England deutschland wer ist kapitän

Neuer trug in der Vergangenheit die Regenbogenbinde

Viele Social-Media-Nutzer kritisierten jedoch, dass es sich bei den Farben nicht um die der Pride Flag handle. Die Regenbogenflagge, die ein Zeichen der Solidarität mit der LGBTQ+-Szene ist, besteht aus den Farben rot, orange, gelb, grün, blau und lila. Eine Binde in diesen Farben trug Manuel Neuer bereits in der Vergangenheit. Die Uefa wertete das Tragen der Regenbogenbinde damals jedoch als politisches Zeichen, was durch ihre Statuten verboten ist. Sie brachte deshalb eine Überprüfung in Gang, die allerdings nach viel Kritik wieder gestoppt wurde.

Fans der Nationalelf deuten die "One Love"-Binde daher als Einknicken vor der Uefa. So schrieb ein Nutzer auf Twitter: "Was sind das für Farben, und warum nicht die richtigen?" Ein anderer User twitterte: "Junge, wart ihr zu faul, die Farben einer Pride Flag zu googeln, wollte euer Designer 'mal was Neues wagen' oder sind das die Farben, die Katar am wenigsten ärgern?"

Ein weiterer Fan versuchte bereits, einen Erklärungsansatz für die neue Binde zu finden, und schrieb: "Bin mir nicht sicher, ob das auch für 'ne Kapitänsbinde zählt, aber die Regenbogenflagge ist in Katar mit Gefängnisstrafen verbunden." Homosexualität ist in Katar gesetzlich verboten. Bei der "One Love"-Binde handelt es sich um eine Kampagne, wie vom DFB in der Mittelung bereits genannt, die vom niederländischen Verband im Jahr 2020 ausging.

Das bedeuten die Farben der "One Love"-Binde

Die Uefa verwies nach einer Anfrage von t-online auf den niederländischen Fußballverband KNVB. Dieser antwortete t-online: "OneLove betont, dass alle im Fußball mindestens eines gemeinsam haben: ihre Liebe zu diesem Spiel. Wir wollen alle Menschen vereinen und verbinden und sind daher gegen jede Form von Ausgrenzung und Diskriminierung. Nicht nur Diskriminierung von LGBTQ+, sondern auch gegen Rassismus, Antisemitismus etc."

Der Verband erklärte auf Anfrage auch die Zusammenstellung und Bedeutung der Farben des Herzens: "Rot/Schwarz/Grün symbolisiert, dass jeder stolz auf seine Farbe oder Herkunft sein sollte und Pink/Gelb/Blau stehen für alle Geschlechtsidentitäten und sexuelle Vorlieben. Es geht nicht nur um LGBTQ+-Diskriminierung, sondern um alle Arten von Diskriminierung. Fußball kann Millionen von Menschen vereinen."

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Ob die "One Love"-Binde jedoch vom DFB-Kapitän bei der WM in Katar getragen werden darf, ist noch fraglich. In den Turnier-Regularien schreibt die Fifa, dass sie den Teams Ausrüstung bereitstellen wird, die "im Stadion und während der offiziellen Trainings zu verwenden ist. Andere ähnliche Ausrüstung ist nicht gestattet." Dazu gehören auch Kapitänsbinden. Zudem verbietet die Fifa die Verbreitung von politischen Botschaften jeglicher Art durch Spieler und Funktionäre. Also auch auf Binden und beispielsweise Trikots. Eine Anfrage von t-online, ob die Binde bei der WM in Katar getragen werden darf, wurde bisher von der Fifa nicht beantwortet. Auch eine Anfrage von t-online an den Schwulen- und Lesbenverband zu der Debatte blieb unbeantwortet.

Wenn Bundestrainer Hansi Flick auf eine Frage keine Antwort weiß, runzelt er gerne die Stirn und sagt: „Gute Frage.“ So war es auch zuletzt wieder, nach dem 0:1 gegen Ungarn. Aber gottseidank gibt es ungefähr 50 Millionen Bundestrainer, die dem Ratlosen zuhilfe eilen wie beispielsweise „UNedomanski“, der im WELT-Leserforum den Finger in die Wunde legte: „Ohne einen treffsicheren Mittelstürmer wie Lewandowski kann man gegen defensive Teams nichts reißen.“

Hansi Flick hat keinen. Sein Lewandowski heißt Timo Werner. Der ist zwar doppelt so schnell wie der Pole, trifft aber nur halb so gut. Und wenn ein Gegner hinten die Räume dichtmacht wie die Ungarn, ist auch Timos Tempo vollends für die Katz, und er trifft dann überhaupt nicht mehr. Lewandowski dagegen besitzt notfalls immer noch eine weitere Waffe – den Kopf.

Die Köpfe oben lassen: Bundestrainer Hansi Flick (M) mit seinen Spielern Serge Gnabry (links), Benjamin Henrichs und Timo Werner (rechts)

Die Köpfe oben lassen: Bundestrainer Hansi Flick (M) mit seinen Spielern Serge Gnabry (links), Benjamin Henrichs und Timo Werner (rechts)

Quelle: dpa/Jan Woitas

Wäre Robert Lewandowski Deutscher, hätten wir mindestens 1:1 gespielt. In der 68. Minute servierte David Raum den Ball mundgerecht in den Strafraum, und Lewandowski hätte Torwart Gulacsi nur noch gefragt, in welche Ecke er ihn haben will – doch dummerweise stand dort Leroy Sane, und statt die Stirn hinzuhalten, hat Sane erschrocken das Genick eingezogen, und der Ball hat ihn irgendwo zwischen Nacken und Rücken erwischt. Kurz: Sane weiß gar nicht, wie ein Kopfball geht.

Auf Tauchstation: Leroy Sane hat es mehr mit den Füßen

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Quelle: dpa/Christian Charisius

Wenn wir uns richtig erinnern, hat an diesem trostlosen Abend immerhin ein Kopfball den Weg zum ungarischen Tor gefunden. Thomas Müller hat ihn abgeschickt. Der Rest des deutschen Angriffsspiels sah so aus wie das des FC Bayern seit drei bis vier Wochen: Flachpassfußball, Hin- und Hergeschiebe ohne Durchschlagskraft – er habe diesen Durchhänger mit seinen Bayern wohl jetzt auch zur Nationalmannschaft mitgebracht, hat man Müller hinterher sagen hören. Das klingt nach einem vorübergehenden Problem, einer kurzen Unpässlichkeit, einem Schnupfen. Ist es nur ein Formkrise?

Abrissbirnen von Seeler bis Bierhoff

Hansi Flick hofft es, er spricht sich Mut zu. Bis zur WM, glaubt der Bundestrainer, kehrt die Wucht zurück. „Es ist halt so, dass solche Spiele manchmal vorkommen“, sagt er, „das war ein Weckruf.“ Wenn es so ist, wäre alles gut. Auch Oliver Bierhoff, der DFB-Geschäftsführer, hat nachgelegt: „Das Ziel bleibt.“ WM-Finale also. Immerhin hat er so gut wie eingeräumt, dass ihm nach dem Ungarn-Schock acht von zehn Deutschen ob dieser Prognose den Puls fühlen – und die restlichen zwei ihn dringend darum bitten, dass er sich noch mal umzieht, am besten schon Montag gegen England.

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Dort hatte Bierhoff den Tag seines Torjägerlebens. Wembley 1996, EM-Finale. Unsere Deutschen lagen gegen die Tschechen hinten, waren spielerisch mit ihrem Latein am Ende, ein Tor musste her, und Bundestrainer Berti Vogts schickte seinen Plan aufs Feld, B wie Bierhoff, B wie Brechstange. Der Hüne hielt seinen Kopf hin und wuchtete das Runde ins Eckige. 1:1. Dann nochmal Bierhoff. 2:1. Europameister.

Wenn untenrum nichts mehr ging, hatten wir oben immer ein Kopfballungeheuer, das in die Luft ging, seine Abrissbirne hinhielt, gegnerische Abwehrmauern demolierte und uns Tore und Trophäen bescherte. Spontan denken wir an Horst Hrubesch. Sein Hamburger Kumpel Manfred Kaltz schoss ihm die Flanken serienweise an die Birne, und Hrubesch erklärte es dem Mikrofon hinterher so: „Manni Banane, ich Kopf – Tor.“ Wie krumme Südfrüchte flogen die Bälle dem Rest der Welt um die Ohren. Bei der WM 1970 erwischte Uwe Seeler die Engländer derart mit dem Hinterkopf, dass Klaus Fischer, auch so ein Kopfballungeheuer, später im Magazin „11 Freunde“ verriet: „Seine Sprungkraft, seine Explosivität, seine Präzision, all das hat Uwe, genau wie ich, am Kopfballpendel gelernt. Das Pendel – warum gibt es das heute eigentlich nicht mehr?“ Ja, warum eigentlich?

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Schuld sind die Mediziner, die Neurologen und Pep Guardiola. Das Elend ging los, als es nach Messungen an der Hirnrinde ehemaliger Brechstangen plötzlich hieß, Kopfbälle förderten Demenz und Alzheimer und seien fast so ungesund wie das Rauchen. „Bild“ fragte: „Machen Kopfbälle dumm?“ Und der DFB reagierte: Winzige Mini-Tore für Kinder und Jugendliche wurden eingeführt und sorgten dafür, dass die Bälle nur noch flach gespielt werden.

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Und Pep Guardiola, wie gesagt. Der ließ, damals beim FC Barcelona, seine Zauberzwerge um Lionel Messi auf Höhe der Grasnarbe zwirbeln, manchmal auch dicht darunter. Wer einen Messi hat, braucht vornedrin keinen Riesen. Aber inzwischen, bei Manchester City, hat der Spanier keinen Messi mehr – und um auch dort endlich die Champions League zu gewinnen, hat er sich jetzt Erling Haaland geholt, der in zwei Metern Höhe horizontal in der Luft hängt und zum Scherenschlag ausholt, oder zum Kopfballtorpedo.

Hansi Flick hat das Pech, dass er sich als Bundestrainer keinen Norweger kaufen kann. Er muss nehmen, was er hat – und Jens Lehmann hat, als er noch TV-Experte war, dieses schwere deutsche Los so beschrieben: „Wir produzieren keine Stürmer mehr.“

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Die bösen Folgen waren schon bei der WM 2018 zu besichtigen. Fast jedes zweite Tor ergab sich damals aus einer Standardsituation. Warum wurden die Franzosen Weltmeister? Weil ihre Innenverteidiger Varane und Umtiti, zwei Zentner schwer, zwei Meter lang, sich bei Freistößen und Eckbällen immer in den gegnerischen Strafraum schleppten und dort als Rammböcke den Schädel hinhielten. Sie hatten außerdem Benzema. Unsere Deutschen dagegen spielten schön in die Breite, bis sie dann, so Ralf Rangnick, „irgendwann gemerkt haben: Das Spiel ist aus und wir haben noch gar kein Tor geschossen.“

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Wie zuletzt wieder gegen Ungarn. Hansi Flick hat nur noch falsche Neuner. Uns Uwe ist tot, Bierhoff sitzt auf der Tribüne, und nicht einmal Lukas Nmecha ist dabei. Der Wolfsburger ist verletzt, aber nach sieben Länderspielen und null Toren fragen sich sowieso viele: Wäre er wirklich die Brechstange für die WM? „Gute Frage“, würde Hansi Flick antworten.

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Quelle: Getty Images/Alexander Hassenstein

Dem Bundestrainer bleibt für Katar nur die Lösung, für die sich zuletzt schon Bayerntrainer Julian Nagelsmann entschieden hat. Der schickte, als es in Augsburg 0:1 stand, in seiner Not Manuel Neuer nach vorn. Der schraubte sich sofort hoch und scheiterte mit seinem fulminanten Kopfball nur am mirakulösen Reflex seines Torwartkollegen Gikiewicz. „Wie kann man den halten?“, fragte er fassungslos. Manuel Neuer ist jedenfalls das letzte Kopfballungeheuer des deutschen Fußballs – wenn wir Weltmeister werden wollen, muss er uns den Hrubesch machen.