Mit diesem Artikel möchte ich einen Einstieg in die Festigkeitsberechnung bieten, sodass man auch mit geringen Vorkenntnissen an einfache Probleme der Festigkeitsberechnung herangehen kann, wie z. B. der Bestimmung von zulässigen Spannungen bei Schrauben oder der Handhabung von zusammengesetzten Beanspruchungen (die in mehreren Ebenen am Bauteil angreifen). Ferner möchte ich den Lesern einen kleinen Überblick der statischen und dynamischen Beanspruchung geben. Mein Dank gilt insbesondere den Verfassern des Roloff/Matek, an deren Ausführungen ich mich weitgehend orientiere. Show
Inhaltsverzeichnis
Was ist eigentlich Festigkeit?Festigkeit ist der mechanische Widerstand eines festen Körpers, den ein Bauteil, z. B. eine Schraube oder ein Bolzen einer Belastung entgegensetzt. Diese Belastung kann elastischer oder plastischer Natur sein, d. h. nach der Belastung geht der Körper wieder in seine Ausgangslage zurück (elastisch) oder er bleibt dauerhaft verformt (plastisch). Aus dem Spannungs-Dehnungs-Diagramm können die wichtigsten Festigkeitswerte (Werkstoffkennwerte) ermittelt werden. Hier kann man beispielsweise die Elastizitäts- oder Streckgrenze Re ablesen. Je nach Werkstoff, Temperatur, Belastungsart und Behandlungszustand können unterschiedlich hohe Festigkeiten erreicht werden. Da die Werkstoffkennwerte im einachsigen Zugversuch ermittelt werden, die
Bauteile aber oft mehrachsig belastet werden (z. B. Wellen auf Biegung und Torsion), muss man eine sogenannte "Festigkeitshypothese" anwenden um eine Vergleichsspannung zu ermitteln, die man dann mit einer bekannten Festigkeit vergleicht. In der Festigkeitslehre unterscheidet man statisch (ruhend) beanspruchte Bauteile, z. B. Schrauben oder Sicherungselemente und dynamisch (bewegt) beanspruchte Bauteile, z. B. Wellen, Achsen oder elastische Federn. Schwingend beanspruchte Bauteile müssen anders gestaltet und berechnet werden als rein statisch beanspruchte Bauteile. Niedrige Beanspruchungen können vom Bauteil
(Werkstoff) beliebig oft ertragen werden, ohne zum Versagen zu führen. Aufgabe des Konstrukteurs ist es, entweder die Lebensdauer bei einer gegebenen Belastung oder die ertragbare Belastung bei einer geforderten Lebensdauer zu bestimmen. (nach RM) Mit der Tabelle (rechts) möchte ich einen Überblick geben über Begrifflichkeiten und Abkürzungen, die in diesem Artikel verwendet werden. Belastungen und BelastungsgrößenMan unterscheidet in:
Wenn von außen auf ein Bauteil Belastungen wirken, kommt es nach Newton im Inneren zu einer Gegenreaktion. Die im gefährdeten Querschnitt auftretende Spannung darf einen maßgebenden zulässigen Wert nicht überschreiten (s. unten). Diese zulässige Spannung ist im Wesentlichen abhängig vom Werkstoff, von der Beanspruchungs- und Belastungsart sowie der geometrischen Form des Bauteils und z. B. der Bauteiltemperatur, Eigenspannungen, Werkstofffehler, korrodierend wirkenden Umgebungsmedien oder dem Behandlungszustand. Die Dimensionierung eines Bauteils richtet sich vor allem nach der Art des Versagens, das meistens durch
hervorgerufen wird. Bei der Dimensionierung, also der konstruktiven Auslegung eines Bauteils sind die ungünstigsten Verhältnisse zugrunde zu legen.
SpannungenZug-/Druckspannungen; Schubspannungen; zusammengesetzte BeanspruchungenAuf das Bauteil wirken im Betrieb gewollte und ungewollte Belastungen. Gewollte Belastungen sind funktionsbedingt, ungewollte resultieren meist aus unerwünschten Vorgängen (Belastungsstöße, Eigenspannungen). Im Inneren unterscheiden sich die verursachten Kraft- und
Momentwirkungen in Normalkräfte FN und QuerkräfteFQ, Biegemomente M und Torsionsmomente T. Aus ihnen ergeben sich die Beanspruchungsarten Zug, Druck,
Schub, Biegung und Torsion mit den entsprechenden Nennspannungen σz, σd, τs, σb und τt. Senkrecht zum Bauteil werden sie als
Normalspannung (Zug-, Druck-, Biegespannung), in der Querschnittsebene liegend als Tangentialspannung (Schub-, Torsionsspannung) bezeichnet.(nach RM) Bei zusammengesetzten
Beanspruchungen liegen zwei oder mehrere Beanspruchungsarten gleichzeitig vor. Wenn die Spannungen gleichartig sind, kann eine resultierende Spannung σres errechnet werden. SpannungshypothesenWenn mehrere Belastungen gleichzeitig auf ein Bauteil wirken, ist zur Ermittlung der Vergleichsspannung der folgende Ablaufplan hilfreich .
Damit wird dann die Vergleichsspannung berechnet. Hier seien die Spannungshypothesen im Einzelnen genannt: Mit Hilfe von σv wird der vorliegende mehrachsige Spannungszustand auf einen einachsigen Spannungszustand reduziert. LastfälleJe nach Art der zeitlichen Belastungsschwankung wird grundsätzlich unterschieden zwischen dem statischen und dynamischen Beanspruchungs-Zeit-Verlauf.
Der dynamische Verlauf ist zeitabhängig. Die Lage des Kurvenverlaufs bzgl. der Nulllinie (σ = 0) ist für eine Einordnung in Fall II oder III von Bedeutung. Für die Beschreibung der Beanspruchungs-Zeit-Verläufe wird von einem Kurvenverlauf ausgegangen, der durch folgende Größen beschrieben wird: Mittelspannung σm, Oberspannung σo, Unterspannung σu, Spannungsamplitude σa (auch Ausschlagsspannung genannt). WerkstoffkennwerteDarstellung einer Bruchfläche "Grundlage für die Ermittlung des Werkstoffgrenzwertes und der Bauteilsicherheit ist die Kenntnis über das Werkstoffverhalten bei Belastung." (Zitat Roloff/Matek S. 42) Das Werkstoffverhalten bei der Schwingbeanspruchung wird durch die tatsächliche Spannungsverteilung in einem Bauteilquerschnitt bestimmt. Durch dauernde, zu starke Spannungen kommt es wg. ungleichmäßiger Spannungsverteilung zu einer langsamen Ermüdung des Werkstoffs. Die Festigkeit des Werkstoffes ist den Spannungsspitzen nicht mehr gewachsen, es kommt zu Mikrorissen, die schließlich Ursache des Dauerbruches sind. Dieser Vorgang lässt sich häufig an den Rastlinien auf der Dauerbruchfläche erkennen, ausgehend von den Mikrorissen pflanzt sich das Einreißen mit jeder höheren Belastung weiter fort. Der endgültige Bruch erfolgt als Gewaltbruch des Restquerschnitts (Restbruch, s. Bild). Zulässige Spannungen und erforderliche SicherheitenAus Sicherheitsgründen dürfen Bauteile nur mit einem Teil der zum Bruch oder der zu bleibenden Verformung führenden Grenzspannung belastet
werden. Im folgenden Beispiel wird die zulässige Zugspannung σzzul für eine Schraube M12 x 50 - 10.9
gesucht, wenn bei statischer Belastung eine Sicherheit ν = 1,67 gefordert ist, d. h. die Schraube zu 60% der Streckgrenze belastet werden darf (siehe Bild unten): σzzul= Re / ν = 900 N/mm² / 1,67 = 539 N/mm² In der folgenden Tabelle sind die zulässigen Spannungen für verschiedene Werkstoffe bei statischer Belastung für Druck- (σd zul), Abscher-(τa zul), und Torsionsbeanspruchung (τt zul) in Abhängigkeit von der zulässigen Zugspannung (σz zul) angegeben. So beträgt z. B. die zulässige Schubspannung für Stahl ca. 80% der zulässigen Zugspannung (σz zul), wogegen die zulässige Druckspannung (σd zul) der zulässigen Zugspannung (σz zul) entspricht. Sicherheitszahlen für Vordimensionierung von Maschinenbauteilen:
Festigkeits- / SicherheitsnachweisAllgemein gilt: (σ, τ)vorh < (σ, τ)zul Serf Wovon hängt die Festigkeit von Bauteilen ab? Dauerfestigkeit: WöhlerkurveDie Wöhlerkurve wird auch Grenzspannungslinie genannt, sie und der Wöhlerversuch bzw. Dauerschwingversuch sind Begriffe aus der Werkstofftechnik. Unterhalb der Dauerfestigkeit σD kann ein Bauteil prinzipiell beliebig viele Schwingspiele ertragen. Belastungen oberhalb der Dauerfestigkeit bewirken ein Versagen des Bauteils nach einer bestimmten Zahl an Schwingspielen. Die Zahl der ertragenen Schwingspiele eines Bauteils unter Betriebsbelastung (variable Belastungsamplituden) bis zum Ausfall kann mit statistischer Genauigkeit mit Hilfe der Wöhlerlinie vorausgesagt werden. Man spricht hierbei von betriebsfester Bemessung eines Bauteils. Betriebsfestigkeit spielt heute in fast allen Bereichen des Maschinenbaus eine Rolle. Dauerfestigkeitsschaubild (DFS)Wenn man ein Dauerfestigkeitsschaubild erstellen will, sind etliche Wöhlerversuche notwendig und somit ein sehr großer Aufwand von Experimenten. Mit ausreichender Genauigkeit lässt sich ein DFS aus wenigen speziellen Werkstoffkennwerten konstruieren. Im Maschinenbau wird meist das Dauerfestigkeitsschaubild nach Smith verwendet.
ÜbungsaufgabenDauerfestigkeitsschaubildKonstruiere das Dauerfestigkeitsschaubild nach Smith für den Werkstoff E335, der auf Biegung belastet wird im Maßstab 50 N/mm² = 1 cm. Lösung Mathebuch
Beanspruchung auf Zug
Beanspruchung auf Druck
Beanspruchung auf Scherung
Beanspruchung auf Biegung
Biegemomentformeln für unterschiedliche Einbausituationen und Belastungsarten: Quelle: cnc-lehrgang.de SonstigeAufgabe 1: Zugkraft und -spannung bei einer Fahrradbremse Und hier geht es zu den Lösungen: Lösungen QuellenRoloff/Matek: Maschinenelemente, Lehrbuch und Tabellenbuch, Vieweg Verlag, 18. Aufl. 2007,
ISBN 3-834-80262-X, € 36,90. Weblinks
M. Blesse 09. Okt. 2008 Warum können wenn die Vorspannkraft FV ganz ausgenützt wird kleinere Schraubendurchmesser verwendet werden?Verliersicherungen verhindern das Auseinanderfallen von Schraubenverbindungen, auch ohne Vorspannkraft. Warum können kleinere Schraubendurchmesser verwendet werden, wenn die Vorspannkraft Fv ganz ausgenützt wird? Jede Schraube hat eine von ihrem Spannungsquerschnitt abhängige maximale Vorspannkraft.
Welche Gewinde unterscheidet man nach dem gewindeprofil?Welche Gewindeprofile gibt es? Meistens wird zwischen den Gewindeprofilen Spitzgewinde, Trapezgewinde, Sägengewinde, Flachgewinde und Rundgewinde unterschieden. Als Spitzgewinde wird auch das in Europa weit verbreitete metrische ISO-Gewinde bezeichnet.
Wie können Schrauben nach der Kopfform eingeteilt werden?Wie können Schrauben nach der Kopfform eingeteilt werden? Im Wesentlichen unterscheidet man Sechskantschrauben, Zylinderschrauben mit Innensechskant, Senkschrauben mit Innensechskant, Schlitzschrauben und Schrauben mit Kreuzschlitz.
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