Wie lange kann ich in der Grundversorgung Gas bleiben?

Benjamin Weigl ist bei Finanztip für den Themenkomplex Energie zuständig. Mit seinen Ratgebern bringt er Licht in den Dschungel aus Strom- und Gasanbietern, steigenden Preisen und erneuerbaren Energien. Er hat immer einen Energiespartipp auf Lager und versucht auch privat, möglichst nachhaltig mit Ressourcen umzugehen. Vor seiner Zeit bei Finanztip studierte Benjamin in Regensburg Medienwissenschaft, volontierte bei der Mittelbayerischen Zeitung und schrieb dort als Redakteur auch über Energiethemen.

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Zum örtlichen Grundversorger wechseln kann für viele Gaskunden die Rettung sein – oder ein Bumerang. Was heute günstiger ist, kann morgen ebenfalls teuer sein. Das ist jetzt zu tun.

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Auch wenn die Gasumlage jetzt vom Tisch ist, eine Gaspreisbremse kommt und die Mehrwertsteuer sinkt von 19 auf 7 Prozent: Daran, dass die Tarife aktuell oft nicht mehr bezahlbar sind, hat sich erst einmal nichts geändert. Eine Kilowattstunde Gas kostete im September im Schnitt 21,9 Cent, 232 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor, so das Vergleichsportal Check24.

Millionen Gaskunden wissen nicht weiter. Ein Neuvertrag bei einem billigeren Anbieter kommt meist noch teurer zu stehen – oder gar nicht erst zustande. Ein Ausweg aus dieser Misere kann die regionale Grundversorgung sein, die aktuell oft noch bezahlbare Preise für Gas wie für Strom aufruft. „Das kann die Rettung sein, muss es aber nicht“, sagt Hans Weinreuter, Energieexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Denn: Es gibt Haken. Wer umsteigt, sollte darauf achten, nicht in der teuren Ersatzversorgung zu landen – und auf weitere Preiserhöhungen im Winter gefasst sein.

Wie lange kann ich in der Grundversorgung Gas bleiben?

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Gehen jetzt gleich die Abschläge runter?

Nein: Wer in den letzten Wochen eine Preiserhöhung bekam, wird den hohen Abschlag noch eine Weile stemmen müssen. Bis die Versorger die Gasumlage wieder rausgerechnet sowie die geringere Mehrwertsteuer einkalkuliert haben und die neue, niedrigere Abschlagshöhe mitteilen, dürften noch einige Wochen ins Land gehen, erläutert Udo Sieverding, Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Wie zu viel Gezahltes erstattet, ob es womöglich erst bei der Jahresabrechnung verrechnet wird, ist aktuell noch offen. Allein die Mehrwertsteuersenkung wird den Geldbeutel einer Familie im Schnitt um etwa 306 Euro im Jahr entlasten, den eines Singles um 87 Euro, wie Check24 vorrechnet.

Wie komme ich aus meinem teuren Tarif raus?

Wer jetzt eine Preiserhöhung bekam, hat in jedem Fall ein Sonderkündigungsrecht. Bis der neue Preis greift, muss die Kündigung beim Anbieter sein. Aber: Niemand sollte vorschnell kündigen, rät Weinreuter. Wer keinen günstigeren Sondervertrag über Suchportale findet, für den kann die Grundversorgung zur Option werden.

Attraktiv kann der Wechsel zum Beispiel für Kunden sein, die Erhöhungen auf über 30 oder 40 Cent pro Kilowattstunde (kWh) Gas kassierten – während viele Grundversorger noch zwischen 13 bis 24 Cent pro kWh verlangen, wie eine grobe Auswertung des Online-Verbraucherportals Finanztip ergab. Beim Strom liegen die meisten Grundversorger demnach noch bei Arbeitspreisen von etwa 30 bis 40 Cent je kWh, während Sondertarife schon auf über 60 Cent hochjagten.

Wie attraktiv ist der Grundversorger wirklich?

Auch wenn sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen hat, dass Grundversorger aktuell noch vergleichsweise bezahlbare Preise haben, müsse das nicht automatisch für jeden die optimale Lösung sein, gibt Lorenz Bücklein, Energieexperte der Verbraucherzentrale Sachsen zu bedenken. Es gibt erhebliche regionale Unterschiede. „Die Grundversorgung dürfte noch etwa ein halbes Jahr günstiger sein als viele Sondertarife“, ist Sieverding überzeugt.

Als Grundversorger fungiert immer der Anbieter, der in der Region die meisten Kunden beliefert. In Berlin beispielsweise ist es bei Gas die Gasag, bei Strom Vattenfall. Früher waren Grundversorger-Tarife stets die teuersten, weil die Einkaufsstrategie langfristig angelegt ist. Nachdem bei der kurzfristig orientierten Konkurrenz die Preise explodierten, sind Grundversorger jetzt plötzlich attraktiv. Wechselwillige sollten sich deshalb bei ihrem örtlichen Grundversorger über die aktuellen Tarife informieren. Sie sind – meist versteckt – auf der Webseite zu finden. Auch Hotlines geben Auskunft.

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Wann ist ein Wechsel ratsam?

Wer den aktuellen Grundversorger-Tarif herausgefunden hat, muss ihn mit dem Arbeits- und Grundpreis seines laufenden Vertrags vergleichen. Eine Sonderkündigung macht nur dann Sinn, wenn der neue Anbieter deutlich günstiger ist. Ähneln sich die Preise, sollten Kunden sorgfältig abwägen. Denn: Preisgarantien für sechs oder zwölf Monate, wie anderswo üblich, gibt es beim Grundversorger nicht.

„Das Risiko, dass auch in der Grundversorgung die Preise im Winter weiter steigen, zumal jetzt alle hineindrängen, ist definitiv gegeben“, mahnt Weinreuter zur Vorsicht. Wem der Wechsel Entlastung bringt, muss beim bisherigen Versorger schriftlich kündigen. Oder das online per Kündigungsbutton erledigen. Der alte Anbieter schickt dann eine Bestätigung. Außerdem wichtig: Den Zählerstand ablesen und ihn dem alten Versorger wie auch dem Neuen mitteilen.

Was sind die Haken beim Wechsel?

Normalerweise gilt: Sobald der alte Vertrag endet, fällt der Kunde automatisch in die Grundversorgung hinein, wenn er Strom oder Gas nutzt. Aktuell sei es jedoch ratsam vorher abzuklären, ob man auch tatsächlich direkt in die Grundversorgung kommt, rät Experte Bücklein. Denn: Neukunden müssen mit Schwierigkeiten rechnen. Während manche Grundversorger die Neuzugänge problemlos in ihre vergleichsweise günstigen Tarife eingruppieren, können sie anderswo in der sogenannten Ersatzversorgung landen. Und zwar zwangsweise, für drei Monate lang.

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„Das kann exorbitant teuer werden“, warnt Weinreuter. Bis zu 47 Cent pro kWh Gas sind keine Seltenheit. Für den Versorger ist der Umweg lukrativ, für den Kunden ein Reinfall. Ein Beispiel aus Chemnitz: Dort verlangt der Gasanbieter Eins seit Oktober in der Ersatzversorgung 38,19 Cent pro kWh, während in der Grundversorgung nur 14,81 Cent fällig werden.

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Wie geht es raus aus der Ersatzversorgung?

Erst nach drei Monaten kann der Kunde aus der Ersatzversorgung raus und in die Grundversorgung rein. Verbraucherschützer halten den Kniff für unzulässig. Die Ersatzversorgung sei eigentlich für den Fall von Anbieter-Insolvenz gedacht, kritisiert Max Müller, Jurist bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Wer zwangsweise in die Ersatzversorgung gesteckt wird, die teurer als die Grundversorgung beim gleichen Anbieter ist, sollte sich wehren und versuchen, das zu viel Gezahlte wiederzubekommen. Verbraucherzentralen bereiten aktuell Musterschreiben dafür vor.

Was, wenn auch die Grundversorgung teuer wird?

Ob sich ein Wechsel in die Grundversorgung lohne, hänge nicht nur von den aktuellen Tarifen ab, gibt Weinreuter zu bedenken. Das Risiko, dass es auch im Grundtarif 2023 nach oben geht, ist nicht von der Hand zu weisen. Doch niemand kann die Entwicklung der Energiepreise wirklich vorhersagen, niemand weiß, wie die geplante Gaspreisbremse im Detail aussieht. Wenigstens ist die Grundversorgung flexibel: Der Vertrag kann monatlich mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden, sollte sich in Zukunft eine günstigere Lösung abzeichnen. Verbraucherzentralen beraten, ob sich jetzt noch ein Umstieg in die Grundversorgung lohnen kann.

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Leser-Kommentare (1)

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Freitag, 07.10.2022 | 10:01 | Mykola Neumann  | 1 Antwort

Kommunale Versorger

Die kommunalen Versorger stehen selbst mit dem Rücken zur Wand bei diesen Preisen. Also wurde oft flux ein Grundversorgungstarif II (viel teurer) für bisherige Nichtkunden eingeführt. Das hat schon ein paarmal die Gerichte beschäftigt. Der Verschiebebahnhof für Probleme kommt an seinen Grenzen, wenn wir 20% weniger Gas am Markt haben, davon nicht genug bekommen und wenn zu teuer. Wenn wir dann mit dem "Edel"-Gas Strom erzeugen (und die Verbraucher sollen für Gaseinsparung frieren), weil wir AKWs abschalten und dann Milliarden einsetzen müssen für einen Gaspreisdeckel, und das in einem (Energie)Krieg, dann hat man garnicht genug Hände um sich an den Kopf greifen zu können ob dieses Wahnsinns.

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  • Freitag, 07.10.2022 | 14:23 | Max Brenner

    Der Zeitpunkt ist wichtig.

    Sollte der bestehende Liefervertrag in Kürze auslaufen, oder kann er auf Grund einer Preiserhöhung gekündigt werden, sollte über dem Grundversorgungstarif nachgedacht werden. Aber die Preise unterliegen hier einer zeitnahen Veränderung ( es kann also jederzeit teuerer werden) Liegt der Vertragsablauf jedoch in der Zukunft , z.B. im Jan. 23 bietet es sich an abzuwarten, oder zu verhandeln.

    Wie lange kann ich in der Grundversorgung bleiben?

    Ersatzversorger (Energie) Der Grundversorger führt in seiner Funktion als Ersatzversorger die Ersatzversorgung für maximal drei Monate durch.

    Kann man in der Grundversorgung bleiben?

    Grundversorger ist immer das Unternehmen, das im jeweiligen Netzgebiet die meisten Strom- beziehungsweise Gaskunden beliefert. Der Wechsel in den Grundversorgungstarif außerhalb des eigenen Grundversorgungsgebiets ist nicht möglich.

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    Nach Ablauf von 3 Monaten werden Sie automatisch dem Grundversorgungstarif zugeordnet, wenn Sie nicht zuvor einen anderen Liefervertrag abgeschlossen haben. Haben Sie dies gemacht haben, endet die Ersatzversorgung (fristlos), sobald Sie durch den neuen Anbieter beliefert werden.

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