Wie wirken sich die Französische Revolution und die Herrschaft NAPOLEONs auf Deutschland aus?

Zwischen Freiheit und Repression - Frankreichs Herrscher Napoleon katapultiert die Deutschen durch Eroberungen und Reformen in ihr nationales Zeitalter: die Erweckung der "deutschen Nation".

Videolänge:43 minDatum:16.11.2008:UTVerfügbarkeit: Video verfügbar bis 16.11.2028

Ausgerechnet ein fremder Kaiser ist es, der Deutschland in ein nationales Zeitalter katapultiert: Frankreichs Jahrhundertherrscher Napoleon. Durch seine Eroberungen und Reformen finden die Deutschen mehr denn je zueinander. Was ihm gelingt, hatte zuvor niemand erreicht: die politische Erweckung der "deutschen Nation".

Als General der Revolution schürt er die Hoffnung auf Freiheit, als Kriegsherr bringt er die Deutschen gegen sich auf. Manche nennen ihn einen "Halbgott", andere ein Ungeheuer. Willkürlich krempelt er Europa um und spielt mit dem Schicksal von Mächten und Völkern wie ein Jongleur mit Bällen.

Im Jahr 1806 treffen bei Jena und Auerstedt in Thüringen preußische Truppen auf die legendäre Grande Armée. Preußen will sich gegen Napoleon behaupten und Frankreich in die Schranken weisen. Doch Bonaparte duldet keinen Widerstand. Preußens Truppen erleben ein Inferno. Das französische Heer triumphiert. Deutschland ist nun endgültig unter Napoleons Kontrolle.

Napoleon erbeutet die Quadriga

Das Brandenburger Tor 1806: Napoleon zieht als Sieger in Berlin ein. Die Quadriga wird als Beutestück nach Paris verfrachtet. Eine unglaubliche Demütigung. Napoleon krempelt Deutschland um: Die Gebiete links des Rheins gehören jetzt zu Frankreich. Rechtsrheinisch entsteht ein von Napoleon abhängiger Bund - der Rheinbund. Preußen wird nach seiner Niederlage um die Hälfte verkleinert.

Preußen hofft jetzt auf den Freiherr vom Stein. Er wird zum entscheidenden Gegenspieler Napoleons. Stein will durch mehr Freiheit und Mitbestimmung Kräfte wecken, aus Untertanen patriotische Bürger machen. Das Volk soll hinter seinem Staat stehen. Es geht ihm um die Befreiung Preußens und ganz Deutschlands.

Der Wind dreht sich

Doch auch Bonaparte selbst sorgt dafür, dass der Widerstand gegen ihn wächst: Statt Frieden herrscht Krieg, statt Aufschwung erleben die Menschen Ausbeutung. Das Bild vom Hoffnungsträger verfinstert sich. Die militärische Katastrophe in Russland 1812 heizt die Stimmung gegen ihn zusätzlich auf: Hunderttausende Deutsche, die für Bonaparte in die Schlacht ziehen, sterben. Es ist der Wendepunkt: Immer mehr Verbündete Napoleons werden zu seinen Gegnern.

Völkerschlacht bringt Entscheidung

1813 bricht ein deutscher Befreiungskrieg aus. Im Kampf gegen Napoleon entsteht auf deutschem Boden ein neues "Wir-Gefühl". Immer mehr Deutsche entdecken sich als eine durch Kultur, Sprache und Geschichte verbundene Nation, die auch politisch geeint sein soll. Im Oktober 1813 kommt es zur Entscheidung: Die Völkerschlacht bei Leipzig. Napoleons Gegner sind in der Übermacht: Österreich, Preußen, Russland und Schweden bieten insgesamt mehr als 300.000 Mann auf. Ihnen stehen Franzosen, Polen und Soldaten aus den deutschen Rheinbundstaaten gegenüber, mehr als 200.000 Mann.

Auf dem Schlachtfeld kommt es zu einer unglaublichen Wende. Napoleon selbst wird Zeuge: Mitten in der Schlacht wechseln mit Frankreich verbündete Soldaten die Seiten und richten ihre Waffen auf Napoleons Truppen. Deutsche wollen nicht mehr auf Deutsche schießen. Napoleon wird bis nach Paris verfolgt, die entführte Quadriga nach Berlin zurückgeholt.

Eine neue Ordnung entsteht

Napoleon hat Europas Staaten durcheinander gewirbelt. In Wien kommen im September 1814 Könige und Fürsten zusammen. Die Sieger wollen Europa neu ordnen. Das Ergebnis des Wiener Kongresses ist der sogenannte "Deutsche Bund": Ein lockerer Zusammenschluss von 35 deutschen Fürsten und vier freien Städten - mit den Vormächten Österreich und Preußen. Doch die Hoffnung auf Einheit und Freiheit für alle Deutschen bleibt vorerst nur ein Traum. Napoleon muss 1815 nach der verlorenen Schlacht von Waterloo als Geächteter den Rest seines Lebens in Verbannung verbringen - auf der Insel Sankt Helena.

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Er kam, sah – und reformierte. Nach dem Sieg über das Heilige Römische Reich Deutscher Nation ordnete Napoleon Anfang des 19. Jahrhunderts dessen Strukturen neu: Verbündeten wie Baden und Württemberg gab er Ländereien, während viele Kleinstaaten von der Landkarte verschwanden.

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Zugleich modernisierte er Verwaltung und Rechtsprechung, etwa durch den Import des "Code Civil" aus Frankreich. Auch konnten Juden ihre Religion nun frei ausüben.

Sichtbare Spuren der Franzosenzeit im Südwesten bis heute

In Deutschland gilt Napoleon Bonaparte oft als Totengräber des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Denn durch seine Feldzüge ordnete der französische Kaiser Europas Landkarte – und die Deutschlands – neu. Gleichzeitig stabilisierte Napoleon, was die Französische Revolution wenige Jahre zuvor erschüttert hatte. Sichtbar ist diese Franzosenzeit in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bis heute.

Französische Truppen verteidigen die Revolution von 1789 in den sogenannten „Koalitionskriegen“ mit Feldzügen in ganz Europa, besetzen u.a. das linke Rheinufer. So bereiten sie Napoleon den Boden auch im Südwesten Deutschlands.

Seit einem Staatsstreich im November 1799 ist er „Erster Konsul“ und mächtigster Mann Frankreichs. Das Land hält den gerade mal 30-jährigen Feldherrn – als Napoleone Buonaparte war er am 15. August 1769 auf Korsika geboren worden – wegen seiner Siege in Schlachten in Italien und Ägypten für ein militärisches Genie.

Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 sieht vor, dass die weltlichen Fürsten für ihre Verluste links des Rheins entschädigt werden. Hierzu wird u.a. kirchlicher Besitz säkularisiert. Im Rheinbund schließen sich ab 1806 deutsche Staaten unter französischem Protektorat zusammen.

Napoleons Stern sinkt

1812 erlebt Napoleon die katastrophale Niederlage seiner Truppen in Russland. Die "Grande Armée" tritt den Rückzug an. Als Napoleons Stern nun sichtbar sinkt, suchen die deutschen Fürsten den richtigen Zeitpunkt für den Absprung aus der Allianz mit ihm. Baden ist ein gutes Beispiel: Dem Großherzog gelingt der Seitenwechsel vom Rheinbund zur Allianz aus Österreich, Preußen und Russland nach der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813. Das trägt ihm beim Wiener Kongress Rückendeckung durch den Zaren ein und sichert so langfristig die Gebietsgewinne der napoleonischen Jahre.

Die Endphase Napoleons, in Deutschland oft „Befreiungskriege“ genannt, hat im Südwesten die vielleicht bemerkenswertesten Spuren hinterlassen. Etwa bei Kaub am Rhein, einige Kilometer südlich des Loreley-Felsens, an einer Stelle, an der heute eine Fähre Autos und Fußgänger von einem Ufer zum anderen übersetzt.

In der Neujahrsnacht 1813/1814 überqueren hier 60.000 Soldaten unter dem preußischen Feldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher mithilfe einer Pontonbrücke den Rhein – der Auftakt zum russisch-preußischen Vormarsch nach Frankreich. Napoleon dankt 1814 ab, kehrt aus dem Exil auf Elba aber noch einmal zurück, um in der Schlacht bei Waterloo 1815 endgültig geschlagen zu werden.

Rückschritt für die Emanzipation der Juden

Geschichte ist wandelbar und kennt auch plötzliche Rückschritte. Das müssen nach Napoleons endgültiger Verbannung 1815 vor allem die Juden in Deutschland erfahren. Ihnen hatte der Code Civil Religionsfreiheit und damit das Ende der jahrhundertelangen Ghettoisierung gebracht – ein bedeutsamer Schritt der Emanzipation. Nun stellt sich heraus, dass dieser Fortschritt nicht von Dauer ist.

Deutsches Justizwesen bleibt nach Napoleons Ende geprägt vom Code Civil

Das deutsche Justizwesen hingegen übersteht Napoleons Ende als Herrscher fast unbeschadet. Sein Code Civil dient weiter – bis zur Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahr 1900, kaum kaschiert durch einige Namens-Etikette: So ist in Preußens Rheinprovinz vom „Rheinischen Recht“ die Rede und in Baden vom „Badischen Landrecht“, das 1810 aus dem Code Civil entstanden ist.

Erinnerungen an Napoleon vielfach positiv

Bemerkenswert ist, dass seine Epoche Frankreich im Südwesten Deutschlands und besonders entlang des Rheins nicht zum Erbfeind macht. Nationalistische Lieder wie die „Wacht am Rhein“ entstehen erst in späterer Zeit, z.B. in der so genannten „Rheinkrise“ 1840, in der ein Grenzstreit um den Fluss entflammt. Die Erinnerungen an Napoleon sind dagegen vielfach positiv.

Wer beurteilen will, wie die Deutschen Napoleon im Nachhinein sehen, muss auch im Blick haben, was auf ihn folgte: Nämlich ein halbes Jahrhundert, das in Punkto Freiheit, Einheit und Gleichheit wenig Fortschritt bringt. Die Restauration ab 1815 mit dem Versuch einer europäischen Rückabwicklung der napoleonischen Ära ab 1815 und die gescheiterte liberale Revolution 1848 fördern eine „Napoleon-Nostalgie“, teils schon vor seinem Tod am 5. Mai 1821.

Manuskript zur Sendung

Welche Auswirkungen hatte die napoleonische Herrschaft auf Deutschland?

Napoleon annektiert kurzerhand alle westrheinischen Gebiete. Ebenso beendet er die Zersplitterung der übrigen deutschen Fürstentümer, indem er sie zu wenigen Mittelmächten zusammenlegt. Durch die Gründung des Rheinbundes im Juli 1806 bringt er sie unter seine Kontrolle.

Welche Auswirkungen hatten die Revolution von 1789 und die Politik NAPOLEONs auf die deutschen Staaten?

Fast alle geistlichen Herrschaften und Reichsterritorien wie Reichsstädte und Reichsritterschaften aufgelöst wurden. Es entstanden 4 neue Kurfürstentümer und die Reichsverfassung wurde verändert, in den linksrheinischen Gebieten galt der Code Civil als Zivilrecht. Deutschland wurde in Verwaltungsbezirke unterteilt.

Welche Rolle spielt Napoleon für Deutschland?

In Deutschland gilt Napoleon Bonaparte oft als Totengräber des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Denn durch seine Feldzüge ordnete der französische Kaiser Europas Landkarte – und die Deutschlands – neu. Gleichzeitig stabilisierte Napoleon, was die Französische Revolution wenige Jahre zuvor erschüttert hatte.

Was passiert mit Deutschland nach Napoleon?

Nach der Niederlage von Napoleon I. (1769-1821) in der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 und dem Ende der Koalitionskriege 1814 mussten die führenden europäischen Souveräne und Staatsmänner auf dem Wiener Kongress die Grenzen der Staaten neu festlegen.