den Rat, möglichst viele Bicercaren, Messen, Canzonen, Motetten und Madrigale gründlich zu studieren, um zur höchsten Vollkommenheit im Orgelspiel zu gelangen. Jede Gattung besitze ihren speziellen Vorzug für die musikalische Aus- bildung. Der Schüler möge es nicht machen wie viele, die sich damit begnügen, einen mangelhaften vierstimmigen Satz ohne irgendwelche Grund- lage zji spielen, und über den Generalbaß zu spielen. Dadurch setzten sie den tüchtigen Spieler herab und machten die guten Begeln zuschanden, indem sie glauben, daß sie mit geringem Studium ein großes Wissen er- langen könnten, über das ordentliche Generalbaßspiel vermöge er keine bestimmten Kegeln zu geben, weil man aus dem Generalbaß allein die Konsonanzen der anderen Stimmen nicht ersehen kann. Die Bezifferung solle da aushelfen, aber aus den Ziffern könne man nicht ersehen, in welcher Stimme die angezeigte Konsonanz oder Dissonanz liege. Die Bassisten behaupteten, man müsse sich darin üben, und sehr aufmerksam zuhören. Diruta erwidert, man könne schön die verschiedenen Stimmen heraushören, wenn die Sänger in der Nähe des Organisten stehen. Wenn sie aber weiter entfernt wären, sei es unmöglich, daß der Organist fehlerlos spiele. Er rät dem Schüler, die Stücke zu spartieren und alle Stimmen zu spielen. Am schärfsten und am treffendsten werden die Gegensätze, die mit der neuen Musikübung entstanden sind, von einem Autor charakterisiert, den wir als einen der ersten Komponisten, die mit gedruckten Orgel- bässen hervortraten, kennen lernten. Es ist Adriano Banchieri^), der über den Basso continuo sagt: »weil es leicht ist ihn auszufuhren, gelingt das konzertierende Spiel heut- zutage vielen Organisten vortrefflich; aber in großer Eitelkeit über ihre Sicherheit im Zusammenspielen befangen, achten sie wenig darauf, sich in der Fs^ntasia und im Partiturspiel anzustrengen, während gerade auf diesem Gebiet manch tapferer Mann sich unsterblich gemacht hat. So daß wir ohne weiteres in kurzer Zeit zwei Klassen von Spieler haben werden: 1) II primo libro de Capricöi faMi sopra diversi soggetti et Arie in Partitura. Borna (Soldi) 1624, >Ä gli studiosi delT Opera, . . . perche ü sonare queste opere potrebbe riuseire ad aleuni di molto fatica, vedendole di diversi iempi, d: variationi, come a/nco pars, che da molti dismessa la praticä di detto studio della partitura* etc. 2) Conclt4sioni dal suono del Organo, Bologna 1609. Excerpte im Katalog Bo- logna I, S. 63. 14* — 212 — einerseits Organisten, das heißt solche, <Ue das gute Partiturspiel und die l^antasia üben, und andererseits Bassisten, die von lauter Faulheit über- wunden, sich damit begnügen, einfach den Baß ^) zu spielen. . . . Ich behaupte nicht etwa, daß das Generalbaßspiel nicht nützlich und nicht leicht wäre, aber ich sage wohl, daß jeder Organist den Generalbaß nach guten Regeln zu spielen suchen soll«. Wir sehen also, daß die Einführung des Generalbasses nicht ganz ohne Widerstand gelang. Selbst unter seinen Befürwortern zeigen sich schon in der allerfrühesten Zeit die Meinungsunterschiede über kleinere Detsiils der Ausführung, die sich durch seine ganze Geschichte verfolgen lassen, und di$ jetzt noch den Stoff für Streitfragen unter den heutigen Musikhistorikern liefern. Erst allmählich erkannte man seine wirklichen Vorzüge, und dann fing man an, sich mit ernstem Eifer an die Lösung der Aufgabe zu machen, die er dem wirklich künstlerisch gesinnten Spieler stellte. Seine höhere Entwicklung wurde wohl nicht am wenigsten gefördert durch den Gebrauch des Continuo bei den Monodisten, sowohl in der Oper, wie bei den Nachahmern von Caccinis T^Nvjove Musiche^ und Viadanas >Concerti Ecclesiastici* auf kirchlichem wie auf weltlichem Gebiet, und als Begleitung zu Soloinstrumenten wie auch für Solo- stimmen. Bald finden wir auch besonders gedruckte Orgelstimmen oder Continui in andereij Ländern. Es würde zu weit führen, diese im einzelnen zu verfolgen 2). Bloß für Deutschland mögen hier einige Anknüpfungen folgen, die eine Andeutung von der Verbreitung und dem Gebrauch des Basso continuo geben können. In Deutschland scheint Gregor Aichinger einer der ersten Komponisten gewesen zu sein, der seinen Kompositionen einen gedruckten Generalbaß beigab. Schon 1607 erschienen, von ihm T^Cantiones ecdesiasticae 3, & 4 voc, cum basso generali et cantu ad usum orgamstarum* Dilingen 16073). Von demselben Komponisten er- 1) Banchieri meint wohl hier nicht, daß die Organisten nur die einfache Baß- stimme spielten, sondern er bat den leichteren Generalbaß im Gegensatz zum Partiturspiel im Sinn. 2) Nur die auffallende Angabe von einem Orgelbaß zu Richard Deerings T^Cantiones Sacrae 5 voc.< Antwerpen 1597 (Phalese) soll hier berührt werden. Ea scheint daß diese Angabe auf ein Irrtum beruht. Sie erscheint schon bei Fetis [Biographie. Artikel Deering) und auch noch bei Riemann (Geschichte der Musiktheorie, S. 411, Anmerkung 1). Der Katalog der Musikbibliothek der WestminsterAbtei in LondonJ(Beilage zu den Monatsheften für Musik. 35, Leipzig 1903, S. 9) führt das Werk mit dem Datum 1607 an. Eitner verzeichnet im Quellen- lexikon dasselbe Exemplar mit dem Datum 1617. Jedenfalls hat sich eine Ausgabe von 1597 nicht nachweisen lassen. 3) Das Werk ist mir bis jetzt noch nicht zu Gesicht gekommen. Der Orgel- part hat wahrscheinlich zwei Systeme, mit Baß und Oberstimme. Vgl. Eitner, Quellen-Lexikon. Auch Riemann, Geschichte der Musiktheorie, S. 421. — 213 — schienen weitere Werke mit Basso continuo in Dilingen im Jahre 1609 (vgl. Eitner, Quellen-Lexikon). In dieser Zeit erscheinen auch deutsche Ausgaben von einigen Viadan a'schen Werken mit Basso continuo in Frankfurt a. M.i). Nach Aichinger wäre Johann Stadlmayr zu nennen, von dem 1610 in Augsburg >Missae 8 vocum cum Duplici Basso ad Or- ganum* erschienen. Der Orgelpart hat zwei Baßsysteme mit regel- mäßigen Brevistakten, aber ohne Bezifferung. Stadlmayr liefert uns auch einige Jahre später eins der frühesten Beispiele von einer gedruckten modernen Partitur auf deutschem Boden. 1614 erscheint von ihm in Innsbruck eine Magnificat-Sammlung mit einem Orgelpart'). Es sind •meistenteils ächtstimmige Stücke, zu denen der Orgelpart die zwei Bässe enthält. Im zweiten Magnificat wird das »Fecit potentiam* vom ersten Chor vierstimmig gesungen, und zu diesem Teil bringt der Orgelpart die volle Partitur. Das letzte Magnificat zu 12 Stimmen hat im Orgelpart die drei Bässe. Das Berliner Exemplar dieser Orgelstimme wird dadurch interessant, daß es handschriftliche Eintragungen enthält, die eine Andeutung von der Art des Gebrauchs geben. Sie wurde von irgend einem deutscheu Organisten benutzt, der entweder die gewöhnliche Notation, wie sie iu Italien gebräuchlich war, nicht spielen konnte, oder, wenn er sie auch spielen konnte, doch der deutschen Orgeltabulatur den Vorzug gab ; denn für alle Stücke ist unter den gedruckten Noten derselbe Baß in deutscher Buchstabentabulatur nachgetragen. Für das >Fecit potentiam*, welches Stadlmayr in Partitur druckt, schreibt der Organist nur den Baß in Tabulatur und beziffert ihn. Wo der gedruckte Baß eine Transposition vorschreibt, führt sie der Organist in seiner Tabulatur auch wirklich aus. Wie großen Wert die italienischen Orgellehrer auf die Transpositions- übung legten, haben wir schon gesehen (S. 127 ff.). Dem zuweilen sehr großeh Unterschied zwischen der Stimmung der Orgeln und der Lage, in welcher der Chor die Stücke gewöhnlich sang, wird von den italienischen Kom- ponisten Rechnung getragen, und die Orgelstimmen enthalten öfters ge- naue Angaben über das Intervall der Transposition; Meistenteils stehen, selbst wo solche Vorschriften gemacht werden, die Noten im Orgelbaß genau so, wie in den Vokalstimmen, und die Transposition mußte vom Organisten ausgeführt werden. Nur selten werden die Noten im Orgel- baß wirklich in der Transposition notiert. In Deutschland waren die 1) CerUum eoncertuum ecelesiasticorum . . . Lib, 1, 2, 5, Francof. (Nie. Stein) 1609 — 1610. Psalmi a 4 voci pari col B. per Vorg. Francof, (Stein) 1610. 2) Super magnae matris divi/no carmine Magnificat Symphoniae Variae secundum tarios modos musicos aliae octonis^ una duodenis vodbtis cum duplici Basso orga/ni' corum tisui aceommodato. OemporUi (Agricola) 1614. — 214 — Organisten wohl nicht so gewandt Bei der Besprechung der Breslauer Orgeltabulaturen (S. 191) wurde schon darauf hingewiesen, daß diese öfters Transpositionen neben den Originalsätzen enthalten, in einem Fall sogar zwei verschiedene Transpositionen desselben Stückes. Nach Stadlmayrs Messen und den deutschen Ausgaben von Viadanas Werken von 1610 erhalten wir eine groß angelegte Sammlung, die mit dem Jahr 1611 einsetzt und der von Anfang an ein Bassus generalis beigegeben ist. Es ist das Promptuarium Musicum von Abraham Scha- daeus ediert und mit einer »Basis generalis . . . ad Organa musicaque Instrumenta aecomodata* versehen von Caspar Vincentius, Organist in Speier, später in Worms ^). Vincentius' Baß ist reichlich beziffert, aber meistenteils ohnß Taktstriche. Für Stücke von 5 bis 7 Stimmen ist er einfach, für die achtstimmigen Stücke ist er doppelt und hier wird öfters in weiten Abständen der Taktstrich angewendet, speziell bei den Stellen an welchen der Wechsel zwischen den Chören stattfindet. Im Vorwort zum Generalbaß des zweiten Teiles (1612) gibt Vincentius einige theo- retische Anweisungen, die auf Viadanas Regeln beruhen. Auf Viadana beruft sich auch Vincentius und stellt ihn kurzweg als den Erfinder dieser Art »Partitur« hin. In dem letzten Teil (1617) schreibt Vin- centius ein kurzes Vorwort an die »Chyanids Zaüis*^ denn der General- baß hatte auch in Deutschland seine Gegner, die ihm mit ziemlich den- selben Argumenten entgegentraten als die Italiener. Vincentius rät den weniger erfahrenen Organisten, die Stücke in italienische, deutsche oder französische (!) Tabulatur zu übertragen. Neben diesen Bassi continui erscheint auch bald ein neuer Versuch mit einer Orgelstimme in voller modemer Partitur, wie wir sie früher in Italien fanden, und die auch um diese Zeit als italienische Neu- heit in Deutschland angesehen wird. Es ist der Nürnberger Organist Johann Stade n, der zu einer Nachahmung der neumodischen italienischen Concerti Ecdesiastici auch für den Organisten eine solche italienische Partitur drucken läßt. Er bringt Stücke für 1 bis 5 Singstimmen, die den Anhang zu seinen »Karrmmme 8acrae<^ (ä 4 — 8 Nürnberg 1616) bilden. Der Orgelpart gilt nur für diesen Anhang und enthält immer alle Singstimmen über dem Baß in Partitur. Staden weist aber in einer kurzen Notiz darauf hin, daß die Partitur nicht immer notengetreu 1) Promptiuirii Musiei Sacras Harmonias sive Motetas F, F/, VII dh VIII vocum e diversis .... atäoribus coUectaa, Pars Prima — CoUectore Abrakamo Schadaeo Senfftenbergenst Seholae Spirensium Eeeiore, (hd Basin vtdgo generalem dictam db ad Organa musicaque Instrumenta aeeommodatam addidit Caspar Vineentius ejusdem civitatis Musicus Organictcs, Ärgentinae (Ledertz) 1611. Der zweite Teil ebenda 1612. Der dritte Teil 1613 mit Vorwort von Vincentiuß. Der vierte Teil 1617 zu Worms von Vincentius allein herausgegeben. — 215 — gespielt werden müsse. Ihr Zweck sei, dem Organisten klar zu machen, welche Stimmgattungen das Werk ausführen, damit er seine begleitenden Akkorde ordentlich anpassen könne ^). Hiermit haben wir ungefähr die Zeit der theoretischen Erörterung des Generalbasses von Michael Praetorius [Syntagma III 1619) er- reicht, und man kann wohl annehmen, daß sich bis dahin der General- baß fast überall eingebürgert hatte 2). Aber wenn wir auch von dem Ge- brauch des Generalbasses in Deutschland als einer Errungenschaft des 17. Jahrhunderts sprechen, so möchte ich doch hinweisen auf das, was von den Breslauer Tabulaturen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahr- hunderts gesagt worden ist. 1) Basso generali 9t*bjunctae voces Cantoria sunt, tä Organotketas easj quamquam non prorsus semper ad eandem varietatem exprimat; db tä liqueat, utru/m Cantor illas ut Diseanium an verd ut Tenorem ca/rvtUlet, <i/ tet a Basso eoncentum karmontcum in eas deducat db accommodet 2) Zu erwähnen wäre vielleicht noch Demantius, der 1619 zu seinen Triades Sioniae einen Orgelpart mit höchster und tiefster Stimme {Bassus et Cantus generalis) drucken läßt, und in einer längeren Vorrede (lateinisch und deutsch] sich mit den Freunden und Gegnern des Generalbasses auseinandersetzt, wobei er seinen deut- schen Kollegen auf der Orgelbank {>qui raro artem componendi caUenU) kein schmeichelhaftes Zeugnis ausstellt. Anhang L AGOSTINO AGAZZAEL Del suonare sopra il basso con tutti stromenti & uso loro nel conserto. ^ach der Ausgabe 1609 im Bassus ad Organum zu »Sacrae Cantiones quae Binis, Ternis, Quaternisque vocibus concinendae. Liber II, Opus V Motectorum«. Yenetiis apud Ricciardum Amadinum 1609: Per osservar rordine, e la brevitä, che si richiede in tutte le oose da trattarsi havendo voi al presente ä favellare di Stromenti Mtmcali ne bisogna primeramente far di loro divisione secondo il nostro soggetto, e proposta materia. Per tcmto divider&mo essi stromenti in duoi ordini: dod in alcwni^ come fonda- mentOy S in altri come oma/menti. Come fondamento sono quei^ che guidano, e sostengono tutto il corpo delle vodj e stromsnti di detto Concerto: quali sono, OrgcmOy Oravicerribalo, &c. e similmente vn occasion di pochij e soU voci Leuto, Tiorba, Ärpa (&c, Come omamento sono quelli, che scherxandOj e contra- pontegiando, rendono piu aggradevole, e sonor a Varmonia] doi LeutOy Tiorba, Ärpa, Lirone, Cetera^ Spinetta, Ghittarina, Violino, Pa/ndora, <& altri simili. Di piu gli stromenti^ altri sono di corde, altri di fiato. Di questi secondi (eccettuando VOrgano) non diremo cosa alcu/na^ per non esser in v^so we' hioni, e dold consertiy per la poca unione con quei di corde, e per Valteraxione^ cagionato loro dal fiato umano, se ben in conserti strepitosi, e gra/ndi si msschiano: e tal volta ü tronibone in picdol conserto j s^adopera per contrahasso^ quando sono organetti äW ottava alta: ma che sia ben suonato^ e dolce: e questo si dice in imiversale, perche nel particolare posson esser tali stromenti suonati con taV eccellenza da maestrevol mmio, che sia per accondare il conserto d) abbellirlo, Medesimamente li stromenti di corde, dhumi contengono in loro perfetta armonia di parti, quäle e VOrgano, Gravicembalo , Leuto, Ärpadoppia, Sc. dkuni Vhanno imperfetta, quäle e Cetera ordinaria, lArone, Chittarvna: <Sb altri poca, ö niente, come Viola, Violino, Pandora Sc. Noi per tanto trattaremo primamsnte di quei del primo ordvne, che sono fondamento, S han/no perfetta armonia, e nel secondo loco diremo di qusi che servono per oma/mento, Fatto dunque tal divisione, e distesi i sopra prindpii, veniamo älV insegnamento di suonar sopra il Basso, Dico dunque che chi vuole suonar bene, gli conviene posseder tre cose: prima saper contraponto ö per lo meno cantar sicuro, ed intender le proportioni, e tempi, e legger per tutte le chiavi, saper risolver le cattive con le buone, conoscer le Terxe, e Sesti maggiori, e mvnori, & altre simigliante cose, Seconda deve saper suonar bene il suo 217 — siromentOy intendendo Vintavolaturjj ö spartitura, <& havere molta prattica ndla iastaturay ö manico du medesimo, per non stare ä mendicar Je oonsonanxe, e cercar le hoUe^ meräre si canta^ sapendo che focchio ä occupato in guardare le parti poste li davanti. Terxa deve havere Imon orecehio, per senUre lo mommento, ehe farmo le parti infra di loro; del che non ne ragionOj per non poter io col mio diseorso faglielo huono, haicendolo eattivo dalla natura, Ma per venire ä Patti, conchiudo che non si puö dar determinata regola di suonare Vopere^ dove non sono segni alcuniy conciosia che bisogna obedire la mente del componitore, qucM i libera, e puo, ä suo arbiirio^ sopra una nota nella prima parte di essa mettere Quinto ö Sesta, e per il contrario: e quella maggiore, ö minore, secondo gli par piu d proposito, overo che sia necessitato a questo dalle parole. E se bene qualche scrittore, che tratta di contrapontOj habbia diffinito Vordine di procedere da una consonanxa aW altra, quasi che aUrimenU non si possi fare, ne stia bene\ mi perdonera questo tale perche mostra di non haver inteso^ che le consonanze, e tutta Varmonia, sono spggotte, e sottoposte alle parole, e non per il contrario : e questo lo diffenderemo eon tutti le ragioni alV occasione. E ben vero, che semplicamentey e per lo piu potrebbesi dare certa regola da caminare, ma dove sono parole, bisogna vestirle di quella armonia convenevole, che facda, ö dimostri queUo affetto, Non potendosi dare regola ferma, bisogna necessariamente d cht suona, vällersi delV orecchio, e secondar Vopera, e sum movimenH; ma volendo trovar modo facüe di fuggire questi intoppi, e stconar Vopera giusta, ttsarete questo: cioe, sopra le note del Basso segnarete co i numeri, quelle consonanxe, ö disso^ nanxe, che vi sono applicate dal componitore, come se nella prima parte della note vi e Quinta over Sesta ö per il contrario, Quarta, e poi Terxa come per essempio, # h 56 65 65 43 56 43 76 7 6 c\* ^ ' 'ä ^5^ J»l i^ , ^ ^^ ^ k t / ^^ — Ä>- ^Sr- — ^- Ä» /i^ ^^ 1 / ■ ■» ■ Dovete in oltre sapere, che tutte U consonanxe, d sono naturali di quel tuono, 6 sono acdderüali: quando sono naturali non si fasegno alcuno: come per be quadro la terxa sopra Osolre/ut, che e befabemi, viene terxa maggiore naturalmente : ma volendo far minore, bisogna sopra la nota del Gsolreut farci il Bemolle: & allora e minore acddentalmente, E cosi alV mcontra, se si canta per Bemolle, volendola far maggiore, convien segnard il Diesis sopra', e cosi dico ddle Seste, avertendo, che il segno, che e sotto, ö vidno olla nota, se intende di quella stessa nota; ma quello, che e sopra se intende della consonanxa, che egli s'ha ä dare, come nel seguente essempio. ^ -jz: 22: 22: ?^ -«>- E -Ä^ 22: -^- s: 32: ?2=^ sic^) Tutte Taccadenxe, ö mexxane, ö finali voglion la terxa maggiore, e perö alcuni non le segnano: ma per maggior simrexxa, conseglio ä farvi il segno, massime nelle mexxane. 1) Das V soll wohl über d stehen und die Mollterz andeuten. — 218 — Essendo dtmque gli stromenti divisi in due classi : quindi nasee^ che hanno diverso uffieiOy e diversamente s^adoperano: percioche quando si suona stromentOy che serve per fondamentOj si deve suonare con molto giudixio^ hauendo la mira al corpo delle voci: per che se sono molte, convien suonar pieno^ e rad- doppiar registri: ma se sono poche ^ scemarli^ e metter poche consonanxe^ suonando Vopera piu pura, e gitcsta^ che sia possibUe, non passegiando^ ö rompendo molto \ ma si bene aiutandole con qualche contrabasso, e fuggendo spesso le voci acute , perche occupano la vod, massime i Sopra/ni, ö falsetti: dove e d'awertire di fuggire per quanto si puole, qvsl medesimo tasto che il soprano ca/nta: ne diminuirlo con tirata, per non far queUa raddoppiexza^ S offuscar la bontd di detto voce^ ö il passaggio, che il buon cantante d fa sopra\ perö d buono suonar assai stretto e grave, E simile dico del lAutOj Arpa, Tiorba^ Arpicordo^ Sc. quando servono per fonda/mento, camta/ndovi wna^ ö piu vod sopra\ perche in tal caso devono tenere Varmonia jferma^ sonora^ e continuata^ per sostener la voce^ tocca/ndo hora piano j hora forte, secondo la qualitd e quantita delle voci, del loco, e deff opera, non ribattendo troppo le corde, mentre la voce fa ü passaggio, e qualche affetto, per non interromperla, Volendo finalmente insegnar d suonar sopra il Basso [non semplicamente d suonar, perche deve prima sapere) presopponiamo molti principii, e termini: come e Vandar dalV imperfetta alla pei'fetta, con la piu vicina\ si come per lo piu d vero, che Vaccadenxe vogliono terxe maggiori', le risolutioni delle cattive, con le buone piu vicine, come la settima dalla sesta, la quarta dalla terxa: quando la parte, che risolve, vien sopra\ ma se vien sotto, al contrario', pertanto non ne discorreremo alla lunga\ e chi non le sa, Vimpari: noi insegnaremo al presente il pörtar la mano nelV Orga/no, In molto maniere camina il Basso, doe ö continovato, ö per salto, d con iirata continovata, d con nere disgionte, se va continovato all' insu, si deve con la mano disopra venir aW ingiü, ö continicata/mente, d con salto: S cosi per il contrario, se la mano di sotto saglie, ö scende, per salto di terxa, di quarta^ d di quinto: aUora con la mano di sopra dovete proceder continovato- mente: perche non e bene salire, ö scendere insieme, che e brutto vedere, e sentire: e non vi e varietd aJ&una, anxi sarebbon tutte ottave, e quinte: se il basso va alV insu con tirata, la man sopra sta firma: se per nere disdolte, si deve dare d ogni nota la sua accompagnatura, Ecco Vessempio del tutto. & ^ r j ^ i9- ^^ i S ^ -^ ö ^^ j m ^ ^ ^i £ :^ ~SL ^ SIC soll wohl c sein 219 I u. '¥ W^ 1 Der Alt hat im Original im Schlußakkord c. ^ 3i 19^ W -W- Havehdo fin qui detto a bastanxa delli stromentiy come fondamento, ianto perö che fhicomo gitcdizioso potra eon qussto picdol raggio acquistarsi molto lume: perche il dir troppo genera confusione\ diremo hora brevemente qical cosa ddli stromerUi d^ornamento. Li stromentiy che si meschiano con le vod variamentCj non per cdtro^ credo io, che per omar^ S abbeHir^ anxi con dire detto conserto si meschiano, S allora convien in altra maniera adoprarli dal primo: perdoche^ come prima tene/vano il tenore e Varmonia ferma^ hora devono con varieid di bei contraponti^ secondo la qualitd dello stromento fiorire e render va ga la m elodia, Ma in qussto e differenio Vuno dalV altro; perche il primo hoä^t^p suonar il basso postoli avanti, come sta; non ricerca^ che Vhuom(^IHIKi qran sdenza di contraponto: ma il secondo lo ricerca: poiche deve sopra il medesimo basso compor nuove parti sopra ^ e nuovi, e variati passaggiy e contraponti, Onde chi smma Leuto^ essendo stromento nobüissimo fra gV altrij deve nobilmente suonarlo con molta inveniione, e diversitd non como faivno alernii, i quali per haver buona dispostexxa di ma/nOj non fanno altro che tirarCj e diminuire dal prindpio dl fine, e massime in compagnia d'altri stromenti^ che fanno il similCy dove non si s&nte altro che xuppa, e confusione^ cosa dispiacevole , d; ingrata, ä chi ascolta, Devesi dunque^ hora con botte, e ripercosse dold] hör con passaggio largo , & hora stretto^ e raddoppiatCj poi con qualche sbordonata, con beUe gare e perfidie, repetendo^ e cavando le medesime fughe in diverse eorde^ e lochi: in somma con Iwnghi gruppi e trilli e accenti ä suo tempo, intrecdare le voci^ che dia vaghexxa dl conserto^' e gusto e diUtto alV uditori: gtuirdando con giudixio di non offendirsi Vun f altro: ma da/ndosi tempo: massime quando sono stromenti simili, ü per mio conseglio deve fuggirsi: se perd non vi fasse gran lontanxa^ overo fussero accordati in diver si tuoni^ e diverse grandexxe, E qusllo che dida/mo del Leuto^ come di stromento prindpale voglianno che si intendo de gTaltri nel suo genere^ perche lu/ngo sarebbe d raggionar di tutti nel particolare, Ma per hxmer ogni stromento stioi termini propri di qtiello, perö devCj chi suona vdlersi di quei stesd^ e r egger si conferme queUi^ per far buon lavoro. Verbi graxia; li stromenti d'arco ha/nno diver sa maniera de gValtri di penna, ö deta: perdö chi suona Ldrone, deve tirare Varcate limghe, chiarCj e sonore, cavando bene le parti di mexOj awertendo alle terxe, e sesti maggiori, e minori: cosa diffvcüy ed importante di quello stromento, II Violino richiede bei passaggi, distirUiy e lunghiy scherxiy rispostine, e fughette replicate im piu lochi, affettuosi accenti, arcate mute, gruppi, triUi <&c, B violone come parte grave procede gravamente, sostenendo con la suo dolce risonanxa Varmonia delV altre parti, irattenendosi piu che si puo, nelle corde grosse, tocca/ndo spesso i contrabassi. La Tiorba poi, con le sue piene, e dolci consonanxe accresce molto la melodia, ripercotendo e passeggiando leggiadramente i suo bordoni, particolare eccellenxa di qiteUo stromento, con trilli, S accenti muM, fatti con la mano di sotto. — 220 - L'Ärpa doppia, quäl e stromentOy che val per tutto^ tanto ne soprano^ come ne bassiy devesi tutta recercare, con dold pizzioaU, con risposte d'ambi le man% con trillij (^o. in somma vuol buon contraponto. La Cetera^ ö sia ordinaridy ö Geteronßj deve usarsi come Valtri stromenti scherxando, e contraponteggiando sopra la parte : Ma ogni cosa si deve usar con prudenxa : perche se li stromenti sono soll in conserto, devono far il tutto, S condur il conserto: se sono in compagnia, hisogna haversi rigttardo Vun l'altrOj dandosi ea/mpo^ e non offen- dendosi: se sono molti, aspettar ogri uno il suo tempo: e nori far come il passeraioj tutti in un tempOj S d ehi piu gridare. Et qitesto poeo sia detto solo per dar alqua/nto di lume, ä chi desidera imparare; per die chi fa da per se, non ha hisogna dHnsegnamento d^alcuno, e per tali io non scrivo\ poicJie gli 8timo\ <S^ honoro: ma se qualche helV humore, come accade, desidera dis- correr piu oltre in simiglia/nti materie, farö sempre pronto, Finahnente conviene saper anco irasportare le Gantilene da v/n tasto ad v/n altrOy quando perö vi sono tutte k consonanxe naturalis e proprie di qud tano : perche aUrimenti non si debbon irasportare j perche fa brutissimo sentire, come io alle volte ho osservato^ che trasportando un primOj over secondo tono^ che sono di natura soave^ per le molte cor de di Bmolle, in qualche tasto , che'l suono fra di Bquadro, difßcilmente potra, chi suona^ esser canto^ che non indampi in qualche contraria voce; e cosi vien d guastarsi il conserto ^ & offender Vudito de gli ascoltanti con tal crudezza^ a/nzi mai mostra la naturalexza di quel tuono» Trasportar alla quarta^ 6 quinta, e piu naturale j e commodo di tutti: e tal volta una voce piu giii^ ö piu su\ ed in somma convien veder quäl piu proprio e conferente ä quäl tuono: e non como fa/n/no alcunij che pretendono sonare ogni tuono in ogni corda; perche s^o potessi disputar alla lunga, gli mostrarei la improprietäj ed error loro. Havendo io sin' hora trattato di suonar sopra il BassOj mi e paruto bene dir quäl cosa intorno d esso\ poiche sd^ che vien biasimato di quäl cKuno^ quMe ö non intende il suo fine, ö non gli basta Va/nima sonarlo. Per tre cagioni dunque d stato messo in uso qvssto modo: prima per Io stile modemo di cantar recitativo, e comporre : seconda per la commoditd ; terza per la quantitä^ e varietä d^opere, cfie sono neoessarie al conserto» Della prima dico, che essendosi ultimamente trovato il vero stile d'esprimere le parolCj imitando Io stesso ragionare nel meglior modo possible] il che meglio succedcj con una^ ö poche vociy come sono Varie moderne d'ahv/ni valenf huominij e come al presente s^usa assai in Roma ne' conserti; non e necessaria far spartitura, 6 intavolatura: ma basta un Basso con i suoi segni^ come hahbiamo detto di sopra, Ma se alcuno mi dicesse^ che ä suonar Vopere antiche piene di fughe^ e contrapimti^ non e bastevole ü basso \ ä dö rispondo non esser in v^o piu simil cantilene, per la confusionCy e xuppa deUe parole, che dalle fughe lunghe ed intrecdate nascono: ed anco perche non ha/nno vaghezxa: poiche cantandosi ä tutte le vod, non si sente ne periodOy ne senso: essendo per le fughe interotto, e soprapostOj anzi nel msdesimo tempo ogni voce canta parole differenti dalV ältro: ü che ä gV huomini intendenti^ e gvudidosi dispiace: e poco m,anco^ che per questa cagione non fosse sbandita la Musiea da S. Ghiesa^ da un Sommo Pontefice^ se da Oiovan Palesirino non fosse stato preso, riparo, mostra/ndo d esser vitiOy ed errore de* componitori, e non della Musica: ed ä confermatione di questo fece la Messa intitolata: Missa Papae Marcelli, Onde se bene per regola di contraponta sono buone tali compositioni : nondim^eno per regola di vera e buona musica sono vitiose: il che nacque per non intender in — 221 — fbie^ <Sb uffido^ e buoni precetti di essa\ volendo quesH tali star solo nelV osserva/nx^ della fuga ed Imitation^ e delle notte, e non deW affetto^ e somiglianza delle parole: cmx/i^ molii facevano prima la mvMca^ e poi d appicavcmo le parole] e dö basti per Iwra, non essendo d proposiio in questo loco il discorrer alla lunga di tal materia, La seeonda cagione e la commoditd grande; perche non picciola fatioa havera molto capitale per lo occorenxe^ oltre ehe ehi desidera imparare a sonare^ e sciolto dalla intavolaturaj cosa ä molü diffidle e ru/iosa^ anxi molto soggietta ä gVerrori, perche Vocchio^ e la mente tutta occupata in gitardar tante parü massime venendo occasione di consertar alV improviso, La terza finalmente, che e la quantitd deW opere necessarie al conserto^ mi pare sola bastevole ad introdurre simil commodiiä di sonare: poiche se tutte C opere j che si cantano fra Vanno in una sola chiesa di Borna: dove si fa professione di consertarCj hisognarebbe alV Orgamstay che havesse maggior libraria, che qualsi voglia Doüor di legge: onde ä molta ragione si e introdotto simil bassOj col modo perö sopradetü)] conchivdendo non esser bisogno ne necessaria d chi stwna, far sentir le parti come stanno, mentre si suona per cantarvisi, e non per sonar Vopera come sta che e diversa cosa dal nostro soggetto. E questo che si e detto basti per lo molto ^ che si potrebbe dire; volendo io brevemente sodisfar piu alle vostre cortese dimande: comepiu volte mi havete fatto instanxa^ che al mio genio, quäl d piu dHmparar da gV altriy che dHnsegnare. Äccettatelo dunque come egli e, e scusatemi per la brevitd del tempo. Anhang IL 1. Calestani, Girolamo. Sacrati Fiori musicali a otto voci Con il Basso continuato, & soprano, ove h stato necessario, per mag- gior commoditä de' Sig. Organisti. Parma (Viotti) 1603. T^Älli Signqri Organisti .... HaverKf io odito in alcune Gittd (Tltalia la frequenf Ärmonia^ che suole usar VOrgano^ tanto we' concerti, (& in Sälmi del Vespero] qua/nto in aW höre Canoniche, <& con falsi Bordoni^ & simili lodi in vari tempi divise: ha con doldssimo modo rapito me stesso (e massime nella nostra Oittd di Jjucca^ che di cotanta graiissima Melodia odita hör coH solo Basso^ adesso il semplice So- praninOj inunpunto i vari strumenti si di fiato, conte di corde, dir posso c^ha pochi pari) c^havendo im armo giä fabricato sopra il Theoristo bersaglio wn vago Mäzzetto d'alqtmnii Fiori a 4, 5, 8, & 10. vod incom/modi per V Organa^ ho fatto resistenxa alla tadta censura. Et gradito il gentil modo di ben lodare quel Gentro dHnfinita grandexxaj sommi posto in animo posporre quelli, & seminar questi pochi in qicella muniera^ che per commoditä vostra hö giudicato che debba essere, E se bene considerarete la Partitur a^ veramente conoscerete^ ck'io Vhö Motta in forma, che ogni professo ne resterd ben servito . . . . « (Vgl. Katalog Bologna 11, 189—190.) 2. -Nodari, Gio. Paolo. Mellifluus concentus in Psalmos David. Venetiis (Amadinus) 1605. >Avertendo perb che sem^ Organo non faranno bona riuscita essendo aposta fatti per V Organo ^ e perö gli ho fatto la presente spartitura qtmle sonandosi come stdj il Signor sard laudatOy io di voi honorato^ e voi di me sodis fatti j State sani,< (Vgl. Katalog Bologna II, 281.) 3. Eognoni, Domenico. Partito delle Canzoni ä 4 & 8 voci. Milane (Tini & Lomazzo) 1605. C^..;^< \ ^\ --^. y>f^c( ... ]j[[. h ' . -»Alli virtuosi Organisti — Havevo pensato di non dar^ alle stampe questo partito, si perche alcuni non pensassero chHo Io dassi fuori, acdoche con qttesta commoditd Vopera havesse maggior ricapito] si perche a/nco gli studiosi di questa professione divengono con questa commoditä tepidi, ove nel partire si farmo prattid, <& ne cava/no molto frutto, Ma alcuni amid m* hanno detto che questa opera ordinariamente sard suonata, S che vi fd bisogno del Partito; onde per compiacerli Vho dato fuori, conoscendo che in ogni cqso meglie e il ParÜtOj che il Basso contimtato « — 223 — . 4.-Nantermi, Orazio. Partito [volle Partitur] del Primo Libro delli Motetti a cinque voci. Milano (Tradate) 1606. Dedication. > . . . . che havendo dato alle stampe i presenii Motetti venghi a dedicarle la Partitura dz essi, la quäle si come non serue ad altro^ che ä scoprir le viscerCj <& il core d'essi Motetti * (Vgl. Katalog Bo- logna n, 469.) 5. Massaino, Tiburtio. Partituraper sonar nell' Organo della Musica a una, due, et tre voci. Venetia (Raverii) 1607. Non fü mai pcnsier mio dar alla stampa questi cantij da me compostiper compiacere d chi in diver si tempi, S lochi me ne ha ricereato; non per ehe sde^nussi che fossero veduii, S uditi dopö stampate tante altre opere in Imgua Latina^ d; Italiana per il eorso di poco meno di 40 anni^ atteso che alcuni compositori di bona soola, corrono questo campo; ma per che e fatto tanto com- mune questo modo di comporre che ogn^ uno vi si ha voluto impiegare; de che e nato il dispreggio, che il mondo cominda ad havere di questa maniera de Ganii: Oltreche^ se ben tal volta hö udito dlcun suonatore, che habbia suo- nato ä proposito con questi Ba^si continuaU, ne hö pero udito infinitij che con il loro suonare pieno di mende affatto, levano alle eompositioni Varia^ <& VesserCy che gli ha dato il proprio Padre, Non ostante pero questa difficultä hö risoluto di lasdargli uscire alla stampa^ non perche giudiehi che contenghi/no in se stessi vaghexxa^ od Eccellenza^ ma per dar gusto d chi ti&n msco amicitia da cui contimuitamente ne son ricereato. lo havea pensato di stampar seco VIntavola- iura per maggior commoditd di semplid suonatori^ S Monache^ ma hö mutato pensiero per non accrescere tanto il Volume, che pero hö posti appresso al BassOj una parte che sempre canti; lo non hö manco voluto stampargli tutti passeggiatij come la maggior parte sono appresso di chi me gli ha fatti comporre^ ma mi son contentato di ponergli alcuni ^ fatti cosi dal suo nasci- msnto, Non darö altro ricordo alli Signori suonatori, se no7i che suoni/no neue istesse chiavi^ dove sono scritti perche se questa operuccia capiterä per sua bona Sorte alle mani d^Eccellenti huomini saprano cio che fare^ se ai poco pratieij e stato ricordato qicanto basto, da altri<, 6. Banchieri, Adriano. Ecclesiastiche Sinfonie ä 4. Venetia (Ama- dino) 1607, >VÄutore a chi legge, — Queste Ecclesiastiche Sinfonie^ overo Ganzoni alla Francese volendole sonare con tutte quatro le parte sopra Vistromento da tasti si possono spartire, (& intavolare^ che ritisciranno comode. Ma volendole cöncertare con voci^ <& stromenti^ a/oertasi VOrganista favorirle sonando il Basso seguente senxa dkrnia alteratione ma con gravitd, <& sodexxa; non tralasdando dire a questo proposito^ che fra pochi giomi il Signore Agostino Agaxxari^ Micsico & Organista celebratissimo manderä in luoe trattato opera utile per chi concerta^ S necessaria a chi desidera imparare a sonare francamente sopra il Basso segu&nte; opera che ancora opporterä grandissima utilitä a quelli Organisti gli qicali si servono del mio libro intittolato Organo Suonarino^ che Vanno pre- terito fu stampato in Venetia dalV Amadino, per benefido de chi sicuro de- sidera rispondere alternativamente a gli canti fermi di tutto Vanno, sopra un Basso segusnte<. ~- 224 — 7. Agazzari, Agostino. Bassus ad Organum &Mttsica instrumenta. . . . Sacrarum Laudum .... Lib. 11. Venetiis (Amadinus) 1608. Erste Ausgabe 1603. (Vgl. Katalog Bologna II, 333.) >iZ nuovo stilCj ctCio se non mHngcmno^ ho tenuto in comporre li Motettiy seguendo il maggior affettOy che per me si e potutOy del cantare, ed isprimer vivamente le parole (cosa propria del Concerto) hammi spinto a diohiarar la mio mente mtorno dl co^icertare quesio mio componimento novello parto di quesf anno. Et primeramente desidero, che chiunque virtuoso si degnerd di cantar* simiP opera, sappi, che questo stile^ oltre li cantanti sicuH richiedc la misura molto larga^ massime nelle esclamationi ^ & parole affettuose potehdo tal volta nel mexxo ristringerla^ com' in quahhe proportione^ ö fuga ribattuta ritorna/ndo poi aUa primiera^ sendo che cosi si da piü affetto al canto S forza alle parole non perdendo la gravitä dovuta nella chiesa, Secondo voglio av- vertire quel che sono, che per mancanza ddla stampa non havendo potuto se-- gnare li ^ & li k doe le terze maggiori^ & minori^ (Sb i numeri sopra le note conforme al hisogno loro, vogli porger Vorecchio a i cantanti^ <Sb secondar la tessitura^ se gia non volesse segnarli con la penna rivedendoli prima . . . .« 8.r-Giaccobi, Girolamo. Prima parte de Salmi concertati a due e piu chori. Ven. (Gardano) 1609. ». . . . con la Partitura poi per VOrgano^ appresso iV Basso conünuo^ con gli accidenti soliti segnatiy si e posti anche la Parte piu accuta; non perche Vorga/nista Vhabbi a rappresentare continuatamentCy md si bene ä fine^ che havendola innanzi ä gli occhi posso <& aiutare S discretamente accompagnare il canta/nte, massime qimndo resta solo^ acciö gli sia per mezzo di tal discre- tezza (& accentare <& con passaggi di suo gusto dar qudla perfettione che gli parera esser conveniente d tal concerto*. (Vgl. Katalog Bologna II, 234.) 9. -Cima, Gio. Paolo. Concerti, ecclesiastichi a 1—8 voci. Milano (Tini & Lomazzo) 1610. »Mi favoranno anco li volenti Organisti quando sonaranno questi miei (solo con Basso, S Sopra/no) accompagnarli con le parti di mezo con quella maggior düigenza che sia possible, perche gli accompagnamenti grati fan grato il Canto, Et scuoprendo passi alquanto licentiosi, considerino le parole, overo V affetto della Mimca, che troveran/no esser fatta ogni cosa con sano giuditio. Et benche nel Partito m molM hwghi d siano le gratie, come stanno nelle parti; Dho fatto acdö si vegga lo stile; oltreche anco e di molto agiuto al Cantore suonargli tal volta romamento. Ma per lo piü giudicarei essere bene, toccare solo il fermo, rimettendomi perö del tutto al perfettissimo giudicio loro « 10. Piccioni, Gio. Ooncerti ecclesiastici äl— 8 voci con il suo Basso seguito. Venetia (Vincenti) 1610. »'.... La prima [considerationej sard, cantando e sonando guesta sorte di Mimca in Organetti pieeioli di tre piedi e mezzo Vuno, come ho veduto usarsi in molte Gittd d^Italia per esser qudli un^ ottava piü alii della voce humuna, sard bene che VOrganista suoni un ottava piü bassa e massime quando si canta — 225 — «tM» Coneerto a4 tma voce sola; perche qtumdo qtcella Musica sarä una qumta oqI. Basso segtfitOf soncmdo cüV aUa in (le^(pjr^a;f|f^*(p^^?^ scoperta, che , fa brutto effeMo. La seconda sarä chi d questa sorü di concerti, io non ho voluto porre ahu/na sorte di acddenti^ come DiesiSf B mollig nwmeri sopra le note^ come fanno molHy poiohe ä queUi Organisti che non sono.moUo esperti sono piü tosU di confusione, S d quelU che sawno^ dh d vakm£ hwy- mm«, non occorrono tcUi acoidentiy poiche con Vorecchio^ e con Torte li suo- nano d dovere. Mnalmente sard bene, che qu/eUi Organisti^ che non sono pxaüohi a sonar sopra il Basso seguito, e che nonpossedono VArte deUa Mt/tsica^ volendo haver sodisfattione di questa sorte di concerti, li spartino, e Vmtavolino. 11. Fergusio, Gio. Batt. Motetti e Dialo^^ ä 1 — 9. Venetia (Vincenti) 1612. >Nel Basso continuo non si sono segnate tutte le consonanze come aloum usano, ma solo le piü necessarie per non confonder, rimettendo que$to al giu- dicio deff Organista, qtuü o per prattica^ e sdffnza deW Arte, o per prontexxa di orecchia e di mmto le fard senxa che sijno segnate, e a chi non fosse cosi esperto laudo pTvvcl4amenie riconoscer la natura de i concerH, e maniera os~> servate nel compotgli.^ (Vgl. Katalog Bologna IE, 420.) - - , . 12. -Burlini, Antonio. Fiori di concerti spirituali äl — 4 voci. Ven. (Yincenti) 1612 gibt einige Regeln über Bezifferung usw. Siehe F^tis. Biographie IE, 118. r ' 13. Burlini^ Antonio. Lamentationi h 4, Benedictus ä 5, due Mi- serere ä dne chori. Venetia (Vincenti) 1614. >AUi virtuosi cantori chi haverd commoditd di concertare queste mie La- mentationi am gU Istrvmienti hisogna^ che faeda ima ö dice copie del Basso conHnuOy che senriranno per due Chitarronif ö LauM^ che d questo fine gli hö aggionto la parte per v/n ViolinOj che reusdranno benissimo*. 14. Merula, Tarquinio. I Libro delle Oanzoni k 4 voci per sonare. Venetia (Magni) 1615. >Benche per maggior fadlitd di li Signori Organisti vi sia posto il Basso continuo alle presente Ga/nxoni laudo nondimeno il partirle.* 15.-^ Bonini, Don Severe. Affetti spirituali ä 2 voci parte in istile di Firenze o recitativo, per modo di Dialogo, e parte in istile misto Ven. (Gardano) 1615. ^Awertiscano queUi, che suxmano il Basso continuato^ di sonarh senxa diminuirvi sopra, come ancora di non lo gruppeggiare, perche aUtim^nti facendo, verrebbono a confondere, i coprir Vaffetto e la graxia del Gatffhre^ la quaU oon- siste in tmo iscemare, S in vm>o accrescer di voce talorcf oecömpagnato dal trülOj e dal gruppo e da qualche diminuzione di note*. (Vgl Itfttalog Bologna II, 384.) Kinkel dey, Orgel und ElaTier. 15^ .oi y ~ 226 — 16.-Puliasehi, Gio. Dom, Muskhe varie a unaTOce con il rao Basso continuo per sonare. Roma (Zannetti) 1618. — Gibt eine längere Erklärung seiner eigenen Art, diese Werke vorzutragen. >. . . . soglio aecompagnar la mia voce con diversa maniera di conso-' nemxe qucmdo piü piencj e quando piü vote secondo il passo; S in partico- lare qiujmdo la parte ßfe' io cantö discende sotto il Basso da sonare mi servo di poche eonsonanze^ e quelle che piü accompagnano qud passo: ne sempre mi servo delle consonanze; poiche come ogn^ uno potrd da se stesso vedere nelV operttf in alcuni passi stimo assai il far gtistar ä chi sente le dissonanxe por- täte con la voce in modo che non ojf&ndino aspramente VorecchiOj adoprando uno somiglia/nza d^andar si/^ßopato^ che le da graOa, che faccvno effetto^ come ogn^ uno che m'ha piü volte udito, sa henissimo; « (^gl» Katalog Bo- logna m, 155.) 17. Zoilo, Oesare. Madrigali ä 5. Ven. (Magni) 1620. j.. ,. ^VAutore compose queste Madrigaii, con intentione che dovessero esser can- tati, con ci/nque spie voci, <& senxa alcuna accompa^gnatura di qualsivoglia In- strumento S cosi desidera S prega che si cantino. Ha vohUo con tuttö cio aggiungervi il Basso continuo per confermarsi con Vuso de tempi^ se ben in alcuni luogi quando ccmtano due sole parti^ volontieri thaverehhe fatti apparir a modo dHntavolatura ma la stampa che in do ha moUa difficultd non lo permette, 18. Porta, Ercole. Sacro convito musicale ä 1 — 6 voci. Ven. (Vin- centi) 1620. > servendosi il saggio Orga/nista delV orecchiOy per non haver in molti luoghi (massime nella Messa) segnato intieram€nt& le consonanz^y S dissoncmxe S do per non offuscare i poco prati&i sona/ndo aneo con poeo rmmero di cann sonanxey nel ristretto ^una^ <& due voci, riskrhandosi porte in opera, e ma»^^ e piedij ne i ripieni senxa perd aggiunta di registri; ben che di do non öc- corra avisare i prudenti di tal arte<, (Vgl- Katalog Bologna ü, 482.) 19. Brunetti, Gio. Salmi intieri concertati ä 5 e6. Ven. (Vinc.) 1625. *. . . . Non ho voluto m^ttervi abachi per gli accompagnamenti prosfupo- -nendo che V Orga/nista hau^endo risguardo alle note antecedente e sussequentCj con dare anco orecchia alle parti che cantano; possi fadlmente venire in cogm- tione dalle loro relationi gli accompagnamenti che se li devono*, (Vgl. Kata- log Bologna 11, 187.) ■. <\ NOTENBEILAGEN o 9« QQ ^ o g u pq PS OD 0) 'S O CO g o a •1-» o CS 227-^. CO QO j«i M \) ^ 4 Kinkeldey, Orgel und Klavier. :;, "\s u =:■■ « ■ <5 CO <^ A* 10 c^ '-* T \^ SS <P> (^ (Sl Gß OD ;JJ O CO CO 4Q (0 10 I ti ^ <0 <5 4o 4-1 <^ dD 4o <> CO ib <S| (S| ^ (0 O CO CO Cfi M n p *» O •i-i — 1 o cd <{ H PQ 15* - 228 - Beispiel für Tonleitern. Vgl. 8. 14. Bermudo. Deolaraoion FaI.61^- ^ i J=^^ ::iL_i & ' f— r tr» 9 xc 4 rl. 1 J . xc ■I J-rJ J j l)' p [>.^.|^ ^ J^^.1 i $ ,j :^"-"r?i J i ^ nr i ^ 4 f 5 i ■5^ TT -O- P ^ ** - 229 - Der vierte Modus. V|rl'8. 26. Bermudo. Seolaraoion Fol. 115.*> ^ .. jj rJ-lrJ j Ja jif^Jo^^/^^ f f r f-fTf^ i .Q. XXE r n W ^ i 8 " ve ^& t ^^ XE XE r ^ ^W sEZzzac ^ ? A rr^rr xc xr XE ^^Ö i XE ^ fr a J XE XE T^ ^ ^ i i ^^ :& s i XE ? ^ 1^:0^ n T TT 8 ti A r 8 J " XE « *» O XE » ^ \ jL t n 4V d ^J f F « XL 3X ^ ii^ XE XE fff^ ^ r r- r r s Jj TT ONach Bermudos Angaben sind in diesem und in den folgenden Stücken keine Accidentien suerg&nien. Das seheint aber fraglich. Vgl. das Tabulaturf ragment . - 230 - tt - "r ^' rfdfff - xc f ^^ TT- ^ ^^^ it i xr f P ^ jii zx: IT i.._ii i « i f ^^ feÄ :ö; 3 ^ r -€^ xr n TT XE 8 ^. XE XU XE XE i XI. XE moi JJ r i^ " .. JJ rf XX ^ f ■ i J- J.M^ L' ,. 8 xx J j-TJ JjJ J irr f f " ■ ■1 1 j^ f r ^ rf s XE f ^ 22 XE I €y- " >'J ^ XE ^ s JJ p XE iJ-jj. P azj»: i - 231 - Der wahre sechste Modus. Bermudo. Declaracion Fol. 116. W ri* i 3xs: r ■o- cc Se i 3 k J.' iiJ=a ^Li ^ XU i « 3x: iö f^mrr <> )! " i 3x: ^ f ^ f j, i i ?f J^' ^ ^l ^ ^ g 3x: xc ? xr ^ xr f ■^T- r TT W4J P ^ j »« ,^ J -ö- xx ^^ «: xr TJ JX ^ Jt i i^ii IJ- J i ^M= r rrrr XE ^^^ XX ^p ö xc f^r-f rr XX 41i II ^ ? #=fp < » ri =i XX r rri"^ is- ^M ii : ? ? acrS: W II gJ' j q XX xx: F - 232 - $ i i'-gj TS. \ j-fj-i,! ^ xr 4 ^ xi: 3X i_^ ^ ^ s f^ n ^ TTT FTrr i '{•'^j- .KiU ^ s ff 3Z ^ .UU <:!; IX xi: 3^ i ^ J=:=t f :» sc J-3N irr i ^ 3 :& ^ r Pf 3X X£ 3X f rr i g ^ _ M tf> ^ ^ ^ ^ XE f=r ^^ j .1 ^ >i ^ ^ I ..LI -^r ^ rrfffT TT i m ^21 II 8 i ^^ ^^ ^ XE o ^ — ^ Ö fT ^ fTTT xc ^^ ^ ^^ i Sl ^ i ^^ '=^^fff XX XX ^^ ^ f p ^ ^-* fTT ä g - 233- Vexilla regis prodeunt. Vgl. 8. 25 u. 8«. Bermudo. Declaracion Fol. 119. Gantus. Altus I. Altus II. Tenor. Basis. ^m f=p ^^ y^iB TT ffff sx. bti o f=i= f-rr, TT. Ä XT XC i ? JUt TT O O f '» ^ i 1 n «* O 11 ff 5 ' ^"""TfC^fff^ £ i £ ^ d: i II « ^^ ^^ i ^ ^ ^ ^ ^^ i^^ i ^ i ■« 1^3 f i 11. -■ ■ " ^ « 11 ■■ ^^^ IX d f — UL TTTT ?E äiü ^m XE If — s »^ i m i -»«- zx xc ^ ■"w?" i ^^r« XE O " O O 0- ü ^ " n i s XE ■=~FCfr' ^ 'Crrrrr ^ XE T n o XE 3Z 3X - 234 - $ i ^ m ^ :& xr m i B ^ «= ■Q. f9- ^f^?«f ^ XC W f^ f ^ rr^ B ^ 5 ^ ^ ■«- ZZ '^ -Ö- ■^ TX sr p^ 3= Veni Creator Spiritus. ^^ Bermudo. Declaracion Pol. 119^- 4 ^ r rr r *>-«»J " JJ i iL i ü^ J ,r4iJ Ji iJ l i 4\A ^ ^^=3 s r ff f ^ i ^ ^w i§ o _ "T'V^ ^ f rrrf fr >)i» ^ j ^ ^ j " ^J l j Jti 3 r^—fr^Tfrf^ p ^ i j .j j'.i- ^ )@ fffr f 4 XE ^=n: ■xr r Ä # ü ^ ii f Tif ^ ö » ™=^ ^ r ^ ^'f' '^rr^''fr^ gi j j o i ^^ ig rrTN \ r r TT P ^ ■^>'» ^ J .. '«J^ f *=i^ ^^ XC rr r^ xr N-r r -236- Pange lingua. ^^ Pan . ge Bermudo. Declaraclon. lin . gua i w ^"Tf ^>ui.. j ^ ^ ^ ^ ^ ^^ TU TTfT r f rf i glo . ri . . .81 Cor - po- f f. ff 3 WF «■ «r Hl »» 6 ^ ^^ tzJ ä ^ T r i rjf ^^ ? ^;^-e- ?n- rrr TT r i ris mi . sie . ri . um San . gui . nis qire pre - ti i 1 xr Sr m xc ä 1^ j/: r ^P r XE 3X frfrr f f^ r ' g. BF xx: TT f i o . . 81 Quem in mun . di pre . ti . um ä t ^ P xc TT -e^ r ^ ff m ä p ^ ^ 8 r\ i ^ f XE XZ frfrrr f ^ n $ Fru - ctus ven - tris ge.ne.ro. .8i :^3: ^ i ^W T"r~f Sr XEl fif r * K " 3 ^ ^ xc l xi: fTTT ^rf ^^ i $ Rex ef . fun . dit gen . ti . um. ! I f 5f ^ ^ frff^ xr XE ^Ö i rrTf f ^ Ä w - 236- Sancta Maria. • Arte de taner Fantasia. 1666. Der erste Modus. ^ 1 ^^ Teil I. Fol. 67^- ^ m ^ ^ ^Kfff^ $ i ^ ^ J 3 TT Ja fTf .^3L i ^ rr rr i A m ^ ^ ^ ^ zc ^ ^ ^ ^ ö ö rf 3r rr ^ i m ^c rr ? 1 s ^^ ^i^nTf j y^ ^^ - 237 Der zweite Modus. Sancta Maria. Arte de taüer. Fol. 68. ^ E I • t", 1.'.' j. i JÜ-J J j- y=j ^ FT m P J ^zzat f r ^ ^ ^ TT J. ^ J fOf r i-üü ^ ^ i ä TJ W ^ ^ ^^ r^ >^Y r j-i ^ ^ <g > r^ r w ^ rr ^ r i f ^ f=T i '''Lrrfr ff i ^ r ^ f 1 ^ xr f=f ff ^TB j ' - 238- Der dritte Modus. Sancta Maria. Ebenda.. 3a: pf^^TfT « ä 2S ^ i ^ J4 239- ^ Der vierte Modus. f i'T Sancta Maria. Arte de taüer. Fol. 68^- ^^ g^ jQl ±A A^ i SE ^ ^ .li^O ^ i ^=t ^ ^ ^ ^ Tl" ^ ä i J. ^ ^ .CL zr r~T o ^ r r i ts^ s f SP i' J i ^ ^ m 1 i r fffTTT^h" ^ ^ xc rr^H ^ r i i i ^ ^ ^ i 2^ ^t ^ TT- o l *y r. '^ J^ zr J m i W *y p r 1 r i tt ^ fc ^ ^ r r^?Tf ff XE - 240 - Der erste Modus auf G. Y%\, 8. 60. Sanota Maria. Arte de taner. Pol. 72^- m '^L''"" ^ p M J i^-Jjj; ^^ r^ i g ii — ^ *ji|,t' fl« J r TT 3t ^ ^ pr rr SI ^ P ä xr W ^ ^ P ä s li r y=i r- XE ^ i V' f i r rf r xc s k \ \ \ -241 - Die Harmoniesierung einer Melodie. a.) Harmoniewechsel nur in den Mittelstinunen. Sanota Maria. Arte de tafler. T. II. FoL 32^- P ^ i ^ ^^ f 4 ^it»;ii j) m ^^ r ^ ^ ^ r «« ^ ^ ^^ ^ y ^^^m 4ijJjj|^Ji ^Ji r — r rr f f~T fr^ P ^ ^ ^ ^^ ^^ L^ r f r W Ä. ^ CC=z LA frmi f rrtr m ^ y: ^ ^ /?\ 3 ^ ^ ^ ^ f= f — r b.) Vollständiger Harmoniewechsel. ^ ^ Ebenda Fol.33. ^ 5 r tJ— l-r) 1 = ^ 1 ^ r s ^ W i r — r r / / -242- $ 11 ^^^m m m ^ ^ ^ c.) Oktavschritte im BaB. Ebenda. p ^ n n 5 ==^ ^ ^p^ ai: :^ ^ frfr i r f ^ i ^ r^ rr r r r /TN ^ TC^ ^ i=4 f ^ f r ^ zt ^^^ ffTTTT ^ r /TS r=T ^ w "■»'wr ^^ S \ - 243- Vgl. 8. 53. Wie man beim Fantasieren vorgeht. Sancta Maria. Arte de taner. T. II, Pol. 120^- ^ ^ =^ J^ f i ^fif^nri' ^ s r oo- r ^r^ i ^ ^^ F ^ 'f^ n: PT ^^ r m r^ J^ i ^ ^ ^^ i ^ # ^ r ^ i T ^m ff ^ JCE. ^ ^ X=^ f=f ^ «»— - ^^ r r ^ f f^T« i ^ r? m ö rr f f t; 5--6^ ^ ^ XE jL^ f i iJ i ^ ^^ fr ^ f= ^ f ^ ^ XK ^^ ^ -jj- j s zr y^ ^ ^ fr fe rr g rJ^ azg j^ Ff= zx ^ ^ « Vi/ 1) Im Origrinal hat der Baß / d statt a /. Kinkeldey, Orgel und Klavier. 16 / - 244 - Sancta Maria. Arte de taner. Fol. 80. . p"f f i r r r r i r f r If r '" ' ^m - 246 - Giaches Buus. ^^^- » *** Ricercari da cantare e suonare d'Organo e altri stromenti. Lib.n.l649. Nach R. Schlecht Geschichte der Kirchenmusik« Fol. 360. ff ' f xz 1 r r M I ' «1 . 1 . rrfim IM I ^ i Intabolatura d'Organo. Lib. I. 1549. 1^ {' r i f r ^^ HB [* J ^ f F ^ rir^f' -^ ("^ i ^ ^ ä ^ 16* - 246- W M i ^ jOC m m «9 ^ t A- r ^ r r 1^ g ^ r r I H B r r i i azzjgfc IX I ? r rJ f \f ^ ^ p -JJJ. J f -i ^ ^ ^ 1 " r i r £ i XE ^ xc ^m ^^ i^ ^^ s ^ XC ^ ^ ^ t f I f ^i [^ I I i xi: xc ^ s ^ . 1 I J 1 * ^ ^ ^ fi r r r ir zz ? g^ i ■^'*- XE ^ ^ ^ i i ^ ^ f'^^tftfrr TT- ^^Ö EC UdÄ j ^ i - 247- 1 ^^ xr I i I Bl ^ f 1^ XI. ^ ^ J i r ^J r 7: f^ r p [' ^S i zz zc ^jFi7 ^ xr $ i ^ i ä i ^ ■ FT? p ä ^^ r rr r 3X f= ^ H M fr . rrr f I ' f n ^ s IS I II ri I I i nr r r ^ g g tt; 9 f f \ fi f f ^= ^^ ^=^ zz ^ JUU 9^ e r7i^ {' f j IR ^ .1. ).prir -1 1"' r 1 ^ ^ H" i ^ 23 ^ i e 3E $ XC ^t^ ¥ ja. i r ^ß ^m ^^ - 248 - ^ r r ff fT m ^ I. JJ-^-^ r ^^ ^ - 249 - w m frrf r f ZC ? i 32: 1»- ^ -<»- XE . ^>« r r r f r g 3ar xr 1 ^ :9SS i^cc: :9tc; :9tS^ 5 ^ ^^^ i. *'•' g! ^^ f ^ X£ ä 4rro4DJTSi i i ^ i i^j ,1 ^,m^i\ ^ -515- i ^ ^ lli i r^ jj ^^ 1 i j ^^^ ^ ^jj. j? j j ^ -»■ f r f r j f I ^ J it J '^ Jj ^ i r r r r ' / - 2B0 -- i ^ ')•■ r y^ ^ ^ J ;1 i n — ar ^ T a=i== F f ET xr s ^ ^ i UJA - .. J> -^ 1 r p U=. s i^ ^ i ^ J J r J J r i i J JOi^* 5 i f « — «> «I — €f- Ad ^ sf- K f P ^ ? itJf- ^ J. J 3J ^ f P' r^ J _j J ^^J i J. ^ ^ ^ ip iJi ä ifit f F - 261- j 'i jjj ^ä A r ^ ^ rß' f i-i I P iliil' I ^1 m ^ ^ f P J P "j t"^ ^ :3t 4-^UL^ MX. S r "CT l ^ P^ ? f r7r" V _„ IIA j j - 252- § Z ^ i i ^'' CE i .o. TT ^ i ^^ ö i & c^*^ ^ ^M f A AAA f^ r [' - 253- \i ,1. i '^ i -J S m t tt J S / ' r'i / ^ r » r r r- SJJiliilA ' .1. J 1 1 1 i J J J J ,j j - J J J f¥ r- rrr^r » ■ o I' r r m' ,M ^ J y r " T"^ p ^^ i_J. ^^ [^ r CBf ^ -^^ i ^ j=^ ^ -254- \ l 'l ,\ J J (n (9 fS g > ^ rWT Wf ■^' f^ » I* f^ i rV 11 ^^ ^ ^^ T ■e- ff ^ - ^J ^J ^J IX ^^ ^ fi Ü w ^M TTT ^^ ^ J ffTr iTi ilii ' P J=i ^^ ^^ o IIA ^ ^ i TT I" r r M If ' If'^-I NJ - 255 - 1 h^ ^C TT fäcrr r ^ f '/ f* tjüif r £ 4=?M rr=T /n^li^'f',',' j j J> j I f~rr ^ ?i fr— r ^^ IF r f= J J i i i i. TIJ - M r r r r^ ^ M i tt |2L *);<8 n<7; M " 8 1 sr 3Z TT JX Ja. ^t xc rr -o- XL 9 n: :& "xr i m=w 3X ^ xc ^BTfST ^ ** " l i- 5^ " o i rr o ii TT 1 t |g=" s i^ f^/pn'r ^ ff p s f^ ^ i^ s & xc ^^ ^ w :S= J J " ■o- 3X » J J J ^*^ ^^ -26«- $ §i SS u "^ ^ a Pf ■ö ^ BE O O ■^1^ ^ XU ' J -1^^^ ^ 3X i ^ rr ^ 8 5 & ^ ^^ xr m « ^ xc i jg f^ s " ' ^ ■«- =Pf=fT fic 3CC i ^ 3Z f 8 - I «- m^ I 8 J J ^ i"?" M « i *■ Q p r* ^ 3X S S ^ J ,\if ff j,) JJJn ^^ ■O" A «7 r »4: a ^^ i/ XC A Qll O -Q. Ai 7 gE=tt ]X= O ." o M: a «- I rfrfrf. 1 I L m'i"^ ^ S xr « C 8 o. f 11 — 11 ö Wo ^ TT fi xr - 257- $ w TT m .o. » jCX «. y^ i»J f ft xc U W f i ^ o o TT n - .fil «!i 5 ■ O Vi TT ES 9 ^=fcr fr ^ .Ol Ö ^ « 2^ AS. ^ II ^ r rffr f^ ^m n 33. ^ 3x: 3x: :» n n *t^ xr rf ^ i^S Ü ■^S- ^ " W _ = =±4 xc IX f 3r P « a f J B ■■ gS E ^ T» at fr ^ff 3X .CL. ^ n: ^ 1^ j M ^ ■ xr xc rr ^» F f^ f p B — ' — * ^ ii : IOC SGL ^ iM=LMA ö 3X - 268- 'y f'' 1 1' ^m fi ^ ^ ^ ä ^ - ^ n n ^ rr ^ i fffffff ^ ^ 1 ^ - 259 - $ «E£ r ff ii ri^ii-r ^ .[! V f ) (I i^ ^^ J. J.J i ^ ¥ i ^ ^ =^— r ^j «I* -i^i' ^ nrr ^ ; rfrr ^P j , jjjj^ j , j j ^- ^j j ff • f ^^' j '!> Jj ;. ^ f i f" r r r y i o. \ 33: .Lz^it ^ s Ä. /?\ ^ Kinkeldejr, Orgel nnd Klavier. 17 - 2«0 - Vgl. 8. 92«. 106. I Libro de le Ganzoni Franoese... per Andrea Antigo intagli- ate. Venedig (0. Scotto) 1535. Alto. m ^ Le con .tent S i' r ^' ^' est ri . che en i i ce mon.de xr. Basso.^E Vingt et six chansons musicales. Paris (Attaingnant) 1530.1) m xr 1S=Z=JX. ^ XU ^ ^==p- m i ^ i^ E xr Et bien heureaulx en -»- m P ^ (' u hp" I ^ ^ XZ TT xr Si cetemps cy [- r f^ J & «: ^ IX i)I)a8 Orig^inal notiert wo es mSglich ist nur die Oberstimme auf dem oberen System für die reclite Hand, während die linke Hand die übrigen Stimmen nimmt. =f==1^ ^m . eulx 11 . lier.te ^ ^ ^ =^ ;r'^i i|| |'i"f"; 'i 5Si ' r pr r ^^ 1^ vre chenx Boyt hors ' ^ f r r f ^ iS ^^ r" ■•■>r it; 1 1 1 p-- — j , 1* ' 1 ["r -i^-f — ■■ -f " ^ 1 r Estre B. . r r - - 262- I Bi i . r f r r r c mou . reulx non JX. ^ ftrfr r pas trän » [» ^ [g oy et a tout m ^ ^ ^ ii i ^ ? E xc ^ ^ ^ ^ doeul i.'^^ t r r" tout doeul Gho . re les ^ XE IE zx yeulx m i i Tous ^m gens gal . lans faic xc tes ain - 263- E I. [^ rl ^^ TIT :3z: z: 3X cy ^^ü ^ =^3: E 1^ tf» II ^^ ^ m ^ f r I' 1^ a: ^ ^ g i ^ Et vous vi - vre Cent ans e mieulx. S ~ m ^J f [[' Jim ^• , ^JB ^ S -»- iS K fe ^ ICNi zr zxc± p***« JE (fine) i ^^ ut supra. - 264- ^m Orlando Lasso. Susanne un jour. ä5. ygl.8.106u.l20. Ges. Ausg. 14, 229. ^ ^^^ «- Su . . San . .neun jour d'a. ^ ^ ir i H fl , j _ z Kl''* ^ ^g^ 22 xc: ^ - f^ Ir 'J \ CanEoni alla Franoese et Rioeroari ariosi. Tabulate per sonar so- pra Instrumenti da Tasti; dall' Eccellentisso. Andrea Gabrieli. Novamente date in luce. Libro V. Venetia, 1605. :5z: ^ ^ 1 xr £%' i iJ i ^ r< ii» : ^ Aus Ammerbachs Tabulatur 1571. m^ J f - mour 60. li . ci ^ i - 265 - ( 9 _ te . e, g Bu . Ban.^eun jour ^ xc 'j .1 - r DD ? IB '^ 4 ^ ^ t » f ^ £ ^ d*amoiLr so . li . ci . te. -266- ^ i ■O- . e S ^ XE XC SDuZH Par " rJ rJ rJ leux viel.lardz con . I rJ J J 3X£ m^^ rj ft XE JX V r^ zr ^ ^^ ^ i ^ 1 ^^ ^ ^ g zg voi . tang sa beau . . te, Fust en son i ^ ^^ ** xc £ ? «^ XE - 267- i ^ coeur ^ i tri . 8te et de . ■w Bcon.for . te . e, fi p g> y ^ ^ xr f xz i b: " >i "- ^ £ 3Z ä XE E ^ SC ^ g: ^ 33: ^l'; \PiP^[r,iN^ i i J J ft ^ r f^ r 3X Fust en son coeur 3 iKi> [" r f r -«- 2 M!. O^ t I g - f' r f m ^ tri- ^ i X£ ^|g r^ i ?==p I 268 - ^m f steet de . scon . for . iE te- ^ i ä i ^ 1 1'^^ xc HKI. - [^ f' ^ ^^^^3 «P^ i ^ Z " h r r jsr £ m I ^ J j J ^ i Voy - - ant l'ef rJ n fort fait a sa . ■I ' ■! ^ XE zx: \ XE i ^^r r j, m ^^ ^ XE ^^m zc i f^ r r I i t m xc ^m \ - 269 - 1 J gM cha . 8te . n •OL i ■o- .te = ^ ä zt sr '■ j g El - I 5 i t a: ^ ^^ i le leur dict: si par de.sloy . an tc ^m s de j j "^ r f' i XE 22 a i iKi'.i .1 r r iSC s ^^ zz: xx: ? 1^ i r f^ r 3a: ^ ^ # \ I |. .J >i J m ^ ^ — i j i i i ^^ r=f ;^f£ £rl^.r / w i9- w m ^ m 3 'L O S I - 270- ^^ ce Corps nueiit. vous ? 1 11 i t9- ^^^^^ au ez xc XE ^=# JO ^ XE ^ uis. f^ f^ f^ xx s XE San . m ce, i i TT i i ^ 3 o fe N ■«■ m\>*f f ^^ ^^ M XE ^ ^ O'est fait de . < J r J moy (C'eet faiot de ( f |h|hJ^LÜJ|^^^ i3 - 272 - ^ -o- fe . rez mon ^=22 ^ :Ea i k ^m rir en de . p m 1 ^^ shon . neur; Mais $ » r '-* ' ^^ 3E ^ gs E ^^ xc ^^ k r r ir ^ "f 9 j'ai . me mieux pe . rir en in . no . m ^ ^ ^J r r r i' i ^ Bi'r r i rJ, J J J E xc 3r .*^J J J> ^ ^ \ fi'jifrn, -273- 3r oen . . . ce, ^P zz ^ ^ ^ ^ i E^ IX Que ^ JJJJ >i r ^ ^ i »o XE i^^r r r r ^ ^s zu IX d'of . fen . ser par t i' r r I I ■lU' I' , 1 I pe . che le '^ r r r r i 'j hfg E C3i: ^ \ ,^ W 'h smlU^tUfi^ ^ ij i j Sei . . gneur,que y rJ ^ ^ xr i XE ^ - 275- Fol. 8. Sancta Maria vel Christus resurgens. ygi, g. 191. [Josquin de Pres.] Ms. Mus. 6. Stadtbibliothek Breslau. d m ^ s Einkeldey, Orgel und Klavier. 18 X 1 ^=gddl>l j J JjlJjjll .„JJCT^J *tir'i^f f iCffbp. f* i i i — f f- '>■ : ": : jp,. -' :: 1 ■.-■■ : rrp-p i i-l.„A ^ ^^^^^^^ '■:' f^W^F^I^'f ^ T=T ; l ^^j jx ^^ r*r.rrrr; =j= r -^-l^Ar # ^fc ^^ - 277 - i. i) ^ * i Kj i Jr--i:[i7^ ii-;^ 4 i iiJl l>^ „ J ? £ -U. .L^ f 18* - 278 - i-^i ^ m 9 ^ i ^^ ^ ■*yj _>J cJ: ^ ^ ®: i<<6^jJ3j]j. j^ij ^in^^J -279- ^ I2jr£]^JSl l r P^r P ' s ^f^ i /?s i@ Üi k r i s ^>; j k r ^ttrtter ^ fS^ ^i=i5:^ ? r ^ ^ f- i ? ^ ^ p 1^ j2l - 280- Diletto Spirituale. Vgl. 8. 12«. Cansonette a tre et a quattro voci compostc da diversi ecc^^ Musici Racoolta da Simone Verovio Intagliate et Stampate dal Medesimo con rintavolatura del Cimbaio et Liuto. Roma 1586. Feiice Ancrio. Je . Bu de - cuB ange . licum, In au - re dulxe can . I "° r nr ^ HR »" "K j i J^j. j'i^-^fr -»^ i ■^yj^üXr^" ^ ir"-rr Pr . ti .cum, In o.remeImi.ri . ficum, in cor . lü r rrfJf piji i i >J f Pr riJ. i) ^^ JrJ. ^ij_ i-^ii ii;#A!^ ^ ^^ -281 - . denectarcoeli.cum, in cor . de nee . tarcoe.li.cuin. Jesu mi dulcissime. N9 4. ^ XIJ Je - rTf r Felix Anerius. it xr . SU mi dul - eis - . SU dul . eis . 2: 3x: » 1 ^ 0» Je. . su mi dul - $ X£ XC m ^ i' ^iAiLl ^ .1 J ^^)"' iU^^^ u^^ ^ h . Sl . . si . ^ - nie, ■€»- - nie, xr O spes, eis . - Sl - nie. i m rJ spes, spes, o spes ^ - 282- ^b- r 'r r irr i il^jJ 'p ■ \ ir ^' i Te quae . runt pi.ae la . crymae JL £t cla - mormen. . runt pi ae la . cryiinae Et cla . mor men . i Ki'^r {' r ^^ \r r J^^r jfr^r r m quae. runt pi . ae la . cry - mae Et cla . mormen. tis, et .J U .] tis, et, cla . . mor mentis in . . . ti m . ti . mae. .mae Msfc tis, et cla -äj mor mentis in . . ti . mae. -mae p bfg , ri cla . mormen . tis C T rlJ M ** i in . .ti.mae. .mae, >>. f f f f ^r XE ^^ ^ ^ - 283- Fronimo. Dialogo di Vincentio Galilei. Venezia 1584. Ricercaren für Laute. Ricercare del primo tnono perl). p.so Vgl. 8. 147. Ol. ^ f n i_i % r? ^ i j i- -i j i T r r r ir p - 284 - Rieercare del sesto tuono perl). p 31 i 1^ w r "^ r I . p I L ul l 1 1 1 fj^ £BJ/1 f i=A=^ ^W i ]/"r^'|l'r>"^H/'r ^ i ^ w ^^ - 285- Ricercare del settimo tuono per t|. P.82 - 286- Madrigali di Luzzasco Luzzaschi Vgl. 8.157. per cantare et sonare a uno, e doi, e Ire sopraiü, Fatti per la Musica del gia 8er^ Duca Alfonso d'Este Stampati in Roma appresso Simone Verovio 1601 Au - . . raso {uj >iij j j ■i'pr ^ \ xc . ra BOLav . e diBeugreti aocen.ti Che pejietrando ^^ i i i ij-j-j. m^ ;n=j=^ ^r r r ^r i^^^ r ^-pr ^ m do.TedormiyaAuno - re, Bue. per ro.recchieal co.re Sncgliastila 3r f gliasti la do.ve dor.mi.Ta A.mo . re Per ih ^ ^ re. ^ f=f n f^!ii i f^*8 ^ ä spi - ro e VI -. 3r r ^ I ^ 3E . Yo Da che nel pet-to i «f - 287- ini . o Spi . ra.stt tu, ipi.ra.sti tu d'A.mor vital cle . si. ' 'i"V' F^ ^ - r\±r\ J J=^ . o Vis . 8i di vi.ta ^W i w L — nr XE 33: 4^ £: ^ P i XE ^ J J J J f^ i o g r r [" f J I . j 3 ^ O J J ^^1 pri - YO Men.tre ajaoro . sa cu . ra in me fu spen .ta Hör vien che Talma i O tf> *)»aii n r r 'j' J J i ^^P k*/^ '' 'i'!l Ben - ta Vir.tu di quel tuo spi . ri.to gen .ti . -288 II 11 Q tt «* ■* Q ir -»^ i - le. FeJi-ce vi «t», fe.li.ce vitaol.tre ^ W m m 1 ¥ ^ " 8 ^ ^ -«- TU ZE O Ö o g=r» X£ ^ ZE O O ■O- M it H ft n ja. ru.sa . . to sti - I ^U' ^ J t^ XX » f PB' xr C i * :Stz f TT le, ** n II ^!: 3X *■ *■ ^ -»*■ fe . li . ce vi - ta, fe . li . ce vi-taol - tre ^ ^^ o- XE U iL 8 » I I S :«Pe: xr ^»«^ - * ^ « xr XE XE o o 3E XE i ■■r>rrr^r i >f^jjjj ,jjjjliiij^jji;^tijjjjjii l'u.sa . . to sti - . le. ^ ^ M«L^ *' = LH " ^ J ^ ^ t l i o.o i ^ TT-f^ Tj ÄC ■^ xr ^=s: W g T w i aa^ btmr—f— rir-f-r- 1 ° ¥ 1° 1 • r [' f r f ta , ^ f (-. 1 Cli'ionont'ajnicor mi.o,ch'io noüBia latuavi . r ' 1 M e tiiUiai- 1 J J 1 H Y & ^ftiip f p p . ['i'frftlfH 1 1^7»-* r fr^ ^.JMd^^ a - 290- l^'rr rrrrj]|jjjp}ip^ p o _ <9- f P ^ ^?' - tenon mi per.do . . ni, Che se tu se-quel ^^— ö> ^ f ^ ||i1 -*^^Vi^ I f' : rrr r ^ ^ n. ? ^ g ^ co.re on.de la vi.taM'e sidol xr ^ i ^^ - ce,dol . ce e gradi . ^ w i ^h r r , f p r i 1 ä i i m 3i: ^ i . ta, S _ r r r I r r ^ D'o . gni mio ben ca.gion j^t i ■<9- ^ ^ - 291- $ i iZ S f9- ' r i r r 1" e d'o . gni de . 8i . • re come pos ■I ^J J . Bolasciar . tie $ i ^ Wf i . r r f |f f f =^ i non mo . . ri . . re, D*o . gni mio ben cagion d'o . w ^^ / i ^ *^ r f> f r ^ 1 ^ - r' r r ^ j^ T r r r i f^ gnide-si . . re come pos . so lasciar . ti e non mo . P ^ i ^ 3X ^ ^ Kinkeldey, Orgel und Klavier. 19 - 2»2- re, co.ine po8 . so las. dar . M i i J J ^^ P j j 5 ^ 8 i- ^ ^ J ^ ^ nonmo.ri I i ^ ^ ^ ^ ? f _ -i ^ i i ^ ^ f =xr ä re. ^ n s A doi Soprani. |^»° rriTr i 3r T ■^ ^ i IX 2£ Stral pungen - te d'Amo . .re Dicuisegnoe'linioco . re, W ä <^ Tl" J J* J ; ? X» Stral pun.gen . te d' A.mo . re Di cui se. ^^^ » M ^^^ ^ ^s ^ ^ ö gj f P ^ ^ ^ ^^ä^ t n - 2»8 - ^^ T r ■> hJ J,j ^ jj i jjjjjj ^p di CTii segno^l mio 00 . g^oelmioco . re, di cui segno e^l mioco . P ^ f f th ^J J P ^ i' :i T i s . re. Deh ^ . re, PE i T r jr '^. ^ fachen me Va.ven . . ti Deh fa ch'in me t'a . ven . Per trarmiall'ulti . ti me hör e, per trariniall'iilti.jne höre quel bei petto ten • ti, Per trar ml all*ulti.me höre qiiel bei 19* - 294 - ' f j. iiJ j i quel bei petto ten . tl ^^ ^^ Si du - ro a miei la. i JJ ^1 n ^J " fM r >Jf^r^^ ^ ^ ^ TT petto ten . ti Si du .roa miei lamen . ti, si du . roamiei la. $ ^ rt i $ ^ $ ^Ö n a I& zi •1=^ ■ ^^ men . ti, Deh fa ch'in me t'a .ven . ;l ^ ^ i »* ■» o o p 1^ f Ä A. sc i i r=f ^^ ^ ^ Pertrar mi all'ul-ti. J 'J J J J i|^ ti Per trar mi all' ul .tl . me ho . re, per trar mi all' ul -ti . - 296- me ho . re ^ j r J J . me ho . re quel bei petto f f ja. i ^ -: 7 fj — J7 r=f J Jt 1 ^^^ ?^ i i f ^ quel bei petto quel I ZT ten . . ti bei petto 3 Si du - ten . TT ti W zr i r 4 f ^ ^^ ^ ^^"r r r r ti ii . roamiei la.men.ti, si du . ro a mlei la . men . $ ^ ■^cf" rir Si du -roamiei la - men • « ± ^ - ti. tt - ti. « p w IAA A H il xc o o I» Jj - 296 - Vsl.8.122. Cänzoni d*Intavolatura d'Organo di Claudio Merulo. Lib. I. Venetia 1592. Ganzon a 4. Dita La Zambeccara. i^ -297- J^JiJpi_ 4 f 'i^!; af\. ^ /^sL^ i - 2»8- - 299 - $ ^ ^ J — ^ -J JB3,r3i-h ^^ r, TmLn Jr-imn A ^^m f ' ful ^ j3^jjj^^^jj;?^j]7jjjjjjjjjjjjji ^ » > ■ -• 9 p " ^- — • 1 "— r — 2 - 800 - Canzon a 4. Dita La Bolanda. Pol.33. A 1 'A Jr- \'h » f r r ^ Im Origrinal ^m U^tf^i , ijli usw. - 301- Toccata et Ricercu/i d'Organo. Virl. 8. 67 Anm. 3. Del eücellentisBimo Annibale Padoano giäOrganista della serenissimaSignoria di Venetia. Novamente 8tampate,et date in Luce. Venetia Appresso Angelo Gar- dano. 1604. Toccata del primo tono. - 302 - ^ m 6 h D ■„ mi^^^l^ ^|l|llir"ll||j|j||^ - 803- ^^ >u f=f= ^ l "l i' i i ii JJJJJJ JJJ ^ - 804- ■V'L «^f ^ ^^ B .ijj|JjJJ,^ij m Jä te ? i ^^ r |g PhS** # i ui ^ F ^ i m [" ifi' f - . . ff r ^^^^ s^ ^ga (' f. — 'fr S i i fi ^^fe 4^1 J 'J J ^ ^ J Ji ^N-^ $ ^y *'»f^ f Wf^ ^^ ^hl'-rU 5^ ä ^ ^^ i ^ # h= ^ ,}' J Jj. r f^^ — ^rr Hj. ijJ]JB w i.,jg/]Jg'h ^^ i*^r f r ^ -o- ä ^ i ^ i ^ r=^ ^ ^ ^ ^^JJ ■ .J ^ i f=^^ ■rfj ^ i* <1 ^ r^ ^^ s ^ J'-JirrJ J ^^ Ä r'r^f I r fl -|y'»i^ f^ [J i fe ä ^^ jQj .bJ A ^ i iö ^ xc □ü zi: p i 4 ^ (^ m - 305 - ^ gl rj i J-J Jl.rh>J .1 ^ «^ $ ^^ -rrr r" ^ äit i ff j ja r-f I T4rr I ^*^f^ d=^ 5 # - g ^ ^I iti'j||^"ff O O f=pP =Ff ^ il i i ^S r J ,J J JtJ tt M ^ zx: j. J, ^^ ^U -«- =f ■«- IT d ii ^ ■■ " ^ ^^^ i- ? m^ ^J ^ J-J r}->J- /?\ '>iL^nii ifMr't^'i^ TT ^^ f^ ^' r^ r r ^^ ^ JJL rJ rJ n - 306- Intermedii e concerti... in Firenze 1589. Venedig 1591. Komponiert von Antonio Archilei. Oesungen Ton Vittoria Archilei. Vgl. S. 173. Dal.le piüal.te sfe . re» dalle piü al . ^^o p y ^ ^ iii, n -f»- f XE n 9: & kl s s is fi: ^ M f ^ J^ ^^ tl Anmerkung. An den mit ? bezeichneten Stellen sind offenbare Druckfehler oder TJngenMiig^ keiten des Originals ge&ndert worden. Bezüglich der Textbehandlung: läßt das Original viel zu wünschen übrig:. Die hier g^ebotene Textunterlage hält sieh möglichst eng an das Original. Man vergleiche die Solo-Madrigale von Luzzaschi. Die kursiv gedruckten Stellen sind die im Original nur angedeutete Wiederholungen. - 307- .ne a.mi.ca scoiLta, $ f * SB^a: ^ xx 1^ w 9 ** Xk. m JDL m% . ca seor . . ^a Son rar. mo.nia, ^ P ^ ^ J: *ff :§: ^^ f ü !=a Xk. i-J— i. i i 3X r r f^ r ^ f 1^ mjr ^^ r- ^^ 1 ^ Ch'a voi ven . go, ^ ^ ^ morta . J. ? s :8: ^i^ rq" r r f. r^Tr r 3r TT fi F li,eA'at;i»f>e7i^, Kinkel de 7, Org;el und Klarier. morta . /i^ Pos.cia,chefinoalciel,j90«. 20 - 308- eia,che fino al ciel bat . ten . do Ta . .11, hat.ten. i-— -J J J BIG ma) ^ O fj f ^ /iamtnati&f . . fOTitL,n'apporta, i "Of* ■ r V ■^r r r'pr r J.pr'* ! II "liVl'iJ 'i' 3Z ^ ^ ^ if^ ^rri'ii r i (h S S ^tf^o XE i o: Che mal sl no . bll ^ - 309 - ooppia'lsolnon r. 'j ^ XE vi . de, « ^ ii ^35 sc ä i s .O. ^ xc 3z: XE 1^1 - ■ ( f I r . ^^ che mai ^ ( I iM- * \ i i f f sr ^ A A A- j ^ aA i -e- ^ ..^ ^^ Qual Yoi j=^ xc ^ nova Miner- ^^ ^^ XE 3^ b: sc EC 32: ^ ? - vae for- -VAl-ci. - -de, i ^ o ^^ f * sc r ^^ s TT JCL -€>- - 310 - Qual TOi ^^ no.va . ner.vae for. I ^ 1, ^^ ^ f J 3 cfi: i i xr i i xc ^ it for - ^ 3X r xr X£ xc i ^ . de, e ^ i J m . t'Al. f. t m t=i A ^ A ■ö- ±11: ^ ^ ^ s ! £ ^ -31i- if ^ ^ m m 33: f «B=S 3 U ^ «— o- (Ein zweiter Schluß.) 6^ Qual Toi nuo . ya Miner .va e for - te,for . -VAl - . AI - .de,e ^y ä ^ f :» « « ^ i m T JQ. g 3X 3x: f - 312 - Aus den Florentiner Intermedien von 1589. Secondo Intermedio. Luoa Marenzio. Sinfonia. ft5. Ganto. Alto. Tenore. Settimo. Basso. i Hir»" r r i K''''ti° j r y ^ » " [g s ^' r r' fff f f f r Pf f W^ r r J xc xc xc ^E ^ ^ ^°^ ^9E 3X XI m X£ fi i ^^ 19- f" r r r K l ' " J J zx ¥ ^ -€►■ ? i ^' J a l J ir ■ » " IBI^BE T* ■' **• '^» 1^ xr i ;»lllo «te ^ Itt »H° o 11 ^^ i i w XE Ö «« -»*■ dsb XE JSB 6 l M \i i s **c 11 11 3X 31 S M " " "' fj " I S w o " «> ■! 3X ^ .» j ** ^ 15F W , I Register. Hanptst eilen, längere oder wichtigere Abschnitte sind mit fettgedruckten Zahlen, weniger wichtige Stellen, bloße Erwähnungen oder Zitierungen sind mit gewi5hnlichen Zahlen angegeben. Kleine Zahlen bei den Seitenangaben bedeuten Anmerkungen. A bedeutet Anhang. Für die Unterabteilungen eines Artikels gilt nur die eine darauffolgende Zahl, wenn nicht mehrere Seitenan- gaben durch u. (und) als zusammengehörig gekennzeichnet sind. Abbildungen von Kammerorchestem 184. Absetzen 12^, 13» — auf das Monochord (Bermudo) 20, — von Mensuralmusik auf das Monochord 45, 98. a capeUa-Fenode l, 81, 161. Acceru.f 118. Adam le la Haie 189^. Ada'T on Fulda 81i. Affek Im Orgel- und Klavierspiel 138, 143. Agazzari, A., Über das Generalbaßspiel 206, 2101, A II 224, — Sein Traktat A I 216. Agostini, Lodovico 160. Agricola, Martin, 81i, 95, 110, 189, 191. Aichinger, Gregor, 212. Aiguino da Bressa 188. Akademien 160, 162. Alfonso n. von Este 158. d' Ambra, Francesco 168. Ambros 3, 58, 60, 84, 103«, 136i, 178». Ammerbach, Nik. Elias, gen., 5, 6, — Um- fang der Klaviatur 65, — Stimmung 78, 89, — Fingersatz 112, — über Mor- danten 117, — Verzierungen 120, — Orgeltabulaturen 183, — Orchester in Deutschland 184, 188, — Orgelbearbei- tung 264, Amon, Blasiur 184. Kinkeldey. Orgel und Klavier. d'Ancona, AI. 162, 167», 173». Anerio, F. 280—282, Annibale Padovano 67», 142, 145, 180, — Orgeltoccata 301 Anordnung der Stimmen in Orgeltabu- laturen 190. Anschlag bei Sancta Maria 32, 111. Antegnati, Costanzo, OrgelpedalJ^68, — Stimmung 78. Anweisungen für Klavierspieler. Bermudo 12, — Sancta Maria 45, 53. Apuldus 168. Archicembalo 108, 143, 158, 159. Archilei, Vittoria 173. Archilei, Antonio 173, — Begleiteter Solo- gesang 306, Arcimusico 159. Arena, Antonius de 59. Ariost 154. Armstellung 35, 113. Arnold, F. W. 3. Amone, Guglielmo 201. Aron, Pietro, Umfang der Klaviatur 63, — Stimmung 75, 85, — Transposition 127, 187. Artusi 206». Ä8 oder g%8 74. Ascanio 146. Asola, G. M. 202, 204. Asula s. Asola. 20* — 314 Attaingnant, Umfang der Klaviatur 65, 92, ~ Orgeltabulatur 5 u. 104 u. 260, — Pr^ludes 187. Auerbachs Keller 184^. Avison 1393. Bach, Ph. E. 65, 111. Balbi, L. 210«. Baldi, Aocursio 171^. Bale, John 176. Baltazarini 178. Banchieri, A. 197, 201, 205, 206^, 210i,«, — über baaso continuo 211 u. AU 223. Barbieri, 60, 86^, 148S 149s. Bardi, Giovanni 172. Bargagli, Girolamo 172. Bassano, Giovanni 200, 201. Basso continuo 195, — Theorie des — 205 f., — in Deutschland 212 f., — in den ersten Opern 206^ — Bezifferung 208. Bati, Luca 174. Bearbeitung mehrstimmiger Vokalsätze für Laute und Orgel 88, — für Tasteninstru- mente 106, 120. Beaulieu 178. Begleitung zum Sologesang 153, 157, — zum Becitieren 153—4, — eines Solo- Instrumentes auf dem Cembalo 155. Behaim, Paul 90 f., 180. Bellermann, H. 189>. Bembo, Pietro 82, Bendidio, Lucrezia u. Isabella 160. Bermudo, Juan. Inhalt seiner Dedaracion de instrumentoa musicaies 9 f., 74, 78, 83, 85, 86,89«, — Über Partiturspiel und Tabulatur 98, 107, — Triller 115, — Chromatische Veränderung 117^, — Ge- gen Verzierungen 119, 125, — Trans- position 129, 132, 156, 187, — Kompo- nieren mit Partitur 188, 193. Bernhard, der Deutsche 67. Bertoldo, Sperindio 65. Besaitung s. Saiten. Bezeichnung der Finger 14, 30, 114^. Bezifferung des hasso continuo 208. Bianciardi, Franc. 206. Bibbiena 177. Bie, 0. 711. Bientino s. Buonavita. Billi, Lucio 202. Bohn, £. 191. Bonini, Don Severo 209^, A II 225. Bott^e de Toulmon, A. 60. Bottrigari, £. 158. Botstiber 131«. BoviceUi 124. Breslauer Orgeltabulaturen 5, 191, 195, 215, 275. Brown, R. 103^, 149«,*. Brunnetti, G. 205, A II 226. Buchner, Hans, Fundamentum 5, 6, 67, 85, — Fingersatz 112, — Verzierungen 114, — Kontrapunkt 133. Buchstaben auf den Tasten 108. Buhle E. 57, 69«, 71. Bühnenmusik 177. Buonavita, Antonio, gen. »7 Bientina 175. Burkhardt, C. A. H. 192^. Burlini, A. All 225. Buus, Jaques 5, 8, — Recercaren 106, 134, 141, 145, 245, Verzierungen 122, 141. Buxheimer Orgelbuch 5, 64*, 118. C Cabezon, Antonio de 7, 25, 84 f., 107, 108, — Hymnenbearbeitungen 133, — Tien,' tos 134-^. — Hemando de 7, — Umfang seiner Kla- viatur 64, 69, 84f.. 104, 108, — Finger- satz 113, — Quiehros 116. — Verzie- rungen 122. — Juan de 25. Caccini 157, 172, 173, 203, 205, 212. Caffi 4, 831, 1361, 150. CcUandria, la 177. Calestani, G. 205, AH 222. Camerarius, Joachim 91 f. Campo, Theodoricus de 2, 57. Canal, P. 154«, 175«. Cantone, Serafine 201. Canzone franceae 260, 264, Carro 171, 182, 185. Cassina 167. Casulana, Madalena 180. Castligione 82, — dessen Cortigiano 152, 183. Cathanna von Aragon 149. Cavaüeri 165, 172, 173«. Cavazzoni, Girolamo, dettod'Urbino, Orgel- Sammlung 65, 105«, — Verzierungen 122, — Recercaren 140. Cecchi, Giovanmaria 173. Celler, L. 178«. Cerone 65--^, 70, — Stimmung 79, Trans- ponieren 131, — RecercarenkompositioD 145. — 315 - Cersne, Eberhard 60. Cervoni da Colle, G. 176^,2. Chanson 92, 105, 260. Chapnis 153^. Chiavette 132. Chilesotti 833. Caiorbuoh 98, 136, 190. Christian Herzog von Sachsen 5. Chorton 130. Chrysander 89», 90i, 119i, löö», 202». Cima, G. P. 206i, 209, A H 224. Cini, Giovambatista, Intermedien 168. ölamatione 118. Coelho, Bodrigues 134. Cofanaria, la 168. Concerto (Conserto) 169, 172, 173, 17ö, 208. Consort 177. Corazzoni 166^. Gomaro, Catharina 166. Cersi, Jacopo 181. Corteccia, Francesco 168 f., 170 — ^71. öortigicmo (Castiglione) 152. Cosimo de Medici 167. Couperin, Triller 123^, — Verzierungen 124. Coussemaker 116^. Crooe, Giovanni, Orgelbässe 196, 197. Crucifixua in Orgelstimmen 197, 198, 200, 201. I>. Balza, Ambrosio 140. Dämon and Pithias 177. Dannreuther 123, 124«, e. Daumen bei Verzierungen 23, 120, — auf schwarzen Tasten 34, 39, 112«, 113, — untersetzen bei Tonleitern 14, 35 f., 113. — Bezeichnung des 114^. Davantes, Pierre 109*. Deering, R. 212^. Demantius, Christoph 104, 2162. Descrizioni 164. Deutlichkeit im Spiel 33. Deutsche Orgeltabulaturen ö, 107, 183, — Anordnung der Stimmen 190, — T&nze in Tabulaturen 90, 104, — Orgelbässe 104, 212, — Tafelmusik 179, 183, — s Lieb- haber-Klavierspiel 151. — Orchester 184. Diminutionen 48, 114, 118, 166, s, auch Verzierungen. Direktionspartituren 191. Dirigent 184. Dirigieren 12. Dlruta, Girolamo II Transüvano 6, 84, 111, — Fingersatz 112, — Verzierungen 117 bis 118, 121—22, — Transponieren 130, Partitur (spartieren) 103, — Generalbaß- spiel 211. Diskant in Orgelstimmen (bass. cont.) 205,. 209, 212. Doddsley 176« f. Domenico di Lorenzo 62, 63. — da Pesaro 81*. Doni, A. F. 113^, 140, 162i. — G. B. 89», — über Intermedien 182. Doppelgriffe, Fingersatz (Sancta Mazia) 99. Dop pels chlag 114, 115. Dorati, G. 204«. Dufay 101. Dur u. Moll im 16. Jh. 81». Durchstreiche 126. Ebreo, Guglielmo 813. Edwardes, Richard 177. Eitner, R. 1062, 1102, 126, löl», 160«, 187», 1978,2027, 2068, 212i, 8. Eleonore von Österreich 149. Ellis, A. J. 731. Elias, Nikolaus s. Ammerbach. Elisabeth von England I861. >% England, Klavier- und Orgelspiel in — 140. Englische Orgeltabulatur 4, 99, — Theater- musik 176. Ensemblemusik (Violen) 152, 182«. Erfindung der Tastenmechanik 50, — des Pedals 67. Erfordernisse zum vollkommenen u. schö- nen Spiel (Sancta Maria) 30. Erhöhung (chromatische) 117^. Esaltazione della Croce 173. Estrambote 861. Etüden 85. Exaquir 58, 60. F. Falconio, P. 194^. Falso-Bordone-Sätze Sancta Marias 25^. Fantasia 132 f., — und Ricercar in Italien 139-40. Fantasieren 13, 48, 53, 100, 108, 182, — Virdung über das freie — 05. Fattorini, Gabriele 202, 204^. Fergusio, G. B. A 11 225. Fernando Medici 172, 175. Ferrara, Kammermusik am Hofe von — 158 f. Fetis 2122. Figueroa, Bemardino de 10, 22, — 316 — Mnger, Bezeichnung der 14, 30, 114i. Fingersatz 5, 6, — bei Bermudo 14, — bei * Sancta Maria 33 f., — in kurzen Oktaven 36 f., — für Doppelgriffe 30, 111 f. Fingerstellung 31. Fiorino 169, 160. Florentiner Monodisten 154, 157, 196, 203, 212. Fogiiano 73. Francesco Medici 168, 171. Francesco da Milano 140. Francesco da Pesaro 102. Frankreich, über die mittelalterlichen In- strumente in — 60, — Intermedien- Auf- führungen in — 177. Französische Orgelbücher 5, 104 — 5, Um- fang der Klaviatur 65. Fresoobaldi 142, Pedal bei — 68, —Ver- zierungen 123 f., — Partiturspiel 210 f. Froberger 124. Frtmimo 68, 88. 139^. Fr(Molt 86, 150. Fuenllana, Miguel 86, 107, — über Takt- halten 109, — Lautentabulatur mit Solo- gesangstimme 156. Fugenkomposition 143, s. auch Fantasia imd Becercar. Fugen, Verzierung von 23, 121. Fugger, Baymund, Instrumentensammlung 148. — Jörg 152 — Octi^vianus Secundus 152. Fulda s. Adam. Fundamentum von H. Buchner 6, 112, 133, 137, — orgamsandi von Paumann 4, 133, 137. Gabrieli, Andrea, Orgelwerke 6, 7, 142, — Umfang der Klaviatur 65, — Verzierung 120, 122, — Transponieren 132, —In- tonationen 138, 146, — Orgelbearbeitung GabrieU, Gio 6, 7, 121, 122, 132, 138, 142, 146. Gafurius 10, — über Temparierung 72, 135. Gagliano 174. Galilei, Vincenzo 68, 72», — dessen Fro- nimo 88, — über den Affekt beim Orgel- spiel 138, — Becercarenkomposition 140, — Lautenrecercaren 283 — 6. Gallus, Jos. 198, 200. Gamba, B. 165«. Ganassi 10^. Gandolfi, 100, 167^ Gardane, Ant. 90^. Gardano, Angelo 202. Gaspari 6. Gastoldi, G. 210i. Gehrmann, H. 125^. Generalbaß 106, — Theorie des — 205 f., — in Deutschland 212 f., — in d^n ersten Opern 206^, — Bezifferung 208. Generalbaßspiel, Gegner des — 210 f. Generaldiskant 205, 209, 212. Gerle 83«, 182». Geschmackvolles Spiel 40. 123. Gespaltene Tasten 17, 63, 74, 128, 131. Gesualdo, Principe da Venosa 182^. Ghizzolo, G. 2051. Giaccobi, G. 209, All 224. Giambullari 164^. Giovanni, Scipione 123. Girolamo d'Urbino 6 s. auch CavazzonL Oia oder as 74. Glarean 10, 103. Gleiche Bedeutung der Kreuz- und b-Töne 17, 76, 128, 130. Gleichschwebende Temperierung 72. Olosas 48, 114, 118. Ood'e Promisea 176. Goldschmidt, H. 124?, 206». Grorlier, Simon 105. Gombart 135. Grazzini, A. 169». Groppo 117, 141. Grove, G. 189i. Gualterotti, B. 1712. Guami, G. 202, 205. Guarini 160. Guidiccioni, Laura 172. Guido von Arezzo 59. II. Haberl 119, 135^, 187^, 196«, 200* «, 202* 8. Halbtakt-Methode 45. Handhaltung (Sancta Maria 30, 111. ) Hanna, Paolo di 141, 142. Harmonielehre 50, 241-— 242. Haßler, Hans Leo 143, — Jacob 143. Hauptfinger 34, 43. Hauptton, Betonung des — bei Verzierun- gen 116, 121. Hausmusik des italienischen Edelmannes 152, — am Hofe von Ferrara 158 f« Hazütt, W. C. 176« f. Heinrich VIIL von England 103, 148 f., 185. — 317 — Heinrich III. von Frankreich 164i. ELieronimo s. CavazzonL Hieronymus de Moravia, Orgeltriller 114 u. 116. Hipkins, A. J. 58i, 59«, 60i, 612, 69*. Hoby 1531. Hof, Jörg vom 97. Hofhaimer 2, 84, 89, 186. Holzbläser 183i. Hopkins, J. 57 1. Hoquetus 100, 101. Hymnen, Orgelbearbeitung 86, 133, — spanische — ^bearbeitungen 136. Instromentalkanzonen 198, 200, 296, Instromentensammlungen (Inventare) 148. Intavolieren 21, 193. Intermedien, in Italien 163 f., 306^312, — — musik im 17. Jahrh. 182, — musik gedruckt 167 u. 172, — in England 176 f., — in Frankreich 177 f., — in Deutsch- land 179, 18JU-«rl83. Inventare 1^, Isaac, H. 189. Isabella von Spanien 148, 149. Italienische Becercaren 130, — Hausmusik 152 u. 158, •— Intermedien 163 f., — Opemorchester 181. Jachet Mantuano 13. Jesuitendrama 181. Jobin 832. Johann (Juan) I. von Aragon 58, 165, 183 1. Johabn III. von Portugal 9. — Herzog von Sachsen 448, 192. — spanischer Prinz 149. Josquin 51, 103, 106, 276. Julius IL, Papst 167. Jusquinus s. Salem. Kade löl^. Kadenzen 18, 19, 50. Kamann, J. 96^. Kari V., Kaiser, 8, 141, 149. Kiesewetter 1622. Klarheit im Spiel 33, 111. Klaviaturen, Umfang der — 61 f. Klaviatur-Schema Bermudo 15 — 17, Buch- ner 64. Klaviermusik bei Niimberger Patriziern 90 f., 186, — am engl. Hofe 140, — am sächsischen Hofe 151. Kleber 5, 64, 67, 89, — Takteinteilung 1102, — Verzierungszeichen 115, — Prä- ludien 137. Ellemme, J. 192. Kolman, Job. 180. Koloraturen 114, 118. Koloristen 84, 95, 122. Komponieren, über das 81. Kontrapunkt (Sancta Maria) 50, 133. KommüUer 1022. Kotter 5, 89, — Verzierungen 114, — Prä- ludien 137. Kratzer 153i. Krebs 3, 7, 58, 60i, 662, 89», 114^, 117^, 1211, 122. Kress, Christof 00 f., 186. — G. von 90». Kretzschmar 206». Kreuz- und t^-Töne gleichbedeutend 17, 76, 128, 130. Kuhn, Max 1182, 1553. Kurze Oktave 15^, 62, 64, 66, — Finger- satz 36 f. Läufe (Tonleitern) 33 f. Landino, Franc. 2, 102. Lanfranco, Giovanni, Umfang der Ellavia- tur 63, — Stimmungsmethode 76 f. 80,85, 130. Laaca, II 1692. Lassus 120, 165, 179 f., 264, Laute, die 82, 153. Lautenbücher 82, — deutsche 83, 88, — französische 83, — italienische 83, 88, 140, 183, — spanische 83, 86, 156. Lautenisten, Stellung in Deutschland 185 f. Lautenkimst 82, — in Deutschland 84 u. 88. Lautenrecercaren, Spinaooino 140, — Galilei 147, 283 t Lautensack 90, 95, 96, 186. Lautenspiel 126. Lautentabulatur (Schlick, Fuenllana) 156. Lavoix, H., fils 158». Lehrgang im Klavier- und Orgelspiel nach Bermudo 12 f., — nach Santa Maria 20. Lehrmeister im Orgelspiel 57, 92, 93, — notwendig für Klavier- u. Orgelspiel 83. Leierkasten 147. Leo X., Papst 167. Leoni, G. B. 161. — 318 — Leoni, Leone 210. Lieder zur Laute 15S. Liegnitz 192. liepmannssohn 188^. Liliencron, B. v. 26. Loeffelholz 5, 183. Loose, W. 97«. Lullisten 125. Lorenzo Magniüco 102, 167. Luzzaschi 7, 142, 145, — Solo-Madrigale 157 f., 209, 286 t Machault, Guillaume de 59. Madrigal Solo 157, 286 i», — als Instru- mentalmusik 182, 194, — Texte 161. Magnificat 103, 131. Malvezzi, Alberigo 172. — Cristofano 172, 209. Maifestspiele in England 176. Mani^en 40 f., 114 f., 123, — Lombar- dische — 125. Mannucci, Piero 178. Mantuani, J. 167^. Marenzio 172, 173, 312, Margherita, Herzogin von Este 158 f. Marini, Biagio 125'. Marsiü, Bastiano 171^. Massaino, T. 205, 205^, 208, All. 223. Matteo del fu Paolo da Prato 62. — da Siena 57. Meilini 164«. Memo, Dionisio 103, 150. Mensuralmusik 9, — auf das Monochord abzusetzen 45 u. 98. Merula, T. 210«' », A IL 226. Merulo 5, — Becercaren 65, 134, 142 u. 145, — Methode des Orgel- und Klavier- spiels 84, — Verzierungen 122, — Orgel- canzonen 296. Messe mit Instrumenten 166, 179, 192. Milano, Lodovico da 57. — Francesco da 140« MiniUa 121, 141. Mitteltönige Temperatur 72, 73. Modi (Tonarten) 15*, — accidental (trans- poniert) Bermudo 17 f., — Sanota Maria 50, — Cerone 131, — bei Verzierungen zu beachten 14, 45 u. 116. Molza, Tarquinia 160. Monochord 17, — Absetzen auf das 20, — Stimmen des 54 f. u. 70 f., — erstes, in Italien und Spanien 60, — über den Namen 69^. Monodisten 154, 157, 196, 203, 212. Monte, Filippo de 182«. Monteverdi 181, 206'. Morales, Christoval de 10, 22, 134. Moravia, Hieronymus de 114, 116. Mordent 114, 117. Morphy, G. 8, 64», 86, 135», 156i. Mortaro, Ant. 121, 200, 201, 204«. Motetten als Unterhaltimgsmusik 18S. Mozart, Leop. SIK Muffat, Georg, Manieren 125. Muris, Johannes de 57. Musik, stille 185. Musiklehre (Bermudo) 10 f. Nachahmungen 51. Nagel, W. 1031, 1434, 1494, igei. Nantermi, O. All. 223. Neithard 72. Nerici 57, 62«, 67, 102«. Neusidler, Hans 83^, 185. Niederländische Orgeltabulatur 106, Nodari, G. P. AIL 222. Noldi, Antonio 173. Nolhac, P. de 164i. Nörmiger 5, 151. Nottle, Bonifacius 97. O. Oktave, kurze 15^, 62, 64, 66, — Finger- satz 36 f., — Oktawerdopplung 20 u. 125. Orchester (Intermedien) 166 f. Orchesterstimmen improvisiert über den basso continuo 206^. Organetto, Organino, Organa di legno 147. Organisten in Italien 2, 6, ISO, — in Deutschland 104 u. 100, — Stellung der — in Deutschland bei Tafel- imd Hochzeits- musik 185 f. Organistenprobe 136. Orgel in der Haus- und Theatermusik 147 f. Orgelauszug 141. Orgelbau 69, — in Lucca (15. Jahrh.) 62. Orgelklaviaturen, Umfang der 62 f. Orgelkunst, venetianische in England 140» — norditalienische 102. Orgeln, Bermudo über 23, Verbreitung der 57. Orgelstimmen (bass. cont.), ihre Benen« nungen 204, — ihre Gestalt 205. Orgeltabulatur, älteste englische 4, 00» — Buxheimer 5, — deutsche 5, 90, 104, 107» 183 u. 100, — französische 5 u. 104, — 319 — itaUenische 5, 6, 104, 105, 126 u. 141, — niederländische 64 u. 106, — Druckprivi- leg (1498) 106, — Anordnung der Stim- men in 190. Orgelpartituren 191. Orgelunterricht, Besprechung des 86 bis 107. Orgelverzierungen 114. Orgelwerke vor und im 16. Jahrhundert 90 f. Omithoparchus 10, 190^. Ortiz, Diego 10^, — Begl. eines Solo-Instr. auf dem Cembalo 155. Oviedo, G. F. de 149«. Paarweise Behandlung der Stimmen 53, 136. Pacheco, Ysabel 9. Padovano s. Annibale. Paesler 6, 64i, *, 112i, 1142. Paix, Jacob 6, 142, — über Koloraturen 121, — Canzoni franoese 142, — Orgel- tabulaturen 183. Palestrina 119, 134. Parabosco 105. Parazzi, Ant. 202». Pareia s. Bamis. Puütur 20, 98, 173, — beim Komponieren 187 f., — in Deutschland 189, 190i, 192 u. 213 f., — Zusammenhang zwischen — und Orgelbässen 203, — contra Basso continuo 210. Paumann 2, — Fundamentum organisandi 4, 84, 118, 133, 137, 186. Pedal 61, 63, 67 f. Pedrell 7, 26, 26, 688, 1121, 148i, 183i. PeUegrina, la 172. Peperara, Laura 160. Peri, J. 157, 173, 181, 182, 203, 205. Pesaro 165. Petrucci 106, 139. Pfudel 1922. Philipp II. von Spanien 135^, 148. Piccioni, G. 2105, AH, 224. Pictorius, Friedr. 184. Piena voce 154. Pietro della Valle 89. Pigna 160. Poglietti 124. Pontio, Pietro 3, 139«, — über Recercaren- komposition 144. Porta, E. 209*, All. 226. Praetorius, M. 59, 66, 67, 104, — Oktav- verdoppelung in der Vokalmusik 126, — Intermedienkunst 183, Instrumental- Motetten in der Earche 185, — General- baß 206 u. 215. Pr^ludes (Attaingnant) 137. PuUasohi, G. D. 209*, All. 226. Pundua serpens 124. Q. Quantz 81 2. Quiebro 37, 38, 41 f., 115 f. Quinte, temperierte 72. Quintiani, Lucretio 198, 205. Badecke, Ernst 882. Bamis de Pareia 60, — Umfang der Kla- viatur 61, — Stimmen des Monochords 71, 74, 1141 u. 128. Recercadaa 155. Becercaren, der Begriff in Italien 139, — Entwicklung 139 f., — Theorie 143 f., — von Buus 5, 141 u. 245, — von Ca- vazzoni 105 u. 140, — von Luzzaschi 142 — von Merulo u. Gabrieli 66 u. 134, — von Willaert 140, 141, — Gegner des — spiels ■ 146, -- für Laute 140, 147 u. 283. Becitation mit Begleitung 153 f., 161. Redobles (Bermudo) 13, 18, 23, 33, — (Sancta Maria) 41 f., 115. Begister der Orgel 24, 63, 68, 147, 167, 184, — bei dem Generalbaßspiel 209. Bespondieren der Orgel zum Chor 23, 129. Bibrochus 204, 210. Bicercar s. Becercar. Biemann, H. 57^, 100, lOli, », 11*», II61, 1602, 1871, 1953, 2122, 8. / Bimbault 57, 71, ^ Binuccini 161, 172. Bitter, A. G. 3, 7, 26, 1392. Bognoni, D. AH. 222. BoUand, B. 162». Bomanzen, spanische 136, 153, 156. Bomei 160^, 161. Bore, Cipriano da 180, 194. Bossi, Bastiano de 1722. Bucellai, Palla 172. Budhart, F. M 179^. Sabellicus 67. Sagudino, Nicolo 103, 149, 153, 176. — 320 — Saiten des Clavichords 69, 71, — Baß — der Laute 68. Salem, Jusquiniis (Lautenist) 206^. Salinaa 723, 73, 73. Salmon 178. Sancta Maria 8, 25 f., — Absetzen 98, 107, — Anschlag 111, — Diminutionen (Olo- aas) 120, Fantasieren 132, — Fingersatz 112, — Handhaltung 111, — als Kom- ponist 135, — Manieren 123, 126, — Musikbeispiele 236 f., — Saitenbezug des Monochords 69, — Stimmung 78, 79, — Takt 109, — Transposition 130, — Triller {Redoble u. Quiehro) 115 f., — Umfang der EJaviatur 64. Vgl. auch Inhaltsübersicht zu Kap. 1. Sandberger 96,i 96^, 143, 148«, 179^, 186, 1871. Sängerinnen am Hofe zu Ferrara 160. Sannemann 81 1. Sanuto 1031, 149, 163, 166, 176i. Schadaeus, Abraham 214. Scheidt, S. 192. Schema der Klaviatur 16, 16, 64, 86. Schlecht, Baymund 141. Schlick, Arnold 6, — Umfang des Orgel- manuals und Pedals 61, — Pedalspiel 67, 69, — Stimmung 73 f., — Lautentabu- latur 166. Sohmid, Bernhard der alt. 6, — Umfang der Klaviatur 65, 183. — Bernhard d. jung.. Umfang der Kla- viatur 66. — Anton 1062. 167^. Schneider, M. 137i. Schubiger 67, 71, 108. Schütz, H. 2001. Schwarz, Rudolf über Frottole 150*. Segni, Giulio 106. Segni 1642. Seiffert 3, 83i, 84i, 121 1, 134i, 139, 140, 142, 1928, 2028. Sestina 146. Simonsfeld, H. 206^. Singschulen 80. Singstimme zur Laute 156. Soderinus, A. 200. Solerti 169, I6O1 f., 161 1, 162, 163i, 164i, 1722. Sologesang 161, — zur Laute 153 u. 173 — Madrigal mit Klavierbegleitung 157. Solospiel, Violone 155. Sophie, Herzogin von Sachsen 161. SostenkUione II71. Spartieren 193. Spielen vom Ghorbuch 20, 08. Spinaccino, Francesco 140. Spitta 126. Squarcialupi, Ant. 2, 100 f., 118. Staden, Johann 214. Stadlma}!:, Johann 213. Stadtpfeifer 183, 186. Stainer 101», 166*. Stüle Musik 177, 186. Stilunterschied zwischen Vokal und Instru- mental 81. Stimmung des Clavichords 54 f. u. 71, — der Tasteninstrumente 70 f., — des Violones mit dem Cembalo 156. Streichquartette, -trio-quintette 162, 167, 180, 1822. Striggio, Alessandro 169 f., 173, 180, 181. Strozzi, Giovambatista 172. — Piero 172. Sweelinck 143. T. Tabarrini, M. 1662. Tafehnusik 180, 183, — Stellung des Or- ganisten bei — 185. Takt 29 f., 46, 86, 86, 100 f.. Taktstrich 100 f., 193. 204. Tanaka, Shohe 72i, 73. Tanz, Traktat über den — 81», — stücke 90, 106, 161, 186, — Spieler 111. Tasso 160. Tastar de corde 140. Tasteninstrumente, Namen der besaiteten 692, 60, — Beschaffenheit der —60. ; Tastenmechanik, Erfindung der 59. Tellez, Baltasar 20. Temperierung 72. Text bei Instrumentalkompositionen 81, 99, 102, — bei Partituren und General- baß 191, 204. Thema des Becercars 144 f. Thürlings, Ad. 187i. Tientos 87, 134, 146. Tini und Besozzi (Tini und Lomazzo) 196. Toccata für Orgel (Annibale Paduano) 301, Tonarten (Modi) und ihre Transposition 17 f., 50, 130 f., 229—232, 236—240, 283—285. Tonleitern 14, 33, 86, 113, 228. Torchi, L. 66, 106*, 140, 1822, 1951, 206». Transposition 17 f., 23 f., 50, 108, 127 f., 164, 191, 213. Tremolo 117. i — 321 — Triller (Redoble u. Quiebro) 13, 23, 41 f., 114 f., — nach beiden Seiten des Haupt- tones 14, 115. Trojano, Massimo 179. Turettini, Paolo 57. XJ. Übnngsstoff für Klavierspieler und Sänger 85 f. Übungszeit, nach Bermudo 13, 14, — nach Satiota Maria 48, 53, 107. Umfang der Klaviatur 61 f., — Pedal 61. Umkehrung 142. Unterschied zwischen Klavier- u. Orgelspiel 111. — Instrumental- u. Vokalmusik 81, 143, — Sologesang u. mehrstimmigem 153. Urbino, Girolamo d' s. CavazzonL üsper, Franc. 210«. Valdrighi 4, 60, 148«, 160*, 1673. Valente, Ant. 195. Valle, Pietro della 89. Van der Straeten 58, 60^, 64«, 69i, 149i, 1841. Variationen 87, 90, 139. Vasquez 13, 86, 110^. Vecchi, Orfeo 200, 202. Veglia 171. Venegas, Luis 7, lOi, 13^, 64, 104. Venosa s. Gesualdo. Verbreitung der Tasteninstrumente 57. Verdeckung unreiner Konsonanzen 18, 19, — durch Verzierungen 74, 117^. Verovio, Italienische Tabulaturen und Be- arbeitungen 126, 157, 280, Verzierungen, Bermudo 22 f., — Sancta Maria 41 f., u. 48 f., 84, 101, 114 f., — Betonung des Haupttones bei — 116 u. 121, — bei unreinen Tönen 74, 117^, — ausgeschriebene 118, 122, — besonders in der Oberstimme 14, 101, 118, — über- mäßige 22, 119, — gleichmäßig zu ver- teilen 48, 120, — bei Imitationen 48, 120, 121, 141, — freie Ausführung der — 123, — bei dem hasso continuo 209. Verzierungskunst eine Improvisations- kunst 122, 125. Viadana 196, 202, 204, 206, 209i, *, 210i, 212, 213, 214. Vicentino, Nicola 17, 70, 108, — über Diminuieren 119, u. 209, Fugenkom- position 143, — Singen mit Instrumen- talbegleitung 154, 158, 159. Spartieren 193. Victoria, Thomas Ludovicus de 134, 201. Vihuela 17, 54, 86. Villancicos 13, 86, 135. Vülanis, L. A. 60^. Vincenti, Giacomo 196, 201. Vincentius, Caspar 214. Violone als Soloinstrument 155. Virdung 59, 61, — Besaitung des Clavi- chords 69, — Stimmung 71, 85, — Freies Spiel 95, — Takteinteilung 110, — Orgel- tabulatur 191. Virginalspiel in England 82^, 149. Visconti, Prospero 206^. Vittoria organista 113^. Vittoria, T. L. s. Victoria. Vivaldi 125. Vogel, E. 167*, 6, 1721, 181i, 208i, Vorzeichen 19, 129, 130. TT. Waisselius 83«. Walther J. G. 124. Wangemann, O. 57 1. Wasielewski 3, 1253. Weckerlin 60i, 1782. Weitzmann 72i, 782. Werckmeister 72. Werra, E. v. 1312. Werth, Jacques de 185. Willaert, Adrian 5, 8, — Recercaren 106, 134, 140 u. 141. — Caterina 181. Winterfeld, K. v. 3, 162^, 2028. Wolf, Joh. 21, 4, 601, 100, 101, 102i» 118, 194*. Wooldridge 4, 189i. Würthmann, F. 179i. Z. Zacconi, Lodovico 89, 1552. Zarlino 592, 69, 70, 73, 78, 79, — über Transponieren 128, — über Recitieren 154. Zeitraum zur Erlernung des Klavierspiels (Bembo) 82, — (Bermudo) 83, 94, 99, 131. Zoüo, C. All. 226. Zuane Maria 150. Zucchini, Greg. 202. Zusammenhang zwischen Partituren und Orgelbässen 293. Zweistimmiges Spiel 51. ♦o»» Kinkel dey. Orgel und Klavier. 21 ML 406 .KS6 1910 Orgtl Mnd Klavltr m dtr MiMk cfUfiforo 3 6105 042 977 707 34 f 4 ^ :'! ?* 1 c #^ Für was ist das Pedal beim Klavier?Die Funktion ist bei allen Klavieren gleich: Das rechte Pedal hebt alle Dämpfer gleichzeitig von den Klaviersaiten ab. Die Saiten können dann frei schwingen und erzeugen einen mit Resonanzen angereicherten und vollen Klang, der maximal mit dem Resonanzboden interagiert.
Wie funktioniert das Sostenuto Pedal?Das mittlere Pedal (Sostenuto-Pedal):
Bei Betätigung dieses Pedals klingen nur die angespielten Töne nach. Drückst du eine oder mehrere Tasten und betätigst dann das mittlere Pedal, werden diese Töne gehalten. Die Dämpfer der angespielten Töne bleiben oben. Die restlichen Töne werden wie gewohnt gedämpft.
Warum hat ein Klavier 2 Pedale?Das linke Pedal ist (beim Klavier) auch mehr oder weniger überflüssig – es verkürzt die Flugphase der Hämmerchen und reduziert somit die Aufprallenergie, ein recht untaugliches Surrogat für das linke "Piano-Pedal" des Flügels, das die Tastatur verschiebt und somit auch den Klangcharakter verändert.
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