Bauten auf fremden grund und boden

InfoCenter vom 23.09 - NWB WAAAB-

Bauten auf fremdem Grund und Boden

Bernd Langenkämper

Auswirkungen durch die Grundsteuerreform

Gebäude auf fremdem Grund und Boden und das damit belastete Grundstück werden künftig aus Vereinfachungs- und automationstechnischen Gründen und unter Fortentwicklung der bisherigen Regelungen des § 94 BewG sowie unter Berücksichtigung des typisierenden Massenverfahrens als eine wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bewertet (§ 262 BewG). Zu diesem Zweck wird das Gebäude auf fremdem Grund und Boden mit dem dazu gehörenden Grund und Boden zu ei-

ner wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst. 1 Für die wirtschaftliche Einheit ist ein Gesamtwert festzustellen, der dem zivilrechtlichen Eigentümer des Grund und Bodens zuzurechnen ist. Dieser ist trotz abweichender wirtschaftlicher Vereinbarung grundsätzlich (Ausnahme: Gebäude als Scheinbestandteil) zivilrechtlich Eigentümer des Gebäudes. 2

I. Deinition des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden

Trägt der Steuerplichtige sämtliche Aufwendungen für die Herstellung eines Gebäudes auf einem Grundstück, dessen bürgerlich-rechtlicher Eigentümer ein anderer ist, handelt es sich um ein Ge- bäude auf fremdem Grund und Boden. Steuerlich ist der Grund und Boden dem zivilrechtlichen Eigentümer, das Gebäude in diesem Fall dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen.

Cremer, Bauten auf fremden Grundstücken, Kontierungslexikon Hänsch, Bilanzierung von Gebäuden und Gebäudeteilen (HGB, EStG), infoCenter Paus, Das betrieblich genutzte Gebäude auf dem Grundstück des Ehegatten - Noch vorteilhaft nach der Begrenzung der Abschreibungen?, NWB 20/2017 S. 1532 Paus, Das betrieblich genutzte Gebäude auf dem privaten Grundstück des Ehegatten - Anmer- kungen zum BMF-Schreiben vom 16.12, NWB 18/2017 S. 1348 Hofmann, Bauten auf dem Ehegattengrundstück, StuB 6/2017 S. 209 Kraft/Kraft, Steuergestaltung bei der Bilanzierung von Herstellungskosten für Gebäude auf fremdem Grund und Boden, NWB 27/2016 S. 2031 Rätke, Gebäude auf fremdem Grund und Boden, BBK 23/2016 S. 1133 Cremer, Bilanz- und ertragsteuerliche Behandlung von Gebäuden, Beilage zu NWB 51/ S. 7 f.

II. Zivilrechtliches Eigentum

Beim Bau eines Gebäudes wird der Eigentümer des Grund und Bodens auch zivilrechtlicher Eigen- tümer des Gebäudes, der Bauherr verliert grundsätzlich das zivilrechtliche Eigentum an den Bau-

1 Eggert, Überblick zur Reform der Grundsteuer, BBK 2020 S. 227 2 Eisele, Reform der Grundsteuer – Gesetzentwurf liegt vor! – Teil I: Kernaussagen/Verfahrensfragen/Bewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer B, NWB 28/2019 S. 2043

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materialien (§ 94 BGB, § 946 BGB). Der Bauherr wird jedoch bürgerlich-rechtlicher Eigentümer des

Gebäudes, wenn 3

> das Gebäude nur vorübergehend (Scheinbestandteil) oder > in Ausübung eines Rechts (Erbbaurecht, Nießbrauchsrecht und Dienstbarkeiten) auf dem frem- den Grundstück errichtet worden ist (§ 95 BGB).

III. Wirtschaftliches Eigentum 4

Der Bauherr erlangt wirtschaftliches Eigentum am Gebäude, wenn er aufgrund eindeutiger , im Voraus getrofener und tatsächlich durchgeführter Vereinbarungen die tatsächliche Herrschaft in- ne hat und der zivilrechtliche Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer rechtlich und wirt- schaftlich von der Einwirkung auf das Gebäude ausgeschlossen ist (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO). Dies ist der Fall, wenn der Steuerplichtige das Gebäude auf dem überlassenen Grundstück auf eigene Rechnung herstellt und ihm Substanz und Ertrag des Gebäudes für die voraussichtliche Nutzungs- dauer zustehen. Für den Fall der vorzeitigen Nutzungsbeendigung muss dem Bauenden ein An- spruch auf Ersatz des vollen Verkehrswerts des Gebäudes zustehen.

Dingliche oder schuldrechtliche Nutzungsrechte allein begründen noch kein wirtschaftliches Ei- gentum. 5

1. Eindeutige, im Voraus getrofene Vereinbarung

Die Vereinbarung zur Nutzung des Grundstücks zwecks Bebauung muss eindeutig, im Voraus ge-

trofen und tatsächlich durchgeführt werden. 6

2. Tatsächliche Herrschaft

Die tatsächliche Sachherrschaft hat derjenige, bei dem Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten lie- gen.

3. Gewöhnliche Nutzungsdauer

Maßgebend ist die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer. 7

4. Ausschluss des Eigentümers von der Sachherrschaft

Beim Bauherrn als Besitzer des Gebäudes müssen Gefahr, Nutzungen und Lasten liegen. Zudem darf kein Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers bestehen oder dieser muss bedeu- tungslos sein. Das Recht des zivilrechtlichen Eigentümers, das Grundstück zu belasten oder es zu

veräußern, schließt das wirtschaftliche Eigentum eines anderen nicht aus. 8

3 Hänsch, Bilanzierung von Gebäuden und Gebäudeteilen (HGB, EStG), infoCenter 4 BFH 18.7 - X R 23/99; BFH 18.9 - X R 54/01; BFH 26.1 - IX R 7/ 5 BMF 10.2 - EZ 1010 6 BFH 18.7 - X R 23/99; BFH 27.11 - X R 92/ 7 FG Niedersachsen 10.5 - 6 K 108/ 8 BFH 18.7 - X R 23/

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In der Handelsbilanz sind Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten – einschließlich der Bauten auf fremdem Grund und Boden – unter dem Anlagevermögen als Sachanlagen aus- zuweisen. 15 >Bewertung

Der Bodenwert ist dem zivilrechtlichen Eigentümer, der Gebäudewert dem wirtschaftlichen Ei- gentümer zuzurechnen (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BewG). 16 >Eigenheimzulage

Wirtschaftliches Eigentum allein an einem Anbau oder einer Erweiterung berechtigt nicht zur Inanspruchnahme der Eigenheimzulage. 17 >Grunderwerbsteuer

Gebäude auf fremdem Grund und Boden werden Grundstücken gleichgestellt (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG). 18 >Grundsteuer

Grundstücke im Sinne der Grundsteuerrechts sind auch Gebäude auf fremdem Grund und Bo- den. 19 Nach der Grundsteuerreform wird der Eigentümer des Grund und Bodens Schuldner der Grundsteuer sein. Sollte dieses Ergebnis nach der Umsetzung der Reform so nicht gewollt sein, sind dann zivilrechtliche Vereinbarungen erforderlich. 20 >Investitionszulage

Ein Anspruch auf Investitionszulage kann auch ohne wirtschaftliches Eigentum am Gebäude bestehen. 21 >Wirtschaftsgut

Das Gebäude auf fremdem Grund und Boden ist ein eigenständiges, materielles Wirtschafts- gut. >Zurechnung der Einkünfte

Eventuelle Einkünfte aus der Nutzungsüberlassung des Gebäudes sind nicht dem zivilrechtli- chen, sondern dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen. >

AUTOR

14 Kraft/Kraft, Steuergestaltung bei der Bilanzierung von Herstellungskosten für Gebäude auf fremdem Grund und Boden, NWB 27/ S. 2031; BMF 16.12 - S 2134; BFH 9.3 - X R 46/14; Bolik, AfA bei auf fremdem Grund und Boden errichtetem Gebäude, NWB 20/2016 S. 1480; Rätke, Gebäude auf fremdem Grund und Boden, BBK 23/2016 S. 1133; Sowinski, Einkommensteuererklärung 2016, NWB 16/2017 S. 1140; Paus, Das betrieblich genutzte Gebäude auf dem privaten Grundstück des Ehegatten, NWB 18/2017 S. 1348; Paus, Das betrieblich genutzte Gebäude auf dem Grundstück des Ehegatten, NWB 20/2017 S. 1532; AfA für Betriebsgebäude im Eigen- tum des Ehegatten, BBK KN 14/2017 S. 650 15 Hänsch, Bilanzierung von Gebäuden und Gebäudeteilen (HGB, EStG), infoCenter 16 BFH 30.1 - II R 26/17; OFD Frankfurt 3.7 - S 3215 A-003-St 72 17 Langenkämper, Eigenheimzulage, infoCenter; BMF 21.12 - EZ 1010; BFH 23.5 - IX B 38/ 18 Geißler, Grunderwerbsteuer, infoCenter 19 Geißler, Grundsteuer, infoCenter 20 Eggert, Überblick zur Reform der Grundsteuer, BBK 5/2020 S. 227 21 BFH 28.6 - III R 19/

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Bernd Langenkämper

Oberregierungsrat, Finanzverwaltung NRW, Referent OFD NRW 22

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22 seit 1978 in der Finanzverwaltung tätig; nach dem Studium an der FHF Nordkirchen im Jahr 1991 erfolgte ein Einsatz in der Vollstre- ckungs- und Körperschaftsteuerstelle des Finanzamts Hamm; von 1998 bis einschließlich 2001 Tätigkeit als Betriebsprüfer ebenfalls beim Finanzamt Hamm; von Nov. 2001 bis Mitte März 2006 Steueramtsrat im Einkommensteuerreferat der OFD Münster; seit 15.3 eingesetzt im Außenprüfungsreferat der OFD Münster; 2009 - 2013 Regierungsrat und Sachgebietsleiter im Finanzamt Hamm, seit 30.6 Oberregierungsrat und Referent in der OFD NRW. Privat: wohnhaft in Hamm, nebenberulich Dozent beim Lan- desbetrieb Wald und Holz,NRW und ehrenamtliche Tätigkeit im Vorstand des DRK Bockum-Hövel (Hamm), verheiratet, ein Sohn

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