Was macht die Polizei bei einem Geisterfahrer?

Nach dem Unfall bei Offenburg mit sechs Toten gibt es viele offene Fragen. Völlig offen ist, warum der Geisterfahrer in die falsche Richtung fuhr. Generell gilt: Falschfahrer sind die Ausnahme bei tödlichen Unfällen

Von Harald Biskup und Stefanie Schmidt

Gibt es neue Erkenntnisse zu dem Unfall mit sechs Toten bei Offenburg am Sonntag?

Wenige. Die Untersuchungen am Unfallort seien abgeschlossen, sagte ein Sprecher der Polizei am Montag. Nun gehe es darum zu klären, warum der 20-Jährige auf der Autobahn in der falschen Richtung unterwegs war. Um dies herauszufinden, hat die Polizei ein Team aus zehn Ermittlern eingesetzt, dass das Leben des Mannes durchleuchtet soll – etwa auf einen möglichen Suizid oder Drogen- und Alkoholkonsum. „Es gibt eine Vorgeschichte. Und dieser müssen wir jetzt nachgehen“, zitierte der Südwestfunk auf seiner Homepage den Chef der Offenburger Polizei, Reinhard Renter. Einzelheiten wollte er nicht nennen. Einen Abschiedsbrief habe der Falschfahrer nicht hinterlassen.

Welche Möglichkeiten gibt es, Falschfahrer zu verhindern?

Eine bessere Kennzeichnung ist die einfachste Lösung. In Österreich wurde 1997 damit begonnen, Autobahnabfahren großräumig mit grellgelben Warntafeln zu kennzeichnen. Sie werden finanziert durch Werbung, die auf der Rückseite angebracht ist (und somit zu sehen, wenn man in die richtige Richtung fährt). Laut ADAC gibt es seit der Einführung einen deutlichen Rückgang an Geisterfahrten. Neu in der Diskussion sind außerdem Fahrerassistenzsysteme im Auto, die akustisch und optisch signalisierten, wenn jemand falsch fährt und diese Warnungen auch an Radiostationen oder Polizei weiterleiteten.

Bessere Kennzeichnungen und Alarmsysteme können allerdings niemanden abhalten, der aus Suizidwillen oder als Mutprobe in die falsche Richtung fahren will. Deswegen wird auch über eine technische Lösung nachgedacht, zum Beispiel sogenannte Krallen, die Autoreifen beschädigen, wenn sie in die falsche Richtung überfahren werden. Dies hat allerdings – neben den gewaltigen Kosten – mehrere Nachteile: Auch die Feuerwehr und Rettungsdienste könnten dann bei Unfällen nicht mehr über die Gegenrichtung zu dringenden Einsätzen kommen.

Wie kann man einen Falschfahrer aufhalten?

Wenn der Falschfahrer auf sämtliche Signale wie Blaulicht und Martinshorn nicht reagiert, hat die Polizei unter Umständen noch die Möglichkeit, den Fahrer mit einen sogenannten „Stop-Stick“ – eine Art Nagelbrett zu stoppen. Die ist vor vier Wochen in Bayern bei einem Falschfahrer auf der A 8 zum Einsatz gekommen. Als der Mann, der sich mit der nächtlichen Irrfahrt offenbar das Leben nehmen wollte, auf nichts reagierte, fuhr die Polizei mit hoher Geschwindigkeit voraus und warf den Stop-Stick auf die Fahrbahn. Durch die Hohlraumstifte in diesem Stick entwich die Luft langsam aus den Autoreifen und der Falschfahrer konnte nicht mehr weiterfahren.

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Wie häufig sind Unfälle mit Geisterfahrern?

Auch wenn sich in diesem Herbst die Unfälle, an denen Falschfahrer beteiligt waren, gehäuft haben, sind Geisterfahrer nur für etwa drei Prozent der tödlichen Unfälle auf deutschen Autobahnen verantwortlich. Jährlich werden nach Angaben des ADAC etwa 2800 Falschfahrten gemeldet, davon 2000 auf den Autobahnen. Als Folge von Geisterfahrten sterben im Jahr etwa 20 Menschen, das entspricht etwa vier Prozent der Todesopfer bei Autobahnunfällen.

Gibt es bei den Radio-Durchsagen oft Fehlalarme?

Davon muss man ausgehen. Gesicherte Zahlen gibt es allerdings nicht, zumal tödliche Unfälle als Folge von Geisterfahrten in der amtlichen Unfallstatistik nicht gesondert aufgeführt werden. Auslöser für falschen Alarm sind Scherzbolde, die es lustig finden, vor einem Falschfahrer zu warnen, der nur in ihrer Fantasie existiert. Ursache können aber auch falsche Wahrnehmungen sein, die übereifrige Verkehrssteilnehmer zum Anrufen verleiten.

Was soll man tun, wenn man selbst zum Geisterfahrer geworden ist – und den Fehler rechtzeitig erkennt?

„Das ist ein sehr theoretischer Fall“, sagt ADAC-Verkehrsexperte Andreas Hölzel. Meist bleibe dem Geisterfahrer keine Zeit, sein Fehlverhalten zu registrieren und schnell zu handeln. Aber sollte ein Geisterfahrer doch genügend geistesgegenwärtig sein, dann gibt es nur eins: Sofort an den Fahrbandrand fahren, Warnblinker einschalten, vorsichtig aussteigen und schleunigst die Polizei verständigen. Bloß nicht versuchen zu wenden oder riskante Ausweichmanöver zu starten.

Wie sollte man sich verhalten, wenn im Autoradio vor einem Falschfahrer gewarnt wird?

Vor allem sollte man die bekannten Ratschläge beherzigen, sagt ADAC-Fachmann Hölzel. Also: Äußerst rechts fahren, nicht überholen, das Tempo reduzieren. Notfalls empfiehlt es sich, auf den Standstreifen auszuweichen. „Ich persönlich würde, wenn möglich, den nächsten Rastplatz ansteuern oder – noch besser – an der nächsten Ausfahrt die Autobahn verlassen.

Wie verhalte ich mich Geisterfahrer?

Wenn Sie selbst Geisterfahrer sind.
Schalten Sie sofort Licht und Warnblinkanlage ein..
Fahren Sie umgehend an den nächstgelegenen Fahrbahnrand..
Stellen Sie Ihr Fahrzeug dicht neben der Schutzplanke ab..
Ziehen Sie sich eine Warnweste an, steigen Sie vorsichtig aus und warten Sie hinter der Schutzplanke..

Was passiert wenn man falsch fährt?

Wer absichtlich zum Falschfahrer wird, muss mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe rechnen. Wer unabsichtlich auf der falschen Spur fährt, muss meistens nur eine Geldstrafe zahlen. Es kann aber auch zum Fahrverbot kommen (bis zu drei Monate) oder einem Entzug der Fahrerlaubnis (mindestens sechs Monate).

Wer bei uns ist ein Geisterfahrer?

Melanie Mikulla vom ADAC fasst zusammen: "Es gibt bei Geisterfahrer-Unfällen zwei auffällige Gruppen: verwirrte Senioren und junge Männer." Geisterfahrer-Unfälle passieren auffällig häufig nachts am Wochenende, so der ADAC. Das lasse darauf schließen, dass Geisterfahrten mit Alkohol- und Drogenkonsum zu tun haben.

Warum wird man zum Geisterfahrer?

Bei den Geisterfahrern handelt es sich oft um ortsfremde Menschen oder Fahranfänger, die Schwierigkeiten mit der Beschilderung haben. Weitere mögliche Gründe sind mangelnde Orientierung durch zunehmendes Alter oder aufgrund schlechter Sicht, beispielsweise durch Dunkelheit, Nebel oder Regen.