Feststellungsklage nichtigkeit beschluss wer ist beklagter

Entscheidungsgründe:

Die beklagte GesmbH ist zu FN 42121v im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck eingetragen. Am Gesellschaftskapital von 500.000 S waren zum 1.7.1996 die Gesellschafter wie folgt beteiligt:

Erstklägerin         125.000 S

Zweitkläger           25.000 S

Dorothea N*****      200.000 S

mj. Stefanie N***** 150.000 S.

Die Erstklägerin und Dorothea N***** sind Schwestern, die am 22.12.1984 geborene Stefanie N***** ist die außereheliche Tochter der Dorothea N***** und des Alois Josef B*****. Der Zweitkläger ist der Sohn der Erstklägerin.

Seit Frühjahr 1993 wurden von der die Gesellschaft selbständig vertretenden Alleingeschäftsführerin Dorothea N***** keine Generalversammlungen mehr einberufen und abgehalten, der Jahresabschluß 1992 ist der letzte genehmigte Abschluß.

Mit Schreiben vom 22.5.1996 lud die Geschäftsführerin die Kläger zur Bilanzbesprechung und zur Generalversammlung der beklagten Partei für den 11.6.1996 in die Firmenräume. Als Tagesordnungspunkte waren angeführt:

1. Feststellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 1993,

2. Beschlußfassung über die Verwendung des Reingewinnes aus dem Geschäftsjahr 1993,

3. Beschlußfassung über die Entlastung der Geschäftsführung für das Geschäftsjahr 1993,

4. Feststellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 1994,

5. Beschlußfassung über die Verwendung des Reingewinnes aus dem Geschäftsjahr 1994,

6. Beschlußfassung über die Entlastung der Geschäftsführung für das Geschäftsjahr 1994,

7. Feststellung des Jahresabschluses für das Geschäftsjahr 1995,

8. Beschlußfassung über die Verwendung des Reingewinnes aus dem Geschäftsjahr 1995,

9. Beschlußfassung über die Entlastung der Geschäftsführung für das Geschäftsjahr 1995.

Bei der Generalversammlung am 11.6.1996 waren Dorothea N***** und der Beklagtenvertreter als ihr ausgewiesener Vertreter, Alois B***** laut Protokoll als gesetzlicher Vertreter der mj. Stefanie N***** und Rechtsanwalt Dr.Helmut Naschberger als ausgewiesener Vertreter der Kläger anwesend. Nachdem Dr.Naschberger Einwendungen gegen die Nichteinhaltung von satzungsgemäßen Formvorschriften erhoben hatte, wurde die Generalversammlung einvernehmlich auf den 1.7.1996 erstreckt. Am 14.6.1996 verfaßte Dorothea N***** eine neuerliche Einladung an die Kläger zur fortgesetzten Generalversammlung für 1.7.1996, verwies auf das Einladungsschreiben vom 22.5.1996 und die dort angeführten Tagesordnungspunkte und ergänzte die nunmehrige Einladung um folgende Punkte:

10. Genehmigung des von der Gesellschaft mit Dorothea (Doris) N***** abgeschlossenen Lizenzvertrages vom 1.3.1992,

11. Genehmigung der von der Gesellschaft Frau Dorothea N***** erteilten Pensionszusage vom 1.7.1994.

Alois B*****, der außereheliche Vater der mj. Stefanie N***** und Lebensgefährte der Dorothea N*****, wurde 1991 anläßlich einer unentgeltlichen Übertragung eines Geschäftsanteils von der (allein obsorgeberechtigten) Mutter auf ihre Tochter zum Kollisionskurator nur für dieses Rechtsgeschäft bestellt, der Abtretungsvertrag wurde pflegschaftsbehördlich genehmigt.

Mit Schreiben vom 24.6.1996 teilte der Klagevertreter dem Pflegschaftsgericht mit, daß Dorothea N***** ein von der Generalversammlung bisher nicht genehmigtes Insichgeschäft geschlossen habe, das die übrigen Gesellschafter um Gewinne in Millionenhöhe verkürzt habe. Gesetzlicher Vertreter und Kurator der Minderjährigen sei der Lebensgefährte der Dorothea N*****. Im Hinblick auf deren Verhalten bei der letzten Generalversammlung sei zu befürchten, daß der Lebensgefährte bei den Insichgeschäften der Geschäftsführerin seine Zustimmung erteile. Auf Übermittlung einer Kopie dieser Mitteilung mit dem Ersuchen um Verlegung der erstreckten Generalversammlung teilte der Beklagtenvertreter mit, der Generalversammlungstermin werde aufrecht erhalten. Die Frage einer allfälligen pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung von Gesellschafterbeschlüssen könne ohnedies erst nach deren Fassung geklärt werden. Mit Schreiben vom 17.7.1996 übermittelte der Klagevertreter dem Pflegschaftsgericht eine Kopie der gegenständlichen Klage.

Bei der am 1.7.1996 durchgeführten Generalversammlung waren Dorothea N*****, der Beklagtenvertreter, Alois B***** für die mj. Stefanie N***** sowie Rechtanwalt Dr.Naschberger für die Kläger anwesend. Dabei wurden über jeden der 11 Tagesordnungspunkte gegen die Stimmen der beiden Kläger - soweit Dorothea N***** vom Stimmrecht ausgeschlossen war, nur mit der für Stefanie N***** abgegebenen Stimme - zustimmende Beschlüsse gefaßt, gegen die der Vertreter der Kläger jeweils Widerspruch erhob. In dem nicht notariell beurkundeten Generalversammlungsprotokoll ist unter den Anwesenden bei Alois B***** festgehalten: "Alois B***** als gesetzlicher Vertreter und vorbehaltlich einer allenfalls erforderlichen pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bestellter Kollisionskurator seiner mj. Tochter Stefanie N*****, geboren am 22.12.1984 mit einer Stammeinlage von S 155.000".

Mit Schreiben vom 3.7.1996 teilte das Bezirksgericht Kufstein als zuständiges Pflegschaftsgericht Dorothea N***** mit, daß Alois B***** seinerzeit lediglich als Kollisionskurator zur Vertretung der mj. Stefanie über die dem Gericht zur Genehmigung vorgelegten Verträge, letztmals beim Abschluß des als dringlich bezeichneten Abtretungsvertrages vom 19.6.1996 bestellt worden sei.

Am 8.7.1996 beantragte Notar Dr.Albrecht als Vertreter der Dorothea N***** beim Bezirksgericht Kufstein die Bestellung des Alois B***** zum Kollisionskurator seiner mj. Tochter und die Genehmigung von dessen Stimmrechtsausübung gemäß dem beiliegenden Protokoll. Mit Beschluß vom 30.8.1996 wies das Pflegschaftsgericht diese Anträge (rechtskräftig) ab.

Die Kläger begehren

I. die Feststellung, daß die in der Generalversammlung der Gesellschafter der beklagten Partei am 1.7.1996 gefaßten Beschlüsse zu allen 11 - im einzelnen angeführten - Tagesordnungspunkten nichtig seien sowie

II. die Feststellung, daß den Anträgen zu den nachfolgend angeführten Tagesordnungspunkten

1. Feststellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 1993 bzw in der Fassung Feststellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 1993 und gleichzeitige Genehmigung des Mietvertrages zwischen der Gesellschaft und Dorothea N*****,

3. Beschlußfassung über die Entlastung der Geschäftsführerin für das Geschäftsjahr 1993,

6. Beschlußfassung über die Entlastung der Geschäftsführerin für das Geschäftsjahr 1994,

9. Beschlußfassung über die Entlastung der Geschäftsführerin für das Geschäftsjahr 1995,

10. Genehmigung des von der Gesellschaft mit Frau Dorothea (Doris) N***** abgeschlossenen Lizenzvertrages vom 1.3.1992,

11. Genehmigung der von der Gesellschaft mit Frau Dorothea (Doris) N***** erteilten Pensionszusage vom 1.7.1994

anläßlich der Generalversammlung der beklagten Partei am 1.7.1996 keine Zustimmung erteilt wurde.

Die Kläger brachten hiezu im wesentlichen vor, sämtliche in der Generalversammlung vom 1.7.1996 gefaßten Beschlüsse seien nichtig, sowohl wegen der Art ihres Zustandekommens als auch wegen ihres Inhaltes. Zwingende Formvorschriften, wie rechtzeitige Bekanntgabe der vollständigen Tagesordnung bei der Einladung zur Generalversammlung und Abstimmung über Anträge, deren Inhalt weitgehend unbekannt sei (Pensionszusage, Lizenzvertrag, Mietvertrag) sowie Teilnahme und Stimmabgabe durch nicht berechtigte Personen, seien nicht eingehalten worden. Alois B***** sei nicht zur Vertretung der mj. Stefanie N***** berechtigt gewesen. Auch die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes werde ausdrücklich geltend gemacht. Die Zahl der abgegebenen Stimmen sei jeweils unrichtig festgestellt worden. Die richtige Feststellung hätte zu einem anderen Ergebnis geführt. Die Beschlüsse über die Genehmigungen des Lizenzvertrages, der Pensionszusage, der Jahresrechnung 1993 unter Einschluß der Genehmigung eines Mietvertrages sowie die Beschlüsse über die jeweilige Entlastung der Geschäftsführerin seien wegen deren Befangenheit ausschließlich mit den Stimmen des Alois B***** und gegen die Stimmen der Kläger gefaßt worden. Zu diesen Tagesordnungspunkten wären von den anwesenden und ordnungsgemäß vertretenen Gesellschaftern nur die Kläger abstimmungsberechtigt gewesen, welche jeweils gegen diese Anträge gestimmt hätten. Es bestehe ein rechtliches Interesse an der (ablehnenden) Beschlußfeststellung, weil dies auch eine Anweisung an die Geschäftsführerin bedeute, im Sinne der Ablehnung zu handeln und die Jahresabschlüsse 1993 bis 1995 entsprechend abzuändern.

Die beklagte Partei anerkannte das Klagebegehren zu Punkt I., bestritt jedoch die zu Punkt II. erhobenen Feststellungsbegehren. Es mangle hiezu an einem schutzwürdigen rechtlichen Interesse.

Das Erstgericht fällte ein Teilanerkenntnisurteil im Sinne des Punktes I. des Klagebegehrens und wies das Feststellungsbegehren gemäß Punkt II. des Klagebegehrens ab. Dieses Feststellungsbegehren falle nicht unter § 41 GmbHG, sodaß dafür die allgemeinen Voraussetzungen für Feststellungsklagen vorliegen müßten. Das Begehren sei insoferne mangelhaft, als darin nicht enthalten sei, von wem keine Zustimmung zu den einzelnen Beschlüssen erteilt worden sei. Zudem sei durch die Nichtigerklärung der Beschlüsse dem Begehren, daß keine Zustimmung erteilt worden sei, der Boden entzogen, weil es an einem (weiteren) Rechtsschutzinteresse mangle.

Das Berufungsgericht gab der nur gegen die Abweisung des Feststellungsbegehrens erhobenen Berufung der Kläger keine Folge. Unbestritten sei, daß einem Urteil, mit dem einer Klage auf Nichtigerklärung (Feststellung der Nichtigkeit) von Beschlüssen der Gesellschafter stattgegeben werde, immer nur kassatorische Wirkung zukomme. Fraglich sei aber, ob der auf Vernichtung des Beschlusses zielende Antrag mit einem weiteren auf Feststellung des zutreffenden Beschlußergebnisses verbunden werden und das Gericht im Rahmen der Anfechtungsklage anstelle des aufgehobenen Beschlusses rechtsgestaltend auch eine anderwärtige positive Beschlußfassung aussprechen könne. Die herrschende Lehre bejahe dies, wenn die Anfechtungsklage auf unzutreffender Feststellung des Beschlußergebnisses beruhe. Der Oberste Gerichtshof habe sich mit dieser Frage bisher nur dreimal befaßt. In SZ 6/334 habe er die Berechtigung einer positiven Feststellungsklage neben einer Anfechtungsklage verneint. In der Entscheidung SZ 42/58 habe der Oberste Gerichtshof anläßlich einer Klage eines Hälftegesellschafters gegen den anderen auf Feststellung des Inhaltes eines Gesellschafterbeschlusses zwar erkannt, daß der Inhalt eines durch Beschluß geänderten Rechtsverhältnisses (Auflösung der Gesellschaft) zwar feststellungsfähig wäre, es habe aber an einer anderen Voraussetzung für das Begehren gefehlt. In der Entscheidung 6 Ob 588/92 (= ecolex 1993, 387) habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, das vom Verhandlungsleiter einer Generalversammlung festgehaltene Beschlußergebnis könne nicht durch bloße Feststellungsklage ohne vorhergehende oder gleichzeitige Anfechtungsklage nach § 41 GmbHG erhoben werden. Die Frage, ob mit der Anfechtungsklage eine positive Beschlußfeststellungsklage verbunden werden könne, sei offen geblieben.

Hinsichtlich der Genehmigung der Insichgeschäfte der geschäftsführenden Gesellschafterin Dorothea N***** (Mietvertrag, Lizenzvertrag, Pensionszusage), für deren Genehmigung lediglich Alois B***** namens der mj. Gesellschafterin gegen die Stimmen der Kläger gestimmt habe, könne ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Ablehnung der Genehmigung nicht verneint werden. Wenn diese schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfte durch die Verweigerung der Genehmigung durch die Generalversammlung gegenüber der Gesellschaft endgültig für unwirksam erklärt seien, müßten sie so behandelt werden, als ob sie nie bestanden hätten. Es wären alle bereits getätigten Abwicklungen rückgängig zu machen und die Jahresabschlüsse zu korrigieren. Hinsichtlich der Entlastung der Geschäftsführerin für die Geschäftsjahre 1993 bis 1995 sei dagegen ein rechtliches Interesse der Kläger an einer Beschlußfeststellung nicht zu erkennen, weil durch die Nichtigerklärung dieser Beschlüsse die gleiche Situation eintrete wie durch die begehrte Feststellung, nämlich daß der Geschäftsführerin noch keine Entlastung erteilt sei. Da durch die Judikatur des Obersten Gerichtshofes bislang die Zulässigkeit einer positiven Feststellungsklage neben einer Klage nach § 41 GmbHG nicht bejaht worden sei, kam das Berufungsgericht zu einer Bestätigung des Ersturteiles.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision im Hinblick auf die aufgezeigte Rechtsfrage zulässig sei.