Was tun wenn man nicht essen kann

Erika Weichert kurz vor Einweisung in die Klinik. Sie wog nur noch 37 Kilo und sah dem Tod bereits in die Augen.

  • FOCUS-online-Autorin Kathrin Steinbeißer

Mittwoch, 08.04.2015, 06:28

Sie konnte wochenlang nichts mehr essen, wog nur noch 37 Kilo und blickte dem Tod in die Augen. Erika Weichert hat Achalasie, eine seltene Krankheit der Speiseröhre. Nur wenige Ärzte in Deutschland wissen, wie die Erkrankung zu behandeln ist.

Die mit einem Symbol oder Unterstreichung gekennzeichneten Links sind Affiliate-Links. Kommt darüber ein Einkauf zustande, erhalten wir eine Provision - ohne Mehrkosten für Sie! Mehr Infos

  • Nur einer von 100.000 Deutschen leidet an Achalasie.
  • Viele Betroffene erhalten erst nach Jahren die richtige Diagnose.
  • Die Fehldiagnose lautet meist Magersucht.

Alles fing im Sommer 2002 auf einer Grillparty an: Erika Weichert, damals 56 Jahre alt, biss genüsslich in ihre Bratwurst, als ihr diese plötzlich im Hals stecken blieb. Dieser Moment veränderte ihr Leben. Von da an konnte sie fast nur noch flüssige Kost zu sich nehmen und musste sich ständig übergeben.

Keiner wusste, was ihr fehlte

Schließlich ging die damalige Verwaltungsfachangestellte zu ihrer Hausärztin. Die war ratlos und erkannte nicht, was mit ihr los war.

Erika Weichert hatte zudem unerträgliche Schmerzen hinter dem Brustbein. Selbst trinken wurde zur Qual. Ihre Arbeitskollegen ließen schließlich nicht locker, bis sie sich stationär in das nächste Krankenhaus einweisen ließ.

Nach zahlreichen Untersuchungen wurde ihr im Februar 2003 mitgeteilt, dass sie unter Achalasie leidet.

Die Ursache der seltenen Krankheit ist bis jetzt unklar

Achalasie gehört zu den seltenen Krankheiten. Nur einer von 100.000 Deutschen jährlich erkrankt daran. Bei den Betroffenen ist der untere Teil der Speiseröhre, der Magenpförtner, stark verengt oder sogar verschlossen. Zusätzlich fehlt die Transportfunktion, um den Speisebrei zu befördern. Das bedeutet, dass das Essen aufgrund der Verengung und schlechten Beförderung nach unten nicht mehr in den Magen gelangen kann. Das Essen sammelt sich in der Speiseröhre an, was folglich zu Erbrechen führt.

Die Ursache der Erkrankung ist bist jetzt unbekannt. Forscher vermuten jedoch einen Autoimmunprozess, der die Nervengeflechte in den Muskelfasern am Magenpförtner nach und nach angreift. Untersuchungen dazu laufen gerade am Institut für Humangenetik der Universität Bonn.

So sieht die Speiseröhre von Achalasie-Patienten aus:

Schulz Bild 1/3 - So sieht der verengte Mageneingang von Achalasie-Patienten auf einem Röntgenbild auf.

Schulz Bild 2/3 - Oft weitet sich die Speiseröhre der Achalasie-Patienten, wodurch die typische "Sektglasform" entsteht. Das Problem ist, dass sich durch den angesammelten Speisebrei Bakterien bilden, die Entzündungen hervorrufen können.

Schulz Bild 3/3 - Ist die Speiseröhre massiv geweitet, wird von einem "Megaösophagus" gesprochen.

3

Die vorgeschlagene Therapie blieb erfolglos

Endlich wusste Erika Weichert, was mit ihr los war. Doch die vorgeschlagene Osteopathie und Akupunktur halfen ihr nicht. Im Gegenteil: Ihr Zustand verschlechterte sich rapide. Sie konnte nicht einmal mehr richtig trinken und nahm sehr schnell ab.

„Bei 1,59 Metern wog ich schließlich nur noch 37 Kilo. Und die furchtbaren Schmerzen am Brustbein waren kaum noch erträglich. Außerdem war mir ständig übel. Es gab eine Phase, da wusste ich, dass ich sterben würde!“

FOCUS GESUNDHEIT Magazine als PDF-Download

Unsere PDF-Ratgeber zeigen Ihnen ausführliche Themen-Specials zu: Haut, Allergien, Gelenke und Knochen und viele mehr.

PDF's zum Download

Nächste Seite

  • Seite
  • 1
  • 2

Zum Thema

Seltene Krankheiten

Die Waisenkinder der Medizin

Serie Seltene Krankheiten: Niemann-Pick

Wenn Kinder Symptome zeigen wie Greise

Ein rätselhafter Patient

Chronische Déjà-vus: Mann ist seit acht Jahren in Zeitschleife gefangen

Vielen Dank! Ihr Kommentar wurde abgeschickt.

Im Interesse unserer User behalten wir uns vor, jeden Beitrag vor der Veröffentlichung zu prüfen. Als registrierter Nutzer werden Sie automatisch per E-Mail benachrichtigt, wenn Ihr Kommentar freigeschaltet wurde.

Artikel kommentieren Logout | Netiquette | AGB

Bitte loggen Sie sich vor dem Kommentieren ein Login Login

Überschrift Kommentar-Text

Sie haben noch 800 Zeichen übrig
Benachrichtigung bei nachfolgenden Kommentaren und Antworten zu meinem Kommentar Abschicken

Leser-Kommentare (4)

Bei den folgenden Kommentaren handelt es sich um die Meinung einzelner FOCUS-online-Nutzer. Sie spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider.

Dienstag, 01.11.2016 | 12:07 | Oliver Sachse

Das Los des Fehldiagnostizierten

Nach 10 Jahren vergeblichen Arztbesuchen und unzähligen Magenspiegelungen, wurde meine Achalasie zu spät erkannt und konnte dadurch nur noch mit Operationen behandelt werden. Seit 2006 bis heute, den 01.11.2016 wurde ich bereits 7 mal operiert (viele Komplikationen) und wurde weiterhin unzähligen Röntgenuntersuchungen, Magenspiegelungen und Manometrien unterzogen. Bis heute, trotz der nach wie vor nachweislich starken Beschwerden und einer dadurch andauernden Arbeitsunfähigkeit - wird diese Erkrankung nicht vollständig, im gesamten Umfang ihres Ausmaßes anerkannt und bewertet. Man wird als Achalasie Patient, mit all den Erkrankungen und Umständen die sich zusätzlich daraus ergeben, seitens der Ämter als "Leicht-erkrankt" abgehandelt und mit seinem Schicksal weitestgehend allein gelassen!!

Antwort schreiben

Weitere Kommentare (3)

Mittwoch, 19.08.2015 | 15:28 | Oliver Sachse

Leider zu spät...

Nach 10 Jahren eines immer schmerzvoller werdenden Martyriums, wurde die Diagnose eher zufällig bei einem CT gestellt und erst ein Jahr darauf, im Jahr 2006 fand die erste OP, - leider mit Komplikationen statt, woraus weitere, massive Probleme entstanden. Es folgten viele OPs (darunter auch Not-OPs) mehr und dabei wurden 3/4 der Speiseröhre und 3/4 des Magens entfernt. Durch die Komplikationen verlor ich auch, - durch beidseitige Pleuraergüsse einen beträchtlichen Teil meiner Lunge. 2012 fand die letzte OP statt. Seit 2006 lebte ich so gut es nach diesen operativen Eingriffen ging. Ende 2008 fiel ich aufgrund der stetigen Schmerzen und erneuten Komplikationen in die Arbeitslosigkeit, erhalte heute Leistungen nach SGB2. Ich bin am Leben, aber mit leben hat das nicht mehr viel zu tun. St3T1

Antwort schreiben

Dienstag, 14.04.2015 | 06:30 | Martina Petraklis

Achalasie bei Kindern

Mein Sohn war 9 Jahre alt, als bei ihm Achalasie diagnostiziert wurde. Im Kinderkrankenhaus wollte man ihm den halben Bauch aufschneiden. Gott sei dank Recherchierte ich im Internet und fand so Dr Schulz in Castrop Rauxel . Dr. Schulz hat meinen Sohn damals Endoskopisch behandelt. Seitdem kann er wieder vernünftig Essen. Bei meinem Sohn sagte man auch erst er hätte etwas mit der Psyche. Es wird heutzutage leider viel zu wenig Ursachen Forschung betrieben. Das geht in vielen vielen fällen zu lasten der Patienten. Und das finde ich traurig, weil ich ja eigentlich mein Leben in die Hände eines Arztes gebe.

Antwort schreiben

Mittwoch, 08.04.2015 | 06:54 | J. Dietrich  | 2 Antworten

Leidensweg

Der beschriebene Leidensweg kommt mir sehr bekannt vor. Hinzu kommen massive Schlafstörungen, Erstickungsangst und ständig fühlt man sich müde und völlig ausgebrannt. Fast jeden Tag diese Schmerzen, dass raubte Lebenskraft. Vor 4 Wochen lies ich mich hier in Braunschweig operieren. Als ich das erste mal nach 17 Jahren ohne Angst und Schmerz essen konnte, flossen vor Glück und Erleichterung die Freude Tränen über das Gesicht. Nun freue ich mich auf ein normales Leben.

Antwort schreiben

  • Montag, 13.04.2015 | 13:57 | Angela Janz

    Ich kenne das

    Habe immer um50-55kg gewogen, 2 gesunde Jugs bekommen und bis 8/14 ging es mir auch gut.Dann nahm ich ganz viel ab und niemand wusste woher.Ich hatte ein Devertikel an der Speiseröhre das erst niemand operieren wollte.Erst durch meine Nichte die Ärztin in der Schweiz ist wurde ich in Düsseldorf operiert.Viele Komplikationen. 3 Monate Krankenhaus und Reha, 41 kg, aber ich lebe.Gott sei Dank

    Was kann man tun wenn man keinen Appetit hat?

    Möglichkeiten, um deinen Appetit anzuregen.
    Trinke vor dem Essen einen Aufguss aus Kümmeltee und Schafgarbentee..
    Trinke einen Aufguss aus 150 ml heißem Wasser und zwei Teelöffeln Lavendelblüten..
    Außerdem als appetitanregend gilt Ingwer. ... .
    Kaue frische Wacholderbeeren..

    Kann nichts mehr Essen Psyche?

    Appetitlosigkeit ist häufig ein Anzeichen von erhöhtem Stress, wenn der Mensch aufgrund psychischer Anspannung vergisst zu essen oder sich zum Essen zwingen muss. In Phasen mit weniger Stress regeneriert sich der Appetit aber meist wieder.

    Wann mit Appetitlosigkeit zum Arzt?

    Wann Sie zum Arzt müssen Sie sollten einen Arzt aufsuchen, wenn sie wiederholt oder länger anhaltend an Appetitlosigkeit leiden. Dies gilt vor allem, wenn sie Gewicht verlieren oder zusätzlich Krankheitszeichen bei Ihnen auftreten.

    Was ist der Grund für Appetitlosigkeit?

    Stress, Alkohol, Nikotin oder Kaffee im Übermaß und Medikamente wie zum Beispiel bestimmte Schmerzmittel (nicht steroidale Antirheumatika) sind gängige Auslöser. Eine Gastritis kann auch bei einer Magen-Darm-Infektion auftreten (siehe nachfolgend: Gastroenteritis).

Toplist

Neuester Beitrag

Stichworte