Was passiert bei einem Vergleich vor Gericht

Bei einem Vergleich handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag, der im § 779 Absatz 1 BGB [Bürgerliches Gesetzbuch] legaldefiniert ist. Danach wird per Vertrag ein Streit oder eine Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Wege eines gegenseitigen Nachgebens der Parteien beseitigt.

§ 779 BGB erhält darüber hinaus eine Regelung zur Unwirksamkeit eines Vergleiches. Im Übrigen ist der Vergleich jedoch nicht besonders gesetzlich geregelt. Er ist deshalb in der Regel nicht formbedürftig.

Formen des Vergleichs

Es gibt zwei Formen des Vergleichs, die voneinander unterschieden werden müssen:

außergerichtliche Vergleich

Der sog. Anwaltsvergleich, der durch das Zutun eines bzw. der Rechtsanwälte der Parteien geschlossen wird, ist eine gesetzlich geregelte besondere Form des außergerichtlichen Vergleichs.

Daneben kann ein außergerichtlicher Vergleich auch durch eine Mediation erreicht werden. Dabei vermittelt ein speziell ausgebildeter und neutraler Dritter – der sog. Mediator – zwischen den Parteien. Ziel ist es eine interessengerechte, einvernehmliche und dauerhafte Konfliktlösung zu erarbeiten. Dazu wird die Sach- von der Beziehungsebene getrennt, um Entscheidungsalternativen unter neutralen Beurteilungskriterien finden zu können. Ein Vergleich im Rahmen einer Mediation endet in der Regel mit einem Gewinn für alle Beteiligten (sog. win-win-solution).
Kommt ein außergerichtlicher Vergleichsvertrag durch eine Mediation zustande, so kann dieser hilfsweise auch zwangsvollstreckt werden (vgl. § 794 Absatz 1 ZPO).

gerichtliche Vergleich / Prozessvergleich

Der gerichtliche Vergleich ist auch unter dem Begriff Prozessvergleich bekannt. Er stellt zugleich auch eine Prozesshandlung dar. Deshalb muss er ins richterliche Protokoll aufgenommen werden (vgl. § 160 Absatz 3 ZPO).
Der Prozessvergleich ist – ebenso wie der Vergleich durch Mediation – ein Vollstreckungstitel i.S.d. § 794 Absatz 1 ZPO [Zivilprozessordnung]. Sein Inhalt kann somit notfalls zwangsvollstreckt werden.
Im Gegensatz zu einem Urteil entfaltet ein Prozessvergleich allerdings keine Rechtskraft.

Voraussetzungen des Vergleichs

  1. Es besteht ein wirksames Rechtsverhältnis zwischen den Parteien.
    Ein solches Rechtsverhältnis liegt auch bereits dann vor, wenn sich der Streit bzw. die Ungewissheit / Unsicherheit auf das Vorliegen dieses Rechtsverhältnisses bezieht.
     
  2. Es besteht entweder Streit, Ungewissheit oder Unsicherheit über das Rechtsverhältnis.
     
  3. Beide Parteien beenden den Streit oder die Ungewissheit bzw. Unsicherheit durch gegenseitiges Nachgeben.
    Es gilt dabei zu beachten, dass im Unterschied zum Erlass nach § 397 BGB ein einseitiges Aufgeben nicht ausreichend ist. Es ist allerdings unerheblich, ob beide Vergleichsparteien zu gleichen Teilen oder auch aus objektiver Sicht nachgeben.
     
  4. Es darf ferner keine Unwirksamkeit des Vergleichs gem. § 779 BGB vorliegen.
    Ein Vergleich ist dann unwirksam, wenn der dem Vergleich zugrunde liegende Sachverhalt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht der Wirklichkeit entspricht und bei Kenntnis der wahren Sachlage der Streit bzw. die Ungewissheit / Unsicherheit nicht entstanden wäre.
     
  5. Darüber hinaus darf der Vergleich nicht ausgeschlossen sein.
    Ein Vergleichsschluss ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn der streitige Sachverhalt nicht der Dispositionsbefugnis der Partei unterliegt (z.B. das Sorgerecht für das gemeinsame Kind).

Beachte:
Ein Vergleich ist ein Vertrag (s.o.). Er kann daher nach den allgemeinen Regeln der §§ 142, 119 ff. BGB angefochten werden. Eine Anfechtung ist nur in den Fällen ausgeschlossen, wenn sich der Irrtum auf einen der streitigen Punkte bezieht, der durch den Vergleich gerade beseitigt werden sollte.

Störung der Geschäftsgrundlage

§ 779 BGB ist ein normierter Unterfall der Störung der Geschäftsgrundlage des § 313 BGB. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes [BGH] ist es dennoch anerkannt, dass die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage auch dann anwendbar sind, wenn die Voraussetzungen des § 779 BGB nicht vorliegen. Die Rechtsfolge soll dann in der Regel die Vertragsanpassung und nur in Ausnahmefällen die Unwirksamkeit des Vergleichs sein (vgl. hierzu u.a. das Urteil vom 08.12.1999, Az.: I ZR 230/97).
Die Grundsätze des § 313 BGB sind aber dann ausgeschlossen, wenn bereits der Vergleich eine mögliche Veränderung der Umstände berücksichtigt.

Die Wirkung des Vergleiches bei einer Gesamtschuld

Nach Ansicht des BGH ist durch Auslegung des Vergleichsvertrages zu ermitteln, ob ein Vergleich eine Gesamtwirkung, also eine Wirkung für alle Schuldner, haben soll. Im Zweifel soll einem Vergleich mit einem Gesamtschuldner allerdings keine Gesamtwirkung zukommen (vgl. hierzu das Urteil vom BGH vom 22.12.2011, Az.: VII ZR 7/11).

Bei einem gerichtlichen Vergleich gibt es keine Rechtsmittel. Der Rechtsstreit wird ja einvernehmlich unter Mitwirkung des Gerichtes ganz oder teilweise beigelegt. Deshalb ist ein Rechtmittel gegen einen Vergleich systematisch nicht angebracht.

Eine Ausnahme gilt für den Fall, dass der Rechtsanwalt oder ein Vertreter der Partei an dem Abschluß des Vergleiches mitwirkt, die nicht die letztendliche Entscheidungs- hoheit über die verglichenen Ansprüche haben. In dem Fall muss aber der nicht ausreichend bevollmächtigte Vertreter einen Widerrufsvorbehalt in den Vergleich mit aufnehmen lassen. Von Gerichts wegen muss kein Widerrufsvorbehalt vorgesehen werden.

Ein Widerrufsvorbehalt ist auch angebracht, wenn eine Rechtsschutzversicherung involviert ist, da diese sonst unter Umständen leistungsfrei wird.

Wird ein Widerrufsvorbehalt im Rahmen des Vergleiches gemacht, wird regelmäßig aich die Widerrufsfrist festgelegt, das sind üblicherweise 2 oder 3 Wochen ab Vergleichsschluss.

Wenn kein Widerrufsvorbehalt gemacht wurde ist der Vergleich wirksam und unwiderruflich zustandegekommen.

Wer trägt die Kosten bei Vergleich?

Wer trägt die Kosten? Solange es sich um einen Zivilverfahren handelt, zum Beispiel um eine Kaufsache, so zahlt für gewöhnlich der Verlierer des Prozesses die Gerichtskosten. Sollten sich beide Parteien dagegen auf einen Vergleich einigen, so trägt jede der Parteien einen Anteil der Kosten.

Was passiert bei einem gerichtlichen Vergleich?

Der Prozessvergleich (auch gerichtlicher Vergleich) wird zum Zwecke der gütlichen Beilegung eines bei Gericht anhängigen Rechtsstreits geschlossen und hat eine Doppelnatur: Er ist sowohl Prozesshandlung als auch materielles Rechtsgeschäft. Der Prozessvergleich muss zu richterlichem Protokoll genommen werden (§ 160 Abs.

Ist ein Vergleich eine Verurteilung?

Ein Vergleich macht dem Richter am wenigsten Arbeit. Dann muss er weder denken, noch ein Urteil schreiben. Die Aufgabe der Justiz ist es, den Rechtsfrieden zu wahren. Ein Vergleich muss daher nur so gut sein, dass sich die Parteien nicht an die Gurgel gehen.

Wann gilt ein Vergleich als angenommen?

Der Prozessvergleich ist nur wirksam, wenn sowohl die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Vergleich als auch die prozessualen Anforderungen erfüllt sind, die an eine wirksame Prozesshandlung zu stellen sind.