Was versteht man unter einer anapher?

Freunde kommen, Freunde gehen – Vielleicht hast Du diesen Satz schon einmal gehört. Er hat ein besonderes Merkmal, denn dieser Satz enthält eine Anapher.

Definition der Anapher

Die Anapher ist ein rhetorisches Stilmittel und gehört zu den Klangfiguren. Klangfiguren sind eine Untergruppe der Stilmittel und beschreiben die rhetorischen Mittel, die durch ihre Lautgestalt, also ihren Klang Assoziationen bei den Leser*innen oder Hörer*innen wecken.

Eine Anapher ist eine Wiederholung gleicher Worte am Anfang aufeinanderfolgender Sätze, Satzteile oder Verse. Das Wort Anapher lässt sich aus dem Altgriechischen von dem Wort anaphorá ableiten, was so viel wie Rückbezug bedeutet.

Anhand dieser Beispiele kannst Du sehen, wie eine Anapher aussehen kann:

Heute ist es kalt. Heute schneit es.

Der Frühling kommt. Der Frühling naht.

Wirkung und Funktion der Anapher

Wie jedes andere Stilmittel hat auch die Anapher eine bestimmte Wirkung auf die Leser*innen. Anaphern haben hauptsächlich die Funktion, einen Rhythmus zu schaffen und Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Hervorhebung und Betonung

Durch die Wiederholung derselben Wörter werden diese besonders hervorgehoben und betont. Das verstärkt die Wirkung dieser Wörter. Dadurch denkt der*die Leser*in automatisch intensiver über die Bedeutung des Satzes nach.

Auch in der Werbung wird dieses Prinzip oft eingesetzt, da so unter anderem der Markenname besonders betont werden kann. Aber auch in literarischen Texten können Schlüsselwörter durch ihre Wiederholung am Satz- oder Versanfang besonders hervorgehoben werden. Wenn Dir also auffällt, dass ein Wort in einem Text vielfach vorkommt, solltest Du Dich fragen, welche Absicht dahintersteckt und auf dieses Stilmittel eingehen.

"Aufgestanden ist er, welcher lange schlief,

Aufgestanden unten aus Gewölben tief."

(Georg Heym: "Der Krieg")

Bei diesem Auszug aus Heyms Gedicht "Der Krieg" wird der Versanfang durch die Anapher besonders betont, um den Prozess der Kriegsentstehung zu verdeutlichen und zu betonen, dass es lange keinen Krieg gab.

Rhythmus

Bei der Wiederholung wird ebenfalls ein eingängiger Rhythmus erzeugt. Dieser strukturiert den Text und hilft dem*der Leser*in, sich besser im Text zu orientieren. Er sorgt aber auch dafür, die Aufmerksamkeit der Leser*innen zu erregen und auf sich zu ziehen.

Gerade in Gedichten spielt der Rhythmus bzw. das Metrum, welches den Text strukturiert, eine wichtige Rolle. Eine Anapher kann in lyrischen Texten hilfreich sein, um das Metrum aufrechtzuerhalten und zudem eine beschleunigende Wirkung besitzen, weil der Versbeginn immer wiederholt wird.

"Es zu kämmen gegen den Strich,

Es zu paaren widernatürlich,

Es nackt zu scheren"

( Marie Luise Kaschnitz: "Ein Gedicht")

Bei diesem Gedicht von Kaschnitz wird der Rhythmus des Gedichts durch die immergleichen Versanfänge beschleunigt und die Aufmerksamkeit der Leser*innen auf den restlichen Teil des Verses gelenkt.

Einprägsamkeit

Besonders durch die Strukturierung eines Rhythmus kann die Anapher sehr einprägsam sein. Denn die Wiederholung gleicher Wörter mit einem eingängigen Rhythmus sorgt dafür, dass die Anapher besser im Gedächtnis bleibt. Dies wird unter anderem in Slogans oder in politischen Reden genutzt, sodass sich die Aussagen beim Publikum einprägen. Auch in literarischen Texten kann die Anapher für Motive genutzt werden, die sich bei den Leser*innen einprägen sollen.

"ich hör’ die Bächlein rauschen,

Im Walde her und hin,

Im Walde in dem Rauschen,

Ich weiß nicht, wo ich bin."

(Josef Eichendorff: "In der Fremde")

In diesem Gedicht von Eichendorff wird besonders das Motiv der Natur, in diesem Fall durch die Anapher "Im Wald", betont, um ein anschauliches Bild in den Köpfen der Leser*innen hervorzurufen.

Verwendung der Anapher als Stilmittel – Beispiele

Anaphern können vielseitig eingesetzt werden und sind ein beliebtes Werkzeug in vielen verschiedenen Bereichen.

Anaphern in der Rhetorik

Die Anapher ist eines der beliebtesten Stilmittel in Reden oder Vorträgen, da sie den Text gliedern und einen Sprechrhythmus erzeugen. Sie sollen das Publikum nicht nur fesseln, sondern auch die Aufmerksamkeit erregen. Sehr oft werden Anaphern zum Einstieg von Reden genutzt.

"Wir haben so vieles geschafft, wir schaffen das. Wir schaffen das! Und wo uns etwas im Wege steht, muss es überwunden werden."

(Angela Merkel)

In diesem Abschnitt ihrer Rede nutzt Merkel eine Anapher. Das Wort "Wir" wird besonders hervorgehoben und betont. Das hat die Wirkung, dass die Zuhörer*innen sich angesprochen fühlen und ihre Aufmerksamkeit geweckt wird. "Wir" hat in diesem Beispiel auch eine verstärkende Wirkung auf das Wir-Gefühl einer Gemeinschaft und schafft Vertrauen zwischen Zuhörer*innen und Sprecher*in.

Anaphern in der Literatur

In der Literatur sind Anaphern in allen Genres und Epochen zu finden. Sie kann einen eingängigen Rhythmus erzeugen und Spannung aufbauen.

“Pfui über allen Tod! Durch Schwert, durch Feuer, durch Gift, durch Strick, durch Beil. Pfui allem Tod!“

(Grillparzer: "Ein treuer Diener seines Herrn")

In diesem Abschnitt wirkt die Anapher durch das Wort "durch" sehr eindringlich. Zusätzlich schafft diese Wiederholung in der Form einer Aufzählung einen Rhythmus und jede einzelne Wortgruppe wird betont. Durch die eindringliche Wirkung werden die Wörter, die hinter dem "durch" stehen, besonders hervorgehoben.

"Das Wasser rauscht’, das Wasser schwoll"(Goethe: "Der Fischer").

Diese Anapher hebt das Wasser hervor. Die entstehende Dynamik, die durch die Wiederholung erzeugt wird, unterstützt die Beschreibung des Wassers durch die nachfolgenden Verben. Die Leser*innen können sich so die Bewegungen des Wassers sehr gut vorstellen. Es entsteht außerdem eine düstere Stimmung, die von der Anapher hervorgehoben wird.

Anaphern in der Werbung

Anaphern tauchen oft in der Werbung im Fernsehen auf. Denn sie werden sehr vielfältig in Werbeslogans verwendet, da sie besonders einprägsam sind.

Die Anaphern sind meistens kurz, knapp und schnell auf den Punkt gebraucht.

"Carglass repariert, Carglass tauscht aus."

(Carglass)

Der Werbeslogan von Carglass hat eine sehr starke Eindringlichkeit, da er kurz und knapp ist und ebenso einen Rhythmus erzeugt. Die Wiederholung des Firmennamen "Carglass" hebt diesen besonders hervor und die Kunden können sich ihn leichter merken.

"Keine Staus. Keine Termine. Keine Hektik. Kein Stress. Keine Kompromisse. Kein anderes Bier."

(Jever-Brauerei)

In dieser Bierwerbung hat die Anapher wieder eine rhythmische Wirkung und hebt besonders die Wörter hervor, die nach "Kein(e)" stehen.

Abgrenzung zur Epipher

Da die Anapher oft mit ähnlichen Stilmitteln verwechselt wird, kannst Du hier den Unterschied zwischen der Anapher und der Epipher sehen.

Bei der Epipher handelt sich ebenso um eine Wiederholung gleicher Wörter. Diese stehen bei der Epipher jedoch immer am Ende des Satzes.

Dies ist ein Beispiel für eine Epipher:

"Doch alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit!"(Friedrich Nietzsche: "Das trunkene Lied")

Bei diesem Gedichtauszug wird das Wort "Ewigkeit" am Ende statt wie bei der Anapher am Anfang eines Satzteils genutzt.

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Was versteht man unter Anapher?

Bei diesem Stilmittel findest du das gleiche Wort oder dieselbe Wortgruppe am Anfang benachbarter Sätze oder Satzteile. Durch die Wiederholung entsteht eine verstärkende Wirkung und das Gesagte prägt sich ein. Außerdem erhält der Text dadurch Rhythmus und Struktur.

Was ist eine Anapher für Kinder erklärt?

Bei der Anapher werden (ggf. leicht variierte) Wörter oder Wortgruppen zu Beginn mehrerer aufeinander folgender Sätze, Satzteile oder Verse wiederholt.

Was betont eine Anapher?

Die Anapher beschreibt die Wiederholung – einmalig oder mehrmals – eines Wortes oder eines Satzes zu Beginn aufeinander folgender Verse, Strophen oder eben Sätze respektive Satzteile. Dadurch kann sich im zugrunde liegenden Text eine verstärkende Wirkung durch die eindringliche Wiederholung entfalten.

Was ist eine Anapher und Epipher?

Die Epipher ist die einmalige oder mehrfache Wiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe am Ende aufeinander folgender Sätze oder Verse. Ihr stilistisches Gegenstück ist die Anapher, was eine Wiederholung zu Beginn aufeinander folgender Verse und Sätze meint.