Was ist der Unterschied zwischen einem Spieler und einem Bello?

MANNHEIM:  DER SPIELER  am 27.2. 2016  Premiere

Was ist der Unterschied zwischen einem Spieler und einem Bello?

Ludmila Slepneva, Zurab Zurabishvili. Copyright: Florian Merdes

 In einer eher stark heruntergekommenen ehemaligen Fabrikhalle anstatt im Casino eines deutschen Kurhotels spielt der „Igrok“ (‚Spieler‘) nach Dostojewskis Roman von Sergei Prokofjew. ‚Der Spieler ‚ entsteht neben wenigen bekannten Werken 1915/16 Prokofjews noch im zaristischen Rußland, wurde aber erst in der 2.Fassung 1927/28 vollendet, als Prokofjew die Sowjetunion bereits verlassen hatte. Man könnte von einem expressionistischen, später auch von ‚Neuer Sachlichkeit‘ geprägten Kompositionsstil reden. Tatsächlich ist die Musik stoffgemäß düster-dunkel konzipiert, also baßlastig, und die tiefen Blechbläser incl. Wagnertuben spielen dabei eine markante Rolle. Die ersten zwei Akte sind eher im Konversationsstil gehalten, erst gegen Ende finden die großen dramatischen Zuspitzungen (Auftritt der Großmutter, unendliche Gewinnphase Alexeis) statt. Das NTM Orchester zeigt sich wieder wohl präpariert und legt den düsteren funkelnden Soundteppich, wohl dosiert angeleitet von Alois Seidlmeier, der zwischen Graben und Bühne eine elastische musikalische Einheit herstellen kann.

 Im Unterschied zu Pique Dame, in der ja auch ein Spieler im Zentrum steht, veläßt hier am Ende Polina den Alexeij, da sie nicht als käuflich gelten will, und er ihr zu ‚weich‘ erscheint, während Hermann Lisa verlässt, weil ihm das Spiel zur Idèe fixe gerät. Aber mit dem Autauchen der Gräfin in Pique dame und der Anreise der Babuschka und beider Wahnsinnaufritte haben die Opern auch „entsprechende“ Szenen.

Tilman Knabe nützt diesen Auftritt für eine Groteske als russisch pompöse Geste mit hoher Sänfte und devoten Trägern. Im Bühnenbild von Johann Jörg fällt links im Hintergrund ein permanent drehender Globus mit gelb leuchtenden Erdteilrändern auf und ein oben  liegendes Krokodil, das sich bei Bedarf verdreifachen und verlebendigen kann, und den General schon mal in den Abgrund zieht. Vorn links lagern auch immer zwei ‚Flüchtlinge‘, die einmal rüde von der Polizei weggeschafft werden. Im Zentrum befinden sich zwei Rundbars mit elektronischen Anzeigetafeln. Das „Spiel“ am Ende findet auf der Vorderbühne statt, wo es dann Scheine in Stürmen bei Stroboskoplicht regnet, dazu Stangentänze im Hintergrund. Dann bricht kurzfristig auch die Revolution aus, wobei Flugblätter in den Zuschauerraum regnen. Diese heftig gepeitschte Knabe -Regie wird auch durch markant expressive Kostüme (Kathi Maurer) und signifikante buntfarbige Lichtveränderungen, die öfter Einstellungen als Tableaus festhalten (Bernard Häusermann), begleitet.

 Prokofjew hat für diese Oper auf einen Chor verzichtet, dafür aber extensiv viele Kleinrollen creiert, die aus den Reihen des Chores (Aki Schmitt) besetzt sind. So firmieren ‚Spieler‘ mit vielfältigsten Attributen sowie die entsprechenden Damen. Köstlich ‚harmonieren‘ Casinodirektor (Stephan Somburg) und Croupier (Christoph Wittmann, der auch als Fürst Nilski Kurzauftritt hat). Nicola Diskic zeichnet den Mr.Astley mit seinem gefühlvoll austarierten Bariton. Ludovica Bello ist als Blanche die Geliebte des Generals, in deren Beziehung es auch hapert. Bei Knabe muss die Großgewachsene  auch mal aus einem Wandloch herauskrabbeln, da sie in den Augen des Generals nicht besonders gesellschaftsfähig ist. Sie singt einen angenehmen leicht ironisch getrimmten Mezzo. Der Marquis, auf dem nach der Babuschka die meisten Hoffnungen ruhen, ist in Gestalt Ziad Nehmes ein kleines smartes Persönchen mit bravem Tenor im brokat- violettem Wams. Edna Prochnik kann die Rolle der Babuschka mit ihrem tollen Mezzo ausreizen.

Die Polina singt Ludmila Slepneva mit zartbogigem  gleichwohl expressivem Sopran  und muß sich Alexei immer wieder, wohl nicht im Sinne Dostojewskis, entziehen. Der bis 2013 als 1.Baß am Nationaltheater wirkende Sebastian Pilgrim übernimmt  sehr leger den General a.D., der seine Existenznöte mit wuchtigem sensitivem auch in der Tiefe schneidendem Baß zum Ausdruck bringt. Sein Hauslehrer Alexei, dem er wegen Flegeleien dem deutschen Adel gegenüber  kündigt, ist Zurab Zurabishvili mit unermüdlichem sehr gut funktionierendem Heldentenor, der sich als wahrer ‚Igrok‘, immer szenisch in Aktion, entpuppt.                                                                          

Trotz müder Beine und einer trägen ersten Halbzeit besiegen die Bayern die Gäste aus Mainz mit 2:1 - und liegen nun sechs Punkte vor Borussia Dortmund. Es sind genau solche Spiele, die am Ende einer Saison den Unterschied ausmachen können.

Aus dem Stadion von

Christof Kneer

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In der Innenverteidigung des FSV Mainz 05 spielten Bello und Hacki, im defensiven Mittelfeld spielte Stachi. Sille spielte rechter Verteidiger, wobei das nicht ganz sicher ist, weil manche Silli zu ihm sagten. Sehr klar ist dagegen, dass im Sturm Johnny spielte.

Es ist wieder Geisterspielzeit in München, die Fußballspiele werden wieder zu Hörspielen. Vor anderthalb Jahren, zu Beginn der Corona-Pandemie, hat man die Bayern-Profis erstmals im leeren Stadion belauschen können und dabei eine Menge über die innerbetriebliche Hierarchie gelernt, inzwischen sind die Lektionen etwas bunter geworden. An diesem Samstag hat man zum Beispiel gelernt, dass Thomas Müller "Lewa" ruft, wenn er Robert Lewandowski meint, während Manuel Neuer wenig später einen langen Ball an "Lewy" adressierte.

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Coman, wie er Haken schlägt und lacht

Der Flügelstürmer läuft ganz Mainz davon, Jamal Musiala muss Wehrhaftigkeit beweisen und die Dreierkette hat lange Probleme: Der FC Bayern in der Einzelkritik.   Von Sebastian Fischer

Auch in München spielen sie zwar lieber mit Zuschauern als ohne, selbst in München brauchen sie das Geld, dennoch gelten die Bayern als besonders begabte Geisterspieler. In der Triple-Saison unter dem Trainer Hansi Flick haben die Bayern aus den stillen Stadien das Allerbeste gemacht: Die Spieler haben sich lautstark zu allen Titeln gecoacht. Insofern war es sehr bezeichnend, dass man an diesem Samstag vor allem die Mainzer Spieler ihre Namen rufen hörte. Bello (Stefan Bell) und Hacki (Alexander Hack) haben es Lewa/Lewy sehr schwer gemacht, Silvan Widmer (Sille bzw. Silli) hat sich Alphonso Davies entgegengestellt, und Johnny (Jonathan Burkhardt) hat sogar jenes Tor vorbereitet, das die Mainzer in Führung brachte, erzielt von Karim Onisiwo (22.), den erstaunlicherweise alle Karim nennen.

Mainz' Trainer Svensson beschwert sich über einen nicht gegebenen Elfmeter

"Einen mühsamen Sieg", konstatierte Trainer Julian Nagelsmann später, es war einer jener am-Ende-gewinnen-halt-die-Bayern-Erfolge, wie man ihn in der Bundesliga-Geschichte schon drei Millionen mal erlebt hat - auch, weil es wieder eine Szene gab, in der sich der Bayern-Gegner benachteiligt fühlte. In der 19. Minute war der Mainzer Jae-Sung Lee im Münchner Strafraum nach Kontakt mit Dayot Upamecano zu Fall gekommen, was für den Mainzer Trainer Bo Svensson einen "klaren Elfmeter" darstellte. Wirklich klar war er nach Hinzuziehung unabhängiger Experten zwar nicht, aber dennoch hatte Svensson Recht, als er das große Thema des vergangenen Wochenendes wieder aufnahm: "Dass der Schiri das nicht nochmal anschaut, das verstehe ich nicht." Nur "weil ich 70 Meter weg war", habe er sich im Spiel nicht lautstark beschwert, sagte Svensson, "hätte ich die Wiederholung gesehen wie der liebe Schiri im Videoraum, dann wäre es schwer gewesen für mich, hier ohne gelbe Karte rauszukommen."

Dennoch unterschied sich dieses 2:1 (0:1) gegen Mainz 05 deutlich von jenen legendären Bayern-Dusel-Siegen, die meistens von Makaay oder Pizarro mit höhnischen Abstaubern in der 87. Minute sichergestellt wurden. An diesem Nachmittag gegen Mainz gelangen den Münchnern zwei exzellente Tore, und wenn man Nagelsmann Glauben schenken mag (und warum sollte man das nicht), war vor allem der erste Münchner Treffer das Gegenteil von Dusel, nämlich genau so geplant. "Wir haben in der Halbzeit gesagt, dass wir mehr Tiefe brauchen", sagte Nagelsmann, und acht Minuten nach der Pause schlug Corentin Tolisso aus der eigenen Hälfte einen Pass in die allertiefste Tiefe. In dieser Tiefe tauchte dann Kingsley Coman auf und traf zum Ausgleich (53.). Und der Siegtreffer von Jamal Musiala (74.) resultierte aus einer Bewegung, die außer Musiala nicht viele können.

Die Bayern wissen aus ihrer eigenen Geschichte, wie schwer der Herbst sein kann

Der moderne FC Bayern hat andere Mittel, um an etwas schwierigeren Tagen doch noch ins Ziel zu kommen. Zur individuellen Qualität der Spieler kommt im rechten Moment eine kollektive Mentalität hinzu, und das offenkundig auch an Tagen, an denen Mentalitätsgaranten wie Joshua Kimmich und Leon Goretzka fehlen. Zwar waren Tolisso und Musiala ein eher ungewöhnliches Duo in der defensiven Mittelfeldzentrale, keiner von beiden ist mit einem besonders robusten Mandat ausgestattet - aber dass ausgerechnet die beiden entscheidend an den beiden Tore beteiligt waren, gefiel ihrem Trainer dann schon ziemlich gut. "Man merkt, dass wir viele Spieler haben, die gerade ziemlich viele Minuten spielen müssen", sagte er und nannte die erste Halbzeit "ziemlich träge". In der zweiten Hälfte aber habe die Mannschaft "eine Top-Reaktion gezeigt, sie war richtig scharf".

Die Bayern wissen aus ihrer eigenen Geschichte, wie schwer der Herbst und der frühe Winter sein können, selbst in der Triple-Saison unter Flick setzte es in dieser Zeit zwei Niederlagen. Vor allem die Nationalspieler laborieren in diesen Wochen an müden Beinen, eine Luxuskrankheit zwar, aber eben doch eine, die Augsburger und Mainzer gerne mal zum Frech-Werden animiert. Es ist die Jahreszeit, in der die Bayern nicht immer so agieren können, wie sie das können und wollen, und es geht dann traditionell darum, nicht beleidigt und genervt zu sein, sondern die fehlende Aktion einfach mal durch eine Reaktion zu ersetzen. Es sind genau solche Ruck-Reaktionen, die sich am Ende einer Saison summieren können: Das Spiel gegen Mainz hat gereicht, um den Vorsprung auf Borussia Dortmund von vier auf sechs Punkte auszubauen.

Ob das ein gutes Wochenende für den FC Bayern gewesen sei, wollte ein Reporter von Julian Nagelsmann wissen, und womöglich überlegte sich der eloquente Trainer, ob er nun wieder zu einer mit drei Pointen garnierten längeren Antwort ansetzen sollte. Dann antwortete er: "Ja".

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