Ausbildung berufsschultag gleich arbeitstag

Ein Betrieb muss seinen Auszubildenden für die Berufsschule freistellen. Die Zeit gehört zur Arbeitszeit und wird daher auch bezahlt. Fielen jedoch nur minderjährige Azubis unter die Regelung, gilt das nun auch für 18-Jährige und Ältere.

Freistellung für die Berufsschule

Generell gilt: Betriebe dürfen Auszubildende nicht vor dem Berufsschulunterricht beschäftigen, wenn dieser vor neun Uhr beginnt.

Das Bundesausbildungsgesetz (BBiG) unterscheidet im §15 darüber hinaus zwischen einer „Freistellung“ für die Berufsschule und einer „Anrechnung“ auf die Arbeitszeit.

Der Chef muss seinen Azubi für die Berufsschule freistellen für:

  • einzelne Berufsschultage pro Woche mit jeweils mehr als fünf Unterrichtsstunden von je 45 Minuten. Der Auszubildende darf nach dem Unterricht auch nicht mehr im Betrieb arbeiten.
  • Berufsschulwochen mit Blockunterricht an mindestens fünf Tagen und mit insgesamt mindestens 25 Stunden.
  • vorgeschriebene Prüfungen und Ausbildungsmaßnahmen außerhalb des Ausbildungsbetriebs. Bis zu zwei Stunden pro Woche sind hier zulässig.
  • den Tag vor der schriftlichen Abschlussprüfung. Es sei denn, der Tag fällt auf einen arbeitsfreien Sonntag oder Feiertag.
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    Bild: Getty Images

    Unter welchen Bedingungen muss der Schüler nach dem Unterricht in den Betrieb?

    Welche Zeiten werden angerechnet?

    Angerechnet auf die tägliche, bzw. wöchentliche Arbeitszeit werden:

    Ein einzelner Berufsschultag pro Woche mit mehr als fünf Unterrichtsstunden wird mit der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit angerechnet. Diese richtet sich nach dem Ausbildungsvertrag. Ist dort eine 40-Stunden-Woche mit fünf Arbeitstagen festgelegt, rechnet der Betrieb dem Azubi acht Arbeitsstunden an. Bei einer 36-Stunden-Woche und sechs Arbeitstagen sind es sechs Stunden.

    Kommt ein zweiter Tag in der Berufsschule pro Woche hinzu, gilt für diesen eine andere Regelung. Statt der Arbeitszeit wird beim zweiten Berufsschultag die Schulzeit inklusive der Pausen angerechnet. Für diesen zweiten Tag gilt auch kein Beschäftigungsverbot im Betrieb.

    Lässt es die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit zu und ist der Arbeitsweg entsprechend kurz, darf der Chef den Azubi nach der Berufsschule ins Geschäft zurückbeordern. An Berufsschultagen mit maximal fünf Stunden Unterricht und 45 Minuten pro Stunde, dürfen Azubis nach der Berufsschule noch arbeiten. Voraussetzung für die Rückkehr ins Unternehmen ist jedoch, dass es zumutbar und sinnvoll ist.

    Während einer Woche Blockunterricht mit insgesamt 25 Stunden und je 45 Minuten pro Unterrichtsstunde, dürfen Auszubildende nicht mehr im Betrieb arbeiten. Mit einer Ausnahme: Findet im Betrieb in dieser Woche eine Ausbildungsmaßnahme bis maximal zwei Stunden statt, darf der Chef die Anwesenheit der Azubis verlangen. Angerechnet wird eine solche Berufsschulwoche mit der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit.

    Die angerechnete Zeit in der Berufsschule wird mit der Ausbildungsvergütung bezahlt.

    Pausen bei Rückkehr nach Berufsschule?

    Auch für die Arbeitszeit nach der Berufsschulzeit gelten die üblichen Pausenregelungen. Diese sehen für minderjährige Azubis 60 Minuten an Tagen mit mehr als sechs Arbeitsstunden vor.

    Für volljährige Auszubildende sind es 30 Minuten für Arbeitstage zwischen sechs und neun Stunden. Darüber hinaus sind es 45 Minuten. Dabei sind Ausbildungs- und Arbeitszeit synonym.

    Pausen während der Berufsschule werden auf diese Zeiten angerechnet, sofern sie mindestens 15 Minuten lang sind.

    Wegezeit gleich Arbeitszeit?

    Der Paragraf 15 BBiG regelt, dass ausschließlich die Zeit des Berufsschulunterrichts sowie die Pausen angerechnet werden. Wegezeiten zwischen Betrieb und Berufsschule fallen daher raus aus der Anrechnung.

    Ausbildung berufsschultag gleich arbeitstag

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    Ausbildung berufsschultag gleich arbeitstag

    die als Diplom-Volkswirtin und freie Autorin an Wirtschafts- und Managementthemen erarbeitet.

    Bild: D. Neitzel

    Ausbildung

    Anrechnung der Berufsschule auf die Ausbildungszeit

    • Freistellung für den Berufsschulbesuch
    • Anrechnung der Berufsschulzeit

    Freistellung für den Berufsschulbesuch

    Der Ausbildungsbetrieb ist verpflichtet, schulpflichtige Auszubildende für den Berufsschulunterricht – unter Fortzahlung der Vergütung – freizustellen (§ 15 BBiG, § 9 JArbSchG). Der Ausbildungsbetrieb muss ihnen also die Teilnahme am Unterricht ermöglichen und darf sie während dieser Zeit nicht beschäftigen – egal wie dringlich die Erledigung im Betrieb anfallender Arbeiten auch sein mag. 

    Zudem dürfen Auszubildende vor einem vor 9 Uhr beginnenden Unterricht nicht beschäftigt werden (§ 9 JArbSchG). 

    1. Freistellung für virtuellen Unterricht
      Die Freistellungsverpflichtung gilt auch für virtuellen Unterricht z. B. per Videokonferenz. Maßgeblich für die Freistellungspflicht ist die von der Berufsschule für den virtuellen Unterricht veranschlagte Zeit.
    2. Unterrichtsausfall
      Fällt der Unterricht aus, entfällt auch die Freistellungspflicht, so dass der Auszubildende unverzüglich in den Betrieb zurückkehren muss.
    3. Sanktionen bei Nichtfreistellung
      Stellt der Ausbildungsbetrieb seine Auszubildenden nicht für den Schulbesuch frei, begeht er eine Ordnungswidrigkeit, die mit Geldbuße bis 5.000 Euro (bei Minderjährigen: bis 15.000 Euro) geahndet wird (§ 101 Abs. 1 Nr. 4 BBiG, § 58 Abs. 5 Nr. 6 JArbSchG).

      Im Wiederholungsfall kann dem Ausbildungsbetrieb außerdem die Ausbildungsbefugnis durch die IHK entzogen werden (§ 33 BBiG).

      Auszubildende, die vom Ausbildungsbetrieb nicht für den Berufsschulbesuch freigestellt werden, sind berechtigt, „eigenmächtig“ am Unterricht teilzunehmen. Der Ausbildungsbetrieb darf sie deshalb nicht abmahnen, kündigen oder ihnen hierfür Urlaub abziehen.

    Anrechnung der Berufsschulzeit

    Von der Freistellung zu unterscheiden ist die Frage der Anrechnung der Berufsschulzeit. Die Anrechnung regelt, in wie weit die Berufsschulzeit als Arbeitszeit gilt, also die betriebliche Ausbildungszeit ersetzt. 

    Die Anrechnung der Berufsschulzeit ist seit dem 1.1.2020 für jugendliche und erwachsene Auszubildende gleich geregelt:

    1. Grundsätzliche Anrechnungsregel
      Berufsschulunterricht wird grundsätzlich mit der tatsächlichen Unterrichtszeit plus Pausen auf die Ausbildungszeit angerechnet (§ 9 Abs. 2 Nr. 3 JArbSchG, § 15 Abs. 2 Nr. 1 BBiG). 

      Die Wegezeiten zwischen Schule und Ausbildungsbetrieb werden dagegen nicht angerechnet, da diese  - anders als die Pausen – in § 9 JArbSchG, § 15 BBiG nicht aufgeführt sind (LAG Köln, 18. 9.1998 – 12 Sa 549/98, juris, Rn. 39; BAG; 12.10.1962 - 1 AZR 379/61, juris  - Das anderslautende Urteil BAG 26.3.2001, 5 AZR 413/99, ist nicht einschlägig, da es sich auf die nicht mehr bestehende Rechtslage für erwachsene Auszubildende vor dem 1.1.2020 bezog).

    2. Ausnahme: Berufsschultag mit mehr als 5 Unterrichtsstunden
      Ein Berufsschultag pro Woche mit mehr als 5 Unterrichtsstunden à 45 Minuten wird mit der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit angerechnet (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 JArbSchG; § 15 Abs. 2 Nr. 2 BBiG).Die Anrechnungspflicht gilt auch, wenn der Berufsschultag außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit liegt.
      Sind in einer Woche zwei Berufsschultage mit jeweils mehr als 5 Unterrichtsstunden, ist der Auszubildende verpflichtet, an einem der beiden Tage wieder in den Betrieb zurückzukehren – an welchem der beiden Tage, bestimmt der Ausbildungsbetrieb.
    3. Ausnahme: Blockunterricht
      Blockunterricht von planmäßig mindestens 25 Unterrichtsstunden à 45 Minuten mit der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit anzurechnen, das heißt in dieser Woche ist die Ausbildungszeit durch den Berufsschulbesuch erfüllt.
      Die Anrechnungsregel gilt nur, wenn der Unterricht auch stattfindet, also nicht, wenn der Unterricht beispielsweise an einem Tag ausfällt. Dann erfolgt die Anrechnung der Berufsschulzeit nach der Grundregel (= tatsächliche Unterrichtszeit + Pausen ohne Wegezeit).