Warum kamen die Deutschen nach Amerika?

Geschichte Migration

So haben deutsche Einwanderer die USA geprägt

Zwischen 1830 und 1930 wanderten rund 5,8 Millionen Deutsche in die USA aus. Noch heute führt sich ein großer Teil der amerikanischen Bevölkerung auf deutsche Wurzeln zurück. Einige Traditionen wirken bis heute nach.

Veröffentlicht am 12.05.2021 | Lesedauer: 3 Minuten

circa 1955: Kurt Kemmel's Wurstgeschaeft, at Hoboken, the hub of the German immigrant community, just across the Hudson River from
New York City. (Photo by Orlando /Three Lions/Getty Images) Getty ImagesGetty Images circa 1955: Kurt Kemmel's Wurstgeschaeft, at Hoboken, the hub of the German immigrant community, just across the Hudson River from New York City. (Photo by Orlando /Three Lions/Getty Images) Getty ImagesGetty Images

Ein "Wurst Geschaeft" in New York in den 1950er-Jahren

Quelle: Getty Images

Die US-amerikanische Gesellschaft wurde nach Erkenntnissen von Migrationsforschern maßgeblich von deutschen Einwanderern geprägt. Das treffe beispielsweise auf die christlichen Feiertage in den USA und auf die Art der Freizeitgestaltung am Wochenende zu, sagte die Bremerhavener Migrationshistorikerin Christina Ziegler-McPherson in einer Online-Diskussion. „Das Konzept des freien Wochenendes, dabei grillen und Bier trinken, das ist unter dem Einfluss deutscher Einwanderer entstanden“, verdeutlichte die Wissenschaftlerin, die im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven arbeitet. Auch Kindertagesstätten hießen jenseits des Atlantiks noch heute nach deutschem Vorbild „kindergarten“.

Germantown, Levi Strauss oder Pressler alias Presley – Namen von Personen oder Ortsteilen erinnern daran, dass Amerika ab dem 17. Jahrhundert das Ziel deutscher Auswanderer war. So kamen zwischen 1830 und 1930 rund 5,8 Millionen Deutsche in die USA. „Heute kann ein Großteil der amerikanischen Bevölkerung deutsche Familienwurzeln vorweisen“, erläuterte Ziegler-McPherson. Prominente Beispiele reichten dabei von Ex-Präsident Donald Trump bis hin zu Hollywood-Stars wie Sandra Bullock, Leonardo DiCaprio oder Bruce Willis.

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Der amerikanische Millenniums-Zensus aus dem Jahr 2000 entwirft ein deutliches Bild: Mehr als 49,2 Millionen der beim Millenniumwechsel 282 Millionen Amerikaner (heute sind es rund 320 Millionen) gaben an, von Deutschen abzustammen, wobei allerdings auch Migranten aus dem Habsburger-, dem Zarenreich oder dem Alpenraum gemeint sein können. Damit stellen sie die größte Einwanderer-Gruppe überhaupt. Auf genuin englische Wurzeln führten sich nur 26,9 Millionen US-Bürger zurück, womit die einstigen Kolonialherren gerade einmal auf den fünften Platz kommen, hinter Afroamerikanern (41,3 Millionen), Iren (35,5 Millionen) und Mexikanern (31,79 Millionen).

Die meisten Deutschen, die in mehreren Wellen in der Neuen Welt eine bessere Zukunft suchten, trieb die Hoffnung auf ein besseres Leben. Dabei hatten sie drei Vorteile: Sie sprachen ein Idiom, das dem Englischen sehr nahesteht. Sie galten den Engländern als eng verwandt. Und sie waren häufig Protestanten.Wie keiner anderen Einwanderergruppe wurde es den Deutschen von den Englisch sprechenden Amerikanern leicht gemacht, in Amerika eine neue Heimat zu finden. So breiteten sie sich über das ganze Land aus. Deutsche Inseln, wie sie zwischen Milwaukee, Cincinnati und St. Louis, dem sogenannten German Belt, entstanden, blieben die Ausnahme. Allerdings ist die häufig kolportierte Geschichte, die deutsche Sprache hätte beinahe das Englische verdrängt, eine Legende.

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Noch heute wanderten jährlich etwa 250.000 Menschen aus Deutschland aus, sagte der Historiker William O‘Reilly in der Diskussion, die das Schifffahrtsmuseum organisiert hatte. Sie spielten eine wichtige Rolle für die Sicht auf Deutschland, weil sie als „sanfte Diplomaten“ das Land repräsentierten, in dem sie geboren seien.

Ganz allgemein sei das Thema Migration in der gesellschaftlichen Debatte und auch für Museen in jüngerer Zeit wichtiger geworden, sagte die Direktorin des Deutschen Auswandererhauses in Bremerhaven, Simone Blaschka. Sie warb für einen sensiblen Umgang mit Wörtern in dieser Diskussion und warnte vor Formulierungen wie „Das Boot ist voll“ oder Begriffen wie „Flut“ im Zusammenhang mit Einwanderern und Geflüchteten. Ohnehin müssten jetzt mehr „die zu Wort kommen, die nach Deutschland eingewandert sind, und deren Nachfahren“.

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Immigrants on Ellis Island reception centre; New York City; 1902 | Verwendung weltweit

Der Osnabrücker Migrationsforscher Jochen Oltmer widersprach der Argumentation, Armut und Migration stünden grundsätzlich in einem engen Verhältnis zueinander. „Migration ist teuer, Armut behindert und verhindert Migration“, argumentierte der Historiker. Auch im Zusammenhang mit Migrationsbewegungen aufgrund des Klimawandels warnte der Experte davor, eingängigen Botschaften zu folgen. „Das muss differenziert betrachtet werden, denn Klimaveränderungen zerstören Ressourcen, die Menschen kommen dann eher nicht weg.“

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Warum gibt es so viele Deutsche in Amerika?

An der europäischen Besiedelung des nordamerikanischen Festlandes waren Deutsche von Anfang an beteiligt, und bis ins 20. Jahrhundert hinein bildeten sie – noch vor den Briten, Iren, Italienern und Juden – sogar die stärkste Einwanderergruppe.

Warum kamen so viele Leute in die USA?

Die Einwanderung in die Vereinigten Staaten beeinflusst maßgeblich die Demografie und Kultur des Landes. Seit der Staatsgründung ließen sich in hoher Zahl Migranten aus religiösen, politischen oder wirtschaftlichen Motiven nieder oder wurden zwangsweise als Sklaven angesiedelt.

Wie kamen die Deutschen nach Amerika?

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts kamen die meisten US-Einwanderer aus Großbritannien und Irland. Danach waren die Deutschen etwa vier Jahrzehnte lang die größte Gruppe, gefolgt von Iren, Briten und Skandinaviern (Abbildung 1 und 2). In den 1880ern wanderten jedes Jahr etwa 120.000 Deutsche in die USA ein.

Wann und woher die ersten Deutschen nach Amerika kamen?

Das Hauptziel der frühen deutschen Einwanderung war Pennsylvania. Dort wurde 1683 die erste deutsche Siedlung auf dem Boden der heutigen Vereinigten Staaten von Amerika gegründet: Germantown.