AbstractDie Körperflüssigkeiten sind ständig schwankenden Konzentrationen protonenfreisetzender Säuren und protonenaufnehmender Basen ausgesetzt. Der Protonengehalt einer Lösung wird über den pH-Wert angegeben. Viele biochemische Prozesse des Körpers benötigen eine pH-Konstanz. Schwankungen des pH-Werts führen zu Denaturierung und Funktionsverlust von Proteinen und müssen daher durch ein Zusammenspiel von im Blut gelösten Puffersystemen, Lungen und Nieren kompensiert werden. Bei Dekompensation der Mechanismen, z.B. bei schlecht eingestelltem Diabetes mellitus, kann es zur Übersäuerung des Blutes (Azidose) kommen. Umgekehrt kann ein übermäßiger Verlust von Protonen, wie etwa durch Hyperventilation, zu einer Alkalisierung des Blutes (Alkalose) führen. Show
Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer AMBOSS Audio-Reihe im Podcastformat vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion “Tipps & Links". Chemische GrundlagenViele anorganische sowie organische Stoffe reagieren entweder „sauer“ oder „basisch“. Zu dieser Stoffeigenschaft existieren mehrere Definitionen, von denen hier die nach Brønsted vorgestellt wird. Die Definition nach Lewis wird im Kapitel Redoxchemie behandelt. Säure-Basen-Definition nach Brønsted
Säure- und BasenstärkeNicht alle Säuren und Basen reagieren gleich stark: Sie lassen sich in starke und schwache Säuren bzw. Basen unterteilen. Diese Unterteilung hat u.a. Relevanz bei pH-Wert-Berechnungen und der Zusammensetzung von Puffern.
Je größer Ks bzw. KB, desto stärker ist die Säure bzw. Base! Genauso gilt: Je kleiner pKS bzw. pKB, desto stärker ist die Säure bzw. Base! pH-Wert
Bei Zugabe einer Säurezu einer Lösung wird sie sauer (Säure überträgt ihre Protonen auf H2O-Moleküle, somit sind mehr H3O+-Ionen als OH−-Ionen vorhanden)! Bei Zugabe einer Basezu einer Lösung wird sie basisch (Base empfängt Protonen von H2O-Molekülen, somit sind mehr OH−-Ionen als H3O+-Ionen vorhanden)! pH-Wert-BerechnungJe nach Stärke einer Säure bzw. Base werden für die Berechnung des pH-Werts verschiedene Formeln angewandt. Dabei werden Konzentrationsangaben im Folgenden mit c [in mmol/L] abgekürzt.
Autoprotolyse und der pH-Wert von WasserDa Wasser ein Ampholyt ist, kann ein H2O-Molekül ein Proton auf ein zweites H2O-Molekül übertragen. Das eine Wassermolekül reagiert dabei als Säure und das andere als Base. Dieser Vorgang wird auch Autoprotolyse des Wassers genannt.
Die folgende Tabelle verdeutlicht den Zusammenhang zwischen dem Überschuss entweder von Hydronium- oder von Hydroxid-Ionen in einer Lösung und dem pH-Wert:
Neutralisation und der pH-Wert von Salzlösungen
Werden Salze in Wasser gelöst, ist der pH-Wert der resultierenden Lösung nicht immer neutral (pH = 7), sondern hängt von der Säure- und Basenstärke der Ionen ab!
Rechenbeispiel (Natriumacetat):Bei Reaktion von NaOH (= starke Base) mit Essigsäure(= schwache Säure) entsteht Natriumacetat (= ein schwach basisches Salz). Daher berechnet sich der pH-Wert über die Formel für schwache Basen:
TitrationTitration ist ein Verfahren zur experimentellen Bestimmung einer unbekannten Säure- oder Basenmenge in einer Lösung: Dazu werden exakte Mengen einer Base bzw. Säure hinzugegeben und die Veränderung des pH-Werts mithilfe eines Indikators gemessen.
PufferPuffersubstanzen stabilisieren den pH-Wert von Flüssigkeiten. Dies macht sich der Körper in Form körpereigener Puffer (bspw. dem Bicarbonatpuffer) zunutze, um den pH-Wert des Blutes weitestgehend konstant zu halten.
Physiologische pH-Werte und ihre SchwankungenFunktion und Überleben eines Organismus sind an die Bedingung eines konstanten pH-Werts geknüpft. Grund dafür ist vor allem die pH-sensible Raumstruktur der Proteine. Der Begriff „Säure-Basen-Haushalt“ bezeichnet die Gesamtheit der Regulationsmechanismen, die Abweichungen vom pH-Sollwert verhindern bzw. kompensieren sollen. pH-Normwerte im KörperDie Sekrete und Kompartimente des Körpers sind nach zunehmendem pH-Wert in nachfolgender Liste sortiert.
Einen erniedrigten arteriellen Blut-pH-Wert (pH <7,35) bezeichnet man als Azidose, einen erhöhten arteriellen Blut-pH-Wert (pH >7,45) als Alkalose. Einflüsse auf den pH-Wert im KörperEs gibt verschiedene physiologische Ursachen für Schwankungen des pH-Werts im Körper, z.B. entsteht im Citratzyklus u.a. die flüchtige Säure CO2. Die Bildung und Ausscheidung von sauren und basischen Stoffwechselprodukten kann durch unterschiedliche Regulationsmechanismen im Gleichgewicht gehalten werden.
Regulation des Säure-Basen-Haushalts durch PuffersystemeUm die Konstanz des pH-Werts im Körper zu gewährleisten, besitzt der Körper mehrere permanent aktive Regulationssysteme, die sich zum einen in die Pufferlösungen der Körperflüssigkeiten und zum anderen in die organbezogenen Systeme gliedern lassen. Der Mensch besitzt mehrere Puffersysteme, die akute pH-Wert-Schwankungen des Bluts ausgleichen und seinen pH-Wert konstant um 7,4 halten. 99,99% aller plötzlich anfallenden Protonen werden über die Puffersysteme abgefangen. Offene PuffersystemeOffene Puffersysteme zeichnen sich dadurch aus, dass ein Reaktionspartner aus dem System entfernt werden kann (z.B. über die Lunge oder über die Nieren), wodurch die Pufferkapazität gesteigert wird. Die zwei wichtigsten offenen Puffersysteme des Menschen sind das Bicarbonat- und das Ammonium-Ionen-Puffersystem. BicarbonatpuffersystemDer Bicarbonatpuffer ist das wichtigste Puffersystem des Menschen. Er wirkt als offenes Puffersystem an der Ausscheidung saurer Valenzen über die Lunge durch Abatmen von CO2 mit. Mit 20–28 mmol/L stellt das Bicarbonatpuffersystem etwa 50% der Gesamtpufferkapazität des Bluts.
Effektivität des Puffers: Steigt bei Alkalose (pH↑) und sinkt bei Azidose (pH↓) AmmoniumpuffersystemDas Ammoniumpuffersystem ist ein wichtiges Regulationssystem der renalen Säure-Basen-Ausscheidung, mit dem saure Stoffe zwar nur in geringer Menge, dafür aber dauerhaft ausgeschieden werden können. Zusätzlich ist das System an der renalen Gluconeogenese, der De-novo-Synthese von Bicarbonat und der Regulation des intrazellulären pH-Werts beteiligt.
Geschlossene PuffersystemeBei den geschlossenen Puffersystemen ist der Gehalt der korrespondierenden Säure-Basen-Paare konstant, denn kein Reaktionspartner kann das System über die Lungen oder Nieren verlassen. ProteinpuffersystemProteine im Blut können über ionisierbare Seitengruppen als Puffer fungieren. Das Hämoglobin der Erythrozyten und Albumin spielen durch ihre hohe Konzentration die größte Rolle in der Pufferung des Blutplasmas.
PhosphatpuffersystemDas Phosphatpuffersystem ist wichtig für die Regulation des intrazellulären pH-Werts und hat Anteil an der H+-Ausscheidung über den Harn.
Regulation des Säure-Basen-Haushalts in den OrganenDie Puffersysteme des Körpers können pH-Verschiebungen nur kurzfristig und in begrenztem Umfang kompensieren. Ohne intakte Funktion von Lungen und Nieren bricht das Säure-Basen-Gleichgewicht zusammen und es können lebensbedrohliche Zustände eintreten. Die Rolle der Lunge bei der pH-RegulationDie Aufgabe der Lunge innerhalb des Säure-Basen-Haushalts ist das Abatmen der „flüchtigen Säure“ CO2, die im Körper permanent als Abbauprodukt des Energiestoffwechsels entsteht. Nur wenn der arterielle CO2-Partialdruck konstant gehalten wird, bleibt auch der Blut-pH-Wert unverändert.
Hyperventilation führt durch Abatmen der schwachen Säure CO2 zu einem pH-Anstieg (Alkalose), während bei Hypoventilation vermehrt CO2 im Körper verbleibt und es so zu einem pH-Abfall kommt (Azidose)! Die Rolle der Nieren bei der pH-RegulationDie Nieren regulieren den pH-Wert über zwei Mechanismen: Einerseits scheiden sie überschüssige H+-Ionen größtenteils in Form von NH4+ und HPO42− aus. Andererseits halten sie die HCO3−-Konzentration im Blut aufrecht, indem sie es aus dem Harn reabsorbieren und HCO3−-De-novo-Synthese betreiben. Bei Interesse siehe dazu auch Protonensekretion und Bicarbonatresorption.
Die Rolle der Leber bei der pH-RegulationDie Rolle der Leber bei der pH-Regulation ist direkt an ihre NH3-Entgiftungsfunktion gekoppelt. Die Leber hat zwei Möglichkeiten der NH3-Entgiftung: Über den Harnstoffzyklus und über die Glutaminsynthese. Unter normalen Umständen werden 95% des anfallenden NH3 im Harnstoffzyklus und 5% über die Glutaminsynthese verstoffwechselt. Bei Blut-pH-Abweichung kann z.B. die Glutaminsynthese gesteigert und gleichzeitig der Harnstoffzyklus gehemmt werden, um HCO3− einzusparen.
Störungen des Säure-Basen-HaushaltspH-Abweichungen verändern die räumliche Struktur von Proteinen, die ihrerseits viele Körperfunktionen regulieren. Bei pH-Störungen unterscheidet man zwischen Erniedrigung des arteriellen pH-Werts <7,35 (= Azidose) oder Erhöhung des pH-Werts >7,45 (= Alkalose). Folgen bei pH-AbweichungDie meisten Effekte einer pH-Verschiebung kommen durch Beeinflussung von Enzymen oder Ionen-selektiven Transmembrankanälen zustande. Ein pH-Wert des Blutes von < 7,0 bzw. > 7,8 ist nicht mit dem Leben vereinbar! Respiratorisch und metabolisch bedingte StörungenFür eine pH-Wertstörung ist meist nur eines der zwei Regulationssysteme verantwortlich: Die Lunge (respiratorische Störung) oder der Stoffwechsel (metabolische Störung). Das intakt gebliebene System versucht in der Folge, die pH-Abweichung zu kompensieren. Charakterisierung von Störungen im Säure-Basen-HaushaltZur klinischen Charakterisierung einer pH-Störung gehören Aussagen zu Richtung der H+-Abweichung, zu ihrem Auslöser und Verlauf.
Bei Kompensation steuert das jeweils andere noch intakte System der pH-Abweichung entgegen, sodass sowohl die Parameter für das respiratorische als auch für das metabolische System verändert sind: So würde es z.B. bei einer metabolischen Azidose zu einer respiratorischen Kompensation in Form von Hyperventilation kommen (das Atemzugvolumen wird vergrößert)! Parameter und Ursachen von Störungen im Säure-Basen-HaushaltAnhand von Auslöser (respiratorisch oder metabolisch) und Verlauf der Kompensation unterscheidet man fünf Typen von Störungen. Alle in der Tabelle aufgeführten diagnostischen Parameter werden klinisch in einer arteriellen Blutgasanalyse (BGA) ermittelt.
Standard-Bicarbonat misst man immer bei definiertem pCO2; bei respiratorischen Störungen ohne metabolische Kompensation ist das Standard-HCO3− also unverändert! Die aktuelle(!) Bicarbonatkonzentration steht hingegen immer im Gleichgewicht mit dem pCO2. Wenn sich also der pCO2 ändert, ändert sich das aktuelle Bicarbonat in die gleiche Richtung! Durch (Teil‑)Kompensation können mehrere Systeme von den Normwerten abweichen (bspw. kann bei einem erniedrigten BE sowohl eine (teil‑)kompensierte respiratorische Alkalose als auch eine metabolische Azidose vorliegen). Daher sollte eine Beurteilung immer anhand mehrerer Parameter erfolgen! Hyperventilation Anionenlücke und ihre Bedeutung bei der metabolischen AzidoseDie sogenannte Anionenlücke hilft bei der Ursachenfindung einer metabolischen Azidose und kann leicht mit Hilfe der Konzentrationen von Na+, Cl− und HCO3− bestimmt werden.
Merkwort für Ursachen einer vergrößerten Anionenlücke „Kußmaul“: Ketonkörper, Urämie, Salicylsäure, Methanol, Äthylenglycol (bzw. Ethylenglycol), (Urämie), Laktat Wiederholungsfragen zum Kapitel Säure-Basen-HaushaltMeditricksIn Kooperation mit Meditricks bieten wir dir durchdachte Merkhilfen zum Einprägen relevanter Fakten, dies sind animierte Videos und Erkundungsbilder. Die Inhalte sind vielfach auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend. Viele Meditricks gibt es in Lang- und Kurzfassung, oder mit Basis- und Expertenwissen, Quiz und Kurzwiederholung. Eine Übersicht über alle Inhalte findest du in dem Kapitel Meditricks. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – welche, siehst du im Shop. Formeln zum pH-WertInhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks). Warum Proteine in der Regel denaturieren?Ursachen der Eiweißdenaturierung können z.B. chemische Substanzen wie Säuren, Salze, Basen, Detergenzien oder extreme Temperaturen, sowie UV-Strahlung sein. Das bekannteste Beispiel ist das Eiweiß im Hühnerei: Dieses wird beim Kochen fest, weil sich der räumliche Aufbau der Proteinmoleküle geändert hat.
Wie denaturieren Säuren Proteine?Einige chemische Substanzen, die zur Denaturierung (vor allem von Proteinen) führen, sind: Säuren und Basen: Denaturierung durch Ladungsverschiebungen zwischen Molekülen. Schwermetalle: Ionen der Schwermetalle bilden komplexe Moleküle mit den Aminosäuren der Proteine aus.
Warum können Hitze und Säure Lösungen Proteine denaturieren?Denaturierung durch Hitze. Bei der Hitzedenaturierung werden schwache chemische Bindungen wie H-Brücken, hydrophobe Wechselwirkungen, van-der-Waals-Kräfte oder Dipol-Wechselwirkungen aufgebrochen. Das liegt daran, dass durch die Zufuhr thermischer Energie die Protein-Moleküle in Schwingungen geraten.
Was macht Säure mit Proteinen?Welche Wirkung hat Essigsäure (allgemein Säure) auf Proteine? Säuren denaturieren Proteine. Proteine werden dadurch unlöslich in Wasser, sie flocken aus.
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