Wie viele Leute tötete Dschingis Khan?

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CME (Berl). 2021; 18(4): 34–35.

Ist der Begründer des Mongolischen Reiches, Dschingis Khan, Opfer einer Pandemie geworden? Fest steht: Die Umstände seines Todes sollten geheim bleiben.

Von einem großen Herrscher des Mittelalters, bis heute berühmt-berüchtigt für seine militärischen Erfolge, wird erwartet, dass er im Kampf stirbt - oder zumindest auf dramatische Weise. Über das Ende Dschingis Khans (mongolisch: Temüdschin, ca. 1162-1227), dem Begründer des Mongolischen Reiches, der nach Westen mit seinen Truppen bis zum Kaspischen Meer und nach Osten bis zum Japanischen Meer vorgedrungen war, kursieren mehrere dem Klischee entsprechende Legenden:

  • Er sei nach einem Sturz von seinem Pferd seinen Verletzungen erlegen.

  • Er fiel einer erbeuteten tangutischen Prinzessin/Königin zum Opfer und verblutete, nachdem diese ihn wahlweise kastriert, erstochen oder vergiftet habe.

  • Er fiel in einer Schlacht gegen die Chinesen.

  • Ein vergifteter Pfeil traf ihn, als er zum wiederholten Male gegen die westliche Xia-Dynastie (heutige chinesische Provinz Gansu und autonomes Gebiet Ningxia) zu Feld gezogen war.

Sein Tod trat zur Unzeit ein

"All diese Legenden sind wahrscheinlich erst später erfunden worden und entsprechen nicht oder ignorieren bewusst akzeptierte historische Fakten", berichten Wenpeng You und Francesco Galassi vom FAPAB Research Center in Avola, Italien, und ihre Kollegen. Khans Familie und Angehörige waren streng instruiert worden, über die Umstände des Todes zu schweigen. Denn sein Tod trat zur Unzeit ein, eben auf dem Höhepunkt eines seit 20 Jahren währenden Konflikts mit der westlichen Xia-Dynastie, die dann 1227 tatsächlich von den Mongolen besiegt worden war. Die Wissenschaftler vermuten eine ganz andere, naheliegende Todesursache Dschingis Khans. Nämlich die Infektion mit einem Erreger, der seit der Bronzezeit mit Epidemien und Pandemien Millionen Menschen den "Schwarzen Tod" gebracht hatte: Yersinia pestis, Auslöser der Beulen- und Lungenpest.

Wie viele Leute tötete Dschingis Khan?

Khans Überreste wurden vermutlich nie gefunden

Die Postmortem-Diagnostik wird erschwert durch die Tatsache, dass Khans Überreste vermutlich nie gefunden werden. Da die Mongolen damals glaubten, dass die göttliche Macht eines Herrschers nach dem Tod im Körper verbleibe, wurden die Leichen an versteckten, schwer zugänglichen Orten bestattet. Dies geschah bevorzugt in den Bergen, wo man glaubte, dass der Herrscher näher an seinem endgültigen Ziel sei, dem Himmel. Nach Recherchen des deutschen Sinologen Ernst Haenisch (1880-1966) soll der Leichnam "an der Rückseite des Altai Han und an der Sonnenseite des Kentei Han-Gebirges an einem Orte namens 'Große Örtek' " in einem von der Familie errichteten Grabhügel beigesetzt worden sein, nachdem der Karren mit der Leiche in einem Sumpf bis zu den Naben eingesunken war und der Prozession nicht weiterkam. Die Berichte dazu sind widersprüchlich, Suchexpeditionen waren nicht erfolgreich, zumal geografische Benennungen im Laufe der Jahrhunderte gewechselt haben. Ein paläopathologischer Nachweis der Todesumstände wird wohl niemals geführt werden können. Haenisch fand es merkwürdig, dass der Tod Dschingis Khans in der chinesischen Geschichtsschreibung "so kurz abgetan wird, während ... das Ende seines Vaters Yesugei anschaulich geschildert ist."

In der "Geschichte von Yuan" (Yuan-Dynastie des mongolischen Kaiserhauses, 1229-1368) wird jedoch berichtet, dass Khan sich ab dem 18. August 1227 unwohl gefühlt und an Fieber gelitten habe. Acht Tage nach Ausbruch der Erkrankung war Khan tot. Nur wenige Monate zuvor hatten mongolische Truppen bei Lingwu eine Schlacht gegen die Tanguten gewonnen, als danach im Heer die Pest ausgebrochen sein soll. Dem konfuzianischen Gelehrten Yelü Chucai, 29 Jahre lang Berater mongolischer Herrscher, darunter auch Dschingis Khans, soll es damals gelungen sein, mit Zubereitungen aus Rhabarber tausende mongolische Soldaten vor dem Pesttod zu retten.

Mit 65 Jahren nach einer Belagerung erkrankt

Khan war zum Zeitpunkt seiner Erkrankung etwa 65 Jahre alt und die vorangegangene sechsmonatige Belagerung von Yinchun, der Hauptstadt des westlichen Xia, müsse ihn physisch wie psychisch erschöpft haben, berichten You und Galassi. Khan habe versucht, dem heißen Wetter zu entkommen, indem er sein Lager in die Berge verlegt habe, um dort eine neue Strategie gegen die verfeindete Dynastie zu ersinnen. Dort erkrankte er, was ein zeitgenössischer persischer Historiker auf das ungesunde Klima zurückführte. Haenisch interpretierte die Symptome als Typhus. Von typischen Typhus-Symptomen wie abdominellen Schmerzen und Erbrechen ist jedoch nirgends die Rede.

Das Umfeld des Herrschers war um Geheimhaltung bemüht

Die Umstände der Erkrankung mit rasch tödlichem Verlauf und der vorangegangene Pestausbruch im mongolischen Heer sprächen retrospektiv für die Diagnose Pest, so die australischen und italienischen Forscher. Die vage Wortwahl zur Beschreibung der Todesumstände des Herrschers würden dies eher stützen, wenngleich eine Lungenbeteiligung infolge hämatogener Streuung der Bakterien weder bestätigt noch ausgeschlossen werden kann, da die Quellen keine Zeichen wie blutiges Sputum und Bluterbrechen erwähnen. Angesichts der kriegerischen Auseinandersetzung war das Umfeld des Herrschers bemüht, die Erkrankung und ihre Umstände geheim zu halten, um dessen Mission nicht zu gefährden.

Glatter KA, Finkelman P. History of the Plague: an ancient Pandemic for the Age of COVID-19. Am J Med 2021; 134:176-81 Haenisch E. Die letzten Feldzüge Cinggis Han's und sein Tod nach der ostasiatischen Überlieferung. Asia Major 1933;9:503-51 You W et al. Genghis Khan's death (AD 1227): an unsolvable riddle or simply a pandemic disease? Int J Infect Dis 2021; 104:347-8

Pest - Plage der Menschheit

Bereits in 3.800 Jahre alten Skeletten aus der Bronzezeit konnte DNA von Yersinia pestis gefunden werden. Die erste Pest-Pandemie ("Justinianische Pest") ging von Indien aus und erreichte in den Jahren 541/542 Konstantinopel. Der Mittelmeerraum war bis 750 von mindestens 18 Pestepidemien mit teils katastrophalen Ausmaßen betroffen. Die zweite Pest-Pandemie erreichte Sizilien, wahrscheinlich von Zentralasien kommend, im Oktober 1347. Handelsschiffe brachten mit infizierten Flöhen beladene Ratten nach Messina, von wo das Unheil seinen Ausgang nahm. Nach Schätzungen starb bis 1352 ein Drittel der europäischen Bevölkerung (über 25 Millionen Menschen). Ende des 14. Jahrhunderts kam die Pandemie zu einem Ende, die nächsten 400 Jahre brachen aber immer wieder Epidemien aus, die vor allem die Stadtbevölkerungen dezimierte. Die dritte Pest-Pandemie begann 1855 in Südwestchina und breitete sich bis 1920 per Schiff nach Japan, Indien, Australien, Nord- und Südamerika aus. In Europa sind nach 1950 nur noch wenige Pestfälle beschrieben, isolierte Ausbrüche gibt es weltweit bis heute.

Menschen mit dem autosomal-rezessiv vererbten familiären Mittelmeerfieber (FMF) sind aufgrund ihrer Pyrin-Genmutation (MEFV-Gen) bis zu einem gewissen Grade vor Y. pestis geschützt. Dies betrifft Menschen jüdischer, arabischer, armenischer oder türkischer Abstammung und kann als evolutionäre Adaptation interpretiert werden.

Wie viele Menschen sind Nachkommen von Dschingis Khan?

Rund 16 Millionen lebende Menschen konnten als Nachfahren des Mongolen-Khans identifiziert werden.

Wer war der mächtigste Khan?

Kublai Khan, auch Qubilai Khan, Kubilai Khan oder Setsen Khan (mongolisch ᠬᠦᠪᠢᠯᠠᠢ ᠰᠡᠴᠡᠨ ᠬᠠᠭᠠᠨ Kublai Sezen Chaan, * 23. September 1215; † 18. Februar 1294 in Peking), war ein Enkel Dschingis Khans und von 1260 bis 1294 ein bedeutender mongolischer Herrscher.