Kann man mit einem Schwerbehindertenausweis von 90% auch Rabatte bei Versicherungen bekommen?

Menschen mit Schwerbehinderung können Nachteilsausgleiche bekommen. Zum Beispiel günstigere Eintrittspreise, mehr Urlaubstage oder Vorteile bei der Steuer. Der Grund dafür: Menschen mit Behinderung haben in ihrem Alltag oft höhere Kosten. So müssen sie zum Beispiel mehr Geld für Medikamente, Hilfsmittel oder Pflege ausgeben. Um diesen und andere Nachteile zumindest etwas auszugleichen, gibt es die Nachteilsausgleiche. In diesem Artikel werden einige Nachteilsausgleiche vorgestellt.

  • Nachteilsausgleiche und Schwerbehindertenausweis
  • Früher in Altersrente gehen
  • Besonderer Kündigungsschutz
  • Zusatzurlaub
  • Ermäßigungen: Weniger Kosten beim Eintritt ins Museum, Theater oder Kino
  • Kindergeld für erwachsene Menschen mit Schwerbehinderung
  • Rundfunkbeitrag– Ermäßigung und Befreiung
  • Kriegsopferfürsorge und Soziale Entschädigung
  • Mehrbedarf bei Sozialhilfe
  • Studium
  • Telefon
  • Blindensendungen
  • Bausparverträge
  • Tipp: Suche nach Nachteilsausgleichen
  • Mehr Nachteilsausgleiche im Familienratgeber

Früher in Altersrente gehen

Menschen mit Schwerbehinderung können zwei Jahre früher in Rente gehen. Voraussetzung dafür:

  • Sie haben mindestens 35 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt.
  • Und sie sind 65 Jahre alt. Wenn Sie vor 1964 geboren sind, können Sie auch früher in Rente gehen.
  • Sie haben einen GdB von 50 oder mehr.

Manchmal können Menschen mit Schwerbehinderung auch noch früher in Rente gehen. Doch dann bekommen sie weniger Rente ausbezahlt. Insgesamt können sie fünf Jahre früher in Rente gehen. Rechtsgrundlage hierfür sind die Paragrafen 37 und 236 im 6. Sozialgesetzbuch.
Mehr Informationen erhalten Sie auf der Internetseite der Deutschen Rentenversicherung.

Besonderer Kündigungsschutz

Menschen mit Schwerbehinderung können nicht so einfach gekündigt werden. Arbeitgeber*innen müssen erst beim Integrationsamt einen Antrag stellen. Das Integrationsamt prüft dann, ob die Behinderung der Grund für die Kündigung ist. Und es versucht, eine Einigung zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in zu erreichen. Ist aber die Behinderung tatsächlich der Grund für die Kündigung, kann das Integrationsamt die Kündigung ablehnen. Arbeitgeber*innen dürfen den Arbeitnehmer*innen mit Schwerbehinderung dann nicht ohne Weiteres kündigen.
Das Integrationsamt bietet Arbeitgeber*innen auch Hilfe an: So können Arbeitgeber*innen zum Beispiel Geld für den Umbau des Arbeitsplatzes bekommen.
Wenn es im Betrieb eine Schwerbehinderten-Vertretung gibt, dann muss diese über die Kündigung informiert werden. Ist die Schwerbehinderten-Vertretung nicht beteiligt, dann ist die Kündigung unwirksam.

  Der besondere Kündigungsschutz gilt auch, wenn Arbeitgeber*innen nichts von der Schwerbehinderung der Mitarbeiter*in gewusst haben. Auch für Menschen mit einem GdB von 30 gilt der besondere Kündigungsschutz. Voraussetzung dafür ist: Sie müssen einem Menschen mit Schwerbehinderung gleichgestellt sein. Die Gleichstellung macht die Agentur für Arbeit. Rechtsgrundlage für den besonderen Kündigungsschutz ist das 9. Sozialgesetzbuch, Paragrafen 168–175.

  Doch Vorsicht! Der besondere Kündigungsschutz bedeutet nicht, dass Menschen mit Schwerbehinderung unkündbar sind. Das Integrationsamt versucht zwar den Arbeitsplatz zu erhalten und bietet Arbeitgeber*innen Hilfe an. Aber das funktioniert nicht immer. In etwa 75 Prozent der Fälle stimmt das Integrationsamt einer Kündigung zu. Dem Menschen mit Schwerbehinderung kann dann gekündigt werden.
Bei Zeitverträgen, in der Probezeit oder bei Probearbeit gibt es keinen besonderen Kündigungsschutz für Menschen mit Schwerbehinderung.

  • Mehr Infos zum Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung finden Sie auf der Internetseite des Sozialverbands VDK Deutschland e.V.
  • Lesen Sie dazu auch den Familienratgeber-Artikel zum Thema Arbeiten mit Behinderung.
  • Weitere Informationen und aktuelle Gerichtsurteile zum Thema besonderer Kündigungsschutz finden Sie auch auf der Internetseite www.rehadat-recht.de.

Zusatzurlaub

Arbeitnehmer*innen mit Schwerbehinderung haben Anspruch auf fünf zusätzliche Tage bezahlten Urlaub im Jahr. Diese Regelung gilt bei einer 5-Tage-Woche. Wenn Sie diesen Zusatzurlaub erhalten möchten, dann müssen Sie Ihre Schwerbehinderung nachweisen. Zum Beispiel durch einen Schwerbehindertenausweis.
Arbeitnehmer*innen mit einem Grad der Behinderung unter 50 oder gleichgestellte Arbeitnehmer*innen haben keinen Anspruch auf Zusatzurlaub.
Die rechtliche Grundlage für den Zusatzurlaub ist das 9. Sozialgesetzbuch, Paragraf 208.
Weitere Informationen hierzu erhalten Sie bei den Integrationsämtern. Und auf der Internetseite der Integrationsämter.

Ermäßigungen: Weniger Kosten beim Eintritt ins Museum, Theater oder Kino

Mit dem Schwerbehindertenausweis gibt es oft eine Ermäßigung auf Eintrittspreise: Das heißt, Sie müssen weniger Geld für eine Eintrittskarte bezahlen. Zum Beispiel im Kino, im Schwimmbad, im Museum oder im Theater. Informationen zu Ermäßigungen bekommen Sie an den Kassen, per Telefon oder auf Internetseiten der jeweiligen Stelle.

Kindergeld für erwachsene Menschen mit Schwerbehinderung

Eltern erhalten für Kinder mit Schwerbehinderung auch nach dem 25. Lebensjahr Kindergeld. Die Voraussetzungen dafür sind:

  • Die Behinderung ist vor dem 25. Lebensjahr eingetreten.
  • Das Kind kann seinen Lebensunterhalt nicht selbst verdienen.

Das Kindergeld wird an die Eltern ausgezahlt, nicht an das Kind selbst.
Weitere Informationen dazu finden Sie im Familienratgeber-Artikel Kindergeld.

Rundfunkbeitrag– Ermäßigung und Befreiung

Folgende Menschen müssen keinen Rundfunkbeitrag bezahlen:

  • taubblinde Menschen und
  • Empfänger von Blindenhilfe (nach Sozialgesetzbuch 12, Paragraf 72)

Wenn Sie das Merkzeichen "RF" im Schwerbehindertenausweis haben, können Sie eine Ermäßigung beantragen. Sie zahlen dann nur 6,12 Euro im Monat (Stand: 2022). Menschen, die Sozialleistungen bekommen, müssen keinen Rundfunkbeitrag bezahlen. Sozialleistungen sind zum Beispiel Grundsicherung oder Arbeitslosengeld 2 (Hartz 4).
Wenn Sie keinen oder einen ermäßigten Beitrag bezahlen möchten, müssen Sie einen Antrag stellen.
Weitere Informationen zum Rundfunkbeitrag für Menschen mit Behinderung finden Sie auf der Internetseite Rundfunkbeitrag. Dort können Sie auch das Antrags-Formular kostenlos herunterladen oder den Antrag online stellen.
Antrags-Formulare bekommen Sie auch beim Bürgerbüro in Ihrer Stadt oder Gemeinde.

Kriegsopferfürsorge und Soziale Entschädigung

Die Kriegsopferfürsorge gab es ursprünglich für Menschen, die im Zweiten Weltkrieg verwundet worden waren. Inzwischen gibt es auch andere Menschen, die die Hilfe und Unterstützung der Kriegsopferfürsorge bekommen können. Diese Hilfen nennt man jetzt auch Soziale Entschädigung. Bekommen können sie zum Beispiel:

  • Opfer von Gewalttaten
  • Soldat*innen, die sich während ihrer Dienstzeit verletzt haben. Der Fachausdruck dafür ist „Wehrdienstbeschädigung“.
  • Zivildienstleistende, die sich während ihrer Dienstzeit verletzt haben
  • Menschen, die durch eine Impfung zu Schaden gekommen sind
  • Opfer staatlichen Unrechts in der DDR
  • die Hinterbliebenen aller vorhin genannten Menschen

Hilfe und Unterstützung gibt es als Dienst-, Sach- oder Geldleistungen. Die Hilfen legt das Bundesversorgungsgesetz (BVG) fest. Die wichtigsten Hilfen sind:

  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Paragraf 26 und Paragraf 26a BVG):
  • Krankenhilfe (Paragraf 26b BVG)
  • Hilfe zur Pflege (Paragraf 26c BVG)
  • Hilfe zur Weiterführung des Haushalts (Paragraf 26d BVG)
  • Hilfen in besonderen Lebenslagen (Paragraf 27d BVG)

Vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt es ein Heft zum Thema „Fürsorgerische Leistungen der sozialen Entschädigung“. Dort lesen Sie, wer Entschädigungs-Leistungen bekommen kann. Und Sie erfahren, wie Sie diese Leistungen beantragen können.
Auf der Internetseite können Sie das Heft bestellen oder kostenlos herunterladen.
Mehr Informationen zur Sozialen Entschädigung finden Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Telefon

Telefongesellschaften bieten manchmal besondere Tarife für Menschen mit Behinderung an. Zum Beispiel den Sozialtarif der Deutschen Telekom. Voraussetzung dafür ist meist ein Grad der Behinderung von 50 oder mehr. Es kann aber trotzdem sein, dass ein normaler Tarif günstiger ist: zum Beispiel für Menschen, die viel telefonieren. Verbraucherschutz-Zentralen bieten Ihnen hierbei Hilfe und Beratung.

Blindensendungen

Die Deutsche Post versendet Schriftstücke in Brailleschrift (Blindenschrift) kostenlos im In- und Ausland. Schriftstücke können Briefe, Bücher oder Broschüren sein. Ebenso Tonträger, wie zum Beispiel CDs, wenn der Absender oder Empfänger eine amtlich anerkannte Blindenanstalt ist. Wer eine Blindensendung verschickt, darf den Brief oder das Päckchen nicht zukleben. Außerdem muss über dem Namen des Empfängers der Zusatz „Blindensendung“ stehen. Für Blindensendungen im In- und Ausland gibt es vorgeschriebene Höchstmaße. Und auch ein maximales Gewicht.
Die Informationen dazu lesen Sie auf der Internetseite der Deutschen Post.

Bausparverträge

Schwerbehinderte Menschen ab einem Grad der Behinderung von 95 können früher auf ihr Geld im Bausparvertrag zugreifen. Das bedeutet, sie können das Geld früher bekommen, als es im Vertrag steht. Dadurch entstehen keine zusätzlichen Kosten oder Abzüge. Auch wenn der Ehepartner einen GdB von mehr als 95 hat, kann der Bausparvertrag früher gekündigt werden. Schreiben Sie an Ihre Bausparkasse, wenn Sie sich Ihr Guthaben vorzeitig auszahlen lassen wollen.

Tipp: Suche nach Nachteilsausgleichen

Auf der Internet-Seite "schwerbehindrtenausweis.de" finden Sie Nachteilsausgleiche, die für Sie in Frage kommen:
Nachteilsausgleich-Suche
Sie können Ihren Grad der Behinderung (GdB) und Ihr Merkzeichen angeben. Dann sehen Sie eine Übersicht mit den Nachteilsausgleichen.

Weitere Informationen

  • Das Heft "Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderung" (Stand: 2021) informiert Sie über Nachteilsausgleiche. Zum Beispiel darüber, welche Sie bekommen können. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) hat das Heft veröffentlicht. Sie können es kostenlos herunterladen.
  • Die Internetseite Rehadat bietet Informationen und einen Überblick über die verschiedenen Nachteilsausgleiche.

Mehr Nachteilsausgleiche im Familienratgeber

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Kann man mit einem Schwerbehindertenausweis von 90 auch Rabatte bei Versicherungen bekommen?

Bei der Kfz-Steuer können Menschen mit Behinderung Vergünstigungen in Anspruch nehmen. Anders sieht es in der Versicherungswirtschaft aus: Eine Behinderung bzw. Schwerbehinderung ist für Kfz-Versicherungen mittlerweile kein Grund mehr, Rabatte auf die Versicherungsprämie zu gewähren.

Was für Vorteile habe ich bei 90% Schwerbehinderung?

Befreiung von der Rundfunkgebühr (bei Merkzeichen RF) Steuerermäßigung oder -befreiung von der Kfz-Steuer (Merkzeichen H, Bl oder aG) Zusätzlicher Urlaubsanspruch. Kündigungsschutz.

Wie viel Rabatt mit Schwerbehindertenausweis?

Bis zu 16 Prozent Nachlass auf alle Modelle aus der aktuellen Modellpalette. Voraussetzung: Vorlage des Behindertenausweises mit einem GdB von mindestens 50.

Welche Vorteile hat ein Grad der Behinderung?

Menschen mit Schwerbehinderung können Nachteilsausgleiche bekommen. Zum Beispiel günstigere Eintrittspreise, mehr Urlaubstage oder Vorteile bei der Steuer. Der Grund dafür: Menschen mit Behinderung haben in ihrem Alltag oft höhere Kosten.